Das Leuchten der Aprikosenblüte - Barbara Cartland - E-Book

Das Leuchten der Aprikosenblüte E-Book

Barbara Cartland

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Beschreibung

Auf ihrem Weg ins schillernde Damaskus findet sie die Leidenschaft im Wüstensand … England, Ende des 19. Jahrhunderts: Vita würde alles tun, um der Ehe mit dem alten Lord Bantham zu entgehen – so überredet sie ihren Vater, sie nach Italien reisen zu lassen, wie es sich für die Bildung einer feinen Lady gehört. Was er nicht ahnt: Eigentlich will Vita nach Syrien, um ihre mutige Cousine Jane nach Rat zu fragen, denn sie folgte damals ihrem Herzen in die Wüste … Auf der Reise gerät die tollkühne junge Frau in die Hände eines rücksichtslosen arabischen Scheichs, der sie jedoch vor der unbarmherzigen Sonne rettet. Ein Blick in seine tiefschwarzen, geheimnisvollen Augen und es ist um sie geschehen – doch der Weg nach Damaskus ist weit und voller Gefahren und Gefühlen, denen sie standhalten muss …  Zwischen arabischer Farbenpracht und verruchter Romantik – Love and Landscape für Fans von Laila El Omari!

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Seitenzahl: 204

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Über dieses Buch:

 

England, Ende des 19. Jahrhunderts: Vita würde alles tun, um der Ehe mit dem alten Lord Bantham zu entgehen – so überredet sie ihren Vater, sie nach Italien reisen zu lassen, wie es sich für die Bildung einer feinen Lady gehört. Was er nicht ahnt: Eigentlich will Vita nach Syrien, um ihre mutige Cousine Jane nach Rat zu fragen, denn sie folgte damals ihrem Herzen in die Wüste … Auf der Reise gerät die tollkühne junge Frau in die Hände eines rücksichtslosen arabischen Scheichs, der sie jedoch vor der unbarmherzigen Sonne rettet. Ein Blick in seine tiefschwarzen, geheimnisvollen Augen und es ist um sie geschehen – doch der Weg nach Damaskus ist weit und voller Gefahren und Gefühlen, denen sie standhalten muss …

eBook-Neuausgabe September 2025

Copyright © der englischen Originalausgabe, die unter dem dem Originaltitel »Passions in the Sand« erschien, by Barbara Cartland E-Books Ltd. 2014; Copyright Cartland Promotions 1976.

Copyright © der deutschen Erstausgabe, die unter dem Titel »Liebe unterm Tropenhimmel« erschien, by Barbara Cartland E-Books Ltd. 2020; Copyright Cartland Promotions 1982.

Copyright © der Neuausgabe 2025 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung eines Motives von © Arnada / Adobe Stock sowie mehrerer Bildmotive von © shutterstock/ shutterstock AI

eBook-Herstellung: dotbooks GmbH unter Verwendung von IGP (mm)

 

ISBN 978-3-98952-931-1

 

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Dieses Buch wurde ursprünglich 1976 veröffentlicht und verwendet eine Sprache, die diese Ära widerspiegelt.

 

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Barbara Cartland

Das Leuchten der Aprikosenblüte

Roman

Aus dem Englischen von Eva Wagner

 

Kapitel 1

 

»Oh nein, Papa, Lord Bantham werde ich niemals heiraten«, rief Vita entschlossen.

Das veranlaßte ihren Vater zu der Entgegnung: »Sein Antrag mag eine Überraschung für dich bedeuten, aber sowohl deine Mutter wie ich halten ihn für einen höchst erstrebenswerten Bewerber.«

»Er ist ein Freund von dir, Papa, ich bin nie auf den Gedanken gekommen, er könnte sich für mich interessieren.«

»Bantham besitzt eine Würde und Haltung, an denen es vielen jungen Männern heutzutage empfindlich mangelt«, erwiderte General Sir George Ashford überlegen. »Natürlich trägt er sein Herz nicht auf der Zunge, wie das augenblicklich so modern ist, aber er liebt dich und will dich zur Frau haben.«

»Das ist doch einfach lächerlich. Er ist viel zu alt für mich.«

Vita hatte diese Worte kaum ausgesprochen, als sie auch schon wußte, daß sie einen Fehler begangen hatte. Ihr Vater war bei ihrer Geburt schon fünfundvierzig Jahre alt gewesen, während Lord Bantham sich erst den Vierzigern näherte.

Natürlich wollte Vita eines Tages heiraten, und eine ganze Anzahl attraktiver Männer hatten ihr auch bereits ihre Herzen zu Füßen gelegt. Daß ihr Vater die meisten von ihnen als Mitgiftjäger bezeichnete, störte sie nicht weiter. Mit achtzehn spielte es keine Rolle, wenn man einen Bewerber nach dem anderen ablehnte, weil man noch viel Zeit hatte.

Vita war so schön, daß sie beinahe jedem Mann den Kopf verdrehte, mit dem sie nur flüchtig in Berührung kam. Ihr schmales Gesicht war von einer unglaublichen Vollkommenheit. Eine Fülle rotgoldener Locken fiel ihr bis weit über die Schultern. Ihre tiefblauen Augen unter den langen und dichten dunklen Wimpern wirkten violett, wenn sie sich ärgerte oder aufregte. Auf ihren Wangen lag ein pfirsichfarbener Hauch. Vor allem aber ihre strahlende Lebendigkeit bezauberte jeden Mann, der sich nur wenige Minuten in ihrer Gesellschaft befand.

Kein Name hätte besser zu ihr passen können als Vita. Wie alle englischen Väter hatte der General fest darauf vertraut, als erstes Kind einen Sohn und Erben zu bekommen. Vitas Geburt hatte Lady Ashford beinahe das Leben gekostet, und es gab einen Augenblick, wo der Arzt Sir George darüber informierte, daß er möglicherweise nicht Mutter und Kind zugleich retten könne. Als der General schließlich seine halberstickte und blaurot angelaufene Tochter betrachtete, tat er das mit einem Ausdruck der Erleichterung, weil nicht nur das Baby, sondern auch seine Frau lebten.

»Ein Mädchen, Sir George«, rief der Arzt betont munter. Er wußte sehr wohl, daß man gewöhnlich ihn dafür verantwortlich machte, wenn nicht der erwartete Erbe das Licht der Welt erblickte.

»Das sehe ich«, bemerkte der General trocken.

»Wie wollen Sie es nennen?« erkundigte sich der Doktor. »Das kleine Wesen war fest entschlossen zu leben, wie sehr auch die Umstände dagegen sprachen.«

»Dann dürfte doch wohl nur ›Vita‹ in Frage kommen«, erwiderte der General mit einem seiner Geistesblitze, für die er allgemein bekannt war.

Er und seine Frau hatten bereits eine ganze Anzahl von Männernamen ausgesucht, da sie mit einem Mädchen nicht gerechnet hatten. Als es Lady Ashford besser ging, wehrte sie sich entschieden gegen die Wahl ihres Mannes, konnte jedoch nichts ausrichten. Mit der gleichen Hartnäckigkeit, die ihm beim Erreichen seines hohen Ranges in der Armee zustatten gekommen war, beharrte er auf seinem einmal gefaßten Entschluß.

Bei der offiziellen Taufe ihrer Tochter fügte Lady Ashford noch Hermione, Alice und Helena hinzu; der erste Name war und blieb Vita, schon weil er von Jahr zu Jahr besser zu ihr paßte.

Vita stand im Salon des Ashford-Hauses in Leicestershire, und es ließ sich nicht leugnen, daß sie ganz reizend aussah, obwohl ihre Miene umwölkt war und ihre Augen wütend funkelten.

Ihr Vater hatte sie von klein auf verwöhnt; sie kannte andererseits seine gelegentlich auftretenden Anfälle von Starrsinn, weil sie ein Echo davon in sich selbst verspürte. Da er sich ihre Hochzeit mit Lord Bantham in den Kopf gesetzt hatte, würde es schwer sein, ihn davon abzubringen.

Gewöhnlich konnte sie ihn, wie ihre Mutter mißbilligend bemerkte, um den kleinen Finger wickeln. Nur manchmal, vor allem wenn er sich einredete, daß irgendetwas zu ihrem eigenen Besten geschah, konnte er plötzlich schwierig werden.

Vita war es unerklärlich, wie ihr Lord Banthams Interesse an ihrer Person hatte entgehen können. Sie mußte die üblichen Anzeichen mißdeutet haben, an denen sie sonst erkannte, daß ein Mann drauf und dran war, sich zu erklären, bevor er diesen Entschluß in die Tat umsetzte.

Die Tatsache, daß sie nicht nur schön, sondern auch reich war, hatte in Vita schon bald nach Verlassen der Schule das Bewußtsein ihres eigenen Wertes geweckt. Sie war im Grunde genommen kaum je wirklich in ein Schulzimmer verbannt worden. Als ausgezeichnete Reiterin hatte sie seit ihrem achten Lebensjahr an den in Leicestershire veranstalteten Jagden teilnehmen dürfen und sich ob ihrer völligen Furchtlosigkeit bald zum allgemeinen Liebling aufgeschwungen.

Ihren Vater, der ebenfalls ein hervorragender Reiter war, amüsierte es, anstelle des nicht vorhandenen Sohnes seine kleine Tochter mit auf die Jagd zu nehmen.

Eine Freiheit führte zur nächsten, und mit fünfzehn war Vita selbstsicherer und gewandter als ihre Altersgenossinnen. Das schlanke Geschöpf mit den weit auseinander stehenden Augen und der zierlichen gebogenen Nase wurde allerdings auch von jedermann verhätschelt und verwöhnt.

Als sie mit siebzehn offiziell in die Gesellschaft eingeführt wurde, genügte den anderen Frauen ein flüchtiger Blick, um sie erkennen zu lassen, daß sie gegen so viel Vollkommenheit kaum Chancen hatten.

Vitas Eltern legten ein gerüttelt Maß an Unruhe an den Tag, wenn es sich um die Männer handelte, die sich um ihre Tochter bemühten. Sie wollten sicher sein, daß sie nur einen Mann heiratete, der sie vor den Gefahren bewahrte, die unweigerlich auf eine schöne Frau zukamen.

Lord Bantham konnte man nur als erstrebenswerte Partie betrachten. Er war einer der reichsten und angesehensten Männer Englands, der nichts mit den Adligen gemein hatte, deren Extravaganzen und Frivolität die Königin so sehr schockierten. Außerdem zählte man ihn zu den Standpfeilern im House of Lords. Als Ehepartner konnte ihm keiner das Wasser reichen, aber als Mann...

Vita schauderte es. Sie betrachtete nicht ohne Sorge das entschlossene Kinn ihres Vaters, der in seiner Jugend hervorragend ausgesehen hatte, was sich auch heute noch nicht verleugnen ließ. Ein Blick auf die besorgte Miene ihrer Mutter zeigte Vita, daß sie von ihr keine Unterstützung zu erwarten hatte, weil sie voll und ganz auf der Seite ihres Mannes stand.

»Bantham kann dir jeden erdenklichen Wunsch erfüllen«, hörte sie ihren Vater sagen. »Als seine Frau wirst du zu den bekanntesten Londoner Gastgeberinnen zählen und seine politischen Freunde bewirten, was er sich schon lange wünscht. Abgesehen davon besitzt er einen unvergleichlichen Rennstall.«

Sir George wußte, daß zumindest das Letztere nicht ohne Eindruck auf seine Tochter blieb. Er besaß zwar selbst ein paar Pferde, konzentrierte sich jedoch hauptsächlich auf Jagdpferde. Das bedeutete aber keineswegs, daß er sich nichts aus Rennen machte. Vita hatte ihn oft nach Newmarket oder Epsom begleitet, und nachdem sie in die Gesellschaft eingeführt worden war, hatte sie sogar in der Königlichen Loge in Ascot gesessen.

Auf dem grünen Rasen, umgeben von der crème de la crème, hatte sie kaum weniger Aufmerksamkeit erregt als die Pferde.

Lord Bantham hatte den Gold Cup gewonnen, was den General, der hoch auf ihn gewettet hatte, in Entzücken versetzte. Vater und Tochter beeilten sich, dem Lord zu gratulieren, und jetzt im Rückblick schien es Vita, als ob er dabei ihre Hand länger als notwendig gehalten hätte.

»Die Bantham-Diamanten sind einzigartig«, bemerkte Lady Ashford unvermittelt. »Ich erinnere mich, sie bei einem Hofball an der Mutter Seiner Lordschaft bewundert zu haben. Sie stellten sogar die in den Schatten, die die Königin trug.«

»Im Augenblick hat Vita noch keine Juwelen nötig«, sagte der General. »Erst wenn sie älter wird, dürfte ihr aufgehen, wie viel sie zur Schönheit einer Frau beitragen.«

Vita zwang sich mühsam zu einem Lächeln.

»Die Überraschung ist dir gelungen, Papa«, sagte sie, »jetzt mußt du mir ein bißchen Zeit zum Nachdenken lassen.«

Sie wußte, daß ihr Vater ihr diesen Wunsch nicht abschlagen würde. Sein entschlossener Gesichtsausdruck milderte sich. Er zog sie zärtlich an sich.

»Liebling, du weißt, daß ich nur dein Glück im Auge habe. Ich möchte sicherstellen, daß du den dir zustehenden Platz in der Gesellschaft einnimmst.« Nach einem Blick auf seine Frau fuhr er fort: »Wir werden alt, deine Mutter und ich, und die Angst läßt uns nicht los, daß wir sterben und dich allein und unbeschützt zurücklassen könnten.«

Seufzend setzte er hinzu: »Du bist eine sehr vermögende junge Frau, Vita, und ich hätte mir manchmal gewünscht, daß deine Patin weniger großzügig gewesen wäre. Das hätte uns einige Sorgen erspart.«

»Jedenfalls kann man Lord Bantham nicht bezichtigen, ein Mitgiftjäger zu sein«, bemerkte Lady Ashford. Ihre Angewohnheit, offenkundige Tatsachen festzustellen, hatte ihren Gatten schon oft irritiert. Auch jetzt ignorierte er ihre Worte und drückte seiner Tochter einen Kuß auf die Stirn.

»Wir werden uns später noch einmal darüber unterhalten, Vita.«

»Vielen Dank, Papa.«

Das Mädchen stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihn auf die Wange küssen zu können, bedachte ihre Mutter mit einem schnellen Lächeln und lief mit einer Grazie aus dem Zimmer, die es einem schwer machte zu glauben, daß sie ein Wesen aus Fleisch und Blut war.

In ihrem Schlafzimmer angekommen, blieb sie einen Augenblick mit zusammengepreßten Lippen stehen. Ihr war zumute, als ob eine Bombe unmittelbar vor ihren Füßen explodiert wäre. Schließlich riß sie sich zusammen und zerrte so heftig an der Glockenschnur, daß wenige Sekunden später ein Dienstmädchen mit ängstlichem Gesicht hereinstürzte.

»Sie haben geläutet, Miss Vita?«

»Hilf mir schnell in mein Reitkleid«, rief ihre Herrin. »Wo ist denn Martha?«

»Sie hat Sie noch nicht erwartet und trinkt unten eine Tasse Tee.«

Vita hatte plötzlich Sehnsucht nach der alten Martha, die schon ihr Kindermädchen gewesen war und zu der sie mit jedem Kummer laufen konnte. Aber Martha hatte ihre festen Gewohnheiten. Dies war die Stunde, wo sie mit der Haushälterin ihren Tee trank, und nichts würde sie dazu bringen, sich wieder ihren Pflichten zu widmen, bevor sie nicht mit ihrem Tee fertig war.

Emily, das kleine Dienstmädchen, half ihrer jungen Herrin in ein Reitkleid aus grünem Samt, das ihre klare Haut betonte und die goldenen Lichter in ihrem Haar verstärkte.

Vita warf einen flüchtigen Blick in den Spiegel und befestigte ungeduldig das zu dem Kleid passende Hütchen mit Schleier auf dem Kopf, griff nach Reitgerte und Handschuhen und eilte die Hintertreppe hinunter, um einer Begegnung mit ihrem Vater aus dem Weg zu gehen.

Da der General es nicht schätzte, wenn sie allein ausritt, hätte er ihr unweigerlich seine Begleitung angetragen, was sie um jeden Preis vermeiden wollte. Auch im Stall wehrte sie sich erfolgreich gegen die Zumutung, einen Reitknecht mitzunehmen.

»Ich werde den Park nicht verlassen«, sagte sie.

»Ihnen fehlt die Bewegung, die ein richtiger, anstrengender Jagdtag mit sich bringt«, stellte der Chef der Stallknechte mit der jovialen Vertraulichkeit eines langjährigen Bediensteten fest.

»Da haben Sie recht, Headlam«, stimmte Vita zu, »aber weder die Pferde noch ich wollen uns auf die faule Haut legen.«

Nachdem Headlam Vita in den Sattel geholfen hatte, beobachtete er grinsend, daß sie besser mit dem munteren Pferd fertig wurde, als das mancher Mann gekonnt hätte.

Als sie den sanften Rasen des Parks hinter sich gelassen hatte, ließ sie ihr Pferd in einen schnellen Galopp fallen, der bald frische Farben auf Vitas Wangen zauberte. Der Wind wehte ihr ein paar Locken ins Gesicht.

Schließlich lenkte sie ihr Pferd auf ein lang gestrecktes, niedriges Gebäude zu, das im Schutz schöner alter Bäume lag. Noch ehe sie das Tor erreicht hatte, kam ihr ein junger Mann entgegen, dessen Augen bei ihrem Anblick bewundernd aufblitzten.

»Ich habe nach Ihnen Ausschau gehalten, Vita«, sagte er, »habe Sie allerdings nicht so früh erwartet.«

»Ich wollte auch erst nach dem Lunch kommen, aber inzwischen ist etwas geschehen, weshalb ich Sie sofort sehen mußte«, erwiderte sie so niedergeschlagen, daß er ihr einen scharfen Blick zuwarf.

Der sympathische junge Mann mit der schlanken und drahtigen Figur war zwar offensichtlich ein Gentleman, besaß aber weder den Schliff noch die Eleganz der Männer, die Vita sonst umschwärmten. Charles Fenton war der Sohn des Gutsverwalters.

Sein Vater hatte zusammen mit Sir George gedient. Als die beiden aus dem aktiven Dienst ausschieden, hatte der General dem von ihm hoch geschätzten Major Fenton die Stelle als Gutsverwalter angeboten, was er niemals bedauern mußte, denn dieser sah seinen Lebensinhalt darin, die Ashford-Güter zu verbessern. Dabei war es unvermeidlich, daß sein Sohn Charles Vita kennenlernte und dieser sich – wie sollte es anders sein – in sie verliebte. Sie mochte ihrerseits den jungen Mann zwar sehr gern, nahm ihn aber als Bewerber nicht ernst, schon weil sie das unter den gegebenen Umständen gar nicht konnte. Nicht nur der Unterschied der gesellschaftlichen Positionen, sondern auch die Tatsache, daß Vita eine reiche Erbin war, machten es Charles unmöglich, auch nur mit dem Gedanken zu spielen, sie als Ehefrau zu gewinnen.

Da er andererseits die Krumen dankbar entgegennahm, die vom Tisch eines reichen Mannes fielen, fühlte er sich geehrt, ihr Freund sein zu dürfen.

»Was ist geschehen?« fragte er.

»Papa hat mir angekündigt, daß ich Lord Bantham heiraten muß.«

»Lord Bantham? Aber er ist alt genug, um Ihr Vater zu sein«, rief Charles.

»Wem sagen Sie das. Mir ist, als ob ich in einen Käfig oder ein Gefängnis eingesperrt werden soll«, erklärte sie.

»Und was wollen Sie jetzt tun?« fragte Charles. »Haben Sie Ihrem Vater nicht klargemacht, daß Sie keinen so alten und langweiligen Mann heiraten wollen?«

»Ich hätte es getan, wenn ich nicht gemerkt hätte, daß Papa seinen Entschluß bereits gefaßt hatte. In einem solchen Fall kann er äußerst starrköpfig sein, wie Sie wissen.«

Charles Fenton nickte. Er vermochte den Blick nicht von Vitas liebreizendem Gesicht zu lösen.

»Sie dürfen keinen Mann heiraten, den Sie nicht lieben«, sagte er mit einer Stimme, deren tiefer Ernst an ihr Herz rührte.

»Und wie soll ich das Papa beibringen?«

»Können Sie ihn nicht bitten?« fragte Charles, der daran dachte, wie schwer es war, Vitas Betteln oder Flehen zu widerstehen.

Sie schüttelte den Kopf.

»Leider bin ich erst achtzehn. Auch wenn Papa mich nicht gewaltsam vor den Altar zerren dürfte, kann er mir eine Menge Schwierigkeiten machen, wenn ich mich nicht nach seinen Wünschen richte.«

»Auf welche Weise?«

»Letztes Jahr war Papa sehr wütend auf mich, als ich nicht sofort versprach, einen jungen Mann nicht wiederzusehen, dem er das Haus verboten hatte.«

»Was geschah dann?« fragte Charles, den insgeheim die Eifersucht plagte, daß Vita einen Mann nicht hatte aufgeben wollen, wer immer es war.

»Papa hat mir gedroht!«

Als Vita Charles’ Gesichtsausdruck gewahrte, lachte sie hellauf.

»Um Himmels Willen, nicht so, wie Sie denken. Er würde nie Hand an mich legen. Weder er noch Mama haben mich je geschlagen, als ich noch ein Kind war. Papa versteht sich auf wirkungsvollere Strafen.«

»Und die wären?«

»Einmal wollte er mir zum Beispiel das Reiten verbieten, wenn ich nicht gehorchte.« Vita seufzte. »Können Sie sich vorstellen, was es für mich bedeuten würde, keine Pferde mehr zu sehen und die Nähe der Ställe meiden zu müssen, um nicht von den Stallknechten verjagt zu werden?«

»Das wäre allerdings grausam«, stimmte Charles zu.

»Es gibt einiges mehr, was Papa mir antun kann«, fuhr Vita fort. »Da er Vollmacht über mein Geld hat, kann er sich weigern, mich nach London fahren zu lassen oder behaupten, ich brauche keine neuen Kleider, weil ich bereits genügend besitze. Einmal hat er mir auch angedroht, mich zu meiner Großtante Edith nach Somerset zu schicken.«

»Sie dürfen nicht fortgehen«, sagte er.

»Wenn ich bleibe, muß ich Papa gehorchen«, sagte sie leise wie zu sich selbst. Ein tiefer Seufzer entfloh ihren Lippen.

»Wissen Sie eigentlich, warum das Ganze geschieht, Charles? Meine Eltern befürchten, daß ich Kusine Jane nacheifern könnte, nur weil ich ihr äußerlich gleiche. Was sie mit ihrer Strenge erreichen, ist aber höchstens, daß ich tatsächlich tue, was sie tat.«

»Wer von Ihren zahlreichen Verwandten ist denn Kusine Jane?« wollte Charles wissen.

»Jane Digby natürlich. Wir haben doch schon öfters über sie gesprochen«, erklärte Vita ungeduldig. »Sie hatte vier Ehemänner und so viele Liebhaber, daß allgemein die Übersicht verloren gegangen ist. Zur Zeit ist sie mit einem arabischen Scheich verheiratet.«

»Sie meinen Lady Ellenborough«, sagte Charles.

»Lord Ellenborough war ihr erster Mann, und wenn ich es mir recht überlege, muß er in etwa Lord Bantham geglichen haben. Er war reich, bedeutend und ungeheuer respektabel. Die Digbys sollen ihre Tochter schon mit siebzehn Jahren zu dieser Ehe gezwungen haben, weil sie so schön war, daß ihre Eltern Angst um sie hatten, genau wie jetzt Mama und Papa um mich.« Vita dachte einen Augenblick nach, bevor sie weitersprach. »Ich dürfte es wohl William Steele zu verdanken haben, daß sie es jetzt plötzlich so eilig haben, mich zu verheiraten.«

»Und wer ist William Steele?« erkundigte sich Charles ziemlich kühl.

»Ein phantastisch aussehender Playboy, der eine reiche Erbin sucht«, erwiderte sie gleichmütig. »Er ist so charmant und elegant, daß es beinahe zum guten Ton gehört, sich in ihn zu verlieben. Es machte mir Spaß, ihn für mich zu gewinnen, wobei ich die Affäre natürlich keine Sekunde ernst gemeint habe. Aber irgendjemand hat Papa Gift in die Ohren geträufelt, es gab einen höchst lächerlichen Auftritt seinetwegen.«

»Und deshalb sollen Sie Lord Bantham heiraten? Oh Vita, wenn Sie nur nicht so unbeschreiblich reizend wären!« rief er verzweifelt.

Vita schenkte ihm ein Lächeln, das genügt hätte, beinahe jeden jungen Mann um den Verstand zu bringen.

»Vielen Dank für das Kompliment«, sagte sie. »Im Augenblick beschäftigt mich aber mehr das Problem, wie ich mich vor Lord Bantham retten kann. Ich verstehe einfach nicht, wie meine Eltern so dumm sein können, genau dem Modell zu folgen, das Kusine Jane so viel Leid und Unglück gebracht hat.«

Als Charles sich nicht äußerte, fuhr sie fort: »Jane ist bei der ersten Gelegenheit mit Prinz Felix Schwarzenberg weggelaufen, in den sie sich verliebt hatte. Ihre Ehe mit Lord Ellenborough mußte ja scheitern, weil sie ihn nicht liebte.«

»Keine Frau kann mit einem Mann glücklich werden, den sie nicht liebt«, verkündete Charles.

»Bringen Sie diese Weisheit doch bitte Papa bei«, rief Vita. »Natürlich haben Sie recht. Daher bin ich auch fest entschlossen, erst dann zu heiraten, wenn ich einen Mann finde, dem ich nicht widerstehen kann und ohne den ich nicht leben will.«

»Können Sie nicht Lord Bantham bitten, Sie in Ruhe zu lassen?«

»Glauben Sie wirklich, daß das auch nur den geringsten Sinn hätte?« fragte Vita verächtlich. »Er lebt doch in dem Wahn, mir eine hohe Ehre zu erweisen. Ihm dürften seit Jahren unzählige Frauen nachgelaufen sein, die sich gern mit den berühmten Bantham-Diamanten schmücken oder seinen pompösen Reden im House of Lords lauschen wollten.«

»Er besitzt ein paar gute Rennpferde.«

»Das ist aber auch das einzige, was zu seinen Gunsten spricht. Leider steht dem entgegen, daß ich ihn und nicht seine Pferde heiraten muß.« Vita stieß einen tiefen Seufzer aus. »Wenn ich doch nur Kusine Jane um Rat fragen könnte. Ob sie wohl von zu Hause weggelaufen wäre, anstatt Lord Ellenborough zu heiraten, wenn sie gewußt hätte, was ihr bevorstand?«

»Wenn ich recht informiert bin, hält sie sich gegenwärtig in Syrien auf«, sagte Charles.

»Sie lebt mit ihrem arabischen Scheich teils in der Wüste, teils in ihrem Haus in Damaskus. Bevil Ashford, ein Cousin von mir, war vor einigen Wochen hier und hat mir viel von ihr erzählt.«

»Ist er nicht Diplomat?«

»Bevil gehört zu den vielversprechenden jungen Talenten im diplomatischen Dienst, wenn man der Familie Glauben schenken darf. Er hat an den Botschaften in Rußland, Norwegen und Syrien Dienst getan, wo er Kusine Jane kennenlernte.«

»Und was wußte er über sie zu berichten?«

»Daß sie trotz ihrer zweiundsechzig Jahre immer noch eine sehr schöne Frau ist.«

»Das ist allerdings erstaunlich, wenn man bedenkt, welches Leben hinter ihr liegt.«

»Vielleicht hat die Liebe sie jung erhalten.«

»Ist sie für die Liebe nicht ein wenig zu alt?« fragte Charles.

»Da sieht man, daß Sie nichts von Frauen verstehen«, rief Vita. »Natürlich liebt sie ihren Scheich, wie sie vorher zwei andere Ehemänner, zwei königliche Liebhaber und einige andere geliebt hat.«

»Das ist doch wohl kaum anzunehmen«, sagte Charles schockiert.

»Kusine Jane wurde mir immer als schlechtes Beispiel vor Augen gestellt. Wenn die Familie auch nur hinter vorgehaltener Hand über sie spricht, so gibt es genau genommen kein anderes Thema, über das sie lieber sprächen. Wenn es Neuigkeiten über Jane gibt, versammeln sich Tanten, Großtanten, Kusinen, Nichten und Großnichten wie ein Papageienschwarm, reden, reden und reden und genießen jeden Skandal, den Kusine Jane je entfacht hat.«

Lachend setzte Vita hinzu: »Was den Damen ganz und gar nicht in den Kram paßt, ist die Tatsache, daß Jane immer noch schön und glücklich ist.«

Ein Blick auf Charles veranlaßte Vita zu der Feststellung: »Sie nehmen ihr das einfach übel! Ist das nicht sonderbar? Nach ihrer Meinung, wie auch der der meisten Leute, sollte eine Sünderin in Sack und Asche herumlaufen und sich die Augen ausweinen, damit man ihr großmütig vergeben kann. Kusine Jane aber braucht nichts dergleichen.«

»Woher wissen Sie das?«

»Vor dreizehn Jahren besuchte sie England, was einen schrecklichen Wirbel verursachte. Die Familie kam von allen Seiten herbeigeströmt, allerdings mehr aus Neugier, denn aus Zuneigung.«

»Was wollte sie hier?«

»Vermutlich hatte sie den Wunsch, ihre alte Heimat wiederzusehen, mußte dann aber feststellen, daß man dort zu Hause ist, wo sich das Herz befindet, und ihres hatte sie in Syrien zurückgelassen.«

»Das klingt für mich ziemlich verworren«, sagte Charles.