Das Lotusbuch -  Ich bremse auch für Führungskräfte - Tina Wiegand - E-Book

Das Lotusbuch - Ich bremse auch für Führungskräfte E-Book

Tina Wiegand

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Beschreibung

Führungskräfte sind zunehmend auf KnowHow zum Faktor Mensch angewiesen. Dieses Buch lädt dazu ein, die üblichen Gedankenpfade zu verlassen, sich selbst und andere besser kennenzulernen. Die spannende Dichte an Informationen aus der Praxis ist augenöffnend, oft amüsant und führt unterhaltsam in das Holographische Denken ein. Wenn die Ratio nicht mehr weiter weiß, eröffnet das Unbewußte neue Räume, in denen innovativ vorgegangen wird. Auf diese Weise lassen sich überraschende Verbesserungen auch für komplexe Herausforderungen finden. Lassen Sie sich von der versierten und erfahrenen Psychosophic Consultant Tina Wiegand durch ihr Orientierungsmodell Wiegandscher Lotus und Spiral Dynamics von Clare Graves führen. Sie werden viele komplexe Konfliktstrukturen verstehen, die ein oder andere Lösung finden und ein umfassendes Wissen Ihr eigen nennen können. Sie werden das Lotusbuch immer wieder in die Hand nehmen und jedes Mal etwas Neues entdecken. Lassen Sie sich inspirieren und lernen Sie vieles über sich selbst - unter anderem zu schmunzeln.

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Seitenzahl: 455

Veröffentlichungsjahr: 2019

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DANKE

In den letzten 30 Jahren haben mir die Fügungen unendlich viele Begegnungen mit Menschen geschickt, die sich mir anvertraut haben. Für eine Weile durfte ich bei der Lösungsfindung unterstützen und diese Menschen durchs Leben begleiten. Manche vertrauten mir die letzten Monate ihres Lebens an und ich ging bis zum Ende mit. Andere lernten wieder fliegen und das Leben setzte sich durch. Ein kleiner Kreis lernt zusammen mit mir seit Eröffnung meiner Praxis „Soulfit Factory“ 1995 bei den experimentellen Forschungsformaten: den Tigertreffs, den Social Synergies, den Talentworkshops und den vielen anderen Veranstaltungen. Seit 2012 ist der Soulfit Factory e.V. ein gemeinnütziger Verein. Herzlichen Dank an alle für den Mut zur Experimentierfreude und die Bereitschaft, immer wieder Neuem zu begegnen. Jede einzelne Begegnung, jedes Experiment, jeder Austausch hat mir eine Facette des unbezahlbaren Erfahrungsschatzes hinterlassen, für den ich zutiefst dankbar bin.

Bedanken möchte ich mich auch bei den Menschen, deren Neugier mich dazu bewogen hat, mein Wissen zu strukturieren, es weiterzugeben und weiterzuentwickeln. Sie haben ihre Zeit und ihr Interesse investiert, um mit der „Lotuszeit“, den CDs und den Texten zu experimentieren und die Hypothesen auf ihre Haltbarkeit zu überprüfen, die ich in meinen Texten vorgeschlagen habe. Ihr ehrliches Feedback lässt mich immer wieder korrigieren und anpassen. Durch dick und dünn begleitet haben mich in den letzten Jahren meine Geschäftspartnerinnen Simone Rauch, Nicole Sander-Braun und Barbara Motschenbacher, die mit mir die Psychosophic Konzepte erarbeiteten. Sie waren und sind mir treue Begleiter auf dem nicht immer einfachen Pionierweg eines dringend benötigten Neuen Denkens.

Herzlichen Dank auch an meine Jungs, die den forschenden Geist, die hinterfragende Haltung und die Lernbereitschaft übernommen haben und immer wieder ebenso kritische wie bereichernde Counterparts und Diskussionspartner sind.

INHALT

Teil 1

I. Von der Unwirksamkeit der Esoterik

Plädoyer für das Ver-rückt-Sein

Die Irrationalität des Rationalismus

Esoterik als Schimpfwort

Schnöder Mammon schlägt Lichtnahrung

Weltuntergang & Co

Vodoo, Veganer und Hexenbesen

Mutter im Ashram

Endlich Allein Zuhaus

II. Wissenschaft – Das Gegenteil von Esoterik?

Der Versuchsleiter-Effekt

Die Rosenthal-Ratten

Der Doppelspalt-Versuch

Wahrnehmung, Wahrheit und rückversichernde Wissenschaft

Bedeutung der Wissenschaft für das seelische Gleichgewicht

Unkontrollierbarer Faktor Mensch

III. Interlude – Geiler Geiz trifft Sexy Erfolg

IV. Erfolgstool ‚Abkehr vom Erfolg’

Heute schon ge-niagarat?

Die Esoterik der Laserpointer

Unsere Interaktion mit der Realität

Wenn das Hirn sich verrechnet

Beziehung als Realität

Experimente im Garten

Intuitives Erkennen

Realität und Klang

V. Das Wesentliche

VI. Der Begriff „Psychosophic“

VII. Persönlichkeit und ihre Verwicklungen

VIII. Matrix und Welt-Bild

Little Albert und die flauschigen Tiere

Zeit der Prägung – ein hypnotischer Zustand

Die Matrix als Ordnungskraft im Chaos

Die Matrix als Kommunikationssteuerung

Wirkung der Matrix

Die Matrix ohne Reflexion auflösen

Ist das Leben vollkommen selbstgemacht?

Wiederholungszwang als Programm der Matrix

IX. Wille des Ego versus Wille des Selbst

Der Marshmallow-Versuch

Wille und Schicksal

Vorbestimmung versus bewusste Lebensgestaltung

Teil 2

X. Der Wiegandsche Lotus – Ein Orientierungsmodell

Symbolbedeutung des Lotus

Aufbau des Lotus

Lebenswerk und Sinn-Suche

Die drei Wege zum Lebenswerk

XI. Das Mesotriarchat

Das Unwort Liebe

Geld oder Liebe?

Die seelische Ebene

Würde und Respekt

Wenn Anima sich in Animus verliebt

XII. Zeit der Ritter

Raubritter

Die Tafelritter

Das Wort „edel“

XIII. „Normalität“

Die Gewalt der Spießbürger

Erste Lebenskrise – das Ende der Ritterzeit

XIV. Das Artus-Bewusstsein – Zeit der Verantwortung

Vom Schicksal der Verwöhnung

Die königlichen Insignien

Der Flow

Aufregende Jahre

Der Weg der Idee in die materielle Welt

Mangel als Chance

Fortsetzung in der materiellen Welt

XV. Das Merlin-Bewusstsein

Der Alltag und die ewig grüssenden Murmeltiere

Ein Fallbeispiel

Magie, Resonanzprinzip und klingende Körner

XVI. Der Spirituelle Lehrer

Charisma als Ergebnis des hellen Weges

XVII. Das Herkunftssystem

Herkunftssystemische Lebensthemen als Episkript

Herkunftssystem und Spiral Dynamics

Die Farben von Spiral Dynamics

Das Beige Mem

Allein gegen die Natur – Überlebenskampf

Das Lila Mem Gemeinsam Überleben – Erste Organisation

Das Rote Mem Ich will – Individualisierung

Das Blaue Mem Man muss – Gesetz, übergeordnete Struktur

Das Orange Mem Ich kreiere – Selbstgestaltung

Der Untergang des Orangen Mems

Das Grüne Mem Ich fühle – Beginn der Kollektivverantwortung

Die große Krise

Szenen der Heilung

Das Gelbe Mem - Systemisches Denken

Das Türkise Mem - Holographisches Denken

Existenz – Der Strudel im Bewusstseinsfeld

Flexibilität der memetischen Zustände

Kriege in Umbruchzeiten

Mehr als nur ein Schädling

Vorfahren und die Mems

XVIII. Der Kindlotus

Zeugung und Schwangerschaft

Die Narzisstische Störung

Materialistische Irrwege

Die Ursprache des Menschen

Verliebt in ein Bild

Optimiertes Überleben

Die Liebe zum Materiellen

Aschenputtels Schwester

Größenphantasien

XIX. Vier Kräfte der inneren Balance

Eigendrehung

Die Beziehung zu sich selbst

Die Überbetonung der Eigendrehung Angst vor Ich-Verlust und Abhängigkeit

Die Drehung um andere

Freundlichkeit als Grundlage menschlichen Miteinanders Der zugängliche Menschenfreund

...

if you don‘t give me cookies

Die Überbetonung der Drehung um andere Übermäßige Angst vor Isolation

Ausgleich zwischen den Polen Eigendrehung und der Drehung um andere

Die Gravitation

Der zuverlässige Bewahrer

Überbetonung der Gravitation

Zwang und Rigidität

Die Fliehkraft

Der kreative Veränderer

Überbetonung der Leichtigkeit Angst vor Bindung und Stagnation

Ausgleich zwischen den Polen des Bewahrens und Veränderns

XX. Die Schule – Zeit des Lernens

Der kleine Lernexperte

Gehirnwellen des optimalen Lernzustandes

Versuche der Bildungsforscher

Beamte statt Lehrer

Horrorjob Lehrer

Coolness – stummer Hilfeschrei einer gequälten Jugend

Suizid von Kindern

Die Einfalt des Perfektionismus

XXI. Die Pubertät

Neue Generationen

Die Magie der Sexualität

Energetische Bänder

Erfüllungsgehilfen des Lebensskriptes

XXII. Das Psychospiel

Spiele 1. Grades

Spiele 2. Grades

Spiele 3. Grades

Spiele 4. Grades

Das Dramadreieck im Unternehmensalltag

Die Protagonisten

Ein Alltagsbeispiel

Das dicke Ende nach dem Happy End

Feindliche Fronten

Tod der Fehlerkultur

Der Kollateralschaden

Die Amputation

Auf dem Siegertreppchen

Opfer oder Opferindustrielle

Täterloyalität

Der Täter

Der Retter

Folgen der kollektiven Stagnation

Sucht und Co-Abhängigkeit

XXIII. Raubritter und Despoten des dunklen Weges

Problematische Charaktere als Erfüllungsgehilfen

Sadisten

Psychopathen

Der Betrüger

Der Querulator

Der Paranoide

Der Passiv-Aggressive

Dramababys

Der Zwanghafte

Der Boss

Die Klette

Die wachsame Persönlichkeit

Change-Management und Organisationsentwicklung in diesem Kontext

Teil 3

XXIV. Krisen wozu? Die Krisenkurve

Die Komfortzone

Die Überforderung

Krise als Schutz vor tödlicher Stagnation

Lebensverweigerung als Lernverweigerung

Hadern mit dem Schicksal

Die Verleugnung

Annahme und Aufbruch

Der Pointerzustand

Achterbahn der Lernkurve

Der Spielverderber

Wahrnehmungsliste

Die Resilienztreppe

XXV. Ausstieg aus Psychospielen – Spielverderber werden

Den Ist-Zustand wahrnehmen und akzeptieren

XXVI. Die Sache mit Ali

ALI

Der geschützte Raum

Das Gorilla-Experiment

Erlaubte Aggressionen

Über das Wohlbefinden

Survival of the Fittest

Herdentrieb als Überlebensgarantie?

XXVII. Fazit – Und nun?

Tod der Ehrenhaftigkeit?

Das Lebenswerk ehrenhafter Menschen

XXVIII. Das Korallene Mem – das, was kommen wird

Anhang

Literaturliste

Bildnachweise und Grafiken

Vita

Kollegen-Brainstorm über Tina Wiegand

Teil 1

I. VON DER UNWIRKSAMKEIT DER ESOTERIK

Im Manager-Jargon der Führungskräfte bedeutet Esoterik nichts anderes als „unwirksam“. Dass der Begriff „Esoterik“ von niemandem geringeren als Pythagoras stammt1), wissen die wenigsten Führungskräfte. Auch was Esoterik konkret bedeutet, weiß kaum jemand. Aber dass sie nicht wirkt, das wissen alle. Daher rennen Führungskräfte oft ebenso hektisch wie ziellos durch die Gegend, auch über die Straße, und dann ist es ganz gut, wenn jemand aus reiner esoterischer Menschenfreundlichkeit für sie bremst. „Ich bremse auch für Führungskräfte“ ist daher das erste und vermutlich einzige esoterische Buch für Führungskräfte. Es ist ein seltenes Werk zum Thema „Faktor Mensch“. Dennoch glaube ich nicht, dass die Zielgruppe für dieses Buch zahlenmäßig eingeschränkt ist. Es fällt sicherlich vielen in die Hände, die Kinder haben. Wer Kinder hat, ist nämlich auch eine Führungskraft, ob er will oder nicht. Wer noch keine ist, sollte eine werden, sonst führt Filius ab einem Alter von zwei, meist zielstrebig in den Busch, wo man gar nicht hin wollte. Es ist also nicht völlig verrückt, ein Buch über das Menschsein für Führungskräfte zu schreiben, auch wenn es keine KPIs für diese Themen gibt. Mittelfristig werden sich immer mehr von ihnen Zeit für „unwirksame“ Dinge nehmen müssen. Schließlich haben Kinder und Mitarbeiter nicht selten eine Menge gemeinsam.

Es ist eine Absicht dieses Buches zu inspirieren, zu Denk-Experimenten einzuladen, dazu zu ermutigen, das, was Sie für normal halten, als Optimal-Lösung in Frage zu stellen. Außerdem werde ich Sie gnadenlos mit urmenschlichen Themen „beschießen“, die Ihnen Zeit und manchmal auch Gefühl abverlangen. Aber da die Gefühlsebene als Erfolgsfaktor zu betrachten ist und Sie täglich mit Menschen zu tun haben, wird es Ihnen am Ende nutzen. Wenn es sich um Themen handelt, die Sie nicht so gerne haben, betrachten Sie es einfach als eine Lektion, für die Sie in der Schule des Lebens nachsitzen müssen, weil Sie bisher geschwänzt haben. Schließlich kommt es nicht von ungefähr, dass Führungskräfte die Bevölkerungsschicht sind, die am härtesten kritisiert wird. Nicht-Führungskräfte bleiben unter dem Pantoffel, wo man nicht so nass wird. Aus dieser Position lässt sich trefflich von unten nach oben schießen. Management by Failure versteht sich „unten“ von selbst. Aber sind wir nachsichtig. Eine Nicht-Führungskraft kann ja nicht führen, sonst würde sie es tun. Gott sei Dank stehen sie unter dem Pantoffel derer „da oben“ – so erübrigt es sich, es besser machen zu müssen. Unten braucht man keine Ziele. Die delegiert man nach oben. Delegiert wird normalerweise ja von oben nach unten. Wer ist also dann oben und wer unten, wenn Verantwortung von unten nach oben delegiert wird? Das ist dann wohl eine Frage der Perspektive. Oben ist immer da, wo böse ist und unten ist arm. Logisch.

Ich beginne mit der abnormen Absicht, im Gegensatz zu einer aufgebrachten Mehrheit, auch für Führungskräfte zu bremsen. Gemäß Kevin Dutton laut seiner Umfrage von 2011 „Great British Psychopath Survey“2) , die er mit dem „Levenson Self Report Scale“ durchgeführt hat, sind 14% der Führungskräfte Psychopathen – aber es sind eben nicht 100%. Zugegeben, dass ich durch meinen Bremsvorgang auch Psychopathen verschone, aber die anderen 86% haben es dennoch vorwiegend verdient. Abgesehen davon können auch Psychopathen ganz nett sein und neben den ekelhaften gibt es ebensoviele Führungskräfte, die das genaue Gegenteil sind und unserer Art alle Ehre machen. Sie gehören zu den Ehrenmenschen dieser Welt. Und wenn diesen eine Psychopathin als Mitarbeiterin begegnet, haben Ehrenmenschen auch keinen Spaß. Die Presse schreibt nicht über Ehrenmenschen, denn die Öffentlichkeit will über sie nichts wissen. Presse und Öffentlichkeit brauchen Futter, um sich zu ereifern. Psychopathen sind viel spannender als Ehrenmenschen, jedenfalls solange man sie nicht persönlich am Hals hat. Hat man diese Erfahrung jedoch erst einmal gemacht, wird man tunlichst davon absehen, erkennbar auf Psychopathen zu schießen, denn der Bumerang kommt versiebenfacht zurück. Solange „die da unten“ ihre Kritik überleben, kann es sich bei „denen da oben“ nicht um Psychopathen handeln.

Wir können aber stattdessen gerne mal darüber reden, was Menschen auszeichnet, die mit ihrer Aufmerksamkeit fasziniert an ihrer Vorstellung der Hannibal Lectors gefesselt bleiben. Für sie sind Ehrenmenschen unattraktiv. Ob man das als betrüblich einsortieren sollte, lasse ich mal dahin gestellt. Wer einem Psychopathen lange genug seine Aufmerksamkeit geschenkt hat, fühlt sich danach wie ein ausgelutschter Lappen und das kommt nicht von ungefähr. Aufmerksamkeit kann man auf kräftezehrende Aspekte des Lebens richten (zum Beispiel Psychopathen und ihre Fans) oder auf kraftgebende Aspekte, zum Beispiel inspirierende Begegnungen. Zwischen energiegeladen und ausgelutscht gibt es einen Unterschied, den ein Esoteriker als Energiegefälle bezeichnen würde. Aus diesem Grund und der Tatsache, dass Aufmerksamkeit etwas bewegen kann, werde ich in den folgenden Texten immer wieder mal, ganz esoterischunwissenschaftlich, von Energie sprechen. Damit meine ich dann das, was Ihnen fehlt, wenn Sie sich ausgelutscht fühlen.

Effizient, da energiesparend, sind alle Unternehmenskulturen, die auf Vertrauen aufgebaut sind. Schon seit der Beschreibung des Gefangenendilemma durch Thomas Hobbes3) (1588- 1679) bestätigt das auch die Wissenschaft. Doch pauschales Vertrauen ohne Menschenkenntnis führt in die Irre. Naives Vertrauen macht selig. Aber je nachdem, welchen Schuss diejenigen haben, mit denen Sie es zu tun haben, wirkt sich unangemessenes Vertrauen aus, wie der Tritt auf den Rechen, der mit den Zacken nach oben im Gras liegt. Selbst, wenn Sie Führungskraft UND Ehrenmensch sind, Sie sind kein Jediritter – noch nicht. Neben dem Psychopathentum gibt es noch eine ganze Menge anderer menschlicher Prägungen, die Ihnen um die Ohren fliegen können – fangen wir mit den nicht geführten Kindern an, die Sie am Nasenring dahin führen, wo Sie nicht hinwollen. Führen wir das fort mit Mitarbeitern, die lieber streiten als arbeiten. Natürlich kämpfen ehrenhafte Führungskräfte, bis zum ehrenhaften Schluss, mit offenem Visier. Aber was nutzt der edelste Ehrenmann ohne Kopf? Ich möchte mit diesem Buch das Bewusstsein für eine Ressource stärken, über die ein Psychopath ebenso wenig verfügen kann, wie ein Android: die geistig-seelischen Kräfte. Wir beginnen dazu mit drei Grundsätzen:

Es gibt keine unlösbaren Probleme.

Wer ein Problem erkennen kann, trägt die Lösung schon in seinem Unbewussten.

Lösungen kann man fühlen und Ihr Magengeschwür weiß mehr über die Lösung als Ihre Ratio.

Da vieles von dem, was Sie hier finden, Ihrem bisherigen Weltbild eine leichte oder stärkere Schieflage geben könnte, schreibe ich langsam. Dann finden Sie zwischen den Zeilen Zeit zum Durchatmen – und, wenn ich Glück habe, zum Schmunzeln. Eines der wichtigsten Dinge, zu denen dieses Buch motivieren möchte, ist die Fähigkeit über sich selbst zu lachen. Wenn Sie es schaffen, über sich selbst zu lachen, gehören Sie automatisch zu einer Elite. Wenn Sie noch keine offizielle Führungsposition haben, vielleicht nur zur geistigen Elite, aber immerhin. Wollen wir mal kategorisch feststellen, dass eigentlich jeder eine Führungskraft ist, der ein Leben führt? Wer nicht führt, hat einen Wasserträger. Also: lachen Sie sich gesund. Wer lacht führt keine Kriege, sondern sucht nach ebenso intelligenten, wie anständigen Lösungen. Wenn Ihnen das Lachen schwer fällt, üben Sie einfach, am Ende jeder Seite dieses Buches prophylaktisch zu lachen. Ich wette, alleine das wird Ihren Horizont enorm erweitern. Sie können auch teure Lach-Yogastunden nehmen. Aber ich empfehle erstmal, einfach weiterzulesen und sich mit der Unwirksamkeit anzufreunden, die den Geist erfrischt. Wenn Sie das können, ist das schon die halbe Miete.

Bevor ich erkläre, warum viele Führungskräfte Esoterik für unwirksam halten, gehe ich erst einmal darauf ein, warum ich mit wachsender Begeisterung immer wieder gerne die Normalität peripher tangiere.

PLÄDOYER FÜR DAS VER-RÜCKT-SEIN

In der Zeit, in der Nikola Teslas4) Versuche scheiterten, hielten ihn viele Zeitgenossen für verrückt. Doch am Ende katapultierte seine Glühbirne die Welt in eine neue Dimension der Entwicklung, ebenso wie sein Radio oder Bells Telefon. Das, was er dachte und tat, war total verrückt. Ver-rückt von einer Norm, die sich kollektiv darauf geeinigt hatte, was geht und was nicht. Wie jede Innovation war auch seine darauf begründet, die Unmöglichkeit in Frage zu stellen und Möglichkeiten zu erdenken, wo vorher keine waren. Hätte Tesla die psychische Kraft nicht aufgebracht, der Ausbeutung und Herabwürdigung durch seine Zeitgenossen zu widerstehen, seinen Glauben an seine Vision aufrecht zu erhalten und exorbitantes Durchhaltevermögen zu entwickeln, säßen wir heute noch im Dunkeln. Wenn es etwas gab, an was Tesla sicher nicht glaubte, so war das die Normalität. Vielleicht auch, weil die Normalität Hochbegabte wie ihn sowieso ausgeschlossen hätte.

Für Ingenieure, die technologische Entwicklung voran treiben, ist es völlig normal, ver-rückt zu denken, denn sonst gäbe es heute keine Handys, kein Internet, keinen Hybrid-Motor und keine Satelliten. Noch vor 35 Jahren waren Laptops undenkbar und PCs ein Novum. Noch vor 15 Jahren hatte niemand eine Vorstellung davon, welche Bedeutung Internet bekommen würde. Niemand konnte sich damals vorstellen, wie verrückt die Welt und wie normal Verrücktheit werden würde.

Stelle ich mich also mit Tesla auf eine Stufe und gebe Ihnen hier Innovationen an die Hand? Nein. Ich schreibe einfach ein verrücktes Buch, von dem ich sicher weiß, dass Ihnen nach der Lektüre noch weit mehr Lichter aufgegangen sein werden, als Glühbirnen Haushalte erhellen. Aber Sie müssen durchhalten. Denn wie alle Erkenntnis, verlangt auch die, die in diesem Buch gefunden werden kann, ein gewisses Durchhaltevermögen. Es bedarf sicherlich Ihrer Bereitschaft, Ihre Eitelkeit zu überwinden, damit Sie an den Nektar gelangen. Auch müssen Sie die vielen kleinen, zwar gut gemeinten, aber vielleicht aufwühlenden Provokationen überstehen. Aber wenn Sie die Reise durch dieses Buch überstehen – die einem Mosaikstein auf Ihrer Reise zu Ihrem Selbst gleichkommt – wird sich Ihr Weltbild erweitern. Das glauben Sie nicht? Sie werden es erst wissen, wenn Sie das Buch fertig gelesen haben. Ansonsten müssen Sie dabei bleiben, dass Esoterik nicht wirkt und damit zu denen gehören, über die die echten Esoteriker liebevoll schmunzeln. Warum das so ist, lernen Sie ein wenig später. Ich schicke Ihnen jetzt erstmal Tigerkraft für die Reise und wünsche Ihnen, dass Ihre Lust auf Sie selbst erwacht.

DIE IRRATIONALITÄT DES RATIONALISMUS

Im Business-Alltag ist Rationalismus ein normales Phänomen. Alles, was den direkten Weg zur Umsatzsteigerung versperrt, wird wegrationalisiert. Das ist im Moment die grundlegende Vorgehensweise der Wirtschaftswelt, die sich von Beratern beraten lässt, die das unverrückbare Dogma des Wachstumszwangs predigen. Rationalismus ist aber etwas anderes als Rationalität. Rationalität bedeutet, dass der Verstand logische Schlüsse zieht. Rationalismus ist auch ein Begriff aus der Psychotherapie und bedeutet Emotions- bzw. Schmerzverdrängung – ein psychopathologisches Symptom. Der Mensch rationalisiert, um nicht fühlen zu müssen, bzw. um eine unangenehme Erkenntnis wegzudiskutieren. Das kann in gefährlichen Situationen hilfreich sein, um einen kühlen Kopf zu behalten. Aber man kann sich auch um Kopf und Kragen reden. Im Alltag ist es ebenso logisch, wie die Hand auf der Herdplatte liegen zu lassen, obwohl sie schon anbrennt und sich etwas darauf einzubilden, dass man keinen Schmerz empfindet. Schmerz ist ein Alarmsignal und Alarm deutet immer darauf hin, dass etwas nicht in Ordnung ist. Emotionen dauerhaft zu verdrängen, ist ebenso logisch wie das Abschalten der Alarmanlage, weil man sich von dem Krach gestört fühlt, den Safe-Knacker durch ihre Arbeit auslösen. Menschen, die ihre Emotionen verdrängen, neigen neben einem nur eingeschränkt logischen Verhältnis zur Logik, vermehrt zu Stresserkrankungen. Rationalismus ist also nicht ungefährlich und durchaus unvernünftig, aber normal. Der normale Rationalismus geht sogar soweit, dass man im Business-Alltag Emotionen an manchen Stellen immer noch für unprofessionell erklärt. Einen Teil menschlichen Erlebens als unprofessionell zu erklären, ist ebenso logisch, als würde man den linken Arm als unprofessionell erklären, weil man mit der rechten Hand zu schreiben pflegt. Dieses Buch möchte dazu beitragen, dass Sie damit beginnen, zwischen Befindlichkeiten, Emotionen und Gefühlen zu unterscheiden und daraufhin Logik wieder zu wagen. Allerdings ist die „Emo-Seite“ nicht zwangsläufig logischer. Deswegen an dieser Stelle mehr dazu, warum manche Führungskräfte die Esoterik so sehen, wie sie sie sehen. Die folgenden Beispiele sind Fallbeispiele, also echte Erlebnisse von Führungskräften, die ich in der Vergangenheit beraten habe. Diese Art von Erlebnissen ist nicht so selten, wie man vielleicht hoffen könnte.

ESOTERIK ALS SCHIMPFWORT

Die Buddha-Statue auf dem Schreibtisch, Räucherstäbchen beim Klangschalenkonzert und Verhandlungspartner, die schweben statt denken. Fehlt nur noch, dass der Chef mit Blumen im Haar über eine Wiese tanzt und Sie dabei liebevoll an den Händen halten will…

Dass Führungskräfte das so sehen, ist in vielen Fällen alles andere als verwunderlich. Viele gut versorgte Frauen von Führungskräften sind mehr oder weniger erfolgreiche Heilpraktikerinnen, Yogalehrerinnen, Astrologinnen und Lebensberaterinnen, die zwar nicht genug verdienen, um eine Familie zu ernähren, aber ihre Männer rigoros der Erleuchtung entgegen zerren. Aus Liebe versteht sich. Sie legen Leuten Halbedelsteine auf die Stirn und unterhalten sich mit Erzengeln, aber wenn einer handfesten Hunger hat, ist das mit dem Abendessen schwierig. Es schwebt nicht und ist zu banal.

Die Frau eines Klienten war Geistheilerin. Sie wusste immer im voraus, wann seine Mutter anrief und fand, dass das eine enorme Fähigkeit ihres Geistes sei. Der Klient hatte ihr eine Ausbildung bei Guru Dingsdamathmahadi bezahlt und musste sich nun erzählen lassen, dass er nicht emotional kompetent sei, weil er nicht ommmte, wenn er sollte. Nun tauchten solche Marsmenschen auch noch in der Firma auf, der einzige Platz, an dem er seine Ruhe hatte, drängten ihm auch hier noch ihr „Gesülze“ auf und nannten das Change-Management. Wie es denn mit Wertschätzung der anderen stünde? Als vernünftige Führungskraft wusste er genau, was welcher Mitarbeiter einbrachte, wie die Kennzahlen waren und wie man folglich den Wert der Mitarbeiters einzuschätzen hatte. Wozu hat man BWL studiert? Die Firma hatte in Humankapital investiert und wollte ihren Return on Investment und nicht die Mitarbeiter therapieren. Er fühlte sich damit definitiv nicht nur zeitlich überfordert. Er wollte einfach nur arbeiten. War das so schwer zu verstehen? War das eine so falsche Forderung?

SCHNÖDER MAMMON SCHLÄGT LICHTNAHRUNG

Als die Ehefrau eines anderen Klienten sich für ein Leben mit Lichtnahrung entschied, sollte ihr Mann mit. Schließlich wollte sie nicht alleine in die höheren Dimensionen aufsteigen. Der Aufstieg setzt die Ernährungsumstellung voraus und dazu musste man sich mit regelmäßiger Meditation vorbereiten. Aber irgendwie verstand er den sittlichen Nährwert nicht. Erstens aß er gerne und zweitens wusste er nicht so recht, wozu das Ganze gut sein sollte. ‚Um die wahren Werte des Lebens zu finden‘ erfuhr er. Geld sei kein Wert. Nun wurde es für ihn aber erst recht schwierig. Er stellte sich vor, wie er Lieferanten anbot, sie zu beleuchten anstatt sie zu bezahlen. In seiner Vorstellung stand es schlecht um die Chancen, dass die Lieferanten einwilligen würden. Wirtschaftsunternehmen funktionierten mit Geld, nicht mit Licht, aber seine Frau war nicht bereit, das zur Kenntnis zu nehmen. Sie gab es nur aus. Vor kurzem für ein Gerät für über 1.000 Euro, mit dem man die kosmischen Strahlen ins Wohnzimmer holen konnte, die sie zuvor mit einem antiken Pendel aus Gold ausgependelt hatte. Mit diesem Pendel konnte seine Frau herausfinden, was der Erzengel Metatron von ihr erwartete. Dieser erwartete viel! Der schnöde Mammon auf seinem Konto hatte die Investitionen ermöglicht. Er fand, er habe das Geld erwirtschaftet, nicht Metatron. Der zahlte nicht. Auch wenn man ihn anbetete nicht. Als er Verständnis signalisieren und darauf aufmerksam machen wollte, dass Metatron ja auch aus einer anderen Dimension käme, wo vielleicht andere Regeln herrschen, schleuderte sie ihm entgegen, er sei Geld-fixiert. Er hatte sie nur sprach- und fassungslos angestarrt. Wäre er nicht Geld-fixiert, könnte sie nichts ausgeben. Wovon sollte dann der Kosmische-Strahlen-Maschinen-Erbauer leben? Sollte er bei der nächsten Gehaltszahlung die Leute umarmen, anstatt ihnen Gehalt zu zahlen? „Dann bekommen sie das, was wirklich zählt im Leben“, sagte seine Frau. „Man kann auch eng umarmt verhungern“, hatte sein Kollege, der zum Abendessen eingeladen war, lakonisch geantwortet. „Es sei denn, man kann von Licht und Liebe leben“, entgegnete seine Frau bissig. „Dir reicht ja scheinbar Licht“, entgegnete der Kollege ein klitzekleines bisschen zu provokativ. Er war nie wieder zum Essen eingeladen worden. Mein Klient traf sich ab und zu heimlich mit ihm in der Kneipe.

WELTUNTERGANG & CO

Die Frau eines anderen Klienten war 2012 davon überzeugt, dass die Welt kurz vor Weihnachten untergehen würde. Das hätte zumindest das Problem der Beweisführung für die Wirksamkeit der Lichtnahrung gelöst. Sie hatte die ganze Familie, inklusive der Kinder eingeweiht, damit sie alle in eine höhere Dimension eintreten konnten. Sein Großer war in der Schule durchgefallen, weil er der Meinung war, dass es sich nicht lohnte, zu lernen, wenn sowieso die Welt unterging und seine Kleine hatte Alpträume. Er selbst litt unter einem erhöhten Blutdruck, den er nun medikamentös behandeln ließ. Sie gehörte einer „Gemeinschaft des geistigen Vermächtnis der Maya“ oder so ähnlich an, einer post-terrestrischen Glaubensgemeinschaft mit neuer Lebensform. Der Kreis wurde von einem kabbalistischen Telekomiker geleitet, der sein Essen nicht im Kühlschrank, sondern unter Pyramiden aus Metallgestänge aufbewahrte. Der nicht unbeträchtliche Geldbetrag, den er als Energieaustausch gefordert hatte, sollte seiner Arbeit zugute kommen. Die Ufos, die er in der Umgebung der Kornkreise telepathisch ansprach, waren bis zum Abend des geplanten Weltuntergangs nicht dazu zu bewegen gewesen, Kontakt zu machen. „Aber sie haben die Welt verschont, weil er es mit ehrlichem Herzen versucht hat“, hatte er gesagt. Der Weltuntergang war ein wesentlicher Baustein der Strategie gewesen und da dieser sich erdreistet hatte, nicht stattzufinden, war der Aspekt der post-terrestrischen Sicht der Dinge obsolet. Die Frau war untröstlich über den Vertrauensverlust. Jetzt hatte sie sich zu einem Volkshochschul-Kurs für Englisch angemeldet. „Fehler passieren. Vielleicht haben die Maya sich ja im Jahrtausend geirrt. Vielleicht eine Folge der Unschärferelation bei der Berechnung über 3000 Jahre!“ Seine Frau hatte seine Trost-Versuche als „klinisch“ abgetan und wollte nichts mehr von der Sache hören. Profitiert hatte hingegen eine Firma, die Überlebens-Kits für den Weltuntergang angeboten hatte. 3.000.- € hatte seine Frau in Überlebens-Kits für die Familie investiert. Seine überraschte Frage, wozu man denn ein Überlebens-Kit braucht, wenn die Welt untergeht, beantwortete sie mit einem genervten Augenverdrehen. Nun packte sie ihm die Astronautennahrung in den Rucksack, wenn er auf Bergtour ging. Die schmeckte ihm nicht, also entsorgte er sie unterwegs – mit schlechtem Gewissen, weil er den Preis kannte.

Allerdings verschlug es ihm die Sprache, als er später erfuhr, dass im Juni 2012 eine massive Sonneneruption die Erde nur knapp verfehlt hatte. Wäre es zu einem Zusammenstoß zwischen diesem so genannten „Flare“ und der Erde gekommen, wäre die gesamte elektronische Technik der Erde ausgefallen. Diesen kleinen Hinweis möchte ich so ganz nebenbei allen Digital- und Hightech-Fans an die Hand geben, die gerne das gesamte menschliche Leben in die Hände der scheinbar unfehlbaren Technik legen würden. Technokraten glauben an die Beherrschbarkeit der Technik und ihre absolute Überlegenheit, die Mayas an ihren Kalender.

VODOO, VEGANER UND HEXENBESEN

Wieder ein anderer Klient hatte auch so seine Probleme. Als seine Schwester plötzlich wie ein kopfloses Huhn durch die Wohnung rannte und nicht mehr aufhören konnte zu laufen, schien sie wirklich zu leiden. Es war kaum möglich ihr irgendwie zu helfen. Als er versuchte, sie festzuhalten reagierte sie mit lautem Chanten, was die Nachbarn dazu bewog, mit dem Besen an die Decke zu klopfen. Die Nachbarn gehören der Wiccabewegung an, einem Hexenorden, und verfügen daher über besonders große Besen. Ob sie darauf ritten, konnte er nicht so genau festmachen, denn wenn, dann taten sie das grundsätzlich nur in mondlosen Nächten, in denen man nichts sah. Grundsätzlich war es nicht zu empfehlen, sich mit ihnen anzulegen, denn sie besaßen kleine Püppchen, die sie mit Nadeln traktieren konnten, wenn sie wollten. Man wusste ja nicht, ob das nicht doch klappte. Laut Quantenphysik sei das nämlich möglich, sagte seine Frau. Also riskierte man lieber nichts. Schon gar nicht, wenn man zu den Hassobjekten Mann & Führungskraft gehörte und obendrein noch Fleisch aß. Das mochte auch die Nachbarin vom übernächsten Haus nicht. Sie war Veganerin. „Wer Fleisch isst, gehört selbst geschlachtet“, hatte sie ihm vor kurzem entgegen geschleudert. Seither reagierte er mit Magenschmerzen auf seinen geliebten Schweinebraten und begnügte sich mit basischer Kartoffelsuppe – ohne Speckwürfel, versteht sich. „Wenigstens isst er so die Angst der Tiere nicht mit!“, meinte die Veganerin und er war froh, dass er überhaupt was bekam und nicht auf Lichtdiät gesetzt wurde. Aber das mit der rennenden Schwester ging zu weit. Als er sich die Frage erlaubte, ob der Zustand vielleicht mit dem Kundalini-Seminar am Wochenende zu tun haben könnte, brach eine Sintflut an lautstarken Vorwürfen über ihn herein. Seine Schwester und seine Frau waren gleichermaßen der Meinung, er sei noch nicht so weit, befinde sich auf der falschen Schwingungsebene und überhaupt sei die Existenz der isländischen Elfen seit der Quantenphysik bewiesen. Außerdem sei klar, dass er seine dunklen Seiten noch zu transformieren habe und zu sehr an seiner Mutter hing.

MUTTER IM ASHRAM

Seine Mutter hatte er seit 2 Monaten nicht gesehen, weil sie in einem Ashram weilte und mit einem Guru meditierte, dessen Name zu lang war, um ihn sich zu merken. Dieser stand über den Dingen, denn er hatte sich für wissenschaftliche Zwecke für sechs Wochen eingraben lassen. Um zu beweisen, dass er das Grab nicht verließ, hatte man Gras angesät. Nachdem dieses sechs Wochen unangetastet blieb, buddelte man ihn aus und er war fast wie neu. Grund genug, ihm zu vertrauen, meinte die Mutter meines Klienten. Er hatte Not gehabt, seine Mutter davon abzubringen, den Flug für ihn mit zu buchen. Sie meinte es gut mit ihm und wollte ihn unbedingt auf den Weg der Erleuchtung bringen. Aber er hatte mit der Begründung abgelehnt, er sei Betriebswirt und kein Mönch. Seine Mutter vertrat die Meinung, ihre Schwiegertochter hinge der falschen Lehre an und sie selbst habe den besseren Weg gefunden. Auch er hatte Zweifel an der Weltsicht seiner Frau, aber er wollte trotzdem nicht ins Ashram. Auf die Tränen der Mutter hatte er wie immer mit Mitleid und Verunsicherung reagiert, was seine Frau an die Decke gejagt hatte. Jetzt war die Mutter im Ashram und seine Frau schlief im Gästezimmer. Irgendwann war ihm der Kragen geplatzt und er hatte gebrüllt, es sei ihm scheißegal, ob er sich verstiegen habe. Auf jeden Fall sei die Reaktion eines kopflosen Huhnes aus seiner Sicht kontraproduktiv und er schwor, in seinem Leben niemals ein Kundalini-Seminar zu besuchen. Als seine Schwester ihm erklärte, dass er nicht wisse, wovon er rede, hatte er gefaucht, er könne sich nicht erlauben, Marathonläufe in seinem Büro zu vollziehen, er habe zu arbeiten und überhaupt sei das Büro zu klein für solche Auswüchse. Seine Frau hatte sich dann endgültig von ihm distanziert und bis zum nächsten Vollmond nicht mehr mit ihm geredet.

Aber dann erlebte er die Nacht der Nächte. In dieser Vollmondnacht führten seine Frau und einige Mit-Erleuchtete, in weiß und silber gewandet, im Garten Vollmondtänze auf. Vielleicht war die Mondgöttin gerade ungnädig oder hatte ihre Tage. Auf alle Fälle traten die Frauen mit ihren nackten Füßen den Schnee zu einer eisigen Oberfläche zusammen und eine der Mondanbeterinnen rutschte aus und fiel mittenmang auf ihr Gesicht. Angesichts ihrer gebrochenen Nase und des abgebrochenen Zahnes war die Gruppe in ernsthafter Überlegung gewesen, an was sie sich denn die Zähne ausbiss und inwiefern sie sich fallen lassen müsse, anstatt zu fallen. Er hatte dem Treiben ein Ende gesetzt, die Frau ins Krankenhaus gefahren und seinem Anwalt eine Nachricht hinterlassen. Folgen des Barfuß-Tanzes bei Nacht auf einer geschlossenen Eisfläche waren seines Wissens nicht von der normalen Krankenkasse abgedeckt und es musste geklärt werden, wer für die Kosten aufkam. Da die Gruppe vor Schreck vergessen hatte, seine Schwächen dem abnehmenden Mond anzuvertrauen, hatte er sie immer noch. Als ihm seine Frau bei seiner Rückkehr vorwarf, er habe eine Mitverantwortung an dem Unfall, weil sein Widerstand gegen die Läuterung zu groß gewesen sei, hatte er wortlos eine Tasche gepackt und war in die Wohnung seiner Mutter gezogen.

ENDLICH ALLEIN ZUHAUS

Wenn jetzt morgens der Wecker klingelte, kochte er einen Kaffee, füllte ein wenig Milch hinein und genoss das Getränk in vollen Zügen. Zuhause gab es nur noch Sojamilch. Normale Milch war nicht mehr erlaubt. Laktoseintoleranz, sagte seine Frau und außerdem sei die Lymphflüssigkeit ausschließlich für Kälber gedacht und nicht für Menschen. Als sie bemerkte, dass er Sojamilch widerlich fand, hatte es einen weiteren Höllenkrach gegeben. Ihrer Meinung nach war der Genuss von Kuhmilch ein deutliches Zeichen für überkommene Abhängigkeit von der Mutterbrust und seine Mutter war ihr ein Balken im Auge. Möglicherweise lag es an ebendiesem, dass sie blind nach Gersten- und anderen Körnern suchte. Nun saß er im Morgengrauen, das im Moment gar kein Grauen war, weil der Kaffee in der tiefen Ruhe des frühen Morgens lecker schmeckte, goss noch etwas von der verbotenen und darob noch köstlicheren Vollmilch hinein und dachte über den Sinn des Lebens nach. Seit seine Beraterin (ich) angesichts seiner Geschichte in brüllendes Gelächter ausgebrochen war, hatte sein Stress etwas nachgelassen. Zum ersten Mal durfte er dazu stehen, dass er den ganzen Sermon etwas seltsam fand und er war erleichtert, dass die Beraterin ihn nicht auch ins Ashram schicken wollte. Er hasste den Geruch von Räucherstäbchen. Er hatte immer das Beste gewollt, um seiner Familie ein gutes Leben zu ermöglichen. Er wollte gute Leistungen bringen für das Unternehmen. Aber irgendwie schien es kontraproduktiv zu sein, das Beste zu wollen und er fühlte sich in die Irre geführt. Sollte er aufgeben? Was für einen Sinn hatte das Ganze?

II. WISSENSCHAFT – DAS GEGENTEIL VON ESOTERIK?

DER VERSUCHSLEITER-EFFEKT

Pythagoras würde sich wundern, wenn er erleben würde, wie heute die Esoterik als Gegenteil der Wissenschaft betrachtet wird. Hielt er selbst die Wissenschaft – von ihm als Exoterik bezeichnet – doch als Voraussetzung für die Esoterik und behielt letztere nur den Qualifiziertesten vor. In der Naturwissenschaft versucht man nach wie vor eine Realität zu beschreiben, die unabhängig vom beobachtenden Bewusstsein existiert, eine objektive Realität also. Doch auch hier erkennt man zunehmend den Versuchsleiter-Effekt. Demnach beeinflusst die Erwartung des Versuchsleiters das Ergebnis des Experimentes. Man versucht dem zu entkommen, indem man, wie etwa bei der Überprüfung des Placeboeffektes, Doppelblindversuche startet. In Versuchsreihen, die die Wirkung von Medikamenten überprüfen sollten, wussten weder der Proband noch der Versuchsleiter, ob es sich bei einer verabreichten Tablette um eine reale Substanz oder eine Zuckertablette handelte. Die Versuche ergaben, dass Zuckerpillen ebenso wirksam sind, wie das tatsächliche Medikament, wenn Arzt und Patient davon überzeugt sind, dass es sich um ein echtes Medikament handelt. Gleichermaßen wirken tatsächliche Medikamente weniger, wenn Arzt und Patient der Meinung sind, es handele sich um eine Zuckerpille. Die Versuche zum Thema Placeboeffekt sind so oft durchgeführt worden, dass wir nicht umhin kommen anzuerkennen, dass die Wirkung von Medikamenten von der persönlichen Erwartung abhängt und diese darüber auch gesteuert werden kann. Die Wissenschaft versucht immer wieder, eine objektive Realität zu beschreiben. Aber der Versuchsleiter-Effekt lässt die Frage aufkeimen, ob es sie gibt, die objektive Realität, die unabhängig vom beobachtenden Bewusstsein ist. Aus was besteht die Erwartung des Versuchsleiters? Aus Materie? Was beeinflusst wissenschaftliche Untersuchungen noch? Fraglos Materielles. Forschungsgelder zum Beispiel. Je nachdem, wer die Studie in Auftrag gegeben hat, kann Materielles sicherlich die Erwartung und damit das Ergebnis maßgeblich beeinflussen. Schließlich muss jeder sehen, wo er bleibt. Es ist auch kein Wunder, wenn Materielles Geistig-Seelisches, also in diesem Fall die Erwartung, beeinflusst. Nur umgekehrt wäre esoterisch. Ich schließe aus dem Riesentrubel, dass für die meisten Wissenschaftler das Thema Bewusstsein unheimlich ist und sie sich deswegen so verschließen. An anderer Stelle habe ich schon erklärt, was Rationalisierung bedeutet. Es wird mit vielen Worten und Scheinvernunft in Abrede gestellt, dass Bewusstsein in unserem Leben eine Rolle spielt. Aber wenn das so ist, müssten wir uns ja darauf einigen, dass Bewusstseins-Kritiker bewusstlos sind, wenn sie ihre Arbeit tun. Aber wo kämen wir mit dieser Behauptung wieder hin? Diese Aussage würden sie wütend in Abrede stellen. Bewusstsein ist esoterisch, aber zu behaupten, keins zu haben, ist eine Beleidigung. Hier komme ich zu der Abwesenheit von Logik, die ich mir mit der Angst vor Erkenntnisschock erkläre, den ich später näher erläutern werde.

Wenn ich einen Lichtschalter betätige, dann erwarte ich ganz unmateriell, dass das Licht angeht. Wieso erwarte ich das? Ich bin wie die Ratte, die immer bei Betätigung eines bestimmten Hebels Futter bekommt. (Ich stelle jetzt an dieser Stelle nicht die Frage, aus was Erwartung besteht. Noch nicht.) Die Helligkeit war wiederholt mit dem Betätigen eines kleinen Stücks Plastik verbunden und daher ist es richtig, dass mein Geist erwartet, dass das Licht immer wieder angeht. Wenn nicht passiert, was ich erwarte, bin ich zunächst genervt, was ein emotionaler und damit seelischer Vorgang ist. Nachhaltiges Fluchen, der physische Ausdruck meines psychischen und durchaus realen Unmutes, verändert die Helligkeit des Raumes nicht. Das habe ich probiert. Also benutze ich meine Ratio und wechsle die Glühbirne aus. Dann erwarte ich, dass das Licht wieder angeht. Wenn sich die Glühbirne in meiner Hand in Licht verwandeln würde, weil es Materie nicht gibt, würde mich vermutlich vor Schreck der bereits bekannte Schlag treffen. Der Mordsschreck, mit dem meine nicht existierende, metaphysische Seele reagieren würde, könnte mir das materielle Blut in den Adern stocken lassen. Wenn zu viel Blut in meinen Adern stockt – oder respektive gefriert – wäre eine durchaus handfeste Manifestation des Nicht-Greifbaren in meinem materiellen Körper beobachtbar. Danach gäbe es mich nicht mehr, was ein Unterschied zu dem jetzigen Zustand wäre. Also muss es mich vorher gegeben haben. Aber wer oder was bin ich, wenn mein Körper aus Nichts besteht und mein Geist und meine Seele unwissenschaftlich sind? Nein, ich habe nicht zugenommen, die Atome meines Körpers haben nur mehr Abstand voneinander genommen...?

Gott sei Dank nimmt die Glühbirne Rücksicht auf meine Nerven und unterlässt solche beunruhigenden Ausfallschritte aus der erwartbaren Realität. Die ersten Menschen, die erlebten, dass die Lampe angeht, wenn man auf einen Schalter drückt, fielen allerdings sicher vor besagtem Erkenntnisschreck in Ohnmacht. Für sie war das Magie und Zauberei, denn sie wussten noch nichts von fließenden Kleinteilchen, die man Strom nennt, und hätten auch jeden für bekloppt erklärt, der einen solchen Fluss beschrieben hätte. Das Panta Rhei (alles fließt) kommt bekanntlich aus der Esoterik-Ecke. Was man nicht sehen kann, gibt es nicht und wenn der Blitz einschlägt, ist Gott gerade sauer – ist doch klar. Kleinteilchen, wo kämen wir denn da hin? Das kommt ja der Behauptung nahe, es gäbe Maschinen, die fliegen können und kleine Kästchen, mit denen man in Sekundenschnelle weltweit kommunizieren kann. So ein esoterischer Blödsinn!

Weil es damals noch keine Rescuetropfen gab, musste man sich Zeit lassen mit Erkenntnisprozessen und deswegen dauerte es etwas, bis das Elektronen-Mikroskop erfunden wurde. Aber dann konnte man plötzlich sehen, dass da kleine Atome sind, mit ganz viel Nichts dazwischen und wir sahen, dass wir nur meinen, das, was wir anfassen können, wäre was. Eigentlich ist es in erster Linie nichts und nur zu 0,00001% Atom, wobei man aber auch nicht so ganz sicher ist, ob das Atom Materie ist – oder nur verdichtete Energie – oder vielleicht sogar nur Information? Also gibt es nur Nichts. Dafür, dass es nur Nichts gibt, kann man sich aber ganz schön den Kopf einrennen, wenn man durch die Wand will, wo gerade keine Türe ist. Wer schon mal mit zu viel Schwung Kontakt mit einem Betonpfosten gemacht hat, weiß auch, dass das Nichts des Pfostens, das Nichts eines Kotflügels ganz schön verbiegen kann. Warum also nicht an die Macht des Stoßgebetes glauben, das angeblich etlichen Menschen schon das Leben gerettet hat, obwohl ihr Kollisionskurs physischen Grundsätzen nach den Exitus hätte zur Folge haben müssen? Diese Hypothese wurde meines Wissens bisher nicht wissenschaftlich widerlegt.

DIE ROSENTHAL-RATTEN

In den 70er Jahren gab der amerikanische Psychologieprofessor Robert Rosenthal5) zwölf Psychologiestudenten 60 Albino-Ratten. Diese sollten lernen, in einem einfachen Labyrinth den richtigen Weg zur Futterstelle zu finden. Robert Rosenthal erläuterte den Studenten, dass die Hälfte der Versuchstiere besonders lernfähig, die andere Hälfte besonders „dumm“ sei. Tatsächlich jedoch gehörten alle Ratten der gleichen Population an. Es stellte sich heraus, dass die Ratten, die von ihren Versuchsleitern für besonders schlau gehalten wurden, auch eklatant bessere Ergebnisse aufwiesen. Eine Befragung der Studenten nach dem Experiment ergab, dass die Versuchsleiter mit den vermeintlich „klugen“ Ratten ihre Versuchstiere wesentlich positiver beurteilten und sie dementsprechend liebevoller behandelten, als die gekränkten Versuchsleiter mit ihren vermeintlich „dummen“ Ratten. Was war es also, was die Leistungsverbesserung der „klugen“ Ratten erzeugte? War es die Erwartung oder die liebevolle Behandlung? Oder beides? Welche Bedeutung haben die Emotionen in Bezug auf Entwicklungsprozesse und Leistungsverhalten? War es wirklich die unterschiedliche Behandlung der Ratten oder die Erwartungshaltung der beobachtenden Versuchsleiter?

Lassen Sie uns einfach für einen Moment selbst denken. Ganz unwissenschaftlich. Welches Kind wird begabter und konstruktiver sein, das geliebte Kind, das gesund geführt wird oder das vernachlässigte und verachtete? Ich gehe jede Wette ein, dass sich bereits hier die Geister scheiden.

Wie sich Ratten verhalten, wenn kein Versuchsleiter sie beobachtet, können wir nicht wissen, denn wir können nicht beobachten, was wir nicht beobachten können. Logisch. Alles, was wir wissen, ist die Folge von Beobachtung. Fällt diese weg, wissen wir nicht, was geschieht. Wenn wir aber ausschließen wollten, dass das beobachtende Bewusstsein einen Einfluss auf eine bestimmte Realität hat, dürfen wir diese Realität nicht beobachten. Aus Realitäten, die wir nicht beobachten, können wir aber keine Informationen abrufen. Offensichtlich ist also eine objektive, unbeobachtete Realität noch nie beobachtet worden. Auf diesen Zusammenhang bezog sich die Überlegung des Quantenphysikers Erwin Schrödinger6) mit seinem Gedankenexperiment „Schrödingers Katze“ (1935).

DER DOPPELSPALT-VERSUCH

Gibt es den Mond, wenn er nicht beobachtet wird? Durch eine Erweiterung des Doppelspalt-Versuches von Thomas Young7) um 1802 wurde versucht eine Antwort auf den Unterschied zwischen beobachteten und unbeobachteten Phänomenen zu finden. Wie bei den ursprünglichen Versuchen wurde Licht durch eine Platte mit zwei Spalten geschickt und auf der gegenüberliegenden Seite entstand ein Interferenz-Muster. Ich möchte an dieser Stelle nicht zu technisch werden. Wer sich für den Versuch interessiert, sei auf die interessanten Videos auf YouTube verwiesen oder die entsprechende Literatur im Literaturverzeichnis8). Hier soll uns besonders der faszinierende Zusammenhang interessieren, dass sich das Verhalten der Lichtteilchen veränderte, wenn sie gemessen wurden. Sobald Messinstrumente eingesetzt wurden, deren Messergebnisse Aufschluss darüber geben sollten, wie sich die Photonen beim Durchlaufen der zwei Spalten verhielten, veränderte sich das Muster an der Zielwand. Statt den vielen Streifen der Interferenz-Muster, erschienen dort nur noch zwei Streifen, nämlich die, die durch die Spalte vorgegebenen Formen. Nahm man die Instrumente weg, so erschienen wieder die vielfältigen Interferenz-Muster. Auf diese Weise erkannte man, dass Photonen durch Beobachtung, auch wenn diese Beobachtung nur durch Messinstrumente angewendet wird, ihr Verhalten verändern. Ob es also vielleicht so ist, dass der Mond, wenn er von absolut niemandem beobachtet wird, z.B. viereckig wird, wird niemand je wissen, da man nicht allen Liebespaaren im Mondlicht die Augen verbinden kann.

WAHRNEHMUNG, WAHRHEIT UND RÜCKVERSICHERNDE WISSENSCHAFT

Wahrnehmung entscheidet über Realität und Wahrnehmung ist subjektiv. Wenn ich etwas wahrnehmen kann, halte ich es für real. Ich habe in der Schule gelernt, dass die Musik in meinem Radio über Funkwellen übertragen wird. Diese Aussage muss ich als wahr annehmen, denn ich habe keine andere vernünftige Erklärung dafür, wie die Musik sonst in mein Radio kommen sollte. Wahrnehmen kann ich nur das Radio und die Musik. Der Rest ist eine Frage des Glaubens. Ich glaube also an dieser Stelle der Wissenschaft. Von der Existenz der Schweinepest oder Vogelgrippe kann mich jedoch bis heute niemand überzeugen, auch wenn die Gefahr der Pandemie angeblich wissenschaftlich erwiesen ist. Nicht in allem, wo wissenschaftlich drauf steht, ist auch wissenschaftlich drin. Woran erkenne ich den Unterschied? Das eine fühlt sich richtig an, das andere nicht. Aber zum Messinstrument Intuition später mehr.

BEDEUTUNG DER WISSENSCHAFT FÜR DAS SEELISCHE GLEICHGEWICHT

Wer naturwissenschaftlich geprägt ist, ist bei meiner Aussage, „das eine fühlt sich richtig an, das andere nicht“, vermutlich ausgestiegen. Kaum jemand wird meiner emotionalen Wahrnehmung so viel Bedeutung beimessen, dass er oder sie durch diese Aussage etwas in Frage stellt, was sie schwarz auf weiß gedruckt einem Dokument entnommen hat, wo „Studie“ drauf steht. Das ist auch völlig in Ordnung, denn es gibt einen Grund dafür, warum es uns so wichtig ist, ob etwas „wissenschaftlich bewiesen“ ist oder nicht. Wir versuchen jemanden zu finden, der uns zuverlässige Informationen darüber gibt, wie es um die Realität bestellt ist. Da die meisten Menschen in Bezug auf die Welt verwirrt sind, suchen sie nach Orientierung. Es beruhigt, wenn man jemanden, der einen Zusammenhang genau untersucht hat, als Verkünder der absoluten Wahrheit betrachten kann. Was ist da zuverlässiger als ein Doktor- oder besser noch, ein Professorentitel, der als Beweis für unübertroffene Intelligenz gelten kann? Wer studiert hat, muss es ja schließlich wissen. Gäbe es keine Verkünder der absoluten Wahrheit, würde die Unwägbarkeit der Welt uns Angst machen. Heute beruhigt die Deutungshoheit der Wissenschaftler die Menschen so, wie früher die Priester, die den Generationen vor uns Auskunft über die Welt gaben. Früher waren es die Priester, die gleichzeitig damit drohten, dass jeder, der nicht gehorsam ist, in der Hölle landet. Um das zu verhindern, begab man sich in mannigfaltige Rituale. Die Rituale haben sich verändert. Trugen die Träger der Wahrheit und die Ritualführer früher schwarze Kutten, so tragen sie heute weiße Kittel, vielleicht als Zeichen der weißen Weste, die sie anderweitig nicht haben – und die Rituale haben sich in scheinbar vernünftigere Rezepturen verwandelt. So richtig gesund scheinen nur wenige zu sein, doch die Angst vor den Konsequenzen des Ungehorsams gegenüber den Heilversprechern ist ungebrochen und die Bereitschaft aus Angst in Abhängigkeit zu bleiben, ist überall beobachtbar. Bezahlte man früher den Ablass, um vor dem Schicksal geschützt zu werden, bezahlt man heute Versicherungsbeiträge, die die Sicherheit gewährleisten sollen. Die inzwischen eingeführte gesetzliche Verordnung zur Versicherungspflicht ist ein eindeutiges Zeichen dafür, dass es erwachsenen Menschen nicht zumutbar ist, sich selbst um ihre Gesundheit zu kümmern. Dabei wird immer bekannter, dass ein privat versicherter Patient vielleicht schneller, aber nur selten besser dran ist. Die einzige Versicherung, die eine Versicherung geben kann, ist eine eventuelle Zahlung im Versicherungsfall. Sicher ist jedoch, dass die Versicherung im Vorfeld ein Vermögen kostet. Würde man das Geld, das in die monatlichen Versicherungsbeiträge fließt, monatlich in gesundheitsfördernde Maßnahmen investieren, wäre die Gesundheit gewährleistet. So ist nur die Zahlung im Krankheitsfall gewährleistet. Aber durch seine Wissenschaftsgläubigkeit hat der Gesetzgeber, ebenso wie die Bevölkerung, den Glauben an die Selbstverantwortung und die machtvollen Mechanismen der Selbstheilung aus den Augen verloren. Es scheint unverantwortlich zu sein, Menschen die Sorge um sich selbst zu überlassen. Die Entmündigung der Mehrheit bringt vielleicht im Moment mehr Umsatz, wird uns aber auf Dauer teuer zu stehen kommen. Mehr dazu bei dem Thema Regression.

Die Rituale sind also nicht weniger geworden, sie haben nur an Ästhetik verloren. Aber eines haben sie mit den Ritualen der Vergangenheit gemeinsam: Sie verringern die Notwendigkeit, Logik anzuwenden. Oder ist es die Angst, die die Logik vermindert? Die Informationen, die uns über die Wissenschaft erreichen, sind für viele Menschen in Stein gemeißelt. Viele wissenschaftlichen Erkenntnisse werden aber nach einer Weile widerlegt. Immer wieder erscheint es, dass es nicht darum geht, wie es um die Realität bestellt ist, sondern darum, wer Recht behält oder gar, wer die Studien bezahlt hat, um dann Profit aus den Ergebnissen zu schlagen. Ganz offensichtlich sind nur wenige Aussagen für die Ewigkeit gemacht, denn die Welt ändert sich. Oder ändert der Mensch seine Wahrnehmung der Welt, weil er heute andere Dinge weiß als früher?

UNKONTROLLIERBARER FAKTOR MENSCH

Der Faktor Mensch hat die unangenehme Eigenschaft, nicht eindeutig strukturierbar zu sein. Das größte Manko des Menschen ist, dass er keine Maschine ist. Anstatt schön geplante Prozesse in kontrollierbaren Erfolg zu führen, katapultiert der Faktor Mensch, unvorhersehbar wie das Wetter, die schönsten Pläne ins allzu menschliche Chaos. Egal, wie fest man an ihm zieht, er wächst deswegen nicht schneller und hat in dieser Hinsicht einiges mit Gras gemeinsam. Esoterischer Dünkel ist ebenso verstiegen, wie akademischer Dünkel, denn Dünkel ist Dünkel, also Selbstüberhöhung, resultierend aus einem schwachen Selbstwert. Nur weil jemand anderer nicht das tut, was man selbst gerne hätte, sagt das noch lange nicht zwangsläufig etwas über seine Qualitäten oder seine Qualifikation aus. Er tut oder sagt nur nicht das, was man von ihm will. Über die Definition von Macht streiten sich die Soziologen, aber es geht in der Regel um die Fähigkeit, Ziele zu erreichen. Allerdings schlage ich vor, zwischen Gewalt und Macht zu unterscheiden, denn wer Gewalt anwendet, tut das in der Regel aus einem Gefühl von Ohnmacht, die nicht die übliche innere Haltung tatsächlich machtvoller Menschen ist. Ehefrauen haben Macht – männliche Führungskräfte auch manchmal. Nur in der Qualität der Ziele scheint immer wieder ein Dissens zu herrschen. Sind Zahlenziele hochwertige Ziele? Sollten sie über menschlichen Interessen stehen? Da meint man, die Bedeutung des Menschen digital eliminieren zu können, indem man den Shareholder Value über die Würde des Menschen stellt, um dann entsetzt festzustellen, dass der gesamte DAX neurotische Reaktionen an den Tag legt. Plötzlich hängt die gesamte Finanzwelt von den emotionalen Schwankungen einer verunsicherten Investorengemeinde ab und das, was sich von alleine regulieren sollte, tut das einfach nicht. Versucht man steuernd einzugreifen, reagieren Bereiche, die man gar nicht angetriggert hat und Prozesse, die eigentlich mathematischer Logik unterliegen sollten, geraten völlig aus den Fugen. Wer heute noch behauptet, irgendetwas steuern zu können, der lügt oder irrt. Immer wieder scheinen seltsame regulatorische Prozesse einzugreifen, mit denen man nicht gerechnet hat und wie, zum Kuckuck, wird man dem verflixten Faktor Mensch Herr, der alles ad absurdum führt? „Simplify complexity“ ist der Versuch einen Aus-Knopf an eine Situation zu bekommen, die sich nicht kontrollieren lässt. So versucht man es mit Bossing, Mobbing, unter Druck setzen, Drohen und anderen psychisch gewaltsamen Methoden. Macht ist das keine, nur Ratlosigkeit. Diese Verhaltensweisen finden im privaten Bereich ebenso statt, wie im geschäftlichen. Sie scheinen ja auch zu wirken – aber nur, solange man die Folgeprobleme nicht mit diesen Verhaltensweisen ursächlich in Verbindung bringt. Machtmissbrauch ist im Privaten so schmerzhaft, dass sich so mancher in die Arbeit flüchtet. Wenn er dann vermeidet nach Hause zu gehen, diagnostiziert man ihm Workoholismus. Ob diese Diagnose immer so richtig ist, lasse ich mal dahin gestellt. Im Büro hat man wenigstens seine Ruhe. Aber auch wer flüchten kann, wird unter Umständen irgendwann seine Konsequenzen ziehen.

Gewalttätige Verhaltensweisen kann man als Ursache oder Symptom des im System bereits gespeicherten Misserfolges deuten. Tatsächlicher Erfolg geht mit Vertrauenskultur einher. Systeme, in denen Gewalt herrscht, haben meist nicht nur dieses Problem, sondern auch andere, die unter der Oberfläche schwelen. Systemische Ursachen sind nicht einer einzigen Person zuzuschreiben, daher ist die allgemein übliche Vorgehensweise der Schuldigen-Suche ebenfalls kein adäquates Mittel der Problemlösung. Natürlich müssen Menschen, die sich tatsächlich schuldig machen, beispielsweise in krimineller Hinsicht, das System verlassen. Aber danach muss sich das Milieu reorganisieren. Das Schrauben an Symptomen löst nicht die Ursache, sondern verschiebt das Symptom und verstärkt es dadurch. Machen Sie mit dem folgenden Text eine kleine Assoziationsübung:

III. INTERLUDE – GEILER GEIZ TRIFFT SEXY ERFOLG

„Ich liebe Kerzenlicht und ein gutes Glas Champagner, leise Musik und stilvolle Umgebung!“ freut sich Sexy Erfolg. „Ich will dich!“ grunzt Geiler Geiz. „Lass uns einen Spaziergang durch den goldenen Herbst machen. Die Farben sind die Verheißung des Frühlings, wenn der Winter ausgeschlafen hat!“ „Mach die Beine breit!“ murrt Geiler Geiz. Geiler Geiz hat ein Haus- und Rüsseltier namens Gier. Am Fenster stehen zwei junge Talentpflanzen und Gier schielt schon seit geraumer Zeit zu ihnen hin. Da Sexy Erfolg und Geiler Geiz gerade damit beschäftigt sind, konzentriert aneinander vorbei zu reden, sieht er seine Chance, schleicht sich an und setzt seinen Rüssel auf den zarten Blättern an. Talentpflanzen sind seine Leibspeise und in der Umgebung von Sexy Erfolg sind sie besonders zart. Gier liebt es, sie auszusaugen. Sexy Erfolg schiebt Gier entschieden auf Seite, berührt die Pflänzchen und richtet sie wieder auf. Geiler Geiz versetzt Gier einen harten Tritt und dieser fliegt jaulend in die Ecke. Wimmernd bleibt er dort sitzen, leckt seine Wunden und schwört Rache. „Zieh dich endlich aus!“ herrscht Geiler Geiz Sexy Erfolg an. „Aber doch nicht so!“ lacht Sexy Erfolg neckisch. „Genau so! Ich habe ein Recht auf dich, denn ich habe dich erspart!“ keift Geiler Geiz. „Gewalt ist nicht besonders attraktiv!“ erwidert Sexy Erfolg unwillig. „Es ist nicht möglich mich mit Gewalt zu erzwingen!“ „Das werden wir sehen!“ knurrt Geiler Geiz und zieht die Sparschrauben noch etwas enger. „Als hätte das etwas mit mir zu tun!“ Sexy Erfolg schüttelt den Kopf und wendet sich ab. „Ich kann noch viel stärker!“ flüstert Geiler Geiz bedrohlich und zerstört eine weitere Unternehmung, die ächzend unter den Sparschrauben zerbricht. Mit dem glockenhellen Lachen der Freigeister breitet Sexy Erfolg schimmernde Flügel aus und erhebt sich in unerreichbare Höhen. „Komm zurück, du gehörst mir, ich habe dich erspart!“ brüllt Geiler Geiz hinterher. Als Antwort glänzen nur ein paar winzige Sternschnuppen der fernen Inspiration vom Himmel. Sexy Erfolg ist endgültig weg. Fluchend macht Geiler Geiz sich auf die Suche nach einem Schuldigen. Er stapft durch die von ihm verwüstete Landschaft, vorbei an all den zertrümmerten Werken, während Gier regelmäßige Tritte kassiert. „Du bist schuld!“ keift Geiler Geiz ihn an. „Logisch. Rüsseltiere sind immer schuld!“ Gier ist beleidigt und wenn er irgendwo ein zartes Talentpflänzchen am Boden sieht, setzt er seinen Rüssel an und saugt. Aber irgendwann reicht es ihm und er beschließt, Geiler Geiz ins Bein zu beißen. Schließlich geraten die beiden in einen harten Kampf, der so aussieht, als wäre er für eine sinnlose Ewigkeit gemacht. In einem wütenden „Wie du mir, so ich dir-Spiel“ verbeißen sie sich ineinander.

Nur einen Steinwurf entfernt, in unerreichbarer Ferne, direkt nebenan, erfüllt sich währenddessen das geistige Geheimnis des Wohlstandsdenkens in seiner sinnlichen Großzügigkeit. Kreativität wirft bunte Blüten und Idealismus trifft auf Unternehmergeist. Angst verwandelt sich in Umsicht und der Flow versorgt die ganze Welt mit Kraft. Natürlich gibt es auch Rüsseltiere. Aber diese leben in großzügigen Gehegen aus gütiger Strenge und lernen, dass im Austausch von Geben und Nehmen ein Grundsatz des Lebens liegt. Der darf nicht angetastet werden, weil sonst alles stirbt – auch die Rüsseltiere. So jedoch werden sie zu begabten Trüffelschweinen ausgebildet, um schüchterne Talente aufzustöbern, die sich Untertage verschanzt haben. Werden sie fündig, rufen sie mit lautstarkem Trompeten die Fördercrew, die den Talenten bei der Geburt zur Seite steht und ihr Wachstum unterstützt. Talentpflanzen bringen, wenn sie groß, stark und glücklich werden dürfen, so viele Früchte hervor, dass jeder davon nehmen darf. Jeden Tag gibt Sexy Erfolg sich denen hin, deren Seligkeit im Geben und im dankbaren Genießen dieses Lebens liegt. Siebenfach kommt zurück, was gegeben wurde. Sexy Erfolg will geben und mit Gebenden zusammen sein, um in der Romantik die Fülle des Leben zu zelebrieren. Schlechtes landet im Töpfchen, wird dort analysiert und umgewandelt. Gutes wird gefeiert, genossen, geteilt und so vermehrt. Bald überwuchert das neue Leben die Ruinen und vergisst, dass Geiler Geiz und Gier einmal so fehlgeleitet waren.

Und Geiler Geiz? Wurde ausgebildet um als Bescheidenheit die Trüffelschweine zu trainieren. Manchmal blitzt sogar sein Talent durch. Irgendwann wird er vielleicht wagen, die Welt der Kreativität zu betreten, um sein neues Leben zu erfinden. Wenn man weiß, wie es geht, ist alles ganz einfach.

IV. ERFOLGSTOOL ‚ABKEHR VOM ERFOLG’