Das Nibelungenlied - Karl Simrock - E-Book

Das Nibelungenlied E-Book

Karl Simrock

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Beschreibung

Das Nibelungenlied entstand zu Beginn des 13. Jahrhunderts und ist ein schriftlich überliefertes deutsches »Heldenepos«, deren Ursprung der Handlung bis in das Zeitalter der germanischen Völkerwanderung zurückreicht. Der vorliegende Text folgt der neuhochdeutschen Übersetzung von Karl Simrock, die erstmals 1827 erschien. Mit zahlreichen Illustrationen von Julius Schnorr von Carolsfeld und Eugen Neureuther.

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DAS NIBELUNGENLIED

Mit Illustrationen von Julius Schnorr von Carolsfeld und Eugen Neureuther

© 2018 Nikol Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG,

Hamburg

Alle Rechte, auch das der fotomechanischen Wiedergabe

(einschließlich Fotokopie) oder der Speicherung auf

elektronischen Systemen, vorbehalten.

All rights reserved.

ISBN: 978-3-86820-912-9

www.nikol-verlag.de

Inhalt

1. Wie Kriemhilden träumte

2. Von Siegfrieden

3. Wie Siegfried nach Worms kam

4. Wie Siegfried mit den Sachsen stritt

5. Wie Siegfried Kriemhilden zuerst ersah

6. Wie Gunther um Brunhild gen Isenland fuhr

7. Wie Gunther Brunhilden gewann

8. Wie Siegfried nach den Nibelungen fuhr

9. Wie Siegfried nach Worms gesandt ward

10. Wie Gunther mit Brunhild Hochzeit hielt

11. Wie Siegfried mit seinem Weibe heimkehrte

12. Wie Gunther Siegfrieden zum Hofgelage lud

13. Wie sie zum Hofgelage fuhren

14. Wie die Königinnen sich schalten

15. Wie Siegfried verraten ward

16. Wie Siegfried erschlagen ward

17. Wie Siegfried beklagt und begraben ward

18. Wie Siegmund heimkehrte und Kriemhild daheim blieb

19. Wie der Nibelungenhort nach Worms kam

20. Wie König Etzel um Kriemhilden sandte

21. Wie Kriemhild zu den Heunen fuhr

22. Wie Kriemhild bei den Heunen empfangen ward

23. Wie Kriemhild ihr Leid zu rächen gedachte

24. Wie Werbel und Schwemmel die Botschaft brachten

25. Wie die Könige zu den Heunen fuhren

26. Wie Dankwart Gelfraten erschlug

27. Wie sie nach Bechlaren kamen

28. Wie Kriemhild Hagen empfing

29. Wie er nicht vor ihr aufstand

30. Wie Hagen und Volker Schildwacht standen

31. Wie die Herren zur Kirche gingen

32. Wie Blödel erschlagen wurde

33. Wie Dankwart die Märe seinen Herren brachte

34. Wie sie die Toten aus dem Saale warfen

35. Wie Iring erschlagen ward

36. Wie die Königin den Saal verbrennen ließ

37. Wie Rüdiger erschlagen ward

38. Wie Dietrichens Recken alle erschlagen wurden

39. Wie Gunther, Hagen und Kriemhild erschlagen wurden

ERSTES ABENTEUER

Wie Kriemhilden träumte

Viel Wunderdinge melden · die Mären alter Zeit

Von preiswerten Helden · von großer Kühnheit,

Von Freud’ und Festlichkeiten · von Weinen und von Klagen,

Von kühner Recken Streiten · mögt ihr nun Wunder hören sagen.

Es wuchs in Burgunden · solch edel Mägdelein,

Daß in allen Landen · nichts Schönres mochte sein.

Kriemhild war sie geheißen · und ward ein schönes Weib,

Um die viel Degen mußten · verlieren Leben und Leib.

Die Minnigliche lieben · brachte keinem Scham;

Um die viel Recken warben · niemand war ihr gram.

Schön war ohne Maßen · die edle Maid zu schaun;

Der Jungfrau höf’sche Sitte · wär’ eine Zier allen Fraun.

Es pflegten sie drei Könige · edel und reich,

Gunther und Gernot · die Recken ohne Gleich,

Und Geiselher der junge · ein auserwählter Degen;

Sie war ihre Schwester · die Fürsten hatten sie zu pflegen.

Die Herren waren milde · dazu von hohem Stamm,

Unmaßen kühn von Kräften · die Recken lobesam.

Nach den Burgunden · war ihr Land genannt;

Sie schufen starke Wunder · noch seitdem in Etzels Land.

Zu Worms am Rheine wohnten · die Herrn in ihrer Kraft.

Von ihren Landen diente · viel stolze Ritterschaft

Mit rühmlichen Ehren · all ihres Lebens Zeit,

Bis jämmerlich sie starben · durch zweier edeln Frauen Streit.

Ute hieß ihre Mutter · die reiche Königin,

Und Dankrat ihr Vater · der ihnen zum Gewinn

Das Erbe ließ im Tode · vordem ein starker Mann,

Der auch in seiner Jugend · großer Ehren viel gewann.

Die drei Kön’ge waren · wie ich kund getan,

Stark und hohen Mutes · ihnen waren untertan

Auch die besten Recken · davon man hat gesagt,

Von großer Kraft und Kühnheit · in allen Streiten unverzagt.

Das war von Tronje Hagen · und der Bruder sein,

Dankwart der schnelle · von Metz Herr Ortewein,

Die beiden Markgrafen · Gere und Eckewart,

Volker von Alzei · an allen Kräften wohlbewahrt,

Rumold der Küchenmeister · ein auserwählter Degen,

Sindold und Hunold · die Herren mußten pflegen

Des Hofes und der Ehren · den Kön’gen untertan.

Noch hatten sie viel Recken · die ich nicht alle nennen kann.

Dankwart war Marschall · so war der Neffe sein

Truchseß des Königs · von Metz Herr Ortewein.

Sindold war Schenke · ein waidlicher Degen,

Und Kämmerer Hunold · sie konnten hoher Ehren pflegen.

Von des Hofes Ehre · von ihrer weiten Kraft,

Von ihrer hohen Würdigkeit · und von der Ritterschaft,

Wie sie die Herren übten · mit Freuden all ihr Leben,

Davon weiß wahrlich niemand · euch volle Kunde zu geben.

Es träumte Kriemhilden

der ehrenreichen Maid,

Einen wilden Falken

zöge sie lange Zeit;

Den griffen ihr zwei Aare

daß sie es mochte sehn:

Ihr konnt’ auf dieser Erde

größer Leid nicht geschehn.

Sie sagt’ ihrer Mutter

den Traum, Frau Uten;

Die wußt’ ihn nicht zu deuten

als so der guten:

»Der Falke, den du ziehest

das ist ein edler Mann:

Ihn wolle Gott behüten

sonst ist es bald um ihn getan.«

»Was sagt ihr mir vom Manne · vielliebe Mutter mein?

Ohne Reckenminne · will ich immer sein;

So schön will ich verbleiben · bis an meinen Tod,

Daß ich von Mannesminne · nie gewinnen möge Not.«

»Verred’ es nicht so völlig« · die Mutter sprach da so,

»Sollst du je auf Erden · von Herzen werden froh,

Das geschieht von Mannesminne · du wirst ein schönes Weib,

Will Gott dir noch vergönnen · eines guten Ritters Leib.«

»Die Rede laßt bleiben« · sprach sie, »Herrin mein.

Es hat an manchen Weiben · gelehrt der Augenschein,

Wie Liebe mit Leide · am Ende gerne lohnt;

Ich will sie meiden beide · so bleib’ ich sicher verschont!«

Kriemhild in ihrem Mute · hielt sich von Minne frei.

So lief noch der guten · manch lieber Tag vorbei,

Daß sie niemand wußte · der ihr gefiel zum Mann,

Bis sie doch mit Ehren · einen kühnen Recken gewann.

Das war derselbe Falke · den jener Traum ihr bot,

Den ihr beschied die Mutter · Ob seinem frühen Tod

Den nächsten Anverwandten · wie gab sie blut’gen Lohn!

Durch dieses Einen Sterben · starb noch mancher Mutter Sohn.

ZWEITES ABENTEUER

Von Siegfrieden

Da wuchs im Niederlande · eines edeln Königs Kind,

Siegmund hieß sein Vater · die Mutter Siegelind,

In einer mächt’gen Veste · weithin wohlbekannt,

Unten am Rheine · Xanten war sie genannt.

Ich sag’ euch von dem Degen · wie so schön er ward.

Er war vor allen Schanden · immer wohl bewahrt.

Stark und hohes Namens · ward bald der kühne Mann:

Hei! was er großer Ehren · auf dies er Erde gewann!

Siegfried ward geheißen · der edle Degen gut.

Er erprobte viel der Reiche · in hochbeherztem Mut.

Seine Stärke führt’ ihn · in manches fremde Land:

Hei! was er schneller Degen · bei den Burgunden fand!

Bevor der kühne Degen · voll erwuchs zum Mann,

Da hatt’ er solche Wunder · mit seiner Hand getan,

Davon man immer wieder · singen mag und sagen:

Wir müssen viel verschweigen · von ihm in heutigen Tagen.

In seinen besten Zeiten · bei seinen jungen Tagen

Mochte man viel Wunder · von Siegfrieden sagen,

Wie Ehr’ an ihm erblühte · und wie schön er war zu schaun:

Bald dachten sein in Minne · viel der waidlichen Fraun.

Man erzog ihn mit dem Fleiße · wie ihm geziemend war;

Was ihm Zucht und Sitte · der eigne Sinn gebar!

Das ward noch eine Zierde · für seines Vaters Land,

Daß man zu allen Dingen · ihn so recht herrlich fand.

Er war nun so erwachsen · mit an den Hof zu gehn.

Die Leute sahn ihn gerne · viel Fraun und Mädchen schön

Wünschten wohl, er käme · dahin doch immerdar;

Hold waren ihm gar viele · des ward der Degen wohl gewahr.

Selten ohne Hüter · man reiten ließ das Kind.

Mit Kleidern hieß ihn zieren · seine Mutter Siegelind;

Auch pflegten sein die Weisen · denen Ehre war bekannt:

Drum mocht’ er wohl gewinnen · so die Leute wie das Land.

Nun war er in der Stärke · daß er wohl Waffen trug:

Wes er dazu bedurfte · des gab man ihm genug.

Schon sann er zu werben · um manches schöne Kind;

Die hätten wohl mit Ehren · den kühnen Siegfried geminnt.

Da ließ sein Vater Siegmund · kund tun seinem Lehn,

Mit lieben Freunden woll’ er · ein Hofgelag’ begehn.

Da brachte man die Märe · in andrer Kön’ge Land.

Den Heimischen und Gästen · gab er Ross’ und Gewand.

Wen man finden mochte · aus der Verwandten Art,

Der Ritter werden sollte · die edeln Knappen zart

Lud man nach dem Lande · zu der Lustbarkeit,

Wo sie das Schwert empfingen · mit Siegfried zu gleicher Zeit.

Man mochte Wunder sagen · von dem Hofgelag.

Siegmund und Siegelind · gewannen an dem Tag

Viel Ehre durch die Gaben · die spendet’ ihre Hand:

Drum sah man viel der Fremden · zu ihnen reiten in das Land.

Vierhundert Schwertdegen

sollten gekleidet sein

Mit Siegfried zusammen

Manch schönes Mägdelein

Sah man am Werk geschäftig

ihm waren alle hold.

Viel edle Steine legten

die Frauen da in das Gold,

Die sie mit Borten wollten

auf die Kleider nähn

Den jungen stolzen Recken

das mußte so ergehn.

Der Wirt ließ Sitze bauen

für manchen kühnen Mann

Zu der Sonnenwende

wo Siegfried Ritters Stand gewann.

Da ging zu einem Münster

mancher reiche Knecht

Und viel der edeln Ritter

Die Alten taten recht,

Daß sie den Jungen dienten

wie ihnen war geschehn.

Sie hatten Kurzweile

und freuten sich es zu sehn.

Als man da Gott zu Ehren · eine Messe sang,

Da hub sich von den Leuten · ein gewaltiger Drang,

Da sie zu Rittern wurden · dem Ritterbrauch gemäß

Mit also hohen Ehren · so leicht nicht wieder geschäh’s.

Sie eilten, wo sie fanden · geschirrter Rosse viel.

Da ward in Siegmunds Hofe · so laut das Ritterspiel,

Daß man ertosen hörte · Pallas und Saal.

Die hochbeherzten Degen · begannen fröhlichen Schall.

Von Alten und von Jungen · mancher Stoß erklang,

Daß der Schäfte Brechen · in die Lüfte drang.

Die Splitter sah man fliegen · bis zum Saal hinan.

Von mancher Recken Händen · ward dies voll Eifers getan.

Der Wirt bat es zu lassen · Man zog die Rosse fort;

Wohl sah man auch zerbrochen · viel starke Schilde dort,

Viel der edeln Steine · auf das Gras gefällt

Von des lichten Schildes Spangen · die hatten Stöße zerschellt.

Da setzen sich die Gäste · wohin man ihnen riet,

Zu Tisch, wo von Ermüdung · viel edle Kost sie schied

Und Wein der allerbeste · des man die Fülle trug.

Den Heimischen und Fremden · bot man Ehren da genug.

So viel sie Kurzweile · gefunden all den Tag,

Das fahrende Gesinde · doch keiner Ruhe pflag:

Sie dienten um die Gabe · die man da reichlich fand;

Ihr Lob ward zur Zierde · König Siegmunds ganzem Land.

Da ließ der Fürst verleihen · Siegfried, den jungen Mann,

Das Land und die Burgen · wie sonst er selbst getan.

Seinen Schwertgenossen · gab er mit milder Hand:

So freute sie die Reise · die sie geführt in das Land.

Das Hofgelage währte · bis an den siebten Tag.

Sieglind die reiche · der alten Sitte pflag,

Daß sie dem Sohn zu Liebe · verteilte rotes Gold:

Sie konnt’ es wohl verdienen · daß ihm die Leute waren hold.

Da war zuletzt kein armer · Fahrender mehr im Land.

Ihnen stoben Kleider · und Rosse von der Hand,

Als hätten sie zu leben · nicht mehr denn einen Tag.

Man sah nie Ingesinde · das so großer Milde pflag.

Mit preiswerten Ehren · zerging die Lustbarkeit.

Man hörte wohl die Reichen · sagen nach der Zeit,

Daß sie dem Jungen gerne · wären untertan;

Das begehrte nicht Siegfried · dieser waidliche Mann.

So lange sie noch lebten · Siegmund und Siegelind,

Wollte nicht Krone tragen · der beiden liebes Kind;

Doch wollt’ er herrlich wenden · alle die Gewalt,

Die in den Landen fürchtete · der Degen kühn und wohlgestalt.

Ihn durfte niemand schelten · seit er die Waffen nahm,

Pflag er der Ruh nur selten · der Recke lobesam.

Er suchte nur zu streiten · und seine starke Hand

Macht’ ihn zu allen Zeiten · in fremden Reichen wohlbekannt.

DRITTES ABENTEUER

Wie Siegfried nach Worms kam

Den Herrn beschwerte selten · irgendein Herzeleid.

Er hörte Kunde sagen · wie eine schöne Maid

Bei den Burgunden wäre · nach Wünschen wohlgetan,

Von der er bald viel Freuden · und auch viel Leides gewann.

Von ihrer hohen Schöne · vernahm man weit und breit,

Und auch ihr Hochgemute · ward zur selben Zeit

Bei den Jungfrauen · den Helden oft bekannt:

Das ladete der Gäste · viel in König Gunthers Land.

So viel um ihre Minne · man Werbende sah,

Kriemhild in ihrem Sinne · sprach dazu nicht Ja,

Daß sie einen wollte · zum geliebten Mann:

Er war ihr noch gar fremde · dem sie bald ward untertan.

Dann sann auf hohe Minne · Sieglindens Kind:

All der andern Werben · war wider ihn ein Wind.

Er mochte wohl verdienen · ein Weib so auserwählt:

Bald ward die edle Kriemhild · dem kühnen Siegfried vermählt.

Ihm rieten seine Freunde · und die in seinem Lehn,

Hab’ er stete Minne · sich zum Ziel ersehn,

So soll’ er werben, daß er sich · der Wahl nicht dürfe schämen.

Da sprach der edle Siegfried · »So will ich Kriemhilden nehmen,

Die schöne Königstochter · von Burgundenland,

Um ihre große Schöne · Das ist mir wohl bekannt,

Kein Kaiser sei so mächtig · hätt’ er zu frein im Sinn,

Dem nicht zum Minnen ziemte · diese reiche Königin.«

Solche Märe hörte · der König Siegmund.

Es sprachen seine Leute · also ward ihm kund

Seines Kindes Wille · Es war ihm höchlich leid,

Daß er werben wolle · um diese herrliche Maid.

Es erfuhr es auch die Königin · die edle Siegelind:

Die mußte große Sorge · tragen um ihr Kind,

Weil sie wohl Gunthern kannte · und die in seinem Heer:

Die Werbung dem Degen · zu verleiden fliß man sich sehr.

Da sprach der kühne Siegfried · »Viellieber Vater mein,

Ohn’ edler Frauen Minne · wollt’ ich immer sein,

Wenn ich nicht werben dürfte · nach Herzensliebe frei.

Was jemand reden möge · ich bleibe immer dabei.«

»Ist dir nicht abzuraten« · der König sprach da so,

»So bin ich deines Willens · von ganzem Herzen froh

Und will dir’s fügen helfen · so gut ich immer kann;

Doch hat der König Gunther · manchen hochfährt’gen Mann.

»Und wär’ es anders niemand · als Hagen der Degen,

Der kann im Übermute · wohl der Hochfahrt pflegen,

So daß ich sehr befürchte · es mög’ uns werden leid,

Wenn wir werben wollen · um diese herrliche Maid.«

»Wie mag uns das gefährden!« · hub da Siegfried an:

»Was ich mir im Guten · da nicht erbitten kann,

Mag ich schon sonst erwerben · mit meiner starken Hand;

Ich will von ihm erzwingen · so die Leute wie das Land.«

»Leid ist mir deine Rede« · sprach König Siegmund,

»Denn würde diese Märe · dort am Rheine kund,

Du dürftest nimmer wagen · zu reiten in ihr Land.

Gunther und Gernot · die sind mir lange bekannt.

»Mit Gewalt erwerben · kann niemand die Magd«,

Sprach der König Siegmund · »das ist mir wohl gesagt;

Willst du jedoch mit Recken · reiten in das Land,

Die Freunde, die wir haben · die werden eilends besandt.«

»So ist mir nicht zumute« · fiel ihm Siegfried ein,

»Daß mir Recken sollten · folgen an den Rhein

Einer Heerfahrt willen · das wäre mir wohl leid,

Sollt’ ich damit erzwingen · diese herrliche Maid.

»Ich mag sie schon erwerben · allein mit meiner Hand.

Ich will mit zwölf Gesellen · in König Gunthers Land;

Dazu sollt ihr mir helfen · Vater Siegmund.«

Da gab man seinen Degen · zu Kleidern grau und auch bunt.

Da vernahm auch diese Märe · seine Mutter Siegelind;

Sie begann zu trauern · um ihr liebes Kind:

Sie bangt’ es zu verlieren · durch die in Gunthers Heer.

Die edle Königstochter · darüber weinte sie sehr.

Siegfried der Degen · ging hin, wo er sie sah.

Wider seine Mutter · gütlich sprach er da:

»Frau, ihr sollt nicht weinen · um den Willen mein:

Wohl will ich ohne Sorgen · vor allen Weiganden sein.

»Nun helft mir zu der Reise · nach Burgundenland,

Daß mich und meine Recken · ziere solch Gewand,

Wie so stolze Helden · mit Ehren mögen tragen:

Dafür will ich immer · den Dank von Herzen euch sagen.«

»Ist dir nicht abzuraten«

sprach Frau Siegelind,

»So helf’ ich dir zur Reise

mein einziges Kind,

Mit den besten Kleidern

die je ein Ritter trug,

Dir und deinen Gesellen

ihr sollt der haben genug.«

Da neigte sich ihr dankend

Siegfried, der junge Mann.

Er sprach: »Nicht mehr Gesellen

nehm’ ich zur Fahrt mir an

Als der Recken zwölfe

verseht die mit Gewand.

Ich möchte gern erfahren

wie’s um Kriemhild sei bewandt.«

Da saßen schöne Frauen · über Nacht und Tag,

Daß ihrer selten eine · der Muße eher pflag,

Bis sie gefertigt hatten · Siegfriedens Staat.

Er wollte seiner Reise · nun mit nichten haben Rat.

Sein Vater hieß ihn zieren · sein ritterlich Gewand,

Womit er räumen wollte · König Siegmunds Land,

Und ihre lichten Panzer · die wurden auch bereit

Und ihre festen Helme · ihre Schilde schön und breit.

Nun sahen sie die Reise · zu den Burgunden nahn,

Und sie begann zu sorgen · beides, Weib und Mann,

Ob sie je wiederkommen · sollten in das Land.

Sie geboten aufzusäumen · ihre Waffen und ihr Gewand.

Schön waren ihre Rosse · ihr Reitzeug goldesrot;

Wenn wer sich höher dauchte · so war es ohne Not,

Als der Degen Siegfried · und die ihm untertan.

Nun hielt er um Urlaub · zu den Burgunden an.

Den gaben ihm mit Trauern · König und Königin.

Er tröstete sie beide · mit minniglichem Sinn

Und sprach: »Ihr sollt nicht weinen · um den Willen mein:

Immer ohne Sorgen · mögt ihr um mein Leben sein.«

Es war leid den Recken · auch weinte manche Maid;

Sie ahnten wohl im Herzen · daß sie es nach der Zeit

Noch schwer entgelten müßten · durch lieber Freunde Tod.

Sie hatten Grund zu klagen · es tat ihnen wahrlich not.

Am siebenten Morgen · zu Worms an den Strand

Ritten schon die Kühnen · all ihr Gewand

War von rotem Golde · ihr Reitzeug wohlbestellt;

Ihnen gingen sanft die Rosse · die sich da Siegfried gesellt.

Neu waren ihre Schilde

licht dazu und breit,

Und schön ihre Helme

als mit dem Geleit

Siegfried der kühne

ritt in Gunthers Land.

Man ersah an Helden

nie mehr so herrlich Gewand.

Der Schwerter Enden gingen

nieder auf die Sporen;

Scharfe Speere führten

die Ritter auserkoren.

Von zweier Spannen Breite

war, welchen Siegfried trug;

Der hatt’ an seinen Schneiden

grimmer Schärfe genug.

Goldfarbne Zäume · führten sie an der Hand;

Der Brustriem war von Seide · so kamen sie ins Land.

Da gafften sie die Leute · allenthalben an:

Gunthers Mannen liefen · sie zu empfangen heran.

Die hochbeherzten Recken · Ritter so wie Knecht,

Liefen den Herrn entgegen · so war es Fug und Recht,

Und begrüßten diese Gäste · in ihrer Herren Land;

Die Pferde nahm man ihnen · und die Schilde von der Hand.

Da wollten sie die Rosse · ziehn zu ihrer Rast;

Da sprach aber Siegfried · alsbald, der kühne Gast:

»Laßt uns noch stehn die Pferde · mir und meinem Geleit:

Wir reiten bald von hinnen · dazu bin ich ganz bereit.

»Wer von euch es wisse · der soll mir’s nicht verschweigen:

Wo ich den König finde · das soll man mir zeigen,

Gunther den reichen · aus Burgundenland.«

Da sagt’ es ihm einer · dem es wohl war bekannt.

»Wollt ihr den König finden · das mag gar leicht geschehn:

In jenem weiten Saale · hab’ ich ihn gesehn

Unter seinen Helden · da geht zu ihm hinan,

So mögt ihr bei ihm finden · manchen herrlichen Mann.«

Nun waren auch dem König · die Mären schon gesagt,

Daß gekommen wären · Ritter unverzagt:

Sie führten lichte Panzer · und herrlich Gewand;

Sie erkenne niemand · in der Burgunden Land.

Den König nahm es wunder · woher gekommen sei’n

Die herrlichen Recken · im Kleid von lichtem Schein

Und mit so guten Schilden · so neu und so breit;

Daß ihm das niemand sagte · das war König Gunthern leid.

Zur Antwort gab dem König

von Metz Herr Ortewein;

Stark und kühnes Mutes

mocht’ er wohl sein:

»Da wir sie nicht erkennen

so heißt jemand gehn

Nach meinem Oheim Hagen

dem sollt ihr sie lassen sehn. «

»Ihm sind wohl kund die Reiche

und alles fremde Land;

Erkennt er die Herren

das macht er uns bekannt.«

Der König ließ ihn holen

und die in seinem Lehn:

Da sah man ihn herrlich

mit Recken hin zu Hofe gehn.

Warum nach ihm der König · frug Hagen da, geschickt?

»Es werden fremde Degen · in meinem Haus erblickt,

Die niemand mag erkennen · habt ihr sie je gesehn,

So sollt ihr mir, Freund Hagen · in aller Wahrheit Rede stehn.«

»Das will ich«, sprach Hagen · Zum Fenster schritt er drauf,

Da ließ er nach den Gästen · den Augen freien Lauf.

Wohl gefiel ihm ihr Geräte · und all ihr Gewand;

Doch waren sie ihm fremde · in der Burgunden Land.

Er sprach, woher die Recken · auch kämen an den Rhein,

Es möchten selber Fürsten · oder Fürstenboten sein.

»Schön sind ihre Rosse · und ihr Gewand ist gut;

Von wannen sie auch ritten · es sind Helden hochgemut.«

Also sprach da Hagen · »Soviel ich mag verstehn,

Hab’ ich gleich im Leben · Siegfrieden nie gesehn,

So will ich doch wohl glauben · wie es damit auch steht,

Daß er es sei, der Degen · der so herrlich dorten geht.

»Er bringt neue Mären · her in dieses Land:

Die kühnen Nibelungen · schlug des Helden Hand,

Die reichen Königssöhne · Schilbung und Nibelung;

Er wirkte große Wunder · mit des starken Armes Schwung.

»Als der Held alleine · ritt aller Hilfe bar,

Fand er an einem Berge · so hört’ ich immerdar,

Bei König Niblungs Horte · manchen kühnen Mann;

Sie waren ihm gar fremde · bis er die Kunde hier gewann.

»Der Hort König Nibelungs · ward hervorgetragen

Aus einem hohlen Berge · nun hört Wunder sagen,

Wie ihn teilen wollten · die Niblung untertan.

Das sah der Degen Siegfried · den es zu wundern begann.

»So nah kam er ihnen · daß er die Helden sah

Und ihn die Degen wieder · Der eine sagte da:

›Hier kommt der starke Siegfried · der Held aus Niederland.‹

Seltsame Abenteuer · er bei den Nibelungen fand.

»Den Recken wohl empfingen · Schilbung und Nibelung.

Einhellig baten · die edeln Fürsten jung,

Daß ihnen teilen möchte · den Schatz der kühne Mann:

Das begehrten sie gar dringend · zu geloben es der Herr begann.

Er sah so viel Gesteines · wie wir hören sagen,

Hundert Leiterwagen · die möchten es nicht tragen,

Noch mehr des roten Goldes · von Nibelungenland:

Das alles sollte teilen · des kühnen Siegfriedes Hand.

»Sie gaben ihm zum Lohne · König Niblungs Schwert:

Da wurden sie des Dienstes · gar übel gewährt,

Den ihnen leisten sollte · Siegfried der Degen gut.

Er konnt’ es nicht vollbringen · sie hatten zornigen Mut.

So mußt’ er ungeteilet · die Schätze lassen stehn.

Da bestanden ihn die Degen · in der zwei Kön’ge Lehn:

Mit ihres Vaters Schwerte · das Balmung war genannt,

Stritt ihnen ab der Kühne · den Hort und Nibelungenland.

»Da hatten sie zu Freunden · kühne zwölf Mann,

Die starke Riesen waren · was konnt’ es sie verfahn?

Die erschlug im Zorne · Siegfriedens Hand,

Und siebenhundert Recken · zwang er vom Nibelungenland.

»Mit dem guten Schwerte · geheißen Balmung.

Vom Schrecken überwältigt · war mancher Degen jung

Zumal vor dem Schwerte · und vor dem kühnen Mann:

Das Land mit den Burgen · machten sie ihm untertan.

»Dazu die reichen Könige · die schlug er beide tot.

Er kam durch Albrichen · darauf in große Not:

Der wollte seine Herren · rächen allzuhand,

Eh’ er die große Stärke · noch an Siegfrieden fand.

»Mit Streit bestehen konnt’ ihn · da nicht der starke Zwerg.

Wie die wilden Leuen · liefen sie an den Berg,

Wo er die Tarnkappe · Albrichen abgewann:

Da war des Hortes Meister · Siegfried der schreckliche Mann.

»Die sich getraut zu fechten · die lagen all erschlagen.

Den Schatz ließ er wieder · nach dem Berge tragen,

Dem ihn entnommen hatten · Die Niblung untertan.

Alberich der starke · das Amt des Kämmrers gewann.

»Er mußt’ ihm Eide schwören · er dien ihm als sein Knecht,

Zu aller Art Diensten · ward er ihm gerecht.«

So sprach von Tronje Hagen · »Das hat der Held getan;

Also große Kräfte · nie mehr ein Recke gewann.

»Noch ein Abenteuer · ist mir von ihm bekannt:

Einen Linddrachen · schlug des Helden Hand;

Als er im Blut sich badete · ward hörnern seine Haut.

So versehrt ihn keine Waffe · das hat man oft an ihm geschaut.

»Man soll ihn wohl empfangen · der beste Rat ist das,

Damit wir nicht verdienen · des schnellen Recken Haß.

Er ist so kühnen Sinnes · man seh’ ihn freundlich an:

Er hat mit seinen Kräften · so manche Wunder getan.«

Da sprach der mächt’ge König · »Gewiß, du redest wahr:

Nun sieh, wie stolz er dasteht · vor des Streits Gefahr,

Dieser kühne Degen · und die in seinem Lehn!

Wir wollen ihm entgegen · hinab zu dem Recken gehn.«

»Das mögt ihr«, sprach da Hagen · »mit allen Ehren schon:

Er ist von edelm Stamme · eines reichen Königs Sohn;

Auch hat er die Gebäre · mich dünkt, beim Herren Christ,

Es sei nicht kleine Märe · um die er hergeritten ist.«

Da sprach der Herr des Landes · »Nun sei er uns willkommen.

Er ist kühn und edel · das hab’ ich wohl vernommen;

Des soll er auch genießen · im Burgundenland.«

Da ging der König Gunther · hin, wo er Siegfrieden fand.

Der Wirt und seine Recken · empfingen so den Mann,

Daß wenig an dem Gruße · gebrach, den er gewann;

Des neigte sich vor ihnen · der Degen ausersehn,

Daß ihm so ehrend Grüßen · von ihrer Seite war geschehn.

»Mich wundert diese Märe« · sprach der König zuhand,

»Von wannen, edler Siegfried · ihr kamt in dieses Land,

Oder was ihr wollet suchen · zu Worms an dem Rhein?«

Da sprach der Gast zum König · »Das soll euch unverhohlen sein.

»Ich habe sagen hören · in meines Vaters Land,

An euerm Hofe wären · das hätt’ ich gern erkannt,

Die allerkühnsten Recken · so hab’ ich oft vernommen,

Die je gewann ein König · darum bin ich hieher gekommen.

»So hör’ ich auch euch selber · viel Mannheit zugestehn,

Man habe keinen König · noch je so kühn gesehn.

Das rühmen viel der Leute · in all diesem Land;

Nun kann ich’s nicht verwinden · bis ich die Wahrheit befand.

»Ich bin auch ein Recke · und soll die Krone tragen:

Ich möcht’ es gerne fügen · daß sie von mir sagen,

Daß ich mit Recht besäße · die Leute wie das Land.

Mein Haupt und meine Ehre · setz’ ich dawider zu Pfand.

»Wenn ihr denn so kühn seid · wie euch die Sage zeiht,

So frag’ ich nicht, ist jemand · lieb oder leid:

Ich will von euch erzwingen · was euch angehört,

Das Land und die Burgen · unterwerf’ ich meinem Schwert.«

Der König war verwundert · und all sein Volk umher,

Als sie vernommen hatten · sein seltsam Begehr,

Daß er ihm zu nehmen · gedächte Leut’ und Land.

Das hörten seine Degen · die wurden zornig zuhand.

»Wie sollt’ ich das verdienen« · sprach Gunther der Degen,

»Wes mein Vater lange · mit Ehren durfte pflegen,

Daß wir das verlören · durch jemands Überkraft?

Das wäre schlecht bewiesen · daß wir auch pflegen Ritterschaft!«

»Ich will davon nicht lassen« · fiel ihm der Kühne drein,

»Von deinen Kräften möge · dein Land befriedet sein,

Ich will es nun verwalten · doch auch das Erbe mein,

Erwirbst du es durch Stärke · es soll dir untertänig sein.

»Dein Erbe wie das meine · wir schlagen gleich sie an,

Und wer von uns den andern · überwinden kann,

Dem soll es alles dienen · die Leute wie das Land.«

Dem widersprach da Hagen · und mit ihm Gernot zuhand.

»So stehn uns nicht die Sinne« · sprach da Gernot,

»Nach neuen Lands Gewinne · daß jemand sollte tot

Vor Heldeshänden liegen · reich ist unser Land,

Das uns mit Recht gehorsamt · zu niemand besser bewandt.«

In grimmigem Mute · standen da die Freunde sein.

Da war auch darunter · von Metz Herr Ortewein.

Der sprach: »Diese Sühne · ist mir von Herzen leid:

Euch ruft der starke Siegfried · ohn’ allen Grund in den Streit.

»Wenn ihr und eure Brüder

ihm auch nicht steht zur Wehr,

Und ob er bei sich führte

ein ganzes Königsheer,

So wollt’ ich’s doch erstreiten

daß der starke Held

Also hohen Übermut

wohl mit Recht beiseite stellt.«

Darüber zürnte mächtig

der Held von Niederland:

»Nicht wider mich vermessen

darf sich deine Hand:

Ich bin ein reicher König

du bist in Königs Lehn;

Deiner zwölfe dürften

mich nicht im Streite bestehn.«

Nach Schwertern rief da heftig

von Metz Herr Ortewein:

Er durfte Hagens Schwestersohn

von Tronje wahrlich sein;

Daß er so lang geschwiegen

das war dem König leid.

Da sprach zum Frieden Gernot

ein Ritter kühn und allbereit.

»Laßt euer Zürnen bleiben« · hub er zu Ortwein an,

»Uns hat der edle Siegfried · noch solches nicht getan;

Wir scheiden es in Güte · wohl noch, das rat’ ich sehr,

Und haben ihn zum Freunde · es geziemt uns wahrlich mehr.«

Da sprach der starke Hagen · »Uns ist billig leid

Und all euern Degen · daß er je zum Streit

Kam an den Rhein geritten · was ließ er das nicht sein?

So übel nie begegnet · wären ihm die Herren mein.«

Darauf erwidert’ Siegfried · der kraftvolle Held:

»Wenn euch, was ich gesprochen · Herr Hagen, mißfällt,

So will ich schauen lassen · wie noch die Hände mein

Gedenken so gewaltig · bei den Burgunden zu sein.«

»Das hoff’ ich noch zu wenden« · sprach wieder Gernot.

Allen seinen Degen · zu reden er verbot

In ihrem Übermute · was ihm wäre leid.

Da gedacht’ auch Siegfried · an die viel herrliche Maid.

»Wie geziemt’ uns mit euch zu streiten?« · sprach wieder Gernot.

»Wieviel dabei der Helden · auch fielen in den Tod,

Wenig Ehre brächt’ uns · so ungleicher Streit.«

Die Antwort hielt da Siegfried · König Siegmunds Sohn, bereit:

Warum zögert Hagen · und auch Ortewein,

Daß er nicht zum Streite · eilt mit den Freunden sein,

Deren er so manchen · bei den Burgunden hat?«

Sie blieben Antwort schuldig · das war Gernotens Rat.

»Ihr sollt uns willkommen sein« · sprach Geiselher das Kind,

»Samt euren Heergesellen · die mit euch gekommen sind:

Wir wollen gern euch dienen · ich und die Freunde mein.«

Da hieß man den Gästen · schenken König Gunthers Wein.

Da sprach der Wirt des Landes · »Alles, was uns gehört,

Verlangt ihr es in Ehren · das sei euch unverwehrt;

Wir wollen mit euch teilen · unser Gut und Blut.«

Da ward dem Degen Siegfried · ein wenig sanfter zumut.

Da ließ man ihnen wahren · all ihr Wehrgewand:

Man suchte Herbergen · die besten, die man fand:

Siegfriedens Knappen · schuf man gut Gemach.

Man sah den Fremdling gerne · in Burgundenland hernach.

Man bot ihm große Ehre · darauf in manchen Tagen,

Mehr zu tausend Malen · als ich euch könnte sagen;

Das hatte seine Kühnheit · verdient; das glaubt fürwahr:

Ihn sah wohl selten jemand · der ihm nicht gewogen war.

Flissen sich der Kurzweil · die Kön’ge und ihr Lehn,

So war er stets der Beste · was man auch ließ geschehn.

Es konnt’ ihm niemand folgen · so groß war seine Kraft,

Ob sie den Stein warfen · oder schossen den Schaft.

Nach höf’scher Sitte ließen · sich auch vor den Fraun

Der Kurzweile pflegend · die kühnen Ritter schaun:

Da sah man stets den Helden · gern von Niederland;

Er hatt’ auf hohe Minne · seine Sinne gewandt.

Die schönen Fraun am Hofe · erfragten Märe,

Wer der stolze fremde · Recke wäre.

»Er ist so schön gewachsen · so reich ist sein Gewand!«

Da sprachen ihrer viele · »Das ist der Held von Niederland.«

Was man beginnen wollte · er war dazu bereit;

Er trug in seinem Sinne · eine minnigliche Maid,

Und auch nur ihn die Schöne · die er noch nie gesehn,

Und die sich doch viel Gutes · von ihm schon heimlich versehn.

Wenn man auf dem Hofe · das Waffenspiel begann,

Ritter so wie Knappen · immer sah es an

Kriemhild aus den Fenstern · die Königstochter hehr;

Keiner andren Kurzweil · hinfort bedurfte sie mehr.

Und wüßt’ er, daß ihn sähe · die er im Herzen trug,

Davon hätt’ er Kurzweil · immerdar genug.

Ersähn sie seine Augen · ich glaube sicherlich,

Keine andre Freude · hier auf Erden wünscht’ er sich.

Wenn er bei den Recken · auf dem Hofe stand,

Wie man noch Kurzweil · pflegt in allem Land,

Wie stand dann so minniglich · das Sieglindenkind,

Daß manche Frau ihm heimlich · war von Herzen hold gesinnt.

Er gedacht’ auch manchmal · »Wie soll das geschehn,

Daß ich das edle Mägdlein · mit Augen möge sehn,

Die ich von Herzen minne · wie ich schon längst getan?

Die ist mir noch gar fremde · mit Trauern denk’ ich daran.«

So oft die reichen Könige · ritten in ihr Land.

So mußten auch die Recken · mit ihnen all zur Hand.

Auch Siegfried ritt mit ihnen · das war der Frauen leid;

Er litt von ihrer Minne · auch Beschwer zu mancher Zeit.

So wohnt’ er bei den Herren · das ist alles wahr,

In König Gunthers Lande · völliglich ein Jahr,

Daß er die Minnigliche · in all der Zeit nicht sah,

Durch die ihm bald viel Liebes · und auch viel Leides geschah.

VIERTES ABENTEUER

Wie Siegfried mit den Sachsen stritt

Nun nahen fremde Mären · in König Gunthers Land

Durch Boten aus der Ferne · ihnen zugesandt

Von unbekannten Recken · die ihnen trugen Haß:

Als sie die Rede hörten · gar sehr betrübte sie das.

Die will ich euch nennen · es war Lüdeger

Aus der Sachsen Lande · ein mächtiger König hehr;

Dazu vom Dänenlande · der König Lüdegast:

Die gewannen zu dem Kriege · gar manchen herrlichen Gast.

Ihre Boten kamen · in König Gunthers Land,

Die seine Widersacher · hatten hingesandt,

Da frug man um die Märe · die Unbekannten gleich

Und führte bald die Boten · zu Hofe vor dem König reich.

Schön grüßte sie der König · und sprach: »Seid willkommen!

Wer euch hieher gesendet · hab ich noch nicht vernommen;

Das sollt ihr hören lassen« · sprach der König gut.

Da bangten sie gewaltig · vor des grimmen Gunther Mut.

»Wollt ihr uns, Herr, erlauben · daß wir euch Bericht

Von unsrer Märe sagen · wir hehlen sie euch nicht.

Wir nennen euch die Herren · die uns hieher gesandt:

Lüdegast und Lüdeger · die suchen heim euer Land.

»Ihren Zorn habt ihr verdienet · wir vernahmen das

Gar wohl, die Herren tragen · euch beide großen Haß.

Sie wollen heerfahrten · gen Worms an den Rhein;

Ihnen helfen viel der Degen · laßt euch das zur Warnung sein.

»Binnen zwölf Wochen · muß ihre Fahrt geschehn;

Habt ihr nun guter Freunde · so laßt es bald ersehn,

Die euch befrieden helfen · die Burgen und das Land:

Hier werden sie verhauen · manchen Helm und Schildesrand.

»Oder wollt ihr unterhandeln · so macht es offenbar;

So reitet euch so nahe · nicht gar manche Schar

Eurer starken Feinde · zu bitterm Herzeleid,

Davon verderben müssen · viel der Ritter kühn im Streit.«

»Nun harrt eine Weile · (ich künd euch meinen Mut),

Bis ich mich recht bedachte« · sprach der König gut.

»Hab’ ich noch Getreue · denen will ich’s sagen:

Diese schwere Botschaft · muß ich meinen Freunden klagen.«

Dem mächtigen Gunther · war es leid genug;

Den Botenspruch er heimlich · in seinem Herzen trug.

Er hieß berufen Hagen · und andr’ in seinem Lehn

Und hieß auch gar geschwinde · zu Hof nach Gernoten gehn.

Da kamen ihm die Besten · so viel man deren fand.

Er sprach: »Die Feinde wollen · heimsuchen unser Land

Mit starken Heerfahrten · das sei euch geklagt.«

Drauf erwiderte Gernot · ein Ritter kühn und unverzagt:

»Dem wehren wir mit Schwertern« · sprach da Gernot,

»Da sterben nur, die müssen · die lasset liegen tot.

Ich werde nie vergessen · darum der Ehre mein:

Unsre Widersacher · sollen uns willkommen sein.«

Da sprach von Tronje Hagen

»Das dünkt mich nicht gut;

Lüdegast und Lüdeger

sind voll Übermut.

Wir können uns nicht sammeln

in so kurzen Tagen«,

So sprach der kühne Recke

»ihr sollt es Siegfrieden sagen.«

Da gab man den Boten

Herbergen in der Stadt.

Wie feind sie ihnen waren

sie gut zu pflegen bat

Gunther der reiche

das war wohlgetan,

Bis er erprobt an Freunden

wer ihm zu Hilfe zög’ heran.

Der König trug im Herzen

Sorge doch und Leid.

Da sah ihn also trauern

ein Ritter allbereit,

Der nicht wissen konnte

was ihm war geschehn:

Da bat er König Gunthern

ihm den Grund zu gestehn

»Mich nimmt höchlich wunder« · sprach da Siegfried,

»Wie die frohe Weise · so völlig von euch schied,

Deren ihr so lange · mit uns mochtet pflegen.«

Zur Antwort gab ihm Gunther · dieser zierliche Degen:

»Wohl mag ich allen Leuten · nicht von dem Leide sagen,

Das ich muß verborgen · in meinem Herzen tragen:

Steten Freunden klagen · soll man des Herzens Not.«

Siegfriedens Farbe · ward da bleich und wieder rot.

Er sprach zu dem Könige · »Was blieb euch je versagt?

Ich will euch wenden helfen · das Leid, das ihr klagt.

Wollt ihr Freunde suchen · so will ich einer sein

Und getrau es zu vollbringen · mit Ehren bis ans Ende mein.«

»Nun lohn’ euch Gott, Herr Siegfried · die Rede dünkt mich gut;

Und kann mir auch nicht helfen · eure Kraft und hoher Mut,

So freut mich doch die Märe · daß ihr so hold mir seid:

Leb’ ich noch eine Weile · ich vergelt’ es mit der Zeit.

»Ich will euch hören lassen · was mich traurig macht.

Von Boten meiner Feinde · ward mir hinterbracht,

Mit Heerfahrten kämen · sie mich zu suchen hie:

Das geschah uns von Degen · in diesen Landen noch nie.«

»Daß laßt euch nicht betrüben« · sprach da Siegfried,

»Sänftet eur Gemüte · und tut, wie ich euch riet:

Laßt mich euch erwerben · Ehre so wie Frommen

Und bittet eure Degen · daß sie euch zu Hilfe kommen.

»Und hätten dreißigtausend · Helfer sich ersehn

Eure starken Feinde · doch wollt’ ich sie bestehn,

Hätt’ ich auch selbst nur tausend · verlaßt euch auf mich.«

Da sprach der König Gunther · »Das verdien’ ich stets um dich.«

»So heißt mir eurer Leute · gewinnen tausend Mann,

Da ich von den Meinen · nicht mehr hier stellen kann

Als der Recken zwölfe · so wehr’ ich euer Land.

Immer soll getreulich · euch dienen Siegfriedens Hand.

»Dazu soll Hagen helfen · und auch Ortewein,

Dankwart und Sindold · die lieben Recken dein.

Auch soll da mit uns reiten · Volker, der kühne Mann:

Der soll die Fahne führen · keinen Bessern trefft ihr an.

»Und laßt die Boten reiten · heim in ihrer Herren Land;

Daß sie uns bald da sehen · macht ihnen das bekannt,

So daß unsre Burgen · befriedet mögen sein.«

Der König hieß besenden · Freund’ und Mannen insgemein.

Zu Hofe gingen wieder · die Lüdeger gesandt;

Sie freuten sich der Reise · zurück ins Heimatland.

Ihnen bot da reiche Gabe · Gunther, der König gut,

Und sicheres Geleite · des waren sie wohlgemut.

»Nun sagt«, sprach da Gunther · »meinen starken Feinden an,

Ihre Reise bliebe · besser ungetan;

Doch wollten sie mich suchen · hier in meinem Land,

Mir zerrännen denn die Freunde · ihnen werde Not bekannt.«

Den Boten reiche Gaben · man da zur Stelle trug:

Deren hatte Gunther · zu geben genug.

Das durften nicht verschmähen · die Lüdeger gesandt.

Sie baten um Urlaub · und räumten fröhlich das Land.

Als die Boten waren · gen Dänemark gekommen,

Und der König Lüdegast · den Bericht vernommen,

Wie’s ihnen am Rhein ergangen · als das ihm ward gesagt,

Seine übermüt’ge Botschaft · ward da bereut und beklagt.

Sie sagten ihm, sie hätten · manch kühnen Mann im Lehn;

Auch sahen sie darunter · einen Recken stehn,

Der war geheißen Siegfried · ein Held aus Niederland.

Leid war’s Lüdegasten · als er die Dinge so befand.

Als die vom Dänenlande · hörten diese Mär,

Da eilten sie, der Helfer · zu gewinnen desto mehr,

Bis der König Lüdegast · zwanzigtausend Mann

Seiner kühnen Degen · zu seiner Heerfahrt gewann.

Da besandte sich von Sachsen · auch König Lüdeger,

Bis sie vierzigtausend · hatten und wohl mehr,

Die mit ihnen ritten · gen Burgundenland.

Da hatt’ auch schon zu Hause · der König Gunther gesandt

Zu seinen nächsten Freunden · und seiner Brüder Heer,

Womit sie fahren wollten · im Kriegszug einher,

Und auch mit Hagens Recken · das tat den Helden not.

Darum mußten Degen · bald erschauen den Tod.

Sie schickten sich zur Reise · als es ging hindann,

Die Fahne mußte führen · Volker, der kühne Mann,

Da sie reiten wollten · von Worms über Rhein;

Hagen von Tronje · der mußte Scharmeister sein.

Mit ihnen ritt auch Sindold · und der kühne Hunold,

Die wohl verdienen konnten · König Gunthers Gold.

Dankwart, Hagens Bruder · und auch Ortewein,

Die mochten wohl mit Ehren · bei dem Heerzuge sein.

»Herr König«, sprach da Siegfried · »bleibet ihr zu Haus:

Da mir eure Degen · folgen zu dem Strauß,

So weilt bei den Frauen · und tragt hohen Mut:

Ich will euch wohl behüten · die Ehre so wie das Gut.

»Die euch heimsuchen wollten · zu Worms an dem Rhein,

Der will ich euch erwehren · sie sollen zu Hause sein;

Wir wollen ihnen reiten · so nah ins eigne Land,

Daß ihnen bald in Sorge · der Übermut wird gewandt.«

Vom Rheine sie durch Hessen · mit ihren Helden ritten

Nach dem Sachsenlande · da wurde bald gestritten.

Mit Raub und mit Brande · verheerten sie das Land,

Daß bald den Fürsten beiden · ward Not und Sorge bekannt.

Sie kamen an die Marke · die Knechte rückten an.

Siegfried der starke · zu fragen da begann:

»Wer soll nun der Hüter · des Gesindes sein?«

Wohl konnte nie den Sachsen · ein Heerzug übler gedeihn.

Sie sprachen: »Laßt der Knappen · hüten auf den Wegen

Dankwart den kühnen · das ist ein schneller Degen:

Wir verlieren desto minder · durch die in Lüdgers Lehn;

Laßt ihn mit Ortweinen · hie die Nachhut versehn.«

»So will ich selber reiten« · sprach Siegfried der Degen,

»Den Feinden gegenüber · der Warte zu pflegen,

Bis ich recht erkunde · wo die Recken sind.«

Da stand bald in den Waffen · der schönen Sieglinde Kind.

Das Volk befahl er Hagen · als er zog hindann,

Ihm und Gernoten · diesem kühnen Mann.

So ritt er hin alleine · in der Sachsen Land:

Dabei ward verhauen · von ihm wohl manchen Helmes Band.

Er sah ein groß Geschwader · das auf dem Felde zog

Und die Kraft der Seinen · gewaltig überwog:

Es waren vierzigtausend · oder wohl noch mehr.

Siegfried in hohem Mute · sah gar fröhlich das Heer.

Da hatte sich ein Recke · auch aus der Feinde Schar

Erhoben auf die Warte · der wohl gewappnet war:

Den sah der Degen Siegfried · und ihn der kühne Mann;

Jedweder auf den andern · mit Zorn zu blicken begann.

Ich sag’ euch, wer der wäre · der hier der Warte pflag;

Ein lichter Schild von Golde · ihm vor der Linken lag:

Es war der König Lüdegast · der hütete sein Heer.

Der edle Fremdling sprengte · herrlich wider ihn einher.

Nun hatt’ auch ihn Herr Lüdegast · sich feindlich erkoren:

Ihre Rosse reizten beide · zur Seite mit den Sporen;

Sie neigten auf die Schilde · mit aller Macht den Schaft;

Da kam der mächt’ge König · darob in großer Sorgen Haft.

Dem Stich gehorsam trugen · die Rosse pfeilgeschwind

Die Könige zusammen · als wehte sie der Wind;

Dann mit den Zäumen wandten · sie ritterlich zurück:

Die grimmen Zwei versuchten · da mit dem Schwerte das Glück.

Da schlug der Degen Siegfried · das Feld erscholl umher,

Aus dem Helme stoben · als ob’s von Bränden wär’,

Die feuerroten Funken · von des Helden Hand.

Jeder an dem andern · seinen rechten Partner fand.

Auch ihm schlug Herr Lüdegast · manchen grimmen Schlag;

Jedweder auf dem Schilde · mit ganzer Stärke lag.

Da hatten es wohl dreißig · erspäht aus seiner Schar:

Eh’ die ihm Hilfe brachten · der Sieg doch Siegfriedens war

Mit drei starken Wunden · die er dem König schlug

Durch einen lichten Harnisch · der war doch fest genug.

Das Schwert mit seiner Schärfe · entlockte Wunden Blut;

Davon der König Lüdegast · gewann wohl traurigen Mut.

Er bat ihn um sein Leben · und bot ihm all sein Land

Und sagt’ ihm, er wäre · Lüdegast genannt.

Da kamen seine Recken · die hatten wohl gesehn,

Was da von ihnen beiden · auf der Warte war geschehn.

Er führt’ ihn gern von dannen · da ward er angerannt

Von dreißig seiner Mannen · doch wehrte seine Hand

Seinen edeln Geisel · mit ungestümen Schlägen.

Bald tat noch größern Schaden · dieser zierliche Degen.

Die Dreißig zu Tode · wehrlich er schlug;

Ihrer einen ließ er leben · der ritt da schnell genug

Und brachte hin die Märe · von dem, was hier geschehn;

Auch konnte man die Wahrheit · an seinem roten Helme sehn.

Gar leid war’s den Recken · aus dem Dänenland,

Als ihres Herrn Gefängnis · ihnen ward bekannt.

Man sagt’ es seinem Bruder · der fing zu toben an

In ungestümem Zorne · ihm war gar wehe getan.

Lüdegast der König · ward hinweggebracht

Zu Gunthers Ingesinde · von Siegfrieds Übermacht.

Er befahl ihn Hagen · als ihnen zu Ohren kam,

Es sei der fremde König · nicht allzu groß war ihr Gram

Man gebot den Burgunden · »Die Fahne bindet an.«

»Wohlauf«, sprach da Siegfried · »hier wird noch mehr getan

Vor Abendzeit, verlier’ ich · Leben nicht und Leib:

Das betrübt im Sachsenlande · noch manches waidliche Weib.

»Ihr Helden vom Rheine · ihr sollt mein nehmen wahr:

Ich kann euch wohl geleiten · zu Lüdegers Schar.

Da seht ihr Helme hauen · von guter Helden Hand:

Eh’ wir uns wieder wenden · wird ihnen Sorge bekannt.«

Zu den Rossen sprangen Gernot · und die ihm untertan.

Die Heerfahne faßte · der kühne Spielmann,

Volker der Degen · und ritt der Schar vorauf.

Da war auch das Gesinde · zum Streite mutig und wohlauf.

Sie führten doch der Degen · nicht mehr denn tausend Mann,

Darüber zwölf Recken · Zu stieben da begann

Der Staub von den Straßen · sie ritten über Land;

Man sah von ihnen scheinen · manchen schönen Schildesrand.

Nun waren auch die Sachsen · gekommen und ihr Heer

Mit Schwertern wohlgewachsen · die Klingen schnitten sehr,

Das hab’ ich wohl vernommen · den Helden an der Hand:

Da wollten sie die Gäste · von Burgen wehren und Land.

Der Herren Scharmeister · führten das Volk heran.

Da war auch Siegfried kommen · mit samt seinen Mann,

Die er mit sich führte · aus dem Niederland.

Des Tags sah man im Sturme · manche blutige Hand.

Sindold und Hunold · und auch Gernot,

Die schlugen in dem Streite · viel der Helden tot,

Eh’ sie ihrer Kühnheit · noch selber mochten traun:

Das mußten bald beweinen · viel der waidlichen Fraun.

Volker und Hagen · und auch Ortwein

Löschten in dem Streite · manches Helmes Schein

Mit fließendem Blute · die Kühnen in der Schlacht.

Von Dankwarten wurden · viel große Wunder vollbracht.

Da versuchten auch die Dänen · waidlich ihre Hand;

Von Stößen laut erschallte · mancher Schildesrand

Und von den scharfen Schwertern · womit man Wunden schlug.

Die streitkühnen Sachsen · taten Schadens da genug.

Als die Burgunden · drangen in den Streit,

Von ihnen ward gehauen · manche Wunde weit:

Über sie Sättel fließen · sah man da das Blut;

So warben um die Ehre · diese Ritter kühn und gut.

Man hörte laut erhallen · den Helden an der Hand

Ihr scharfen Waffen · als die von Niederland

Ihrem Herrn nachdrangen · in die dichten Reihn;

Die zwölfe kamen ritterlich · zugleich mit Siegfried hinein.

Deren vom Rheine · kam ihnen niemand nach.

Man konnte fließen sehen · den blutroten Bach

Durch die lichten Helme · von Siegfriedens Hand,

Bis er Lüdegeren · vor seinen Heergesellen fand.

Dreimal die Kehre · hat er nun genommen

Bis an des Heeres Ende · da war Hagen kommen:

Der half ihm wohl vollbringen · im Kampfe seinen Mut.

Es mußte heut’ ersterben · vor ihnen mancher Ritter gut.

Als der starke Lüdeger · Siegfrieden fand,

Wie er so erhaben · trug in seiner Hand

Balmung den guten · und da so manchen schlug,

Drob ward der Fürst zornig · und ingrimmig genug.

Da gab es stark Gedränge · und lauten Schwerterklang,

Wo ihr Ingesinde · aufeinander drang.

Da versuchten desto heftiger · die beiden Recken sich;

Die Scharen wichen beide · der Kämpen Haß ward fürchterlich.

Dem Vogt vom Sachsenlande · war es wohl bekannt,

Sein Bruder sei gefangen · drum war er zornentbrannt;

Nicht wußt’ er, der’s vollbrachte · sei der Sieglindensohn.

Man zeihte des Gernoten · hernach befand er es schon.

Da schlug so starke Schläge · Lüdegers Schwert,

Siegfrieden unterm Sattel · niedersank das Pferd;

Doch bald erhob sich’s wieder · der kühne Siegfried auch

Gewann jetzt im Sturme · einen furchtbaren Brauch.

Dabei half ihm Hagen · wohl und Gernot,

Dankwart und Volker · da lagen viele tot.

Sindold und Hunold · und Ortwein der Degen

Die konnten in dem Streite · zum Tode manchen niederlegen.

Untrennbar im Kampfe · waren die Fürsten hehr.

Über die Helme fliegen · sah man manchen Speer

Durch die lichten Schilde · von der Helden Hand;

Auch ward von Blut gerötet · mancher herrliche Rand.

In dem starken Sturme · sank da mancher Mann

Von den Rossen nieder · Einander rannten an

Siegfried der kühne · und König Lüdeger;

Man sah da Schäfte fliegen · und manchen schneidigen Speer.

Der Schildbeschlag des Königs · zerstob vor Siegfrieds Hand.

Sieg zu erwerben dachte · der Held von Niederland

An den kühnen Sachsen · die waren von Wunden schwach.

Hei! was da lichte Panzer · der kühne Dankwart zerbrach!

Da hatte König Lüdeger · auf einem Schild erkannt

Eine gemalte Krone · vor Siegfriedens Hand:

Da sah er wohl, es wäre · der kraftreiche Mann.

Laut auf zu seinen Freunden · der Held zu rufen begann:

»Begebt euch des Streites · ihr all mir Untertan!

Den Sohn König Siegmunds · traf ich hier an,

Siegfried den starken · hab’ ich hier erkannt;

Den hat der üble Teufel · her zu den Sachsen gesandt.«

Er gebot die Fahnen · zu senken in dem Streit.

Friedens er begehrte · der ward ihm nach der Zeit;

Doch mußt’ er Geisel werden · in König Gunthers Land:

Das hatt’ an ihm erzwungen · des kühnen Siegfriedes Hand.

Nach allgemeinem Rate · ließ man ab vom Streit.

Viel zerschlagner Helme · und der Schilde weit

Legten sie aus Händen · so viel man deren fand,

Die waren blutgerötet · von der Burgunden Hand.

Sie fingen, wen sie wollten · sie hatten volle Macht.

Gernot und Hagen · die schnellen, hatten Acht,

Daß man die Wunden bahrte · da führten sie hindann

Gefangen nach dem Rheine · der Kühnen fünfhundert Mann.

Die sieglosen Recken · zum Dänenlande ritten.

Da hatten auch die Sachsen · so tapfer nicht gestritten,

Daß man sie loben sollte · das war den Helden leid.

Da beklagten ihre Freunde · die Gefallnen in dem Streit.

Sie ließen ihre Waffen · aufsäumen nach dem Rhein.

Es hatte wohl geworben · mit den Gefährten sein

Siegfried der Recke · und hatt’ es gut vollbracht:

Das mußt’ ihm zugestehen · König Gunthers ganze Macht.

Gen Worms sandte Boten · der König Gernot:

Daheim in seinem Lande · den Freunden er entbot,

Wie ihm gelungen wäre · und all seinem Lehn:

Es war da von den Kühnen · nach allen Ehren geschehn.

Die Botenknaben liefen · so ward es angesagt.

Da freuten sich in Liebe · die eben Leid geklagt,

Dieser frohen Märe · die ihnen war gekommen.

Da ward von edlen Frauen · großes Fragen vernommen,

Wie es den Herrn gelungen · wär’ in des Königs Heer.

Man rief der Boten einen · zu Kriemhilden her.

Das geschah verstohlen · sie durfte es wohl nicht laut:

Denn einer war darunter · dem sie längst ihr Herz vertraut.

Als sie in ihre Kammer · den Boten kommen sah,

Kriemhild die schöne · gar gütlich sprach sie da:

»Nun sag’ mir liebe Märe · so geb’ ich dir mein Gold,

Und tust du’s ohne Trügen · will ich dir immer bleiben hold.

»Wie schied aus dem Streite · mein Bruder Gernot

Und meine andern Freunde? · Blieb uns nicht mancher tot?

Wer tat da das Beste? · Das sollst du mir sagen.«

Da sprach der biedre Bote · »Wir hatten nirgend einen Zagen

»In Gefahr und Streite · ritt niemand so wohl,

Hehre Königstochter · wenn ich es sagen soll,

Als der edle Fremdling · aus dem Niederland:

Da wirkte große Wunder · des kühnen Siegfriedes Hand.

»Was von den Recken allen · im Streit da geschehn,

Dankwart und Hagen · und des Königs ganzem Lehn,

Wie wehrlich sie auch stritten · das ist doch wie ein Wind

Nur gegen Siegfrieden · König Siegmundens Kind.

»Sie haben in dem Sturme · der Helden viel erschlagen;

Doch möcht’ euch dieser Wunder · ein Ende niemand sagen,

Die da Siegfried wirkte · ritt er in den Streit.

Den Fraun an ihren Freunden · tat er mächtiges Leid.

»Auch mußte vor ihm fallen · der Friedel mancher Braut.

Seine Schläge schollen · auf Helmen also laut,

Daß sie aus Wunden brachten · das fließende Blut:

Er ist in allen Dingen · ein Ritter kühn und auch gut.

»Wieviel auch hat begangen

von Metz Herr Ortewein:

Was er nur mocht’ erlangen

mit dem Schwerte sein,

Das fiel vor ihm verwundet

oder meistens tot:

Doch schuf euer Bruder

die allergrößeste Not,

»Die jemals in Stürmen

mochte sein geschehn;

Man muß dem Auserwählten

die Wahrheit zugestehn.

Die stolze Burgunden

bestanden so die Fahrt,

Daß sie vor allen Schanden

die Ehre haben wohl bewahrt.

»Man sah von ihren Händen

der Sättel viel geleert,

Als so laut das Feld erhallte

von manchem lichten Schwert.

Die Recken vom Rheine

die ritten allezeit,

Daß ihre Feinde besser

vermieden hätten den Streit.

»Auch die kühnen Tronjer · schufen großes Leid,

Als mit Volkskräften · das Heer sich traf im Streit.

Da schlug so manchen nieder · des kühnen Hagen Hand,

Es wäre viel zu sagen · davon in der Burgunden Land.

»Sindold und Hunold · in Gernotens Heer

Und Rumold der kühne · schufen so viel Beschwer,

König Lüdger mag es · beklagen allezeit,

Daß er deine Anverwandten · am Rhein berief in den Streit.

»Kampf, den allerhöchsten · der irgend da geschah,

Vom ersten bis zum letzten · den jemand nur sah,

Hat Siegfried gefochten · mit wehrlicher Hand:

Er bringt reiche Geisel · her in König Gunthers Land.

»Die zwang mit seinen Kräften · der streitbare Held,

Wovon der König Lüdegast · den Schaden nun behält

Und von Sachsenlande · sein Bruder Lüdeger.

Nun hört meine Märe · viel edle Königin hehr!

»Gefangen hat sie beide · Siegfriedens Hand:

Nie so mancher Geisel · kam in dieses Land,

Als nun seine Kühnheit · bringt an den Rhein.«

Ihr konnten diese Mären · nicht willkommener sein.

»Man führt der Gesunden · fünfhundert oder mehr