Das Orchester, das niemals schläft - Christoph Wagner-Trenkwitz - E-Book

Das Orchester, das niemals schläft E-Book

Christoph Wagner-Trenkwitz

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Beschreibung

Eine kurze Geschichte der Wiener Philharmoniker Was wäre Wien ohne Musik und ohne die Philharmoniker? 175 Jahre sind seit der Gründung des Weltklasseorchesters im März 1842 vergangen, in denen die Musiker ihrem Publikum zahlreiche Sternstunden klassischer Musik beschert und mit ihrem unverwechselbaren Klang wahre Begeisterungsstürme hervorgerufen haben. Christoph Wagner-Trenkwitz erzählt von den Meilensteinen in der Geschichte der Philharmoniker, von der Zusammenarbeit mit großen Dirigenten, den Besonderheiten des "Wiener Klangs", der täglichen Arbeit in einem internationalen Orchester und fördert dabei auch so manche bemerkenswerte Anekdote zutage, die sich hinter den Kulissen zutrug. Mit umfangreichem Bildmaterial aus dem Archiv der Wiener Philharmoniker

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Christoph Wagner-Trenkwitz

Das Orchester, das niemals schläft

DIE WIENER PHILHARMONIKER

Mit 99 Abbildungen

Besuchen Sie uns im Internet unter: amalthea.at und wienerphilharmoniker.at

© 2017 by Amalthea Signum Verlag, Wien

Alle Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: Elisabeth Pirker/OFFBEAT

Umschlagfoto: Das Neujahrskonzert 2017 unter der Leitung von Gustavo Dudamel

© Wiener Philharmoniker/Terry Linke

Herstellung und Satz: VerlagsService Dietmar Schmitz GmbH, Heimstetten

Gesetzt aus der 11,5/15 pt Minion Pro

Designed in Austria, printed in the EU

ISBN 978-3-99050-095-8

eISBN 978-3-903083-69-1

Inhalt

Vorwort

Andreas Großbauer

Grußwort

Heinz Fischer

Noch ein Buch …

Christoph Wagner-Trenkwitz

Ein Rundgang

Unterwegs in Wien – und in der Geschichte eines Orchesters

Alte und neue Heimat

Gründung und Etablierung des Orchesters (1842–1870)

Die »Goldene Ära« …

… begann im Goldenen Saal (1870–1897)

Mahler und die Folgen

Das neue Jahrhundert (1897–1933)

Last der Geschichte und Aufbruch in eine neue Zeit

Faschismus, Krieg und Wiederaufbau (1933–1955)

Klang und Tradition

Was die Wiener Philharmoniker ausmacht

»Wie komme ich zu den Philharmonikern?«

Und: Wie die Philharmoniker zu sich selbst kamen

Ein internationales Orchester

Heute und Morgen

Die Wiener Philharmoniker

Mitglieder in der Jubiläumssaison 2016/2017

Literatur

Bildnachweis

Personenregister

Vorwort

Unser Orchester feiert 2017 einen besonderen Geburtstag: Vor 175 Jahren wurden die Wiener Philharmoniker in Wien gegründet, in jener Musikstadt, die seit jeher bedeutende Komponistinnen und Komponisten sowie Musikerinnen und Musiker anzieht und beheimatet. Das Jubiläum ist ein geeigneter Anlass, den Traditionen und Herausforderungen in der Gegenwart sowie der besonderen Identität unseres Orchesters auf literarischem Wege auf die Spur zu kommen. Der bekannte österreichische Autor in Fragen Musik Christoph Wagner-Trenkwitz hat sich dieser Aufgabe gewidmet und mit dem vorliegenden Buch Das Orchester, das niemals schläft eine kurze Geschichte in Fakten, Bildern und Anekdoten verfasst.

Dieselbe Lebendigkeit, die er im Titel seines Buches dem Orchester zuschreibt, kann man auch seinem Buch bescheinigen. Denn Wagner-Trenkwitz nimmt die Leserschaft auf sehr charmante und kenntnisreiche Art mit auf eine Reise. Diese führt sie zunächst zu einem Ort, an dem das Orchester gegründet wurde und der im Namen des Orchesters gleichsam als Gütesiegel aufscheint: Wien. Wer sich mit dem Autor auf einen Gang durch Wien einlässt, begegnet auf Schritt und Tritt der Musik, und wo er der Musik begegnet, entdeckt er auch die Spuren der Wiener Philharmoniker.

Doch die Reise mit dem Orchester führt den Leser weiter: in die Städte Österreichs, allen voran Salzburg, in die Städte Europas, ja in Städte in aller Welt. Hier möchte ich eine Stadt in besonderer Weise hervorheben: Es ist New York, wo sich ein dem Orchester sehr verbundener Freundeskreis gebildet hat, The Vienna Philharmonic Society. Sein spezielles Anliegen ist es auch, den 175. Geburtstag des Orchesters in entsprechender Weise mitzufeiern. So entstand gemeinsam mit The Vienna Philharmonic Society und den Wiener Philharmonikern die Idee zu diesem Buch, das zur gleichen Zeit nicht nur in deutscher, sondern auch in englischer Sprache erscheint, um viele Menschen aus aller Welt an der literarisch-musikalischen Reise teilnehmen zu lassen.

Führte uns die Reise an verschiedene Orte, so führt sie uns auch in verschiedene Zeiten. Wagner-Trenkwitz leitet uns in Form einer Zeitreise von den Anfängen des Orchesters bis zur Gegenwart, und dies nicht in einer bloßen Aufzählung von Daten und Fakten, sondern in einer informativen, anekdotischen und bisweilen humorvollen Art und Weise. Wir werden Zeugen der großen Momente der philharmonischen Geschichte, aber auch jener Zeiten, als die Musiker und ihre Musik unter die Räder von Ideologie und Rassenwahn gerieten.

Der Autor begleitet uns in die Welt eines Philharmonikers, angefangen von seinem Probespiel über die Erfahrungen im Orchestergraben und am Konzertpodium bis hin zu den Abläufen und den Herausforderungen eines philharmonischen Jahres. Wagner-Trenkwitz eröffnet uns auch die Welt der großen Dirigenten und lässt uns mit so manch köstlicher Anekdote hinter die Kulissen des philharmonischen Alltags blicken.

Einer der besonderen Höhepunkte des Buches stellt das Kapitel Klang und Tradition dar, in dem sich der Autor dem Mythos »Wiener Klang« widmet. Das Geheimnis dieses Klangerlebnisses beruht auf vielen Komponenten, den besonderen Instrumenten, dem speziellen Ansatz der Tongebung, der besonderen Art des Vibrato, die durch den täglichen Operndienst erforderliche Orientierung an der menschlichen Stimme in Klang und Phrasierung und vielem mehr. Was aber in besonderer Weise zum Gelingen der Aufführungen beiträgt, ist das Vertrauen der Musikerinnen und Musiker untereinander und der familiäre Geist, die letztlich Garanten für das von vielen bescheinigte besondere Klangerlebnis und die darauf gründenden großen Erfolge des Orchesters sind.

Es liegt anlässlich eines so besonderen Geburtstages nahe, sich der Anfänge zu erinnern. Wer die Prinzipien unserer Gründerväter kennt, die einst den höchsten künstlerischen Qualitätsanspruch des Orchesters, seine demokratische Struktur und seine humanitäre Kompetenz einforderten, versteht, warum wir uns dieser Tradition verpflichtet wissen. Tradition jedoch bleibt nur durch Innovation lebendig, sowohl was die gesellschaftliche Verantwortung als auch die künstlerische Ausrichtung betrifft. So weist das Buch auf die konsequente Aufarbeitung der jüngeren Orchestergeschichte hin, auf die soziale Verantwortung von Künstlerinnen und Künstlern angesichts der drängenden Probleme unserer Zeit, auf lokale und globale Initiativen für Frieden und Völkerverständigung, auf die Gleichstellung von Mann und Frau im Künstlerkollektiv, auf eine verantwortliche Programmgestaltung auch im Hinblick auf zeitgenössisches Musikschaffen sowie auf die internationale Nachwuchsarbeit und Kulturvermittlungsprojekte. Zahlreiche Aktivitäten in diese Richtung zeigen, dass die Wiener Philharmoniker auch im 21. Jahrhundert ein Orchester sind, »das niemals schläft«.

Andreas Großbauer

Initiator des Buches und Vorstand

der Wiener Philharmoniker im Jubiläumsjahr 2017

Grußwort

Die Wiener Philharmoniker wurden im Jahr 1842 gegründet. Ohne jede Koordination oder Absprache wurden im gleichen Jahr jenseits des Atlantiks die New Yorker Philharmoniker gegründet.

Beide Orchester feiern also in diesem Jahr (2017) ihren 175. Geburtstag und stehen auch seit langer Zeit – aber eben nicht seit ihrer Gründung – in engem und freundschaftlichem Kontakt.

Am 28. März 2017 fand im Haus der Musik in Wien eine stimmungsvolle Geburtstagsfeier für die Wiener Philharmoniker (in Anwesenheit von Vertretern aus New York) unter dem Motto »Musik kennt keine Grenzen« statt.

Das ist wahrlich ein kluges Motto. Denn Musik, die nicht an Sprache gebunden ist und die jene Gefühle, Emotionen und Gedanken ausdrückt, die allen Menschen gemeinsam sind, kennt tatsächlich keine Grenzen.

In einer Rede bei diesem Geburtstagsfest habe ich gemeint, dass die Musik von Mozart oder Beethoven und vielen, vielen anderen Komponisten sowie deren Interpretation die Grenze zu den fast 200 Staaten dieser Welt mühelos überwindet. Und gar nicht so wenige dieser »musikalischen Grenzübertritte« haben von Wien, von Österreich und von den Wiener Philharmonikern ihren Ausgang genommen.

Nun ist ein Geburtstagsfest ein wunderschönes Ereignis; aber es ist eine »Momentaufnahme«. Denn der Geburtstagstermin nähert sich langsam, man freut sich darauf, er ist eines Tages da, aber in kürzester Zeit liegt er schon wieder hinter uns und ist Vergangenheit.

Demgegenüber ist ein Buch etwas Dauerhaftes, etwas, das man immer wieder zur Hand nehmen kann, das man weiterschenken kann und das seinen fixen Platz im Bücherregal hat.

Zwar sind über die Wiener Philharmoniker in den letzten Jahren ausgezeichnete und auf neuesten Forschungen beruhende Bücher erschienen. Ich denke insbesondere an die Standardwerke von Clemens Hellsberg (1992) und Christian Merlin (2017).

Aber die Wiener Philharmoniker sind ein nahezu unerschöpfliches Thema und so begrüße ich es sehr, dass Christoph Wagner-Trenkwitz als hervorragender Kenner der Musikszene im Allgemeinen und der Wiener Philharmoniker im Besonderen zur Feder beziehungsweise zum Computer gegriffen hat, um aus Anlass des 175-Jahr-Jubiläums der Wiener Philharmoniker über »das Orchester, das niemals schläft« zu schreiben.

Kaiser Karl V. hat bekanntlich ein Reich regiert, in dem die Sonne niemals untergegangen ist. Wenn man bedenkt, dass die Wiener Philharmoniker allein in der Spielzeit 2015/16 49 Auslandskonzerte gegeben haben und bei solchen Auslandskonzerten von Japan bis in die USA und von Schweden bis Australien unterwegs sind, dann kann man ruhig sagen, dass die Philharmoniker wohl zu allen Stunden des Tages (mitteleuropäischer Zeit) aktiv sind und daher »niemals schlafen«.

Das Schönste ist, dass die Wiener Philharmoniker im vorstehend genannten Zeitraum zwar 49 Konzerte im Ausland gegeben haben, aber 89 (!) Konzerte in Österreich und jedes einzelne davon auf höchstem Niveau.

Ich bin stolz auf die Wiener Philharmoniker und wünsche diesem Buch, das zum 175-Jahr-Jubiläum dieses großartigen Orchesters erscheint, den besten Erfolg.

Dr. Heinz Fischer

Bundespräsident a. D. und Patron der Wiener Philharmoniker

Noch ein Buch …

… über die Wiener Philharmoniker? Es gibt nicht wenige. Die von Clemens Hellsberg (1992) und Christian Merlin (2017) können als unübertroffene Standardwerke gelten, die akribisch und sehr umfangreich die Geschichte des Orchesters und seiner Mitglieder darstellen. Das vorliegende Büchlein hingegen sollte ein knapper, pointierter Führer zum 175-Jahr-Jubiläum für »Einsteiger« werden. Manchmal wurde ein anekdotischer Zugang gewählt, weil humorvolle – aber nicht immer quellenkritisch nachprüfbare – Geschichtchen die Wahrheit bündig auf den Punkt bringen.

Doch die Vergangenheit des Weltklasseorchesters ist nicht nur von lockeren Anekdoten und positiven Momenten geprägt. Auch wenn von geliebten Traditionen wie dem Neujahrskonzert die Rede ist, dürfen wir die Schattenseiten nicht ausblenden.

Licht und Schatten liegen nahe beieinander. Philharmoniker-Urgestein Otto Strasser wählte den Ausspruch des Klarinettisten Leopold Wlach nach einem Furtwängler-Konzert als Titel seiner Lebenserinnerungen: »Und dafür wird man noch bezahlt.« Demselben Musiker wird auch ein wesentlich weniger erfreulicher Satz zugeschrieben, der auf Seite 110 nachgelesen werden kann …

Der offene Umgang auch mit den dunklen Seiten ihrer Geschichte ist für die Wiener Philharmoniker mittlerweile ebenso selbstverständlich wie die Aufnahme von Frauen. Wesentliche Kennmarken des modernen Orchesters – soziale Verantwortung, internationale Nachwuchsarbeit, lokale und globale Initiativen für Frieden und Völkerverständigung – wurzeln bereits in den Prinzipien und Visionen der Gründer.

Der österreichische Nationalstolz ruht auf nicht sehr vielen Säulen; die Wiener Philharmoniker sind eine davon. Hans Weigel meinte pointiert: »Nach Ausrufung der Republik wurde der Adel in Österreich abgeschafft. An seine Stelle ist der Besitz eines philharmonischen Abonnements getreten.«

Vielen gilt mein Dank für wertvolle Initiative und Hilfe; auf knappem Raum erwähnen kann ich nur Marifé Hernández, die Vorsitzende der Vienna Philharmonic Society New York, und ihren Mann Joel Bell, den Philharmonikervorstand Andreas Großbauer und seinen Nachfolger Daniel Froschauer, weiters Silvia Kargl vom Historischen Archiv der Philharmoniker sowie meine Lektorin Madeleine Pichler.

Christoph Wagner-Trenkwitz

Wien, im Oktober 2017

P. S.: Immer wieder wird das Orchester von menschlichen Tragödien erschüttert. Als Clemens Hellsberg im Sommer 1992 an seiner Demokratie der Könige arbeitete, verstarb überraschend der Konzertmeister Gerhart Hetzel. Ein Vierteljahrhundert später, die Arbeiten zum Orchester, das niemals schläft waren in vollem Gange, erreichte uns die Todesnachricht eines weiteren prominenten Philharmonikers: Soloklarinettist Ernst Ottensamer ist am 22. Juli 2017, 61-jährig, einem Herzinfarkt erlegen. Ich widme dieses Buch dem Andenken an diesen außerordentlichen Musiker und Menschen.

Wenn das Orchester doch einmal schläft, wachen die goldenen Karyatiden im Wiener Musikverein.

Ein Rundgang

Unterwegs in Wien – und in der Geschichte eines Orchesters

Darf ich zu einem kleinen Stadtrundgang einladen? Innerhalb von nicht mehr als 20 Minuten flanieren wir so an den wichtigsten Zentren philharmonischen Lebens in Wien vorbei.

Heimat Musikverein

Beginnen wir auf dem Karlsplatz. Wir lassen die barocke Pracht der Karlskirche, den Resselpark mit dem Brahms-Denkmal und die Technische Universität (vormals k. k. Polytechnisches Institut, wo die Strauß-Brüder Johann und Josef studiert haben) hinter uns. Vor uns liegt das Musikvereinsgebäude des Ringstraßen-Architekten Theophil Hansen, nach dessen Entwürfen auch das Wiener Parlamentsgebäude, die Akademie der Bildenden Künste am Schillerplatz, die Börse am Schottenring und zahlreiche Palais der Hauptstadt entstanden sind. Das Haus der 1812 gegründeten »Gesellschaft der Musikfreunde in Wien« beherbergt auch die Verwaltung der Wiener Philharmoniker (»Kanzlei« wird das Büro in schönem alten Beamtenösterreichisch genannt); im Großen Saal – dem »Goldenen« – des Musikvereins finden seit dessen Eröffnungsjahr 1870 die Philharmonischen Abonnementkonzerte und auch die Neujahrskonzerte des Orchesters statt, die zu dessen Weltgeltung beigetragen haben.

Im Pflaster vor der Fassade sind Sterne mit den Namen bedeutender Musiker eingelassen: Dem österreichischen Symphoniker Anton Bruckner, dem Dirigenten Wilhelm Furtwängler, dem modernen deutsch-österreichischen Komponisten Gottfried von Einem und dem Romantiker Franz Schubert gelten die Erinnerungsplaketten, die der »Wiener Musikmeile« angehören. Diese ist heutzutage zwar ziemlich vernachlässigt und gewiss kein der Musikmetropole angemessener »Walk of Fame«, soll uns auf diesem kleinen Rundgang aber dennoch zur Orientierung und Erinnerung dienen.

Vorbei am Karten- und Ballbüro …

Wir überqueren die Bösendorferstraße, die den Namen der berühmten Wiener Klavierfabrik trägt, und spazieren durch die Dumbastraße (benannt nach dem österreichischen Industriellen Nikolaus von Dumba, der im späten 19. Jahrhundert Vizepräsident des Musikvereins und Vorstandsmitglied des Wiener Männergesang-Vereins war) zum Kärntner Ring, wo wir uns nach links wenden.

Der philharmonische Dirigent Hans Richter bittet den »lieben Freund« Ludwig Bösendorfer, seine Klaviere zu stimmen.

Nach wenigen Metern erreichen wir das Karten- und Ballbüro der Wiener Philharmoniker, vor dem uns abermals Musiker-Sterne grüßen: jene für Pierre Boulez, Johann Sebastian Bach und Johann Strauß. Als einziges Musikerkollektiv besitzen auch die Wiener Philharmoniker selbst einen hier eingelassenen Stern, der an ihr erstes Konzert am 28. März 1842 erinnert. Diesem magischen Datum nähern wir uns nun, vorwärts schreitend, im historischen Rückwärtsgang an.

Vorbei an den Sternen für Dmitri Schostakowitsch, Anton von Webern und Herbert von Karajan (die Bodenplatte ziert auch die Unterschrift des Maestros, die laut Hildegard Knef wie ein »Kardiogramm« aussieht) gehen wir auf dem Ring zum Staatsoperngebäude, das sich zu unserer Rechten erhebt und das, wie der Musikverein, ebenfalls als Heimat unseres Orchesters bezeichnet werden kann. Denn die Philharmoniker rekrutieren sich seit ihrer »Geburt« aus Mitgliedern des Opernorchesters; das bietet neben der künstlerischen Vielseitigkeit auch eine wirtschaftliche Basis für die Musikerinnen und Musiker. Voraussetzung für die Aufnahme in das als Verein organisierte Konzertorchester ist jedenfalls die Mitgliedschaft im Opernorchester, wo eine mehrjährige »Probezeit« durchlaufen wird. Auf die »doppelte Identität« unseres Orchesters werden wir noch eingehen; halten wir für den Moment einmal fest, dass die Musikerinnen und Musiker der Wiener Philharmoniker, wenn sie in der Wiener Staatsoper spielen, zwar nicht so heißen, aber so klingen dürfen!

… zur Heimat Staatsoper

Nur ein Jahr älter als der Musikverein, wurde das Hofoperntheater am Ring nach Plänen der Architekten August Sicard von Sicardsburg und Eduard van der Nüll 1869 fertiggestellt und am 25. Mai mit Mozarts Don Giovanni (damals in deutscher Sprache als Don Juan) eröffnet.

Das Gelände zur (vom Ring aus gesehen) Rechten der Wiener Staatsoper hatte ursprünglich keinen eigenen Namen, es gehörte zur Kärntner Straße. Unter anderem auf Betreiben des damaligen Staatsoperndirektors Ioan Holender heißt das Areal seit 1996 Herbert-von-Karajan-Platz. Einerseits ist die Ehrung für den überragenden Dirigenten und verdienstvollen Direktor des Hauses (1956–1964) durchaus angebracht; andererseits stimmt es nachdenklich, dass ein halbes Jahrhundert nach Kriegsende einem prominenten ehemaligen NSDAP-Mitglied ein Platz in der österreichischen Hauptstadt gewidmet wurde … Eine Forschungsgruppe, die sich in den 2010er-Jahren im Auftrag der Universität Wien und der Stadt Wien mit Straßenbenennungen auseinandersetzte, bezeichnete den Karajan-Platz immerhin als »Fall mit Diskussionsbedarf«.

Einige weitere musikalische Berühmtheiten sind hier mit Sternen bedacht: die Komponisten Alban Berg und Richard Strauss, deren Meisterdirigenten Clemens Krauss und Karl Böhm; dann, nebeneinander, Giuseppe Verdi, Leonie Rysanek, Hans Knappertsbusch und, last but not least, Gustav Mahler. Vis-à-vis von der Seitenfront des Opernhauses beginnt die Mahlerstraße, die zunächst nur von 1919 bis 1938 so heißen durfte. Unter den Nationalsozialisten mutierte sie zur »Meistersingerstraße«, 1946 wurden der Name und das Andenken an den 1911 verstorbenen Hofoperndirektor Mahler wiederhergestellt.

Das Kärntnertor-Theater – heute Wiens berühmtestes Hotel

Hinter der Oper verläuft die Philharmonikerstraße, die 1942, zum 100-Jahr-Jubiläum des Orchesters, so benannt wurde. Überqueren wir sie, stehen wir vor dem weltberühmten Hotel Sacher. Seinen Beinamen als »musikalischstes Hotel Wiens« erwarb es sich nicht nur durch die Unzahl an Gästen »von nebenan«, sondern auch seiner genauen geografischen Lage wegen: An dieser Stelle erhob sich zwischen 1709 und 1870 das »k. u. k. Hofoperntheater nächst dem Kärntnerthore«, das Vorgängergebäude der Oper am Ring. Im Kärntnertor-Theater kamen (wenn wir nur die Jahrzehnte vor der Gründung der Wiener Philharmoniker überfliegen) unter anderem eine Schauspielmusik und ein Klavierkonzert von Wolfgang Amadeus Mozart, Opern von Joseph Haydn, Antonio Salieri, Conradin Kreutzer, Carl Maria von Weber und Franz Schubert zur Uraufführung. Auch Schuberts Lied Der Erlkönig erklang hier erstmals 1821, und acht Jahre später feierte Frédéric Chopin im Kärntnertor-Theater sein Wiener Debüt als Pianist.

Die bedeutendsten Momente der Geschichte des Hauses sind mit dem Namen Ludwig van Beethoven verbunden: Die Uraufführung der Endfassung des Fidelio fand am 23. Mai 1814, jene der 9. Symphonie am 7. Mai 1824 statt. Beide wurden sie von den Mitgliedern des Orchesters gespielt, aus dem die Wiener Philharmoniker hervorgehen sollten. So groß war die Bindung der Wiener Bevölkerung an diesen musischen Ort, dass dem Hotel Sacher bei seiner Errichtung an derselben Stelle schriftlich verboten wurde, Opernaufführungen abzuhalten …

Wir könnten die Fortsetzung der Philharmonikerstraße, die Walfischgasse, nach rechts wandern (dort, auf Nummer 13, befand sich einst das Café Parsifal, das von Opernmitarbeitern und -besuchern gleichermaßen frequentiert wurde), doch wir flanieren die Kärntner Straße hinauf. Am Ende des Blocks liegt links die Maysedergasse, benannt nach dem Violinvirtuosen Joseph Mayseder, der auch »Konzert- und Solospieler« am Hofoperntheater war. Zwar wurde er niemals Mitglied der Philharmoniker, trat jedoch beim ersten Konzert des Orchesters als Solist in Erscheinung.

Wir biegen rechts in die Annagasse ein, an deren Anfang uns ein Gedenkstern für Arturo Toscanini grüßt. Der italienische »Maestrissimo« prägte die Geschichte unseres Orchesters nur wenige Jahre: Im Oktober 1933 markierte sein Debüt den Beginn des Gastdirigentensystems bei den Philharmonikern; schon Anfang 1938 entschloss sich der glühende Demokrat, das dem Deutschen Reich angeschlossene Österreich und sein Spitzenorchester zu meiden.

Das Haus der Musik

Wir schlendern die Annagasse hinunter (vorbei am Ristorante Sole, wo Künstler und Publikum gerne nach Staatsopernvorstellungen einkehren), an deren Ende das Haus der Musik liegt. Hier sind wir dem Gründungsmoment der Wiener Philharmoniker aufregend nahe gekommen: Der Komponist und Dirigent Otto Nicolai wohnte in diesem Gebäude während seines Dienstes als Wiener Hofopernkapellmeister. Eine 1942 (zum 100-Jahr-Jubiläum seiner Jahrhundertidee, aus dem Opernorchester ein Konzertensemble zu formen) angebrachte Gedenktafel mit Nicolais Porträt, den Daten seines allzu kurzen Lebens (1810–1849) und dem des ersten von ihm geleiteten Konzertes (das Datum 28. März 1842 werden wir nicht so schnell vergessen!) erinnert an diesen musikhistorischen Markstein.

Der Text auf dem Haus an der Seilerstätte vis-à-vis ist wesentlich blumiger ausgefallen; die Marmortafel gilt der legendären Tänzerin Fanny Elßler, Nicolais Jahrgangskollegin, aber erst 1884 verstorben, deren Ruhm in geradezu mythische Gefilde aufstieg. Davon zeugt die Inschrift »Sie ist das Lächeln ihres Jahrhunderts gewesen, eines der seltenen Meisterwerke, die der Schöpfer viele Menschenalter in seinen Händen wägt, ehe er sie zum Leben entlässt.« Die meistgespielte Vorstellung der Saison 1823/24 im Kärntnertor-Theater war das Zauberballett Die Fee und der Ritter – der Aufführungsrekord verdankt sich niemand anderem als der Hauptdarstellerin Fanny Elßler.

Kehren wir ein in das Haus der Musik, das ehemalige »Palais Erzherzog Carl« an der Seilerstätte. Es beherbergt unter anderem das Historische Archiv des Orchesters sowie im Museum der Wiener Philharmoniker einige öffentlich zugängliche Erinnerungsstücke aus der reichen Orchestergeschichte.

Im ersten Stock passiert man zunächst Schautafeln, die der Geschichte der Wiener Staatsoper gewidmet sind, bevor man in den Raum eintritt, der über die Geschichte der weltberühmten Neujahrskonzerte der Wiener Philharmoniker Auskunft gibt. Nach rechts führt der Weg in einen imaginären Konzertsaal, wo Besucher die Höhepunkte des letzten Neujahrskonzertes sowie des Sommernachtskonzertes der Philharmoniker auf großen Screens erleben können. Nach links geht es in den historischen Spiegelsaal. Hier werden Konzertreisen und Ehrungen, der Ball der Wiener Philharmoniker sowie deren künstlerische Zusammenarbeit mit den Komponisten Johannes Brahms, Anton Bruckner, Gustav Mahler, Richard Strauss, Hans Pfitzner, Franz Schmidt und Alban Berg anhand von Originalexponaten dokumentiert.

Der Blick fällt auch auf Dirigentenstäbe zahlreicher prominenter Orchesterleiter – jener von Toscanini wirkt beim ersten Hinsehen genauso lang wie die anderen. Entsinnen wir uns jedoch, dass der italienische Maestro mit einem besonders langen Stab zu dirigieren pflegte, schauen wir näher hin – tatsächlich, der Stab ist abgebrochen. Dies wird wohl im Zuge eines der legendären Wutanfälle seines Besitzers passiert sein …

Der angrenzende Nicolai-Raum zeigt ein besonderes Dokument österreichischer Kulturgeschichte: das Gründungsdekret der Wiener Philharmoniker (Abb. S. 27). Ferner das erste Foto des Orchesters (1864) und Bilder von Otto Nicolai, der Geiger Georg und Joseph Hellmesberger und anderer. Und, nicht zuletzt, das Programm des ersten Philharmonischen Konzertes … Sie erinnern sich sicher noch des Datums!

1842 – Was für ein Jahr!

Wir könnten nun weiterwandern in die Singerstraße; dort stand einst das Gasthaus »Zum Amor«, wo laut einem verklärten Bericht die Gründungsstunde des Orchesters geschlagen haben soll; dann um die Ecke in die Grünangergasse, wo (in der Redaktionsstube der Allgemeinen Musik-Zeitung) tatsächlich der Plan gefasst wurde, den ersten professionellen Klangkörper Wiens zur Konzertpflege ins Leben zu rufen … Doch es ist Zeit zum Innehalten. Nehmen wir jenes mythische 1842 unter die Lupe, erweist es sich als musikalisch überaus bedeutsames Jahr. Greifen wir die wichtigsten Daten heraus:

Am 3. März findet im Leipziger Gewandhaus die Uraufführung der 3. (Schottischen) Symphonie von Felix Mendelssohn Bartholdy unter der Leitung des Komponisten statt. Nur eine knappe Woche später, am 9. März, erblickt Giuseppe Verdis erster Welterfolg das Licht der Bühne, Nabucco, am Teatro alla Scala in Mailand. Verdi war in doppeltem Sinne eine Schicksalsfigur für Otto Nicolai. Zum einen hatte dieser auf das seiner Meinung nach inferiore Nabucco-Libretto verzichtet (weil »ein ewiges Wüten, Blutvergießen, Schimpfen, Schlagen und Morden kein Sujet für mich« war) und damit dem jüngeren Italiener den Weg zum Weltruhm geebnet. Zum anderen wurde Nicolais größter Opernerfolg, Die lustigen Weiber von Windsor, über 40 Jahre später von Verdis letzter Meisteroper auf denselben Stoff, Falstaff, übertroffen und – zu Unrecht – in den Schatten gestellt. Es überrascht uns nicht, dass Nicolai die Musik des Italieners auf den Tod nicht ausstehen konnte: »Er instrumentiert wie ein Narr […] muss ein Herz wie ein Esel haben und ist wirklich in meinen Augen ein erbärmlicher, verachtungswerter Kompositeur.«

Der knapp 30-jährige Verdi besuchte Wien im April 1843 und leitete seinen Nabucco am Wiener Kärntnertor-Theater – mit den Musikern des Philharmonischen Orchesters. Schon 1842, am 19. Mai, hatten sie die Uraufführung von Gaetano Donizettis Linda di Chamounix gespielt. Es ist bemerkenswert, dass der Wiener »Rossini-Taumel« vom Beginn der 1820er-Jahre, also die Begeisterung für den Komponisten des Barbier von Sevilla, zwei Jahrzehnte später mit Donizetti eine Neuauflage fand. Die deutsche Opernkunst spielte damals in Wien die zweite Geige, wenngleich der Großmeister schon vor der Tür stand: Am 20. Oktober 1842 wird am Königlichen Hoftheater Dresden Richard Wagners Rienzi herausgebracht. Erst am 30. Mai 1871, bereits im »neuen« Haus am Ring, erlebte das Werk seine österreichische Erstaufführung. Weitere herausragende Novitäten anno 1842 sind Michail Glinkas Ruslan und Ljudmila (9. Dezember in Sankt Petersburg) und schließlich, am letzten Tag des Jahres, Albert Lortzings Der Wildschütz am Stadttheater Leipzig.

Arrigo Boito, der italienische Komponist und Librettist (unter anderem von Verdis letzten Opern Otello und Falstaff), wird am 24. Februar 1842 geboren, die Operettenkomponisten Carl Millöcker, Arthur Sullivan und Carl Zeller am 29. April, 13. Mai und 19. Juni. Mit Letzteren hatte unser Orchester kaum Berührungspunkte, mehr dagegen mit den Werken des Franzosen Jules Massenet, der am 12. Mai zur Welt kommt: So spielten sie etwa die Uraufführung seines Werther 1892 in der Wiener Hofoper.

Der Geburtstag einer Schwester-Institution, der auf den 2. April 1842 fällt, sei ebenfalls erwähnt: Die »Philharmonic Symphony Society of New York« wird gegründet, damit sind die New Yorker nur wenige Tage jünger als die Wiener Philharmoniker und das älteste Symphonieorchester der USA. Zwei Todestage mögen diesen musikalischen Streifzug 1842 abrunden: Mozarts Witwe Constanze verstirbt (knapp 51 Jahre nach ihrem Mann!) am 6. März in Salzburg, und der seinerzeit hochberühmte Komponist Luigi Cherubini am 15. März in Paris. Als die Wiener Philharmoniker, noch unter der Bezeichnung »Orchesterpersonal des k. k. Hof-Operntheaters«, erstmals konzertierten, nahmen sie auch zwei Stücke des jüngst Verstorbenen in ihr Programm auf.

Im Nicolai-Raum des Hauses der Musik sind wir der Gründung der Philharmoniker geradezu physisch nahe gekommen. Und können kaum glauben, dass einstmals auch andere Gründungsdaten kursierten als jenes Jahr 1842 … doch mehr darüber im nächsten Kapitel.

Unser Wien-Spaziergang vom Musikverein zum Haus der Musik

Zum Dank für das erste Philharmonische Konzert schenkte das Orchester Otto Nicolai sein Porträt (Lithografie von Josef Kriehuber).

Alte und neue Heimat

Gründung und Etablierung des Orchesters (1842–1870)

Nach dem Rundgang durch das Wien der Gegenwart reisen wir nun in die Geschichte unseres Orchesters, um dabei manche Vorahnungen auf das Heute aufzufinden. Kaum mehr nachvollziehbar ist allerdings die Tatsache, dass im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts in Wien kein professionelles Konzertorchester existierte. Für die Aufführung seiner Symphonien musste auch Ludwig van Beethoven auf Amateur-Formationen zurückgreifen.

Die erste »Neunte« und der »Künstler-Verein«

Die Uraufführung von Beethovens 9. Symphonie im Mai 1824 war in mancherlei Hinsicht ein erstes Aufflammen der philharmonischen Idee. Sie fand im Kärntnertor-Theater statt und wurde von den Musikern des Hauses, verstärkt durch das Orchester der Gesellschaft der Musikfreunde, gespielt. Wir denken an den berühmten Ausspruch des philharmonischen Oboisten und Vorstandes Alexander Wunderer: »Wir sind die Nachkommen derer, die von Beethoven erzogen wurden.« Das Ereignis, das neben dem vollständig ertaubten Beethoven noch zwei weitere musikalische Leiter aufzuweisen hatte, krankte allerdings daran, dass dem anspruchsvollen Werk nicht mehr als zwei Gesamtproben zugestanden worden waren.

Der erste Versuch, in Wien ein professionelles Konzertorchester zu etablieren, geht auf Franz Lachner zurück. Er war – wie Otto Nicolai, dem die dauerhafte Gründung neun Jahre später gelang – Komponist und Opernkapellmeister. Der von Lachner ins Leben gerufene, aus Mitgliedern des Opernorchesters bestehende »Künstler-Verein« gab im Jänner 1833 vier Abonnementkonzerte – leider erwies sich die Unternehmung wegen mangelhafter Vorbereitung als wirtschaftlicher Flop.

»Kreuzdonnerwetter – Schwerenoth! Aufgewacht!«

Erst Nicolai verstand es, mit Fleiß und visionärer Beharrlichkeit (die diktatorische Züge annehmen konnte) der Idee eines Profi-Orchesters Leben einzuhauchen. Zwar existiert kein Protokoll der ersten Orchesterversammlung, aber das wie durch ein Wunder bewahrte »Gründungsdekret« aus der Feder Nicolais. Es hebt wie ein in aufgekratzter Laune zu Papier gebrachtes Faschingsmanifest an: »Trin tin tin! Hört! Hört! Es ist die Zeit da, daß die Musiker nicht mehr blos schlafen, oder im Bett geigen wollen! Die Söhne Apollo’s allzusammen, vereint, wollen einmal Hand an’s Werk legen, zu etwas Großem! Kreuzdonnerwetter – Schwerenoth! Aufgewacht!«

Dann kommt Nicolai zur Sache: »Also das sämmtliche Orchester-Personal des k. k. Hofoperntheaters n[ächst] d[em] Kärntnerthor, seinen braven Director Hrn Georg Hellmesberger* an der Spitze hat sich vereinigt, um unter Kapellmeister N[icolai]’s Direction ein Konzert zu geben, das in den Annalen der Wiener Concerte seines Gleichen sucht.« Auf einen Programmentwurf folgt der selbstbewusste Schlussparagraf: »Bravo Nicolai! Und möge das Publikum dich in diesem Unternehmen ermuthigen, damit aus diesem Keim vielleicht ein schöner Baum erblühe!«

Der im preußischen Königsberg geborene Nicolai war – nach einem kurzen Intermezzo 1837/38 – im Jahre 1841 zum zweiten Mal Kapellmeister am k. k. Hofoperntheater geworden. Sein »Comeback« feierte er im Mai 1841 mit einer umjubelten Produktion seiner Oper Il Templario. (Im Salzburger Festspielsommer 2016 entsann man sich dieser Opernrarität und erntete begeisterte Kritiken.) Eine neue Oper sollte er laut Vertrag nun in Wien herausbringen, doch dazu kam es nicht. Der selbstbewusste, alles gebende, aber auch alles fordernde Künstler verließ die Stadt 1847 im Streit mit Intendanz und Orchester; seine Lustigen Weiber von Windsor