Das schnellste Schiff der Flotte - Gorch Fock - E-Book

Das schnellste Schiff der Flotte E-Book

Gorch Fock

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Beschreibung

Das schnellste Schiff der Flotte entführt den Leser in die raue, salzige Welt von Sturm, Segeln und Seemannsgarn. In diesen eindrucksvollen Seegeschichten schildert Gorch Fock – mit echtem Seemannswissen und norddeutschem Humor – das Leben an Bord, die Kameradschaft unter Männern und den unbändigen Willen, Wind und Wellen zu trotzen. Mal spannend, mal nachdenklich, immer aber tief verwurzelt in der maritimen Kultur, ist dieses Buch eine Hommage an die See und jene, die sie ihr Zuhause nennen.

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Seitenzahl: 91

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Gorch Fock

Das schnellste Schiff der Flotte

Seegeschichten von Gorch Fock

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Das schnellste Schiff der Flotte

Der Krämer

Sturm

Finkenwärder Karkmeß

Nach dem Sturm

»In Gotts Nomen, Hinnik!«

Gorch Fock

Worterklärungen

Impressum neobooks

Das schnellste Schiff der Flotte

(aus »Schullengrieper und Tungenkniever«)

Eben nach Ostern war es, zwölf Wochen vor Karkmeß, dem großen Sonnwendtage der Finkenwärder Fischerei, der ihr A und O, den kleinen schwarznasigen H.F.l und den großen weißstevigen Kutter H.F.270, auf dem Köhlfleet und auf den Schallen zusammenführt. Da ging der Seefischer Geerd den hohen, schmalen Süderdeich entlang und ärgerte sich, als er sah, daß an den Gräben zwischen den Reetstoppeln schon die gelben Kuhblumen blühten; denn wenn die blühten, war das Elbwasser nach der Ansicht der Reisenkäufer gewöhnlich schon so warm, daß die Schollen an den Brücken zu St. Pauli und Altona nicht mehr leben konnten; sie mußten schon bei Blankenese aus dem Bünn geketschert werden. Das gab nicht bloß große Arbeit, denn die Schollen mußten auf Deck ausgebreitet und durch Segel und Lappen vor den Sonnenstrahlen geschützt werden, sondern tat auch Schaden, denn die Hökerweiber wollten mit den toten Klapperschollen am andern Morgen auch ungefähr umsonst absingen. – Darauf aber, nach einer Biegung des Deiches, kriegte der Fischer die Werft von Barthold in Sicht und freute sich, als er wahrnahm, daß eine kleine Buttjolle das einzige Fahrzeug war, das auf den Hell'gen saß, denn wenn der Baas nicht mehr um die Hand hatte, konnte er ja gleich Hobel und Beitel für ihn scharf machen.

Gesa, die rundliche Frau des Schiffszimmerbaases, nötigte ihn freundlich in die beste Stube, warf einige Eichenknäste nach, obwohl er lachend abwehrte, denn die Deichwanderung hatte ihn schon gewaltig in Schweiß gesetzt, und goß ihm eine Kump dampfenden Kaffees ein. Dann erst rief sie den Baas, der binnendeichs im Schauer verstriet auf einem dicken Buchenstamm saß, wie auf einem Ziegenbock, und dabei war, ihn der Länge nach aufzusägen.

Der würdige Baas kam herein, strich bedächtig den langen Bart und sprach sich dahin aus, daß das Frühjahrswetter, das dem Bauern nicht unpaß wäre und dem Fischer nicht gegen den Streek, gut und gern noch acht Tage am Ruder bleiben könne.

Geerd lachte in sich hinein und dachte: Baas, wat mi wunnert? Dat du di bi dien Arbeit nich all teinmol den langen Bort afsogt hest! Dann ging er aber batz unter Segel: »Baas, ik mü'tt 'n nee Schipp hebben!«

Der Zimmermann kraute in seinem Bart, wie der Wind das Korn bewegt.

»Du, Gerhard? Hest doch ierst vor zwee Johr een kreegen. Vör twee Johr, in'n Maimond, leeten wi den Seestern to Woter. Dat regen den heelen Dag.«

Geerd legte sich zurück.

»Denn hett de Regen ok Schuld halt, dat de ole Pütt nich seiln wull. Ik hebb em güstern noch Blanknees verköft, lot Sehr Bedächtig sik der man mit afrieten. Baas, ik mütt 'n neen Kutter hebben, de jüm alltohopen, Hütz mit de Mütz, Finkwaders, Blankneesers, Kränzers un Lünbörgers, vörbisegeln deiht.«

Barthold nickte langsam.

»Ik kann mi dinken, Gerhard, dat du de ierst warrn wullt.«

Der Fischer bestätigte es kräftig und legte die braune Faust schwer auf die Stuhllehne.

»Jo, Baas, mi smeckt de Klüten nich mehr, wenn se mi vörbikrüzt. Kannst du em bis Karkmeß t'recht kriegen?«

Barthold dachte nach, ehe er antwortete.

»Mudder, doh mi mol den Hamburger Almanach ut't Teeschapp .... Bit Karkmeß? ... Dat sünd jo noch ... holt stopp! ... dat sünd man mihr acht, tein, twölf Weeken. Richtig. Twölf Weeken. Weest du wat, mien Jung? Ik segg: jo!«

Der Seefischer streckte ihm die Hand hin.

»Un dat he gau seiln ward, gauer as all dat anner Gedriew. Dat schall mit in den Kontrakt, Baas.«

Aber der Baas zögerte, einzuschlagen. Er räusperte sich und sah Geerd mit großen Augen an.

»Junge, Gerhard, hür to. Ik will di mol wat seggen. Du büst 'n fixen Fischermann un weest wat af von Seiln un Kurrn, ober von uns Timmeree weest du nix von af un kannst dor ok nix von af weeten. Ik klopp den Kutter tohoop, god un fast, isern un eeken un mok em bit Karkmeß klor un dor schall nix an fehln; aber so as he is un as he ward, müßt du em nehmen. Wat 'n Schipp gau seilt oder nich, dat lett sik slecht bereeken. Dat is Glück un wieder nix.«

Gesa schenkte die leer gewordene Kump wieder voll, warf ein Stück geschlagenen Zuckers hinein und lächelte: »Dat is so, Geerd.«

Der sah das nicht ein.

»Baas, ik kann keen Slarp-Snick bruken. Ik nehm den Kutter bloß af, wenn he gau seilt. Anners goh ik no de Est oder no de Au un lot mi dor een moken.«

»Goh no de Est oder no de Au«, sagte der Baas seelenstill und guckte nach dem Alten Land hinüber.

Ehe noch weitere Worte fallen konnten, ging die Tür auf und ein junger, schlanker Gast trat ein. Er fing die letzten Worte auf.

»Wat de annern könnt, könnt wi hier an de Süderelw ok«, sagte er bestimmt und setzte sich zwischen die beiden Männer. Sein blasses, schmales Gesicht mit den müden Augen wollte aber nicht recht zu den braunen, gesunden passen.

»Kinnst du den, Geerd? Uns Hein is dat, he is nu ut de Frümde wedder kommen«, sagte Gesa strahlenden Gesichts zu Geerd. Der gab dem Jungen die Hand. »Du harst mi up 'n Diek vörbilopen kunnt, un ik harr di nich kennt, Hein. Deubel ok, wat büst du lang upschoten? Neem hest so lang rümhausirt?«

»An de Ostsee, Geerd, in Lübeck«, gab Hein kurz zur Antwort, dann fragte er ablenkend: »Neem snackt ji von?«

»He will 'n neen Kutter hebben«, sagte der Alte.

»Kann he kriegen«, nickte der Junge.

»Schall bit Karkmeß klor warrn!«

»Ward bit Karkmeß klor«, nickte Hein.

»Schall god seiln«, predigte der Alte eindringlich.

»Schall he ok«, rief Hein lebhaft und richtete sich auf.

Der Alte beugte sich vor, wie Harm Fink, wenn er Trumpf-As in der Hand hat und sich anschickt, es auszuspielen: »Schall all de Kutters un Ebers vörbiflimsen, schall gauer seiln as se alltohopen!«

Der Junge hielt den Blick aus.

»Schall he ok, un deit he ok«, bestätigte er.

»Sühst woll, Baas, geiht all, wenn't man Been hett! Hein, du büst 'n fixen Gast!« rief der laute Geerd.

Das war dem Baas zuviel. Die Stirnader schwoll ihm. Er schlug mit der Faust auf den Tisch. »Wokeen is hier Baas, Mudder? Ik kann dor nich mihr twüschen dör finnen: de Fischergesell oder de Timmergesell oder ik?«

Das grollte wie kommendes Gewitter, aber Hein ließ sich nicht bange machen. »Ik hebb in Lübeck timmern lihrt un kann 'n harten Seiler klor kriegen«, beharrte er, und als die Mutter ihm zu Hilfe kam und drängte: »Segg man jo, Vadder, segg man jo; de Jung schall mol wiesen, wat he kann«, da verwandelte der Baas sich wieder in den Ehrbedächtigen und wandte sich ruhig an den Fischermann: »Gerhard, weest du wat? Ik segg jo!«

Damit schlug er in die dargebotene Hand ein. Das Schriftliche kam später.

Hein aber blickte durch die kahlen Baumkronen nach den großmächtigen Bauernhäusern hinüber, die wie die Arche Noah auf den Wurten saßen, und dachte sich sein Teil.

*

Nun brach eine hilde Zeit an für die Werft, und das Gehämmer und Geklopf, das Gesäge und Gehobel schallten den ganzen ausgelängten Tag über die Süderelbe und über die stillen Wiesen und Höfe. Und den Geruch des Pechs und des Teers bekam der ganze Süderdeich zu kosten, wenn der Wind nicht gerade von Norden blies. Am wichtigsten hatte es der Baas. Er war selbst mit der Eisenbahn nach der Oste hinuntergefahren und hatte das Eichenholz an Ort und Stelle sorgsam ausgesucht und gekauft. Morgens stand er heimlich eine Stunde eher auf, und was er tagsüber gleichmütig als etwas Bekanntes und Selbstverständliches hinnahm, das befühlte und prüfte er nun mißtrauisch und argwöhnisch. Da war kein Kupferbolzen, keine Planke und keine Kneeße, bei denen er nicht stehengeblieben war. Der Junge baute noch ein gut Teil anders, als er gewohnt war. Der Baas kratzte oft bedenklich den grauen Kopf, und es war ihm bald schon nicht mehr recht, daß er dem Fischermann zu Willen gewesen war, daß er sich hatte überreden lassen, den schnellsten Segler der Flotte zu liefern. – Dummheit war es gewesen, und Narrenkram mußte draus werden .... Was brauchte ein Fischerfahrzeug über das Wasser zu fliegen wie eine Lustjagd? Wenn es nur stark und stewig war, daß es einen sturen Nordwest überstehen konnte. Seetüchtig: das war es, was ihm not tat ....

Mit Hein war eine große Veränderung vorgegangen. Zwar starrte er noch manche liebe Viertelstunde sinnend und träumerisch über das Wasser oder nach den Wolken, aber er war doch jetzt ein Arbeitsmann, dem man es anmerkte, daß er Flut statt Ebbe in den Adern hatte. Wenn die Jungen schon im Gras lagen und nach den Maikäfern spähten, bis in die Dämmerung hinein hämmerte und zimmerte er an dem neuen Schiff, und bis tief in die Nacht saß er noch bei der Lampe über seine Risse und Zeichnungen gebeugt und stellte seine Berechnungen auf.

»De arbeit sik dorbi gesund«, sagten wohl die nachbarlichen Elbfischer zueinander, wenn sie in der Schummerei vor den Türen saßen und ihn noch den großen Maker schwingen sahen. Es galt am Deich für ausgemacht, daß Hein seine gesunden Fünf nicht hätte.

Als der Bau so weit gediehen war, daß die Decksplanken verbolzt werden konnten, da kam Geerd wieder einmal auf den Zimmerplatz und beschaute den hochmächtigen, glänzenden Rumpf mit Verständnis und Freude. Und schlug Hein auf die Schulter: »Hein – Koptein, du kannst mihr as Brot eten!« Barthold aber rief er zu: »Nu mol mol 'n Nom an, Baas. H. F. 266 un Swoonk.«

Der Baas gönnte sich mit dem Verpechen einen Augenblick Ruhe.

»Meenst du, as 'n Swoonk?« fragte er bedenkhaftig, und der Fischer lachte: »Jo, Baas, so gau as de Swoonk flügt, schall he seiln. Ik seh den Steben all so'n betjen Gauhaftigkeit an.«

Hein saß in tiefem Grübeln auf einem Poller und konnte den Gedanken nicht loswerden, daß er den Grotmast doch wohl eine Handbreit zu weit nach vorn gesetzt habe.

*

Vier Tage vor dem Jahrmarkt, als die buntgescheckten kleinen Pferde der Reitbuden schon auf der Kirchenwiese grasten und die Dreuchewer und Schuten, mit Zelten und Geräten beladen, bereits im Aueschlick saßen, da waren sie auf der Lüneburger Seite soweit, wie sie sein sollten. Barthold schickte durch zwei Schulknaben Order nach dem Neß zu Geerd, und ließ ihm sagen, daß sie den andern Tag Probefahrt ablegen wollten, wenn irgendein bißchen Wind wäre. Und er kämmte seinen Bart sorgfältiger als sonst und trug Gesa auf, seinen Abendmahlsrock auszubürsten.

Geerd in seiner Vergnügtheit ließ es sich nicht nehmen, noch mal nach Hinnik Rüschens Buchtschenke hinüberzugucken und mit allen Junggästen, die dort waren, kräftig auf den Schwalbenkutter anzustoßen.