Das stürmische Herz des Earls: Ein Highland Treasure-Roman - Band 1 - May McGoldrick - E-Book
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Das stürmische Herz des Earls: Ein Highland Treasure-Roman - Band 1 E-Book

May McGoldrick

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Beschreibung

Herzensschön und bittersüß: Der historische Liebesroman „Das stürmische Herz des Earls“ von May McGoldrick jetzt als eBook bei dotbooks. Schottland, im 16. Jahrhundert: Als ihr Vater wegen angeblichen Hochverrats im Tower hingerichtet wird, ist auch seine Tochter Catherine Percy in größter Gefahr. Verbündete ihres Vaters versprechen ihr Zuflucht – aber dazu muss sie das schottische Hochland durchqueren. Sicheres Geleit verspricht das Gefolge des John Stewart, Earl of Athol. Auch wenn er Catherine kalt behandelt, fühlt sie sich von diesem arroganten Mann seltsam angezogen. Doch dann kommt es zu einem folgenschweren Zwischenfall und Catherine wird gezwungen, die Ehe einzugehen – ausgerechnet mit dem Mann, der sie mit jeder Faser seines Herzens zu hassen scheint: … Der Auftakt zur sinnlichen Highland Treasure-Reihe um die drei Percy-Schwestern: Lassen Sie sich von den schottischen Romanzen von Bestsellerautorin May McGoldrick verzaubern! Jetzt als eBook kaufen und genießen: „Das stürmische Herz des Earls“ von Romance-Queen May McGoldrick. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 446

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Über dieses Buch:

Schottland, im 16. Jahrhundert: Als ihr Vater wegen angeblichen Hochverrats im Tower hingerichtet wird, ist auch seine Tochter Catherine Percy in größter Gefahr. Verbündete ihres Vaters versprechen ihr Zuflucht – aber dazu muss sie das schottische Hochland durchqueren. Sicheres Geleit verspricht das Gefolge des John Stewart, Earl of Athol. Auch wenn er Catherine kalt behandelt, fühlt sie sich von diesem arroganten Mann seltsam angezogen. Doch dann kommt es zu einem folgenschweren Zwischenfall und Catherine wird gezwungen, die Ehe einzugehen – ausgerechnet mit dem Mann, der sie mit jeder Faser seines Herzens zu hassen scheint …

Der Auftakt zur sinnlichen Highland Treasure-Reihe um die drei Percy-Schwestern: Lassen Sie sich von den schottischen Romanzen von Bestsellerautorin May McGoldrick verzaubern!

Über die Autorin:

May McGoldrick ist das Pseudonym des Autorenehepaars Nikoo und Jim McGoldrick. Für ihre gefühlvollen und vielschichtigen historischen Romanzen haben sie mehrfach Preise gewonnen und ihre Bücher sind in über 12 Sprachen übersetzt worden. Sie leben mit ihren beiden Söhnen an einem kleinen See in Connecticut.

Bei dotbooks erscheinen die Romane der Highland Treasure-Reihe»Das feurige Herz des Rebellen«»Das flammende Herz des Highlanders«

die große Macpherson-Schottland-Saga mit den Titeln»Der Highlander und die Schöne«»Der Highlander und die Verfolgte«»Der Highlander und die Königsbraut«»Der Highlander und die stolze Lady«»Der Highlander und die Flammentochter«

sowie die historischen Romanzen»Scottish Dreams – Die Lady und der Lord«»Das Versprechen der Highlanders«»Die Gefangene des Lords«»Der Schwur des Lords«

***

eBook-Neuausgabe Februar 2017

Dieses Buch erschien bereits 2002 unter dem Titel »Das stürmische Herz« im Wilhelm Heyne Verlag GmbH & Co. KG, München.

Copyright © der amerikanischen Originalausgabe 2010 by Nikoo McGoldrick and James A. McGoldrick

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2000 unter dem Titel »The Dreamer« bei Onyx, an imprint of New American Library, a division of Penguin Putnam Inc.

Copyright © der deutschen Ausgabe 2002 by Wilhelm Heyne Verlag GmbH & Co. KG, München

Copyright © der Neuausgabe 2017 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung eines Bildmotives von shutterstock/Gabriel Georgescu und Kevin Eves

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-95824-957-8

***

Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags

***

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***

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May McGoldrick

Das stürmische Herz des Earls

Ein Highland Treasure-Roman – Band 1

Aus dem Amerikanischen von Beate Darius

dotbooks.

Für Carla Patton – Schreiberin, Ärztin, Freundin. Mögen all deine Wünsche Wirklichkeit werden

Prolog

Jervaulx Abbey in Yorkshire, England August 1535

»Sie sind geflohen!«

Wütend trieb Arthur Courtenay, der Statthalter des Königs in Yorkshire, seinen Hengst durch das flackernde Fackelmeer, bis das riesige Streitross schnaubend den Kopf zurückwarf, kaum eine Elle von den Gesichtern der verängstigten Bediensteten und Dorfbewohner entfernt.

»In welche Richtung sind sie aufgebrochen?« Aus seiner harschen Stimme klang mühsam beherrschter Zorn. »Wann?«

»Diese Narren sind verschwiegen wie ein Grab, Mylord.«

Sir Arthur zog sein Schwert, und die Menschenmenge stob auseinander, als er sein Reittier zu den Stufen des Abteistifts lenkte.

»Bringt mir den Abt«, brüllte er. »Und auch die Mönche. Jeden Einzelnen dieser feigen Tölpel. Ich werde die Köpfe der Verräter auf Piken aufspießen, wenn sie mir nicht augenblicklich Rede und Antwort stehen.«

»Mylord!« Einer der Soldaten, der soeben aus dem kleinen Kirchgarten stürmte, meldete sich zu Wort, worauf der Statthalter den Kopf wandte. »Mylord, es ist wahr. Hinter der riesigen Krypta hat man frisch aufgeworfenes Erdreich entdeckt.«

»Worauf wartet ihr dann noch?« Courtenay spornte sein Streitross an und zwang die verschreckte Menge, noch weiter zurückzuweichen. »Fangt an zu graben. Und säubert den Hof von diesem Pöbel.«

Auf dem Friedhof angelangt, stieg der königliche Statthalter vor der Krypta, einem steinernen Säulenbau, vom Pferd und warf einem in der Nähe stehenden Soldaten die Zügel zu. Schweigend stapfte Sir Arthur rings um das Gemäuer, verharrte indes und wirbelte herum, als eine in eine Priesterrobe gewandete Gestalt aus dem Dunkel nach ihm griff. Er kannte den Mann.

»Ihr habt uns zu spät benachrichtigt, Bruder!«, schnaubte Courtenay.

»Drei kostbare Trophäen sind uns entwischt, der Schatz indes nicht.«

»Ist er hier? Seid Ihr sicher?«

»Ich habe beobachtet, wie die drei Schwestern nach Sonnenuntergang die Truhe hierher geschleppt haben. Allerdings müssen sie das Loch schon früher gegraben haben, denn sie taten nichts weiter, als die Truhe in die Öffnung hinabzulassen und diese dann mit Erde zu bedecken.«

Sir Arthur spähte zu den beiden Männern, die das lockere Erdreich aushoben, während ein Dritter ihnen mit einer Fackel leuchtete. Ihre Gesichter glänzten vom Schweiß und Schmutz.

»Ihr habt mir berichtet, dass Ihr ihre Habe in den vergangenen Monaten viele Male durchsucht habt. Ihr habt mir ausdrücklich versichert, dass keine von ihnen irgendetwas hätte verbergen können.«

»Wir haben alles durchsucht!« Der Mann zog die Kapuze seines dunklen Umhangs tiefer ins Gesicht, als einer der englischen Soldaten sich näherte. »Aber gestern sind zwei Kuriere eingetroffen. Der erste überbrachte die Nachricht vom Tod ihres Vater, Edmund Percy, im Tower.«

»Ja, und dieser hinterhältige Thomas More wird der Nächste sein«, zischte Sir Arthur. »Auch sein Haupt wird alsbald die London Bridge zieren. Aber was tut das zur Sache?«

»Wir gingen davon aus, dass Ihr uns die Nachricht vom Tode ihres Vaters überbringen würdet … und gleichzeitig einen Befehl für ihre Festnahme.«

»Das ist Sache des Lordkanzlers und außerdem …« Aufgebracht scharrte er mit seiner Stiefelspitze im Schmutz. »Ach, lassen wir das. Ihr habt versagt, als es darum ging, mich rechtzeitig in Kenntnis zu setzen, und das missfällt mir. Aber was ist mit diesem zweiten Kurier?«

»Der zweite kam von Nichola Percy, der Mutter.«

»Glaubt Ihr, dass sie in der Nähe weilt?«

Der Geistliche schüttelte unter seiner Kapuze den Kopf. »Nach dem, was wir aus dem Abt und dem Gesinde herauspressen konnten, versteckt sie sich irgendwo im Grenzgebiet, nördlich von Tweed. Dennoch sind Eure Überlegungen richtig: sie lässt ihre Töchter nicht im Stich. In der Tat muss sie sogar Hilfe geschickt haben, um ihnen die Flucht zu ermöglichen.«

»Und Ihr denkt, der Kurier hätte den Schatz gebracht?« Statt einer Antwort erntete Courtenays Frage lediglich Schweigen. »Aber es ergibt keinen Sinn, dass sie ihnen die Flucht ermöglicht und sie dann doch …«

Ein triumphierender Aufschrei ließ die Köpfe der beiden Männer herumschnellen.

»Er ist hier! Wir sind soeben darauf gestoßen, Mylord.«

»Holt ihn hoch!«

Eiligen Schrittes begab sich der Statthalter zu der geöffneten Grabstätte, unterdes folgte ihm der in eine dunkle Kutte gehüllte Mann wie ein Schatten.

Die Holztruhe wurde aus dem Loch geborgen. Über die lehmverkrustete Kiste gebeugt, bedeutete Sir Arthur einem der Soldaten, das Schloss mit dem Ende seiner Hellebarde aufzubrechen. Mit einem einzigen Schlag war die Tat vollbracht und Courtenay stürzte sich auf die geschlossene Truhe. Deutliche Erregung spiegelte sich auf sämtlichen Gesichtern und selbst der Mönch trat jetzt aus der Dunkelheit.

Der königliche Statthalter kniete sich nieder und drückte den Deckel auf. Alle sprangen zurück, plötzlich auf einen gewissen Sicherheitsabstand bedacht.

Alle bis auf einen, denn der Kuttenträger trat an Sir Arthur vorbei, griff in die Truhe und hob die sich windende und zischende Schlange hoch.

»Was, zum Teufel …«, erzürnte sich Courtenay.

Der Geistliche warf die Schlange zurück in das Grab. »Catherine Percy, die Älteste der drei Schwestern, hat einen eigenartigen Sinn für Humor … und schreckt selbst vor Schlangengetier nicht zurück.«

»Ist das alles?«, bellte Sir Arthur. »Das soll unser Schatz sein?«

Abermals griff der Mann in die Kiste und holte eine Pergamentrolle daraus hervor. Er öffnete sie; sah auf und traf auf den Blick des Statthalters.

»Nein, Mylord! Sie hat uns auch eine Landkarte hinterlassen!«

Kapitel 1

Burg Balvenie, Schottland

Schläfrig richtete die Grafenwitwe die grauen Augen auf das Kettenhemd, ehe sie zu dem verdrossenen Gesicht des rothaarigen Recken empor schweiften, der neben ihrem Bett stand.

»Ist Catherine Percy eingetroffen?«

»Nein, Mutter. Noch nicht.«

»Dann wirst du nach der jungen Frau Ausschau halten müssen, John. Getreu unserem Versprechen, dass wir sie beschützen werden.«

»Gewiss, gewiss! Wie du weißt, hat der Kurier die Nachricht überbracht, dass sie in sicherem Geleit auf dem Weg zu uns ist. Mehr können wir nicht tun.«

Die alte Frau hüstelte und hob ihre ausgezehrte Hand, um der jungen Frau abzuwinken, die hastig zum Bett geeilt kam. Die Augen der Kranken wichen nicht von dem Gesicht des Kriegers, und die Pflegerin, ihre Nichte Susan, trat zurück, setzte sich wieder auf den Schemel neben dem gewaltigen Himmelbett und widmete sich ihrer Handarbeit.

»Was ist mit deiner Braut? Ich nehme an, sie ist bereits hier?«

Er schüttelte den Kopf. »Nein, Mutter. Ellen ist noch zwei Tagesritte von uns entfernt, wenn nicht sogar mehr.«

»Warum bist du dann hier? Um mich sterben zu sehen?«

Der Anflug eines Lächelns huschte über die Züge des Ritters und verschwand wieder. »Wenn ich mich recht entsinne, hast du nach mir geschickt.«

»Hm! Ich wüsste nicht, warum!«, murmelte die Alte schwach. »Nun ja, der Lebenshauch entweicht meinen entkräfteten Lungen. Vielleicht habe ich einzig daran gedacht, dass du mir noch einen letzten Wunsch erfüllen könntest.«

Schweigend umschlang er ihre knochigen Hände mit seinen kräftigen Fingern. »Du wirst nicht sterben, Mutter. Du wirst wieder genesen und unserer Vermählung beiwohnen. In der Tat …«

»Diese Vermählung kümmert mich einen Deut!« Lady Anne Stewarts Blick schweifte zu ihrer Nichte und maß wohlwollend deren gesenkten Blick, dieweil die junge Frau schweigend weiterstickte. Hätte Susan doch nur mehr gemein mit den anderen Frauen – den Hofdamen, oder, noch besser, den oberflächlichen kleinen Geschöpfen, die jeden Vorwand nutzten, um Balvenie aufzusuchen und ihrem Sohn den Kopf zu verdrehen.

In diesem Augenblick hob Susan den Blick und begegnete dem ihren. Ob die junge Frau Bedauern oder vielleicht auch Enttäuschung in den Zügen der Grafenwitwe gewahrte, hätte Lady Anne nicht zu sagen gewusst, indes sprang sie unversehens auf, errötete heftig und verschwand mit einem artigen Knicks aus dem Schlafgemach. Mutter und Sohn blieben allein zurück.

Die Grafenwitwe seufzte tief. »Ich habe all meine anderen Träume zu Grabe getragen, John. Alles, was ich jetzt noch von dir will, ist, dass du mir eine Gemahlin ins Haus bringst – eine Gemahlin, die einen Stammhalter unter dem Herzen trägt.«

»So etwas geschieht nicht über Nacht.«

Für Sekundenbruchteile sah die Kranke ihn durchdringend an. »Genau dann geschieht es. Und ich habe genug Geliebte von dir vor den Burgtoren gesehen, um zu wissen, dass du ein Fachmann auf diesem Gebiet bist.«

Der Ritter verkniff sich eine Entgegnung und gab ihre Hände frei.

»Tu irgendwas Sinnvolles. Setz mich ein bisschen auf.«

Also schob John Stewart – seines Zeichens Graf von Athol, ein Cousin James V. von Schottland und Lehnsherr über fast alle Besitztümer zwischen Elgin und Huntly – Dolch und Schild beiseite und richtete die schmächtige Frau zum Sitzen auf.

Lady Anne Stewarts Miene verkrampfte sich vor Schmerz. An die Kissen gelehnt, maß sie das angespannte Gesicht ihres Sohnes mit kritischem Blick. »Man sagte mir, dass du das ganze Land auf der Suche nach Viehdieben durchkämmst.«

»Ganz recht. Und wenn ich sie finde, werde ich sie an dem erstbesten Baum aufknüpfen, der dem Gewicht dieser Halunken standhält.«

»Gewiefte Burschen, das muss man ihnen lassen.« Die Stirn der Grafenwitwe legte sich in Falten, als sie erneut hüstelte. »Sind es dieselben wie schon zuvor?«

»Wahrhaftig«, knurrte Athol.

Die Grafenwitwe wusste, dass ihr Sohn auf der Suche nach den Räubern schon seit Wochen die zerklüfteten Berge und Schluchten durchkämmte. »Ich weiß eine einfachere Lösung, um diesen Kerlen das Handwerk zu legen.«

Er maß sie flüchtig, indes so gönnerhaft, dass es ihr nicht entging.

»Ich kenne nichts Besseres als den Strang oder die Schwertklinge, um diese Bastarde zu überzeugen.«

»Mag sein, dass du mich für eine tatterige alte Närrin hältst. Dennoch habe ich die Lösung. Du musst nur … danach … fragen …«

Athol ließ sich auf dem Bettrand nieder, da die alte Frau von einem schlimmen Hustenkrampf geschüttelt wurde. Es dauerte eine Weile, bis sie wieder zu Atem kam.

»Also gut, dann gib mir deinen Rat.«

Sie musterte ihn mit gestrenger Miene, Genugtuung blitzte in ihren grauen Augen auf. »Ich sage dir eines, John, je eher du heiratest, umso besser. Du brauchst einen Erben, der in deine Fußstapfen tritt. Dann haben deine sämtlichen Probleme ein Ende.«

»Dem habe ich bereits zugestimmt, Mutter. Ich weiß, dass du meine Eheschließung kaum erwarten kannst. Es ist alles geplant und …«

»Pläne … Pläne …« Abermals kämpfte sie mit einem quälenden Hustenreiz. »Auch ich hatte Pläne. Ich habe Susan mit der Absicht hergeholt, dass ihr ein Paar werdet. Wenn du dich meinen Wünschen gefügt hättest …«

»Mutter!«

Sie verstand die unterschwellige Warnung in seinem Ton. Und sie hatten dieselbe Diskussion schon vor Monaten geführt. »Nun, deine Beteuerungen reichen mir nicht. Wozu sollen Pläne gut sein, wenn dein Volk mit Schwierigkeiten zu kämpfen hat? Nein! Ich sage dir …«

Ein Hustenanfall erstickte ihre Worte; unterdessen wandte sich der Lehnsherr zum Fenster, da sich lautes Gebrüll auf dem regennassen Hof erhob. Innerhalb von Sekunden war das Brüllen im gesamten Stiegenhaus vernehmbar. Er schritt zur Tür und riss sie in dem Augenblick auf, als sein hagerer, düster dreinblickender alter Verwalter völlig außer Atem den Treppenabsatz erreichte.

»Mylord!« Der Alte rang nach Luft, sein Gesicht hochrot aufgrund der Anstrengung und der Neuigkeit. »Mylord, sie haben das Bauerngehöft am Muckle Long Brae angegriffen.«

Das Gesicht des Grafen verfinsterte sich bedrohlich. »Wurde einer von unseren Leuten verletzt?«

»Nein.« Der Diener senkte die Stimme und warf einen Blick zu der Grafenwitwe, die aus ihrem Himmelbett lugte. »Aber diese streunenden Hunde haben Eure neue Scheune dort niedergebrannt.«

»Was ist mit dem Vieh?«

»Sie haben ein halbes Dutzend von den neuen Gescheckten mitgenommen und den Rest ins Freie getrieben, bevor sie den Brand legten.«

»Aber was ist mit Wat und seinem Clan?«

»Zusammengeschnürt wie Schlachtschweine, Mylord. Aber Gott sei Dank unversehrt. Sein ältester Sohn ist unten, falls Ihr mit ihm reden wollt. Die Scheune liegt in Schutt und Asche, so sagt er, und Wat hat die Verfolgung aufgenommen.«

»Sattle mein Pferd, die Männer sollen sich sammeln.« Vor dem Fenster gingen sintflutartige Regenfälle nieder. Der Verwalter verschwand im Gang.

»John«, wandte die Grafenwitwe ein, als sie sein grimmiges Gesicht erblickte, »es wird eine dunkle und regnerische Nacht werden und die anderen haben wenigstens einen halben Tag Vorsprung.«

»Ja, ja, aber Wat ist ihnen bereits auf den Fersen, und sie haben genauso mit den Unbilden der Witterung zu kämpfen wie wir.«

»Trotz allem weißt du, dass diese Berge den dreisten Räubern eine Vielzahl von Verstecken bieten.«

Nervös trat er zur Tür. »Gewiss, und ich kenne die meisten von ihnen, Mutter.«

Wieder hustete die alte Dame und bedeutete ihm mit einer Geste ihrer Hand zu verharren. »Lass ihnen das Vieh, John«, murmelte sie schließlich. »Geh und reite deiner Braut entgegen.«

Athol starrte sie ungläubig an. »Ich habe dich stets als die Frau geachtet, die mich auf diese Welt gebracht hat. Dennoch weißt du, dass ich als Lehnsherr dieser Grafschaft von niemandem Anweisungen entgegennehme – schon gar nicht von …«

»Von deiner Mutter? Von einer Frau?« Die Grafenwitwe atmete gequält aus. »Nun, es tut gut zu erfahren, dass du mir auf dem Sterbebett wenigstens den Respekt zollst, mich als deine Mutter zu betrachten.«

»Ich muss gehen, Mylady«

Sie streckte ihm ihre zitternde Hand entgegen. »Warte, John. Vielleicht sehen wir uns heute zum letzten … zum letzten … Mal. Du bist mein einziger Sohn …«

Seine fest zusammengepressten Kiefer zeugten von seiner Entschlossenheit. Ihr war bewusst, dass die Bedürfnisse seines Volkes stets Vorrang für ihn haben würden, einerlei, welche Gefühle er für sie hegen mochte. »Bitte warte. Hör mich an. Ich weiß, was den Handlungen dieses Adam of the Glen zu Grunde liegt.«

Athols Augen wurden schmal, und die alte Frau wusste sogleich, dass sie wertvolle Sekunden gewonnen hatte. Er trat neben das Bett.

»Woher weißt du von ihm? Und wie hast du überhaupt seinen Namen erfahren?«

»Selbst wenn meine Dienerschaft mich nicht über alle wichtigen Vorkommnisse in Kenntnis setzen würde, wüsste ich von ihm.« Sie wandte ihren gramerfüllten Blick von Athols Gesicht und starrte auf die dunklen Deckenbalken über dem Fenster. »Ich weiß mit Sicherheit, was er will, denn ich kannte ihn schon, da war er noch ein kleines Kind.«

Unvermittelt hatte Athol sich über sie gebeugt. »Was immer ich versucht habe, wir sind in jeder Hinsicht gescheitert, wenn wir sein Versteck aufspüren wollten. Ich habe jeden Mann und jede Frau von hier bis Elgin gefragt, doch keiner konnte mir auch nur irgendetwas über diese Teufelsbrut berichten. Weder über seine Herkunft noch warum er aus heiterem Himmel beschlossen hat, meinem Volk das Leben zur Hölle zu machen. Und, jetzt erklärt mir meine eigene Mutter, dass sie diesen Mann schon seit Urzeiten kennt!« Energisch umfasste er ihre Hand. »Nun denn, Mutter. Was weißt du von ihm?«

Mit ihrer freien Hand umklammerte Lady Anne den Arm ihres Sohnes. »Hör auf mich, John, und tu, was ich dir sage. Beim Grabe deines Vaters schwöre ich dir, dass er dir denselben Rat geben würde, wenn er noch lebte … und das trotz des Unheils, das Adam angerichtet hat.«

»Nun sprich, Mutter.«

Die Grafenwitwe war sich dessen bewusst, dass ihr Sohn von vielen gefürchtet wurde, insbesondere, wenn das Wohl seines Volkes auf dem Spiel stand. Jetzt, da der stechende Blick seiner grauen Augen auf ihr ruhte und sie die geballte Kraft seiner Finger verspürte, die die ihren umspannten, wusste sie, warum.

»Wo immer du diesen Mann suchen wirst, er wird dir entwischen. Er kennt dieses Land ebenso gut wie du, John. Und er kennt dein eigenes Volk besser, als du es dir je vorzustellen vermagst.«

»Wahrlich, er weiß, was er von ihnen plündern kann.«

»Mag sein. Ich jedenfalls sage dir die Wahrheit.« Sie verstärkte den Griff um sein Handgelenk. »Einerlei, was du zu tun gedenkst, er wird seine zerstörerischen Raubzüge fortsetzen. Adam of the Glen wird mit jedem Tag, der verstreicht, verwegener. Da ist es kein Wunder, dass du dich von ihm beobachtet fühlst. Er wird nicht aufgeben … nicht solange …«

Ein heftiger Hustenanfall raubte ihr vorübergehend den Atem. Athol legte einen Arm um ihre Schultern und richtete sie im Bett auf. Als er ihr einen Becher Wasser reichen wollte, schüttelte sie den Kopf.

»Nein. Es wird … es wird keine Ruhe … kein Frieden einkehren, solange du nicht vermählt bist. Erst muss die Nachricht von der Geburt deines Stammhalters die Runde machen.«

Verständnislos spähte Athol zu ihr hinunter. »Ich verstehe nicht. Ich …«

»Adam glaubt, dass er das Recht besitzt, an deinem Reichtum teilzuhaben.« Ihre Finger, die seinen Arm umspannten, zitterten wieder heftiger. »Er mag ein Hurensohn sein, John Stewart, aber was du nicht weißt, ist, dass Adam of the Glen dein Bruder ist.«

Kapitel 2

Catherine Percy vernahm das glockenhelle Lachen der hinter ihr reitenden Frau.

Ellen Crawford war jung, forsch und natürlich hübsch. Und offensichtlich dazu ausersehen, die Gemahlin von John Stewart, dem Grafen von Athol, zu werden. Die beiden Reisegruppen hatten sich zufällig nördlich von Schloss Stirling getroffen, und Catherine gefiel der Gedanke, in Begleitung einer anderen Frau durch das zerklüftete Hochland zu reisen insbesondere, da diese die Route bereits kannte.

Nach einem Blick in Richtung ihrer Reisegefährtin fragte sich Catherine, inwieweit sie die zukünftige Gräfin von Athol um Hilfe bitten konnte. Oder, besser gesagt, wie viel sie ihr gegenüber enthüllen durfte.

Gewiss, überlegte Catherine, sie sah sich nicht länger der unmittelbaren Gefahr ausgesetzt, von dem niederträchtigen Statthalter aufgegriffen zu werden. Und auch ihre Schwestern waren auf dem Weg in ein sicheres Versteck. Laura müsste in Kürze die Kirche von St. Duthac an der östlichen Küste erreichen, und Adrianne, die Jüngste, war vermutlich schon auf der Insel Bharra im Norden eingetroffen.

Und doch würde Catherine für die Gründung der Schule, von der sie so lange geträumt hatte, auf die Hilfe von Leuten wie dem Grafen von Athol und seiner zukünftigen Braut angewiesen sein. Sie war sich sehr wohl bewusst, dass sie deren uneingeschränkte Unterstützung brauchte, ehe die Dorfbewohner einer Jungfer englisch-schottischer Abstammung vertrauen und tatsächlich die Schulbank drücken würden.

Catherines Blick maß die Gesichter der Mitreisenden. Sie alle waren ihr fremd. Selbst nach Monaten der Flucht konnte sie sich nicht daran gewöhnen, ständig von anderen abhängig zu sein. Insgeheim fragte sie sich, ob sie jemals begreifen würde, dass sie keine Heimat mehr besaß – kein Heimatland, das sie mit Stolz erfüllte.

Catherine seufzte. Sie und ihre Schwestern waren Verbannte. Nach dem Tod ihres Vaters hatte man sie – genau wie ihre Mutter – verfolgt und über die windgepeitschten Moore von Yorkshire gejagt, nach Norden durch die Berge und Flusstäler von Northumberland und schließlich nach Schottland. Und das alles, weil ihre Familie sich geweigert hatte, König Heinrich auch als Oberhaupt der Kirche anzuerkennen.

Gewiss, gestand sie sich im Stillen ein, das war bei weitem nicht alles gewesen.

Sei’s drum, dachte Catherine trotzig. Das Schicksal hatte sie in dieses Land verschlagen. In dieses zerklüftete Hochland, das ihre Mutter vor langer, langer Zeit als Heimat bezeichnet hatte.

Catherine schrak aus ihrem Tagtraum auf und ermahnte sich, dass die Zeit der Trübsal längst der Vergangenheit angehörte. Sie musste nach vorn blicken und an ihre Zukunft denken. Ihre Reisegefährtin Ellen Crawford war ein Geschenk des Himmels, und sie wäre töricht, wenn sie die Gelegenheit nicht nutzte, mit ihr über die Schule zu reden und die zukünftige Gräfin in ihr Vorhaben einzuweihen.

Entschlossen wandte sie sich im Sattel um und musterte die Gesichter der Mitreisenden auf diesem schier endlos währenden Ritt. Sie zog ihren Umhang fester um die Schultern, da es von Westen her auffrischte. Fast den ganzen Tag hatte die Sonne geschienen, doch jetzt war sie hinter einer dunklen Wolkenbank verschwunden.

Als sie Ellen nicht sah, runzelte sie die Stirn. Vermutlich war sie wieder einmal so in ihre Gedanken versunken gewesen, dass ihr entgangen war, ob Ellen an ihr vorübergeritten war.

Die Soldaten, die den langen Strom der Reisenden anführten, begannen soeben mit dem Abstieg in die steil abfallende, heidegesäumte Bergschlucht, über deren Kamm sie seit einer Stunde geritten waren. Unter ihnen erstreckte sich das von steilen Felsen umgebene Tal; Catherine erblickte einen See – seine dunkle, silbrig schimmernde Oberfläche so glatt wie ein Spiegel –, der die sich auftürmenden Wolken reflektierte, die rasch über die ermatteten Reisenden hinwegzogen.

Catherine hielt weiterhin Ausschau nach der jungen Frau. Da sie Ellen nirgends entdecken konnte, suchte sie stattdessen David Hume, den Kommandanten ihrer Soldaten. Soweit sie sich erinnerte, hatte sie Ellen Crawford zuletzt in seiner Nähe bemerkt, und die junge Braut hatte sich angeregt mit ihm unterhalten.

Nachdem die Packpferde mit Ellens Habe und die letzten Reisenden sie passiert hatten, hielt sie drei mit einem Kilt bekleidete Krieger an, um sie nach dem Verbleib ihrer Herrin zu fragen.

Mit einem schiefen Grinsen in Richtung seiner Gefährten kratzte sich einer der drei sein bärtiges Kinn, bevor er antwortete: »Gelegentlich muss Mistress Ellen schlicht und einfach ihre Beine ausstrecken, Miss. Wenn Ihr versteht, was ich meine.«

»Gewiss. Ihr meint, sie führt ihr Pferd«, erwiderte Catherine. »Und da ich David Hume nicht auszumachen weiß, ist mein Soldat vermutlich mit ihr zurückgeblieben.«

»Ganz recht, Mylady.« Sie gewahrte, wie er seinen Kumpanen einen weiteren wissenden Blick zuwarf. »Obschon ich annehmen würde, dass Mistress Ellen sicherlich inzwischen wieder reitet.«

Wegen des hämischen Kicherns der beiden Soldaten runzelte Catherine die Stirn, nickte knapp und wendete ihre Stute, um sie mit sanften Worten in Richtung der anderen Reisenden zu treiben.

»Welch sonderbares Verhalten diese Highlander doch an den Tag legen«, wisperte sie der Stute ins Ohr, leicht verunsichert wegen der merkwürdigen Reaktion der Männer.

Ihr Ross hatte den steilen, gewundenen Pfad ins Tal ungefähr zur Hälfte bewältigt, als Catherine bemerkte, dass Ellen Crawford und David Hume wieder zu den Reisenden stießen. Als sie die junge Frau hoch oben auf der Anhöhe musterte, stellte sie fest, dass Ellens Wangen zart gerötet und ihre Röcke leicht zerknittert waren.

»Es steht mir nicht zu, über andere zu richten«, murmelte sie und heftete den Blick erneut auf den Weg. Sie selbst hatte sich bereits in jungen Jahren bewusst ihren Studien verschrieben und Ellen Crawfords Lebenswandel ging sie beileibe nichts an. Trotzdem, so überlegte sie, ist ihr Verhalten merkwürdig für eine Frau, die im Begriff steht zu heiraten.

Als der Pfad so breit wurde, dass sie ihn nicht mehr einzeln passieren mussten, hatten die Reisenden das bewaldete Tal erreicht. Doch dann öffnete der Himmel seine Schleusen, und der windgepeitschte Regen verhinderte, dass Catherine sich mit Ellen Crawford austauschen konnte. Es regnete nach wie vor in Strömen, als sie eine Stunde später, zugegebenermaßen erleichtert, die runden Türme des Jagdschlosses in Corgarff erspähte. Catherine war bewusst, dass es sich um einen der Jagdsitze des Grafen von Athol handeln musste. Kaum ein Tagesritt trennte sie nunmehr von Burg Balvenie.

Als sie durch den geschwungenen Torbogen in den kleinen Innenhof des Turmhauses einritten, eilten die Bediensteten den Ankömmlingen entgegen; sie führten sie in einen hell erleuchteten Rittersaal und servierten ihnen ein reichhaltiges Mahl. Catherine, nach der wochenlangen Reise erschöpft, bemühte sich nach Kräften, Ellen Crawfords jugendlichen Übermut zu ertragen, entschuldigte sich jedoch schließlich im Verlauf des Essens.

Über eine steile Wendeltreppe führte man sie in das Damengemach, eine wunderlich anmutende Mischung aus Schlaf- und Wohnraum; Catherine indes hatte nur Augen für das einladend wirkende Bett.

Sie hing ihren schweren Umhang an einen Wandhaken in der Nähe des schwach glimmenden Feuers. Als sie ihren Ledersattel auf einen dreibeinigen Schemel hievte, bemerkte sie drei weitere Zimmertüren, die ihre Neugier weckten. Neben der Tür, die sie über den Hauptgang erreicht hatte – und in dem das Gepäck vieler ihrer Reisegefährten lagerte –, befanden sich weitere auf jeder Raumseite. Sie öffnete eine davon, worauf sie in das Schlafgemach des Burgherrn spähte. Sie wusste, dass Ellen die Nacht dort verbringen würde, und starrte für Augenblicke auf das gewaltige Himmelbett mit dem Baldachin aus Damastseide, das eine Wand des kostbar möblierten Zimmers ausfüllte.

Catherine wich zurück, schloss lautlos die Tür und begab sich zu der nächsten. Dahinter verbarg sich ein kleiner Vorraum, in dem die durchnässten Sachen von einem oder auch mehreren Soldaten hingen. Die dritte Tür führte zu einem engen Stiegenhaus. Zögernd nahm sie einige Stufen, ehe der aufsteigende Duft des Mahls und ausgelassene Fröhlichkeit ihr vergegenwärtigten, dass es ihr unter dem Dach des Grafen an nichts fehlen würde.

Als sie sich kurz darauf niederlegte, war Catherine sich nur mehr schwach des Regens vor ihrem Kammerfenster bewusst und des Zischens der Wassertropfen in den Kaminflämmen.

Innerhalb von Augenblicken wurde sie von ihren Träumen überwältigt.

Sie hatten ihren Vater festgenommen und jetzt verfolgten sie sie! Der Hof war voller Soldaten. Pferde schnaubten, Männer brüllten, die Burg stand unter Belagerung.

Catherine vernahm das aufgebrachte Rufen ihrer Mutter, die ihre Töchter drängte, schleunigst auf die Felder zu eilen und sich in einem Heuhaufen zu verbergen. Sich nicht zu zeigen. Mucksmäuschenstill zu sein!

Ihre Furcht schnürte ihr die Kehle zu. Sie konnte nicht schreien. Durfte nicht zulassen, dass ihre Schwestern ihre Angst spürten. Adriannes Hände waren eiskalt, als sie an Catherines Arm zerrte. Gemeinsam verbargen sie sich in dem aufgeschichteten Heu.

Suchend tastete ihre Hand nach Laura, doch ihre Schwester war nicht da. Sie war dicht hinter ihnen gewesen, als sie aus dem Haus geflüchtet waren. Laura! Wo ist Laura?

Eine Hand umklammerte ihren Arm, hielt sie zurück.

Nein, sie durfte nicht zulassen, dass sie ihre Schwester aufgriffen. Laura!

»Laura!« Catherine schrak auf ihrem Nachtlager hoch und fixierte erschrocken die Gestalt, die einen Schritt von ihrem Bett zurückwich.

»Ich bin es, Catherine. Ellen!«

Es dauerte eine ganze Weile, ehe sie die Schatten des ständig wiederkehrenden Albtraums abzuschütteln vermochte. Sie spürte das heftige Herzklopfen unter ihrem Rippenbogen, Schweißperlen rannen über ihre Schläfen. »Was … was ist geschehen?«

»Nichts! Als ich aus dem Rittersaal nach oben kam, hörte ich, wie du im Schlaf aufgeschrien hast.«

Catherine drehte sich um und spähte benommen zu der offenen Tür, die in das Schlafgemach des Grafen führte.

»Es war ein Traum.« Ein Albtraum! Ein entsetzliches Geschehnis aus ihrer Vergangenheit, das sie in ihren Träumen weiterhin verfolgte. Mit zitternder Hand fuhr sie sich über die Stirn, wischte den Schweiß fort. Nein, Laura befand sich in Sicherheit. In Sicherheit … genau wie sie.

»Also, da du nun einmal wach bist, habe ich mich … nun ja … gefragt, ob es dir etwas ausmachen würde, heute Nacht dort in der Kammer zu schlafen.«

Verständnislos spähte Catherine durch das Dämmerlicht zu der jungen Frau. »Du … du möchtest, dass ich das andere Schlafgemach mit dir teile?«

Kichernd schüttelte Ellen den Kopf. »Nein, ich hatte lediglich daran gedacht, dass wir die Zimmer tauschen könnten. Wann immer ich bislang hier war, habe ich in dieser Kammer genächtigt. Deshalb habe ich mir überlegt … natürlich nur, wenn es dir nichts ausmacht … dass ich lieber hier schlafen würde, verstehst du.«

»Nun, ich …« Catherine legte die Stirn in Falten und versuchte sich zu konzentrieren, doch noch ehe sie antworten konnte, schlug Ellen ihr Laken zurück. »Wenn du meinst …«

»Du bist ein Schatz.« Catherine spürte, wie die Jüngere ihre Schultern umfasste und sie in Richtung der geöffneten Tür schob. »Ich komme morgen früh und hole dich ab. Leg dich einfach in dieses Bett und schlaf weiter.«

Bevor sie noch wusste, wie ihr geschah, stand Catherine inmitten des gräflichen Schlafgemachs und die Tür fiel hinter ihr ins Schloss. Unendlich müde warf sie ihr dichtes, welliges Haar über die Schultern. Als sie in das riesige Himmelbett krabbelte, vernahm sie von der Tür her leise Stimmen und unterdrücktes Lachen.

Ellen Crawford führte irgendetwas Hinterhältiges im Schilde, was Catherine indes unbegreiflich war. Gewiss, es kränkte sie, dass Ellen sie zum Narren hielt, gleichwohl empfand sie Mitgefühl für den gütigen Grafen von Athol. Ihre künftige Ehe ähnelte schon jetzt einer Farce.

Abermals gemahnte sich Catherine, dass sie das nichts anging. Sie beabsichtigte, die jungen Leute auf den Besitzungen von Athol zu unterrichten, und nicht etwa, widerspenstige Bräute in ihren Herzensangelegenheiten zu beraten.

Indes wurde sie schon bald von ihrer Müdigkeit überwältigt, das Plätschern des Regens vor dem Fenster lullte sie ein. Sie war völlig erschöpft, zu keinem klaren Gedanken mehr fähig. Sie brauchte ihren Schlaf, entschied sie mit einem herzhaften Gähnen.

Und sie würde erst wieder aufwachen, wenn das Sonnenlicht durch dieses Fenster hereinströmte.

Der Schlummer breitete seinen samtenen Umhang über ihr aus, draußen ließ der Regen nach und versiegte schließlich.

Diesmal hatte sie einen ihrer früheren Träume. Noch während die Nebel des Schlafs sie umhüllten, dünkte es Catherine, dass sie diese Traumbilder schon seit Jahren nicht mehr gesehen hatte. Aber da war er, ihr romantischer Ritter, groß und stattlich kehrte er nach siegreich geschlagener Schlacht zu ihr zurück und hielt um ihre Hand an.

Und jetzt war er ihr Gatte. Der Drache lag tot in seiner Höhle, der Schatz aus Gold und Juwelen war wieder in den Besitz der Burg übergegangen. Gesetz und Güte regierten abermals das Reich und die Nacht lockte mit ihren Verheißungen.

Aber diesmal war der Traum anders als sonst … er entführte sie in eine Welt der Fantasie, die sie nicht kannte. Sie spürte, dass sein Körper neben ihr auf das Bett sank, wie sein Arm über ihren flachen Bauch glitt und seine kräftige Hand für Augenblicke auf ihrer Hüfte ruhte, ehe er sie an seine warme, muskulöse Brust zog.

Das alles war so überaus real. Catherines Träume trugen sie häufig in andere Welten. Welten, die sie sehen, riechen und fühlen konnte. Welten, von denen sie selbst nach dem Aufwachen hätte schwören können, dass sie irgendwo existierten.

Aber diesmal … dieser Traum war anders als alle zuvor, und sie stellte fest, dass sie schauderte, als die Hand ihres Ritters zu dem Saum ihres dünnen Leinengewands glitt. Ihr Rücken spannte sich unvermittelt an, als seine schlanken Finger zärtlich ihren Bauch liebkosten und die Rundungen ihres Busens nachzeichneten. Ihr stockte der Atem, als er eine ihrer wohlgeformten Brüste umfing. Und als sein Daumen deren knospende Spitze umkreiste, durchzuckte es sie wie ein Feuerstrahl.

Das Gefühl war so neu und überwältigend, dass Catherine in ihrer Verzückung aufseufzte. Dass eine einzige Berührung ihren Körper in solche Schwingungen versetzen konnte!

Etwas Glutheißes pulsierte unablässig an ihrem Schenkel, und als die Hand ihres Ritters abermals über ihren Leib glitt, entwich Catherines Lippen ein leises Stöhnen. Sie wurde feucht, Wogen der Lust überrollten ihren Körper, sobald seine Finger ihre verborgene Grotte ertasteten. Sie bemerkte seine Bewegungen, spürte, wie er sich aufrichtete. Sie vernahm ein unverständliches Flüstern, mehr noch ein Keuchen, und dann waren die Lippen ihres Ritters auf ihrem Nacken, streiften ihr Ohrläppchen, küssten ihre Kinnpartie … ihre Wange. Catherine regte sich nicht.

Zunächst war sein Kuss zärtlich. Ein Hauch seiner Lippen und doch überaus real. So völlig anders als die immer wiederkehrenden Träume, in denen sie einander in die Arme gesunken waren, ihr Körper sich an den seinen geschmiegt hatte, beide umfangen von einem zarten, nebelhaften Schleier. Sie spürte den Druck seines Mundes. Das begehrliche Stöhnen, als sich ihre Lippen teilten. Darauf glitt die Zunge des Ritters tief in ihren Mund, und das war so entsetzlich real, dass sie nach Atem ringen musste. Catherine riss die Augen auf.

Das hier war kein Traum. Das hier war nicht ihr Ritter. Sobald sie sein Knie zwischen ihren Schenkeln spürte, riss sie ihren Mund weg und beendete den Kuss. Sie versuchte sich gegen seine Brust zu stemmen.

»Was, zum Teufel …?«, knurrte jemand in der Dunkelheit.

Das hier ist kein Traum, dachte sie, mit erneutem Entsetzen erfüllt, da sein raues Kinn nun ihre Wange streifte. Sie schlug auf seine nackte Schulter ein. Packte sein langes Haar und riss gewaltsam daran, doch nichts vermochte diese Bestie zu erschüttern.

Seine Hand schoss hoch, bekam ihr Handgelenk zu fassen, doch sie handelte instinktiv und biss ihm gehörig in seinen muskulösen Unterarm.

Der Mann stieß einen wütenden Schmerzensschrei aus, schrak zurück und zog seine Hand fort. Mehr Zeit brauchte sie indes nicht, um aus Leibeskräften zu schreien.

»Seid ruhig, verfluchtes Teufelsweib!«, schnaubte der Mann, abermals über sie gebeugt. Trotz der Last seines Gewichts gebärdete Catherine sich wie eine Furie. Sie trat ihm mit aller Kraft in seine Mannhaftigkeit, rollte sich zur Seite und robbte zum Bettrand. Doch der Grobian packte sie um die Taille.

»Wartet! Ich will Euch nichts anhaben, auch wenn ich … beim Allmächtigen …«

Die Tür zu der benachbarten Kammer sprang krachend auf, und David Hume stürmte mit einem erleuchteten Kienspan herein, sein Schwert blitzte auf.

Catherines Augen schweiften von dem nackten Krieger zu der matt schimmernden Haut von Ellen Crawford, die sie hinter ihm im Türrahmen gewahrte.

»Nun denn, du hinterhältiger Betrüger. Bereite dich auf deinen Tod vor!«

Mit einer flinken Handbewegung stieß ihr Peiniger Catherine beiseite und stürzte sich auf David, nachdem er sein eigenes Langschwert vom Boden neben dem riesigen Bett an sich gerissen hatte.

»Nein, du Hurensohn! Du bist der Hund, der an seinem eigenen Blut ersticken soll.«

Ellens entsetztes Seufzen unterbrach die beiden Männer in ihrer Raserei.

»John!«, flüsterte sie und Panik spiegelte sich in diesem einen Wort. In einem verspäteten Versuch, ihre Blößen zu bedecken, streifte sie ihr dünnes Nachtgewand über ihre Brüste und trat vor.

Catherines Kopf schnellte herum, als sie sah, dass ihr Vergewaltiger drohend auf David Hume zuschritt. Schlagartig stand außer Zweifel, wessen Blut hier vergossen werden würde. Der rothaarige Hüne, den Ellen John genannt hatte, baute sich vor David auf, und aufgrund seiner kraftstrotzenden Statur war sich Catherine sicher, dass er ihren Möchtegern-Retter in zwei Hälften spalten würde. Nach Davids bestürzter Miene zu urteilen, bezweifelte sie, dass er auch nur einen Finger zu rühren vermochte, um sich mit seinem Schwert zu verteidigen.

»Ihr … Ihr seid John Stewart!«, stammelte der Soldat.

»Ganz recht, du räudiger Hund. John Stewart, der Graf von Athol. Und diese Frauensperson, mit der Ihr Euch im Nebenzimmer die Zeit vertrieben habt, ist keine andere als meine … meine Zukünftige.«

Es war bloße Unvernunft, anders konnte man es nicht umschreiben. Und doch trat Catherine unvermittelt vor den rothaarigen Adligen und stellte sich ihm in den Weg.

»Hört auf!«, flehte sie. »Diese Sache lässt sich gewiss auf andere Weise aus der Welt schaffen als durch schnödes Blutvergießen.«

Athol zögerte und maß sie mit einem bedrohlichen Blick. Sie wich nicht von der Stelle.

»Ihr müsst wissen, Mylord, ich bin Catherine Percy. Und David Hume hier war mit meinem Schutz betraut, und … und ich bin mir ziemlich sicher, er hatte keine Ahnung, dass Ellen …«

Die Worte blieben ihr in der Kehle stecken. Fassungslos starrte sie auf die Klinge seines Langschwerts, die im Schein der Fackeln aufblitzte.

»Geht mir aus dem Weg, Frauenzimmer!«

Catherines Knie zitterten und ihr schwindelte, dennoch schob sie trotzig das Kinn vor. »Ich kann nicht!«

Athol trat einen Schritt vor und spähte an ihr vorbei zu dem auf der Schwelle stehenden Mann. Nach einem tiefen Atemzug hob sie flehentlich ihre Hände und blickte todesmutig in das wutverzerrte Gesicht ihres Gegenübers.

»Er sollte mich beschützen, bis wir unser Ziel erreichten. Und er hat hervorragende Arbeit geleistet äh, bislang jedenfalls. Aber jetzt, da die Mission beendet ist …« Sie stockte in der Hoffnung, dass David ihren Wink aufgreifen würde. »Und jetzt, da seine Mission beendet ist, sehe ich es selbstverständlich als meine Pflicht an, ihm sicheres Geleit zu gewährleisten.«

Hinter ihr rührte sich nichts. Wie konnten Männer nur solche Hornochsen sein?, tobte sie im Stillen. Hinweg! Lauft! Flieht!

»Wir sind am Ende unserer Reise angelangt!«, zischte sie. »Bei dem Grafen von Athol!«

»Aus dem Weg, Frauenzimmer.«

»Am Ende unserer Reise!«

Das wirkte. Mit der Schnelligkeit eines Raubvogels schoss David herum, warf den brennenden Kienspan auf die Schwelle und flüchtete. Der Graf verlor keine Zeit, er schritt aus und versuchte, an ihr vorbeizukommen. Doch Catherine war schneller und warf sich an seine Brust.

Ihr war, als träfe sie im vollen Galopp auf eine Felswand. Der Atem wurde ihr aus den Lungen gepresst. Sie sank mit der Anmut eines Mehlsacks zu Boden, dieweil Athol den Kienspan aufhob und aus der Kammer hastete.

Für eine lange Weile hockte Catherine schweigend in der Dunkelheit, einzig dem Brüllen und Fluchen und schließlich dem Hufschlag der Pferde lauschend. Sie hätte nicht zu sagen vermocht, ob es an dem Zusammenstoß mit dem Mann oder an dem verwerflichen Zwischenfall als solchem lag, dass sie sich nicht zu rühren vermochte.

Mittlerweile befand sich das gesamte Anwesen in Aufruhr, sie vernahm die eilenden Schritte der Burgbewohner – und über allem erhob sich die stahlharte Stimme von Athol, der Befehle brüllte und inbrünstig fluchte.

Gütiger Himmel, in was bin ich da hineingeraten?, dachte sie voller Bestürzung, während sie sich aufzurichten versuchte. Zum Glück hatte sie noch nie eine besondere Begeisterung für irgendeinen Mann entwickelt – einmal abgesehen von dem Ritter aus ihren Träumen – und schon gar nicht für die Ehe als solche. Und in der Tat: Das, was ihr heute Nacht widerfahren war, bestätigte diese Sichtweise voll und ganz.

Sie eignete sich eindeutig nicht für den Ehestand. Nie im Leben würde sie eine würdige Gemahlin abgeben. Sie hatte nicht die geringste Ahnung, wie sie mit den Temperamentsausbrüchen und der Gewaltbereitschaft eines Mannes umgehen sollte. Nein. Und was waren das überhaupt für Männer, die unaufgefordert zu ihrer zukünftigen Braut ins Bett stiegen und nicht einmal bemerkten, dass es sich um eine andere handelte? Kopfschüttelnd legte sie die Hände auf ihre geröteten Wangen, eifrig bestrebt, den Gedanken zu verdrängen, wie hemmungslos sie ihm anfangs zu Willen gewesen war, als sie das Ganze lediglich für einen Traum gehalten hatte.

Sie kauerte nach wie vor auf den Knien, als die Tür zu den Damengemächern aufsprang. Sie schloss die Augen, spürte, wie er schnurstracks an ihr vorbeistürmte.

Nachdem sie sich verschreckt aufgerappelt hatte, warf sie einen verstohlenen Blick in die Richtung des Mannes, der jetzt neben dem Bett verharrte. Er stand mit dem Rücken zu ihr, fluchte leise und wickelte im schwachen Lichtschein einer offenbar von ihm mitgebrachten Fackel einen Kilt um seine Hüften.

Der Graf von Athol, überlegte sie mit einem Anflug von Bedauern, war ganz anders, als sie gehofft hatte.

Es hieß, dass dieser Mann ein Gelehrter sei. Sie hatte mit einem ernsthaften, gestrengen Mann gerechnet. Gleichwohl, seine Handlungen und sein Verhalten … im Bett und anderswo … Catherines Herz raste von neuem! Sie zwang sich, nicht daran zu denken, dass er sie irrtümlich für Ellen Crawford gehalten hatte, und fixierte ihren Gastgeber. Er entsprach wahrhaftig nicht ihren Vorstellungen.

Ellen hatte Catherine erzählt, dass der Graf mindestens 37 Jahre alt wäre. Von daher hatte sie nicht im Traum daran gedacht, einem attraktiven, muskelgestählten Hünen wie diesem zu begegnen, der sich soeben bemühte, hohe, schmutzverkrustete Stiefel überzustreifen. Mit seinen langen, teilweise geflochtenen roten Haaren, die über seine breiten Schultern fielen, wirkte er eher wie ein Gesetzloser und nicht wie der Cousin eines Monarchen.

Catherine ertappte sich bei dem Gedanken, welche törichten Versuche sie als junges Mädchen wohl unternommen hätte, um einen Mann wie ihn auf sich aufmerksam zu machen. Ohnedies hätte sie mit ihrem unscheinbaren Äußeren nicht die geringste Chance gehabt, dass er sie auch nur bemerkte! Wie dem auch sei, schalt sie sich, es ist ein Segen zu wissen, dass mein Leben eine andere Wendung genommen hat. Eine weitaus sinnvollere.

Sie schüttelte den Kopf und strebte geräuschlos zur Tür. Solange sie sich von ihm fern hielt, ließ sich ein weiteres Zusammentreffen vielleicht für eine Weile vermeiden. In Wahrheit jedoch erschütterte sie der Zwischenfall in diesem Bett nach wie vor zutiefst, und sie zweifelte nicht daran, dass – sofern er auch nur über einen Funken Ehrgefühl verfügte – er sich genauso entsetzlich fühlen musste wie sie.

Sobald sie die Schwelle erreichte, atmete sie auf. Sie musste das Geschehene hinter sich lassen, dann konnten sie vielleicht so tun, als hätte es nie stattgefunden. Er würde es nicht erwähnen, dessen war Catherine sich recht sicher, und sie würde stillschweigend an die Arbeit gehen und ihre Schule eröffnen.

»Mistress Catherine.«

Seine harsche Stimme jagte ihr einen eisigen Schauer über den Rücken. Sie drehte sich zögernd um und sah ihn an.

»Ich habe nach dein verdammten Priester geschickt. Wir werden heiraten, sobald dieser alte Scharlatan eintrifft.«

Kapitel 3

»Heiraten!« Der Mann war offenbar von Sinnen. »Wir beide?«

Der Highlander musterte sie aus stechenden grauen Augen. »Seht Ihr sonst noch jemanden in dieser Kammer, den ich meinen könnte?«

Verdutzt schaute sie sich um. »Nein! Allerdings steht es mir nicht zu, Euren Verstand anzuzweifeln.«

»Seid versichert, Mistress, ich habe mit Euch geredet und nicht mit irgendeinem Trugbild meiner Fantasie.«

»Ihr kennt mich überhaupt nicht!« Es war mehr als seltsam. Es war grotesk. »Wie könnt Ihr jemanden ehelichen, den Ihr soeben erst kennen gelernt habt?«

»Seid Ihr nicht Catherine Percy?«

»Gewiss doch, aber …«

»Und hat man Euch nicht hergeschickt, damit Ihr meine Schutzbefohlene werdet?«

»Wohl kaum, Mylord!«, entgegnete sie. »Ich bin fünfundzwanzig – und von daher viel zu alt, um das Mündel von irgendjemandem zu werden. Und schon gar nicht von einem so hirnlosen und unmoralischen Mann wie Euch.«

Er starrte sie an, zunächst frostig schweigend, doch dann verengten sich seine Augen zu wütenden Schlitzen. »Wahrlich, Ihr redet wie ein altes Weib! Wenn ich es nicht aus erster Hand wüsste – und aus intimster Quelle –, ließe ich mich fast von Euren Worten überzeugen, dass Ihr ein altjüngferliches Geschöpf seid. Indes weiß ich ganz genau, was Ihr seid, Catherine Percy!«

Seine Worte trafen sie empfindlich, und es gelang ihr nicht, die tiefe Röte niederzukämpfen, die in ihre Wangen stieg, als sein durchdringender Blick von ihrem Scheitel bis zu ihren nackten Zehen wanderte. Schlagartig wurde ihr bewusst, dass sie lediglich ein dünnes Nachtgewand trug; entsetzt verschränkte sie die Arme vor der Brust, um ihre vermeintlichen Blößen zu bedecken.

Darauf hob er fragend eine Braue. »Ein bisschen spät für Sprödigkeit, findet Ihr nicht? Nach allem, was Ihr mir willig zugestanden habt.«

»Ich habe keinesfalls ›willig‹ auf Euer schändliches Tun reagiert, das wisst Ihr genau. Ihr habt versucht, mich zu nehmen – wie ein ungehobelter Bauer.«

»In der Tat?« In seinen Augen blitzte die Herausforderung. »Und so kämpft Ihr um Eure Ehre? Indem Ihr bei intimster Berührung lustvoll stöhnt? Euch den Zärtlichkeiten eines Geliebten hingebt … verzeiht, den Angriffen eines Vergewaltigers … und unter der Liebkosung seiner Lippen erbebt?«

Bei der Heiligen Jungfrau, das hatte sie, oder? Sie legte ihre kalten, zitternden Hände auf ihre Wangen, um die glühende Haut zu kühlen. Jetzt konnte sie nur noch die Wahrheit eingestehen. »Ich … ich habe das alles für einen Traum gehalten.«

Sie hätte schwören können, dass der Anflug eines Lächelns seine grimmigen Züge milderte. Indes nur für Augenblicke. »Für eine betagte Jungfer habt Ihr wahrlich anregende Träume. Doch sagt mir eines … findet Ihr auch Erfüllung darin? Oder seid Ihr lediglich eine dieser unbefriedigten …«

»Schweigt!«, entgegnete sie unbeherrschter als von ihr beabsichtigt. Er narrte sie. Auf schurkische Weise versuchte er, ihr das Gefühl zu vermitteln, klein und unbedeutend zu sein … und auch zügellos. Als sie aufsah und seinem herausfordernden Blick begegnete, überkam Catherine der unbändige Wunsch, es ihm mit gleicher Münze heimzuzahlen, bis ihm das arrogante Lächeln verging. »Wie ich sehe, erfüllt es Euch mit großer Genugtuung, mich zu demütigen. Nun, ich weiß, was sich hinter Eurem ungehobelten Benehmen verbirgt.«

»Tatsächlich?«

»Gewiss. Auch wenn Euch Euer männlicher Stolz verbietet, die Wahrheit einzugestehen, so glaube ich dennoch, dass Ihr genau wisst, wer für das heute Abend Vorgefallene verantwortlich ist.«

»Ich habe keine Zeit für solchen Unfug.«

»Die Wahrheit ist, dass Ihr der Auslöser von allem wart – obschon Ihr das geflissentlich übergehen wollt.«

»Was meint Ihr damit?«

Wieder trat das bedrohliche Funkeln in seinen Blick, doch Catherine blieb unerschütterlich.

»Ihr steht kurz vor Eurer Vermählung – als ein Mann, der augenscheinlich schon … schon Erfahrungen mit seiner Zukünftigen gesammelt hat. Wie ist es da möglich, dass Ihr nicht gemerkt habt, dass die Frau in Eurem Bett nicht Ellen Crawford war?«

»Es war dunkel. Ein Missgeschick, das ich selbstverständlich aufklären werde«, brummte er. »Aber was hat das mit der Frauensperson zu tun, die in mein Bett geschlüpft …«

»Nun, Mylord, die Erklärung liegt nahe«, unterbrach sie ihn. »Für Euch besitzt eine Frau nicht mehr Wert als eine Matratze oder eine preisgekrönte Kuh!«

»Nicht mehr als eine M …?« Athol musterte sie ungläubig und verstummte.

»Ganz recht. Und eine Frau ist so gut wie die andere, das ist alles, was zählt. So lange ein williger Leib Euer Gewicht erträgt, wen kümmert es da, wer es ist?«

»Ihr seid von Sinnen, Weibsstück!«

»Bin ich das? Nehmen wir einmal Ellen. Mir scheint, dass sie sich sehr wohl bewusst war, wen sie heiraten würde – einen Mann, dem sie gleichgültig ist!«

»Gleichgültig! Leidet Eure Familie an Wahnvorstellungen, Mistress?«

»Wenn Euch Eure Bettgespielinnen keinen Deut interessieren, was sollte sie dann halten?«

»Selbst wenn Eure Worte der Wahrheit entsprächen – und ich sage Euch, dem ist nicht so …« Athol stockte. »Also, zum einen bin ich … bin ich ein Mann und sie ist …«

»Nun?«

Trotz der schwachen Beleuchtung gewahrte sie, wie sämtliche Farbe aus seinem Gesicht wich. Seine Stirn legte sich in tiefe Falten, sein Blick schien sie zu durchbohren.

»Hat Ellen Euch das erzählt?«

»Nein, Mylord«, erwiderte sie rasch, unvermittelt bestürzt wegen seinen schmerzerfüllten grauen Augen. Wie Ellen diesem Mann einen anderen hatte vorziehen können, war ihr ein Rätsel. »Ich … ich habe dies aufgrund eigener Beobachtungen geschlossen. Obschon ich mich wahrlich nicht gut auskenne, was das Umwerben der Braut und die Ehe betrifft, so wisst Ihr doch aus der Korrespondenz mit meiner Mutter, dass mein Lerneifer …«

»Hier in Schottland heißt es, dass zu viel Lerneifer nur schaden kann.«

»Das glaubt Ihr doch selbst nicht. Wie dem auch sei, wenn Ihr mir jetzt gestatten würdet fortzufahren. Was Euer Fehlverhalten in der Beziehung mit Ellen anbelangt …«

Catherine stockte, da er auf sie zutrat. Er erweckte den Eindruck, als wollte er ihr an die Gurgel gehen. Während sie ihn beobachtete, nahm sein Gesicht allmählich denselben dunklen Rotton an wie sein Haar und seine Stimme war nur mehr ein bedrohliches Knurren.

»Ich werde Euer Gatte, Mistress Percy, und ich befehle Euch, diese Nacht nie wieder zu erwähnen … und Ellen selbstverständlich auch nicht! Habt Ihr mich verstanden?«

»Ich bin nicht in die Highlands gekommen, um zu heiraten – weder Euch noch irgendeinen anderen, Mylord. Ich bin davon ausgegangen, dass meine Mutter in ihren Briefen eindeutig davon berichtet hat, dass ich hier bin, um eine Schule zu eröffnen. Um mein Wissen anderen zu vermitteln. Um …«

Sie brach ab, vorübergehend abgelenkt, da er lässig sein Hemd aufhob und es vor sich hielt. Das Hemd war noch feucht von seinem Ritt, und sie bemerkte schlagartig die trainierte Muskulatur seines kraftstrotzenden Oberkörpers, die Geschmeidigkeit seiner Bewegungen. Als ihr dämmerte, dass sie ihn wie eine Geistesgestörte anstarrte, schluckte sie und fuhr fort.

»Mylord, habt Ihr nicht mit meiner Mutter korrespondiert? Hat sie Euch den Grund für mein Kommen nicht geschildert?«

»Gewiss doch! Soweit ich verstanden habe, seid Ihr einzig und allein deshalb in die Highlands geschickt worden, dass Ihr nicht dem englischen König und seinen Leuten in die Hände fallt.«

»Ganz recht, aber …« Mit einer gewissen Enttäuschung stellte sie fest, dass er das feuchte Hemd über seinen Kopf zog.

»Nun, das Abkommen mit Eurer Mutter gesteht mir die völlige Entscheidungsgewalt über Euch und Euer Leben zu.«

»Was meint Ihr mit ›Abkommen‹?«

Er streifte den Tartan über eine Schulter. »Ich soll Euch beschützen. Euch Essen und Unterkunft stellen. Dafür sollt Ihr mein Volk unterrichten. Doch nach Eurem Gezeter heute Abend kann ich nicht behaupten, dass ich sonderlich angetan bin von dieser Aussicht. Ach ja, und Ihr habt meine Wünsche zu befolgen.«

Nach seinen Worten schöpfte sie zum erstenmal ein wenig Hoffnung. »Seht Ihr? Ich bin hier, um eine Schule zu gründen.«

»Das war einmal. Jetzt seid Ihr hier, um mich zu heiraten.«

Der Graf von Athol mochte der anziehendste Mann sein, den sie je kennen gelernt hatte, und dennoch änderte das nichts an ihrer Einschätzung, dass er ein unverbesserlicher Dickschädel war. Weiterhin emsig mit dem Ankleiden beschäftigt, schien er jedes Interesse an ihren Einwänden verloren zu haben. Doch das ließ sie nicht gelten.

»Aber warum ich? Bis vor wenigen Augenblicken wart Ihr einer anderen versprochen. Von Rechts wegen seid Ihr immer noch mit ihr verlobt. Ich bin ganz sicher, wenn Ihr Euch mit Ellen zusammensetzt …«

»Unser Verlöbnis ist beendet. Und so rasch wie meine frühere Braut und ihre Männer von hier fortgeritten sind – in Gesellschaft dieses lüsternen Schweinehundes –, möchte ich wetten, dass sie mittlerweile auf halbem Wege nach Stirling sind. Da sie sich meines aufbrausenden Temperaments und der Peinlichkeit ihrer Lage durchaus gewärtig ist, kann dieses schändliche Frauenzimmer zweifellos von Glück reden, mit heiler Haut davongekommen zu sein.«

»Gleichwohl, Mylord, ich bin mir gewiss, dass die Zeit alle Wunden heilt …«

»Die Diskussion ist beendet.« Er hob sein Schwert auf und ließ es in die Scheide rasseln.

»Nein, Mylord!«, ereiferte sie sich, von plötzlichem Entsetzen gepackt, da er zur Tür schritt. Sie stürmte los, um ihm den Weg abzuschneiden. »Ich kann nicht Eure Gemahlin werden.«

»Ihr werdet es.«

»Aber warum ausgerechnet ich?«

»Aus zwei Gründen. Zum einen sind Eure Ehre und Keuschheit heute Nacht verletzt worden. Die gesamte Dienerschaft weiß, dass es Euer Bett war, in das ich gestiegen bin, Versehen hin oder her.«

Sie hatte eine Chance, überlegte sie. Vielleicht war sie zu hart mit ihm ins Gericht gegangen. Sie milderte ihren Ton und sah ihn durchdringend an.

»Es ist überaus edelmütig von Euch, Mylord, dass Ihr aus Rücksicht auf meine Person einer möglichen Rufschädigung vorgreifen wollt. Was Ihr indes nicht wisst, ist, dass mich das Gerede der anderen nicht kümmert. Ich bin weit über das heiratsfähige Alter hinaus und lasse mich von Verleumdungen nicht beeindrucken, die verbreitet …«

»Was Ihr sagt, ist schlichtweg falsch. Indes habe ich nicht die Zeit, eine so dermaßen törichte Frau wie Euch vom Gegenteil zu überzeugen.«

Sie öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, doch er bedeutete ihr mit einer unwirschen Geste seiner Hand zu schweigen.

»Und nun zum Zweiten: Ihr werdet mich heiraten, weil es Euer Tun war, dass ich heute Nacht meiner Braut verlustig ging.«

»Mein Tun?«

»Gewiss! War dieser hinterhältige Hurensohn nicht einer Eurer Männer? War es nicht Euer Schlafgemach, das Ellen belegt hatte, als er zu ihr ins Bett schlüpfte?«

Wutentbrannt schleuderte sie ihm ihre Antwort entgegen. »Behauptet Ihr jetzt etwa, dass David Hume zu mir ins Bett wollte?«

»Nein! Das hätte mich nicht gekümmert. Die Sache sieht folgendermaßen aus: Ich habe das Crawford-Mädchen verloren und Ihr werdet ihren Platz einnehmen.«

»Das werde ich nicht!«, entgegnete sie. Was auch immer sie bislang geäußert hatte, war bei ihm auf taube Ohren gestoßen. »Diesmal irrt Ihr Euch ganz gewaltig. Ich bin nicht irgendeine Streunerin, die durchs Land zieht und jedem zu Willen ist.«

»Nein, aber Ihr seid auf meine Ländereien gekommen, folglich gehört Ihr mir.« Er legte eine Hand auf seinen Schwertknauf. »Ich weiß, dass Ihr keine Streunerin seid. Ihr seid eine Dame. Noch dazu eine Jungfrau. Das kann ich vor aller Welt bezeugen!«

Sie ballte ihre Fäuste. »Meine Jungfräulichkeit hat Euch nichts anzugehen! Ich bin noch …«

»Ich habe keine Zeit für solchen Unfug.« Unmut trat in Athols angespannte Züge. »Ich will eine Frau, und zwar sofort.