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In der Nachtwindhöhle wartet Cro, ein junger Vampir-Dämon, seit über 50 Menschenjahren auf die Rückkehr seines besten Freundes Xaeven. Als dieser endlich zurückkehrt, stellt sich die Frage, ob Cro den Schlüssel zur Kampfhalle behalten darf, den Xaeven ihm einst anvertraute. Eine unerwartete Chance und ein Versprechen an seinen kleinen Bruder Kay führen Cro auf einen gefährlichen Pfad. Während er lernt, seine magischen Fähigkeiten zu beherrschen, werden seine Freundschaft und sein Mut auf die Probe gestellt. Eine packende Geschichte über Mut, Magie und die wahre Bedeutung von Freundschaft.
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Seitenzahl: 187
Veröffentlichungsjahr: 2024
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• Das Versprechen
• Ein Praktikumsplatz für Cro
• Kämpfen muss nicht sein
• Die Gedankenübertragung
• Das Wiedersehen
• Interessante Fakten
• Andere Höhlen, andere Sitten
• Die Überraschung für Kay
• Der Hinweis
• Die Diebin
• Schwierige Geheimhaltung
• Wird Xaeven mitmachen?
• Plötzlicher Überfall
• Schattenmäuse
• Anders als geplant
• Hungrig oder satt?
• Unangenehme Überraschung
• Das lang ersehnte Treffen
„Fünfzig Menschenjahre sind vergangen, seit unsere Königin sich mit Achtzehn ihrer engsten Vertrauten und ihrem erstgeborenen Sohn, Xaeven, zu einer bedeutsamen Reise aufgemacht hat. Es scheint, als hätten sie es bisher nicht geschafft, die Spannungen zwischen den Völkern der vampir-dämonischen Frozen-Höhle und der Dara-Höhle zu schlichten.
Das Wasser der Frozen-Höhle ist verdampft und das Feuer der Dara-Höhle erloschen. Karim Nachtwind, der König, steht mit seiner Gemahlin in ständigem Kontakt. Die Königin sagte, dass die Artefakte, die einen Herrscher der jeweiligen Höhlen ausmachen, spurlos verschwunden sind. Nun gibt es Gerüchte, dass die Königin und ihre Begleiter in drei Wochen wieder zurückkehren werden. In der Höhle hat der König so lange das Sagen. So lange die Königin nicht wieder zurück ist, bleibt das auch so.“
Cro hob die Hand und Herr Neuwind, sein Lehrer, der gerade geredet hatte, nahm ihn dran:
„Ja, Cro?“
„Zum Glück hat Karim nur wenig verändert und deshalb ging in der Höhle alles seinen gewohnten Gang, solange die Königin und die anderen Vampir-Dämonen, die mit ihr gegangen sind, weg sind.“
„Cro, sie sind noch nicht wieder da.
Niemand weiß, wie lange sie noch unterwegs sind.“
„Aber ich freue mich schon, Xaeven wieder in unserer Klasse zu haben. Er hat ganz schön viel verpasst in der Schule.
Immerhin ist er seit fünfzig Menschenjahren weg. Ob er auch größer geworden ist?“
Cro packte beim Sprechen die Hand auf den Kopf, sein orange-farbiges Haar drückte er dabei fest an die Schädeldecke.
Diesielja wendete sich ihm zu:
„Na klar ist er gewachsen. Du doch auch“, sagte sie kopfschüttelnd. Dabei wickelte sie eine ihrer blonden Strähnen um den Finger. Cro stellte fest:
„Ja, stimmt. Ich reiche meiner Mutter nun bis zur Schulter.“
„Ja, das meine ich. Ich habe mal eine ganz andere Frage: Nutzt du den Trainingsraum überhaupt, von dem du den Schlüssel von unserem ersten Prinzen, Xaeven Nachtwind, erhalten hast? Immerhin gab er ihn dir vor seiner Abreise.“
„Ja, jede Woche. Nur nicht unbedingt zum Kampftraining, wie er es wollte, sondern zum Schlagzeug spielen.“
„Ruhe im Klassenzimmer! Wir haben noch Unterricht.“ Nachdem Herr Neuwind das gesagt hatte, klingelte es und die Stunde war vorbei. Er fügte hinzu: „Gut, ihr seid erlöst. Ich wünsche euch einen schönen Nachmittag. Ich denke, dass diejenigen, die noch keinen Brief bezüglich ihres Praktikumsplatzes erhalten haben, diesen im Laufe der nächsten Tage erhalten werden.“
Die jungen Vampir-Dämonen verließen das Klassenzimmer. Diesielja fragte Cro beim Hinausgehen weiter aus:
„Spielst du zusammen mit deinen Freunden Casey, Alies und Jalies in der Halle Schlagzeug?“
„Ja, wir musizieren dort alle zusammen.
Willst du mal mitkommen? Morgen bin ich auch wieder dort.“
Diesielja schüttelte den Kopf:
„Nein, ich muss lernen und mich auf mein Praktikum als Heilerin vorbereiten.“
„Ach so, dann wünsche ich dir noch einen schönen Tag.“ Cro winkte und Diesielja winkte zurück. Ihr Weg trennte sich, da Diesielja in eine andere Richtung ging. Cro murmelte auf dem Weg zu einer der Startund Landeplattformen vor sich hin:
„Ich hoffe, dass ich auch endlich mal eine Zusage für einen Praktikumsplatz erhalte.
Immerhin hat mein kleiner Bruder mir geholfen, die Briefe in den jeweiligen Briefkastenschlitz einzuwerfen. Sonst muss ich noch zugeben, dass ich nur Absagen für mein Praktikum bekommen habe, weil ich in den Magie- und Kampf-Techniken der Schlechteste bin.“
Beim Sprechen breitete Cro seine fledermausähnlichen Flügel aus, die an der Innenseite dunkelviolett und außen dunkelbraun waren. Dann flog er nach oben zur zehnten Etage, auf der sich die Wohnung seiner Familie befand. Er landete und ging dann zu Fuß weiter.
Als Cro seine Wohnung erreichte und zur Tür hineintrat, wartete sein kleiner Bruder schon geduldig auf ihn. Er stand mit ausgebreiteten Flügeln in der Diele. Die fledermausähnlichen Flügel waren auf der Innenseite dunkelblau und außen dunkelbraun mit einem leichten bläulichen Schimmer. Seine Krallen funkelten grauviolett. Er hielt etwas hinter seinem Rücken und lächelte Cro an. Dabei blitzten seine Vampirzähne hervor. Die hellblauen Augen strahlten vor Freude.
Bevor Cro fragen konnte, was ihm solch eine Freude bereite, rief seine Mutter Katharina aus der Küche:
„Ich habe deinem kleinen Bruder heute die Post gegeben!“ Als sie das gesagt hatte, holte Kay den an Cro adressierten Brief hervor und hielt ihn mit beiden Händen – so, dass Cro die Adresse lesen konnte. Der Briefumschlag war an den Ecken ungefähr einen Zentimeter schwarz eingefärbt und der Rest des Briefes war weiß. Die Adresse von Cro Silberstar, Wohnungsnummer 268, 10. Etage, war in einer edlen, verschnörkelten Schrift geschrieben. Kay hielt den Brief fest und sagte:
„Versprich mir, dass du mit mir auf einem Fledermausreider reitest!“ Kay schaute seinen Bruder erwartungsvoll an.
„Ich verspreche es. Wir reiten irgendwann auf einem dieser fledermausähnlichen Tiere, die so groß wie ein Pferd sind. Ich weiß, dass sie in kurzer Zeit lange Flugstrecken hinter sich bringen. Trotz der großen Flügel haben sie vier Tatzen. Ich finde diese Tiere so wundervoll. Ich konnte leider noch nie einen streicheln. Obwohl einer meiner Freunde, beziehungsweise die Familie von Casey, einen Fledermausreider haben, weil sie in der Landwirtschaft tätig sind“, sagte Cro und verwuschelte seinem kleinen Bruder das braun-orangenehaar.
Dann erst überreichte Kay seinem großen Bruder den Brief. Er schaute Cro mit strahlenden Augen an.
„Bitte, Mama sagt, dass du in dem Job zu den Fledermausreidern kommst.“ Cro sprach beim Aufmachen des Briefes:
„Oh, wie cool! Das ist zwar nur ein Praktikumsplatz, Kay, aber wenn ich etwas mit den Fledermausreidern machen darf, wäre das megacool.“ Er faltete den Brief auseinander und las die Betreffzeile: „Ich werde den Beruf des Höhlenmeisters anschauen dürfen. Hurra!“ Er freute sich so sehr, dass er seinen kleinen Bruder hoch hob und sich mit ihm einmal im Kreise drehte. „Danke, darauf habe ich die ganze Zeit gewartet!“ Katharina verwuschelte Cro sein halbkurzes oranges Haar:
„Ich bin froh, dass du endlich eine Zusage hast. Die anderen beiden Stellen, auf die du dich beworben hast, haben dir ja leider abgesagt.“
„Ja endlich, nächste Woche geht es ja schon los. Ich dachte schon, dass ich keinen Praktikumsplatz mehr bekommen würde. Die anderen aus meiner Klasse haben nämlich schon alle einen Platz.
Woher wusstest du das eigentlich? Dass der Brief vom Höhlenmeisters ist.“
„Die Ecken des Briefes sind schwarz eingefärbt, das bedeutet meistens, dass er vom Höhlenmeister kommt. Da du dich auf den Praktikumsplatz beworben hast, konnte es nur das sein.“
„Ich freue mich schon richtig zu erfahren, was man als Höhlenmeister so macht!“
Am nächsten Morgen fand Cro sich auf der sechsten Etage der Höhle ein. Er wartete vor der Bibliothek mit der Zusage in der Hand. Auf einmal stand eine Vampir-Dämonin vor ihm. Cro musterte sie unauffällig von oben bis unten. Sie trug eine braune Hose und dazu eine weiße Bluse.
Mit ihrem bis zur Brust reichendem schwarzen Haar und den dunkelblauen Augen schaute sie Cro direkt an. Dabei lächelte sie freudig und sagte:
„Du musst Cro Silberstar sein. Ich bin Luna Windeule, die dir diesen Brief geschickt hat. Du hast in deiner Bewerbung ja geschrieben, dass du noch nicht genau weißt, wo du das Praktikum machen möchtest. Ich habe mir dein Zeugnis mal angeschaut und gesehen, welche Fächer du belegt hattest. Da bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass du meiner Ansicht nach für den Beruf des Höhlenmeisters bestens geeignet bist. Ich würde mich freuen, wenn ich dich am Ende des Tages für die Zeit des Praktikums meinen Lehrling nennen kann.“
„Ich wusste nicht, dass der Höhlenmeister eine Frau ist!“ „Wirklich nicht? Es gibt viele Berufsgruppen, die augenscheinlich männlich beschrieben sind. Das bedeutet aber nicht, dass da nicht auch Frauen drin arbeiten. Anderes Beispiel: Der Beruf Schmied ist nicht spezifisch auf Mann oder Frau ausgeschrieben, es ist so gesehen eine Bezeichnung des Berufes. Sei dir also immer bewusst, du kannst auch eine Frau antreffen, die Schmied von Beruf ist. Das gilt auch für die anderen Berufe.“ „Oh, mir war das nicht so klar. Umso mehr freue ich mich schon zu erfahren, was man so alles als Höhlenmeister macht“, sagte Cro freudig.
„Na klar zeige ich dir alles, was ich dir in der kurzen Praktikumszeit zeigen kann.
Den Brief hättest du nicht extra mitbringen müssen. Aber nun lass uns an die Arbeit gehen. Wir starten heute in den Katakomben.“
Cro faltete den Brief so, dass er in seine Hosentasche passte, und steckte ihn ein.
Luna Windeule ging voraus. Er staunte nicht schlecht über ihre Flügel, die außen grau und auf der Innenseite schneeweiß waren. Ihre Krallen waren ebenfalls grau.
Sie flogen von der sechsten Etage bis zur untersten Ebene und landeten dort vor dem Eingang der Katakomben.
„Deine Flügelfarbe ist wirklich sehr schön.
Grau-weiß sieht man selten.“ Sie schmunzelte.
„Ja. Weißt du, wieso das so ist? Ich sage es dir: Ich bin in der Nacht unfassbar auffällig! Ein Drache kann mich schon aus hundert Metern Entfernung sehen und schwups hat er mich gefressen“, sagte sie und schlug dabei die Hände zusammen, wie beim Fangen einer Fliege. „Du dagegen hast wirklich eine sehr schöne Flügelfarbe.
Deine Flügel sind in der Innenseite violett und außen dunkelbraun und deine Krallen schimmern in einem dunklen Violett.
Wunderschön und so praktisch, und da es dunklere Farben sind, kannst du dich leicht im Schatten der Nacht oder auf Bäumen verstecken.“
Cro schüttelte den Kopf: „Nur weil sie außen braun sind, heißt das nicht, dass ich mich so gut tarnen könnte.“
„Stimmt“, sagte sie und grinste ihn breit an. Dann ging sie durch das offene Tor der Katakomben und Cro folgte ihr.
„Warst du hier unten schon mal und hast dir die Kampfhallen angesehen und dort geübt?“
Cro verneinte abermals: „Nein, ich war noch nie hier.
Sie war sichtlich erstaunt: „Wo hast du denn dann das Kämpfen bisher geübt? Du weißt doch sicherlich auch aus der Schule, dass die Königin schon vor Jahren ein ausdrückliches Verbot ausgesprochen hat außerhalb einer Kampfhalle an seinen Fähigkeiten zu üben!“
„Oben auf der achten Etage“, sagte Cro stolz. „Ich habe einen Schlüssel für eine Trainingshalle dort.“
„Was?“ Luna blieb der Mund offen stehen. Sie stoppte ihren Gang, wandte sich Cro zu und sah ihn an. Dann fügte sie hinzu: „Deine Eltern müssen ja richtig viel Geld haben. Von den Hallen, die nicht von der Schule genutzt werden, gibt es nur zwei. Eine davon hat die Königsfamilie in Gebrauch und die andere kann man für eine fast schon unverschämt hohe Summe mieten.“
„Ich zahle nicht dafür, ich habe nur den Schlüssel.“
„Irgendjemand wird dafür sicher bezahlen.“
„Ich habe den Schlüssel von Xaeven Nachtwind bekommen. Er hatte mir gesagt, dass ich die Halle gerne nutzen darf.“
„Wahnsinn! Ich habe zwar gehört, dass der Prinz jemandem den Schlüssel für die Halle gegeben hat, aber ich hielt es nur für ein Gerücht. Ich habe durch meinen Job auch wertvolle Schlüssel, die interessante Türen öffnen können.“
Luna kramte einen Schlüsselbund aus ihrer Tasche hervor und tat dabei sehr geheimnisvoll, wobei sie Cro leicht anstupste. Er wusste nicht so recht, wie er darauf reagieren sollte.
„Was machen wir hier denn jetzt genau?“
Luna steckte den Schlüsselbund wieder in die Tasche.
„Wir schauen nach dem Rechten und wenn irgendetwas nicht so ist, wie es sein sollte, geben wir den entsprechenden Vampir-Dämonen Bescheid, damit sie das Problem beheben können. Wie zum Beispiel hier: Eine Tür ließ sich nur schwer öffnen. Also habe ich den Leuten des Instandhaltungsteams Bescheid gesagt.
Natürlich versuche ich, so viel wie möglich selbst zu regeln. Doch heute schauen wir, ob die nur schwer zu öffnende Tür zur Kampfhalle drei repariert wurde. Weißt du denn, wie viele Kampfhallen es hier unten gibt? Und kannst du mir sagen, was es hier noch so gibt, außer den Grabhallen?“ Sie deutete weit nach hinten, wo es auf der linken Seite hinunter ging.
Sie gingen wieder ein Stück weiter und Cro zählte auf: „Es gibt sechs Kampfhallen, davon sollen angeblich vier kleiner sein und die anderen zwei sollen ziemlich groß sein, sodass darin mehr als zwanzig Vampir-Dämonen ungestört mit ihrer Kette üben können.“ Luna blieb stehen und streckte ihren Arm nach vorn. Um den Arm wandte sich ein Muster, das sich wie eine Blätterranke nach oben zu ihrer Schulter zog. Sie machte eine leichte Handbewegung und ließ dadurch eine Kette mit mehreren Spitzen ausfahren, die wie eine Sichel geformt war. Sie zog sie wieder ein, sodass nur eine sichelförmige Kettenspitze übrigblieb. Die Spitze schimmerte in glänzendem Metall und war so lang und breit wie ihre Handinnenfläche.
Sie kam direkt aus ihrer Hand. Die Spitze war mit einzelnen Kettengliedern mit ihrer Hand verbunden. Sie drehte die Kettenspitze nach links. Dadurch trennten sich die Glieder auf und lediglich die Kettenspitze blieb übrig. Sie fragte neugierig:
„Kannst du mit deiner Kette denn schon richtig kämpfen?“
Cro betrachtete seinen rechten Arm, dieser hatte ebenfalls Verzierungen wie bei Luna. Er tat es ihr gleich und fuhr eine der sichelförmigen Kettenspitzen seiner insgesamt achtundzwanzig Spitzen aus.
„Nein, noch nicht so wirklich.“ Dann fuhr er die Kettenspitze wieder ein. Die Spitze verschwand wieder in seiner Handinnenfläche. „Ich spiele viel lieber Schlagzeug, als mit meiner Kette zu üben.
Ich brauche sie ja eh nicht.“
Luna hatte ihre rechte Hand leicht nach rechts gedreht und so die Kettenspitze wieder mit ihren Kettengliedern verbunden:
„Wenn du nie aus der Höhle rausgehen möchtest, brauchst du sie wirklich nicht.
Solltest du allerdings außerhalb der Höhle sein wollen, solltest du im Falle eines Angriffes einschreiten können. Wie zum Beispiel, wenn ein böser Drache, der das ganze Umland mit seinem Feuer in Schutt und Asche legen will oder einfach nur auf Nahrungssuche ist und seinen Hunger mit dir oder anderen Wesen stillen möchte, auftaucht. Was haben wir hier denn noch außer den Hallen?“ Sie ging weiter voran und Cro folgte ihr.
„Ich habe nicht vor, mich jemals allzu weit von der Höhle wegzubewegen. Außer den Hallen gibt es noch einen Bunker, der in Richtung des Meeres gebaut wurde. Dann sind da noch die Grabhallen. Außerdem ist hier neben uns das Waffenlager.“
Er deutete auf die erste Tür, die nun rechts von ihnen auftauchte. Luna lobte ihn:
„Das ist richtig, doch das Wichtigste hast du vergessen.“ Sie schaute ihn erwartungsvoll an. Er überlegte kurz, dann fiel es ihm ein:
„Die Bibliothek der Gelehrten! Nur Vampir-Dämonen, die Meisterstufe zwei erreicht haben, dürfen diese Bibliothek betreten.“
„Ganz recht. Durch welche Tür müssten wir gehen, wenn wir da hinwollten?“, fragte Luna.
Cro deutete auf die Tür, die links von ihnen ein paar Schritte weiter lag.
„Die da?“
„Ja, ganz genau. Gut geraten!“ Cro schmunzelte.
Sie gingen weiter.
„Zur Bibliothek führt eine steinerne Wendeltreppe“, erklärte Luna. „Die Bibliothek liegt direkt unter uns. Die nächste Tür rechts führt zum Bunker und zur ersten Kampfhalle. Auf dem Türschild ist eine Fledermaus eingraviert. Zur zweiten, dritten, vierten und fünften Halle geht es durch die zweite Tür links. Die dritte rechte
Tür führt zur sechsten Kampfhalle.“
Sie standen nun direkt vor dem Türschild der zweiten Tür und Cro begutachtete es.
Das Schild war aus schwarzem Stein. Die Schrift und die Zeichnung einer Fledermaus leuchteten weiß. Luna ging schon weiter:
„Komm, lass uns zur dritten Kampfhalle gehen und überprüfen, ob die Tür heil ist.“
Als sie durch die zweite linke Tür traten, sahen sie ein mit weißer Magie ausgeleuchtetes Loch. Cro blieb stehen.
Luna flog hinunter und rief ihm hoch, als sie unten stand:
„Das ist wohl etwas ganz anderes, als einfach auf die sechste Etage zu fliegen und nur eine Tür öffnen zu müssen, stimmts? Na, komm, wir haben noch einen weiten Weg vor uns.“ Daraufhin flog Cro ebenso hinunter. Sie gingen den Gang weiter, der sich vor ihnen auftat. Er führte kurz darauf um eine Ecke, dann teilte er sich. Die beiden nahmen die linke Abzweigung.
„Ohne dich würde ich mich hier verlaufen“, gestand Cro nach kurzer Zeit, als sie schon zwei Gabelungen passiert hatten. Da kam ihnen ein Vampir-Dämon entgegen, der sie freundlich grüßte und dabei an ihnen vorbeiging. Luna rief ihm hinterher:
„Einen schönen Tag Ihnen!“ Dann ging sie auf Cros Aussage ein: „Wenn du dich verläufst, findet dich immer irgendwer. Hier ist immer irgendjemand unterwegs, der sich auskennt. Ah, wir sind da.“
Sie standen vor einer massiven Steintür.
Luna öffnete sie bis zum Anschlag. Dann schloss sie sie wieder. Dann öffnete sie die Tür erneut. Das wiederholte sie dreimal.
Erst bei der dritten Wiederholung fragte Cro:
„Warum machst du die Tür immer wieder auf und zu?“
„Die Tür war defekt. Sie ließ sich nur schwer bis zum Anschlag öffnen. Ich probiere aus, ob das jetzt behoben wurde.
Und wie du sehen kannst, ist das Problem hervorragend behoben worden. Versuch es mal selbst, sie öffnet sich nun fast von allein.“ Luna trat zur Seite. Cro nahm den Türknauf in die Hand, schloss die Tür und öffnete sie wieder.
„Ja, stimmt, es geht so leicht, als wäre es eine Holztür“, stellte er fest.
„Super, dann lass uns mal schauen, ob drinnen alles seine Richtigkeit hat.“ Sie betraten die Halle, die mit einem weißen Licht ausgeleuchtet wurde. Luna schritt durch den großen Raum und wusste genau, wo sie hingehen musste. In der Halle schien augenscheinlich nichts zu sein. Doch Luna holte aus ihrer Hosentasche einen Stein, den sie an die linke Hallenwand hielt. Als Cro bei ihr angekommen war, sah er, dass sich an der Wand ein Schlüsselloch aufgetan hatte.
Luna zauberte mithilfe weißer Magie den Schlüsselbund aus ihrer Hosentasche in ihre linke Hand, steckte einen der Schlüssel ins Loch und öffnete eine Tür, die vorher nicht sichtbar war. Hinter dieser befand sich der Mechanismus der Beleuchtung.
„Wir werden jetzt in jeder der Hallen schauen, ob noch genug Lichtbälle vorhanden sind. Die sorgen nämlich für das Licht hier. Schau!“
Sie deutete mit den Fingern auf die verschiedenen Stationen. „Dort kommen die Lichtbälle rein. Da passen so um die vierzig hinein. Von dort wandert, wenn der Raum betreten wird, ein Lichtball in diesen Apparat, der den Ball aufteilt und die Licht-Magie in die Deckenbeleuchtung weiterleitet. Wenn der Lichtball aufgebraucht ist, rutscht immer einer nach.
Sollte jemand kürzer in der Halle sein, gibt es neben der Tür einen Lichtschalter. Dort kann das Licht ausgeschaltet werden. Ich fülle die Lichtbälle jetzt auf und dann gehen wir zu den anderen Kampfhallen und schauen, ob wir sie dort ebenso auffüllen müssen.“
„Musst du das jeden Tag machen?“ Luna musste lachen: „Nein, das wäre ein Graus.
Meistens halten die Lichtbälle über zwanzig Jahre. Je nachdem, wie oft die Hallen benutzt werden.“
„Ach so. Und du kannst Licht-Magie anwenden?“ Luna deutete auf ihre Flügel und sagte:
„Ja, sieht man das nicht?“ Cro musste über sich selbst schmunzeln: „Stimmt, hätte mir auffallen sollen.“
Sie zauberte nun eine leuchtend weiße Materie, die sich in ihren Händen zu einer strahlenden Kugel formte. Anschließend legte sie diesen weißen Lichtball beiseite und formte weitere vierzehn davon, die sie anschließend in den Apparat packte. Dann schloss sie die Tür wieder, drehte den Schlüssel im Schloss und nahm ihn aus dem Schlüsselloch, das daraufhin sofort verschwand. Die Wand sah wieder so aus, als ob da nie etwas gewesen wäre. So gingen sie jede der Kampfhallen ab und füllten die Lichtbälle in den Hallen wieder auf. Diese Tätigkeit nahm den gesamten Tag in Anspruch, da sie auch die Hallen der Schule auf ihrer Liste hatten und das Hinund Herlaufen und Herumfliegen auch einiges an Zeit kostete.
Tags darauf trafen sie sich wieder an der Bibliothek auf der sechsten Etage. Cro sagte freudig:
„Gestern hat es mir sehr viel Spaß gemacht.“
Luna freute sich sichtlich:
„Das ist super! Das freut mich wirklich.
Komm, zur Feier des Tages fliegen wir nach ganz oben und du erzählst mir, wie die Höhle so aufgebaut ist und ich sage dir dann, was unsere Aufgabe auf der jeweiligen Etage ist.“
Sie flogen auf die oberste, die fünfzehnte, Etage und landeten auf einer der Start- und Landeplattformen. Als sie gelandet waren, stellte Cro fest:
„Die meisten Plattformen sehen aus wie eine gerade ausgestreckte Zunge.“
„Ja, da hast du recht. Weißt du, wofür die Plattformen hier auf der fünfzehnten Etage gut sind?“
Cro schaute zur Wand der Plattform, auf der sie standen. Das Licht, das durch den Illusionszauber der Bergspitze schien, erleuchtete die dort stehenden Schränke und das Konstrukt aus Stein, auf dem ein Sattel aufgehängt war. Der Illusionszauber lässt den nach oben offenen Berg geschlossen aussehen, sodass niemand dahinter kommt, dass der Berg eigentlich bewohnt ist.
„Hier satteln die Vampir-Dämonen, die einen Fledermausreider besitzen, ihre Fledermausreider. Von hier aus starten sie, auch wenn sie nach draußen fliegen möchten, und landen dann wieder hier. Dort an der Wand haben die Besitzer die Ausrüstung zur Pflege und Sattelung gelagert. Auf der vierzehnten Etage befinden sich die Ställe und zwischen den Ställen sind ein paar kleine Wohnungen.
Die meisten besitzen nur ein oder zwei Reittiere, außer die Königsfamilie, die drei Reittiere besitzt. Ich frage mich allerdings, wie man eigentlich in den Besitz eines Fledermausreiders kommen kann?“
Luna beantwortete die Frage: „Die Fledermausreider werden meistens für die Landwirtschaft genutzt. Als Vampir-Dämon, so wie du und ich welche sind, hast du kaum eine Chance, einen Fledermausreider zu halten. Denn wir haben grade mal elf Fledermausreider, die hier in der Höhle untergebracht sind. Ich weiß, dass außerhalb der Höhle bei dem größten unserer Landwirtschaftsbetriebe noch zwei weitere Fledermausreider gehalten werden.
Wir haben also insgesamt dreizehn Fledermausreider.“
„Echt, nur dreizehn?“
„Ja. Es ist schwer die Fledermausreider dazu zu bewegen, sich zu paaren. Wenn aber doch mal ein Fledermausreider-Junges geboren wird, kann man sich als dessen späterer Reiter bewerben. Eine, ich sage mal, Jury wird dann entscheiden, ob du geeignet bist oder einer der vielen anderen Bewerber geeignet ist. Jedes der Kinder unserer Königin besitzt gemäß ihrem Willen ebenfalls einen eigenen Reider. Natürlich haben sie Personal, das sich um die Tiere kümmert. Immerhin ist Xaeven schon seit fünfzig Menschenjahren weg. Sie haben seinen Fledermausreider damals hier gelassen, weil er noch zu jung war, um auf eine so lange Reise mitzukommen. Sein Bruder Dris hat, wie ich gehört habe, andere Sachen zu tun, als sich mit seinem Flugtier zu beschäftigen.
Aber dafür haben sie ja schließlich Angestellte, die sich liebevoll um die Tiere kümmern.“
Cro ging zum Rand der Plattform und schaute eine Etage tiefer auf einen der Ställe: