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Seit einiger Zeit diskutieren Fans während der Sommerpause fast mehr als während des Spielbetriebs. Vertragsdauer, Ausstiegsklausel und Handgeld sind nur einige der Schlagworte. Dabei läuft alles auf den einen Moment hinaus, den Deadline Day. Der letzte Tag des Transferfensters ist die vorerst finale Möglichkeit für Spieler, den Verein zu wechseln. Der weltweite Fußballzirkus hat sich damit eine weitere Attraktion geschaffen, und die Fans lassen sich bereitwillig in den Bann ziehen. Mit seinem Buch liefert Transfer-Experte Max Ropers eine unterhaltsam wie spannend zu lesende Geschichte des Transfermarkts und klärt unter anderem folgende Fragen: Wie kommen die hohen Spielermarktwerte zustande? Wie entstehen Transfergerüchte und welche sind seriös? Und woran erkennt man gute und weniger gute Deals? Das klärt Ropers mit Experten und befragt die wichtigsten Protagonisten der Branche: Spieler, Berater, Manager.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Deadline Day
Max Ropers, geboren 1993 in Buxtehude, liebt den Fußball wie kein Zweiter. Bereits beim Studium an der Hochschule Macromedia stand fest, dass es für ihn nur den Sportbereich geben soll. Über sechs Jahre arbeitete Max bei transfermarkt.de, dem Anlaufpunkt für Millionen von Fußballfans. Hier hostete er den Podcast »Done Deals«, der das aktuelle Geschehen und besten und schlechtesten Transfers der Historie behandelt. Heute arbeitet er als freier Sportjournalist, u.a. für das Hamburger Abendblatt. Er besitzt zudem die B-Lizenz als Fußballtrainer.
Ende Mai und Ende Dezember, das bedeutet: Sommerpause respektive Winterpause in der Bundesliga. Saure-Gurken-Zeit. Die Teams sind im Trainingslager in den Alpen, in Südeuropa oder in Dubai. Den Fans stehen karge Wochen bevor, ehe endlich wieder der Ball rollt. So stellte sich die Lage jahrzehntelang dar. Seit einigen Jahren jedoch wird während der fußballfreien Zeit fast mehr berichtet und diskutiert als während des Spielbetriebs. Vertragsdauer, Ausstiegsklausel, Berater, Handgeld sind nur einige der Schlagworte, die in dieser Zeit fallen und die alle auf den einen Moment verweisen: aufden Deadline Day – den letzten Tag des Transferfensters, die letzte Möglichkeit für Berater, ihre Spieler noch bei einem neuen Verein unterzubringen.Transfer-Experte Max Ropers war lange Zeit Mitarbeiter der bei Fans so beliebten Website transfermarkt.de. In seinem Buch gibt er einen konzisen Einblick in die Geschichte und die Entwicklung des Marktes und schildert deren wichtigsten Aspekte und Funktionsweisen. Ropers hat für sein Buch mit zahlreichen Profis und Experten aus der Branche gesprochen und liefert eine unterhaltsame Gebrauchsanweisung für die faszinierende Welt der Transfers.
Max Ropers
Warum der Transfermarkt uns Fußball-Fans so begeistert
Ullstein
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ISBN 978-3-8437-3540-7
© Ullstein Buchverlage GmbH, Friedrichstraße 126, 10117 Berlin 2025
Lektorat: Lars Zwickies
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Titelei
Das Buch
Titelseite
Impressum
Vorwort
Denn wir wissen nicht, was sie tun: Wie funktioniert ein Transfer?
Intro
Die wichtigsten Transfers der Geschichte
Intro
Die Transferpioniere – vom Weißen Ballett bis zum bayerischen FC Hollywood
Ein kleiner Schritt für Bosman, ein großer für den Fußball
Die Nach-Bosman-Ära am Beispiel von Bayer Leverkusen und Borussia Dortmund
Real Madrid – Geschäftsmodell Galacticos
Chelsea – der Reichste unter den Reichen
Bayern öffnet das Festgeldkonto
Die toxische Beziehung zwischen dem HSV und Klaus-Michael Kühne
Borussia Dortmund – Phönix aus der Asche
Neymar – der Transfer, der die Welt veränderte
Der moderne Transfermarkt seit 2017
Intro
Wie die UEFA den Transfermarkt verschlimmbessert hat
Wie Superstars ihre Klubs (nicht) beherrschen
Liverpool und Manchester United – more money, more problems
Wie Bayern München und Borussia Dortmund gegen die hohen Gehälter kämpfen
Was macht eigentlich ein Sportdirektor?
Spielerberater – »Show me the Money!«
Wie funktioniert Transferjournalismus?
Die Zukunft des Transfermarkts: bald deutsche Nationalspieler in Saudi-Arabien?
Intro
Anhang
Danksagung
Literaturverzeichnis
Social Media
Vorablesen.de
Cover
Titelseite
Inhalt
Anfang Juni sind alle Titel im Vereins-Fußball vergeben, und in der Bundesliga beginnt die Sommerpause. Saure-Gurken-Zeit für die Fans. Die Teams sind im Trainingslager in den Alpen oder auf Marketing-Tour in den USA. Wenn keine Welt- oder Europameisterschaft ansteht, stehen den Fußballbegeisterten drei karge Monate bevor, ehe im August endlich wieder der Ball rollt.
So stellte sich die Lage jahrzehntelang dar. Seit einigen Jahren jedoch wird während der fußballfreien Zeit fast mehr berichtet und diskutiert als während des Spielbetriebs. Vertragsdauer, Ausstiegsklausel, Berater, Handgeld – das sind nur einige der Schlagworte, die in dieser Zeit überall zu hören und zu lesen sind und die alle auf den einen Moment verweisen: den Deadline Day! Der letzte Tag des Transferfensters, die letzte Möglichkeit für Berater, ihre Spieler noch bei einem neuen Verein unterzubringen.
Der globale Fußballzirkus hat sich eine weitere Attraktion geschaffen, und die Fans lassen sich bereitwillig in deren Bann ziehen. In den USA haben die Nachrichten darüber, welcher Sportler zu welchem Franchise wechseln wird, die Berichterstattung über die reinen Ergebnisse längst überflügelt. Der »Trade« von Luka Dončić von den Dallas Mavericks zu den Los Angeles Lakers etwa sorgte bei diversen Medien wie ESPN für absolute Rekordquoten. Und auch im internationalen Fußball geht der Trend dahin, dass immer mehr Zuschauer ihr Herz nicht an einen Verein hängen, sondern den Karrieren einzelner Spieler folgen. Traditionalisten mögen einwenden, dass die Ablösesummen und Gehälter mittlerweile in unmoralische Sphären abdriften, aber der Lauf der Dinge lässt sich eben auch im Fußball nicht aufhalten, geschweige denn zurückdrehen. Sind es letztendlich nicht doch nur Zahlen? Waren die knapp 7 Millionen Euro für Diego Maradona im Jahr 1984 oder die 60 Millionen für Luís Figo 2000 nicht damals genauso verschrien? »So viel Geld ist doch kein Mensch wert!«, hörte man überall. Wirklich nicht?
Notiz: In diesem Buch werden alle Ablösesummen, Gehälter und sonstige Zahlungen in Euro angegeben. Die Umrechnung aus Mark, Pfund, Dollar oder anderen Währungen erfolgt aus den Wechselkursen der jeweiligen Jahre. Ablösesummen sind, wenn nicht anders angegeben, dem Register von transfermarkt.de entnommen. Dies dient der Vergleichbarkeit. Gehälter kommen von Geschäftsberichten, Medienberichten und Zitaten. Kolportierte Gehälter stammen aus Medienberichten.
Der Fußball und sein Transfermarkt haben bis heute trotz Wirtschaftskrisen, Pandemien und gesellschaftlichem Wandel keinen nachhaltigen Einbruch zu beklagen. Es gibt nur eine Richtung: nach oben! Selbst die banalsten Infos bei einem Transfer wie dem von Harry Kane zum FC Bayern generieren Millionen von Klicks, Views und Likes: Ist er schon gelandet? Hat er schon im Hotel eingecheckt? Wann kommt er an der Säbener Straße an? Die Berichterstattung, von den Fans, Journalisten, aber auch Beteiligten gern als abgehobener und moralisch fragwürdiger Wahnsinn bezeichnet, zieht trotzdem Millionen in ihren Bann. So hat etwa der Transfer-Insider Fabrizio Romano, der nahezu über jeden Topwechsel informiert ist und als eine Art Warren Buffett des Transfermarktes gilt, jeweils über 30 Millionen Follower bei X und Instagram. Bei Facebook sind es rund 23 Millionen und bei TikTok noch mal 15 Millionen Menschen.
Wer den Mechanismus der sozialen Medien versteht, weiß, dass so ein Account Tag für Tag gepflegt werden muss. Darum können Romano und seine Konkurrenten wie Sky-Reporter Florian Plettenberg nicht auf die offiziellen Transferfenster warten, um ihre Infos zu veröffentlichen. Das führt zu Echtzeitjournalismus, der die Fans über jeden einzelnen Zwischenschritt informiert. Es heißt also nicht nur Done Deal, sondern auch Angebot unterbreitet, Wechselwunsch hinterlegt oder Annäherung im Bereich des Möglichen.
Aber warum interessiert das die Fans so sehr? Bieten die teils über sechzig Spiele pro Saison, die manche Teams absolvieren müssen, nicht genügend Gesprächsstoff?
Offenbar nicht. Ganz im Gegenteil werden die Ergebnisse auf dem Platz sofort mit getätigten Transfers in Verbindung gebracht. Doch ein solcher Diskurs basiert auf vielen Halbwahrheiten, Lügen und Gerüchten. Dieses Buch leistet Aufklärungsarbeit – ohne den Anspruch zu erheben, dass es die einzige Wahrheit zeigt. Denn es gibt auch 2025 im Transfermarkt nicht nur eine Wahrheit.
»Es geht nur ums Geld. Jeder, der mir was anderes erzählt, redet Blödsinn. Ich will diesen Mist nicht hören«, sagte Roger Wittmann, einer der berühmtesten und erfolgreichsten Spielerberater Deutschlands, 2025 im Interview bei transfermarkt.de. Doch auch das ist nicht die ganze Wahrheit. Denn es gibt tatsächlich Fußballprofis, die manchmal auf Geld verzichten.
Weitere Mythen, die oft kolportiert werden: transfermarkt.de bestimmt die Ablösesummen der Spieler, oder die Berater sind das Übel im modernen Fußball (man denke an den Piranha-Vergleich von Uli Hoeneß), weil sie nur an den Transfers ihrer Klienten verdienen und diese deshalb zu dauernden Vereinswechseln motivieren. (Aber ist das wirklich so? Und wenn ja, ist das überhaupt schlimm? Ist es nicht in unserer eigenen Arbeitswelt genauso? Wir wechseln den Job, wenn wir woanders bessere Bedingungen vorfinden.) Diese und viele andere Mythen nehme ich unter die Lupe. Ich kläre außerdem, warum die Teams so unterschiedliche Transferstrategien fahren. Aus welchen Gründen etwa arbeitet nicht jeder Verein so konservativ wie der SC Freiburg oder der 1. FC Heidenheim, der fast nur deutschsprachige Spieler verpflichtet? Warum hat Borussia Dortmund nicht schon 2001 das Börsengeld in junge entwicklungsfähige Spieler investiert? Damals hätte man zum Beispiel den jungen Ronaldinho verpflichten können.
Der Transfermarkt lebt in all seinen Ausprägungen von den Akteuren. Darum war es mir wichtig, selbst mit den unterschiedlichsten Playern zu sprechen. Meine Erfahrung durch viele Jahre bei transfermarkt.de und Hunderte Podcast-Episoden hat mir dabei geholfen, mehr als nur einen Fuß in die Tür zu bekommen. In den Gesprächen selbst war es wichtig, auf der Höhe zu sein, denn die Ereignisse liegen manchmal Jahrzehnte zurück, sodass Erinnerungen und Fakten nicht immer übereinstimmen. Ralf Rangnick, Holger Sanwald, Paul Fernie, Heribert Bruchhagen und Mirko Slomka gaben mir viel von ihrem Insiderwissen preis, Michael Reschke, Florian Plettenberg, Patrick Berger, Davie Selke und Dr. Andrej Dalinger standen ebenfalls Rede und Antwort, auch Terrence Boyd, Martin Harnik, Raphael Honigstein und Tobias Kröger hatten viel Spannendes beizutragen. Um nur einige zu nennen.
Bei ihnen allen und auch den Gesprächspartnern, die nicht namentlich genannt werden wollten, bedanke ich mich dafür, dass sie dazu beigetragen haben, das Buch mit ihren Einblicken und ihrer Expertise vom Kopf auf die Füße zu stellen.
Zu Beginn kläre ich die Frage: Wie funktioniert überhaupt ein Transfer? Danach blicke ich zurück und mache deutlich, wie wir an den Punkt gekommen sind, an dem wir heute stehen. Welche Personen haben welche Transferstrategie befolgt, welche Transfers waren Gamechanger, und welche äußeren Einflüsse haben den Markt von Grund auf verändert? Basierend auf diesem Rückblick bewerte ich dann die aktuelle Lage, analysiere Transfers, beleuchte die Arbeit der Vereine. Am Schluss steht ein Blick in die Zukunft: Wie reich wird die Premier League? Spielt Florian Wirtz bald in Saudi-Arabien? Machen es die Superstars wie Lionel Messi und wechseln in die MLS?
Aber eins nach dem anderen. Zunächst schauen wir uns an, wie so ein Transfer eigentlich abläuft.
Gab es früher die sprichwörtlichen 80 Millionen Bundestrainer, so scheinen es heute 80 Millionen Sportdirektoren zu sein. Online-Managerspiele wie Kickbase oder Comunio erfreuen sich großer Beliebtheit. Spieler können fiktive Budgets verwalten, Statistiken analysieren und mit Freunden in die Verhandlungen gehen. Der Mythos um den Transfermarkt schürt eine Begeisterung, die zum Mitmachen anregt. Ganz so einfach ist es in der Realität aber natürlich nicht.
Wie muss man sich nun die Arbeit eines Verantwortlichen vorstellen? Über allem steht die Kaderplanung, die auf vier Säulen aufgebaut ist. Eine dieser vier Säulen bilden die Transfers. Die anderen drei sind die aktuellen Spieler im Kader, verliehene Spieler und die Spieler des eigenen Nachwuchses. Ein Sportdirektor wird nur selten ein »leeres Feld« vorfinden. In den Profi-Ligen stehen die meisten Spieler immer unter Vertrag.
Sportdirektoren und Berater bezeichnen Vertragsverlängerungen der eigenen Spieler öfter auch als »Transfer«. Denn bei jeder Verlängerung wird in der Regel Geld transferiert. Sie korrigieren sich manchmal, um in der Öffentlichkeit nicht missverstanden zu werden. Es zeigt aber, dass Vertragsverlängerungen in vielen Teilen genauso ablaufen wie der Kauf eines Spielers. Die wichtigsten Transfers können manchmal Vertragsverlängerungen der eigenen Spieler sein.
Ein externer, also ein »richtiger« Transfer kommt für einen Verein immer dann infrage, wenn sich die Verantwortlichen nach der Kaderanalyse dazu entscheiden, dass auf einer Position Handlungsbedarf besteht. Sei es wegen eines Abgangs, einer Verletzung oder aus Leistungsgründen.
Ein fiktives Beispiel: Du, der Leser oder die Leserin, führst im Februar 2025 einen Verein. Den FC Deadline Day. Der FC Deadline Day spielt in der 2. Liga und muss jetzt damit umgehen, dass der eigene Linksverteidiger Jan Meier ein Vertragsangebot von einem anderen Klub bekommen hat. Meiers Vertrag beim FC Deadline Day läuft noch bis Juni 2027, aber er steht einem Wechsel nicht abgeneigt gegenüber. Parallel ist dieser andere Verein an deinen herangetreten. Der neue Klub ist grundsätzlich bereit, eine marktgerechte Ablöse zu zahlen, sodass du als Zweitligist quasi gezwungen bist, dich mit dem Abgang auseinanderzusetzen.
Natürlich darfst du die Angebote anderer Vereine ablehnen, aber auch diese Entscheidung kann teuer werden. Denn allein durch das Angebot des Erstligisten verbessert sich Meiers Marktwert, und er kann eine Vertragsverlängerung zu verbesserten Konditionen fordern. Konterst du mit einem einfachen »Nein« ohne Gegenangebot, kann das den Spieler frustrieren. Du kannst auf den gültigen Vertrag pochen, aber das ist in vielen Fällen nicht die gängige Methode. Denn auch du als Arbeitgeber wirst von Zeit zu Zeit in der Situation sein, einen deiner Spieler zum Abgang bewegen zu wollen. In dem Fall bist du dann auf die Hilfe des Spielers angewiesen. Mal bist du der Hund, mal bist du der Baum.
Während Fans oft emotional reagieren, wenn solche Gerüchte im Raum stehen, ist es für die Vereine selten eine Überraschung, wenn ein Spieler wegwill. »Da kann ich jetzt auch nicht beleidigt oder sauer sein. Deswegen setzen wir niemanden auf die Bank oder auf die Tribüne. Man muss immer ordentlich miteinander umgehen«, sagt mir Nils-Ole Book, Sport-Vorstand bei der SV Elversberg, im Gespräch. Denn ähnlich oft, wie Spieler den Verein verlassen wollen, muss auch der Verein einem Spieler sagen, dass die Wege sich trennen. »Es ist immer noch ein Beruf, dem wir hier nachgehen.«
So entstand beispielsweise beim 1. FC Heidenheim 2024 etwas Unruhe, als Vize-Kapitän Lennard Maloney seinen Vertrag nicht verlängern wollte. Es zog ihn zum FSV Mainz 05. Holger Sanwald, Vorstandsvorsitzender bei Heidenheim, sieht das pragmatisch: »Man wünscht es sich anders, ja. Aber herzlich willkommen in der Bundesliga. Wenn unsere Spieler auf einmal für das Bundesliga-Mittelfeld interessant werden, dann sind die mit ganz anderen Gehältern konfrontiert. Die Berater machen dann halt ihren Job. Ich bin weit weg davon, irgendjemandem Vorwürfe zu machen. Das ist einfach die wirtschaftliche Realität, und wir müssen professionell damit umgehen.«
Zurück zum FC Deadline Day. Auch du gehst mit dem Abgang von Meier professionell um. Du hast ihm ein verbessertes Vertragsangebot gemacht, aber Meier lehnt das ab. Der interessierte Verein bietet im ersten Schritt 4 Millionen Euro. Du möchtest aber 5 Millionen. Was deine Verhandlungen erschwert: Meier hat in seinem bis 2027 gültigen Vertrag für das Jahr 2026 eine Ausstiegsklausel in Höhe von 2 Millionen Euro vereinbart. Das bedeutet, dass ein neuer Verein, zu dem Meier wechseln will, diese Summe zahlen kann und du dann vertragsbedingt gezwungen bist, den Spieler ziehen zu lassen. Sollte 2025 kein Deal erfolgen, wäre der größtmögliche Erlös dahin. Also kommst du dem anderen Verein entgegen. Du verlangst nur noch 4,5 Millionen Euro und möchtest dafür an einem Weiterverkauf von Meier mit fünf Prozent beteiligt werden. Zu deiner Überraschung sagt dein Gegenüber Ja, und der Deal geht relativ schnell und geräuschlos über die Bühne.
Jetzt hast du die Zeit und das Budget, um einen neuen Linksverteidiger zu suchen. Dein Finanzvorstand gibt dir dafür ein Budget von 3 Millionen Euro. Das gilt aber für das Gehalt des Spielers und die Ablöse.
Beide Kennzahlen hängen direkt miteinander zusammen. Sie bilden ein Gesamtpaket, das für den Verein die wichtigste Größe von allen darstellt und die zentrale Frage beantwortet: Was kostet mich dieser Spieler über die gesamte Laufzeit seines Vertrags? Harry Kane hat den FC Bayern in etwa 100 Millionen Euro Ablöse gekostet. Sein Gehalt beträgt etwa 25 Millionen Euro jährlich. Bei einer Vertragsdauer von fünf Jahren entsteht also ein Gesamtpaket von knapp 225 Millionen Euro. Das ist die Zahl, die den FC Bayern interessiert. Auch das ist wichtig, um den Transfermarkt als Gesamtkonstrukt zu verstehen.
Wir Fans kennen meistens nur die Ablösesumme, und dabei handelt es sich teilweise nur um Gerüchte, oder es existieren verschiedene Versionen. Über Gehälter gibt es deutlich weniger Informationen, weil Journalisten bei öffentlichen Mutmaßungen nur um zehn Prozent danebenliegen dürfen, ohne theoretisch mit einer Klage rechnen zu müssen. Doch um einen Transfer bewerten zu können, muss man neben der Ablöse auch die Gehaltszahlungen kennen. Ein Sportdirektor muss außerdem über die Opportunitätskosten eines Nicht-Transfers im Bilde sein, um dem Berater und den Sportdirektoren anderer Vereine bestens vorbereitet zu begegnen.
Dass Berater und Sportdirektoren sich gegenseitig mit Infos füttern, liegt in der Natur der Branche.
Beide Parteien bilden bei Transferverhandlungen eine Interessengemeinschaft auf Zeit. Ein guter Berater hat die wichtigsten Informationen für seine Klienten. Volker Struth, der Berater von Toni Kroos, Mario Götze und Kevin Trapp, beschreibt sich selbst als »Informationslieferant«.
In unserem fiktiven Beispiel liefert der Berater seinem Spieler die Info: »Dein Marktwert ist gerade gestiegen.« Während sich bei transfermarkt.de der Marktwert auf die mögliche Ablösesumme bei einem Transfer bezieht, geht es hier jedoch um sein potenzielles Gehalt.
Doch bevor solche Verhandlungen überhaupt beginnen können, kommt das Scouting. Noch so ein mystischer Begriff rund um den Fußball. Selbst im Amateur- und Jugendbereich dürften Fans mitbekommen haben, dass sich an ihrem Sportplatz irgendwann mal ein Scout hat blicken lassen. Groß auffallen wollen diese Leute bis heute eigentlich nicht. Sie agieren wie Privatdetektive. Dabei verlassen sie sich längst nicht mehr nur auf ihre Eindrücke aus den Spielbeobachtungen, sondern zunehmend auf digitale Hilfsmittel wie das Programm Wyscout. Nahezu jeder Profiverein in Deutschland arbeitet mit eigens entwickelten oder eingekauften Datenbanken.
Genau wie viele seiner Kollegen unterteilt Paul Fernie, Sportdirektor bei Darmstadt 98, das Scouting in drei Bereiche: Datenscouting, Videoscouting und Livescouting vor Ort. Da alle Klubs ihre ganz eigenen zwischenmenschlichen Vor- und Nachteile auf dem Markt haben, setzt jeder Sportdirektor dabei den Schwerpunkt anders. Bayer Leverkusen etwa hat mit seinem spanischen Duo aus Trainer Xabi Alonso und CEO Fernando Carro bei spanischsprachigen Spielern deutlich bessere Karten als Borussia Dortmund mit dem Sauerländer Hans-Joachim Watzke und dem Kroaten Niko Kovač. Seit Alonsos Amtsantritt im Oktober 2022 verpflichtete Leverkusen sieben Spieler aus spanischsprachigen Ländern. Rekordwert in der Bundesliga. Dafür profitierte Kovač zu Frankfurter Zeiten von Spielern aus dem ehemaligen Jugoslawien, die sein Sportdirektor Fredi Bobic, geboren im heutigen Slowenien, für ihn verpflichtete. Frankfurt hatte über Jahre einen der höchsten Anteile von nichtdeutschen Spielern. Mit Multikulti zum Erfolg, titelte Sport1 im Jahr 2016.
Obwohl der Zufall auf dem Transfermarkt immer eine große Rolle spielt, will jeder Verein diesen Faktor so klein wie möglich halten. Dafür gibt es das Scouting. Auch wenn jeder Verein dabei andere Prioritäten setzt und unterschiedlich viel Geld hineinsteckt, bleibt es immer in erster Linie Fleißarbeit. Gerade kleinere Vereine müssen sich intensiv überlegen, wie sie ihre finanziellen Nachteile umgehen. »Wenn wir mit weniger Geld auf demselben Markt agieren und die Sachen genauso wie die Ligakonkurrenten machen und anhand der gleichen Datengrundlagen die Spieler auswählen, werden wir nicht besonders erfolgreich sein«, erklärt Nils-Ole Book, Sportvorstand bei der SV Elversberg.
Sein Darmstädter Konkurrent Fernie beschreibt seinen Prozess folgendermaßen: »Im Idealfall läuft es so: Zuerst filtert dir dein Datensystem eine grobe Auswahl. Diese scoutest du dann per Video am Laptop und sortierst weiter aus, und die Topkandidaten beobachtest du dann im Stadion. Aber in der Realität sieht es oft anders aus.«
Das hängt vor allem mit den Spielerberatern zusammen. Diese rufen tagtäglich bei Sportdirektoren an und schlagen mögliche Transfers vor. Das ist gängige Praxis. Wichtig ist dabei, dass Berater eben nicht nur an Transfers verdienen, sondern auch bei Vertragsverlängerungen. Dennoch: Ein Spieler kann nur bei einem Verein seinen Vertrag verlängern, aber potenziell zu Hunderten Klubs wechseln. Deshalb haben die Berater in der Tat ein großes Interesse daran, ihre Spieler auf dem Markt anzubieten.
Die Sportdirektoren spielen dieses Spiel mit. Sie müssen standhaft bleiben, ohne dabei wichtige Beziehungen für die Zukunft zu verbrennen. Ein Berater kann dir heute einen unnötigen Deal für Spieler A anbieten, aber morgen der Schlüssel zu einem Königstransfer von Spieler B sein. »Ich bin zu jedem freundlich und gehe immer ans Telefon«, berichtet Holger Sanwald, Vorstandsvorsitzender des 1. FC Heidenheim. Zwischen den Dutzenden »Spam-Anfragen«, die gleichzeitig an beliebig viele Klubs rausgehen, findet sich oft der eine richtig gute Tipp, mit dem sich ein Sportdirektor auseinandersetzen muss. »Der beste Filter ist Vertrauen«, sagt mir ein Berater dazu.
In unserem fiktiven Beispiel um den FC Deadline Day ist der Scoutingprozess in vollem Gange. Drei Kandidaten haben sich unter den Scouts als Favoriten herauskristallisiert. Die Vorgaben Unter 23, Gutes Tempo und Kann auch auf der anderen Seite spielen ergaben zwei konkrete, von den Scouts für sehr gut befundene Kandidaten innerhalb deines Budgets: Andrej Ilić und Marco Schmidt.
Nachdem du dir jeweils zehn Spielzusammenschnitte von den drei Kandidaten angesehen hast, beobachtest du die Spieler im Stadion. Im Idealfall triffst du dich dort mit dem Berater des jeweiligen Spielers. Ihr kennt euch bisher nur vom Telefon und müsst eine Beziehung schmieden. Aus diesen Gesprächen mit dem Berater kannst du als Sportdirektor noch viel über den Spieler erlernen. Welche Sprachen spricht er? Kann er sich einen Wechsel in deine Stadt vorstellen? All das gilt es in Erfahrung zu bringen. Der zuständige Berater ist in der Regel immer der erste Kontaktpartner.
Hier öffnen sich für dich neue Türen. Denn auch im Jahr 2025 liefern die hypermodernen Datensysteme nicht alles, was einen Sportdirektor zu einem Transfer bewegen oder ihn davon abhalten kann. Zwar erfassen diese Systeme jeden Schuss und jeden Pass auf dem Feld peinlich genau. Auch das Gehalt eines Spielers ist jedem in der Branche grob bewusst. Aber selbst das beste Datenprogramm der Welt kann nicht in den Kopf des Spielers hineinschauen. Es weiß nicht, ob es ihn in die Heimat seiner Frau zieht. Vielleicht möchte er sich auch für die Nationalmannschaft empfehlen und ist daher bereit, für einen kleineren Verein zu spielen, wo weniger Konkurrenz auf seiner Position herrscht.
All das erfahren Sportdirektoren – aber auch die Berater – im ständigen Austausch miteinander. »Du kennst den doch noch aus deiner Zeit als Spieler. Was meinst du? Ist das einer für uns?« Berater sind nicht ohne Grund Stammgast in den VIP-Logen der Vereine. Doch auch unter der Woche steht das Telefon nie still. Ständig erhalten sie neue Infos, die sie aber immer mit Vorsicht genießen müssen.
Du als Sportdirektor musst nun deinen ganzen Informationssatz bündeln und dir klarmachen, was für einen Spieler du willst und wie er in die Spielidee deines Trainers passt. Bestenfalls hast du deinen Trainer so ausgewählt, dass auch er dazu passt, wie dein Verein Fußball spielen soll. Es ergibt wenig Sinn, riskanten Offensivfußball zu verlangen, wenn dein Trainer vor allem die Defensive in den Fokus rückt. Diese Diskrepanz würde auch auf dem Transfermarkt für unnötige Meinungsverschiedenheiten sorgen. So oder so müssen Sportdirektor und Trainer ganz genau wissen, was dieser Spieler kann und nicht kann. Im Idealfall funktioniert der Spieler technisch, taktisch, physisch und psychisch. Also im Gesamtpaket. In der Praxis gibt es jedoch fast immer in mindestens einem Bereich Defizite, die im gesamten Team ausgeglichen werden müssen. Hat der Großteil des Teams bereits technische Probleme, dann sollte der neue Spieler in diesem Punkt top ausgebildet sein. Bestenfalls hat er ein ähnliches Profil wie sein Vorgänger.
Das ist die Vorarbeit bei fast jedem Transfer. Ausnahmen bestätigen die Regel.
In unserem fiktiven Beispiel ist es so: Du hast zwei Spieler in der ganz engen Auswahl, von denen einer zu deinem Verein kommen soll. Ilić ist die 1A-Lösung, dann kommt Schmidt, Kategorie 1B.
Ilić ist das größere Talent, zwei Jahre jünger als Schmidt und hat basierend auf deiner Bewertung sogar mehr Talent als dein Ex-Spieler Jan Meier. Allerdings ist er bei einem kroatischen Spitzenklub unter Vertrag, dessen Sportchef als schwierig gilt. Dein Netzwerk berichtet dir, dass Verhandlungen mit ihm sich ewig hinziehen und ständig neue Forderungen aufkommen. Diese Zeit hast du aktuell eigentlich nicht.
Schmidt hat nicht so viel Potenzial wie Ilić, bringt aber seit zwei Jahren konstant Leistung. Er kommt aus Österreich und bräuchte tendenziell weniger Eingewöhnungszeit in deinem Verein. Zudem entspricht er mehr dem Profil deines Ex-Spielers Meier. Die Verhandlungen mit dem Verantwortlichen gelten als hart in der Sache, aber zwischenmenschlich angenehm.
Nun geht es ans Eingemachte. Obwohl du ja eigentlich einen Spieler kaufen willst, wirst du an dieser Stelle als Sportdirektor selbst zum Verkäufer. Du musst in erster Linie den Beratern vermitteln, warum dein Verein der richtige für den Spieler ist. An diesem Punkt sind die beiden Spieler noch nicht unbedingt dabei. Das möchtest du auch gar nicht, da du Unruhe und Gerüchte vermeiden willst. Du musst aber damit rechnen, dass die beiden Berater miteinander sprechen. Also kannst du keinem vorgaukeln, dass er der Einzige für dich ist. Auch das macht dich nicht zum Scharlatan. Berater prüfen, wie wir gelernt haben, für ihre Spieler mehrere Optionen.
Letztendlich entscheidet natürlich Geld. Doch gerade junge Spieler sollten wissen, was es bedeuten kann, kurzfristig auf höhere Gehälter zu verzichten, um sich langfristig durch mehr Einsatzzeiten signifikant zu verbessern.
Lukas Podolski saß sogar als Nationalspieler bei den Bayern drei Jahre fast nur auf der Bank, bevor er 2009 zurück nach Köln ging. Daher sollte der Vertrag mit Anfang zwanzig nicht der beste der ganzen Karriere sein. In diesem Alter entwickelt sich ein Spieler am besten durch viel Spielpraxis. Erling Haaland und Jude Bellingham sind die besten Beispiele.
Du als Sportdirektor (zum Teil auch der Trainer oder der Präsident) musst glaubhaft versichern, dass der neue Spieler bei deinem Verein am richtigen Ort ist. Manche Trainer sind Meister in dieser Aufgabe, manche überlassen das komplett dem Sportdirektor. Jürgen Klopp zündete die Spieler schon mental an, da trugen sie noch die Trainingsklamotten ihres alten Vereins. Pep Guardiola wiederum sprach nicht einmal mit Mario Götze, obwohl der FC Bayern ihn unbedingt haben wollte. Die Situation ist von Spieler zu Spieler und Verein zu Verein anders.
Bei RB Leipzig gab Sportdirektor Ralf Rangnick den Ton an. Er verkaufte seinen Spielern die Vision des modernen Fußballvereins. Für viele Fans anderer Vereine war Leipzig mit seinem Großinvestor das Feindbild im deutschen Fußball. Transfers wurden von großen Shitstorms für die Spieler und Rangnick begleitet. Doch für die Spieler war die Station RB Leipzig keine Gefahr, sondern eine echte Chance für ihre Karriere. »Die Diskussion um Kommerz war überhaupt nicht in meinem Kopf. Meine Familie und Freunde meinten alle: Das musst du machen«, sagt mir Terrence Boyd, der 2014 von Rapid Wien zu RB Leipzig wechselte. »Mastermind« Rangnick, wie Boyd ihn im Gespräch nennt, warb heftig um den jungen Stürmer. Das Finanzielle war schnell geklärt. Da konnten laut Boyd nicht mal Kaliber wie die Queens Park Rangers oder Sporting Lissabon mithalten.
Rangnick verpflichtete 2015 außerdem Davie Selke aus Bremen. Ein deutsches Toptalent wechselte vom großen Traditionsklub in die 2. Liga. Selke war mit acht Millionen Euro der bisher teuerste Transfer Leipzigs und erlebte, ähnlich wie Timo Werner 2016, eine echte Hasstirade. Selke, damals zwanzig Jahre alt, ließ sich ähnlich wie Boyd von Rangnick überzeugen. »Es war nicht nur wegen des Finanziellen, was natürlich auch superspannend war, sehr reizvoll. Ralf Rangnick hatte diese Aura, wenn er dir von seiner Vision erzählt hat.«
In Rangnicks Idealvorstellung von Fußball ging es darum, fast ausschließlich im höchsten Tempo anzugreifen. Rangnick scheute sich nicht, junge Spieler dafür einzusetzen und sie in wichtige Rollen zu stecken. Mit dieser Vision konnte er die größten Talente überzeugen. 1994 entdeckte Rangnick, damals Jugendkoordinator beim VfB Stuttgart, den siebzehnjährigen Ronaldo in Brasilien. Stuttgart hätte ihn verpflichten können, war aber nicht bereit, vier Millionen Euro für einen Teenager auszugeben. »Das war damals ausgeschlossen«, sagte Rangnick 2017 der BILD.
Zwanzig Jahre später stand der sechzehnjährige Kylian Mbappé kurz vor einem Wechsel zu RB Leipzig. Doch sein Vater und Berater Wilfrid bestand darauf, dass Rangnick selbst wieder das Traineramt übernehmen müsse. Dieses Versprechen konnte Rangnick nicht geben, aber es bewies, dass selbst die besten Talente vom Projekt RB angetan waren. Rangnick erklärt mir im Gespräch: »Wir haben immer gesagt: Komm zu uns, hier kannst du deine eigene Karriere gemeinsam mit uns perfekt entwickeln.«
Du musst den Beratern und ihren Spielern zeigen, was du mit den Spielern vorhast, wie du sie einplanst. Dabei solltest du aber nicht einen einstudierten Text abspulen, sondern auch flexibel genug sein, dich auf den Charakter des Menschen einzulassen, der dir gegenübersitzt. Trotzdem musst du deine Prinzipien stringent klarmachen.
»Wir schildern das Gesamtpaket unseres Vereins«, sagt Holger Sanwald, Vorstandsvorsitzender beim 1. FC Heidenheim. »Das gibt klare Orientierungs- und Fixpunkte. Es ist familiär-professionell und geprägt von Bodenständigkeit, Ehrgeiz und Kontinuität. Wenn du aber willst, dass beispielsweise deine Social-Media-Followerzahlen steigen, brauchst du nicht nach Heidenheim kommen.«
Die Reichweite auf Instagram ist auch anderorts nur ein kleiner Bestandteil der Verhandlungen. In erster Linie geht es um den Sport. Wohin strebt der Verein, und welche Rolle spielt der neue Spieler? Manche Berater gehen tief in die sportliche Diskussion, um genau abzuwägen, ob ein Wechsel auch aus ihrer Sicht Sinn ergibt.
Das klingt auf den ersten Blick nach Einmischung ins sportliche Tagesgeschäft, ist aber nur Teil einer professionellen Karriereplanung. Kein Spieler und kein Berater möchten nach drei Monaten im Verein negativ überrascht werden und eine ganze Saison auf der Ersatzbank verschwenden.
Das sportliche Tagesgeschäft birgt jede Menge Potenzial. Denn jeder Trainer interpretiert den Linksverteidiger anders. In einer Viererkette ist das Aufgabenfeld ein anderes als in der Fünferkette. Manche sehen einen Spieler auf dieser Position in erster Linie als Verteidiger, für andere ist er der erste Spielmacher.
Genauso will ein Berater wissen, was im Verein rund um seinen Klienten passiert. Bekommt der Positionskonkurrent aus der eigenen Jugend einen Profivertrag? Wird noch ein variabler Innenverteidiger geholt? All das kann ein Spielerberater in den ersten Gesprächen erfragen, sodass du deine Antworten parat haben solltest.
In Deutschland ist es mittlerweile bis in die unteren Ligen normal, dass ein Spieler einen Berater hat, der durch die Verhandlungen führt. Die Branche ist klein, man kennt die finanziellen Rahmenbedingungen der Konkurrenz, und mögliche Überraschungen treten eher selten auf. Der deutsche Transfermarkt hat deswegen international einen sehr guten Ruf. Verhandlungen laufen hierzulande wahrscheinlich so professionell ab wie nirgendwo sonst auf der Welt. Die meisten Berateragenturen sind auf dem Branchenportal transfermarkt.de registriert, und jeder Nutzer kann einsehen, welche Spieler betreut werden. Das ist insofern bemerkenswert, da es in Deutschland rechtlich keine Grundlage für ein Exklusivmandat gibt. Jeder Spieler kann sich theoretisch zu jeder Zeit von seinem Berater trennen oder einen weiteren Berater hinzuziehen.
International vermarkten teils mehrere Berater parallel denselben Spieler. Wird ein solcher Spieler in Deutschland angeboten, ist oft erst mal unklar, wer durch die Verhandlungen führt. In der Regel übernimmt der besser vernetzte Berater. Oder man greift zu einem Spielervermittler, der sich in diesem Fall – im Gegensatz zum Berater – ausschließlich um den Transfer und den Vertragsabschluss kümmert. Dabei kann der Vermittler sowohl vom Spieler als auch von einem der Vereine beauftragt werden. Und nur bei erfolgreichem Vertragsabschluss zwischen den Parteien wird der Vermittler auch bezahlt. In Deutschland gilt für Spielervermittler das Maklergesetz.
Spielerberater und Spielervermittler sind zwei verschiedene Berufe, können aber von derselben Person ausgeführt werden. Es ist üblich, dass Berater auch bei Spielern außerhalb ihres Portfolios als Vermittler aktiv sind.
Auch du kommst nach mehreren Gesprächen mit dem Transfer-Kandidaten Ilić zu dem Entschluss, dass die Beauftragung eines Vermittlers Sinn ergibt. Bei Marco Schmidt bist du zuversichtlich, dass du mit dessen Verein auch allein zu deinen Gunsten verhandeln kannst.
Vereine beauftragen Spielervermittler vor allem für Transfers aus dem Ausland. Sie erteilen ihnen das Mandat für eine Transferverhandlung. Du entscheidest dich für einen Vermittler, um für Ilić mit dem kroatischen Spitzenverein einen vertretbaren Wechsel zu bewerkstelligen. Idealerweise hast du jemanden aus deinem Netzwerk kontaktiert, der diese Aufgabe gern übernimmt und dem du vertraust. Was machen diese Vermittler nun genau, und wodurch zeichnen sie sich aus?
Bayern München arbeitet seit über dreißig Jahren mit dem Italiener Giovanni Branchini zusammen, der vor allem zu Karl-Heinz Rummenigge ein hervorragendes Verhältnis haben soll. Branchini, früher Berater des Brasilianers Ronaldo, ist in der Branche hoch angesehen. Er ermöglichte den Bayern unter anderem den Verkauf von Stefan Effenberg an die AC Florenz, den Kauf von Luca Toni von Florenz und die Verpflichtung von Pep Guardiola, der ihn sogar seinen Freund nennt.
Aber warum macht Bayern München das, wenn man ihm dafür stattliche Provisionen zahlen muss? Karl-Heinz Rummenigge ist weltweit vernetzt und spricht sogar selbst Italienisch. Da sollte er doch in der Lage sein, allein mit den Berlusconis und Agnellis dieser Welt zu verhandeln. Richtig. Aber: Eine Reise von Rummenigge nach Italien würde extreme Aufmerksamkeit erzeugen. Den ehemaligen Spieler von Inter Mailand erkennen dort auch heute noch Dutzende Reporter und Tausende Fans. Fotos auf Social Media sind unvermeidlich. Die müsste Rummenigge wiederum vor der Presse kommentieren. Nach dem Ausschlussprinzip würden direkt Gerüchte über konkrete Spieler entstehen. Und Gerüchte kann kein Verein, der einen Spieler kaufen will, gebrauchen. Sie lenken ab und treiben die Preise nach oben. Ein Gespräch zwischen Branchini und einem beliebigen Entscheider schockt wiederum niemanden mehr. Das Gesprächsthema könnte ein brasilianischer Linksverteidiger sein, ein argentinischer Mittelstürmer oder die neuesten Entwicklungen auf dem Aktienmarkt. Vermittler wie er sind Stammgäste in den VIP-Logen, Restaurants oder Hotellobbys der Welt.
Es klingt banal, aber wir sind wieder bei den Stichwörtern Wissen, Vertrauen und Vertraulichkeit. Branchini, seit 1986 als Berater und Vermittler aktiv, hat den Ruf, über die Bedürfnisse der besten Spieler, Trainer und Klubs Bescheid zu wissen. Wie viel Gehalt verlangt der Spieler? Wie hoch muss die Ablöse sein? Welcher Verein ist noch interessiert? Es ist sein Job, diese Informationen zusammenzutragen.