Denkmalrecht Sachsen-Anhalt - Thorsten Franz - E-Book

Denkmalrecht Sachsen-Anhalt E-Book

Thorsten Franz

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Beschreibung

Das Buch bietet eine systematische Darstellung des Denkmalschutzrechts in Sachsen-Anhalt. Alle Vorschriften des Denkmalschutzgesetzes des Landes werden mit der dazu ergangenen Rechtsprechung behandelt. Außerdem umfasst das Werk eine Vorschriftensammlung, u.a. mit den amtlichen Erläuterungen zu den Paragrafen des Denkmalschutzgesetzes. Es wendet sich an alle, die in Denkmalschutz und Denkmalpflege in Sachsen-Anhalt tätig sind sowie an Studierende, die sich mit dem Denkmalwesen in diesem Bundesland befassen. Für die meisten Fragen des Denkmalschutzrechts aus Studium und Praxis bietet es Antworten oder weiterführende Hinweise.

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Vorwort

Denkmalrecht ist Landesrecht. Wer sich mit ihm befasst, tut dies in der Regel aus einer landesrechtlichen Perspektive. Hierzu benötigt man neben den Vorschriften des jeweiligen Bundeslandes auch einen Einblick in die dortige Rechtsprechung. Das vorliegende Werk bietet dies in Gestalt einer aktuellen systematischen Darstellung des Landesdenkmalrechts. Ergänzt wird es durch eine Vorschriftensammlung unter Einschluss der amtlichen Erläuterung des Denkmalschutzgesetzes.

Das Buch soll

1. Studierenden der Rechts- und Verwaltungswissenschaft, der Architektur und des Bauingenieurwesens in Sachsen-Anhalt Verständnis der Systematik und das nötige Grundwissen des Denkmalschutzrechts vermitteln sowie bei der Anfertigung von Studienarbeiten hilfreich sein und

2. allen, die im Denkmalschutz in Sachsen-Anhalt beruflich oder ehrenamtlich tätig sind, als kleines Nachschlagewerk für dieses Rechtsgebiet dienen.

Das Werk ist auf dem Stand vom 20. April 2024.

Mit denkmalfreundlichen Grüßen

Thorsten Franz

(im April 2024)

Inhaltsverzeichnis

Teil 1: Systematische Darstellung des Denkmalrechts

A. Begriff des Denkmalrechts

B. Rechtsquellen und Gesetzgebungskompetenz

I. Rechtsquellen des Denkmalschutzrechts i.e.S.

II. Denkmalschützendes Regelungen des BauGB

III. Gesetzgebungskompetenz

C. Denkmalschutz und Verfassungsrecht

D. Landesdenkmalrecht

I. Schutzobjekt Denkmal

1. Kategorien denkmalfähiger Gegenstände

2. Umgebungsschutz

3. Denkmalfähigkeit und -würdigkeit

4. Denkmalverzeichnis

5. Wegfall der Denkmaleigenschaft

II. Allgemeine Grundsätze

III. Pflichten der Denkmaleigentümer und -besitzer

1. Erhaltungspflicht

2. Pflege-, Instandsetzungs- und Gefahrenabwehrpflicht

3. Eingriffsminimierungspflicht

a) Allgemeines

b) Erheblichkeit der Beeinträchtigung

c) Anlagen der Energieerzeugung

d) Vorbelastungen

4. Pflicht zur Schaffung von Barrierefreiheit

5. Anzeigepflichten

6. Auskunfts- und Duldungspflichten

7. Überlassungspflicht

IV. Genehmigungsvorbehalte

1. Genehmigungstatbestände

a) Genehmigungspflicht nach § 14 I DSchG LSA

b) Weitere Genehmigungsvorbehalte

2. Genehmigungsfiktion und Ersetzung der Genehmigung

3. Materielle Genehmigungsvoraussetzungen

a) Genehmigungsgrund

b) Abwägungsgebot

c) Zumutbarkeit

d) Opfergrenze

e) Fehlende Genehmigungsfähigkeit

4. Tenorierung / Rechtswirkungen

5. Folgen der Missachtung

V. Schatzsuche

VI. Durchsetzung des Denkmalrechts

1. Prävention und Repression

2. Gefahrenabwehrverfügungen und sonstigen Verfügungen

a) Generalklausel

b) Spezielle Ermächtigungsgrundlagen

aa) Allgemeines

bb) Einstellungs-, Wiederherstellungs- und Instandsetzungsverfügung

cc) Dokumentationsansordnung

c) Bauaufsichtliche Maßnahmen

d) Ermessensausübung

e) Formelle Rechtmäßigkeit

f) Kosten

3. Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten

4. Ansprüche / Drittschutz / Rechtsschutz

a) Ansprüche des Denkmaleigentümers und -besitzers

b) Drittschutz

c) Rechtsschutz

5. Vollzugsdefizite

VII. Vorkaufsrecht, Enteignung und Entschädigung

VIII. Verwaltungsorganisation, Zuständigkeit und Verfahren

1. Verwaltungsorganisation

2. Zuständigkeiten

3. Verfahren

4. Form

E. Denkmalschutz im Bau-, Naturschutz- und sonstigem Recht

I. Allgemeines

II. Baurecht

III. Naturschutzrecht

IV. Sonstiges Fachrecht

F. Finanzierung und Subventionierung

Teil 2: Vorschriftensammlung des Denkmalrechts

A. Denkmalschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt

B. Denkmalantragsverordnung

C. Verordnung über die Tätigkeit und die Kostenerstattung der Mitglieder des Denkmalrates

D. Verordnung über Tätigkeit und Entschädigung ehrenamtlicher Beauftragter für die Denkmalpflege und für archäologische Denkmalpflege

E. Erläuterungen und Verwaltungsvorschriften zum Denkmalschutzgesetz

F. Leitlinien zur Genehmigung von Solaranlagen auf bzw. an einem Kulturdenkmal

Literaturverzeichnis

Sachverzeichnis

A. Begriff des Denkmalrechts

Denkmalrecht ist die Gesamtheit der Rechtsnormen, die in spezifischer Weise dem Schutz von Denkmalen dienen. Die Begriffe Denkmalrecht und Denkmalschutzrecht sind Synonyme. Da das deutsche Denkmalschutzrecht im Wesentlichen Landesrecht ist und das Bundesrecht nur wenige denkmalspezifische Regelungen enthält, lässt sich sagen, dass das Denkmalrecht im Wesentlichen in der Gesamtheit der landesrechtlichen Regelungen des Denkmalschutzes besteht.

Man kann zwischen dem Denkmalrecht im formellen Sinn und dem Denkmalrecht im materiellen Sinn unterscheiden. Denkmalrecht im formellen Sinn ist nur das Denkmalrecht in Gesetzeswerken, die in spezifischer Weise dem Denkmalschutz dienen. Hingegen umfasst das Denkmalrecht im materiellen Sinn auch dem Denkmalschutz dienende Vorschriften in Gesetzeswerken, die nicht in spezifischer Weise dem Denkmalschutz dienen. Vereinzelte denkmalschützende Regelungen finden sich etwa im Baurecht1 oder in Verträgen des Landes mit Kirchen oder Kultusgemeinden2. Eine Zwitterstellung nimmt das Gesetz über das Nationale Naturmonument Grünes Band ein, das gleichrangig sowohl dem Naturschutz als auch dem Denkmalschutz dient.3 Das Recht der Naturdenkmale zählt man nicht zum Denkmalrecht, sondern zum Naturschutzrecht.

Das Denkmalschutzrecht umfasst auch das Recht der Denkmalpflege.4 Der Landesgesetzgeber unterscheidet zwischen Denkmalschutz und Denkmalpflege.5 Mit der Gesetzesbezeichnung „Denkmalschutzgesetz“ drückt er aber aus, dass er hierunter den Denkmalschutz im weiten Sinn versteht, der den Denkmalschutz im engeren Sinn sowie die Denkmalpflege als einen Denkmalschutz im weiten Sinn umfasst. Denkmalschutz im engeren Sinne sind alle hoheitlichen Vorgaben für den Erhalt von Denkmalen. Hingegen versteht man unter Denkmalpflege meist alle Maßnahmen, die der Pflege von Denkmalen dienen. Dies umschließt auch die Erfassung (Dokumentation) und Kennzeichnung von Denkmalen, die Analyse, welche Maßnahmen zu ihrem Erhalt geboten sind und die Ausführung solcher Maßnahmen (von Sicherungsmaßnahmen und sonstige Maßnahmen zur Abwehr von Beschädigung und Zerstörung über Maßnahmen zum Schutz vor Alterung und Verfall bis hin zur Reparatur von Schäden).

Nicht zum Denkmalrecht zählt man Regelungen, die nur mittelbar dem Denkmalschutz dienen. Dies gilt etwa für das Gedenkstättenstiftungsgesetz6 (Stiftungsrecht), das Restauratorgesetz Sachsen-Anhalt7 (Berufsrecht) oder Regelungen zum Erlass der Grundsteuer für Grundstücke mit denkmalgeschützten Gebäuden 8 oder zur Steuerbegünstigung schutzwürdiger Kulturgüter (Steuerrecht)9. Man mag derartige Regelungen allenfalls zum Denkmalrecht in einem weiten materiellen Sinn zählen.

Zweck des Denkmalrechts ist der Schutz von Denkmälern wegen des öffentlichen Interesses am Erhalt ihres Zeugniswertes. Nicht etwa dient das Denkmalrecht dazu, eine ursprüngliche Funktion von Gebäuden zu erhalten oder eine bestimmte Nutzung aufrechtzuerhalten.10 Das Denkmalrecht dient auch nicht raumbezogenen städtebaulichen Zielen, sondern dem Schutz des Objektes bzw. Denkmalbereichs und eventuell auch dem Schutz der Umgebung von Denkmälern.

1 S. hierzu unten Rn. 292 ff.

2 Art. 7 Gesetz zum Vertrag des Landes Sachsen-Anhalt mit der Jüdischen Gemeinschaft in Sachsen-Anhalt vom 20. März 2006“ vom 4. August 2006 (GVBl. LSA S. 468): „Artikel 7 Denkmalpflege (1) Die Jüdische Gemeinschaft in: «Sachsen-Anhalt verpflichtet sich, denkmalswerte Gebäude nebst den dazugehörenden Grundstücken sowie deren Kunst- und Kulturgegenstände zu erhalten und zu pflegen, soweit diese Verpflichtungen im Einzelfall nicht zu unzumutbaren Belastungen der betroffenen Jüdischen Gemeinde oder des Landesverbandes führen. Die Denkmalbehörden haben bei Kulturdenkmalen der Jüdischen Gemeinschaft in Sachsen-Anhalt, die dem Gottesdienst oder sonstigen Kulthandlungen zu dienen bestimmt sind, die kultischen und religiösen Belange, die von dem zuständigen Vorstand festzustellen sind, vorrangig zu beachten. Vor der Durchführung von Maßnahmen setzen sich die Behörden mit dem zuständigen Vorstand ins Benehmen.

(2) Bei der Vergabe der Mittel des Landes für Denkmalpflege wird die Jüdische Gemeinschaft in Sachsen-Anhalt unter Beachtung der Regelungen des Denkmalschutzgesetzes angemessen berücksichtigt. Das Land wird sich dafür einsetzen, dass die Jüdische Gemeinschaft in Sachsen-Anhalt auch von solchen Einrichtungen Hilfen erhält, die auf nationaler und internationaler Ebene für die Kultur- und Denkmalpflege tätig sind.“

3 S. hierzu unten Rn. 306.

4 Hingegen umfasst in dem in Sachsen-Anhalt kraft Zustimmungsgesetzen geltenden Kirchenvertrag (dort Art. 10) die Denkmalpflege offenbar als Oberbegriff auch den Denkmalschutz (s. Rn. 9).

5 So in § 1 I DenkmSchG LSA.

6 Gesetz über die Errichtung der „Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt“ (Gedenkstättenstiftungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt - GedenkStiftG LSA) vom 22. März 2006 (GVBl. LSA S. 137), zuletzt geändert durch G. v. 31. März 2008 (GVBl. LSA S. 135).

7 Gesetz über die Führung der Berufsbezeichnung „Restauratorin“ oder „Restaurator“ im Land Sachsen-Anhalt (Restauratorgesetz Sachsen-Anhalt - ReG LSA) vom 16. März 2011 (GVBl. LSA S. 489), geändert durch Gesetz v. 24.06.2014 (GVBl. LSA S. 350, 361) – indem es die denkmalschutzbezogene Qualität von Berufsausbildungen sichert.

8 § 32 I Nr. 1 GrdStG. Hierzu OVG LSA, Beschl. v. 16.09.2009 – 4 L 133/09 – juris Rn. 3 ff.; VG Halle, Urt. v. 8.10.2010 – 4 A 297/09 – juris Rn. 35 (Pension in denkmalgeschütztem Schloss).

9 § 10g EstG.

10 VG Magdeburg, Urt. v. 24.06.2014 – 4 A 167/12 – juris Rn. 46.

B. Rechtsquellen und Gesetzgebungskompetenz

I. Rechtsquellen des Denkmalrechts i.e.S.

Ein internationales Denkmalrecht im Sinne völkerrechtlich verbindlicher Vorgaben für Unterzeichnerstaaten von internationalen Verträgen des Denkmalrechts existiert nicht. Es bestehen aber mehrere (völkerrechtlich unverbindliche) Denkmalpflege-Chartas, insbesondere solche der NGO/UNESCO-Beraterorganisation11 „International Council on Monuments and Sites (ICOMOS).12 Mitglieder von ICOMOS sind sog. Nationale Komitees sowie weitere Vereinigungen der Denkmalpflege. Ein deutsches Mitglied ist das Deutsche Nationalkomitee von ICOMOS e.V.

Von zentraler Bedeutung unter jenen internationalen Chartas ist die Charta von Venedig (die Bauwerke betrifft). Zu nennen sind aber etwa auch die Charta von Florenz (bzgl. Gärten und Landschaften) und die Charta von Washington (bzgl. historischer Siedlungen und Stadtgebiete).

Ein Bundesdenkmalrecht i.e.S. existiert – mangels Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Denkmalrecht – nicht. Es bestehen, wie noch darzulegen sein wird,13 nur einige wenige bundesrechtliche Regelungen, etwa im Baugesetzbuch, die man zum Denkmalrecht im weiteren bzw. materiellen Sinn zählen kann.

Die wichtigsten Rechtsquellen des Denkmalschutzrechts sind die Denkmalschutzgesetze der Bundesländer. Für Sachsen-Anhalt gilt das Denkmalschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt.14 Es trat im Jahr 1991 in Kraft und wurde seitdem mehrfach geändert.15 Eine amtliche Abkürzung dieser Gesetzesbezeichnung existiert nicht. Verbreitet ist die Abkürzung „DenkmSchG LSA“, die hier im Interesse der Einheitlichkeit ebenfalls verwendet wird. 16 Es gliedert sich in folgende acht Abschnitte: I. „Grundsätze und Ziele des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege“, II. „Organisation und Zuständigkeiten der Denkmalbehörden“, III. „Schutz und Erhaltung“, IV. „Verfahrensvorschriften“, V. „Enteignung und Entschädigung“, VI. „Finanzierung“, VII. „Straftaten und Ordnungswidrigkeiten“, VIII. „Übergangs- und Schlußbestimmungen“.

Das Verhältnis von staatlichem und kirchlichem Denkmalschutz durch die evangelischen Landeskirchen regelt Art. 10 des (staatskirchenrechtlichen) sog. „Wittenberger Vertrags“ vom 15.09.199317. Die Zustimmung zu diesem Vertrag ist Gegenstand von Zustimmungsgesetzen des Landes Sachsen-Anhalt18 und der Landeskirchen19. Das Verhältnis zwischen dem Land Sachsen-Anhalt und der katholischen Kirche ist Gegenstand von Art. 17 des Vertrags zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Sachsen- Anhalt vom 15.01.1998.20 Auch insoweit wurden Zustimmungsgesetze erlassen.21 Art. 17 des Vertrags mit dem Heiligen Stuhl enthält eine dem Art. 10 des Wittenberger Vertrags im Kern inhaltsgleiche Regelung.

Auf Grundlage des DenkmSchG LSA ergingen drei Verordnungen:22

- Verordnung über Umfang, Inhalt und Form des Antrags auf denkmalrechtliche Genehmigung (Denkmalantragsverordnung des Landes Sachsen-Anhalt - DenkmAVO LSA),23

- Verordnung über die Tätigkeit und die Kostenerstattung der Mitglieder des Denkmalrates24 und

- Verordnung über Tätigkeit und Entschädigung ehrenamtlicher Beauftragter für die Denkmalpflege und für archäologische Denkmalpflege25.

Denkmalrechtliche Satzungen, etwa als sog. Denkmalbereichssatzung, sind im Landesrecht Sachsen-Anhalts nicht vorgesehen. In Sachsen-Anhalt ist nur der Erlass baurechtlicher Satzungen mit denkmalschützenden Inhalten möglich.26

Auf untergesetzlicher Ebene ergingen zahlreiche Verwaltungsvorschriften zum Denkmalschutzgesetz des Landes bzw. solche mit denkmalrechtlichem Bezug. Verwaltungsvorschriften zählt man herkömmlich zwar nicht zu den Rechtsquellen, jedoch haben sie (auch im Denkmalrecht) eine große Bedeutung für den Vollzug. Hervorzuheben sind die „Erläuterungen und Verwaltungsvorschriften zum Denkmalschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt“.27 Sie „sind als Gemeinschaftswerk der Staatskanzlei und Ministerium für Kultur, des Landesverwaltungsamtes (obere Denkmalschutzbehörde) und des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie (Landesmuseum für Vorgeschichte) entstanden und unter den Internetadressen des Landesverwaltungsamtes und des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie abrufbar.“28 Daneben bestehen zahlreiche, vor allem förderrechtliche Verwaltungsvorschriften.29

II. Denkmalschützende Regelungen des BauGB

Während das Landesdenkmalschutzrecht der Veranschaulichung historischer Zusammenhänge am konkreten Objekt dient, muss sich die gemeindliche Bauleitplanung auf städtebauliche Ziele im Sinne einer Regelung der Bodennutzung beschränken.30 Dies gilt für den Erlass von Erhaltungssatzungen entsprechend.31 Gemeinden ist es verwehrt, im Gewande des Städtebaurechts Denkmalschutz i.e.S. zu betreiben. Daher sind etwa bauplanerische Festsetzungen rechtswidrig, die nur vorgeschoben sind, in Wirklichkeit aber dem Zweck des Denkmalschutzes dienen.32 Städtebauliche Erhaltungsgründe können zwar mit Gründen des Denkmalschutzes zusammentreffen.33 Sie sind aber prinzipiell voneinander getrennt zu prüfen, weshalb sich die Erhaltungswürdigkeit einer baulichen Anlage entweder nur aus städtebaulichen Gründen ohne denkmalschützenden Bezug oder als Baudenkmal ohne städtebauliche Funktion ergeben kann.34 Letzteres würde eine gemeindliche Festsetzung im Bebauungsplan oder den Erlass einer Erhaltungssatzung nicht rechtfertigen. Das Bodenrecht „nimmt die zu erhaltenden baulichen Anlagen, Straßen-, Platz- oder Ortsbilder in ihrer Beziehung zur aktuellen Stadtstruktur und ihrer stadträumlichen Funktion für das gegenwärtige und künftige Zusammenleben der Menschen in den Blick. Vorhandene Anlagen von historischem Wert sind auch nach dem Baugesetzbuch in ihrer Bedeutung für eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, eine dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende sozialgerechte Bodenordnung und eine menschenwürdige Umwelt im Rahmen der Bauleitplanung zu berücksichtigen.35 Darin zeigt sich der primär räumlich-funktionale Steuerungsansatz der Bauleitplanung, die auf die gebietsbezogene Zuweisung einer zeitgerechten Nutzungsstruktur sowie auf die Erfordernisse städtebaulicher Gestaltung ausgerichtet ist. Allein die Sichtbarmachung und Präsentation historischer Zusammenhänge am konkreten Objekt aus kultur- und bildungspolitischen Gründen dient also nicht städtebaulichen Zielen. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen und mag häufig nahe liegen, dass Maßnahmen des Denkmalschutzes und des Städtebaus ein und dasselbe Objekt betreffen und sich gegenseitig ergänzen. Die gemeindliche Bauleitplanung muss sich dabei auf die Verfolgung städtebaulicher Ziele, nämlich auf die Regelung der Bodennutzung, beschränken.“36

Bsp.: „Ein Bebauungsplan, der auf die Erhaltung eines historisch gewachsenen – denkmalgeschützten oder (einfach) erhaltenswerten – Ortsteils gerichtet ist, überschreitet den Rahmen städtebaulicher Zielsetzungen nicht, wenn er darauf zielt, die überkommenen Nutzungsstrukturen oder prägende Bestandteile des Orts- und Straßenbildes um ihrer städtebaulichen Qualität willen für die Zukunft festzuschreiben."37

Gemeindlicher Denkmalschutz (im weiteren Sinne) aus städtebaulichen Gründen ist auf der Grundlage von Erhaltungssatzungen zulässig. Als Satzung des städtebaulichen „Denkmalschutzes“ (auch Stadtgestalterhaltungssatzung) bezeichnet man die gemeindliche Erhaltungssatzung nach dem Baugesetzbuch.38 Kerninhalt der Erhaltungssatzung ist die Begründung eines Genehmigungserfordernisses. Das Nebeneinander von Landes- und Bundesrecht kann dazu führen, dass derselbe Erhaltungszweck sowohl nach dem Landesdenkmalschutzgesetz als auch aufgrund einer städtebaulichen Erhaltungssatzung verfolgt wird.39

III. Gesetzgebungskompetenz

Die Länder besitzen für das Recht des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz.40 Dem Bund stehen lediglich in bescheidenem Umfang ungeschriebene Gesetzgebungskompetenzen kraft Sachzusammenhangs zu. Der Bund verfügt insbesondere über keine „Mosaikkompetenz“ für den Denkmalschutz.41 Bundesrechtliche Regelungen, die den Denkmalschutz als „Bodenrecht“ im Sinne des Grundgesetzes regeln,42 finden sich zahlreich im BauGB43. So muss die Gemeinde z.B. die Belange des Denkmalschutzes im Rahmen der Bauleitplanung berücksichtigen. 44 Außerhalb der Bauleitplanung wirken Belange des Denkmalschutzes vor allem über die Pflicht zur Berücksichtigung von Denkmalschutzbelangen bei der Zulassung von Außenbereichsvorhaben,45 eingeschränkt auch über das Einfügensgebot von für Innenbereichsvorhaben46 auf die bauplanungsrechtliche Vorhabenzulässigkeit ein.

11 Insbesondere bzgl. Weltkulturerbe.

12https://www.icomos.de/ (besucht am 16.01.2024).

13 S. u. Rn. 240, 294 zu § 35 III Nr. 5 BauGB etc.

14 Gesetz vom 21.10.1991 (GVBl. LSA 1991, S. 368; berichtigt GVBl. LSA 1992, S. 310), zuletzt geändert durch Gesetze vom 13.08.2002 (GVBl. LSA S. 358), 26.03.2004 (GVBl. LSA S. 234), 22.12.2004 (GVBl. LSA S. 852, 853) und 20.12.2005 (GVBl. LSA S. 769, 801).

15 Zur Gesetzesgeschichte s. die Gesetzesentwürfe mit ihren Begründungen: Entwurf des Gesetzes LT-Drs. 1/446 vom 16.05.1991; Entwurf eines Gesetzes zum Enteignungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt und zur Änderung des Denkmalschutzgesetzes und des Wassergesetzes vom 7.07.1992 (LT-Drs. 1/1645); Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Denkmalschutzgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt vom 12.11.1997 LT-Drs. 2/4214; Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung des Baurechts in Sachsen-Anhalt vom 9.09.1999 (LT-Drs. 3/2087) (mit Änderung des DenkmSchG LSA); Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Erleichterung von Investitionen und zur Entbürokratisierung von Verwaltungsverfahren (Erstes Investitionserleichterungsgesetz) vom 12.06.2002 (LT -Drs. 4/34); Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Erleichterung von Investitionen im Land Sachsen-Anhalt vom 5.03.2003 (LT-Drs. 4/610); Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der Landesverwaltung vom 9.09.2003 (LT-Drs. 4/1004); Entwurf eines Dritten Investitionserleichterungsgesetzes vom 20. Dezember 2005 (GVBl. LSA S. 769). Stenografische Protokolle: s. Erste Beratung LT-Prot 1/16, S. 943; Zweite Beratung 1/21, S. 1543

16 Besser, da kürzer und ebenfalls eindeutig wäre die Abkürzung „DenkmG LSA“.

17 Vertrag vom 15.09.1993 (GVBl. LSA 1993, 172). Hierzu Vulpius, Denkmalpflege, in: Vulpius/Hillgruber, Kommentar zur den Staatskirchenverträgen der neuen Länder, 2023, S. 395-324 m.w.Nachw.; Weber, Der Wittenberger Vertrag – Ein Loccum für die neuen Bundesländer?, NVwZ 1994, 759.

18 Gesetz zum Evangelischen Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt vom 3.02.1994 (GVBl. LSA S. 172), zuletzt geändert durch G. v. 19.03.2002 (GVBl. LSA S. 130, 152).

19 Kirchengesetz über die Zustimmung zum Vertrag des Landes Sachsen-Anhalt mit den Evangelischen Landeskirchen in Sachsen-Anhalt (Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt vom 15.09.1993) vom 18.11.1993 (KABl. S. 234); Kirchengesetz über die Zustimmung zum Evangelischen Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt vom 30.10.1993 (ABl. EKKPS S. 169).

20 Zustimmungsgesetz GVBl. LSA 1998 S. 161.

21 Gesetz zum Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Sachsen-Anhalt vom 31.03.1998 (GVBl. LSA S. 160), zuletzt geändert durch G. v. 19.3.2002 (GVBl. LSA S. 130, 152).

22 Abgedruckt in der Vorschriftensammlung im Anhang.

23 VO vom 27. August 2018 (GVBl. LSA S. 294).

24 VO vom 18. August 1994 (GVBl. LSA S. 940), geändert durch VO v. 11. März 1998 (GVBl. LSA S. 156)

25 VO vom 3. Februar 1994 (GVBl. LSA S. 203), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. März 2002 (GVBl. LSA S. 130, 156).

26 Zu Baugestaltungssatzungen s. Rn. 298.

27 MBl. LSA 2021 (Nr. 18), S. 329. Abdruck in der Vorschriftensammlung im Anhang.

28 MBl. LSA 2021, 329.

29 S. hierzu Rn. 322 f.

30 BVerwG, Urt. v. 18.05.2001 – 4 CN 4.00 – BVerwGE 114, 247 (251)/juris Rn. 8, 11.

31 S. hierzu sogleich.

32 Sie verstoßen gegen § 1 I, III BauGB - BVerwG, Urt. v. 18.05.2001 a.a.O., S. 247.

33 BVerwG, Urt. v. 3.07.1987 – 4 C 26/85 – juris Rn. 17.

34 BVerwG, Urt. v. 3.07.1987 a.a.O.

35 Dies folgt aus § 1 Abs. 5 Satz 1 BauGB.

36 BVerwG, Urt. v. 18.05.2001 – 4 CN 4.00 – juris Rn. 11.

37 BVerwG, Urt. v. 18.05.2001 – 4 CN 4.00 – juris Ls Nr. 2.

38 Satzung gem. § 172 I Nr. 1 BauGB – s. Brohm, ÖffBauR, § 7 Rn. 31.

39Battis, Battis u.a., BauGB, § 85 Rn. 9.

40Hönes, Denkmalschutzrecht Rheinland-Pfalz A. 2.4.

41Hönes, a.a.O.

42 Vgl. insoweit zu Art. 74 I Nr. 18 GG: BVerfG, Beschl. v. 26.01.1987 – 1 BvR 969/83 – DVBl. 1987, 465.

43 So § 1 VI Nr. 5, § 5 IV, § 22, § 35 III 1 Nr. 5, IV 1 Nr. 4, § 136 IV Nr. 4, § 172 I Nr. 1 und § 177 BauGB.

44 § 1 VI Nr. 5 BauGB.

45 § 35 III Nr. 5 BauGB.

46 Gem. § 34 I BauGB.

C. Denkmalschutz und Verfassungsrecht

I. Denkmalschutz als Staatsaufgabe

Nach der Landesverfassung47 sorgt das Land, unterstützt von den Kommunen, für den Schutz und die Pflege der Denkmale von Kultur und Natur. Das Nähere regeln die Gesetze.48 Denkmalschutz und Denkmalpflege sind mithin eine Staatsaufgabe.

Die Denkmalpflege gilt gemeinhin als eine Gemeinwohlaufgabe von hohem Rang.49 Die Verfassung schafft aber keinen absoluten Vorrang oder Nachrang des Denkmalschutzes vor anderen öffentlichen Belangen. Fraglos haben der Bestand des Staates und seiner Einrichtungen, der Schutz der Menschenwürde sowie des Wesensgehalts der Grundrechte Vorrang gegenüber dem Denkmalschutz. Im Übrigen ist es jedoch Frage einfachgesetzlicher Vorgaben und einer Abwägung im Einzelfall, ob der Denkmalschutz gegenüber anderen (auch verfassungsrechtlichen) Belangen zurücktreten muss oder (relativen) Vorrang genießt. Aus dem Staatsziel Umweltschutz des Grundgesetzes ergibt sich kein unbedingter Vorrang dieses Ziels gegenüber dem landesverfassungsrechtlich verankerten Denkmalschutz.50 Das Umweltschutzstaatsziel kann nur etwa dazu führen, dass dem Gesichtspunkt der Energieeinsparung bei Abwägungsentscheidungen zwischen konkurrierenden Interessen eine verstärkte Durchsetzungsfähigkeit zukommt und daher je nach Lage des Einzelfalls Einschränkungen im Erscheinungsbild eines Denkmals eher hinzunehmen sind, als dies ohne das Umweltschutzstaatsziel der Fall wäre. 51

II. Eigentumsfreiheit

Lit.:Hösch, Denkmalschutz und Eigentum, ThürVBl. 2003, 145-154; Kimminich, Die Eigentumsgarantie im Naturund Denkmalschutz, NuR 1994, 261-270; Körner, Denkmalschutz und Eigentumsschutz – Neues aus der Rechtsprechung, LKV 2013, 57-63; Martin/Mieth/Spennemann, Die Zumutbarkeit im Denkmalrecht: Eigentumsgrundrecht und Denkmalschutz in der Praxis, 2. Aufl., 2017; Moench, Denkmalschutz und Eigentumsbeschränkung, BauR 1993, 420-433; Ossenbühl, Zum Verhältnis von Eigentumsschutz und Denkmalschutz, JZ 1999, 899-900; Otting, Denkmalschutz zwischen Eigentümerinteressen und Gemeinwohlbindung, BauR 2000, 514-520

Die Beschränkungen, die das Denkmalschutzrecht den Eigentümern von Denkmalen auferlegt, sind Regelungen des Inhalts und der Schranken des Grundeigentums i.S.v. Art. 14 I 2 GG. Dies gilt etwa im Hinblick auf die Genehmigungspflicht für die Beseitigung eines Kulturdenkmals.52 Sie sind dem Grundsatz nach als Ausdruck der Sozialbindung des Eigentums („Eigentum verpflichtet“) vom Denkmaleigentümer entschädigungslos hinzunehmen. Angesichts des hohen Ranges des Denkmalschutzes und im Blick auf die Sozialbindung des Eigentums muss es der Eigentümer es grundsätzlich hinnehmen, dass ihm möglicherweise eine rentablere Nutzung des Grundstücks verwehrt wird.53 Das Eigentumsgrundrecht schützt „nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums“54.

Anders liegt der Fall, wenn dem Eigentümer aufgrund denkmalrechtlicher Beschränkungen „keinerlei sinnvolle Nutzungsmöglichkeit“55 mehr verbleibt bzw. es bloßes „Zuschussobjekt“56 ist und er es „praktisch auch nicht veräußern kann“57. Kann selbst ein dem Denkmalschutz aufgeschlossener Eigentümer von seinem Baudenkmal keinen vernünftigen Gebrauch mehr machen und es praktisch nicht veräußern, wird dessen Privatnützigkeit nahezu vollständig beseitigt.58 Muss der Pflichtige die Erhaltungspflicht allein im öffentlichen Interesse tragen, ohne Vorteile einer privaten Nutzung genießen zu können, nähert sich die Rechtsposition des Betroffenen einer Lage, die den Namen „Eigentum“ nicht mehr verdient und eine Versagung einer Abbruchgenehmigung wäre unzumutbar.59 Entsprechend dürfen dem Eigentümer keine Erhaltungsmaßnahmen aufgegeben werden, die eine unzumutbare Belastung bewirken.

Die Sozialbindung gilt für Alt- wie Neueigentümer von Denkmälern und grundsätzlich unabhängig von Schäden. So unterliegt auch ein Eigentümer der Sozialpflichtigkeit seines Grundeigentums, der ein marodes Denkmal zu einem günstigen Preis erworben hat. Mit seiner Sozialbindung wäre es unvereinbar, könnte er den Vorteil des billigen Erwerbs auf Kosten des Denkmalschutzes durch Abbruch oder Inkaufnahme des Verfalls ausnutzen.60

Nur, wenn denkmalschutzrechtliche Bindungen im Einzelfall eine derart schwere, unzumutbare Belastung eines Eigentümers bewirken, liegt ausnahmsweise eine ausgleichspflichtige Inhaltsbestimmung des Eigentums vor. „Soweit eine Nutzungsbeschränkung dem Eigentümer nur gegen eine Ausgleichsleistung zugemutet werden kann, gebieten es die bei der Inhaltsbestimmung des Eigentums (Art. 14 I 2 GG) zu beachtenden Grundsätze nicht, daß über eine solche Ausgleichsleistung bereits in dem nutzungsbeschränkenden Verwaltungsakt selbst entschieden wird.“61

Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hierzu: „Denkmalschutzrechtliche Regelungen, die Inhalt und Schranken des Eigentums bestimmen, sind mit Art. 14 Abs. 1 GG unvereinbar, wenn sie unverhältnismäßige Belastungen des Eigentümers nicht ausschließen und keinerlei Vorkehrungen zur Vermeidung derartiger Eigentumsbeschränkungen enthalten.“62 „Ausgleichsregelungen, die den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in besonderen Härtefällen wahren sollen, sind unzulänglich, wenn sie sich darauf beschränken, dem Betroffenen einen Entschädigungsanspruch in Geld zuzubilligen. Die Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG verlangt, daß in erster Linie Vorkehrungen getroffen werden, die eine unverhältnismäßige Belastung des Eigentümers real vermeiden und die Privatnützigkeit des Eigentums so weit wie möglich erhalten.“63 „Wie der Gesetzgeber auf normativer Ebene mit der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums auch Voraussetzungen, Art und Umfang des Ausgleichs sonst unverhältnismäßiger Belastungen zu regeln hat, muß die Verwaltung bei der Aktualisierung der Eigentumsbeschränkung zugleich über den gegebenenfalls erforderlichen Ausgleich zumindest dem Grunde nach entscheiden. Die Voraussetzungen dafür muß der Gesetzgeber schaffen.“64 Aus der Rspr. des BVerwG65: „Die Privatnützigkeit des Eigentums an einem Baudenkmal wird nahezu vollständig beseitigt, wenn selbst ein dem Denkmalschutz aufgeschlossener Eigentümer von einem Baudenkmal keinen vernünftigen Gebrauch machen und es praktisch auch nicht veräußern kann (…)66. Es ist mit der Eigentumsfreiheit vereinbar, dem Denkmaleigentümer die Darlegungslast für das Vorliegen dieser Voraussetzungen aufzuerlegen.“67

Soll aufgrund Denkmalschutzrechts dem Eigentümer das Eigentum an seinem Denkmal entzogen werden und auf den Staat übergehen, liegt eine (entschädigungspflichtige) Enteignung i.S.d. Art. 14 III GG vor. Eine Enteignung ist konkret, trifft den Adressaten individuell, indem sie ihm sein Eigentum zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben ganz oder teilweise entzieht. Beschränkungen, die diese Merkmale nicht erfüllen, sind Inhalts- und Schrankenbestimmungen.

Bsp.: keine enteignende Wirkung der Versagung einer Abbruchgenehmigung oder der Nichtberücksichtigung von Renovierungs-, Erhaltungs-, Bewirtschaftungs- und sonstigen Folgekosten in diesem Verfahren68

Eine Unterschutzstellung beinhaltet keine Enteignung.69 Einen Eigentumsentzug stellen nutzungsbeschränkende Maßnahmen im Interesse des Denkmalschutzes selbst dann nicht dar, wenn sie einen gesetzlichen Übernahmeanspruch des Eigentümers auslösen können. Sie sind nicht Enteignung, sondern Inhaltsbestimmung des Eigentums.70 Ein solcher Übernahmeanspruch ist indes im sachsen-anhaltischen Recht ohnehin nicht vorgesehen.71

Die verfassungsrechtlichen Vorgaben gelten für den Landesgesetzgeber und Verordnungsgeber ebenso wie für die gemeindlichen Satzungsgeber, die Bebauungspläne erlassen, um denkmalgeschützte Bausubstanz zu erhalten. Die Konkretisierung der Sozialbindung unterliegt der Bindung des Gleichheitssatzes.72 Dem Landesgesetzgeber ist es unbenommen, in seinem Denkmalschutzgesetz die Belange des Eigentümers in stärkerem Maße zu berücksichtigen, als ihm dies durch die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes zwingend vorgegeben ist.73

Die §§ 9 I, 10 IV DenkmSchG LSA sind verfassungsgemäß.74 Sie konkretisieren die Sozialpflichtigkeit in nicht zu beanstandender Weise.75 So werden etwa die durch den Anliegergebrauch gedeckten Werbemöglichkeiten mit dem Denkmal in zulässiger Weise beschnitten.76

III. Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden

Die Regelungen des Denkmalschutzgesetzes verstoßen auch nicht gegen die kommunale Selbstverwaltungsgarantie nach Bundes- und Landesverfassung (Art. 28 II GG, Art. 87 Verf. LSA).77 Die Verhältnismäßigkeit des Erhaltungsgebots und der Genehmigungspflicht wird durch die auch für Kommunen geltenden Bestimmungen über die Zumutbarkeit der Belastungen gewährleistet. Eine besondere Zumutbarkeitsregelung für Kommunen ist verfassungsrechtlich nicht geboten.

47 Vgl. Art. 36 IV Verf. LSA („Kunst, Kultur und Sport“).

48 So Art. 36 V Verf. LSA.

49 BVerfG, Beschl. v. 2.03.1999 – 1 BvL 7/91 – BVerfGE 100, 226 (242); BVerwG, Beschl. v. 28.07.2016 – 4 B 12.16 – juris Rn. 10.

50 OVG LSA, Beschl. v. 10.06.2022 – 2 L 21/20.Z – juris Rn. 6 unter Hinweis auf NdsOVG, Urt. v. 3.05.2006 – 1 LB 16/05 – juris Rn. 45.

51 OVG LSA, Beschl. v. 10.06.2022 – 2 L 21/20.Z – juris Rn. 6 unter Hinweis auf NdsOVG, Urt. v. 3.05.2006 – 1 LB 16/05 – juris Rn. 45.

52 BVerwG, Beschl. v. 28.07.2016 – 4 B 12.16 – juris Rn. 7. Für den in Sachsen-Anhalt nicht vorgesehenen konstitutiven Verwaltungsakt der Unterschutzstellung BVerwG, Beschl. v. 14.03.1990 – 4 B 45.90 – juris Rn. 5.

53 BVerfG, Beschl. v. 14.04.2010 – 1 BvR 2140/08 – juris Rn. 22 f.; Beschl. v. 2.03.1999 – 1 BvL 7/91 – juris.

54 BVerfG a.a.O.

55 BVerfG, Beschl. v. 2.03.1999 – 1 BvL 7/91 – BVerfGE 100, 226 (242)/juris Rn. 23; ebs. BVerwG, Beschl. v. 7.02.2002 – 4 B 4.02 – juris ; Beschl. v. 28.07.2016 – 4 B 12.16 – juris Rn. 7.

56 OVG LSA, Urt. v. 18.02.2015 – 2 L 175/13 – juris Rn. 82.

57 BVerwG, Beschl. v. 28.07.2016 a.a.O.

58 BVerfG, Beschl. v. 2.03.1999 – 1 BvL 7/91 – a.a.O.

59 BVerfG, Besch. v. 2.03.1999 – 1 BvL 7/91 – a.a.O.

60 NdsOVG, Beschl. v. 31.03.2022 – 2 A 518/18 – openJur 2022, 7085 Rn. 24.

61 BGH, Urt. v. 17.12.1992 – III ZR 112/91 – juris.

62 BVerfG, Beschl. v. 2.03.1999 – 1 BvL 7/91 – juris (Ls Nr. 1).

63 BVerfG, Beschl. v. 2.03.1999 – 1 BvL 7/91 – juris (Ls Nr. 2).

64 BVerfG, Beschl. v. 2. 3. 1999 – 1 BvL 7/91 – juris/lexetius.com/1999,1612 (Ls Nr. 3).

65 BVerwG, Beschl. v. 28.07.2016 – 4 B 12.16 – juris (Ls.).

66 Hier nicht abgedruckt: „wie BVerfG, Beschluss vom 2. März 1999 - 1 BvL 7/91 - BVerfGE 100, 226 <243>)“.

67 BVerwG, Beschl. v. 28.07.2016 – 4 B 12.16 – juris Rn. 7.

68 BVerwG, Beschl. v. 31.10.1999 – 4 B 196/89 – Juris Rn. 2: mit Art. 14 GG vereinbar.

69 BVerwG, Beschl. v. 6.03.2000 – 6 B 79/99 – juris Rn. 4.

70 BGH, Urt. v. 17.12.1992 – III ZR 112/91 – juris/MDR 1993, 648.

71 Zu einem Übernahmeanspruch nach nordrhein-westfälischem Denkmalrecht s. BVerwG, Beschl. v. 17.11.2009 – 7 B 25.09 – juris.

72 BVerwG, Beschl. v. 4.01.2007 – 4 B 74/06 – juris Rn.6.

73 BVerwG, Beschl. v. 1.07.2009 – m7 B 50.08 – juris (Ls. Nr. 1).

74 OVG LSA, Beschl. v. 22.02.2005 – 2 L 23/02 – juris Rn. 5.

75 OVG LSA, Urt. v. 13.09.2001 – A 2 S 204/99 – juris Rn. 44.

76 OVG LSA, Urt. v. 13.09.2001 a.a.O.

77 OVG LSA, Urt. v. 17.04.2003 – 2 L 150/02 – juris Rn. 67 ff.

D. Landesdenkmalrecht

I. Schutzobjekt Denkmal

Schutzgegenstand des Denkmalschutzgesetzes sind Kulturdenkmale. Der Begriff des Kulturdenkmals ist legaldefiniert (vgl. § 2 DenkmSchG LSA).78 Es handelt sich um gegenständliche Zeugnisse menschlichen Lebens aus vergangener Zeit, die im öffentlichen Interesse zu erhalten sind (§ 2 I 1 DenkmSchG LSA).

1. Kategorien denkmalfähiger Gegenstände

Denkmalfähig sind nur gegenständliche Zeugnisse menschlichen Lebens aus vergangener Zeit. Der Gesetzgeber listet die denkmalfähigen Gegenstände auf bzw. unterscheidet sechs Kategorien von Kulturdenkmalen und definiert oder beschreibt diese. Kategorien bzw. Gruppen von Kulturdenkmalen sind hiernach Baudenkmale, Denkmalbereiche, archäologische Kulturdenkmale, archäologische Flächendenkmale, bewegliche Kulturdenkmale und Kleindenkmale (vgl. § 2 II Nr. 1-6 DenkmSchG LSA). Der Rechtsbegriff des Denkmals umfasst bewegliche Einzelobjekte, Grundstücke oder Mehrheiten von Gegenständen und geht damit über das engere umgangssprachliche Verständnis des Denkmals hinaus.

Baudenkmale sind Denkmale die aus baulichen Anlagen oder Teilen baulicher Anlagen bestehen. Dazu gehören auch Garten-, Park- und Friedhofsanlagen, andere von Menschen gestaltete Landschaftsteile, produktions- und verkehrsbedingte Reliefformen sowie Pflanzen-, Frei- und Wasserflächen. Ausstattungsstücke und Zubehör, sofern sie mit einem Baudenkmal eine Einheit von Denkmalwert bilden, sind wie diese zu behandeln (Nr. 1).

Bsp.: Renaissanceschloss; barocke Familiengruft eines Adelsgeschlechts; Obelisk zum Familienfideikommis in einem Landschaftspark; frühneuzeitlicher Sühnestein

Bei baulichen Anlagen können sämtliche Bestandteile baulicher Anlagen wie auch nur wenige ausgewählte Bestandteile unter Denkmalschutz stehen.

Bsp.: Fassade, historischer Aufzug

Denkmalbereiche sind „Mehrheiten baulicher Anlagen“. „Denkmalbereiche können historische Kulturlandschaften, die in der Liste des Erbes der Welt der UNESCO gemäß Artikel 11 Abs. 2 Satz 1 des Übereinkommens vom 23. November 1972 zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt (Bekanntmachung vom 2. Februar 1977, BGBl. II S. 213) aufgeführt sind, Stadtgrundrisse, Stadtund Ortsbilder sowie -silhouetten, Stadtteile und -viertel, Siedlungen, Gehöftgruppen, Straßenzüge, bauliche Gesamtanlagen und Einzelbauten, einschließlich deren Umgebung, sein, wenn das Bauwerk zu ihr in einer besonderen historischen, funktionalen oder ästhethischen Beziehung steht. Hierzu gehören auch handwerkliche und industrielle Produktionsstätten“ (Nr. 2).

Bsp.: Straßenzug in einer Ortschaft;79 Gustav Adolf-Gedenkstätte;80 Ortssilhouette;81 historische Kulturlandschaft Dessau-Wörlitzer-Gartenreich82

Beim Denkmalbereich wird ein Erscheinungsbild geschützt. Daher ist bei mehreren zusammengehörenden baulichen Anlagen die Eigenschaft als Denkmal nur anzunehmen, wenn die Anlagen in ihrer Zusammengehörigkeit gewürdigt werden.83 Bei der Bestimmung des Erscheinungsbildes sind die Gründe der Unterschutzstellung heranzuziehen.84

Ist ein Gebäude Bestandteil eines Denkmalbereichs, etwa einer Häusergruppe, bezieht sich die Erhaltungspflicht des Eigentümers nicht nur auf „einzelne Gebäudeteile, die in der Denkmalbegründung als prägend hervorgehoben sind, sondern erstreckt sich auf das Gebäude als Ganzes“.85

Das Denkmalfachamt kann im Benehmen mit der zuständigen unteren Denkmalschutzbehörde Denkmalbereiche qualifizieren, indem es konstitutive Merkmale des Denkmalwerts benennt sowie Bereiche oder baulichen Gegebenheiten innerhalb des Denkmalbereichs beschreibt, an denen Baumaßnahmen ohne Beeinträchtigung des Denkmalwerts erfolgen können (Qualifizierte Denkmalbereiche gem. § 3 I DenkmAVO LSA i.V.m. §§ 1, 14 IV DenkmSchG LSA). Das Denkmalfachamt veröffentlicht die Gesamtheit der qualifizierten Denkmalbereiche und soll in der Veröffentlichung Angaben zu den Bereichen sowie eine Karte jedes qualifizierten Denkmalbereichs machen (§ 3 II DenkmAVO LSA).

Verfahrenstechnisch stellt die Festlegung qualifizierter Denkmalbereiche eine Umkehrung des ansonsten bestehenden Verhältnisses zwischen unterer Denkmalschutzbehörde und Denkmalfachamt dar. In sonstigen Fällen entscheidet die Denkmalschutzbehörde im Benehmen mit dem Denkmalfachamt. Das Benehmen ist mehr als eine bloße Anhörung, sondern eine vom Bemühen um eine einvernehmliche Lösung getragene Kommunikation. Es ist aber auch weniger als die Zustimmung, die nur ernsthaft angestrebt, nicht aber erreicht werden muss.

Archäologische Kulturdenkmale (Nr. 3) sind „Reste von Lebewesen, Gegenständen und Bauwerken, die im oder auf dem Boden, im Moor und unter Wasser erhalten geblieben sind und die von der Geschichte des Menschen Zeugnis ablegen. Insbesondere sind dies Siedlungen und Wüstungen, Befestigungsanlagen aller Art, Landwehren und markante Grenzverläufe, Produktionsstätten wie Ackerfluren und Werkplätze, Glashütten, Öfen, Steinbrüche, Pingen, Halden, Verkehrsanlagen, Be- und Entwässerungssysteme, Gräberfelder, Grabanlagen, darunter Grabhügel und Großsteingräber, Höhlen, Kultstätten, Denkmale der Rechtsgeschichte und Überreste von Bauwerken sowie Steinmale und Schälchensteine“. Die Aufzählung ist nicht abschließend, so dass z.B. auch Wölbäcker oder Waldweideställe hierunter fallen. Sie werden mitunter auch als Bodendenkmale bezeichnet. Das Vorliegen eines archäologischen Kulturdenkmals setzt nicht voraus, dass das Denkmal schon bekannt ist, selbst wenn dessen Erhaltung erst nach seiner Entdeckung durchgesetzt werden kann.86

Keine archäologischen Kulturdenkmale (i.Ü. auch keine Denkmalbereiche) sind sog. Grabungsschutzgebiete. Diese Gebiete können indes Kulturdenkmale enthalten: Die Denkmalschutzbehörde kann durch Anordnung abgegrenzte Flächen, in denen archäologische Kulturdenkmale 87 vorhanden sind oder begründete Anhaltspunkte für ihr Vorhandensein existieren, befristet zu Grabungsschutzgebieten erklären (§ 9 V DenkmSchG LSA). Hier gilt: Werden bewegliche Kulturdenkmale, die herrenlos oder solange verborgen gewesen sind, dass ihr Eigentümer nicht mehr zu ermitteln ist, in Grabungsschutzgebieten entdeckt, werden sie mit der Entdeckung Eigentum des Landes (§ 11 I DenkmSchG LSA). Somit gilt in diesen Fällen die sog. hadrianische (hälftige) Teilung nach BGB nicht.88 In Grabungsschutzgebieten bedürfen alle Arbeiten, die Kulturdenkmale zutage fördern oder gefährden könnten, einer Genehmigung der zuständigen unteren Denkmalschutzbehörde (§ 14 II 4 DenkmSchG LSA).

Archäologische Flächendenkmale (Nr. 4) sind Denkmale, „in denen Mehrheiten archäologischer Kulturdenkmale vorhanden sind“. Von einer Mehrheit lässt sich nur dann sprechen, wenn mindestens zwei abgrenzbare Flächendenkmale vorhanden sind.

Geschützt ist auch die Gruppe Nr. 5 „Bewegliche Kulturdenkmale und Bodenfunde als Einzelgegenstände und Sammlungen, wie Werkzeuge, Geräte, Hausrat, Gefäße, Waffen, Schmuck, Trachtenbestandteile, Bekleidung, Kultgegenstände, Gegenstände der Kunst und des Kunsthandwerkes, Münzen und Medaillen, Verkehrsmittel, Maschinen und technische Aggregate, Teile von Bauwerken, Skelettreste von Menschen und Tieren, Pflanzenreste und andere Hinterlassenschaften“.

Die Gruppe der Kleindenkmale (Nr. 6) definiert der Gesetzgeber nicht, sondern beschreibt beispielhaft „Meilensteine, Obelisken, Steinkreuze, Grenzsteine und andere“.

2. Umgebungsschutz

Auch die Umgebung eines Kulturdenkmals kann im Einzelfall Schutz genießen. 89 So ist in den Grundsätzen des Denkmalschutzgesetzes bestimmt, dass sich der Schutz auf die gesamte Substanz eines Kulturdenkmals einschließlich seiner Umgebung erstreckt, soweit diese für die Erhaltung, Wirkung, Erschließung und die wissenschaftliche Forschung von Bedeutung ist (§ 1 I 2 DenkmSchG LSA). Daher kann ein Eingriff in ein Kulturdenkmal (§ 10 I DenkmSchG LSA) auch dann vorliegen, wenn dessen Umgebung verändert wird. 90 Sogar die vollständige Freihaltung von Flächen vor Denkmalen kann geboten sein.91

Bsp.: geschützte Solitärwirkung eines klassizistischen Schlosses würde durch Wohnbauvorhaben in unmittelbarer Nähe beeinträchtigt;92 die für die Denkmalwirkung wesentlichen historische Sichtachse bzw. Jagdstern eines Jagdschlosses würde verschwinden; nicht geboten aber Rodung eines in der Umgebung über zwanzig Jahre gewachsenen Baumbestandes als Erhaltungs- bzw. Instandsetzungsmaßnahme; Dessau-Wörlitzer Gartenreich nicht in seiner Gesamtheit Kulturdenkmal i.S.v. § 2 II DenkmSchG LSA;93 problematisch PV-Anlage nahe Denkmal

Eine erhebliche Beeinträchtigung der Denkmalqualität eines Kulturdenkmals im Sinne von § 10 I 1 DenkmSchG LSA durch eine Veränderung seiner Umgebung liegt nicht schon dann vor, wenn neue Bauten in der Umgebung eines Baudenkmals hinzukommen, die nicht völlig an das Baudenkmal angepasst sind.94 Eine solche Beeinträchtigung liegt aber insbesondere vor, wenn die hinzutretenden baulichen Anlagen das Denkmal „gleichsam erdrücken, verdrängen, übertönen oder die gebotene Achtung gegenüber den Werten außer Acht lassen, welche dieses Denkmal verkörpert“95. Eine erhebliche Beeinträchtigung kommt vor allem in Betracht, wenn die Schutzwürdigkeit des Denkmals als besonders hoch einzuschätzen ist.96

Eine besondere Problematik stellen Windenergieanlagen in der Nähe von Denkmalen dar.97 Sie können etwa den historischen Aussagewert eines mit seiner Umgebung geschützten Denkmals beeinträchtigen. 98 Bei der Bewertung sind vorhandene Vorbelastungen zu berücksichtigen. 99 Windenergieanlagen kann der Denkmalschutz nach Landesrecht ebenso wie der Denkmalschutz als öffentlicher Belang im Sinne des Planungsrechts entgegenstehen.100

3. Denkmalfähigkeit und -würdigkeit

Ein öffentliches Interesse am Erhalt besteht, wenn diese Zeugnisse von besonderer geschichtlicher, kulturell-künstlerischer, wissenschaftlicher, kultischer, technisch-wirtschaftlicher oder städtebaulicher Bedeutung sind (§ 2 I 2 DenkmSchG LSA). Man spricht insoweit auch von Schutzgründen des Denkmalrechts. Verschiedene Schutzgründe können sich überlagern. Das Vorliegen eines gesetzlichen Schutzgrundes (in Sachsen-Anhalt i.S.v. § 2 I 2 DenkmSchG LSA) bezeichnet man gemeinhin als Denkmalfähigkeit.101 M.a.W. begründet das Vorhandensein mindestens eines Schutzgrundes die sog. Denkmalfähigkeit, die zusammen mit der sog. Denkmalwürdigkeit die Eigenschaft als Kulturdenkmal begründet.102 Unter Denkmalwürdigkeit versteht man, dass ein Objekt für wert betrachtet wird, unter dem Schutz des Denkmalrechts zu stehen. M.a.W. muss ein Erhaltungsinteresse der Allgemeinheit bzw. öffentliches Interesse an seiner Erhaltung bestehen. Das OVG LSA103 führt zum Erfordernis der Denkmalwürdigkeit aus: „Das Tatbestandsmerkmal der Denkmalwürdigkeit ist ein Korrektiv zum Merkmal Denkmalfähigkeit, um aus dem Denkmalschutz rein individuelle Vorlieben und private Liebhaberinteressen auszugrenzen. Voraussetzung ist deshalb, dass die besondere Bedeutung einer Sache, die ihre Denkmaleigenschaft begründen kann, und die Notwendigkeit ihrer Erhaltung durch bestimmte Fakten erwiesen, in das Bewusstsein der Bevölkerung eingegangen oder mindestens nach dem Wissens- und Erkenntnisstand sachverständiger Betrachter anerkannt ist. Insoweit bedarf es einer Abwägung der ausschließlich denkmalpflegerischen Interessen untereinander und gegeneinander, vor allem der dokumentarische und exemplarische Wert des Schutzobjekts (Seltenheitswert), sein Alter, das Maß an Originalität und Integrität sowie ganz allgemein das konkrete Gewicht der einschlägigen Schutzgründe“. Die Originalität eines Objekts muss sich nicht zwingend bereits aus seiner allgemeinen Zugehörigkeit zu einer bestimmten Epoche, Stil- bzw. Kunstrichtung mit wenigen Zeugnissen ergeben. Die Gründe für den Erhalt einer grundsätzlich denkmalwürdigen Sache können aber dadurch gemindert sein, dass ihre historische Aussage durch gleichartige Sachen ohne Einbußen bereits denkmalrechtlich gesichert erscheint. 104 Bei für architekturgeschichtlichen Gründen für einen Schutz mag dies etwa der Fall sein, wenn die konkrete Bauweise in zahlreichen Fällen ohne individuelle Besonderheiten durch gleichartige Bauten verkörpert ist. Handelt es sich um eine Gruppe mit vergleichsweise vielen Objekten mag sich die Originalität aber aus dem außergewöhnlich guten Erhaltungszustand, dem außergewöhnlich hohen Niveau der Kunstfertigkeit, der besonderen Größe oder sonstigen Merkmalen hervorgehen. Bezieht sich die Behörde zur Begründung der Denkmalwürdigkeit auf eine bestimmte Stilrichtung, muss diese tatsächlich eine abgrenzbare Stilrichtung mit erkennbaren Eigenheiten darstellen.

Bsp.: Der sog. Reformstil in der Architektur zu Beginn des 20. Jhd. ist nicht derart konturenlos, dass er keine erkennbaren Eigenheiten aufweist, dass keine klare Zuordnung eines Bauwerks zu dieser Stilrichtung möglich wäre.105

Die Regelung zur Denkmalfähigkeit ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden und stellt insbesondere eine zulässige Konkretisierung der Sozialbindung des Eigentums dar.106

Der Erhaltungszustand muss ein öffentliches Erhaltungsinteresse im Sinne einer Denkmalwürdigkeit begründen.107 M.a.W. muss ein öffentliches Interesse bestehen, „das die auf einem gesetzlichen Schutzgrund beruhende Erhaltung der Sache rechtfertigt“108. Grundsätzlich hat aber der Erhaltungszustand des Denkmals keinen Einfluss auf seine Schutzwürdigkeit.109 M.a.W. schließt ein schlechter Erhaltungszustand grundsätzlich die Denkmalwürdigkeit nicht aus110 bzw. spielt auch die Frage der Zumutbarkeit des Erhalts für die Anerkennung als Denkmal keine Rolle111. Unerheblich ist auch, ob sich das Objekt in einem unansehnlichen Zustand befindet.112 Es besteht jedoch bei einem Gebäude, dass abgängig ist, kein Erhaltungsinteresse mehr und ist daher eine Sicherungs- bzw. Erhaltungsverfügung nach § 9 DenkmSchG LSA rechtswidrig.113 Die Schutzwürdigkeit kann entfallen, wenn das Gebäude nicht mehr unter Wahrung seiner Identität erhalten werden kann oder feststeht, dass es in naher Zukunft unvermeidlich untergehen wird. 114 Die Denkmalwürdigkeit setzt voraus, dass die besondere Bedeutung des Objektes durch bestimmte Fakten erwiesen ist, diese entweder in das Bewusstsein der Bevölkerung eingegangen ist oder zumindest nach dem Wissens- und Erkenntnisstand sachverständiger Betrachter anerkannt wird.115 Die Schutzwürdigkeit eines Denkmals oder eines Denkmalbereichs hängt nicht davon ab, wie viele Passanten dort regelmäßig vorbeikommen.116

Eine allgemeine geschichtliche, kulturell-künstlerische usw. Bedeutung genügt nicht. Es muss vielmehr eine besondere Bedeutung gegeben sein, die sich mithin deutlich von anderen Gegenständen von geschichtlicher, kulturell-künstlerischer etc. Bedeutung abhebt.

Bsp.: Gasthof, in dem Napoleon während des Russlandfeldzugs übernachtete, hat Zeugniswert für den Russlandfeldzug, jedoch keine „besondere“ Bedeutung

Die geschichtliche Bedeutung kann sich aus den unterschiedlichsten Geschichtsbereichen ergeben wie z.B. der Politik-, Kultur-, Religions-, Verwaltungs-, Industrie- und Technikgeschichte, Agrar- oder Forstgeschichte etc. „Geschichtlich bedeutsam ist ein Denkmal, wenn ein Bauwerk historische Ereignisse oder Entwicklungen anschaulich macht.“117 Zu fragen ist, ob das jeweilige Objekt Zeugniswert als Ereignisort hat

Bsp.: Ort einer bahnbrechenden Erfindung, Schlachtfeld, Saal des Abschlusses eines Friedensvertrags; Ort schwerster Verbrechen gegen die Menschlichkeit

oder als Ort, der historisch bedeutsame Entwicklungen dokumentiert.

Bsp.: Jagdschloss, an dem der Wandel von Renaissance- über Barock- bis Rokokostil ablesbar ist; Marktplatz der Lutherstadt Wittenberg118

Historische Ereignisse oder Entwicklungen können aber auch durch einen Ort dokumentiert sein, an dem eine historisch bedeutsame Persönlichkeit lebte bzw. wirkte.

Bsp.: Geburtshaus Luthers; Atelier Ernst Barlachs

Eine kulturell-künstlerische Bedeutung erfordert ein gesteigertes Maß an ästhetischer oder gestalterischer Qualität, wobei es entscheidend darauf ankommt, dass sich eine individuelle schöpferische Leistung als Ausdruck künstlerischer Inspiration am Bauwerk ablesen lässt.119 „Der Schutzgrund der künstlerischen Bedeutung erfordert ein gesteigertes Maß an ästhetischer oder gestalterischer Qualität.“120

Bsp.: Jugendstil-Wandgestaltung in Bahnhofsraum

Die Denkmalfähigkeit kann in der wissenschaftlichen Bedeutung der Sache bestehen. Dabei muss es sich nicht um eine Bedeutung nach einer bestimmten Wissenschaftsdisziplin handeln. Im Hinblick auf das Vergangenes dokumentierende Objekt genügt ein wissenschaftlicher Zeugniswert in dem Sinne, dass das Objekt eine besondere Bedeutung für die Wissenschaft hat, weil seine wissenschaftliche Untersuchung – unabhängig von einer bisherigen Erforschung – noch Erkenntnisse verspricht oder es Zeugnis der Wissenschaftsgeschichte ist.

Bsp.: Gebäude, in dem berühmter Wissenschaftler eine bahnbrechende Entdeckung machte

Ein öffentliches Interesse kann in der kultischen Bedeutung des Objekts begründet sein. Bsp.: megalithischer Sonnenwendstein; Opferstein; Mikwe aus dem 19. Jhd.

Das öffentliche Interesse kann in der technisch-wirtschaftlichen Bedeutung des Objekts begründet sein.

Bsp.: Entwässerungsanlage eines Bergwerks aus dem 17. Jhd.

Ein öffentliches Erhaltungsinteresse kann sich schließlich aus der städtebaulichen Bedeutung des Objekts ergeben. „Für eine städtebauliche Bedeutung reicht nicht aus, dass das Denkmal das Erscheinungsbild der Stadt lediglich mitprägt.“121 „Städtebauliche Gründe, die für den Erhalt eines Denkmals sprechen, sind gegeben, wenn das Objekt in seinem konkreten Bestand aus der ihm innewohnenden funktionalen Einbindung in die gegebene städtebauliche bzw. siedlungsbezogene Situation nicht herausgelöst werden kann, ohne zugleich die erhaltenswerte Situation in ihrer denkmalrechtlich relevanten Aussagekraft wesentlich zu beeinträchtigen oder gar zu zerstören“122. „Städtebauliche Gründe lassen daher die Erhaltung und Nutzung eines Objektes geboten erscheinen, wenn ihm als historischem Bestandteil einer konkreten städtebaulichen Situation eine wünschenswerte stadtbildprägende Bedeutung zukommt, so dass es aus Gründen der Stadtgestaltung und wegen des Stadtbildes als Verlust empfunden würde, wenn es seine Prägung in seiner Eigenart als überlieferter baulicher Bestand nicht mehr wie bisher entfalten würde“123.

Für die Denkmaleigenschaft kommt es maßgeblich auf den dokumentarischen und exemplarischen Wert eines Objekts an (Zeugniswert).124 Dieser Zeugniswert kann ein „Aussagewert“ sein, wenn das Denkmal geschichtliche Entwicklungen (aus allen Zweigen der Geschichte) deutlich macht. Er kann auch bestehen in seinem „Erinnerungswert“ als Wirkungsstätte namhafter Personen oder Ort besonderer geschichtlicher Ereignisse. Schließlich kann der Zeugniswert ein „Assoziationswert“ sein, wenn das Objekt im Bewusstsein der Bevölkerung mit besonderen geschichtlichen Verhältnissen verbunden ist.125 Die Bedeutung als Zeugnis vergangener Zeit muss an der vorhandenen Substanz ablesbar sein und nicht nur gedanklich rekonstruierbar sein.126 Diese Ablesbarkeit anhand der Substanz mag sachverständiger Hilfe bedürfen.127 Dies gilt nach Ansicht des OVG LSA128 entsprechend für den Fall des Denkmalbereichs, wenn verschiedene Bauwerke zusammen mit ihrer Umgebung in einem geschichtlichen und/oder funktionalen Zusammenhang stehen.

Soweit im Verwaltungsprozess die Denkmaleigenschaft im Streit steht (und entscheidungserheblich ist), muss das Verwaltungsgericht im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes (§ 86 VwGO) und der Regeln freier Beweiswürdigung klären, ob und ggf. inwieweit ein Denkmal im Sinne des Gesetzes vorliegt. Der Denkmalbegriff ist ein auslegungsbedürftiger unbestimmter Rechtsbegriff. Ein behördlicher Beurteilungsspielraum ist insoweit nicht anzuerkennen, jedoch ist die Justiziabilität der behördlichen Bewertung gleichwohl eingeschränkt. Das zur denkmalschutzrechtlichen Beurteilung erforderliche Fachwissen vermittelt nämlich in erster Linie die staatliche Denkmalschutzbehörde (bzw. das ihm zugeordnete Denkmalfachamt), so dass ein Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung die fachkundige Stellungnahme dieser Behörde verwerten darf.129 Für ein gerichtliches Sachverständigengutachten gibt es nur dann Anlass, wenn Tatsachen im Hinblick auf die Denkmaleigenschaft klärungsbedürftig geblieben sein.130 Ein privates Parteigutachten kann das Gericht im Rahmen der freien Beweiswürdigung heranziehen,131 jedoch auf die ggf. größere Sachkunde der staatlichen Denkmalschutzbehörde abstellen.132 Das Privatgutachten mag (in eher seltenen Fällen) die behördliche Einschätzung qualifiziert in Frage stellen und das Gericht veranlassen, selbst ein gerichtliches Gutachten in Auftrag zu geben. Folgende Erwägungen des NdsOVG133 sind insoweit übertragbar: „Um die Einschätzung des Landesamtes für Denkmalpflege zur Denkmalwürdigkeit eines Gebäudes zu erschüttern, ist es erforderlich, die Punkte, die das Landesamt übersehen oder nicht hinreichend berücksichtigt haben soll, konkret zu benennen und hinreichende Anhaltspunkte für einen abweichenden Sachverhalt vorzutragen. Diese sind dann im Hauptsacheverfahren ggf. durch Beweisaufnahme aufzuklären, im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes anhand der verfügbaren Unterlagen auf ihre Wahrscheinlichkeit zu überprüfen.“

4. Denkmalverzeichnis

Im Denkmalverzeichnis des Landes Sachsen-Anhalt werden alle Denkmäler des Landesgebiets i.S.d. § 2 DenkmSchG LSA aufgelistet.134 Die Eigenschaft eines Gegenstandes als Kulturdenkmal besteht unabhängig von seiner (nachrichtlichen) Eintragung in das Denkmalverzeichnis (§ 18 DenkmSchG LSA) oder der entsprechenden Mitteilung an den Eigentümer.135

Bsp.: Der Beobachtungsturm Dahrendorf (BT 9 4x4), eine Führungsleitstelle der DDR-Grenztruppen, wird nicht im Denkmalverzeichnis geführt, ist aber gesetzlich geschütztes Denkmal.

Die Eintragung des Denkmals in das Verzeichnis ist mithin deklaratorisch und nicht konstitutiv (sog. Ipso-iure-Prinzip).136 Das Denkmalverzeichnis ist nur „nachrichtlich“ (§ 18 I DenkmSchG LSA). Der Schutz durch das Denkmalschutzgesetz hängt nicht davon ab, dass ein Kulturdenkmal im Verzeichnis eingetragen ist (§ 18 I 4 DenkmSchG LSA). Die Objektbeschreibung im Denkmalverzeichnis ist aber zur Einstufung als Kulturdenkmal als Orientierungs- und Subsumtionshilfe heranzuziehen.137 Nur in tatsächlicher Hinsicht hat ein behördlicher Verzicht auf eine Eintragung Indizwirkung. Die amtliche Feststellung der Denkmaleigenschaft ist dem Eigentümer, Besitzer oder Verfügungsberechtigten mitzuteilen (§ 18 II 1 DenkmSchG LSA). Diese Aufgabe obliegt der zuständigen unteren Denkmalschutzbehörde, die auch einen Auszug aus dem Denkmalverzeichnis für ihr Gebiet führt (§ 18 II 2 DenkmSchG LSA).

Soweit DDR-Behörden Objekte nach dem Recht der DDR zu Denkmälern erklärt haben, hat dies keine Bindungswirkung für die heutige denkmalrechtliche Einordnung der entsprechenden Objekte.138 Die Einordnung richtet sich allein nach dem Denkmalschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt. Da Denkmäler kraft Gesetzes als solche gelten und unter Schutz stehen, kann auch die Wirksamkeit seinerzeitiger Maßnahmen dahinstehen. Eine auf einer fachlichen Bewertung fußende damalige Einstufung hat aber Indizwirkung für die Einstufung als Denkmal nach heutigem Recht. Ebenso ist die Richtigkeit der fachlichen Begründung indiziert.

Die Denkmaleigenschaft kann Gegenstand eines feststellenden Verwaltungsakts der unteren Denkmalschutzbehörde sein. Auf Antrag des Eigentümers, Besitzers oder Verfügungsberechtigten hat diese durch Verwaltungsakt über die Eigenschaft als Kulturdenkmal innerhalb eines Monats zu entscheiden (§ 18 I 3 DenkmSchG LSA). Trotz des nur deklaratorischen Charakters der Eintragung in die Denkmalliste hat der Eigentümer ein berechtigtes Interesse im Wege der Feststellungsklage die Denkmaleigenschaft seines Gebäudes klären zu lassen, wenn die Denkmalschutzbehörde die Denkmaleigenschaft entgegen seiner Auffassung bejaht.139 Dies gilt entsprechend für die Frage, ob die Denkmaleigenschaft entfallen ist.

Das Denkmalverzeichnis wird vom Denkmalfachamt geführt. Es nimmt die Denkmale nach Anhörung der unteren Denkmalschutzbehörde in das Verzeichnis auf (§ 18 I 3 DenkmSchG LSA). Das Verzeichnis besteht aus mehreren Listen: Das Denkmalfachamt führt getrennte Listen für Baudenkmale, bewegliche Kulturdenkmale, archäologische Kulturdenkmale und Grabungsschutzgebiete (§ 18 I 2 DenkmSchG LSA). Die Einsicht in das Denkmalverzeichnis ist jedermann gestattet (§ 18 III 1 DenkmSchG LSA). Die Liste der beweglichen Kulturdenkmale dürfen jedoch nur die Eigentümer, beziehungsweise die sonstigen dinglich Berechtigten oder von diesen ermächtigte Personen, einsehen (§ 18 III 2 DenkmSchG LSA). Eintragungen in das Denkmalverzeichnis sind zu löschen, wenn nach Feststellung des Denkmalfachamtes die Voraussetzungen der Eintragung entfallen sind (§ 18 IV DenkmSchG LSA). Dies gilt entsprechend im Fall einer Fehleintragung.

5. Wegfall der Denkmaleigenschaft

Der Eintrag in das Denkmalverzeichnis hindert nicht den Wegfall der Denkmaleigenschaft eines Gegenstandes: Das öffentliche Interesse an der Erhaltung einer denkmalwürdigen Sache entfällt, wenn ihre historische Substanz soweit verloren geht, dass sie ihre Funktion nicht mehr erfüllen kann, Aussagen über geschichtliche Umstände oder Vorgänge zu dokumentieren.140 Dies setzt eine sehr weitgehende Zerstörung des Denkmals voraus.141 Die Denkmaleigenschaft entfällt, wenn ein Gebäude „rettungslos abgängig“ 142 oder „unrettbar verloren“143 verloren ist bzw. wenn feststeht, dass es „in naher Zukunft unabwendbar untergehen wird“144 oder es seine „ursprüngliche Identität verloren“145 hat. Ob das Gebäude bzw. die verbliebene historische Substanz infolge seines Verfalls noch Zeugnis- bzw. historischen Dokumentationswert besitzt, muss im Hinblick auf die Gründe der Unterschutzstellung bewertet werden.146 Bauliche Veränderungen führen dem Grundsatz nach nicht zum Wegfall der Denkmaleigenschaft eines Gebäudes.147 Führen aber die Veränderungen zur Beseitigung der aus vergangener Zeit stammenden Gebäudeteile oder wird das Gebäude so beeinträchtigt, dass es die „Bedeutungsschwelle“ des § 2 I DenkmSchG LSA nicht mehr erreicht, entfällt die Denkmaleigenschaft.148

Bsp.: Im Falle baulicher Veränderungen eines Gebäudes, das zu einer als Denkmalbereich geschützten Häusergruppe gehört, ist maßgeblich, ob diese Veränderungen so schwerwiegend sind, dass das Gebäude seine Bedeutung für die Denkmalwürdigkeit der Häusergruppe verloren hat.149

(Denkmalgerechte) Erhaltungsmaßnahmen führen regelmäßig nicht zum Verlust der Denkmaleigenschaft.150 Nach Ansicht des OVG LSA151 fällt die Denkmaleigenschaft selbst dann i.d.R. nicht weg, „wenn der überwiegende Teil der Originalsubstanz nach und nach durch Material aus der Zeit der jeweiligen Erhaltungsmaßnahmen ersetzt wird“. Nur ausnahmsweise kann aufgrund von Erhaltungsmaßnahmen die Denkmaleigenschaft entfallen, wenn nämlich die Eingriffe so weit gehen, dass die Denkmalaussage verloren geht,152 d.h. das Denkmal „als Quelle unlesbar wird“153, es „keinen Zeugniswert mehr besitzt“154 bzw. wenn seine „Identität“ verloren geht („denkmalfachlicher Identitätsverlust“)155 und nur „Kopie des Originals“156 ist bzw. eine Rekonstruktion als Nachbau des früheren Denkmals möglich ist157. Maßgeblich im Hinblick auf die Frage, ob die Identität des Denkmals durch notwendige Sanierungsmaßnahmen noch erhalten bleibt, sind die die Denkmaleigenschaft begründenden Merkmale.158 Ist der Zustand des Gebäudes durch äußere Einflüsse wie Feuchtigkeit oder übermäßige Nutzung so stark verschlechtert, dass das Gebäude nicht ohne eine Sanierung in einen gebrauchsfähigen Zustand zu versetzen ist, die einer Neuerrichtung gleichkommt, so ist die Denkmaleigenschaft entfallen.159

Bsp.: Dies ist nicht bereits deshalb anzunehmen, weil im Rahmen einer Sanierung nur 20 % der denkmalwürdigen Substanz des Gebäudes erhalten bleiben würden.160 Beruht die Denkmaleigenschaft nach der Begründung vornehmlich auf dem nahezu vollständig erhaltenen Dachwerk, tritt ein Identitätsverlust des Denkmals nicht ein, wenn nur ein weitgehender Austausch der übrigen Gebäudeteile erfolgt.161

Ob Erhaltungs- bzw. Sanierungsmaßnahmen die Denkmalaussage entfallen lassen, ist allein aus denkmalfachlicher Sicht zu beurteilen – nicht im Hinblick auf den bautechnischen Aufwand oder die Kosten der Maßnahmen.162

Nicht zum Wegfall der Denkmaleigenschaft führt die Entwidmung einer Sache bzw. Sachgesamtheit.163

Bsp.: Entwidmung eines Reichsbahnausbesserungswerks;164 Entwidmung eines historischen Gebäudes als städtisches Museum

II. Allgemeine Grundsätze

Im Denkmalschutzrecht des Landes Sachsen-Anhalt sind verschiedene Grundsätze normiert. Sie haben in erster Linie für die Auslegung anderer Normen Bedeutung. Nach dem ersten Grundsatz ist es Aufgabe des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege in Sachsen-Anhalt, „die Kulturdenkmale als Quellen und Zeugnisse menschlicher Geschichte und prägende Bestandteile der Kulturlandschaft nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu schützen, zu erhalten, zu pflegen und wissenschaftlich zu erforschen“ (§ 1 I DenkmSchG LSA). Der Gesetzgeber unterscheidet an dieser Stelle nicht zwischen einer staatlichen und einer privaten Aufgabe Denkmalschutz, will mithin hier alle adressieren, denen durch das Denkmalschutzgesetz Pflichten auferlegt werden. Dazu gehören neben der öffentlichen Hand, etwa dem Land Sachsen-Anhalt, den Landesdenkmalschutzbehörden, Kreisen, kreisfreien Städten und Gemeinden auch Private – diese als Denkmaleigentümer und -besitzer.

Dass der Gesetzgeber mit seinen Grundsätzen auch Private adressiert, zeigt sich auch im allgemeinen Kooperationsgebot, einem weiteren Grundsatz des Denkmalschutzgesetzes. Hiernach wirken bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben das Land und die kommunalen Gebietskörperschaften sowie Eigentümer und Besitzer von Kulturdenkmalen zusammen (§ 1 II DenkmSchG LSA). Das Denkmalschutzgesetz schafft die „besondere Pflicht, die ihnen gehörenden oder von ihnen genutzten Kulturdenkmale zu erhalten“ (§ 1 II 2 DenkmSchG LSA). Diese abstrakte Rechtspflicht ist nur ein „Grundsatz“. Sie ist viel zu unbestimmt, um Anknüpfungspunkt belastender behördlicher Maßnahmen zu sein. Insoweit ist vielmehr auf gesetzliche Konkretisierungen der Erhaltungspflicht (insbes. § 9 II 1. Alt. DenkmSchG LSA) abzustellen.

Ein weiterer Grundsatz ist das allgemeine Berücksichtigungsgebot des § 1 III DenkmSchG LSA: Hiernach sind die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege bei öffentlichen Planungen und Baumaßnahmen rechtzeitig zu berücksichtigen, so dass die Kulturdenkmale möglichst erhalten bleiben und ihre Umgebung angemessen gestaltet werden kann. Die Belange von Denkmalschutz und -pflege sind mithin zum einen „rechtzeitig“ zu berücksichtigen. Dies meint eine frühestmögliche Berücksichtigung bei Beginn der Planung bzw. Planung der Baumaßnahme. Zum anderen sind sie best- bzw. weitestmöglich im Hinblick auf das anzustrebende Ziel der Denkmalerhaltung zu berücksichtigen. Berücksichtigen erfordert eine Ermittlung und Bewertung der Belange sowie ihre Beachtung in Planungen und Baumaßnahmen. Dies gilt etwa im Hinblick auf die Verfahren der Raumordnung, Bauleitplanung oder Planfeststellung und Plangenehmigung. Hieraus folgt kein absoluter Vorrang der Denkmalschutzbelange vor anderen Belangen oder gar ein absolutes Verbot der Beeinträchtigung der Denkmalschutzbelange. Die Norm stellt aber ein Optimierungsgebot dar, weil der Gesetzgeber in ihr seinen Willen ausdrückt, diese Belange mit besonderem Gewicht auszustatten und eine Pflicht begründet werden soll, die Belange weitestmöglich zu verwirklichen. Die Berücksichtigungspflicht selbst ist zwar zwingendes Recht, jedoch bedeutet dies nicht, dass die Denkmalschutzbelange nach dieser Vorschrift einen zwingende bzw. strikte Geltung im Sinne nicht überwindbarer Belange besitzen. Soweit daher mitunter behauptet wird, die Denkmalschutzbelange müssten „strikt“ beachtet werden,165 ist dies irreführend.

Weitere Gebote zur Berücksichtigung des Denkmalschutzes in Planungs- und Genehmigungsverfahren finden sich im Raumordnungsrecht. So gebietet § 4 Nr. 7 a) Landesentwicklungsgesetz: „Als Kernland deutscher Geschichte mit Baudenkmälern von herausragender Bedeutung ist in Sachsen-Anhalt der Kulturtourismus zu stärken und zu sichern.“ Außerdem finden sich im Landesentwicklungsplan sowie in den Regionalplänen („Regionale Entwicklungspläne“) Aussagen planungsrechtliche Festlegungen zur Bedeutung des Denkmalschutzes. Sie wirken aber regelmäßig nur auf einem relativ hohen Abstraktionsniveau auf andere Verfahren ein. Gegenwärtig findet ein Verfahren zur Neuaufstellung des Landesentwicklungsplans statt, so dass die künftigen konkret denkmalschutz-bezogenen Inhalte abzuwarten sind. Auch einzelne der fünf Regionalpläne werden gegenwärtig neu aufgestellt.

Der letztgenannte gesetzliche Grundsatz ist das Gebot, Kulturdenkmale im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren der Öffentlichkeit zugänglich zu machen (Gebot des Zugänglichmachens gem. § 1 IV DenkmSchG LSA). Es handelt sich um eine Sollvorschrift. Der Sollcharakter und die Beschränkung der Pflicht auf das „Zumutbare“ führen dazu, dass die Norm de facto eher Appellcharakter hat. Eindeutig als Rechtspflicht ist § 9 II 1 DenkmSchG LSA zu verstehen, der „Eigentümer, Besitzer und anderen Verfügungsberechtigten von Kulturdenkmalen“ verpflichtet, diese „im Rahmen der wirtschaftlichen Zumutbarkeit“ soweit möglich und zumutbar, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Auch diese Vorgabe ist indes eher vage und offen. Daher dürfte nur bei in jeder Hinsicht eindeutigen Fällen der Möglichkeit und Zumutbarkeit des Zugänglichmachens der Erlass einer denkmalbehördlichen Verfügung zur Durchsetzung der Pflicht – auf Grundlage der Generalklausel § 4 I DenkmSchG166 – in Betracht kommen.

III. Pflichten der Denkmaleigentümer und -besitzer

1. Erhaltungspflicht

Die wichtigste Regelung des Denkmalschutzrechts in materieller Hinsicht ist die Erhaltungspflicht: Eigentümer, Besitzer und andere Verfügungsberechtigte von Kulturdenkmalen sind verpflichtet, diese Denkmale – im Rahmen der wirtschaftlichen Zumutbarkeit nach denkmalpflegerischen Grundsätzen – zu erhalten (§ 9 II 1. Alt. DenkmSchG LSA). Die Erhaltungspflicht beinhaltet sowohl das Gebot, die zur Erhaltung notwendigen Maßnahmen zu ergreifen als auch das Gebot, Handlungen zu unterlassen, die das Denkmal zerstören oder beschädigen.

70 Eigentümer eines Grundstückes ist dem Grundsatz nach, wer rechtswirksam im Grundbuch als dessen Eigentümer eingetragen ist. Besitzer ist, wer die tatsächliche Sachherrschaft über die Sache ausübt.167 Ein Besitzrecht kann sich etwa aus einer Nachlasspflegschaft, Insolvenzverwaltung oder Testamentsvollstreckung ergeben. „Andere Verfügungsberechtigte“ sind Personen, die weder Eigentümer noch Besitzer sind, jedoch ein Verfügungsrecht hinsichtlich des Denkmals besitzen. Andere Verfügungsberechtigte (neben dem Eigentümer) sind Erbbauberechtigte oder Anwartschafts-berechtigte. Sonstige dinglich berechtigte Nichteigentümer, etwa Nießbrauchsberechtigte, sind keine Verfügungsberechtigten, da sie nicht über die Sache „verfügen“ dürfen. So steht etwa dem Nießbrauchsberechtigten sachenrechtlich ein alleiniges Nutzungsrecht am Grundstück zu und er mag schuldrechtlich wie ein Eigentümer zur Unterhaltung des Denkmals verpflichtet sein, jedoch ist er sachenrechtlich nur Besitzer ohne Verfügungsbefugnis.

Erhalten bedeutet das Bewahren des Denkmals im Hinblick auf den in ihm verkörperten Zeugniswert. Erhalten beinhaltet nicht nur das Unterlassen von Veränderungen bzw. Nutzungen, die die Denkmalsubstanz im Hinblick auf ihren Zeugniswert schädigen, sondern verlangt auch notfalls aktives Tun, soweit Maßnahmen erforderlich sind, um das Denkmal im Hinblick auf seinen Zeugniswert zu bewahren.

Bsp.: Ersetzung von bei einem Sturm beschädigten Dachziegeln; Ersetzung eines durch Steinwurf beschädigten Fensterglases

Soweit das Gesetz zudem verpflichtet, die Kulturdenkmale zu pflegen, instandzusetzen und vor Gefahren zu schützen (§ 9 II 2.-4. Alt. DenkmSchG LSA), können diese Gebote als Konkretisierungen der allgemeinen Erhaltungspflicht verstanden werden. Auch das Gebot, Kulturdenkmale so zu nutzen, dass ihre Erhaltung auf Dauer gesichert ist (§ 9 I 2 DenkmSchG LSA), ist als Konkretisierung der Erhaltungspflicht anzusehen. Nicht im Zusammenhang mit dem Erhaltungsgebot steht lediglich die Pflicht des § 9 II DenkmSchG LSA, Kulturdenkmale der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Der Erhaltungszustand muss ein öffentliches Erhaltungsinteresse im Hinblick auf die Denkmalwürdigkeit begründen.168 Die Erhaltungspflicht verpflichtet etwa nicht zu Maßnahmen, die der vollständigen oder teilweisen Wiederherstellung des historischen Originals dienen, wenn die geschützte Substanz bereits untergegangen ist.169

Bsp.: Wiederherstellung einer ursprünglich zu einem Denkmalbereich gehörenden Rodungsfläche durch Beseitigung eines über 20 Jahre gewachsenen Baumbestandes auf einer mehrere Hektar großen Fläche170

Unzulässige Eingriffe in Denkmäler sind bußgeldbewehrt. So handelt ordnungswidrig gem. § 22 I Nr. 4 DenkmSchG LSA, wer genehmigungspflichtige Maßnahmen entgegen § 14 I und II DenkmSchG LSA ohne Genehmigung beginnt oder ausführt oder einer von der zuständigen Behörde mit der Genehmigung erteilten Auflage zuwiderhandelt. Hingegen sind Verstöße gegen die Erhaltungspflicht durch Unterlassen notwendiger Erhaltungsmaßnahmen nicht bußgeldbewehrt. Bei Verstößen gegen die Erhaltungspflicht durch Unterlassen gebotener Maßnahmen kommen nur verschiedene Gefahrenabwehrmaßnahmen der zuständigen Behörden in Betracht, die der (unmittelbaren) Durchsetzung der Erhaltungspflicht dienen.171 Mittelbar dienen der Umsetzung der Erhaltungspflicht (neben der Bußgeldbewehrung) denkmalrechtliche Genehmigungsvorbehalte.

Eine besondere Erhaltungspflicht und Anzeigepflicht gilt im Hinblick auf archäologische Bodenfunde: Wer bei Arbeiten oder bei anderen Maßnahmen in der Erde oder im Wasser Sachen oder Spuren von Sachen findet, bei denen Anlass zu der Annahme gegeben ist, dass sie Kulturdenkmale sind (archäologische und bauarchäologische Bodenfunde), hat diese zu erhalten (sog. „objektive Zufallsfunde“ gem. § 9 III 1 DenkmSchG LSA). Zudem hat er den Fund der zuständigen unteren Denkmalschutzbehörde anzuzeigen. Sinn und Zweck der Regelung ist es den Fundzusammenhang zu erhalten und der Denkmalbehörde Untersuchungen und eine Fundbergung zu ermöglichen. 172 Die besondere Erhaltungspflicht besteht unabhängig davon, ob ein archäologischer Bodenfund erwartet wurde bzw. objektiv zu erwarten war.173 Die Vorschrift dient gerade dem Umgang mit Zufallsfunden. Wird hingegen bereits vor Beginn von Erd- und Bauarbeiten das Auffinden eines Bodendenkmals erwartet, bedarf es der Einholung einer denkmalrechtlichen Genehmigung nach § 14 II 1 DenkmSchG LSA.174 Die besondere Erhaltungspflicht des § 9 III 1 DenkmSchG LSA entsteht aufgrund einer ex ante-Bewertung der Situation, die das Auffinden eines Kulturdenkmals im Boden mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten lässt. Beruht die Wahrscheinlichkeitsprognose auf mit denkmalfachlicher Gründlichkeit bewerteten Anknüpfungstatsachen, spielt es für die Rechtmäßigkeit einer Anordnung zur Durchsetzung der Erhaltungspflicht keine Rolle, wenn sich die Erwartung eines Denkmalfundes später nicht bewahrheitet.

Der Bodenfund und die Fundstelle sind bis zum Ablauf von einer Woche nach der Anzeige unverändert zu lassen und vor Gefahren für die Erhaltung der Bodenfunde zu schützen (Stillhalte- und Schutzpflicht gem. § 9 III 2 DenkmSchG LSA). Das Denkmalfachamt und von ihm Beauftragte sind berechtigt, die Fundstelle nach archäologischen Befunden zu untersuchen und Bodenfunde zu bergen (§ 9 III 3 DenkmSchG LSA). Das Denkmalfachamt kann Sicherungsmaßnahmen der unteren Denkmalschutzbehörde veranlassen.

Aus dem Erhaltungsgebot folgt keine Pflicht zur Erforschung von Grund und Boden auf das Vorhandensein von Bodendenkmalen.175 Eine solche Verpflichtung kann aber etwa durch eine Nebenbestimmung zu einer Abbaugenehmigung für Bodenschätze auferlegt werden, wenn sie dazu dienen soll, die andernfalls zu versagende Abbaugenehmigung erteilen zu können.176

2. Pflege-, Instandsetzungs- und Schutzpflicht

Die Denkmaleigentümer, -besitzer und anderen Denkmal-Verfügungsberechtigten sind auch verpflichtet, die Kulturdenkmale im Rahmen der wirtschaftlichen Zumutbarkeit nach denkmalpflegerischen Grundsätzen zu pflegen, instandzusetzen und vor Gefahren zu schützen (§ 9 II 2 DenkmSchG LSA). Wie bereits zum Ausdruck kam, können Pflege-, Instandsetzungs- und Schutzpflicht als Konkretisierungen der allgemeinen Erhaltungspflicht verstanden werden. Sie gelten zwar unmittelbar kraft Gesetzes, bedürfen aber zu ihrer Durchsetzung des Erlasses von Verwaltungsakten. Bei Vorliegen einer Gefahr können Gefahrenabwehrverfügungen auf §§ 9 VI oder VIII DenkmSchG LSA gestützt werden.177 Einstellungs- Wiederherstellungs- und Instandsetzungsverfügungen sind auf § 9 VIII DenkmSchG LSA zu stützen, während im Übrigen Pflichten i.S.v. § 9 II 2 DenkmSchG LSA durch Verfügungen auf Grundlage des § 9 IV DenkmSchG LSA durchgesetzt werden können.

Pflege meint auf das Denkmal einwirkende, auf seine Erhaltung zielende Vorsorgemaßnahmen, die weder Instandsetzung noch Gefahrenabwehrmaßnahmen sind. Sie können als Vorsorgemaßnahmen betrachtet werden, weil sie das Entstehen einer Gefahr für das Denkmal verhindern sollen. Pflegearbeiten sind etwa wiederkehrende Reinigungsarbeiten oder die Beseitigung von (im Einzelfall nicht denkmalgerechtem) Pflanzenbewuchs. So kann etwa der Rückschnitt von Gehölzen, die unmittelbar am Denkmal wachsen, der Pflege des Denkmals dienen. Pflege kann etwa auch ein Schutzanstrich gegen möglichen Pilzbefall von Holzbauteilen sein.

Instandsetzung meint die Beseitigung von Mängeln. Nach Bauordnungsrecht im Grundsatz verfahrensfreie178 Instandhaltungsarbeiten sind solche Maßnahmen zur Erhaltung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs der Anlage oder ihrer baulichen Substanz, welche die durch Abnutzung, Alterung oder Witterungseinflüsse entstandenen baulichen oder sonstigen Mängel der Anlage beseitigen sollen, ohne die Identität der Anlage samt ihrem Nutzungszweck zu verändern.179 Dies gilt sinngemäß auch für die Instandsetzung von Denkmalen. Die Pflicht zur Instandsetzung beschränkt sich nicht auf rein sichernde, konservierende Maßnahmen bzw. Reparaturen beschädigter Teile, sondern umfasst auch den Austausch nicht reparabler Teile. 180 Pflege- und Instandsetzungs-maßnahmen liegen jedenfalls dann nicht mehr vor, wenn die Maßnahmen der Wiederherstellung eines Denkmals dienen sollen.181

Gefahrenabwehr meint Maßnahmen, die dazu dienen, einen Schadenseintritt am Denkmal abzuwehren, der bei ungehindertem Geschehenslauf mit hinreichender Wahrscheinlichkeit aufgrund einer bestimmten Sachlage eintreten würde.182