Der achte Rodin - Siegmar Wyrwich - E-Book

Der achte Rodin E-Book

Siegmar Wyrwich

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Beschreibung

Zwei alte Freunde auf der Jagd nach einem verschollenen Kunstwerk, durch dessen Fund sich für jeden von ihnen ein Traum erfüllen könnte. Wenn nur nicht immer alles Mögliche schiefgehen würde ... Stahlbaron August Thyssen war begeisterter Sammler der Skulpturen des französischen Bildhauers Auguste Rodin. Sieben Skulpturen hatte er nachweislich in Auftrag gegeben. Doch, gab es vielleicht noch eine achte Skulptur, wie eine bislang unentdeckte Tagebucheintragung vermuten lässt? Gästeführer Paul Werner und sein Freund, der Bildhauer Manni Baumann, wollen der Sache auf den Grund gehen. Ein Abenteuer zwischen Ruhrgebiet und Paris. Die Geschichte einer Freundschaft.

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Seitenzahl: 129

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Siegmar Wyrwich

Der achte Rodin

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

IMPRESSUM

EIN SELTSAMES GESCHENK

DER GRIFF NACH DEN STERNEN

PARIS, CANAILLE

ALLTAG UND MAGIE

STERNENSTAUB

DANKSAGUNG

QUELLEN

Impressum neobooks

IMPRESSUM

Copyright: Siegmar Wyrwich, 2018, Deutschland.

Umschlagmotiv: Siegmar Wyrwich

Lektorat: Peter Friedrich

Verlag: Edition Swy (Selbstverlag)

ISBN 978-3-00-059467-0

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Sämtliche agierenden Personen und Einrichtungen in diesem Text sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig.

Siegmar Wyrwich

Felsenstraße 23

47058 Duisburg

www.facebook.com/siegmarwyrwichautor/

EIN SELTSAMES GESCHENK

Der März war ungewöhnlich kühl und feucht. Paul Werner zog den Reißverschluss seiner Steppjacke ein Stück höher und bat die Gruppe, etwas näher heranzutreten. Hier an den Mauern des ehemaligen Pförtnerhäuschens stand man ein wenig windgeschützt. Er bedauerte, dass er ihnen kein besseres Wetter bieten konnte. Sie waren allesamt eigens aus Schweden angereist. Ein Dutzend Journalisten der unterschiedlichsten Zeitungen und Fernsehsender, die dieses berühmte Monument der Industriekultur einmal mit eigenen Augen sehen wollten. Seit das ehemalige Hüttenwerk 1996 erstmals als Kultur- und Freizeitpark präsentiert wurde, kamen Jahr für Jahr immer mehr Besucher von nah und fern.

Paul Werner war Gästeführer der ersten Stunde. Damals war es für ihn zunächst mehr oder weniger ein Spaß gewesen. Ein netter Nebenjob, mit dem er sich ein willkommenes Zubrot verdiente, das ihm half, während des Jurastudiums über die Runden zu kommen.

Doch irgendwann, fast unmerklich, war er mehr und mehr dieser Aufgabe verfallen. Er genoss es, wie die unterschiedlichsten Besucher aufmerksam an seinen Lippen hingen, wie sie staunten, wenn er die gigantischen Arbeitsprozesse der Vergangenheit mit eindrucksvollen Zahlen belegte und wie sie mit ihm schmunzelten, wenn er all die Fakten mit zahlreichen amüsanten Anekdoten anreicherte. Vor allem aber bewegte es ihn immer wieder, wie sie dann am Ende erfüllt und bereichert nach Hause gingen. So jedenfalls empfand er es. Es war ihm zur schicksalhaften Passion geworden, die Menschen für diese stählerne Kathedrale zu begeistern.

»Ich glaube, wir sind komplett.« Eine weibliche Stimme mit leichtem skandinavischen Akzent riss ihn aus seinen Gedanken. Er schaute auf und sah in die blauen Augen einer groß gewachsenen Frau. Sie war vielleicht um die Dreißig. Unter ihrer Kapuze schimmerten blonde, regennasse Strähnen. Sie schien die Wortführerin zu sein. Jede Gruppe hatte ihre Wortführer. Paul Werner hatte die Erfahrung gemacht, dass es selbst in zufällig zusammengewürfelten Besuchergruppen sehr schnell einen oder zwei Wortführer gab. Gerade bei größeren Gruppen war das oft ein Vorteil. Es förderte die Aufmerksamkeit.

Er nickte der Blonden bestätigend zu. »Fein!« sagte er. »Dann gehört der Herr dort hinten also nicht zu uns.«

Die gesamte Gruppe wandte sich nun um. Etwa zwanzig Meter von ihnen entfernt stand ein älterer Herr im Regen und beobachtete sie. Er trug einen altmodischen olivgrünen Parka. Die Schweden schüttelten die Köpfe. Er gehörte nicht zu ihnen.

»Gut. Also dann wollen wir mal.« Paul Werner mischte sich unter die Gäste und führte sie am Gasometer vorbei Richtung Pumpenhalle.

»Dieser Gasometer ist nicht mehr mit Gas gefüllt, sondern mit Wasser. Er ist heute Europas größtes Indoor-Tauchzentrum. Auf seinem Grund befinden sich ein künstliches Riff, ein Schiffswrack, ein Flugzeugwrack und viele andere Dinge mehr, die Tauchern Spaß machen«, begann er seine Führung.

Unauffällig schaute er sich nach dem Mann im Parka um. Die Stelle, an der er eben noch gestanden hatte, war leer. Aber Paul spürte, dass sie weiterhin beobachtet wurden.

***

Die Hände des Künstlers glitten geschickt über die feuchte, geschmeidige Masse und gaben der Skulptur nach und nach ihre ästhetische Form. Es war mehr als nur Genugtuung, als Manni Baumann erkannte, dass sie genau so werden würde, wie er es sich in seiner Fantasie ausgemalt hatte.

Er spürte, wie Freude und Begeisterung begannen, den Schwung seiner Hände zu leiten. Dieses Glücksgefühl übermannte ihn selbst nach all den Jahren seiner bildhauerischen Tätigkeit noch immer, und er konnte es mit niemandem teilen. Es war dem Schöpfer allein vergönnt. Er gab sich ihm ganz hin und holte furchtlos zu noch kühneren Formen aus. Erst als er nach der Spachtel greifen wollte, stellte er ein wenig erschrocken fest, dass seine Finger starr vor Kälte waren.

Ja, selber Schuld! Er hatte die verdammte Heizung noch nicht repariert. Sie war schon seit knapp einem Monat defekt. Aber wie das so ist: Wenn eine Reparatur ins Haus steht, dann bleibt es selten bei einem Schaden allein. Ausgerechnet in derselben Woche fing sein Sprinter an zu bocken. Und ohne Fahrzeug war er hier auf dem Land aufgeschmissen. Also musste erst einmal das Auto repariert werden. Beides zugleich hätte sein Budget überstiegen. Er war schließlich kein Krösus.

Plötzlich fiel ihm der Heizstrahler ein. Im letzten Herbst hatte er hier in seinem Skulpturengarten eine Gemeinschaftsausstellung organisiert. Sie war gut besucht gewesen und mit den anderen Künstlern und ein paar übrig gebliebenen Besuchern hatten sie noch bis lange nach Mitternacht im Freien gesessen. Als es frisch wurde, hatte irgendjemand einen Heizstrahler vorbeigebracht. Seitdem stand der draußen im Zelt.

Manni trat vor die Tür und genoss den Blick auf seinen »verwunschenen« Skulpturengarten. So nannten ihn manche Gäste. Eigentlich wäre jetzt die Zeit gewesen, sich um die Pflanzen zu kümmern, aber das Wetter war in diesem Jahr einfach noch zu schlecht. Die Kälte ließ den kommenden Frühling nicht einmal ahnen. Doch Manni liebte sein kleines Stück »Toscana« selbst bei miesestem Wetter. Er lebte hier auf dem Land und war trotzdem nur einen Katzensprung von der Stadt entfernt.

Hier prägten Äcker, Höfe und Ställe das Landschaftsbild, während drüben, am Horizont, aufgehalten nur durch den Rhein, die Industriekulisse aus hunderten von Schloten und gigantischen Stahl- und Betongebilden an die Ufer drängte.

***

»Das hält doch kein Mensch aus!«

»Wie, bitte?« Paul Werner verstand nicht.

»Na, das ist doch viel zu heiß«, bekräftigte die Blonde ihre Sorge.

»Ach so!« Nun fiel der Groschen.

Gerade eben hatte er davon erzählt, dass die Arbeiter hier in der Gießhalle früher, nur durch eine Lederschürze geschützt, den Abstich von zweitausend Grad heißem Roheisen durchführten.

»Allerdings«, bestätigte Paul, »Und nicht nur das. Die Gesundheit und die Sicherheit der Arbeiter war lange Zeit kein Thema, das man sonderlich ernst genommen hätte. Erst seit Mitte der 1970er-Jahre gibt es in der Bundesrepublik ein Arbeitssicherheitsgesetz. Bis dahin war es dem Gutdünken der Stahlbarone überlassen, ob sie sich um das Wohlergehen ihrer Arbeiter kümmerten oder nicht.«

Doch auch danach war es mit dem Wohlergehen nicht weit her, dachte Paul grimmig, hielt sich aber mit weiteren Ausführungen dazu zurück. Er wollte die Stimmung nicht versauen.

Ende der 1970er bis Mitte der 1980er-Jahre waren in der Stadt zehntausende Stahl- und Hüttenarbeiter entlassen worden. Sie hatten ihre Schuldigkeit getan. Massenhafte Langzeitarbeitslosigkeit und kaum mehr bezahlbare Sozialausgaben für die einst reiche Stadt waren die Folge gewesen.

Dabei hatten die Malocher dieser Hütte hier noch Glück im Unglück gehabt. Als der Laden 1985 quasi über Nacht geschlossen wurde, musste erst einmal keiner von ihnen stempeln gehen. Sie wurden entweder auf andere Werke verteilt oder gingen in den Vorruhestand. Es waren ohnehin nur noch dreihundert von ehemals dreieinhalbtausend übrig gewesen. Pauls Vater war damals einer von denen, die ins Ruhrorter Werk gewechselt hatten.

»Die Gießhalle war sozusagen der Krönungssaal der Hüttenarbeiter«, sagte Paul.

Die Besuchergruppe versuchte, sich ein Bild davon zu machen, wie es hier damals wohl ausgesehen haben mochte. Außer der Rinne im Boden, durch die seinerzeit das flüssige Eisen rann, erinnerten nicht mehr allzu viele Details an die alte Produktionsstätte. Stattdessen prägten endlose Stuhlreihen das Bild. Und eine riesige Leinwand.

»Heute ist es hier nicht mehr so gefährlich«, fuhr Paul fort. »Man bekommt allenfalls Blähungen durch übermäßigen Popcorn-Genuss. An vierzig Nächten im Sommer kommen hier allabendlich mehr als tausend Kinofans ins Open-Air-Kino. Falls es mal regnen sollte, schiebt sich dann ein transparentes Folienkissendach über die Besucher.«

Die schwedische Gruppe schaute auf. Aber Paul erkannte, dass es weniger die Dachkonstruktion war, die sie beeindruckte, als vielmehr die bedrohlich dunkle Wolkendecke, die neuerliche Niederschläge verhieß.

»Ich glaube, wir haben uns jetzt etwas Wärmendes verdient«, seufzte er und sprach damit allen aus dem Herzen.

***

Am Restaurant des Parks, dem ehemaligen Hauptschalthaus, wurde die Gruppe von einer Mitarbeiterin der Tourismus-Agentur, für die Paul arbeitete, in Empfang genommen.

Paul hätte sich nun verabschieden können, denn sein Job war hier erledigt, doch der Gedanke an einen heißen Kaffee, veranlasste ihn, noch ein wenig bei der Gruppe zu bleiben.

Der größte Tisch mit der schönsten Aussicht war für sie reserviert. Es war angenehm warm und die Heißgetränke taten ihr Übriges, sodass schnell eine lockere und gelöste Stimmung aufkam.

Die Blonde hatte, wohl nicht zufällig, einen Platz neben Paul gefunden. Sie bedankte sich höflich bei ihm für die interessante Führung. Für das Wetter könne er schließlich nichts. Sie kündigte an, im Sommer wiederzukommen. Mit einem Kamerateam. Und sie hoffe doch sehr, dann auch Paul hier anzutreffen.

Paul machte keinen Hehl daraus, dass er sich geschmeichelt fühlte und sie tauschten ihre Visitenkarten aus. Er wollte Elsa, so hieß die Blonde, gerade beim Enträtseln der Speisekarte behilflich sein, da zeigte sein Smartphone, begleitet von einem melodischen, aber viel zu lauten Signalton, eine neue Nachricht an.

Eigentlich hätte er die Störung ignorieren müssen, doch das groß aufleuchtende Profilbild gehörte unverkennbar zu Sabrina. Sie meldete sich nie ohne Grund per Messenger. Er schob das Foto mit dem Daumen beiseite und las: »Vergiss bitte die Muscheln nicht!« Ein Küsschen-Smiley beendete den Satz.

»Ihre Frau?« Elsa lächelte ihr blondestes Lächeln.

Paul wollte erst zu einer Erklärung ansetzen, entschied sich dann aber für ein kurzes »Ja.« Schließlich waren Sabrina und er ja so etwas wie ein Ehepaar. Auch ohne Trauschein. Und die Muscheln hätte er tatsächlich beinahe vergessen. Er hatte Jakobsmuscheln beim Fischhändler auf dem Markt bestellt. Für das Essen heute Abend. Der Markt würde gleich schließen und er musste sich beeilen.

»Es tut mir wirklich sehr leid, aber ich muss aufbrechen. Es war sehr schön. Wir bleiben auf alle Fälle in Kontakt.«

Er war aufgestanden, hatte seine Steppjacke schon wieder übergestreift und klopfte eilig ein paar Mal auf den Tisch, um sich auch von den anderen Gruppenmitgliedern zu verabschieden.

In Elsas Lächeln mischte sich ein Fragezeichen. Nichtsdestotrotz winkte sie ihm höflich zum Abschied.

Paul fühlte sich nicht wohl in seiner Haut. Natürlich würden sie nicht in Kontakt bleiben, dachte er. Dabei fand er sie durchaus sympathisch. Aber man sagte das halt so. Was machte er sich eigentlich einen Kopf? Manchmal verfluchte er sich dafür, dass ihm Gleichgültigkeit so gar nicht in die Wiege gelegt worden war.

***

Als er aus dem Restaurant trat, wurde er bereits erwartet. Vor ihm stand der Mann im Parka. Sein Gesicht kam ihm irgendwie bekannt vor.

»Herr Werner. Kann ich Sie kurz sprechen?«

»Das ist gerade ganz, ganz schlecht. Was gibt es denn?«

Paul ließ sich auf seinem Weg zum Parkplatz nicht aufhalten. Der Mann im Parka folgte ihm.

»Mein Name ist Gerling. Ich habe früher hier auf der Hütte gearbeitet. Genau wie mein Vater. Und wie mein Opa.«

Paul nickte. So etwas hatte er sich schon gedacht.

»Ich habe zweimal an ihrer Führung teilgenommen und war jedes Mal begeistert«, ergänzte der Mann. »Ich habe auch ihr Buch gelesen.«

»Ach, Sie waren das!« witzelte Paul.

Sein Buch über die Entwicklung der Stadt zur Zeit August Thyssens, in das er vor zwei Jahren unglaublich viel Zeit und Arbeit investiert hatte, hatte sich zu seiner Enttäuschung als absoluter Ladenhüter erwiesen.

»Ich kenne niemanden, der auf diesem Gebiet auch nur annähernd so kompetent ist, wie Sie.« fuhr der Mann unbeirrt fort, »Vor allem aber keinen, der so wie Sie mit ganzem Herzen bei der Sache ist. Ich vertraue Ihnen voll und ganz.«

Paul wurde es langsam mulmig angesichts derartiger Lobhudelei. Worauf wollte der Mann hinaus? Zum Glück waren sie jetzt an seinem Auto angekommen und er musste das Gespräch wohl oder übel abkürzen.

»Vielen Dank«, sagte er. »Also, worum geht es?«

Der Mann zögerte einen Moment. Schließlich sah er Paul fest in die Augen.

»Ich möchte Ihnen ein Erbe vermachen.«

Paul starrte ihn entgeistert an. Dann stieg er in seinen Wagen und knallte die Tür ein wenig zu heftig zu. Nachdem er tief Luft geholt hatte, fuhr er das Seitenfenster hinunter.

»Brauchen Sie etwas vom Markt?«

Er machte eine einladende Geste in Richtung Beifahrersitz.

***

Der Heizstrahler verbreitete wohlige Wärme. Während die Skulptur, die er heute Morgen begonnen hatte, langsam trocknete, begann Manni Baumann, eine weitere Skulptur zu formen.

Er musste die Zeit nutzen. Schlechtwetterzeit war Arbeitszeit. Sobald es wärmer wurde, nahmen auch die Besuche zu. Nicht so sehr die der Kunstinteressierten. Sein Garten war zwar allgemein zugänglich, das öffentliche Interesse hielt sich jedoch in Grenzen. Vielmehr kamen dann regelmäßig und meist unangekündigt Freunde und Bekannte aus der Stadt und aus dem Umland.

Manni wollte es so. Er hatte ein offenes Haus und er liebte es, nette Leute um sich zu haben. Und seine Freunde liebten die inspirierende Mischung aus Kunst, Natur, Geselligkeit und Genuss, die Manni ihnen hier bot. Wer einmal seinen Garten besucht hatte, kam immer wieder.

Manni legte die Kelle beiseite, strich sich über die wirren grauen Haare und dachte nach. Warum konnte er das eigentlich nicht besser nutzen? Er hatte es mal mit Werbung versucht. Mit Flyern. Aber sein Name war zu unbekannt. Vielleicht musste man die Leute über einen Umweg hierhin bekommen. Er grinste. Umweg war nicht schlecht. Das war die Idee!

Eine Tour durch die niederrheinischen Skulpturengärten! Mit großem Finale in Manni Baumanns Skulpturengarten bei Bier, Wein und Tapas. Der Laden würde brummen!

Und er wusste auch schon, mit wem er die Tour organisieren würde. Heute Abend musste er den Plan unbedingt mit seinem Freund Paul Werner besprechen.

***

Das erste Essen in der neuen Wohnung sollte etwas ganz Besonderes werden. Sabrina hatte sich gut vorbereitet. Sie war eine sehr gute Köchin und eine vollendete Gastgeberin.

Als Vorspeise gab es gebratene Jakobsmuscheln an Bärlauchpesto und Lamm mit Minze als Hauptgang. Als Dessert beließ sie es bei einer bewährten Crème Brulee nach eigener Rezeptur.

Die Gäste waren hin und weg. Sie hatte ihre Anwaltskollegen und deren Ehefrauen eingeladen. Vor allem Ruprecht Berger äußerte sich derart enthusiastisch über Sabrinas Kochkünste, dass er sich manchen pikierten Seitenblick von seiner Frau Jana einhandelte.

Sabrina servierte die einzelnen Gänge mit diesem typischen entrückten Lächeln, das Paul Werner an ihre gemeinsame Studienzeit erinnerte. Es verriet ihm, dass es ihr ausgesprochen gut ging und das freute ihn sehr. Er kannte ihre Geheimnisse. Dieses Lächeln war eines ihrer Geheimnisse. Ein anderes war, dass sie weiß Gott nicht die galante und gut erzogene Dame war, die sie allerdings perfekt zu geben wusste.

In letzter Zeit hatte er sich ein wenig Sorgen um sie gemacht. Sie hatte sich neben ihrem arbeitsintensiven Beruf keinerlei Ruhephasen gegönnt und ihre gesamte freie Zeit in die Gestaltung der neuen Wohnung investiert. Diesmal sollte alles stylish bis ins Detail sein.

Paul fand zwar, dass es im Leben Wichtigeres gab, doch es war ihr ausdrücklicher Wunsch. Deshalb hatte er sie einfach machen lassen. Im Grunde war es durch und durch Sabrinas Wohnung. Nicht nur, weil sie die Eigentumswohnung bezahlt hatte, sondern auch, weil sie diesmal ausschließlich nach ihrem Geschmack eingerichtet war.

Paul fand das in Ordnung, denn schließlich hatte sie es ja ebenso jahrelang in seiner Studentenbude ausgehalten. Wenn es nach Paul gegangen wäre, hätten sie dort noch ein Weilchen bleiben können, aber Sabrina hatte es an der Zeit gefunden, komfortabler und repräsentativer zu wohnen.

Und sie hatte wohl recht, denn allein die Inszenierung dieses Essens heute Abend, wäre in der alten Wohnung kaum möglich gewesen.