Der Afghan-Teppich - Walther Kabel - E-Book

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Walther Kabel

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Beschreibung

Wir befanden uns jetzt wieder auf der Rückreise nach Berlin. Nur drei Tage hatten wir in der berühmten Kanalstadt Suez die Gastfreundschaft Hauptmann Mac Leans vom Kamelreiterkorps und seiner reizenden Gattin in Anspruch genommen. Dann entdeckte Harald in einer bereits vier Wochen alten deutschen Zeitung, und zwar im Berliner Anzeiger, einen längeren Artikel über einen Teppichdiebstahl, der ihn sofort veranlaßte, bis Genua Plätze auf einem Dampfer zu belegen.

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Der Detektiv

Kriminalerzählungen

von

Walther Kabel.

 

Band 42

 

Der Afghan-Teppich

 

 

© 2023 Librorium Editions

 

ISBN : 9782385741280

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Inhalt

Der Afghan-Teppich.

Der Straßenräuber von Goa.

Der Afghan-Teppich.

1. Kapitel.

Wir befanden uns jetzt wieder auf der Rückreise nach Berlin. Nur drei Tage hatten wir in der berühmten Kanalstadt Suez die Gastfreundschaft Hauptmann Mac Leans vom Kamelreiterkorps und seiner reizenden Gattin in Anspruch genommen. Dann entdeckte Harald in einer bereits vier Wochen alten deutschen Zeitung, und zwar im Berliner Anzeiger, einen längeren Artikel über einen Teppichdiebstahl, der ihn sofort veranlaßte, bis Genua Plätze auf einem Dampfer zu belegen.

Hauptmann Mac Lean, seine Frau und ich hatten den Artikel gleichfalls gelesen. Wir drei begriffen nicht, was Harst an diesem gewöhnlichen Diebstahl so Besonderes fand. Auf unsere Fragen erwiderte er lediglich: »Ich vermute dahinter ein Verbrechen ganz seltener Art. Gewiß, ich kann mich irren. Jedenfalls will ich den Fall nachprüfen. Irre ich mich wirklich, so wird sich meine Mutter über das Wiedersehen fraglos mehr freuen als andere Leute in Berlin, denen ich sodann einige Aufmerksamkeit schenken will.«

Dabei tippte er mit dem Finger auf eine andere Notiz in derselben Zeitung. Und diese Notiz war überschrieben:

Wieder ein Überfall durch den geheimnisvollen Straßenräuber.

Auf meine Frage, was ihm denn bei dem Teppichdiebstahl so merkwürdig erscheine, meinte er nur:

»Die Begleitumstände sind’s. Sie deuten geradezu auf Ereignisse hin, die sozusagen unter der Oberfläche, also unsichtbar für die große Menge, sich abgespielt haben.«

Damit mußten wir uns begnügen. Harst versprach jedoch Frau Mac Lean, ihr zu schreiben, ob seine Vermutungen hinsichtlich des gestohlenen Afghan-Teppichs richtig gewesen seien.

Am 2. Oktober trafen wir in Berlin ein und fuhren sofort nach der Blücherstraße 10 in Schmargendorf (Berliner Vorort), wo Haralds Mutter seit langen Jahren wohnte und wo auch wir beiden Globetrotter unser behagliches Heim hatten.

Wir waren abends gegen 7 Uhr angelangt. Nach dem Abendbrot zogen wir uns in Haralds Arbeitszimmer zurück, sehr zum Entsetzen Frau Auguste Harsts, die mit kläglich-komischem Seufzer meinte: »Ich wünschte, Du wärest Jurist geblieben, Harald. Dann hätte ich mehr von Dir und brauchte Deinetwegen nicht dauernd in Angst zu schweben.« –

Harald saß nun im Klubsessel und rauchte behaglich eine seiner geliebten Mirakulum-Zigaretten, sah dabei die Berliner Abendblätter durch, die wir auf dem Anhalter Bahnhof gekauft hatten. Ich rauchte mit demselben Behagen eine leichte Brasil-Zigarre, hatte die Beine weit ausgestreckt und überflog nochmals jene Notiz über den Teppichdiebstahl, der nun bereits genau vier Wochen zurücklag. Harst hatte diesen neuen Fall, der ja erst ein »Fall« für uns werden sollte, während der Reise mit keiner Silbe erwähnt. So macht er es stets. Bevor eine Sache nicht spruchreif ist, hüllt er sich in Schweigen.

Der Artikel lautete folgendermaßen:

50 000 Mark Belohnung. Wir machen unsere Leser auf die im Inseratenteil befindliche Anzeige mit derselben Überschrift aufmerksam. Es dürfte nicht oft vorkommen, daß jemand für die Wiederbeschaffung eines Afghan-Teppichs eine so hohe Belohnung aussetzt. Der Teppich ist in der gestrigen Nacht, also in der Nacht vom 1. zum 2. September gestohlen worden, und zwar aus der Villa des Rentiers Martin Mazinbatry, Berlin-Friedenau, Spohnholzstraße 203. Der Verlust wurde heute früh von Herrn Mazinbatry selbst bemerkt. Der Teppich hatte in seiner Bibliothek gelegen, und zwar unter dem großen Mitteltisch. Der oder die Diebe sind, wie die Polizei bereits festgestellt hat, durch den Garten und den Hintereingang in die kleine Villa eingedrungen, die mit der Vorderfront dicht an der Straße steht. Den sehr bissigen Wolfshund haben sie vorher vergiftet. Das Tier lag dicht am hinteren Teile des hohen Eisenzaunes im Gebüsch. Fraglos wußten die Diebe auf dem Grundstück und im Hause sehr gut Bescheid. Sie sind dann offenbar gestört worden, da sie dem Geldspind, das gleichfalls in der Bibliothek steht, nur wenig angetan haben. Dieser Stahlschrank, obwohl älterer Konstruktion, hätte den Bohrern der Diebe fraglos viele Stunden Widerstand geleistet. Nur in der Nähe des mittleren Schlosses sind Spuren von Gewaltanwendung zu bemerken. Unerklärlich ist, wie die Diebe dann mit dem großen Teppich (Größe 3½ mal 4) unbemerkt entkommen sind, da sie den Weg durch das anstoßende Grundstück der Parallelstraße genommen haben. – Herr Mazinbatry hat unserem W. K.-Mitarbeiter erklärt, daß der Afghan für ihn ein wertvolles Andenken an seine Orientreisen darstellt. Die ausgesetzte Belohnung dürfte wohl auch den Eifer der jetzt in Berlin so zahlreichen Privatdetektivs derart anspornen, daß die Diebe baldigst hinter Schloß und Riegel sitzen werden.

So weit der Artikel im Berliner Anzeiger.

Ich muß noch erwähnen, daß die 50 000 Mark, wie wir schon in Suez aus anderen deutschen Blättern festgestellt hatten, bisher von niemandem beansprucht werden konnten. Der Afghan war bisher nicht wiedergefunden worden.

Der Leser wird sich selbst sagen, daß diese Notiz alles in allem wenig Merkwürdiges enthielt. Es ist daher auch verständlich, wie begierig ich war, von Harst Näheres über seine Vermutungen hinsichtlich der Nebenereignisse dieses Diebstahls zu hören. Ich glaubte, jetzt abermals dieserhalb mich an ihn wenden zu können, und zwar vielleicht mit besserem Erfolg als bisher. Ich legte die Zeitung auf den Tisch und schaute zu Harald hinüber, begegnete seinem ernsten Blick und bemerkte auf seiner Stirn jene drei tiefen Falten, die bei ihm entweder tiefes Nachdenken oder aber großen Ärger andeuten.

»Wir haben Pech, mein Alter,« sagte er und hielt mir die Zeitung hin, die er gerade in der Hand gehabt hatte. »Lies nur. Dort oben steht’s. Mac Leans müssen geplaudert haben, und irgend ein Reporter hat die Nachricht nach London depeschiert, von wo aus sie in die Berliner Blätter gelangt ist.«

Ich las – daß Harald Harst und sein Privatsekretär und Freund Max Schraut von Suez nach Berlin gereist seien, um nach dem gestohlenen Afghan des Herrn Mazinbatry zu suchen.

»Ja, schade!« meinte Harald, als ich die Zeitung sinken ließ. »Nun sind die Diebe gewarnt, und daher werden wir –«

Er schwieg und lauschte.

»Du – ein Auto ist soeben vor unserem Hause vorgefahren,« flüsterte er. »Ich wittere eine Überraschung. Geh’ doch mal und sieh’ wer der späte Gast ist.«

Nun – der Gast war eine blasse, schlanke Dame, die sich in der Haustür nochmals umdrehte und die Straße entlangspähte.

»Ich fürchte Verfolger,« sagte sie hastig zu mir. »Oh, ich freue mich ja so sehr, daß ich Herrn Harst antreffe –«

Sie machte einen recht verängstigten und scheuen Eindruck, diese hübsche, zarte Blondine. Ich war ja an solche Klienten schon gewöhnt, die mit allen Zeichen höchster Angst bei uns erschienen und allerlei von Verfolgern fabelten. Meistenteils existierten diese Verfolger nur in der überreizten Phantasie der Betreffenden. Hier aber schien doch etwas Berechtigtes daran zu sein, denn auch ich gewahrte jetzt ein zweites Auto, das offenbar dem der Dame nachgefahren war, nun jedoch wendete und sehr schnell verschwand.

»Ah – also doch!« meinte die Blondine seufzend. »Man bewacht mich tatsächlich auf Schritt und Tritt. Mein Gott, wenn ich nur eine Ahnung hätte, wie all das zusammenhängt.«

Ich schloß die Haustür und führte die Dame in Harsts Arbeitszimmer.

Er bot ihr einen der Klubsessel an. Wir nahmen wieder Platz.

»Mein Name ist Lossen,« begann die Blonde mit der ruhigen Sicherheit der Dame von Welt. »Gerda Lossen, Herr Harst. Ich bin –«

»– vermutlich die Gattin des Hauptmanns a. D. und jetzigen Privatdetektivs Axel Lossen,« vollendete Harald.

Sie nickte nur.

»Ich kenne Ihren Herrn Gemahl persönlich, gnädige Frau,« erklärte Harst weiter. »Er ist Mitglied des Universum-Klubs, dem auch ich angehöre, ohne freilich das Klubhaus häufiger besuchen zu können. Dazu habe ich keine Zeit, seit ich Kollege Ihres Mannes geworden bin, – Kollege aus Liebhaberei, Liebhaberdetektiv. Sie haben in einer der heutigen Abendzeitungen gelesen, daß ich nach Berlin unterwegs bin, gnädige Frau. Da sind Sie sofort zu mir geeilt. Mithin muß ich annehmen, daß Ihrem Gemahl etwas zugestoßen ist. Ihr Blick verrät ernste Kümmernisse.«

»Sie haben recht, Herr Harst. Mein Mann hat seit Wochen nichts mehr von sich hören lassen. Ich fürchte, er –«

Sie unterbrach sich. »Ich will übersichtlicher das Nötige vortragen,« fügte sie hinzu. »Sonst werden Sie ungeduldig, Herr Harst, und denken, die Frau eines Privatdetektivs könnte wohl gelernt haben, eine Sache etwas logischer zu schildern. – Mein Mann ist seit vier Jahren in seinem jetzigen Beruf tätig. Vor einem Jahr vergrößerte er seine Detektei. Wichtige Fälle erledigte er aber stets selbst. Vor zwei Monaten erhielt er einen Auftrag, den er mit einer solchen Diskretion behandelte, daß er selbst mir davon nichts anvertraute. Es war eine Frau, die ihm den Auftrag erteilt hatte. Axel empfing sie stets spät abends, ließ sie selbst ein und verriegelte immer die Tür, wenn sie bei ihm war.«

Frau Lossen wurde leicht verlegen und schaute zu Boden.

»Nicht wahr – dieses Geheimnisvolle erregte Ihre Eifersucht,« meinte Harst zwanglos. »Wir wollen ganz offen zueinander sein, gnädige Frau. Sie wissen, in unserem Metier kommt es auf die geringste Kleinigkeit an.«

»Ja – ganz offen!« sagte die Blonde da mit freiem Blick. »Ich habe einmal gelauscht, Herr Harst. Ich liebe Axel. Und – die Frau war jung und schön, wie ich trotz des dichten Schleiers feststellen konnte, als sie einmal von mir eingelassen wurde.«

»Nun gut. Und – was erlauschten Sie?«

»Daß es sich um eine Erbschaftssache handelte, Herr Harst. Da schämte ich mich meines Mißtrauens.«