Das Leben könnte so schön sein - Laura Martens - E-Book

Das Leben könnte so schön sein E-Book

Laura Martens

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Beschreibung

Dr. Baumann ist ein echter Menschenfreund, rund um die Uhr im Einsatz, immer mit einem offenen Ohr für die Nöte und Sorgen seiner Patienten, ein Arzt und Lebensretter aus Berufung, wie ihn sich jeder an Leib und Seele Erkrankte wünscht. Seine Praxis befindet sich in Deutschlands beliebtestem Reiseland, in Bayern, wo die Herzen der Menschen für die Heimat schlagen. Der ideale Schauplatz für eine besondere, heimatliches Lokalkolorit vermittelnde Arztromanserie, die ebenso plastisch wie einfühlsam von der beliebten Schriftstellerin Laura Martens erzählt wird. Dr. Eric Baumann hatte die Füße weit von sich gestreckt, lümmelte gemütlich auf der Couch und gab sich der Zeitungslektüre hin. Er genoß den Samstagabend, den er wie so oft zu Hause verbrachte. Katharina Wittenberg, die schon seinem Vater den Haushalt geführt hatte, kam herein. An der Tür blieb sie stehen und räusperte sich. Der vierzigjährige Arzt ließ die Zeitung sinken. »Schon gut, Katharina, du kannst dir die Worte sparen. Ich bin zu Hause geblieben. Den Kegelabend habe ich abgesagt, ich war zu faul.« »Das habe ich mir schon gedacht!« Mißbilligend verzog Katharina das Gesicht. »Schon gut!« Eric lachte. »Ich sollte mehr Bewegung haben, dafür gehe ich morgen joggen.« Er kannte Katharinas Einwände bereits sehr gut, hielt sie doch nie mit ihrer Meinung zurück, und er mußte zugeben, daß sie auch meistens recht hatte. »Einverstanden! Darf ich dich trotzdem stören?« Sie sah in dem Arzt noch immer das Kind, das sie großgezogen hatte. »Natürlich! Seit wann fragst du?«

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Der Arzt vom Tegernsee – 14–

Das Leben könnte so schön sein

Laura Martens

Dr. Eric Baumann hatte die Füße weit von sich gestreckt, lümmelte gemütlich auf der Couch und gab sich der Zeitungslektüre hin. Er genoß den Samstagabend, den er wie so oft zu Hause verbrachte. Katharina Wittenberg, die schon seinem Vater den Haushalt geführt hatte, kam herein. An der Tür blieb sie stehen und räusperte sich.

Der vierzigjährige Arzt ließ die Zeitung sinken. »Schon gut, Katharina, du kannst dir die Worte sparen. Ich bin zu Hause geblieben. Den Kegelabend habe ich abgesagt, ich war zu faul.«

»Das habe ich mir schon gedacht!« Mißbilligend verzog Katharina das Gesicht.

»Schon gut!« Eric lachte. »Ich sollte mehr Bewegung haben, dafür gehe ich morgen joggen.« Er kannte Katharinas Einwände bereits sehr gut, hielt sie doch nie mit ihrer Meinung zurück, und er mußte zugeben, daß sie auch meistens recht hatte.

»Einverstanden! Darf ich dich trotzdem stören?« Sie sah in dem Arzt noch immer das Kind, das sie großgezogen hatte.

»Natürlich! Seit wann fragst du?« Eric setzte sich aufrecht hin. »Setz dich! Soll ich eine Flasche Wein aufmachen? Hast du Zeit und Lust, mit mir ein Glas zu trinken?«

Katharinas Wangen röteten sich vor Freude. Sie rieb sich die Hände. »Gerne! Aber ich wollte dich wirklich nicht stören.«

»Du störst doch nicht!« Eric erhob sich. »Was bevorzugst du, weiß oder rot?«

»Nicht doch, Eric, du willst doch nicht mit mir alter Frau ein Glas Wein trinken? Es gibt genügend andere Frauen, die nur darauf warten würden.«

»Stop!« Eric wurde energisch. »Wenn du mich wieder verkuppeln willst, dann trinke ich den Wein alleine.«

»Nein, nein! Ich muß dir etwas sagen. Ich war vorhin etwas an der frischen Luft…«

Eric unterbrach erneut: »Ich höre dir gleich zu, ich hole nur rasch den Wein.« Er eilte aus dem Wohnzimmer.

»Aber ich wollte dich doch nicht stören«, murmelte Katharina. Sie zuckte die Achseln, jedoch verzog sich ihr Mund zu einem zufriedenen Lächeln. Das war nun mal ihr Eric! Für sie hatte er immer Zeit – fast immer, setzte sie in Gedanken hinzu.

Eric steckte den Kopf nochmals ins Zimmer. »Rot oder Weiß?« fragte er.

»Ist mir egal«, sagte die Sechzigjährige wahrheitsgemäß. Natürlich hätte sie es gerne gesehen, wenn ihr Eric sich mit einer jungen Frau getroffen hätte, aber mit ihm bei einem Glas Wein zu plaudern, dies war für sie sehr schön.

»Dann setz dich doch schon! Ich bringe auch die Gläser.«

Eric schenkte ihr ein Lächeln. Nach dem Tod seines Vaters wäre er ohne Katharina sehr einsam gewesen.

Katharina Wittenberg hatte es sich auf der Couch gemütlich gemacht, als Eric mit einer Flasche Rotwein zurückkam. Er stellte diese auf den Tisch und ging zum Schrank, um Gläser zu holen. »Eric, eigentlich sollte ich… Ich kann uns auch etwas zum Knabbern holen.«

»Bleib sitzen!« Mit den Gläsern in der Hand kehrte der Arzt zum Tisch zurück. »Ich dachte, du willst mir etwas erzählen?«

»Im Grunde ist es nicht so wichtig, aber ich dachte, daß du es doch wissen sollst. Du gehst mit Franzl schließlich täglich einmal vors Haus.«

»Sicher!« Eric hielt beim Öffnen der Flasche inne und sah auf Katharina. »Ist etwas mit unserem Hund?«

»Nicht, daß ich wüßte, aber da ist ein anderer Hund in der Gegend. Ich habe ihn heute schon einige Male gesehen.«

Erics Interesse war erwacht. »Ein fremder Hund?« fragte er.

Katharina nickte. »Er scheint wohl niemandem zu gehören, er streunt herum.«

»Moment, der Wein! Von dem Hund mußt du mir mehr erzählen.«

Eric füllte die Gläser, dann setzte er sich auf die Couch. »Auf dein Wohl! Findest du nicht auch, daß nichts über einen gemütlichen Samstagabend geht?«

»Schon!« Katharina zögerte, sie nippte an ihrem Glas. »Für mich trifft das sicher zu, du jedoch solltest etwas unternehmen. Wenn du einmal Frau und Kind hast, dann kannst du die Samstagabende zu Hause verbringen.« Sie seufzte. »Ich hoffe, daß ich das noch erleben werde.«

»Themawechsel«, sagte Eric. Er schlug die Beine übereinander und nahm genüßlich einen großen Schluck.

Beleidigt drehte Katharina das Weinglas zwischen den Händen. Seit Eric die Praxis seines Vaters übernommen hatte, suchte sie eine Frau für ihn. Sie war der Ansicht, daß es endlich an der Zeit war, daß er sein Junggesellenleben aufgab. Aber sie hatte auch bereits seinen Vater vergebens zu einer weiteren Ehe überreden wollen. Dr. Baumann senior hatte nach dem Tod seiner Frau nur noch für seine Arbeit gelebt.

»Erzähl mir von dem Hund«, forderte Eric nun seine Haushälterin auf.

»Ja, dieser Hund! Er ist mir aufgefallen. Irgendwie benahm er sich eigenartig. Er knurrte und bellte, hetzte dann aber immer davon.«

»Eigenartig«, stimmte Eric zu. »Im Grunde gibt es bei uns keine streunenden Hunde.«

»Der Hund trug jedenfalls kein Halsband. Er strich an unserem Gartenzaun entlang, und später sah ich ihn nochmals am Bootssteg. Ich habe mich auch nach einem Besitzer umgesehen, aber der Hund war allein.«

»Ist er gefährlich?«

»Ich weiß nicht, ich hatte aber jedenfalls ein ungutes Gefühl. Du weißt, ich mag Hunde, aber diesem Hund würde ich nicht über den Weg trauen.«

»Da sollten wir etwas unternehmen.« Dr. Eric Baumann war sehr nachdenklich geworden. »Ob ich nochmals einen Spaziergang mache?« Er streckte die Beine von sich, er trug bereits seine Pantoffeln und eine alte ausgebeulte Hose.

»Das hat doch jetzt keinen Sinn mehr«, sagte Katharina rasch. »Es ist schon dunkel. Willst du vielleicht mit der Taschenlampe nach dem Hund sehen? Sicher hat er sich schon irgendwo verkrochen.«

»Ich könnte Franzl mitnehmen«, überlegte Eric laut.

»Nein!« sagte Katharina resolut. »Da hätte ich Angst um Franzl. Stell dir nur vor, dieser fremde Hund fällt ihn an!«

»Katharina!« Eric schüttelte den Kopf. »Wenn das der Fall wäre, so müßten wir sofort etwas unternehmen.«

»Morgen«, beharrte Katharina. »Morgen sehen wir uns nach dem Hund um. Du kannst das schon bei deinem morgendlichen Jogging tun. Wenn du ihn siehst, und er streunt noch irgendwo herum, dann kannst du ihn dir ja näher ansehen.«

»Das werde ich ganz sicher tun.« Eric griff nach dem Glas und lehnte sich wieder zurück. Er hatte keine Lust auf einen Spaziergang im Dunkeln. Beiläufig fragte er: »Was gibt es sonst Neues, Katharina?«

Oh, da gab es eine ganze Menge. Katharina setzte sich in Positur und begann zu berichten. Als Eric ihr Glas zum zweiten Mal füllte, kehrte sie mit ihren Gedanken in die Vergangenheit zurück, und schmunzelnd hörte Eric zu, wie sie einstige Jugendstreiche von ihm zum besten gab.

*

Dr. Eric Baumann hielt kurz inne, um sich den Schweiß von der Stirn zu wischen. Eigentlich hatte er noch vor dem Frühstück joggen wollen, doch dann hatte er sich in der Zeitung festgelesen, und nun sandte die Sonne bereits ihre warmen Strahlen zur Erde. Irgendwo bellte ein Hund, und er trabte wieder weiter. Schon seit er das Haus verlassen hatte, hielt er nach dem Hund Ausschau, von dem Katharina erzählt hatte.

Er lief am Seeufer entlang, die ersten Boote fuhren bereits hinaus. Unweit des Kinderspielplatzes hielt er erneut an. Tief atmete er durch, um dann die Hände im Nacken zu verschränken und den Oberkörper kreisen zu lassen. Er nahm sich vor, sich in den nächsten Wochen öfter körperlich zu betätigen. Während er langsam ausatmete, sah er zum Spielplatz hin, von wo er Stimmen gehört hatte. Und richtig, nun sah er einen kleinen Jungen zur Wippe laufen. Doch dann sah er den Hund. Sein Fell war struppig, unbeweglich stand er unter einem Baum.

Das mußte der Hund sein! Vorsichtig ging Eric auf ihn zu. Er sah, daß dieser zitterte. Und dann bemerkte er auch Schaum vor dem Maul des Hundes. Katharina – ihr Instinkt hatte sie wieder einmal nicht getäuscht.

Seine Gedanken überschlugen sich. Da knurrte der Hund, und mit einem Satz sprang er los und hechtete durch die Büsche. Das Kind schrie auf, und sofort rannte der Arzt hinterher. Noch im Laufen nahm er einen Ast auf und schleuderte ihn nach dem Hund. Doch nur einen Augenblick hielt der Hund inne. Knurrend fletschte er die Zähne, dann fiel er das vor Schreck wie erstarrte Kind an.

Dr. Baumann handelte, er packte den Hund und schleuderte ihn zur Seite. »Ruhig, Junge, ruhig!« sagte er, ohne den Blick von dem Hund zu lassen, der nun wütend jaulte.

Der Kleine schluchzte, und Dr. Baumann begriff, daß das Kind schreckliche Angst haben mußte. Er hätte es gerne in den Arm genommen, doch er mußte auf den Hund aufpassen. Würde dieser nochmals einen Angriff starten? Er griff den kleinen Jungen an den Schultern und schob ihn hinter sich, dabei fixierte er das wütende Tier. Zu seiner Erleichterung sah er dann, daß der Hund seinen Schwanz einzog und sich nun unter den Büschen verkroch. Jetzt erst bemerkte er auch eine Frau, die aufgeregt herangekommen war und den Kleinen in die Arme nahm.

»Wie konnte das nur passieren?« jammerte die Frau. »Julius hat doch gar nichts getan! Er wollte nur zur Wippe. Wenn Sie nicht gekommen wären, Herr Doktor!« Die Frau war in die Knie gegangen und sah nun, das weinende Kind an sich gedrückt, zu dem Arzt auf.

Dr. Baumann kannte die Frau vom Sehen, ihr Name fiel ihm im Augenblick jedoch nicht ein. War der Kleine ihr Sohn? Er mußte sich jedenfalls um das Kind kümmern. Er hob es hoch und sah, daß das Hosenbein zerrissen war. Doch zu einem Biß ins Bein war es offenkundig nicht mehr gekommen.

»Da haben wir ja nochmals Glück gehabt.« Dr.Baumann zog dem Jungen die Hose nach unten. »Keine Bißwunde«, stellte er erleichtert fest. Er lächelte der Frau zu, die noch immer auf dem Boden hockte. Der Schock schien ihr in die Glieder gefahren zu sein.

»Kommen Sie!« Er streckte ihr die Hand hin. »Wie müssen sofort die Polizei und den Tierarzt verständigen. Der Hund muß erschossen werden, es besteht Verdacht auf Tollwut.«

»Oh!« Die Großmutter stöhnte. »Julius, was ist mit Julius?«

»Er wurde nicht gebissen. Sie können sich selbst davon überzeugen.« Eric hielt den Jungen etwas in die Höhe. »Der Hund hat sich nur in die Hose verbissen, aber auf der Haut ist kein Kratzer.«

»Julius ist nichts passiert?« Mühsam kam die Frau auf die Beine. »Julius, hörst du? Das haben wir dem Herrn Doktor zu verdanken. Du brauchst nicht zu weinen!« Sie wollte Julius in die Arme nehmen, aber sie zitterte so stark, daß Dr. Baumann den Kleinen lieber auf den Boden stellte.

»Ich bin seine Großmutter«, stammelte sie jetzt, »aber das wissen Sie doch sicher, Herr Doktor.«

Eric hatte es nicht gewußt. Nun sah er zu dem Gebüsch hin, doch der Hund war verschwunden. Er mußte irgend etwas unternehmen.

»Frau…«

»Bogs, Magda Bogs! Ich kannte Ihren Vater gut.« Die Frau griff nach der Hand des Arztes und schüttelte sie heftig. »Vielen Dank, Herr Doktor! Ohne Sie…« Sie konnte nicht mehr weitersprechen, die Tränen schossen ihr in die Augen.

In diesem Zustand konnte er die Frau nicht alleine lassen. »Bitte, Frau Bogs, setzen Sie sich mit dem Kleinen auf eine Bank. Ich muß rasch telefonieren, es dauert sicher nicht lang. Ich möchte Sie dann mit ins Doktorhaus nehmen. Da der Hund allem Anschein nach Tollwut hat, müssen wir Vorsorge treffen.«

Mit weitaufgerissenen Augen starrte Magda Bogs dem Arzt ins Gesicht. Sie nickte, sie war jedoch völlig verstört. So hob Eric das weinende Kind wieder hoch und trug es zu einer Bank. Unweit davon befand sich auch eine Telefonzelle. Frau Bogs folgte ihm. Sie war sehr blaß, und deutlich war zu sehen, daß sie sich kaum auf den Beinen halten konnte.

»Hier!« Eric hielt ihr die Jeans des Jungen hin. »Es ist besser, wenn Sie ihm die Hose erst wieder anziehen, wenn sie gewaschen ist. Es ist ja nicht kalt. Setzen Sie sich doch, ich bin gleich wieder hier.«

Zum Glück hatte er etwas Kleingeld bei sich. Er rief die Polizei an, danach Katharina. Er bat sie, nochmals Kaffee aufzusetzen, denn Frau Bogs würde eine Stärkung brauchen können. Während er durch die Scheibe die Gegend absuchte, fragte er: »Kennst du eine Frau Bogs? Ihr Enkel wurde von dem Hund angefallen.«

»Natürlich, sie lebt mit ihrem Enkel allein. Sie hat es nicht leicht, die arme Frau.«

»Du wirst dich gleich um sie kümmern können, sie ist ziemlich fertig. Ich bringe sie und den Kleinen mit.«

»Eric, was ist mit dem Hund? Er hat Tollwut, nicht wahr?« Erregt klang Katharinas Stimme aus dem Hörer.

»Es sieht so aus! Ich habe die Polizei bereits verständigt, sie wird auch alles Weitere veranlassen. Ich bin dann gleich zu Hause. Es ist zwar Sonntag, aber wir werden einiges zu tun bekommen.«

Katharina wollte noch etwas sagen, aber da hatte Eric den Hörer bereits wieder eingehängt. Er mußte handeln. Julius mußte sofort eine Tollwutschutzimpfung erhalten, und dann mußte herausgefunden werden, woher der Hund gekommen war und wer noch alles Kontakt mit ihm gehabt hatte.

*

Katharina Wittenberg saß Julius’ Großmutter gegenüber, besorgt war ihr Blick auf das bleiche Gesicht gerichtet. Die Frau war völlig fertig. Dieser tollwütige Hund hatte sie sehr schockiert. Noch immer schien sie keinen klaren Gedanken fassen zu können.

Frau Bogs starrte auf den Tisch. Sie sprach mehr zu sich selbst als zu Katharina, als sie sagte: »Ich wollte Julius eine Freude machen. Er wünscht sich so sehr ein Dreirad, aber ich kann ihm keines kaufen. Denn er wächst so schnell aus seinen Sachen heraus, daß ich ständig neue Hosen und Schuhe für ihn kaufen muß.«

Katharina nickte. Magda Bogs zog ihren Enkel alleine groß, das wußte sie.

»Julius hat keine Freunde«, fuhr die Frau fort. »Wir leben etwas außerhalb des Ortes. Er hat ja auch keinen Vater, aber dafür kann er nichts. Er ist ein so lieber Junge.«

»Das ist er«, bestätigte Katharina. Sie erhob sich und trat hinter den Stuhl, auf dem Magda Bogs saß. »Es ist alles in Ordnung, Julius geht es gut. Sie müssen sich keine Sorgen mehr machen.«

Die beruhigenden Worte wirkten auf Frau Bogs gegenteilig. Sie schluchzte auf. »Es hätte ganz anders kommen können. Der Hund – er hätte Julius zerfleischen können! Ich habe den Hund zu spät gesehen, ich habe Julius nicht genügend beaufsichtigt.« Sie verbarg ihr Gesicht zwischen den Händen, ihre Schultern zuckten.

»Sie dürfen sich keine Vorwürfe machen.« Katharina legte die Hand auf Magda Bogs Schulter.