Der Arzt vom Tegernsee 15 – Arztroman - Laura Martens - E-Book

Der Arzt vom Tegernsee 15 – Arztroman E-Book

Laura Martens

0,0

Beschreibung

Dr. Baumann ist ein echter Menschenfreund, rund um die Uhr im Einsatz, immer mit einem offenen Ohr für die Nöte und Sorgen seiner Patienten, ein Arzt und Lebensretter aus Berufung, wie ihn sich jeder an Leib und Seele Erkrankte wünscht. Seine Praxis befindet sich in malerischer, idyllischer Lage, umgeben von Bergen, Hügeln und kristallklaren Bergseen – in Deutschlands beliebtestem Reiseland, in Bayern, wo die Herzen der Menschen für die Heimat schlagen. Der ideale Schauplatz für eine besondere, heimatliches Lokalkolorit vermittelnde Arztromanserie, die ebenso plastisch wie einfühlsam von der beliebten Schriftstellerin Laura Martens erzählt wird. Die große Serie Der Arzt vom Tegernsee steht für Erfolg – Arztroman, Heimatroman und romantischer Liebesroman in einem! Harald Brenner beobachtete vom Fenster aus, wie Franziska Löbl behutsam die Beine seines Töchterchens massierte. Mara-Christin lag ganz ruhig da. Sie hatte unendliches Vertrauen zu der jungen Krankengymnastin, obwohl die Behandlung, der sie sich bei ihr unterziehen mußte, nicht immer schmerzlos war. "Bin ich fertig?" fragte sie, als Franziska sich aufrichtete. Die junge Frau wies zu den Schienen am Fußende der Liege. "Ich mag keine Schienen", maulte Mara-Christin und verzog das Gesicht. "Wann kann ich endlich wieder richtig laufen?" "Wenn wir weiterhin so fleißig zur Krankengymnastik gehen und du alle Übungen machst, die dir Franziska zeigt, bestimmt schon bald, Liebes", sagte Harald Brenner und trat zu seiner fünfjährigen Tochter. "Du mußt noch etwas Geduld haben." Mara-Christin schaute zu Franziska auf, die gerade eine der Schienen um das linke Bein befestigte. "Stimmt das?" erkundigte sie sich. Franziska nickte. "Wie oft muß ich noch schlafen, bis ich keine Schienen mehr brauche?" wollte die Kleine wissen. Franziska griff nach Block und Stift. "Das kann ich wirklich nicht voraussagen, Herr Brenner"

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 118

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Der Arzt vom Tegernsee – 15–

In letzter Minute

Laura Martens

Harald Brenner beobachtete vom Fenster aus, wie Franziska Löbl behutsam die Beine seines Töchterchens massierte. Mara-Christin lag ganz ruhig da. Sie hatte unendliches Vertrauen zu der jungen Krankengymnastin, obwohl die Behandlung, der sie sich bei ihr unterziehen mußte, nicht immer schmerzlos war.

»Bin ich fertig?« fragte sie, als Franziska sich aufrichtete.

Die junge Frau wies zu den Schienen am Fußende der Liege.

»Ich mag keine Schienen«, maulte Mara-Christin und verzog das Gesicht. »Wann kann ich endlich wieder richtig laufen?«

»Wenn wir weiterhin so fleißig zur Krankengymnastik gehen und du alle Übungen machst, die dir Franziska zeigt, bestimmt schon bald, Liebes«, sagte Harald Brenner und trat zu seiner fünfjährigen Tochter. »Du mußt noch etwas Geduld haben.«

Mara-Christin schaute zu Franziska auf, die gerade eine der Schienen um das linke Bein befestigte. »Stimmt das?« erkundigte sie sich.

Franziska nickte.

»Wie oft muß ich noch schlafen, bis ich keine Schienen mehr brauche?« wollte die Kleine wissen.

Franziska griff nach Block und Stift. »Das kann ich wirklich nicht voraussagen, Herr Brenner«, schrieb sie. »Fünf, vielleicht auch sieben oder acht Monate wird es bestimmt noch dauern.«

»Es ist dumm, daß du nicht sprechen kannst, Franziska«, meinte Mara-Christin. »Ich kann doch noch nicht lesen.« Sie schaute sehnsüchtig zum Block. »Bis ich in die Schule komme, dauert es noch über ein Jahr.«

»Das Jahr wird schneller vergehen, als du glaubst, Mara-Christin«, sagte ihr Vater. »Und bis dahin wirst du sicher auch ohne Schienen laufen können.«

»Und genauso rennen wie die anderen Kinder?«

Harald Brenner sah Franziska unsicher an. Er wollte seiner Tochter keine Versprechungen machen, die sich womöglich nicht erfüllten.

»Rennen vielleicht noch nicht«, schrieb die junge Krankengymnastin. Sie griff nach der zweiten Schiene. Mara-Christin gehörte zu ihren liebsten Patienten. Viele der Erwachsenen, die sie behandeln mußte, waren nicht so geduldig wie die Kleine. Mara beklagte sich selten. Sie nahm es einfach als gegeben hin, daß die Behandlung auch manchmal wehtat.

»Und wenn ich in der zweiten Klasse bin, werde ich dann rennen können?« fragte die Fünfjährige, nachdem es ihr Harald gesagt hatte.

»Wir müssen abwarten.« Der Handelsvertreter strich zärtlich durch die blonden Löckchen seiner Tochter.

Franziska hob die Kleine von der Liege und gab ihr eine der Überraschungskugeln, die sie immer für Kinder in einem großen Glas auf der Ablage am Fenster stehen hatte.

»Danke.« Mara-Christin wickelte strahlend die Kugel aus, entfernte die Schokolade und öffnete die kleine Kapsel, die im Inneren verborgen gewesen war. »Schau, Papa, eine Figur aus dem ›Glöckner von Notre Dame‹!« rief sie glücklich.

»Und weißt du auch, um was für eine Figur es sich handelt?« erkundigte sich Harald Brenner.

Seine Tochter hatte sich inzwischen ein Stückchen von der Schokolade in den Mund geschoben. »Esmeralda«, erwiderte sie kauend. »Das ist die Esmeralda.«

Sie verabschiedeten sich von Franziska Löbl, deren nächster Patient, ein alter Mann, der vor einigen Wochen einen Schlaganfall erlitten hatte, bereits wartete. »Ich muß morgen nach Konstanz fahren und komme vermutlich erst in einer Woche zurück«, sagte Harald Brenner zu ihr. »Die nächsten beiden Male wird also meine Schwiegermutter Mara-Christin bringen.«

Franziska nickte. Sie schloß die Arme um das kleine Mädchen, dann küßte sie es sacht auf die Stirn und ließ es los.

»Wiedersehen, Franziska!« rief Mara-Christin. Sie griff nach der Hand ihres Vaters. Gemeinsam verließen sie die Praxis von Dr. Baumann.

Harald Brenner schloß seinen Wagen auf. Mara-Christin kletterte in ihren Sitz. Er schlug die Fondtür zu und wollte sich eben hinter das Steuer setzen, als der Wagen von Dr. Baumann durch die Einfahrt fuhr. Der junge Handelsvertreter wartete ab, bis der Arzt vor der Garage geparkt hatte und ausgestiegen war, bevor er ihm entgegenging.

»Wir haben uns ja schon lange nicht mehr gesehen, Herr Brenner«, meinte Eric. »Ich glaube, das…« Er kam nicht dazu, seinen Satz zu beenden, weil in diesem Moment Franzl, der hinter dem Haus auf der Terrasse gelegen und gedöst hatte, auf ihn zuschoß. Dem Arzt blieb nichts weiter übrig, als erst einmal die stürmische Begrüßung seines Hundes über sich ergehen zu lassen.

»Und jetzt bin ich an der Reihe«, meinte Harald lachend, als sich der Hund ihm zuwandte, um noch ein paar extra Streicheleinheiten zu ergattern. »Du bist schon ein lieber Kerl, Franzl.« Er schlug ihm leicht auf das dicke Hinterteil.

»Jetzt reicht es, Franzl«, sagte Eric, was aber von seinem Hund überhaupt nicht beachtet wurde. »Franzl!«

Mit einem lauten Aufseufzen ließ sich Franzl zwischen die beiden Männer auf die Auffahrt fallen. Der vorwurfsvolle Blick, mit dem er sein Herrchen bedachte, sprach Bände.

»Wie geht es Ihnen?« erkundigte sich Eric bei Harald.

»Ziemlich durchwachsen«, antwortete der Handelsvertreter. »Heute ist es auf den Tag zwei Jahre her, daß meine Frau ums Leben gekommen ist. Ich vermisse sie noch genauso, als sei es erst gestern gewesen. Wenn wir nicht so glücklich miteinander gewesen wären…« Er holte tief Luft. »Manchmal wache ich frühmorgens auf, strecke die Hand nach Ines aus und greife ins Leere. Man sollte doch meinen, daß der Schmerz mit der Zeit nachläßt.«

»Ich kann sehr gut verstehen, wie sehr Sie Ihre Frau vermissen, Herr Brenner.« Eric berührte die Schulter des Mannes. »Aber in erster Linie sollten Sie an Mara-Christin denken.«

»Das tu ich«, versicherte Harald. »Ich zeige ihr meistens ein lachendes Gesicht. Was hätte es denn für einen Sinn, ihr mit meinem Schmerz das Leben zu vergällen? Ich bin so glücklich, daß sie wieder aus dem Koma erwacht ist. Sie wissen, wie grauenvoll diese acht Monate für uns gewesen sind, in denen wir nicht wußten, ob wir jemals wieder die Stimme meiner Tochter hören würden. Vermutlich hätte ich es nicht ertragen können, wenn sie mir auch noch genommen worden wäre.«

»Mara-Christin hat – Gott sei Dank – einen Schutzengel gehabt«, antwortete Eric. Er war damals noch in Kenia gewesen als Ines Brenner während eines Ausfluges vom Blitz erschlagen worden war. Sie hatte ihre Tochter bei der Hand gehalten. Mara-Christin war wie durch ein Wunder mit dem Leben davongekommen, hatte aber danach monatelang im Koma gelegen.

»Papa!« rief Mara-Christin.

Die beiden Männer winkten der Kleinen zu. »Bis zum nächsten Mal, Herr Doktor.« Harald reichte Eric die Hand. »Meine Schwiegermutter wird bereits auf uns warten.«

»Und ich muß in meine Praxis«, erwiderte der Arzt. »Grüßen Sie Ihre Schwiegermutter von mir.«

»Werde ich«, versprach Harald und ging zu seinem Wagen.

Franzl überlegte, ob er seinem Herrchen in die Praxis folgen sollte, wußte jedoch aus Erfahrung, daß man ihm erbarmungslos die Tür vor der Schnauze zumachen würde. Nein, da war es besser, noch etwas auf der Terrasse zu dösen. Er stand auf, streckte sich und trottete hinter das Haus zurück.

Harald Brenner ließ die Stadt hinter sich. Seine Schwiegermutter besaß etwas außerhalb vom Tegernsee eine Fremdenpension mit fünfundzwanzig Zimmern, die von ihrem Sohn Gerald geleitet wurde, der ein gemütliches Appartement im Dachgeschoß des Gebäudes bewohnte. Sie selbst lebten im Nachbarhaus, das noch im Bau gewesen war, als er und Ines vor sieben Jahren geheiratet hatten. Gerald und er waren noch nie gut miteinander ausgekommen, und seit Ines’ Tod herrschte zwischen ihnen offene Feindschaft. Schon aus diesem Grund war der Handelsvertreter froh, mit seinem Schwager nicht im selben Haus wohnen zu müssen.

»So, jetzt sind wir wieder zu Hause, Liebes«, meinte Harald, als er in die Einfahrt einbog und kurz darauf zwischen zwei Apfelbäumen hielt. Er stieg aus und hob Mara-Christin aus dem Wagen.

»Da kommt Onkel Gerald!« Seine Tochter wies zu einem hochgewachsenen Mann von

achtundzwanzig Jahren. »Hallo!« Sie winkte ihm zu.

»Na, wie geht es deinen Beinchen?« Gerald hob seine Nichte hoch. »Wenn du nachher zu mir in die Pension kommst, habe ich etwas Feines für dich.« Er küßte sie auf beide Wangen, dann stellte er die Kleine wieder zu Boden. »Hast du daran gedacht, daß heute Ines’ Todestag ist?« fragte er. Der Blick, mit dem er seinen Schwager bedachte, jagte diesem eine Gänsehaut über den Rücken. »Ich bin vorhin auf dem Friedhof gewesen. Um ehrlich zu sein, ich fand es reichlich seltsam, auf dem Grab keinen Strauß von dir zu sehen.«

»Ich gehe heute nachmittag auf den Friedhof«, antwortete Harald und bemühte sich, nicht wütend zu werden. »Wie du weißt, war ich bis jetzt beschäftigt.«

»Den ganzen Vormittag?«

»Gerald, hör endlich auf, mir ständig den Tod deiner Schwester vorzuwerfen«, bat sein Schwager.

»Warum sollte ich wohl damit aufhören?« fragte der junge Mann. »Ines wird nie wieder zurückkehren.« Er berührte die Haare seiner Nichte. »Träumst du noch manchmal von ihr, Harald? – Denkst du daran, daß du schuld an Ihrem Tod bist? Wenn du nicht…«

»Ihr sollt euch nicht immer streiten«, flüsterte Mara-Christin und griff nach den Händen der Männer.

»Genau dieser Meinung bin ich auch«, mischte sich Susanne Schwaderer ein. Sie kam quer über den Rasen auf die beiden Männer zu. »Dich hört man bis in die Pension, Gerald.« Kopfschüttelnd sah sie ihren Sohn an. »Nimm bitte etwas Rücksicht auf unsere Gäste.«

»Danke Gott, daß du in meiner Mutter eine Fürsprecherin hast«, bemerkte der junge Mann bitterböse zu seinem Schwager, drehte sich um und ging davon.

Susanne Schwaderer sah ihrem Sohn aufseufzend nach. »Du solltest es ihm nicht übelnehmen, Harald«, sagte sie. »Ines und Gerald sind von kleinauf fast unzertrennlich gewesen. Kein Wunder, daß er den Tod seiner Zwillingsschwester nicht einfach so hinnehmen kann. Selbst mir fällt es noch immer schwer, ihn zu akzeptieren.« Sie nahm Mara-Christin bei der Hand.

»Ich glaube nicht, daß Gerald und ich jemals in Frieden miteinander leben können«, erwiderte Harald. »Dein Sohn hat mich noch nie gemocht, und Ines’ Tod…« Er schüttelte den Kopf. »Manchmal habe ich große Lust, Mara-Christin zu nehmen und einfach fortzugehen.«

»Ich könnte dich nicht daran hindern.«

»Und du würdest es auch nicht.« Harald legte den Arm um die Schultern seiner Schwiegermutter. »Keine Angst, ich habe nicht vor, dich im Stich zu lassen. Schließlich weiß ich, daß Mara-Christin alles für dich ist.« Er blickte zur Pension hinüber. »Irgendwann wird es Gerald leid sein, mir ständig Vorwürfe zu machen. Ich hoffe es wenigstens.«

*

»Noch einmal, Tante Natalie.« Bastian Ebinger streckte seine Händchen der jungen Frau entgegen, die ihn gerade herumgewirbelt hatte. »Bitte.«

»Also gut.« Natalie ergriff den Dreijährigen bei den Handgelenken und drehte sich mit ihm so rasch im Kreis, das er das Gefühl hatte, durch die Luft zu fliegen.

»Noch mal, Tante Natalie«, bettelte er, als sie ihn wieder zu Boden stellte. »Bitte.«

»Nein, jetzt ist es genug«, erwiderte sie. »Laß mich etwas ausruhen.«

»Tante Natalie, du…«

»Es reicht, Bastian«, mischte sich Marlene Ebinger ein. Sie nahm ihren Sohn auf den Arm. »Du mußt Tante Natalie auch etwas Ruhe gönnen. Sie kann nicht von morgens bis abends mit dir spielen.«

»Und warum nicht?«

»Weil es nicht geht.« Marlene setzte ihr Söhnchen in den Sandkasten. »Was meinst du, wie sich der Papa freuen wird, wenn du ein paar Sandkuchen für ihn bäckst.«

»Wird er sie essen?«

»Dazu wären sie viel zu schade«, meinte seine Tante.

Bastian nickte. Er griff nach einem der bunten Förmchen und füllte es mit Sand.

Die beiden Frauen setzten sich an den Terrassentisch. Natalie schenkte Kaffee ein. Sie lebte jetzt bereits seit drei Wochen bei ihrem Bruder und ihrer Schwägerin in Köln, wußte jedoch, daß es nicht so weitergehen konnte. Auch wenn sie ihre Familie liebte, sie war gern unabhängig.

»Bernhard und ich haben erst gestern wieder darüber gesprochen, daß es für dich das beste wäre, bei uns zu bleiben«, meinte Marlene in die Gedanken ihrer Schwägerin hinein. »Du könntest deine Wohnung in Tegernsee aufgeben und für immer zu uns ziehen. Stell dir vor, was du allein an Miete sparen würdest. Wenn…«

»Es würde nicht gut gehen, Marlene«, fiel ihr die junge Frau ins Wort. »Nicht, daß ich mich nicht über euer Angebot freuen würde, aber es wäre ein großer Fehler, für immer zu euch zu ziehen. Wir vertragen uns so gut, mögen einander…« Sie schüttelte den Kopf. »Irgendwann würde

es vermutlich nicht mehr so sein, weil jeder von uns gern sein

eigenes Leben führen würde.«

Marlene dachte über ihre Worte ihrer Schwägerin nach. Sie wußte, daß Natalie recht hatte. »Dann laß dir wenigstens von uns helfen«, bat sie. »Wir könnten mit Leichtigkeit deine Miete bezahlen. Du…«

»Im Moment geht es noch«, fiel ihr Natalie ins Wort. »Mein Arbeitslosengeld reicht für Miete und Lebensunterhalt. Hart wird es erst, wenn ich nur noch Arbeitslosenhilfe bekommen werde und…« Sie seufzte auf. »Ich möchte nicht, daß man Bernhard dann zur Kasse bittet, doch ich werde es wohl nicht verhindern können. Also muß ich bis dahin etwas gefunden haben, was mir genügend einbringt, um davon zu leben.«

»Möchtest du ein Stück Streuselkuchen?«

»Nein, danke.«

»Papa!« Bastian rannte einem etwa dreißigjährigen Mann entgegen, der um das Haus herumkam. »Papa, ich bin geflogen.«

Bernhard Ebinger fing seinen Sohn mit beiden Händen auf. »Und wo bist du geflogen?«

»Hier.« Bastian strahlte ihn an. »Mit Tante Natalie.«

»Bastian schafft es mit Leichtigkeit, deine Schwester den ganzen Tag zu beschäftigen«, meinte Marlene, als ihr Mann zu ihnen an den Tisch trat.

»Das kann ich mir denken«, sagte Bernhard, stellte sein Söhnchen zu Boden und küßte sie. »Laß dir nicht alles von ihm gefallen, Natalie.« Er zwinkerte seiner Schwester zu.

Bastian kehrte zum Sandkasten zurück. »Noch nicht kommen, Papa!« rief er. »Ich backe Sandkuchen für dich.«

»Eine gute Idee«, lobte der Vater. Er setzte sich an den Tisch. »Das war vielleicht ein Tag! Es wäre besser gewesen, ich hätte heute morgen das Klingeln des Weckers nicht beachtet und weitergeschlafen.«

»Ich wünschte, ich könnte zur Arbeit gehen«, bemerkte Natalie, obwohl sie ihren Bruder nur zu gut verstehen konnte. Er hatte einen sehr verantwortungsvollen Posten bei einem Pharmaunternehmen, der seinen ganzen Einsatz forderte.

»Das ist mir klar«, antwortete er und nahm einen Schluck Kaffee. »Es gibt wohl kaum etwas Schlimmeres, als ohne Arbeit dazustehen.«

»Ich habe Natalie vorgeschlagen, ihre Wohnung aufzugeben und vorläufig bei uns zu leben. Sie möchte nicht.« Marlene legte ihrem Mann ein Stück Kuchen auf den Teller.