Der Bergdoktor 1972 - Andreas Kufsteiner - E-Book

Der Bergdoktor 1972 E-Book

Andreas Kufsteiner

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Beschreibung

An ihrem dreißigsten Geburtstag - Ein Überraschungsgast sorgt für Tränen
Von Andreas Kufsteiner


Was stimmt bloß nicht mit mir? Seit einiger Zeit fühlt sich Nadine Lechner alles andere als gut. Sie leidet unter rätselhaften Schmerzen und ist häufig schlapp und ausgelaugt. Ihr Zustand stellt Dr. Burger vor ein Rätsel. Keine Diagnose scheint zu passen.
An ihrem Geburtstag kann sich die junge Bäuerin kaum noch auf den Beinen halten. Ihre Freunde, die ihr gratulieren wollen, erkennen sie nicht wieder. Steckt womöglich ein Gift hinter ihrem Verfall? Doch wer hätte ein Interesse daran, ihr etwas anzutun?
Ihr Fall bereitet dem Bergdoktor schlaflose Nächte, denn ohne eine Diagnose scheint es unmöglich, die junge Bäuerin zu retten ...

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Inhalt

Cover

Impressum

An ihrem dreißigsten Geburtstag

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Bastei Verlag / Wolf

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar

ISBN 9-783-7325-8012-5

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

An ihrem dreißigsten Geburtstag

Ein Überraschungsgast sorgt für Tränen

Von Andreas Kufsteiner

Was stimmt bloß nicht mit mir? Seit einiger Zeit fühlt sich Nadine Lechner alles andere als gut. Sie leidet unter rätselhaften Schmerzen und ist häufig schlapp und ausgelaugt. Ihr Zustand stellt Dr. Burger vor ein Rätsel. Keine Diagnose scheint zu passen.

An ihrem Geburtstag kann sich die junge Bäuerin kaum noch auf den Beinen halten. Ihre Freunde, die ihr gratulieren wollen, erkennen sie nicht wieder. Steckt womöglich ein Gift hinter ihrem Verfall? Doch wer hätte ein Interesse daran, ihr etwas anzutun?

Ihr Fall bereitet dem Bergdoktor schlaflose Nächte, denn ohne eine Diagnose scheint es unmöglich, die junge Bäuerin zu retten …

28. Mai

Liebes Tagebuch, was stimmt bloß nicht mit mir? Heute fühle ich mich wieder so elend. Ich hab überhaupt keine Kraft mehr. Und die Schmerzen sind auch wieder da. Sie strahlen vom Bauch bis in den Rücken aus. Was kann das nur sein? Ob ich es mit dem Abnehmen übertrieben habe? Zur Hochzeit möchte ich unbedingt in Mutters Brautkleid passen. Vorher muss ich noch mindestens fünf Pfund abnehmen, sonst wird das nix …

Das Poltern von Schritten auf der Treppe ließ Nadine Lechner hochsehen. Sie saß im Schein der Schreibtischleuchte in ihrem Arbeitszimmer und machte ihre gewohnte abendliche Eintragung in ihr Tagebuch. Es war ihr zur lieb gewordenen Routine geworden, dem Büchlein anzuvertrauen, was sie bewegte und was der Tag gebracht hatte.

Der Wind blähte die Gardinen und trug milde Frühlingsluft herein. Vor dem Fenster breitete sich das imposante Panorama der Zillertaler Berge aus. Wie steinerne Wächter reckten sich die Gipfel in den Himmel. In den Zweigen der Apfelbäume gab eine Amsel ein Abendständchen.

Nadines Schreibtisch bog sich unter einer Flut von Papieren. Hier stapelten sich Abrechnungen, Briefe und die Einladungen zu ihrer Hochzeit, die in der nächsten Woche abgeschickt werden sollten. Eine der Wände war mit gerahmten Fotografien von ihrer Familie bedeckt. Ein bunter Flickerlteppich lag auf dem Boden und machte den Raum behaglich.

„Noch so fleißig, Spatzerl?“ Benjamin steckte den Kopf herein. „Wie lange brauchst du hier noch?“

„Bin fast fertig.“

„Gut. Ich hab nämlich das Abendessen auf dem Herd.“

„Du hast gekocht? Mei, das wäre net nötig gewesen. Ich bin net hungrig.“ Nadine legte eine Hand auf die Wärmflasche, die sie sich gegen die Schmerzen auf den Bauch gelegt hatte. Es half jedoch alles nichts. Das Ziehen hielt sich hartnäckig.

„Du musst was essen“, mahnte ihr Verlobter. „Du arbeitest hart. Eine Banane als Mittagessen reicht da net aus.“

„In Bananen stecken zahlreiche Nährstoffe und Mineralien.“

„Mag sein, aber du stehst jeden Morgen um fünf Uhr auf und versorgst deinen Hof. Du brauchst kräftiges Essen und keinen Snack.“

„Es ist ja net für immer. Ich möchte nur rasch abnehmen, damit ich bei unserer Hochzeit Mutters Brautkleid tragen kann. Danach möchte ich mein Gewicht nur halten.“

Benjamin trat vor sie hin, lehnte sich mit dem Rücken an ihren Schreibtisch und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Warum ist dir dieses Brautkleid nur so wichtig?“

„Weil meine Eltern nimmer da sind. Wenn ich Mutters Kleid trage, ist es für mich, als würden sie uns ihren Segen geben. Verstehst du das?“

„Ja, aber ich denke, in deinem Herzen sind sie ohnehin dabei. Für mich ist es net wichtig, was du anhast. Die Hauptsache ist, du gibst am Altar die richtige Antwort.“

„Nein danke, meinst du?“, neckte sie ihn.

Daraufhin verzog ihr Verlobter das Gesicht, als wäre sie ihm gerade auf den großen Zeh getreten.

„Mir scheint, das sollten wir vorher unbedingt noch üben.“ Er beugte sich vor und gab ihr ein liebevolles Busserl, das ihr Herz beinahe überfließen ließ vor Liebe.

Benjamin war ihr Traummann. Nicht nur wegen seiner großen, kräftigen Statur und dem warmen Leuchten in seinen Augen, sondern auch, weil sie wusste, dass sie sich bedingungslos auf ihn verlassen konnte. Er hatte ein riesengroßes Herz und war immer für sie da. Sie harmonierten in so vielen Dingen, dass Nadine ihr Glück manchmal kaum fassen konnte.

Nach einer großen Enttäuschung war sie lange Zeit allein gewesen und hatte den wilden Schmerz in ihrem Inneren mit der Arbeit auf dem Hof ihrer Familie betäubt.

Nachdem ihre Eltern vor acht Jahren bei einem Lawinenabgang verschüttet worden waren, lag die Verantwortung für den Hof bei Nadine. Anfangs wie betäubt vor Schmerz, hatte sie die Ärmel aufgekrempelt und alles getan, um den Betrieb im Sinn ihrer Eltern weiterzuführen.

Im Sommer hatte es mehr Arbeit gegeben, als sie allein bewältigen konnte, deshalb hatte sie für diese Monate Helfer eingestellt. Einer war Ben gewesen. Er hatte vorgehabt, sich etwas Geld fürs Studium zu verdienen. Sie hatten sich ineinander verliebt, und nach seinem Abschluss war er zu ihr zurückgekehrt.

Nun wollten sie in diesem Sommer heiraten.

Nadines Herz klopfte wild, als sie auf ihren Verlobungsring schaute.

„Ich hab mir überlegt, meinen Bruder zur Hochzeit einzuladen“, sagte sie leise.

„Er wird net kommen. Das weißt du. Nichts kann ihn in die Berge zurückholen.“

„Ich muss es wenigstens probieren. Er gehört zur Familie und sollte dabei sein.“

„Leider will er nix mehr davon wissen, dass wir eine Familie sind. Ich glaub net, dass es eine gute Idee ist, ihn einzuladen. Er wird dich wieder enttäuschen. Wie damals, als eure Eltern verunglückt sind und er es net einmal für nötig gehalten hat, heimzukommen und dich zu unterstützen. Er hat dich mit allem allein gelassen. Mit der Arbeit, der Trauer und den Sorgen.“

„Er ist fortgegangen, weil er sich mit dem Vater überworfen hatte.“

„Das hatte nach dem Unglück aber keine Bedeutung mehr. Ein anständiger Mann wäre heimgekommen und hätte seinen Teil der Verantwortung getragen.“

„Lukas war überfordert.“

„Das entschuldigt sein Verhalten net. Er hätte die Ärmel hochkrempeln und mit anpacken können. So, wie du es getan hast.“

„Im Gegensatz zu mir hat ihn der Hof nie interessiert.“ Nadine schüttelte traurig den Kopf.

Ihr Bruder hatte sein Zuhause vor vielen Jahren nach einem schlimmen Zank mit den Eltern verlassen. Sie wollten, dass er den Hof übernahm, aber Lukas hatte sich bedrängt und eingeengt gefühlt. Bauer zu sein war nie sein Ziel gewesen. Ihn hatte es immer fortgetrieben. Wohin, hatte er selbst nicht recht gewusst.

Nadine hatte ihn seit Jahren nicht mehr gesehen. Aber er war ihr Bruder und der einzige Verwandte, den sie noch hatte. Musste ihm das nicht auch irgendetwas bedeuten?

Nach dem Unfall ihrer Eltern hatte Nadine rasch bemerkt, dass sie mit der Haltung von Milchkühen überfordert war, deshalb hatte sie beschlossen, den Betrieb auf einen Ziegenhof umzustellen. Die Rinder waren von anderen Bauern übernommen worden. Nun bevölkerten Ziegen ihren Hof und sicherten ihr ein gutes Auskommen.

Nadine liebte die klugen, freiheitsliebenden Tiere. Die Produkte von ihrem Hof waren gesund und wurden gern gekauft. Sie produzierte nicht nur Milch und Käse, sondern probierte gern Neues aus. So stellte sie unter anderem Frischkäse mit Bergkräutern her und diverse Seifen aus Ziegenmilch. Nebenan gab es einen Hofladen, der ihre Produkte gegen eine kleine Provision vertrieb. Hinter der Kasse dort stand Gesa, ihre Freundin und Nachbarin seit Kindertagen.

Ja, ihr Leben hätte wieder schön sein können, wäre da nicht das Unwohlsein, das Nadine seit einiger Zeit verfolgte. Sie hatte häufig Schmerzen im Bauch und im Rücken und fühlte sich schlapp und ausgelaugt. Sie schob es auf den Stress, aber hin und wieder flüsterte eine leise Stimme in ihrem Hinterkopf: Was, wenn etwas anderes dahintersteckt?

Rasch verdrängte sie die unliebsamen Gedanken immer. Sie hatte gar keine Zeit, um krank zu sein!

Entschlossen schlug Nadine ihr Tagebuch zu und folgte ihrem Verlobten nach unten. Auf dem Herd dampfte ein Risotto mit Kräutern und Pilzen in einem Topf. Das Gericht verbreitete einen wunderbar würzigen Duft, der Nadine das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. Benjamin wusste genau, was sie gern aß. Zum Nachtisch gab es Topfen mit frischen Erdbeeren.

Die Tür, die von der rustikalen Bauernküche hinaus in den Garten führte, stand offen. Der grob gezimmerte Gartentisch war bereits liebevoll für das Abendessen gedeckt. Hier warteten Gläser, Besteck und ein bunter Sommerstrauß, in dem etliche Gräser steckten. Hummeln summten über dem großen Keramiktopf mit Lavendel.

Nadine wurde das Herz weit, als sie auf die Gipfel schaute, die noch weiß waren und verrieten, dass der Winter noch nicht allzu lange zurücklag.

Ihr Ziegenhof stand auf einer Anhöhe oberhalb von St. Christoph. Frühmorgens wagten sich häufig Rehe aus dem nahen Krähenwald heran. Fast jeden Tag waren Murmeltiere zu beobachten, die einander über die grüne Wiese jagten und fröhlich balgten.

Nadine hätte nirgendwo anders leben wollen.

Wieder einmal empfand sie eine bleierne Müdigkeit und setzte kurz entschlossen die Kaffeemaschine in Gang.

Benjamin sah ihr mit gefurchter Stirn zu.

„Kannst du nachher überhaupt schlafen, wenn du so spät noch Kaffee trinkst?“

Nadine bejahte matt. Schlaf war nicht das Problem. Sie war abends so erschöpft, dass sie manchmal schon beim Zähneputzen wegnickte. In letzter Zeit fiel es ihr immer schwerer, sich länger als bis zum Sonnenuntergang wach zu halten. Sie behalf sich mit literweise Kaffee, aber sie spürte, dass das keine Dauerlösung war.

„Heute habe ich ein Rezept für eine Tagescreme auf der Basis von Ziegenmilch ausprobiert“, erzählte sie und schob die unliebsamen Gedanken beiseite.

„Und wie ist sie gelungen?“ Benjamin war schon dabei, das Reisgericht auf zwei Steingut-Tellern zu verteilen und frische Petersilie darüberzustreuen.

„Sehr gut. Ich hab ein bisserl Rosenöl zugefügt, das macht einen wunderbaren Duft. Ich denke, die Creme wird ein Erfolg. Sie macht die Haut wunderbar zart.“

„Das klingt gut.“

„Ist es auch. Die Creme bekämpft sogar Falten.“

„Darum brauchst du dir aber keine Sorgen zu machen. Wenn du einmal alt bist, sollst du net jung aussehen, sondern glücklich.“ Benjamin nahm sie in die Arme und küsste sie.

Nadines Herz klopfte wild. Sie schlang die Arme um den Nacken ihres Verlobten und erwiderte seinen Kuss, während ein heißes Glücksgefühl durch ihren Körper sprudelte und sie ihre Beschwerden vergessen ließ.

Alles wird gut, dachte sie zuversichtlich, solange wir uns haben.

***

Die Sonne weckte Dr. Martin Burger am nächsten Morgen in aller Frühe.

Er blinzelte, erhaschte einen Sonnenstrahl und musste niesen. Prompt kam von der anderen Seite des Bettes ein missmutiges Schnaufen.

Sabine zog ihre Zudecke über die Ohren, und kurz darauf verrieten ihre regelmäßigen Atemzüge, dass sie wieder eingeschlafen war. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Seine liebe Frau war ihm die beste Kameradin, die er sich vorstellen konnte, nur ein Morgenmensch war sie nicht.

Der Bergdoktor war es gewohnt, zeitig aufzustehen. Nun, wo er einmal wach war, würde er auch nicht wieder einschlafen können, deshalb stand er auf und ging nach nebenan ins Badezimmer. Er duschte und putzte sich die Zähne. Als er wieder in das Schlafzimmer zurückkehrte, lugte von Sabine nur ein blonder Schopf unter der Zudecke hervor.

Leise zog er sich an und ging nach unten.

Am Fuß der Treppe sauste ihm Poldi entgegen und wedelte erwartungsvoll. Dem kleinen Dackel schien die frühe Stunde nichts auszumachen. Er machte einen kleinen Satz, als Martin Burger ihn mit einem gutmütigen „Guten Morgen“ kraulte.

Im übrigen Haus war es noch ruhig, lediglich aus der Küche drang bereits das Klappern von Geschirr und verriet, dass die Wirtschafterin schon auf den Beinen war. Er lenkte seine Schritte hinüber, und Poldi folgte ihm auf dem Fuße.

Zenzi stellte gerade ein Glas mit selbst gemachter Marillen-Konfitüre auf ein Tablett. Wie immer trug sie ein hübsches Dirndl mit einer blitzsauberen Schürze. Ihre grauen Haare waren am Hinterkopf aufgesteckt.

Seit über vierzig Jahren kümmerte Zenzi sich um die Familie im Doktorhaus und gehörte wie eine liebe Großmutter längst dazu.

„Guten Morgen, Doktor.“ Sie strahlte ihn an. „Schon so früh auf den Beinen? Magst du ein Haferl Kaffee?“

„Sehr gern.“ Mit einem Dankeschön nahm er den Becher von ihr entgegen. Das Getränk war heiß und weiß, wie er es mochte. „Hast du schon etwas von den Kindern gesehen?“

„Noch net. Die werden wie ihr Großvater noch schlafen. Der Pankraz hat gestern Abend wieder bis in die Nacht hinein Krimis angeschaut. Was er nur daran findet?“

„Er rät halt gern mit, wer der Täter ist, und meistens liegt er mit seinen Vermutungen auch goldrichtig.“

„Mir ist ein schöner Liebesfilm trotzdem lieber. Alleweil diese blutigen Sachen anzuschauen … Na, das ist nix für mich. Wenn ich etwas erraten will, nehme ich mir ein Kreuzworträtsel vor.“ Zenzi schnalzte missbilligend mit der Zunge.

Poldi flitzte zu ihr und wedelte erwartungsvoll.

„Frühstück gibt es erst, wenn du draußen warst, Poldi.“

„Ich werde gleich einmal eine Runde mit ihm rausgehen.“ Dr. Burger leerte seinen Becher und stellte ihn auf der Anrichte ab.

Als er in den Flur trat, hörte er aus der oberen Etage gedämpftes Kinderlachen, und sein Herz wurde weit. Nach einem schweren Schicksalsschlag hatte er nicht mehr an ein neues Glück geglaubt, bis er Sabine begegnet war. Inzwischen gehörten drei lebhafte Kinder zu ihrer Familie: Tessa, Filli und das Laura-Mauserl.

Die beiden Madeln und der Bub machten jeden Tag turbulent und waren aus seinem Leben nicht mehr wegzudenken. Seine Arbeit als Landarzt hielt ihn auf Trab, aber er achtete darauf, so viel Zeit wie möglich mit seiner Familie zu verbringen.

Poldi sauste an ihm vorbei und kam kurz darauf mit seiner Leine zwischen den Zähnen zurück. Der kleine Dackel wusste genau, was nun kam. Als die Haustür vor ihm aufschwang, flitzte er hinaus. Dr. Burger folgte ihm. Die Morgenluft war noch ein wenig kühl, aber herrlich klar.

Das Doktorhaus stand am Ende der Kirchgasse. Dahinter begann der Wald. Seine Praxis war im Anbau untergebracht. Die Sprechstunde begann erst in einer Stunde, ihm blieb also genug Zeit für einen Spaziergang und das Frühstück.

Martin Burger schlenderte mit seinem Dackel die Gasse hinauf, bog an der Kirche rechts ab und lief zu dem Marterl, das am Rand einer ausgedehnten Wiese stand. Der Mühlbach floss daran vorbei. Eine kleine Bank lud zum Verweilen ein.

Ein Fahrrad war hier abgestellt, und auf der Bank saß Nadine Lechner. Die junge Bäuerin war auffallend blass und strich sich zittrig mit einer Hand über die Stirn.

Dr. Burger kannte das Madel schon von klein auf. Als ihre Eltern mit dem Auto von der Lawine verschüttet worden waren, war er mit einem Einsatzteam am Unglücksort gewesen und hatte mitgeholfen, die Verschütteten zu bergen. Leider war für den Bauern und seine Frau alle Hilfe zu spät gekommen.

„Grüß Gott, Nadine.“ Er blieb stehen.

„Guten Morgen, Doktor Burger. Na, Poldi, dich hab ich ja lange net gesehen.“ Sie beugte sich vor und streichelte den Dackel, der sich das mit sichtlichem Behagen gefallen ließ.

„Wir drehen gern morgens eine Runde.“

„Ich normalerweise auch.“ Sie stockte und schüttelte leicht den Kopf. „Eigentlich wollte ich bis Mautz radeln, aber daraus wird heute wohl nichts mehr.“

„Warum denn net?“

„Ich fühle mich ziemlich matt.“

„Geht es dir net gut? Kann ich dir helfen?“