Der Bergpfarrer 326 – Heimatroman - Toni Waidacher - E-Book

Der Bergpfarrer 326 – Heimatroman E-Book

Toni Waidacher

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Beschreibung

Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 10 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Unter anderem gingen auch mehrere Spielfilme im ZDF mit Millionen Zuschauern daraus hervor. Sein größtes Lebenswerk ist die Romanserie, die er geschaffen hat. Seit Jahrzehnten entwickelt er die Romanfigur, die ihm ans Herz gewachsen ist, kontinuierlich weiter. "Der Bergpfarrer" wurde nicht von ungefähr in zwei erfolgreichen TV-Spielfilmen im ZDF zur Hauptsendezeit ausgestrahlt mit jeweils 6 Millionen erreichten Zuschauern. Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. In Spannungsreihen wie "Irrlicht" und "Gaslicht" erzählt er von überrealen Phänomenen, markiert er als Suchender Diesseits und Jenseits mit bewundernswerter Eleganz. Eine Woche war seit dem Gespräch, das der Bergpfarrer mit Nadine Sommerauer geführt hat, vergangen, als am Morgen, es wurde schon hell, jemand an der Tür des Pfarrhauses läutete. Sophie Tappert öffnete, und vor ihr stand Thorsten Sommerauer, Nadines Bruder. Er schaute ziemlich zerknirscht drein. »Guten Morgen, Frau Tappert«, grüßte er. »Ich weiß net, ob der Herr Pfarrer schon zu sprechen ist um diese frühe Tageszeit. Wenn net, dann bestellen S' ihm bitte, dass heut' meine Schwester den Hof verlässt. Sie hat mir's erst heut' Morgen eröffnet. Die Nadine hat eine Zusage von einem Landwirt in Bogen erhalten und kann dort sofort als Hauswirtschafterin anfangen.« »Hochwürden sitzt beim Frühstück«, erwiderte Sophie Tappert. »Aber diese Neuigkeit wird ihn sicherlich interessieren. Also komm rein, Thorsten.« Sie registrierte, dass er einen Arbeitsanzug unter der abgewetzten Winterjacke trug. »Du bist wohl auf dem Weg in den Wald?«, fragte sie. Thorsten nickte und folgte Sophie ins Haus, sie geleitete ihn zum Esszimmer und sagte, nachdem sie die Tür geöffnet hatte: »Ich will Sie net beim Frühstück stören, Hochwürden. Aber der Thorsten möcht' Ihnen was sagen.« »Sie stören mich net, Frau Tappert«, versetzte der Pfarrer.

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Der Bergpfarrer – 326 –

Philipps dunkles Geheimnis

Kann Nicole ihm wirklich vertrauen?

Toni Waidacher

Eine Woche war seit dem Gespräch, das der Bergpfarrer mit Nadine Sommerauer geführt hat, vergangen, als am Morgen, es wurde schon hell, jemand an der Tür des Pfarrhauses läutete.

Sophie Tappert öffnete, und vor ihr stand Thorsten Sommerauer, Nadines Bruder. Er schaute ziemlich zerknirscht drein. »Guten Morgen, Frau Tappert«, grüßte er. »Ich weiß net, ob der Herr Pfarrer schon zu sprechen ist um diese frühe Tageszeit. Wenn net, dann bestellen S’ ihm bitte, dass heut’ meine Schwester den Hof verlässt. Sie hat mir’s erst heut’ Morgen eröffnet. Die Nadine hat eine Zusage von einem Landwirt in Bogen erhalten und kann dort sofort als Hauswirtschafterin anfangen.«

»Hochwürden sitzt beim Frühstück«, erwiderte Sophie Tappert. »Aber diese Neuigkeit wird ihn sicherlich interessieren. Also komm rein, Thorsten.« Sie registrierte, dass er einen Arbeitsanzug unter der abgewetzten Winterjacke trug. »Du bist wohl auf dem Weg in den Wald?«, fragte sie.

Thorsten nickte und folgte Sophie ins Haus, sie geleitete ihn zum Esszimmer und sagte, nachdem sie die Tür geöffnet hatte: »Ich will Sie net beim Frühstück stören, Hochwürden. Aber der Thorsten möcht’ Ihnen was sagen.«

»Sie stören mich net, Frau Tappert«, versetzte der Pfarrer. »Ich bin eh schon gleich fertig. Komm herein, Thorsten, setz dich zu mir.«

Sophie gab die Tür frei und Thorsten betrat das Esszimmer. »Guten Morgen, Herr Pfarrer. Ich wollt’ wirklich net stören. Aber ich hab’ mir gedacht, dass Sie’s wissen sollten, dass die Nadine heut’ den Hof und damit auch St. Johann verlässt. Sie hat mich heut’ früh informiert, dass sie eine Zusage erhalten hat und sofort als Hauswirtschafterin zu arbeiten beginnen kann. Sie dürfen s’ mir glauben, Herr Pfarrer, ich war ganz schön vor den Kopf gestoßen.«

»Sie hat dich aber nie im Unklaren darüber gelassen, dass sie den Hof verlassen wird«, sagte Sebastian und wies auf einen Stuhl. »Und jetzt macht sie ernst. Setz dich. Willst du eine Tasse Kaffee?«

Thorsten ließ sich nieder. »Ein Tasserl Kaffee würd’ ich nehmen«, murmelte er. »Es ist richtig, sie hat mich net im Unklaren darüber gelassen, dass sie geht. Aber so Knall auf Fall …«

»Bringen S’ dem Thorsten doch bitte eine Tasse, Frau Tappert«, bat Sebastian und wandte sich, als Sophie zum Geschirrschrank ging, wieder dem Burschen zu. »Ich hab’ vor einer Woche, als du im Wald warst, mit deiner Schwester ein Gespräch geführt. Hat sie dir davon erzählt?«

»Nein. Haben S’ etwa versucht, sie umzustimmen?«

»Mit dieser Absicht bin ich zu ihr gegangen. Aber dann hat mir Nadine ihre wahren Beweggründe verraten, und ich hab’ nimmer versucht, sie umzustimmen.«

Ratlosigkeit und gespannte Erwartung prägten Thorstens Miene. »Ist die Annika etwa gar net der Grund?«

Sophie stellte eine Tasse vor Thorsten hin und schenkte ihm ein. »Milch und Zucker nimmst du dir«, sagte sie.

»Danke.«

»Im weiteren Sinne schon«, antwortete Sebastian. »Aber sie geht net, weil sie die Annika net leiden könnt’ oder weil sie fürchtet, dass sie sich ihr unterordnen müsst’, wenn sie als Bäuerin auf dem Hof einzieht. Nein, Thorsten. Die Nadine weiß selber am besten, wie sie ist. Und wenn sie tausendmal nix gegen die Annika hat, sie weiß, dass sie mit ihrer schroffen und kompromisslosen Art dafür sorgen könnt’, dass die Annika net glücklich wird. Und das würd’ sich früher oder später auch auf eure Beziehung auswirken. Das will Nadine unter allen Umständen vermeiden. Wortwörtlich hat sie gesagt, dass sie dich mag und deinem Glück net im Weg stehen möcht’. Sie wär’ wahrscheinlich der Nagel zum Sarg deines Glücks, wenn sie auf dem Hof bleibt. Darum geht sie lieber.«

Jetzt war es Betroffenheit, die sich in Thorstens Zügen ausdrückte. »Sie – sie hat nix gegen die Annika?«, stammelte er. »Aber ich hab’ gedacht …« Thorsten brach ab und griff sich an den Kopf. Es schien sein Begriffsvermögen zu übersteigen.

»Es geht ihr net darum, dass sie auf dem Hof nimmer das Sagen hätt’«, präzisierte Sebastian. »Ihre Sorge ist, dass sie euer Glück zerstören könnt’.«

Es wollte Thorsten noch immer nicht in den Kopf. »So selbstlos kenn’ ich sie doch gar net. Vielleicht möcht’ sie durch diese Großherzigkeit bei uns Mitleid erregen.«

Sebastian schüttelte entschieden den Kopf.

»Ich hätt’s erkannt, wenn ihre Worte net von Herzen gekommen wären, Thorsten. Deine Schwester geht um des lieben Friedens willen. Und ihre Entscheidung muss man akzeptieren. Hol du die Annika auf den Hof und werd mit ihr glücklich. Bewahr dir aber das gute Verhältnis zu Nadine. Sie ist ein herzensguter Mensch, sie kann halt net aus ihrer Haut. Ich mein’, sie trägt das Herz auf der Zunge, dass sie deswegen oftmals aneckt, ist ihr bewusst.«

»Ich kann die Nadine net einfach so gehen lassen, nach allem, was ich jetzt weiß«, stieß Thorsten hervor und nahm einen großen Schluck vom Kaffee. »Als sie’s mir heut’ früh gesagt hat, war ich erst mal schockiert, und dann stocksauer. Aber jetzt …«

»Du solltest net versuchen, sie zurückzuhalten«, mahnte Sebastian.

»Nein. Aber ich will sie zum Abschied in die Arme nehmen und sie drücken«, murmelte Thorsten. »Sie soll net das Gefühl haben, dass ich sie im Streit ziehen lass’.«

»Das ist sehr gut, Thorsten, tu das«, lächelte Sebastian. »Bestell der Nadine Grüße von mir und sag ihr, dass sie sich bei mir mal melden soll. Wohin geht sie denn?«

»Nach Bogen im Bayerischen Wald. Es ist ein Großbauer, bei dem sie anfängt.« Thorsten trank seinen Kaffee aus, bedankte sich und verabschiedete sich eilig. Er fuhr nicht in den Wald, sondern zurück nach Hause, um mit Nadine zu reden, bevor sie ging. In Frieden und Freundschaft! Er sah jetzt Nadines Handlungsweise mit völlig anderen Augen.

*

Es war derselbe Tag, gegen Mittag, als in den Hof des Moseranwesens ein Mercedes der B Klasse rollte.

Debby Pfisterer, die in der physiotherapeutischen Praxis von Tanja Moser und ihrer Mutter an der Rezeption saß, vermutete, dass es sich um einen neuen Kunden handelte. Darauf, dass das Fahrzeug eine Landshuter Zulassungsnummer trug, achtete sie nicht.

Ein Mann Mitte zwanzig stieg aus dem Fahrzeug. Er war mittelgroß, schlank und dunkelhaarig. Bekleidet war er mit einer Jeans sowie einer gefütterten Lederjacke mit Pelzkragen. Der Bursche schaute sich um, sein Blick richtete sich auf den Eingang der physiotherapeutischen Praxis, dann lenkte er seine Schritte darauf zu.

Wenig später betrat er den Empfangsraum mit der Rezeption, der zugleich Warteraum war. »Guten Tag«, grüßte er freundlich die hübsche blondhaarige Debby.

Nachdem sie seinen Gruß erwidert hatte, fragte sie: »Was kann ich für Sie tun?«

Der Besucher war dicht an die Rezeption herangetreten, grinste und sagte: »Mein Name ist Deininger – Philipp Deininger. Hier soll mein Onkel Jürgen wohnen. Den such’ ich.« Er sprach hochdeutsch, doch konnte er nicht verheimlichen, dass er aus Niederbayern kam.

Debby fragte überrascht: »Was, Sie sind ein Neffe des Herrn Deininger senior? Dann kommen S’ wohl direkt aus Landshut. Da wird sich ihr Onkel aber freuen.«

»Ist er überhaupt zu Hause?«

»Ich denk’ schon. Haben S’ den Rohbau hinter dem Wohnhaus gesehen? Da baut er für sich und seine zukünftige Frau ein neues Haus. Im Sommer dürft’s fertig sein. Eh’s so weit ist, will er die Katrin heiraten.«

»Sagen S’ bloß!«, zeigte sich Philipp Deininger ausgesprochen verblüfft. »Er hat eine Braut, und er möcht’ sie schon in ein paar Monaten ehelichen? Das haut mich ja aus den Socken.«

»Sie wissen wohl gar nix davon«, lächelte die redselige Debby. »Aber wenn ich richtig informiert bin, dann hat der Herr Deininger keinen Kontakt nach Landshut. Er soll im Streit aus dem Familienbetrieb ausgestiegen sein.«

»Was ihm mein Opa, mein Vater und ein anderer Onkel bis heut’ net verziehen haben«, brummte Philipp. Sein Gesicht hatte sich verfinstert. »Nun ja, dass der Onkel Jürgen mit den dreien net zurechtgekommen ist, wundert mich net. Können Sie feststellen, ob mein Onkel daheim ist?«

»Natürlich.« Debby griff zum Telefon und drückte eine Zahl. Gleich darauf sagte sie: »Grüaß Sie, Herr Deininger. Für Sie ist Besuch gekommen. Kann ich ihn hinüberschicken?« Sie hörte kurz zu, dann antwortete sie: »Sein Name ist Philipp Deininger, er sagt, er ist ihr Neffe.« Wieder lauschte sie, dann sagte sie: »Ich schick’ den jungen Mann hinüber.« Sie legte den Hörer weg. »Ihr Onkel ist drüben in der Wohnung und erwartet Sie. Das Wohnhaus finden S’ auf der anderen Hofseite.«

»Vielen Dank«, lächelte Philipp und verließ die Anmeldung.

Jürgen Deininger stand schon in der Tür des ausladenden Wohngebäudes und winkte. Ein breites Lachen ließ seine Zähne blitzen.

Mit ausholenden Schritten überquerte Philipp den Hof, erreichte Jürgen, umarmte ihn kurz aber herzlich und sagte: »Grüß dich, Onkel. Es ist einige Zeit her, dass wir uns zum letzten Mal gesehen haben. Du hast du auch nichts von dir hören lassen. Die Anne hat zwar einiges erzählt, auch die Geschichte, warum sie die Verlobung mit dem Paul gelöst hat. Seit sie aber keinen Kontakt mehr zu euch gehabt hat, haben wir auch nichts mehr erfahren.«

»Es stimmt, wir haben uns lang nicht gesehen und nichts voneinander gehört«, erwiderte Jürgen Deininger lächelnd. »Umso mehr freut es mich, dass du den Weg zu mir gefunden hast. Aber komm doch herein, wir haben uns sicher eine Menge zu erzählen.«

Gleich darauf nahm Philipp im Wohnzimmer Platz. »Kann ich dir was zu trinken anbieten?«, fragte Jürgen. »Kaffee oder Tee vielleicht, oder etwas Erfrischendes?«

»Ein Glas Wasser, Onkel.«

Jürgen brachte es, stellte es vor Philipp hin und ließ sich in einen der schweren Sessel fallen. »Was hat dich veranlasst, mich zu besuchen?«, fragte er.

Philipps Miene verdüsterte sich. »Es ist mir ähnlich ergangen wie dir, Onkel. Ich bin mit meinem Vater, dem Opa und dem Onkel Vinzenz nimmer klargekommen. Ihre Ansichten haben sich nicht mit den meinen gedeckt, respektive meine nicht mit den ihren.«

Jetzt war es an Jürgen, erstaunt zu sein.

»Du hast die Brauerei verlassen? Du hast deinen Dienst als Braumeister quittiert?«

»Ja. Und ich möcht’ auch Landshut den Rücken kehren. Allerdings hab’ ich keine rechte Ahnung gehabt, wohin ich mich wenden soll. Da hab’ ich an dich gedacht. Von der Anne weiß ich, dass du hier eine Brauerei gründest. Wie sieht’s aus, Onkel? Brauchst du keinen Braumeister? Ich würd’ zur Verfügung stehen.«

Nachdenklich betrachtete Jürgen das Gesicht seines Neffen.

Philipp schien unter diesem prüfenden Blick Unbehagen zu verspüren, sein Blick flackerte unruhig.

»Die Brauerei wird wahrscheinlich im Mai die Produktion aufnehmen«, sagte Jürgen. »Neben Paul könnte sie schon einen zweiten Braumeister vertragen. Ich leg’ allerdings Wert darauf, Leute einzustellen, die auch bleiben.«

Der junge Mann zog erstaunt die Brauen hoch. »Hast du bei mir Bedenken?«

»Meine Brüder und mein Vater werden nicht erfreut sein, wenn sie erfahren, dass du dich an mich gewandt hast. Vielleicht verträgst du dich bald wieder mit ihnen, und dann wirst du auch wieder dorthin zurückkehren wollen, wo dein bisheriger Lebensmittelpunkt war.«

Philipp schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass das der Fall sein wird. Es hat zwischen meinem Vater, dem Opa und mir ziemlich heftige Auseinandersetzungen gegeben. Sie haben mir ständig dreinzureden versucht. Nichts hab’ ich ihnen recht machen können.«

»Ich werde drüber nachdenken. Jetzt ruf’ ich erst mal den Paul an. Er wird sich freuen.«

»Wohnt er denn nicht hier?«

»Nein. Er hat eine eigene Wohnung. Dass er verheiratet ist, wirst du ja wissen. Jetzt erwartet die Steffi ein Kind …«

»Die Steffi ist seine Frau, wie?«

»Ja.«

»Kaum zu glauben, dass der Paul geheiratet hat und Vater wird«, sagte Philipp. »Er war doch immer ein rechter Luftikus, der nichts so richtig ernst genommen hat.«

»Paul hat sich absolut zu seinem Vorteil verändert«, erklärte Jürgen. »Er hat gelernt, Verantwortung zu tragen. Die Leichtfertigkeit, mit der er früher durchs Leben gegangen ist, hat er vollkommen abgelegt.«

»Das hört man gern«, sagte Philipp und trank einen Schluck Wasser.

»Ich ruf’ jetzt den Paul an. Er kommt bestimmt gleich vorbei, wenn er hört, dass du hier bist.«

Gesagt, getan. Tatsächlich fuhr Paul zehn Minuten später auf den Hof des Anwesens und betrat gleich darauf das Wohnzimmer. Philipp hatte sich erhoben.

Paul umarmte ihn lachend, klopfte ihm auf die Schulter und sagte: »Wie geht’s dir, Philipp? Was werden dein Vater, dein Onkel und der Opa sagen, wenn sie hören, dass du uns besuchst. Wir gelten doch als die schwarzen Schafe des Deininger-Clans.«

»Dazu gehöre ich jetzt auch«, erklärte Philipp. Sie setzten sich, und er erzählte vom Streit mit seiner Familie, dass er seine Zelte in Landshut abgebrochen habe und in der Hoffnung nach St. Johann gekommen war, bei ihnen einen Job als Braumeister zu bekommen.

»Darüber kann man sicher nachdenken«, sagte Paul Deininger. »Hast du schon eine Unterkunft?«

»Er kann hier im Gästezimmer wohnen«, warf Jürgen ein. »Ich schätze mal, dass die Tanja nichts dagegen haben wird. Was den Braumeisterjob betrifft, werde ich darüber nachdenken.«

»Du bist nicht begeistert von der Vorstellung, dass ich für dich arbeite, stimmt’s?«, sagte Philipp.

»Ich will den Zwist in unserer Familie nicht noch vertiefen«, rechtfertigte sich Jürgen. »Mein Vater und meine Brüder werden ganz sicher net erbaut sein, wenn ihnen zu Ohren kommt, dass ich dich eingestellt habe. Wir sind zwar nicht im Guten auseinandergegangen, und ich bin immer noch der Meinung, dass ich das Recht auf meiner Seite hatte, aber ich will nicht, dass die Kluft zwischen uns noch mehr aufreißt und gänzlich unüberbrückbar wird.«

»Ich versteh’ das, Onkel. Dass ich hier wohnen kann, freut mich natürlich. Denk in aller Ruhe darüber nach und lasse mich zu gegebener Zeit deine Entscheidung wissen. Ich werde sie – egal wie sie ausfällt –, akzeptieren.«

»Du kannst versichert sein, dass ich alles in Erwägung ziehe, was für eine Einstellung spricht, Philipp. Ich lass’ dich nicht im Regen stehen.«

»Danke, Onkel.«

»Keine Ursache. Jetzt ruf’ ich die Tanja an und frag’ sie wegen des Fremdenzimmers. Du musst wissen, es ist ihr Haus, und ich bin hier auch nur Gast. Die Tanja ist die Tochter meiner Verlobten, der Katrin.«

Tanja hatte nichts dagegen einzuwenden. Und so bezog Philipp noch in derselben Stunde das Fremdenzimmer auf dem Moseranwesen. Er erklärte, dass er sich frisch machen und ein wenig ausruhen wolle und ließ Paul und Jürgen allein.

Paul wandte sich an seinen Vater. »Nimmst du ihm die Geschichte mit dem Streit ab?«

»Ich weiß nicht.«

»Vielleicht haben ihn der Opa und deine Brüder geschickt, um uns auszuspionieren. Sie wissen schließlich, dass wir hier eine Brauerei betreiben wollen, und das kann ihre Neugier geweckt haben. Du wolltest doch damals schon verschiedene Bier-Cocktails kreieren, und wegen deiner Ideen hat ja schließlich auch der ganze Streit begonnen. Es könnte sich um eine Art Betriebspionage handeln.«

»Das wäre ja ziemlich niederträchtig. Glaubst du, dass der Philipp so ein schäbiges Spiel mitmachen würde?«