Liebe, die wie Feuer brennt - Toni Waidacher - E-Book

Liebe, die wie Feuer brennt E-Book

Toni Waidacher

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Beschreibung

Mit dem Bergpfarrer Sebastian Trenker hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Sein größtes Lebenswerk ist die Romanserie, die er geschaffen hat. Seit Jahrzehnten entwickelt er die Romanfigur, die ihm ans Herz gewachsen ist, kontinuierlich weiter. "Der Bergpfarrer" wurde nicht von ungefähr in zwei erfolgreichen TV-Spielfilmen im ZDF zur Hauptsendezeit ausgestrahlt mit jeweils 6 Millionen erreichten Zuschauern. Wundervolle, Familienromane die die Herzen aller höherschlagen lassen. Joachim Krüger schaute gutgelaunt aus dem Fenster, während er die kurvige Bergstraße hinauffuhr. Der achtundzwanzigjährige Rechts­anwalt, der in Celle, der alten Fachwerkstadt in Norddeutschland, eine eigene Kanzlei besaß, hatte allen Grund, gute Laune zu haben. Schließlich war er auf der Fahrt in die Ferien. Einen Urlaub, den er sich redlich verdient hatte. Es war schon über vier Jahre her, daß Achim, wie er von seinen Freunden genannt wurde, sich wirklich Zeit genommen hatte, einmal vierzehn Tage auszuspannen, die Seele baumeln zu lassen und, vor allem, nichts von der Juristerei zu hören. Der gutaussehende Junggeselle mit den dunklen kurzen Haaren und dem markant geschnittenen Gesicht, ging ganz in seinem Beruf auf. Selten mal, daß man ihn auf Gesellschaften erblickte, meistens arbeitete er sogar am Wochenende in seiner Villa, die im Celler Stadtteil Boye stand, weiter. Eine ruhige angenehme Wohngegend, in der auch Karsten Reimann seine Praxis hatte, ein angesehener Arzt, mit dem Achim eine jahrelange Freundschaft verband. Karsten hatte den Freund angesprochen, als ihm, während einer der seltenen Gelegenheiten, bei denen sie zusammen Tennis gespielt hatten, auffiel, daß der Anwalt offenbar Probleme mit seiner Kondition hatte. Es war an einem Samstag-nachmittag, und da der Arzt ohnehin wußte, daß Achim an den Werktagen keine Zeit haben würde, hatte er ihn aufgefordert, am Sonntag in die Praxis zu kommen. »Himmel, du bist noch keine Dreißig«, sagte Karsten Reimann, als Achim zunächst ablehnen wollte. »Und kommst schon aus der Puste, wenn du hier auf dem Platz nur ein paar Bällen hinterherläufst! Mensch, das ist kein Spaß. Heutzutage haben schon Teenager Krankheiten, von denen sie nix ahnen. Und du in deinem Beruf, in dem du mehr hinter deinem Schreibtisch hockst, als es gut ist – wann hast du dich das letzte Mal untersuchen lassen? Warte mal, wahrscheinlich müßte ich erst in den Unterlagen nachsehen. Aber ich wette, daß es mindestens vier Jahre her ist.« Sie hatten das Tennismatch abgebrochen und erfrischten sich bei einem Glas Mineralwasser. Achim saß dabei auf seinem Stuhl und rang immer noch nach Luft, während der Arzt aussah, als könne er noch locker zwei weitere Spiele machen.

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Der Bergpfarrer Extra – 57 –

Liebe, die wie Feuer brennt

Doch die Brauteltern haben andere Pläne

Toni Waidacher

Joachim Krüger schaute gutgelaunt aus dem Fenster, während er die kurvige Bergstraße hinauffuhr. Der achtundzwanzigjährige Rechts­anwalt, der in Celle, der alten Fachwerkstadt in Norddeutschland, eine eigene Kanzlei besaß, hatte allen Grund, gute Laune zu haben. Schließlich war er auf der Fahrt in die Ferien. Einen Urlaub, den er sich redlich verdient hatte.

Es war schon über vier Jahre her, daß Achim, wie er von seinen Freunden genannt wurde, sich wirklich Zeit genommen hatte, einmal vierzehn Tage auszuspannen, die Seele baumeln zu lassen und, vor allem, nichts von der Juristerei zu hören. Der gutaussehende Junggeselle mit den dunklen kurzen Haaren und dem markant geschnittenen Gesicht, ging ganz in seinem Beruf auf. Selten mal, daß man ihn auf Gesellschaften erblickte, meistens arbeitete er sogar am Wochenende in seiner Villa, die im Celler Stadtteil Boye stand, weiter. Eine ruhige angenehme Wohngegend, in der auch Karsten Reimann seine Praxis hatte, ein angesehener Arzt, mit dem Achim eine jahrelange Freundschaft verband.

Karsten hatte den Freund angesprochen, als ihm, während einer der seltenen Gelegenheiten, bei denen sie zusammen Tennis gespielt hatten, auffiel, daß der Anwalt offenbar Probleme mit seiner Kondition hatte. Es war an einem Samstag-nachmittag, und da der Arzt ohnehin wußte, daß Achim an den Werktagen keine Zeit haben würde, hatte er ihn aufgefordert, am Sonntag in die Praxis zu kommen.

»Himmel, du bist noch keine Dreißig«, sagte Karsten Reimann, als Achim zunächst ablehnen wollte. »Und kommst schon aus der Puste, wenn du hier auf dem Platz nur ein paar Bällen hinterherläufst! Mensch, das ist kein Spaß. Heutzutage haben schon Teenager Krankheiten, von denen sie nix ahnen. Und du in deinem Beruf, in dem du mehr hinter deinem Schreibtisch hockst, als es gut ist – wann hast du dich das letzte Mal untersuchen lassen? Warte mal, wahrscheinlich müßte ich erst in den Unterlagen nachsehen. Aber ich wette, daß es mindestens vier Jahre her ist.«

Sie hatten das Tennismatch abgebrochen und erfrischten sich bei einem Glas Mineralwasser. Achim saß dabei auf seinem Stuhl und rang immer noch nach Luft, während der Arzt aussah, als könne er noch locker zwei weitere Spiele machen. Der Anwalt wußte, daß der Freund die vorgeschlagene Wette gewinnen würde, dennoch versuchte er die Angelegenheit herunterzuspielen.

»Keine Ausrede«, beschied Karsten ihm jedoch. »Ich erwarte dich morgen vormittag, und anschließend bleibst du zum Essen. Karin kocht uns was Schönes.«

Eher lustlos war er der Aufforderung dann doch nachgekommen, und das Ergebnis der Untersuchung war alarmierend.

»Du brauchst unbedingt Urlaub«, sagte der Arzt bestimmt. »Den ich dir hiermit auch verordne. Wann hast du eigentlich das letzte Mal ausgespannt?«

Der Anwalt zuckte die Schultern.

»Keine Ahnung. Vor ein, zwei Jahren«, meinte er.

»Ich kann es dir genau sagen«, erwiederte Karsten. »Es war vor vier Jahren, kurz bevor du deine Praxis eröffnet hat.«

»Trotzdem«, schüttelte Achim den Kopf. »Ich kann nicht von heut’ auf morgen alles stehen und liegen lassen und einfach wegfahren. Übermorgen beginnt der Prozeß in Lüneburg, damit werde ich für den Rest des Monats beschäftigt sein. Es sind mehrere Verhandlungstage angesetzt. Ich überlege schon, ob ich mir für die Zeit ein Zimmer in der Stadt nehme, damit ich nicht abends noch zurückfahren muß.«

»Das ist eine sehr gute Idee«, strahlte Karsten. »Ich sehe, daß bei dir Hopfen und Malz doch noch nicht ganz verloren ist.«

Er schob den Anwalt aus dem Sprechzimmer und ging mit ihm in den privaten Teil des Hauses. Auf der großen Terrasse war der Tisch für drei Personen gedeckt. Karin Reimann, Ehefrau und Ärztin, hörte die beiden Männer durch den Flur gehen.

»Das Essen ist gleich soweit«, rief sie aus der Küche.

»Prima, Schatz«, antwortete Karsten und öffnete die Weinflasche, die auf einem Beistelltisch stand.

Er kostete und nickte zufrieden.

»Das mit dem Zimmer finde ich wirklich gut«, meinte er, während er einschenkte. »Nach einem anstrengenden Tag im Gerichtssaal, ist es alles andere als ratsam, noch knapp hundert Kilometer mit dem Auto zu fahren. Jedenfalls, wenn sich das über einen längeren Zeitraum hinziehen würde, wie in diesem Fall.«

Sie setzten sich und warteten auf die kulinarischen Genüsse, die Karin Reimann ihnen vorsetzen würde.

»Allerdings muß ich dich dringend bitten, meinen Rat nicht in den Wind zu schlagen«, fuhr Karsten fort. »Dein Erschöpfungszustand ist physisch bedingt. Das heißt, du brauchst ganz dringend eine Auszeit. Vierzehn Tage sind das mindeste!

Was denkst du, wie lange wirst du mit diesem Prozeß zu tun haben?«

Achim Krüger machte ein nachdenkliches Gesicht.

»Also, wenn alles klargeht, ungefähr zwei Wochen«, erwiderte er. »Mein Mandant ist im Großen und Ganzen geständig. Was das Verfahren so langwierig macht, sind die Zeugen, die die Staatsanwaltschaft aufmarschieren läßt.«

Der Anwalt vertrat einen mehrfach vorbestraften Bankräuber, der bei seiner letzten Tat zwei Angestellte einer Sparkassenfiliale als Geiseln genommen hatte. Nur dem besonnenen Handeln der Polizei war es zu verdanken, daß seinerzeit die Sache einigermaßen glimpflich verlaufen war.

»Okay«, nickte Karsten, »dann werde ich für dich ein nettes Reiseziel aussuchen. Mir schwebt da auch schon etwas vor. Im letzten Jahr waren Karin und ich zu einem Ärztekongreß in München. An-schließend haben wir noch einen kleinen Urlaub drangehängt und dabei einen hübschen kleinen Ort in den Alpen entdeckt; St. Johann heißt er. Wir haben ein paar Tage, außerhalb des Dorfes, auf einem Reiterhof gewohnt. Das wäre die ideale Unterkunft für dich. Du reitest doch auch gerne.«

»Ja, nur leider viel zu selten«, stimmte Achim zu.

»Siehst du, und da kannst du nach Herzenslust über die Wiesen galoppieren«, trumpfte der Arzt auf. »Jetzt sag’ bloß noch, das wäre kein Grund, der Juristerei für ein paar Wochen zu entsagen.«

»Schon, aber…«, sagte der Anwalt.

»Nix aber«, schüttelte der Arzt den Kopf. »Das ist beschlossen und damit basta! Und glaube nur nicht, daß ich mich völlig uneigennützig engagiere. Ganz im Gegenteil, dahinter stehen handfeste, egoistische Gründe. Schließlich wollen Karin und ich unseren besten Freund und Trauzeugen noch viele Jahre um uns wissen.«

Achim Krüger lächelte.

Es war schon ein tolles Gefühl, solche Freunde zu haben, die ihn auch spüren ließen, daß er Teil ihrer Familie war.

Er selbst war ohne Familie, seit seine Eltern vor Jahren bei einem Verkehrsunfall ums Leben kamen. Zwar gab es ein paar entfernte Verwandte, doch zu ihnen bestand kein Kontakt.

»Also schön«, willigte er schließlich ein. »Ich hab’ ja eh’ keine Chance, wenn mein Arzt sich mal was in den Kopf gesetzt hat.«

»Und ich unterstütze ihn auch noch, wenn es um deine Gesundheit geht«, sagte Karin Reimann, die gerade auf die Terrasse trat und eine Suppenterrine auf den Tisch stellte.

*

Damit der Freund auch ja nicht auf die Idee kam, mit dem Auto quer durch Deutschland zu fahren, hatte Karsten Reimann für Achim ein Schlafwagenabteil gebucht.

»In München steht dann ein Leihwagen bereit«, sagte er, als der Anwalt wieder zu Besuch war, um die Einzelheiten zu besprechen. »Von dort aus kannst du dann meinetwegen selber fahren. Es ist eine sehr schöne Strecke, wenn du erst einmal von der Autobahn runter bist. Aber dein Schlitten bleibt in der Garage! Im Ferienhotel ›Reiterhof‹ ist ein Zimmer reserviert, und ein Pferd kannst du dir vor Ort aussuchen, das dir dann die ganzen vierzehn Tage zur Verfügung steht.«

Spätabends hatten Karin und Karsten ihn zur Bahn gebracht. In Hannover stieg Achim in den ICE und erreichte am nächsten Morgen, ausgeschlafen und unternehmungslustig, die bayerische Landeshauptstadt.

Als er jetzt über die Bergstraße fuhr, mußte er dem Freund recht geben. Es war eine wirklich einmalig schöne Landschaft, die er sah. Grüne Hänge, mit Kühen darauf, imposante Gipfel und gemütlich wirkende Bauernhöfe. Achim atmete tief durch und fühlte sich, zum ersten Mal seit langer Zeit, wieder richtig wohl.

Der Prozeß in Lüneburg lag hinter ihm. Er hatte für seinen Mandanten das Bestmögliche herausgeholt, wenngleich der Verurteilte auch um eine Haftstrafe natürlich nicht herumkam. Immerhin blieb ihm die Möglichkeit, während seines Gefängnisaufenthaltes eine Weiterbildung zu machen, vorausgesetzt, daß er sich gut führte, und so etwas für seine Resozialisierung zu tun.

Achim fuhr an den rechten Straßenrand und hielt an. Er wollte einen Moment aussteigen und die Landschaft auf sich wirken lassen. Von hier aus hatte er einen herrlichen Blick auf den Ort, der in einer Talsenke lag. St. Johann war, nach Karstens Worten, ein beschauliches Dorf, in dem man den Eindruck hatte, die Zeit sei stehengeblieben. Es gab kaum moderne Bauten, nur ein kleines Einkaufszentrum war vor einigen Jahren errichtet worden.

Nun denn, dachte er, während er wieder einstieg und den Motor startete, laß ich mich mal überraschen.

Um zum Reiterhof zu kommen, mußte er St. Johann umfahren. Der ehemalige Bauernhof der Familie Vilsharder lag auf der anderen Seite des Wachnertales, am Fuße eines Berges, der Kogler hieß, wie Karsten ihm erzählt hatte.

Achim war gerade ein paar Kilometer gefahren, als er ein Auto am Straßenrand stehen sah, daneben eine recht ratlos dreinschauende junge Frau. An ihrem Wagen leuchtete die Warnblinkanlage, die Motorhaube war geöffnet.

Der Anwalt setzte sein Auto davor an den Straßenrand und stieg aus.

»Guten Morgen«, grüßte er und deutete auf den Wagen. »Was hat er denn?«

»Wenn ich das nur wüßte«, erwiderte die Frau, die ausnehmend hübsch aussah, wie Achim feststellte.

Sie trug eine enge Jeans, Stiefeletten und eine kurze Bluse. Die blonden Haare waren mit einem Tuch über der Stirn zusammengebunden.

»Plötzlich wurde er immer langsamer und ist schließlich ganz stehengeblieben.«

»Wenn Sie wollen, sehe ich es mir mal an«, meinte er und beugte sich über den Motorraum.

Den Fehler zu finden bereitete einige Mühe. Aber es sah ganz so aus, als wenn Vergaser und Luftfilter völlig verdreckt waren.

»Ich fürchte, der muß in die Werkstatt«, sagte Achim bedauernd, als er wieder aufgetaucht war.

Er wischte sich die Hände an einem Taschentuch ab.

»Haben Sie es denn noch weit?«

»Das weiß ich gar nicht genau«, antwortete sie. »Ich bin auf der Fahrt zum Ferienhotel ›Reiterhof‹. Ich will dort Urlaub machen.«

»Na, so ein Zufall«, lachte der Anwalt. »Genau da will ich auch hin.«

»Wirklich?«

Er nickte.

»Joachim Krüger«, stellte er sich vor. »Wissen Sie was? Wir laden Ihr Gepäck in meinen Wagen um und fahren zusammen. Wenn wir angekommen sind, rufen Sie eine Werkstatt an, damit man sich um Ihr Auto kümmert. Was halten sie von meinem Vorschlag?«

»Einverstanden«, lächelte sie. »Ich heiß übrigens Birgit Steinmüller. Freut mich, daß es heutzutage noch solche Kavaliere der Landstraße gibt.«

Sie reichten sich die Hände, und Achim merkte, wie die junge Frau ihn auf seltsame Art ansprach. Der gutaussehende Anwalt, der schnell Mittelpunkt jeder Party war – vorausgesetzt er ließ sich auf einer blicken – hatte natürlich diese oder jene Beziehung gehabt. Allerdings war nie eine Frau darunter gewesen, die eine Saite so in ihm angeschlagen hatte, wie es dieser hübschen, jungen Autofahrerin gelungen war. Die Aussicht, die Ferienwochen mit ihr zu verbringen, steigerte seine gute Stimmung noch mehr.

Ihre zwei Reisetaschen waren schnell umgeladen, dann saßen sie nebeneinander und fuhren ihrem gemeinsamen Ziel entgegen.

Birgit stammte aus Frankfurt, wo sie bei einer großen Bank als Finanz- und Anlageberaterin arbeitete, wie sie unterwegs erzählte. Achim war ganz verzaubert und lauschte ihrer wohlklingenden Stimme. Ihr Beruf brachte es mit sich, daß nicht viel freie Zeit für sportliche Aktivitäten blieb, allerdings war sie eine begeisterte Reiterin und machte seit ein paar Jahren regelmäßig Urlaub an Orten, wo sie ihrer Leidenschaft frönen konnte. Sehr oft sogar in der Lüneburger Heide, wie sie berichtete.

Schade, daß wir uns da nie begegnet sind, dachte der Anwalt, der in Winsen an der Aller, immer wieder mal auf einem Reiterhof ein Pferd auslieh. Gerne hätte er ein eigenes gehabt, und finanziell wäre es wohl auch kein Problem gewesen. Indes, es fehlte ihm die Zeit, dieses aufwendige Hobby mit der nötigen Sorgfalt zu betreiben. Ein eigenes Pferd erforderte noch mehr Zuwendung, als eines, das man lediglich für ein paar Stunden ausgeliehen hatte.

»Bei mir ist es nicht viel anders«, meinte Birgit Steinmüller. »Kaum hat das Wochenende begonnen, ist es auch schon wieder vorüber, und man hat sich gar nicht richtig erholen können, weil man wieder mal mit den Gedanken bei der Arbeit war oder sich sogar welche mit nach Hause genommen hat.«

»So, wie es aussieht, sind wir beide echte Arbeitstiere«, sagte Achim. »Als Rechtsanwalt sitze ich meistens auch zu Hause noch über Prozeßakten. Es stimmt schon, Freizeit und Erholung kommen immer zu kurz.«

Ein Hinweisschild zeigte ihnen an der Abzweigung, welche Richtung sie fahren mußten. Nach zehn Minuten sahen sie den Hof vor sich liegen.

»Na dann, der Urlaub kann beginnen«, rief Achim übermütig.

Birgit lächelte ihn von der Seite her an.

Daß dieser gutaussehende Mann, der äußerst charmant war, sich als ihr rettender Engel erwiesen hatte, freute sie außerordentlich. Achim Krüger hatte ihr auf Anhieb gefallen, und jetzt freute sie sich noch mal so sehr auf ihren Urlaub, den sie unter so unguten Vorzeichen angetreten hatte…

*

Hanni Stranninger schob ihren Kopf um die Ecke des Eingangsbereichs und blickte schuldbewußt zu dem Auto auf dem Parkplatz der Raststätte.

Ihr Vater hupte ungeduldig, und die niedliche Studentin der Germanistik konnte sich richtig vorstellen, wie zerknautscht die Miene von Walter Stranninger aussah. Natürlich dauerte es ihm viel zu lange, bis die Tochter endlich wieder eingestiegen war und sie weiterfahren konnten.

»Was ist denn los?« hatte er unwirsch gefragt, als Hanni ihn bat, die nächste Raststätte anzufahren. »Menschenskind, wenn du alle paar Kilometer auf die Toilette mußt, dauert’s noch bis zum Abend, bis wir endlich angekommen sind.«

Natürlich mußte sich auch ihre Mutter in die Diskussion einmischen.

»Ich sag’s ja immer, du sollst dich wärmer anziehen, Kind«, sagte sie tadelnd. »Kein Wunder, daß du krank wirst, so wie du immer rumläufst!«

Damit war der recht kurze Rock gemeint, den Hanni trug. Allerdings stand er ihr wirklich ausgezeichnet und war überhaupt nicht der Grund, weshalb sie wollte, daß der Vater eine Pause einlegte.

Der wahre Grund stand neben ihr, hielt sie umarmt und küßte sie leidenschaftlich.

»Jörg, ich muß los«, sagte Hanni bittend. »Vater wird schon ganz ungeduldig.«

»Ach, Spatzel, ich halt’s einfach net ohne dich aus«, antwortete der Bursche und drückte sie ganz fest an sich. »Wenn wir bloß schon da wären.«

Die Studentin gab ihm einen Kuß.

»Wenn wir so weitermachen und uns an jeder Raststätte heimlich treffen, wird’s noch ewig dauern«, kicherte sie.

Gleich darauf wurde ihre Miene wieder ernst.

»Hoffentlich geht alles gut, Jörg. Ich hab’ richtig Angst, daß herauskommen könnt’, was wir uns da ausgedacht haben.«

»Keine Sorge«, beruhigte er sie. »Ich hab’ ein Zimmer auf dem Bauernhof, und ihr wohnt in diesem Ferienhotel. Was soll schon passier’n, wenn wir uns heimlich treffen? Zu Haus’ klappt’s doch auch.«

Hanni verzog den Mund.

»Zu Haus’. Passau ist groß, und trotzdem hab’ ich Angst, daß wir durch einen dummen Zufall mal erwischt werden, und alles herauskommt.«

Sie lehnte sich seufzend gegen ihn, während auf dem Parkplatz ihr Vater wieder laut hupte.