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Selma J. Spieweg

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Beschreibung

Wer bist du, wenn du kein Held mehr sein kannst? Wohin fliehst du, wenn deine Schuldgefühle dich einholen? 

Alexej wollte nie etwas anderes als ein guter Mensch sein, die Schwachen beschützen. Doch durch eine unbeherrschte Tat verlor er alles: seine Zukunft, seine Heimat … und seinen Seelenfrieden. Nun ist er ein Deserteur, ein ehemaliger Polizist einer russischen Sondereinheit, ein Ausländer in Deutschland ohne Aufenthaltserlaubnis und … ein Mörder.

Einsam und auf der Flucht, muss er sich seinem Opfer stellen.

Kurzgeschichte zur emotionalen und mitreißenden Krimiserie Deserteur Alexej. Tiefgründig und unterhaltend kommt sie ohne Splatter- oder blutige Schockeffekte aus, denn die wahre Hölle liegt in dir oder nirgends.

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Veröffentlichungsjahr: 2016

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Selma J. Spieweg

Der Besucher

(Deserteur Alexej-Kurzgeschichte)

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Titelei

 Der Besucher

Deserteur Alexej-Kurzgeschichte

 

 

Selma J. Spieweg

Der Besucher

Der Besucher

 

Nur das Knacken eines einzelnen Zweiges verriet, dass jemand an meinen Lagerplatz getreten war. Keine Schritte, kein raschelndes Laub hatten meinen Besucher angekündigt. Ich sah nicht auf, ich wusste auch so, wer es war: Der letzte Mensch, den ich sehen wollte, und ich hatte erwartet, ihm ginge es genauso. Unser letztes Zusammentreffen endete … nun ja … nicht gerade einvernehmlich.

Vor mir auf dem Waldboden stand mein Campingkocher. Eine frisch geöffnete Dose Bohnen wärmte über kleiner Flamme auf. Mit dem Gas musste ich sparsam umgehen, es war die letzte Kartusche. Ich fror. Der Nebel, der sich seit Wochen nicht lichtete, fraß sich mit seiner Feuchtigkeit durch die Kleidung. Alles war kalt und klamm. Nicht nur das Wetter, nicht nur die Welt, in der ich lebte, auch meine Gedanken und all meine Empfindungen. Grau und trüb. Trostlos. Diese Bohnen waren die einzige Farbe, der einzige Lichtblick. Seltsam, wie viel Trost man aus einer lauwarmen Mahlzeit ziehen konnte. War ich früher, als ich noch ein Leben hatte, auch so dankbar für solche Kleinigkeiten gewesen?

Mein Besucher stand regungslos vor mir und starrte mich an. Unauffällig hob ich den Blick, sah seine Schuhe und Hosenbeine. Sie waren nass und stanken nach brackigem Wasser, so als säße er noch immer in dem verlassenen Bunker fest. Die Begegnung damals hatte alles geändert, alles zerstört, was wir beide an Zukunft oder Hoffnung jemals besessen hatten.

Manchmal drangen … Gäste … zu mir durch. Sie tauchten entweder in meinen Verstecken auf, standen vor mir, so wie mein neuester Besucher, blieben meistens aber unsichtbar – eine Stimme aus der Nacht oder aus dem Wald. Sie kamen, um mir zu sagen, was für ein schlechter Mensch ich sei. Ein Versager, ein Arschloch, ein Dreckskerl und Verräter.

Er war noch nie aufgetaucht und ich wunderte mich, dass er es wagte, hier zu erscheinen, dass er den Mumm hatte, mir unter die Augen zu treten, nach dem, was er getan hatte – nach dem, was ich getan hatte.

„Was willst du?“, fragte ich.

Mir brach die Stimme weg. Ich schob es darauf, dass es die ersten Worte seit Langem waren, die ich sprach. Warum verschwand er nicht einfach dahin, wo er hergekommen war? Von mir aus, nachdem er seinen Spruch aufgesagt hatte. Er konnte mir nichts vorwerfen, dessen ich mich nicht schon selbst beschuldigt hatte.

„Alexej.“

Ich wartete darauf, dass dem irgendetwas folgte, doch es kam nichts. Es gab nur eine Sache, die ich von ihm hören wollte, aber die hat er nicht einmal über die Lippen gebracht, als es um Leben oder Tod gegangen war. Warum sollte er es also jetzt tun, wo dieser Anreiz nicht mehr bestand?

„Verzieh dich“, sagte ich. „Kriech zurück in das Loch, aus dem du gekommen bist und verrotte dort.“

Er rührte sich nicht vom Fleck und schließlich schaute ich auf und blickte in seine verhasste Fratze. Er sah genauso schlimm aus wie bei unserer letzten Zusammenkunft, aber alles andere wäre auch seltsam gewesen. Schließlich musste er wirklich aus einem Loch gekrochen sein. Aus einem tiefen Loch. Zwei Meter unter dem Waldboden.

Sein aschfahles, aufgedunsenes Gesicht bebte vor Angst. Gefangen in einem Albtraum.

Da geht es dir wie mir, dachte ich ohne Genugtuung, auch ich kann dem, was ich getan habe, nicht entkommen.