Der Bürogeist - Amalia Ahrens - E-Book

Der Bürogeist E-Book

Amalia Ahrens

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Beschreibung

Darja arbeitet in einer Arbeitskabine eines Großraumbüros als Kundensachbearbeiterin. Ihre Mitarbeiterinnen gehen kurz nach Darjas täglichem Arbeitsbeginn am Nachmittag bereits in den Feierabend. Die allseits gefürchtete Kollegin Marina findet jedoch trotzdem stets bissige Begrüßungsworte für sie, die jedes Mal Darjas unerklärlichen Grusel vor dem Job und dem großen, verlassenen Büroraum verstärken. Bald schon geschehen merkwürdige Phänomene in den späten Abendstunden im einsamen Großraumbüro: ein lauter Knall am Fenster, zerspringendes Glas, Totenköpfe auf dem Bildschirm, ein flatterndes Blatt an der Pinnwand und eine unüberhörbare Warnung, die Darja nach Hause zu schicken versucht. Darja ist sich sicher: Entweder dreht sie langsam durch oder es gibt tatsächlich einen Geist, der sich an ihr rächen will. Und sie ahnt auch schon, wer das ist...

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Seitenzahl: 87

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Das Geisterly.com-Team erzählt Geschichten von wahren paranormalen Erlebnissen, die ihm berichtet werden. Manche enthalten einige tatsächlich so geschehene Vorgänge, andere basieren fast vollkommen auf ihnen.

Diese Erzählung gehört zur zweiten Kategorie. Natürlich sind die Orte und Personen im Rahmen der schriftstellerischen Freiheit so verändert worden, dass ein Bezug zu den tatsächlichen Geschehnissen, Personen und Orten nicht mehr nachvollziehbar ist.

Wir wünschen viel Spaß bei dieser wahren Geschichte.

Das Geisterly.com-Team

Darjas Magengrube krampfte sich jedes Mal zusammen, wenn sie die sterilen Marmorstufen zu ihrem Platz im Großraumbüro heraufstieg.

Ihre Haare richteten sich spürbar auf, als würde sie gleich einem übermächtigen Feind begegnen oder hätte gerade einen Stromschlag bekommen. Die Arbeitsstelle, die sie vor etwas mehr als einem halben Jahr angetreten hatte, war ihr nicht geheuer.

Es lag definitiv nicht an ihrem Chef, dem verständnisvollen Abteilungsleiter, und auch nicht an der Arbeit. Hier hatte sie die Möglichkeit, dann mit ihrer Arbeit zu beginnen, wenn ihr Mann Felix nach seinem Job zu Hause auf ihre beiden Kinder aufpassen konnte.

Auch die Tätigkeiten, das umfassende Betreuen eines Kundenstammes, machte ihr Spaß. Was war es dann, was sie jedes Mal gruselte, wenn sie dieses Gebäude betrat?

„Sieh einer an. Unsere werte Mitarbeiterin mit Sonderrechten, die sie sich, wer weiß wie, erschlichen hat, ist nun auch schon eingetroffen.“ Natürlich musste Marina Darja auch an diesem Tag mit einer bissigen Begrüßung empfangen. Marina war eine durch ihre freche Art überall gefürchtete Kollegin, der sich niemand in den Weg stellte. Jeder wusste, dass sie neidisch auf Darjas Familie sowie ihre Arbeitszeitsonderregelung war und zudem noch ausländerfeindlich. Darja vermutete stark, dass sie der Grund für ihre Abneigung gegen die eigentlich sonst sehr angenehme Arbeitsstelle war.

„Ich habe dir schon mehrmals erklärt, dass ich zwei kleine Kinder habe und erst dann arbeiten kann, wenn mein Mann sie versorgt“, leierte Darja ihre Rechtfertigung für ihre auf den Nachmittag und Abend verlegten Arbeitszeiten herunter.

„Manche Menschen bekommen offensichtlich ihren Hals nicht voll genug. Dein Mann arbeitet Vollzeit, um seine Familie zu ernähren und bestimmt nicht, um noch am Abend auf seine Blagen aufzupassen, damit sein ausländisches Frauchen ihrer Selbstverwirklichung nachgehen und sich teuren Schmuck leisten kann.“ Marinas Blick auf Darjas goldenen Smaragdring war unübersehbar.

„Der Ring ist ein Erbstück von meiner verstorbenen Oma“, entgegnete Darja entschuldigend, schwieg aber zu Marinas anderen Vorwürfen. Sie konnte nur eine Dreiviertelstelle annehmen. Mehr war einfach nicht möglich, wenn sie ihre Kinder ohne fremde Hilfe betreuen wollten. Zudem tat ihr Marina leid, denn es war ein offenes Geheimnis, dass Marinas Ehe kinderlos blieb, weil ihr Mann, ein jahrelanger Quartalssäufer, erst unfruchtbar und dann arbeitslos wurde. Darja wollte Marinas Schmerz über ihre Kinderlosigkeit nicht noch triggern. So schluckte sie eine womöglich verletzende Entgegnung herunter.

Noch immer voll innerer Abwehr ließ Darja Marina stehen und betrat den riesigen Raum, in dem sich ihr Arbeitsplatz inmitten eines lauten Großraumbüros befand. Dreißig einzelne Arbeitsplätze, jeweils bestehend aus einem schmalen, hohen Aktenschrank, einem relativ kleinen Schreibtisch, zwei Bildschirmen, einem PC-Tower, einem Rollcontainer und einem Bürostuhl mit fünf Rollen wurden von durchschnittsmenschenhohen Sichtschutzwänden eingegrenzt. Die Wände bestanden aus matt lackierten Spanplatten, die angeblich auch den Lärm in der Kabine reduzieren sollten. Doch leider hielten sie fast nur das natürliche Licht ab, das zwar durch große Fenster in den Raum hereinstrahlte, doch in den einzelnen Bürokabinen durch grelles, elektrisches Licht ersetzt wurden, da die Trennwände lichtundurchlässig waren.

Leider ließen sich jedoch die lästernden Kolleginnen von den hohen Sichtschutzwänden nicht zurückhalten, plötzlich neben Darja zu stehen und sie anzufeinden.

Letztlich musste Darja noch nicht einmal etwas falsch gemacht haben, damit Marina sich vor Darja aufbaute und sie wegen ihrer Herkunft oder ihrer späten Arbeitszeiten im günstigen Falle hänselte und im schlechtesten Falle beleidigte. Darja war ein typisch russischer Name, den sie sehr stolz trug. Darja war nach ihrer verstorbenen Großmutter mütterlicherseits benannt worden, die sie abgöttisch geliebt hatte, bis sie vor ein paar Jahren nach einem plötzlichen Schlaganfall gestorben war.

Marina, die aufgrund ihrer Frechheit von den anderen Kolleginnen gefürchtet oder sogar bewundert wurde, sorgte nachhaltig dafür, dass sich fast alle anderen Kolleginnen solidarisch Marina gegenüber aus diesen Streitereien heraus- und von Darja fernhielten. Bis auf ihre direkte Sitznachbarin Elli, die aufgrund ihrer Körperfülle auch von Marina häufiger angegriffen wurde, sprach niemand mit Darja. Da sie ein harmoniebedürftiger Mensch war, bedrückte sie dies sehr, auch, wenn ihr Mann Felix ihr immer wieder ein „Die sind ja nur neidisch auf deine tolle Familie und deine Kraft“ mit auf den Weg zur Arbeit gab.

Darja war mit ihren Eltern und ihrer Großmutter erst vor sieben Jahren aus Russland nach Deutschland gekommen. Zu dem Zeitpunkt war sie gelernte Büroangestellte und 24 Jahre alt. Inzwischen sprach sie gut Deutsch, doch ein verräterischer Akzent und ihr landesüblicher Vorname verriet noch immer ihre Herkunft.

Ihren Mann Felix, einen Energieanlagenelektroniker, hatte sie schon kurz nach ihrer Ankunft in Deutschland kennengelernt, als in der ihnen glücklicherweise zugewiesenen Wohnung Elektroarbeiten zu erledigen waren. Sie hatten sich auf Anhieb verstanden und als sie die Wohnung vollständig renoviert und kostengünstig aber komplett eingerichtet hatten, zog sie schon zu Felix. Ein gutes Jahr später wurde geheiratet und ein weiteres Jahr später war sie mit ihrer Tochter Mila schwanger. In diesem Jahr starb auch ihre über alles geliebte Großmutter. Zweieinhalb Jahre später als ihre Tochter kam ihr Sohn Tristan zur Welt.

Es sah nach außen wie eine Bilderbuchehe mit einer Bilderbuchfamilie aus. Doch leider gab es einen Haken: das Geld. Nachdem Darjas Mann einen Bandscheibenvorfall erlitten hatte, musste er sich schonen und vermied es, weiterhin Überstunden zu machen. Auch das Toben mit den lebhaften und bewegungsfreudigen Kindern musste er einschränken, weswegen sie jetzt noch häufiger zu Sportvereinen gebracht werden mussten, die nicht kostenlos waren. Da zu befürchten war, dass ihr Mann nach einem weiteren Bandscheibenvorfall möglicherweise arbeitsmäßig länger, wenn nicht sogar völlig ausfallen würde, war Darja nun sehr froh über ihre flexible Arbeitsstelle, die sie als nicht perfekt Deutschsprechende, einer russischen Berufsausbildung und mit einer Arbeitslosigkeit von über sieben Jahren bekommen hatte. Darja wusste, dass sie unter allen Umständen diese Stelle behalten musste, doch sie fühlte, dass sie ihr alles andere als guttat.

Mit einem mulmigen Gefühl betrat Darja ihre Arbeitskabine. Einen kurzen Moment dachte sie noch an ihren kranken Sohn Tristan. Mit anderthalb Jahren hatte er permanent eine Erkältung oder alternativ Verstopfung mit üblen Bauchkrämpfen. Das solle sich mit dem Alter von alleine regeln, hatte ihr der Kinderarzt versprochen. Ihre ältere Tochter Mila war hingegen fit und gesund und stets gut gelaunt. Immer wieder wunderte sich Darja darüber, wie unterschiedlich die Gene gleicher Eltern bei den Kindern zuschlagen können.

Plötzlich erstarrte Darja. Ihr Bildschirm in ihrer Arbeitskabine war bereits wieder hochgefahren. Als sie noch einmal auf den Monitor schaute, entfuhr Darja ein kurzer, schriller Aufschrei. Was war das?

Ihre etwas ältere, rundliche, doch grundgütige Mitarbeiterin Elli rechts nebenan sprach Darja von hinten an. „Was ist denn los, Darja? Eine Wolfsspinne?“

„Wenn es das bloß wäre“, schnaufte Darja, die noch immer gebannt auf den Bildschirm ihres PCs starrte.

„Mir würde das schon reichen. Eine dicke, schwarze Wolfsspinne ist das Ekelhafteste, was ich kenne. Wenn die über meinen Schreibtisch laufen würde, würde ich auch schreien“, versuchte Elli Darja zu beruhigen.

„Keine Spinne – aber auf dem Bildschirm. Da, siehst du das, Elli?“ Noch immer atmete Darja stockend ein und aus, während sie mit ihrem rechten Finger auf ihren flackernden Bildschirm zeigte.

„Da ist ja ein Totenkopf? Vermutlich war es wieder die Marina, die dir einen Streich spielen wollte.“ Elli blieb gemütlich ruhig.

„Ich habe gar nichts gemacht, außer brav seit ein paar Stunden gearbeitet, während sich unsere ach so belastete Mutter mit ihren Sonderregelungen einen ruhigen Vormittag gegönnt hat“, tönte nun Marinas Stimme hinter Darja.

„Warst du wirklich nicht an meinen PC?“, wandte sich Darja nun mit zitternder Stimme direkt an Marina.

„Nein, ich würde nie die Tastatur berühren, die vorher eine Person aus dem dreckigen Russland angefasst hat“, beteuerte Marina.

„Marina, kommen Sie bitte mal in mein Büro“, rief der Abteilungsleiter durch die Reihen.

Marina war dafür bekannt, äußerst ausländerfeindlich zu sein, zumindest was ihre Einstellung zu Darja betraf. Nicht zum ersten Mal musste sie wegen rassistischer Kommentare zum Abteilungsleiter und hatte sogar schon eine Abmahnung riskiert, die dann aber doch nicht ausgesprochen wurde. Da sie alle jedoch als Berufseinsteiger oder Wiederindenberufgehende in diesem Job nicht viel verdienten, wohl aber stupide, schnelle Leistung abliefern mussten, lag der Schwerpunkt nicht auf ein tadelloses, mobbingfreies, politisch korrektes Benehmen, sondern auf eine kundenorientierte, schnelle Arbeit. Die leistete Marina zu dem niedrigen Lohn genauso wie die anderen Angestellten in diesem Großraumbüro, die ihre Probezeit überstanden hatten. Jeder wusste, dass niemand hier gekündigt würde, denn guter, billiger Ersatz war schwer zu finden.

„Wenn es Marina nicht war, wer hat meinen PC hochgefahren und diesen entsetzlichen Totenkopf auf meinen Monitor geladen?“, fragte Darja immer noch an dem Eingang zu ihrem Arbeitsplatz stehend mehr vor sich hin, als ihre Kollegin.

„Das weiß ich nicht. Frag mal in der EDV-Abteilung nach. Vielleicht ist es ein Virus, Trojaner oder so etwas. Die sollen manchmal Totenköpfe auf die Bildschirme produzieren“, murmelte Elli gleichgültig und watschelte langsam wieder zu ihrer Arbeitskabine zurück. Die Arbeitszeit war in Anbetracht des großen Kundenstamms einer jeder Mitarbeiterin sehr knapp bemessen.

Darja wäre jetzt ein wenig beruhigt gewesen, wenn ihr PC nicht auch häufig abends merkwürdige Reaktionen gezeigt hätte. Manchmal ging er wieder an, wenn sie sich spätabends gerade ihren Schlüssel schnappte, um aus dem inzwischen leeren Großraumbüro nach mehr oder weniger getaner Arbeit nach Hause zu fahren.

Mit einem energischen Druck auf die Bildschirmtaste rechts unten schaltete sie ihren Monitor mit dem gruseligen Totenkopf aus. Dann warf Darja ihre Handtasche unter ihren Schreibtisch, setzte sich auf ihren Bürostuhl und wählte umgehend die Nummer der EDV-Abteilung. Im Grunde bestand diese Abteilung nur aus einem Informatiker mit seinem Auszubildenden, der sich um die Rechner und deren Wartung aller Mitarbeiter dieses Unternehmens kümmerte. Und es waren immerhin 173 Angestellte. Auch er und sein Auszubildender standen daher ständig unter Zeitdruck.

Darja vermutete daher, dass sie wohl kaum jemanden telefonisch antreffen würde und suchte schon die Nummer deren Betriebssmartphones heraus. Da nahm schon jemand das Telefon ab. „Ja, Darja, was gibt es?“

„Hallo, Thomas, wie schön, dass ich dich antreffe. Mein Computer benimmt sich komisch. Gerade, als ich zur Arbeit kam, war er an und zeigte einen Totenkopf auf dem Bildschirm.“

„Hi, Darja. Das könnte ein Virus sein. Hast du etwa heute Morgen noch mit ihm gearbeitet?“ Sorgen und ein stockender Schreck schwangen in Thomas‘ Stimme mit.