Parker schließt das "Paradies" - Günter Dönges - E-Book

Parker schließt das "Paradies" E-Book

Günter Dönges

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Beschreibung

Exzellent – das ist er im wahrsten Sinne des Wortes: einzigartig, schlagfertig und natürlich auch unangenehm schlagfähig. Wer ihn unterschätzt, hat schon verloren. Sein Regenschirm ist nicht nur sein Markenzeichen, sondern auch die beste Waffe der Welt. Seinem Charisma, Witz und Charme kann keiner widerstehen. Der exzellente Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! »Was gibt es da vorn, Mister Parker?« Lady Agatha saß im Fond von Parkers Privatwagen und war auf dem Weg in ihre Stamm-Videothek. Mylady wollte sich für das Wochenende mit einigen neuen Streifen versorgen, um die Technik des Drehbuchschreibens zu studieren. In absehbarer Zeit sollten Fachwelt und Publikum von ihrem ersten eigenen Skript überrascht werden. »Man wird sich informieren, Mylady.« Josuah Parker lenkte das hochbeinige Monstrum, wie das ehemalige Londoner Taxi von Freund und Feind genannt wurde, an den Straßenrand und stieg aus. Gemessenen Schrittes näherte er sich einer Menschenansammlung, die den Gehsteig blockierte. »Was haben Sie herausgefunden?« erkundigte sich wenige Minuten später die ältere Dame und sah ihrem Butler erwartungsvoll entgegen. Die Seitenscheibe war heruntergekurbelt, Mylady streckte den Kopf hinaus. »Man verteilt ein Extra-Blatt, das reißenden Absatz findet, Mylady«, teilte Josuah Parker mit. »Es wird gratis angeboten.« »Es kostet nichts?« Lady Agatha war sofort an diesem Blatt brennend interessiert. »Es handelt sich dabei um ein neues Blatt, das erst seit einigen Wochen auf dem Markt ist«, fuhr der Butler gemessen fort. »Von der Tendenz her dürfte es das sein, was man gemeinhin als ›links gerichtet‹ bezeichnet. Es dürfte nicht unbedingt Myladys Vorstellungen entsprechen, wenn diese Bemerkung erlaubt ist.« »Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul, Mister Parker«

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Der exzellente Butler Parker – 44 –

Parker schließt das "Paradies"

Günter Dönges

»Was gibt es da vorn, Mister Parker?« Lady Agatha saß im Fond von Parkers Privatwagen und war auf dem Weg in ihre Stamm-Videothek. Mylady wollte sich für das Wochenende mit einigen neuen Streifen versorgen, um die Technik des Drehbuchschreibens zu studieren. In absehbarer Zeit sollten Fachwelt und Publikum von ihrem ersten eigenen Skript überrascht werden.

»Man wird sich informieren, Mylady.« Josuah Parker lenkte das hochbeinige Monstrum, wie das ehemalige Londoner Taxi von Freund und Feind genannt wurde, an den Straßenrand und stieg aus. Gemessenen Schrittes näherte er sich einer Menschenansammlung, die den Gehsteig blockierte.

»Was haben Sie herausgefunden?« erkundigte sich wenige Minuten später die ältere Dame und sah ihrem Butler erwartungsvoll entgegen. Die Seitenscheibe war heruntergekurbelt, Mylady streckte den Kopf hinaus.

»Man verteilt ein Extra-Blatt, das reißenden Absatz findet, Mylady«, teilte Josuah Parker mit. »Es wird gratis angeboten.«

»Es kostet nichts?« Lady Agatha war sofort an diesem Blatt brennend interessiert.

»Es handelt sich dabei um ein neues Blatt, das erst seit einigen Wochen auf dem Markt ist«, fuhr der Butler gemessen fort. »Von der Tendenz her dürfte es das sein, was man gemeinhin als ›links gerichtet‹ bezeichnet. Es dürfte nicht unbedingt Myladys Vorstellungen entsprechen, wenn diese Bemerkung erlaubt ist.«

»Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul, Mister Parker«, bemühte die ältere Dame eine bekannte Spruchweisheit. »Besorgen Sie mir ein Exemplar dieses Blattes, oder noch besser, zwei. Schließlich brauche ich auch etwas, um den Kamin anzuheizen.«

»Man hat sich erlaubt, Myladys Wunsch vorauszusehen.« Parker lüftete die Melone und reichte seiner Herrin mehrere Exemplare der Gratis-Ausgabe und stieg wieder ein.

»Und weshalb wird dieses Machwerk umsonst verteilt?« wollte sie wissen, nachdem sie die Zeitung flüchtig durchgeblättert hatte. »Ehrlich gesagt, kann ich nichts Interessantes entdecken.«

»Es dürfte um drei Abgeordnete der Opposition gehen, denen man Wortbruch vorwirft«, gab der Butler gemessen zurück. »Offensichtlich haben sie bei der letzten Abstimmung im Parlament anders votiert, als sie zuvor der Öffentlichkeit lautstark verkündet hatten.«

»Und was soll daran so aufregend sein?« mokierte sich die Detektivin. »Ist das nicht inzwischen schon völlig normal?« Sie lachte und knüllte die Zeitungen achtlos zusammen. »Es würde mich sehr überraschen, Mister Parker, wenn Politiker sich mal wirklich so verhielten, wie sie vorher versprochen haben.«

»Eine Ansicht, die von gesundem Realismus zeugt, Mylady«, pflichtete Parker ihr bei. »Die erwähnten Abgeordneten waren bisher besonders bei den jüngeren Wählern wegen ihrer Ehrlichkeit und Integrität hoch angesehen. Ihr sogenannter Verrat, wie dieses Blatt es auszudrücken beliebt, wiegt deshalb schwer.«

»Nun ja, die jungen Leute werden darüber hinwegkommen«, stellte Lady Agatha fest. »Obwohl ich es keinesfalls gutheiße, wie heutzutage mit dem Wähler umgegangen wird.«

Sie schwieg und blickte gelangweilt aus dem Fenster. »Worum ging es bei dieser Abstimmung eigentlich?« erkundigte sie sich schließlich, als sie auch außerhalb des Fensters nichts Interessantes entdecken konnte.

»Um die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses, der kriminelle Machenschaften im Zusammenhang mit der Vergabe staatlicher Aufträge aufklären soll«, wußte Parker. »Die drei Herren gehören einem Gremium an, das gewisse Voruntersuchungen durchführte und über weitere Ermittlungen zu entscheiden hatte. Die Stimmen dieser Oppositionsabgeordneten hätten die Realisation dieses Ausschusses bewirkt.«

»Was sie auch tun wollten?« vergewisserte sie sich.

»In der Tat, Mylady. Bei der namentlichen Abstimmung jedoch lehnten sie den Untersuchungsausschuß ab und schlossen sich damit der Meinung der Regierungsvertreter an.«

»Nun ja, jeder Mensch hat das Recht, seine Meinung zu ändern«, fand Agatha Simpson und lehnte sich in eine Ecke des Fonds. »Das interessiert mich kaum, Mister Parker, das gehört zum politischen Alltag.«

»Mister Hubert Singleton galt bislang als außerordentlich verläßlicher Parlamentarier«, gab Parker gemessen zurück.

»Mir ist, als hätte ich diesen Namen schon mal gehört«, überlegte die ältere Dame.

Diskret half Parker dem Gedächtnis seiner Herrin auf die Sprünge. »Mister Hubert Singleton ist der Sohn eines von Myladys Geschäftspartnern«, erklärte er höflich. »Mylady besuchten Mister Singleton im letzten Herbst anläßlich einer Kunstausstellung auf seinem Besitz.«

»Richtig, Mister Parker, und das kalte Büffet dort war miserabel«, erinnerte sie sich plötzlich.

»Bei dieser Gelegenheit lernten Mylady auch Mister Singleton junior kennen«, fuhr Parker fort. »Mister Singleton versuchte Mylady davon zu überzeugen, daß das Königshaus überflüssig wäre.«

»Ich habe ihm daraufhin meine Meinung zu diesem Thema deutlich gesagt.« Lady Agatha lächelte in der Erinnerung an die Ohrfeige, die sie Hubert Singleton verpaßt hatte. »Schließlich konnte ich Elizabeth nicht im Stich lassen.« Mit ›Elizabeth‹ meinte sie selbstverständlich die Queen, mit der sie nach eigenem Bekunden weitläufig verwandt war.

»Wie dem auch sei, Mister Parker«, schloß sie das Thema ab. »Das interessiert mich nicht weiter. Viel wichtiger ist die Videothek. Ich möchte endlich meine Studien fortsetzen, die Öffentlichkeit hat ein Anrecht auf die Verfilmung meines Drehbuchs.«

*

»Vor Mylady dürfte sich eine Szene abspielen, die sich nicht unbedingt mit Recht und Gesetz in Einklang bringen läßt«, meldete sich der Butler nach einer Weile. Agatha Simpson lehnte entspannt in einer Ecke des Fonds und träumte von ihrem Drehbuch.

»Was habe ich beobachtet?« wollte sie wissen und spähte angestrengt durch die Seitenscheibe nach draußen.

»Zwei Herren versuchen offensichtlich, einen Bentley gegen den Willen des Fahrers zu besteigen«, berichtete Parker. Das hochbeinige Monstrum, ein ehemaliges Londoner Taxi, das nach den speziellen Wünschen des Butlers umgebaut worden war, hielt in einer Schlange vor einer Ampel. Drei Wagenlängen davor stand ein dunkler Bentley. Zwei gutgekleidete Männer rüttelten an den Türgriffen und bedeuteten dem Fahrer gestenreich, endlich die Verriegelung zu lösen.

»Ich werde sofort nach dem Rechten sehen«, kündigte die Detektivin an und schob sich schwungvoll ins Freie. Lady Agatha witterte einen neuen Fall.

Josuah Parker löste seinen Privatwagen geschickt aus der Warteschlange und lenkte ihn an den Straßenrand. Er überhörte souverän das Hupen der anderen Verkehrsteilnehmer und stoppte das hochbeinige Gefährt in einer für Taxis reservierten Haltezone. Dann ließ er das Taxischild auf Knopfdruck aus dem Wagendach schnellen und folgte würdevoll und gemessen seiner Herrin.

Die Ampel zeigte bereits gelb, aber die Männer in den dunkelgrauen Straßenanzügen mühten sich noch immer mit den Türklinken ab.

Lady Agatha erreichte den Bentley in dem Augenblick, als die Männer einsteigen wollten. Gleichzeitig sprang die Ampel auf grün, und die Wagenschlange setzte sich in Bewegung.

»Ich komme mit«, verkündete Lady Agatha und drängte ihre majestätische Fülle in den Wagen. Der total überraschte Mann wurde förmlich über den Rücksitz katapultiert und stieß mit dem Kopf an die Türverkleidung auf der anderen Seite. Lady Agatha schob sich bequem auf den Sitz und ließ dabei versehentlich ihren Pompadour fallen.

Im Prinzip handelte es sich um einen jener Handbeutel, wie ihn die Damen einer vergangenen Epoche trugen, um darin ihre Utensilien unterzubringen. Lady Agatha hatte allerdings das Hufeisen eines dahingeschiedenen Brauereigauls investiert, das ihr als Glücksbringer diente. Aus humanitären Gründen war dieses Hufeisen jedoch mit einer dünnen Schicht Schaumstoff verkleidet worden.

Der Pompadour touchierte den Hinterkopf des Mannes neben der Detektivin und erwies sich keineswegs als Glücksbringer.

Der Getroffene sah Sterne vor seinen Augen tanzen und fühlte deutlich, wie eine Beule in die Höhe strebte. Er stöhnte verhalten und griff an die schmerzende Stelle.

»Seien Sie nicht so wehleidig, junger Mann«, fuhr die ältere Dame ihn an und tätschelte aufmunternd seine Wange. »Ich habe Sie ja kaum berührt, also reißen Sie sich zusammen!«

Der junge Mann war nicht in der Lage zu antworten. Er war damit beschäftigt, das Ausmaß des neuen Schadens zu ergründen. Die Zunge fuhr hinter die Wange und tastete sie ab.

»Sie gestatten, Sir?« Josuah Parker hatte die Beifahrertür geöffnet und den Bambusgriff seines Universal-Regenschirmes auf das Handgelenk des Mannes neben dem Fahrer gelegt. Da der Griff mit Blei ausgegossen war, erwies sich der Kontakt als folgenschwer für den Bewaffneten. Die Pistole entglitt der kraftlos gewordenen Hand und polterte auf den Teppichboden des Luxuswagens.

Josuah Parker ließ sich, ohne die gewohnte Würde zu verlieren, gleichfalls auf dem Beifahrersitz des Bentleys nieder und nickte dem konsternierten Fahrer zu. Er lüftete andeutungsweise die schwarze Melone.

»Möglicherweise sollten Sie einen nahegelegenen Parkplatz ansteuern, Sir«, regte der Butler an. »Dort könnte man gemeinsam die Situation erörtern.«

»Dann werde ich die Lümmel einem ersten Verhör unterziehen«, meldete sich die ältere Dame aus dem Fond. Ihre baritonal gefärbte Stimme klang außerordentlich zufrieden. Agatha Simpson hatte ihre Videofilme vergessen und stürzte sich mit Schwung in einen neuen Fall.

*

»Wissen Sie überhaupt, was Sie mir da eingebrockt haben?« Der Bentley-Fahrer hatte, wie von Josuah Parker empfohlen, seinen Wagen auf den nahegelegenen Parkplatz eines bekannten City-Kaufhauses gelenkt. Von dort aus war der Butler mit einem regulären Taxi aufgebrochen, um seinen Privatwagen nachzuholen. Lady Agatha hütete inzwischen die Herren, die gewaltsam den Bentley erobern wollten.

»Sie sollten mir dankbar sein, daß ich eingegriffen habe«, teilte die ältere Dame ihm mit. »Ohne mich wären Sie jetzt in der Gewalt dieser Subjekte.«

»Das bin ich sowieso.« Der Bentley-Fahrer seufzte und blickte anklagend auf die Detektivin.

»Wir werden später über Ihr kleines Problem reden, jetzt müssen wir die Lümmel verladen«, erklärte Lady Agatha. Josuah Parker war mit seinem Privatwagen eingetroffen und hielt neben dem dunklen Luxusfahrzeug. Er stieg aus und lüftete höflich die schwarze Melone.

»Ich werde die Subjekte mit nach Hause nehmen, Mister Parker«, sagte die energische Dame. »Dort werde ich sie ausgiebig verhören. Eigentlich wollte ich das bereits hier tun, aber die Lümmel ziehen es vor, noch zu schlafen.«

»Eine Unhöflichkeit, auf die Mylady sicher noch mal zurückkommen werden«, vermutete Parker.

»Worauf Sie sich verlassen können, Mister Parker! Es gehört sich einfach nicht zu schlafen, wenn eine Dame mit einem sprechen will.«

»Lassen Sie die beiden laufen, ich flehe Sie an.« Der Bentley-Fahrer sah entsetzt zu, wie Josuah Parker einen der Männer aus der Luxuslimousine hievte und scheinbar mühelos zu dem ehemaligen Londoner Taxi trug. Die Kofferraumklappe stand offen und präsentierte ein mit Teppichen ausgelegtes Abteil, in das der Butler vorsichtig seine Last gleiten ließ. Nur eine Minute später ruhte auch der zweite Mann neben seinem Kollegen.

Parker schloß die Klappe, nachdem er die Insassen noch mit Klebeband versorgt hatte, das ihre Hand- und Fußgelenke umgab.

»Dafür bringen die mich um«, stöhnte der Bentley-Besitzer und fuhr sich unwillkürlich mit der Hand an die Kehle.

»Sie kommen auch mit, junger Mann. Ich denke, Sie haben mir eine nette, kleine Geschichte zu erzählen.« Agatha Simpson lächelte den in einen dunkelblauen Anzug gekleideten Mann freundlich an und legte ihm einen Arm um die Schulter. Mylady lenkte ihn in Richtung des hochbeinigen Monstrums und setzte dabei ungeniert ihre Körperkräfte ein, als sich der solcher Art Geladene ein wenig sträubte. Schließlich sah er ein, daß er gegen die resolute Dame keine Chance hatte und ließ sich in den Fond des ehemaligen Taxis schieben.

Josuah Parker hatte den Schlüssel des Bentleys an sich genommen und sicherte sorgfältig den schweren Wagen. Der Butler hatte die Absicht, die Schlüssel einem gewissen Horace Pickett zukommen zu lassen, damit der ehemalige Eigentumsumverteiler die Luxuskarosse abholen konnte. Parker ahnte im voraus, daß der Bentley-Besitzer längere Zeit Myladys Gastfreundschaft genießen würde und traf entsprechende Vorsorge.

»Wohin fahren wir?« erkundigte sich der Mann im dunkelblauen Anzug mit schwacher Stimme. Er hatte sich in eine Ecke gedrängt und schien sich in die Polster bohren zu wollen.

»Sie dürfen sich freuen, ich lade Sie ein«, antwortete die Detektivin. »Ich habe beschlossen, mich Ihres Falles anzunehmen.«

»Was für ein Fall? Was reden Sie denn da?« Der Mann richtete sich ruckartig auf und schien plötzlich zu frischen Kräften gekommen zu sein.

»Ich spreche von Ihrem Fall, junger Mann. Von welchem denn sonst?« Lady Agatha lächelte huldvoll und hob eine Hand. »Nein, Sie brauchen mir nicht zu danken, ich helfe Ihnen gern.«

»Ich will mir aber nicht helfen lassen; von Ihnen schon gar nicht«, begehrte der Mann auf und blickte sie wütend an.

»Undank ist der Welt Lohn, aber ich werde Ihnen verzeihen.« Mylady nickte ihm zu und tätschelte ihm beruhigend die Schulter.

»Wahrscheinlich sind Sie ganz einfach zurückhaltend. Sie genieren sich, um Hilfe zu bitten«, fuhr sie fort. »Aber das ist bei mir völlig unbedeutend. Ich sehe, wenn ein Mensch in Not ist.«

»Sie werden auch bald in Not sein.« Der Mann neben ihr lachte bitter. »Wissen Sie eigentlich, auf was Sie sich da eingelassen haben?«

»In etwa, junger Mann«, gab sie vage zurück.

Der Bentley-Fahrer schüttelte den Kopf und lehnte sich mit verschränkten Armen zurück. »Mit Ihrer Neugier haben Sie eine Gangster-Clique mobil gemacht, die alles andere als zimperlich ist.«

»Tatsächlich?« Lady Agatha setzte sich auf. »Das klingt erfreulich, junger. Mann, ich wußte, daß ich es mit einem neuen Fall zu tun habe.«

»Dürfte man Mylady darauf hinweisen, daß Mylady verfolgt werden?« meldete sich Parker vom Steuer her.

Agatha Simpson drehte sich um und spähte ungeniert aus dem Rückfenster.

»Das habe ich längst bemerkt, Mister Parker«, meinte sie. »Es ist der kleine blaue Wagen direkt hinter uns, nicht wahr?«

»In etwa, Mylady. Allerdings dürfte er von dem Motorrad abgelöst worden sein, das soeben zum Überholen ansetzt.«

»Man weiß eben, wie gefährlich ich bin.« Die ältere Dame ging nicht weiter darauf ein und blickte aus dem Seitenfenster auf das schwere Motorrad, das direkt neben dem hochbeinigen Monstrum fuhr.

Die beiden Gestalten auf der Maschine, waren in schwarzglänzende Ledermontur gekleidet und trugen Sturzhelme, deren Visiere nichts von ihren Gesichtern erkennen ließen.

Sie hoben ihre Fäuste in Richtung des Bentley-Fahrers, der sich wieder in seinen Sitz hatte sinken lassen.

»Man droht mir, Mister Parker«, stellte Lady Agatha fest. In ihrer Stimme schwang ein zufriedener Unterton mit Angst kannte die energische Dame nicht. Sie musterte die Motorradfahrer und hob grüßend die Hand.

Das schien die Kerle zu ärgern. Sie drängten sich näher heran, so daß kaum noch eine Hand zwischen Motorrad und Wagen paßte. Der Soziusfahrer hob die Faust und richtete sich auf. Dann ließ er sie auf das Dach des ehemaligen Taxis fallen und verursachte dadurch ein dumpfes Dröhnen.

Der Mann im blauen Anzug neben Lady Agatha fuhr entsetzt zusammen und stieß wimmernde Laute aus. Die ältere Dame beugte sich vor und drohte nach draußen mit dem ausgestreckten Zeigefinger. Einen Moment später zog die schwere Maschine an und verschwand um eine Biegung.

*

Die Männer aus dem Bentley machten keinen glücklichen Eindruck. Sie lehnten nebeneinander an einem Baumstamm und stellten fest, daß sie an diesen durch solide Stricke fixiert waren. Als sie sich verstohlen umblickten, entdeckten sie, daß sie sich in exotisch anmutender Umgebung befanden mit seltsamen Pflanzen in allen möglichen Farben und Formen.

»Verdammt heiß hier«, stellte einer von ihnen fest und wandte sich an Parker. Die Gesichter der beiden Männer waren schweißnaß. Die Temperatur konnte nur als subtropisch bezeichnet werden.

Dem Butler war allerdings nichts anzusehen, er schien über eine Art innere Klimaanlage zu verfügen und wirkte frisch und gepflegt wie stets.

»Wie man sieht, haben Sie sich von Ihrem kleinen Mißgeschick gut erholt«, gab Josuah Parker gemessen zurück.

»Sie haben uns überfallen«, beklagte sich der zweite Mann. »Das wird Folgen für Sie haben.«

»Hat man Ihren Hinweis als Drohung aufzufassen, Sir?« erkundigte sich Parker.

»Das ist Freiheitsberaubung, das dürfte doch wohl sonnenklar sein«, stellte der Partner fest.

»Man lud Sie lediglich zu einem klärenden Gespräch ein«, korrigierte Parker höflich. »In wessen Auftrag überfielen Sie Mister Simon Crane?«