Der exzellente Butler Parker 50 – Kriminalroman - Günter Dönges - E-Book

Der exzellente Butler Parker 50 – Kriminalroman E-Book

Günter Dönges

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Beschreibung

Exzellent – das ist er im wahrsten Sinne des Wortes: einzigartig, schlagfertig und natürlich auch unangenehm schlagfähig. Wer ihn unterschätzt, hat schon verloren. Sein Regenschirm ist nicht nur sein Markenzeichen, sondern auch die beste Waffe der Welt. Seinem Charisma, Witz und Charme kann keiner widerstehen. Der exzellente Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! »Hegen Sie möglicherweise die Absicht, sich zu entleiben?« fragte Butler Parker den Mann, der auf der steinernen Brüstung einer Brücke stand und wie hypnotisiert auf die unten liegenden Gleise starrte. Josuah Parker hatte sein hochbeiniges Gefährt angehalten und stieg aus. Er befand sich in einem südlichen Außenbezirk von London und benutzte eine kaum befahrene Landstraße. Der Angesprochene schien nichts gehört zu haben. Er hielt sich mit der rechten Hand an einer gußeisernen Laterne fest. »Falls Sie tatsächlich springen, Sir, haben Sie auf keinen Fall die Garantie, auch wirklich tot zu sein«, redete Josuah Parker mit ruhiger Stimme weiter. »Es kann zu schmerzhaften Knochenbrüchen oder inneren Verletzungen kommen.« »Bleiben Sie stehen, oder ich springe!« »Bevorzugen Sie in solch einem Fall den Kopfsprung, Sir?« Der Butler fügte hinzu: »Es verlangt eine gute Körperbeherrschung, wie meine Wenigkeit Ihnen versichern darf.« »Bleiben Sie stehen«, verlangte der potentielle Selbstmörder, der sich inzwischen halb umgewandt hatte und Parker aus leeren Augen anblickte. »Ihr wahrscheinlich letzter Wunsch ist meiner Wenigkeit selbstverständlich Befehl«, erwiderte der Butler. »Darf man übrigens fragen, ob Sie vor dem Sprung noch zusätzlich auf einen Zug warten?« Parker deutete mit der Schirmspitze über die Brüstung hinweg auf die beiden Gleise, die hinter einer sanften Biegung in einem kleinen Waldstück verschwanden. Der kleine Trick zahlte sich aus. Der Mann, der nach wie vor fest entschlossen schien, sich von der Brücke zu stürzen, nahm den Kopf herum und suchte nach dem Zug, auf den der Butler hingewiesen hatte.

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Der exzellente Butler Parker – 50 –

Parker klärt die "Selbstmord-Serie"

Günter Dönges

»Hegen Sie möglicherweise die Absicht, sich zu entleiben?« fragte Butler Parker den Mann, der auf der steinernen Brüstung einer Brücke stand und wie hypnotisiert auf die unten liegenden Gleise starrte.

Josuah Parker hatte sein hochbeiniges Gefährt angehalten und stieg aus. Er befand sich in einem südlichen Außenbezirk von London und benutzte eine kaum befahrene Landstraße.

Der Angesprochene schien nichts gehört zu haben. Er hielt sich mit der rechten Hand an einer gußeisernen Laterne fest.

»Falls Sie tatsächlich springen, Sir, haben Sie auf keinen Fall die Garantie, auch wirklich tot zu sein«, redete Josuah Parker mit ruhiger Stimme weiter. »Es kann zu schmerzhaften Knochenbrüchen oder inneren Verletzungen kommen.«

»Bleiben Sie stehen, oder ich springe!«

»Bevorzugen Sie in solch einem Fall den Kopfsprung, Sir?«

Der Butler fügte hinzu: »Es verlangt eine gute Körperbeherrschung, wie meine Wenigkeit Ihnen versichern darf.«

»Bleiben Sie stehen«, verlangte der potentielle Selbstmörder, der sich inzwischen halb umgewandt hatte und Parker aus leeren Augen anblickte.

»Ihr wahrscheinlich letzter Wunsch ist meiner Wenigkeit selbstverständlich Befehl«, erwiderte der Butler. »Darf man übrigens fragen, ob Sie vor dem Sprung noch zusätzlich auf einen Zug warten?«

Parker deutete mit der Schirmspitze über die Brüstung hinweg auf die beiden Gleise, die hinter einer sanften Biegung in einem kleinen Waldstück verschwanden.

Der kleine Trick zahlte sich aus.

Der Mann, der nach wie vor fest entschlossen schien, sich von der Brücke zu stürzen, nahm den Kopf herum und suchte nach dem Zug, auf den der Butler hingewiesen hatte. Diese kleine Unaufmerksamkeit reichte Parker völlig, um seinen Schirmgriff als eine Art Rettungsanker zu verwenden.

Blitzschnell legte Parker den Bambusgriff um den Hals des Sprungbereiten und zerrte ihn zurück auf den schmalen Gehweg vor der Brüstung. Der Mann schrie auf, wehrte sich gegen den Halsgriff und war wie von Sinnen. Er überfiel den Butler mit üblen Schimpfworten und wollte zusätzlich noch handgreiflich werden. Er schwang ungelenk die Fäuste und hoffte auf einen Zufallstreffer.

»Sie scheinen ein wenig außer sich zu sein«, stellte der Butler höflich fest. Er war einen Schritt zurückgewichen und setzte den Schirmgriff erneut ein. Mit wohlgezieltem Schlag auf die Stirnpartie des Mannes machte er dem potentiellen Brückenspringer den Garaus und blickte dann auf den Mann hinunter, der sich vor der Steinbrüstung niedergelassen hatte.

Butler Parker beugte sich über ihn und leistete Erste Hilfe. Dabei glitten seine geschmeidigen Finger natürlich auch in die Anzugtaschen des Mannes. Parker wunderte sich kaum darüber, daß er nichts fand. Die Taschen waren leer geräumt.

Als er sich wieder aufrichtete, hörte er einen näher kommenden Wagen. Parker machte einen kleinen Kastenlieferwagen aus, der in schnellem Tempo jäh gebremst wurde. Der Fahrer schob den Kopf durch das geöffnete Seitenfenster und rief:

»Is’ was? Brauchen Sie Hilfe?«

»Nicht unbedingt«, lautete Parkers Antwort. »Der Passant dürfte seine kleine Kreislaufschwäche bereits überwunden haben.«

»Okay dann, ich hab’s eilig.« Der Fahrer des Kastenlieferwagens winkte Parker zu und ... hielt plötzlich eine Faustfeuerwaffe in der linken Hand.

Diese Waffe war mit einem überdimensional großen Schalldämpfer versehen. Bevor der Fahrer diese an sich etwas sperrige Waffe auf Parker richten konnte, nahm der Butler seinen altväterlich gebundenen Schirm hoch und schoß seinerseits.

Aus dem hohlen Schirmstock, der nichts anderes war als ein Blasrohr nach der Art der Amazonasindianer, jagte ein kleiner, buntgefiederter Pfeil auf den Kastenwagen zu und ... bohrte sich in den Oberarm des Schießwütigen.

Danach verzichtete er auf den geplanten Schuß. Der Fahrer nahm ungemein hastig die Hand zurück ins Fahrerhaus und brauchte nur wenige Augenblicke, um den Wagen wie eine Rakete zu beschleunigen.

Josuah Parker war klar, daß er den Wagen samt Fahrer bald wiedersehen würde.

*

Der kleine Kastenlieferwagen lag seitlich im Straßengraben. Er schien relativ sanft weggerutscht zu sein, denn der Aufbau hatte sich nicht unter der Wucht des Aufpralls verschoben.

Der Butler stoppte sein hochbeiniges Gefährt, stieg aus und begab sich hinüber zur Unfallstelle. Erfreulicherweise war das Wegrutschen bisher noch nicht wahrgenommen worden. Die Landstraße, auf der man sich befand, war durch eine breite Umgehungsstraße praktisch aus dem Verkehr gezogen worden.

Sein Fahrgast im Fond des Wagens wirkte nach wie vor apathisch. Er hing förmlich in der rechten Wagenecke und schien zu schlafen. Als Parker mit dem Fingerknöchel gegen die Scheibe klopfte, erfolgte keine Reaktion.

Ebenfalls keine Reaktion zeigte der Fahrer des Kastenlieferwagens. Er lag zusammengekauert in einer Ecke des Fahrerhauses und blickte den Butler aus weit geöffneten, aber leeren Augen an. Das chemische Präparat an der Pfeilspitze hatte wieder mal prompt gewirkt.

»Sie müssen ein wenig vom Pfad der Tugend abgewichen sein«, sagte Josuah Parker zu dem Mann, der plötzlich reagierte. »Darf man sich erlauben, Ihnen aus dem Wagen zu helfen?«

Der Mann lächelte schüchtern und drückte sich versuchsweise hoch. Parker reichte ihm die rechte Hand und zog den Mann aus seiner Schieflage nach oben.

Nach wenigen Minuten stand der Fahrer des kleinen Kastenwagens neben seinem Fahrzeug und machte wieder einen apathisch-nachdenklichen Eindruck. Daß er längst nicht mehr im Besitz seiner Schußwaffe war, hatte er nicht mitbekommen. Mit der Geschicklichkeit eines Taschendiebes hatte Parker ihm die Waffe aus der Schulterhalfter gezogen.

»Sie hatten den Auftrag, auf jemand zu schießen?« erkundigte sich Parker.

»Weiß ich nicht«, lautete die verblüffende Antwort.

»Wollten Sie jenen Mann treffen, der auf der Steinbrüstung der Brücke stand?«

»Ich glaub’ schon«, erwiderte der Fahrer.

»Und von wem hatten Sie diesen speziellen Auftrag, um auch diese Frage zu klären?«

»Vom Gartenzwerg«, antwortete der Mann, ohne eine Miene zu verziehen.

»Würden Sie dies freundlicherweise noch mal wiederholen?« Parker ließ sich seine Überraschung nicht anmerken. Er war und blieb das Muster eines britischen Butlers, den nichts zu erschüttern vermochte.

»Vom Gartenzwerg«, bekräftigte der Fahrer seine erste Aussage. Er lächelte und scharrte ein wenig verlegen mit der linken Schuhspitze auf dem Asphalt der Straße.

»Und wo, bitte, erreicht man diesen Gartenzwerg?« wollte der Butler wissen.

»Weiß ich nicht.« Der Fahrer lächelte nicht mehr. Er runzelte die Stirn und dachte sichtlich angestrengt nach.

»Wie setzte er sich denn mit Ihnen in Verbindung?« fragte Josuah Parker.

»Telefon«, lautete die lakonische Antwort. »Macht der mit dem Telefon.«

»Ihr Telefon steht wo und ist unter welcher Adresse zu erreichen?«

Der Mann nannte umgehend eine Adresse im Londoner Osten. Und lieferte dann gleich noch seinen Namen nach. Er hieß Jerry Linfalt und war arbeitslos, wie er hinzufügte.

»Demnach gehört Ihnen dieser Wagen nicht?«

»Der stand an der Straßenecke. Und der Schlüssel lag im Briefkasten«, erklärte der Fahrer. »Hat der Gartenzwerg alles am Telefon gesagt.«

»Und wie lautete genau Ihre Aufgabe?«

»Ich sollte Burgess überwachen, Henry Burgess.«

»Damit meinen Sie den Mann auf der Brücke?«

Der Fahrer schüttelte sich leicht. Seine Augen nahmen plötzlich einen anderen Ausdruck an, wie Parker bemerkte. Die Wirkung des chemischen Präparats aus der Pfeilspitze ließ sichtlich nach. Er atmete tief durch, schien Parker jetzt erst richtig zu sehen und wich langsam zurück.

»Verdammt, haben Sie mir nicht den Pfeil verpaßt?« fragte er dann mit völlig veränderter Stimme.

»In der Tat«, gab der Butler zurück. Der Fahrer blickte sich verstohlen um und rannte los. Er wollte eindeutig die Flucht ergreifen, griff dabei aber nach der längst nicht mehr vorhandenen Waffe und ... rutschte in sich zusammen. Er hatte seine Kräfte überschätzt.

*

Sie hatte vor vielen Jahren beschlossen, sechzig Jahre alt zu bleiben. Sie war groß, eine majestätische Erscheinung, hatte weißgraues Haar, eine tiefe, sonore Stimme und war von der Energie eines Bulldozers beseelt.

Lady Agatha Simpson, mit dem Blut- und Geldadel der Insel eng verschwistert und verwandt, zeichnete sich durch Ungeniertheit aus. Sie sagte stets das, was sie gerade dachte, und trat somit in jedes erreichbare Fettnäpfchen. Die ältere Dame war immens vermögend und konnte sich den Luxus leisten, sich als Amateurdetektivin zu betätigen. Sie wurde dabei ungemein diskret von ihrem Butler beschützt, der stets alle Hände voll zu tun hatte, um seine Herrin vor Schaden zu bewahren.

Agatha Simpson befand sich an diesem frühen Abend in der großen Wohnhalle ihres Fachwerkhauses in Shepherd’s Market und hatte gerade Parkers Bericht zur Kenntnis genommen.

»Wieso waren Sie eigentlich unterwegs«, fragte sie kopfschüttelnd, »und das auch noch ohne mich?«

»Mylady ließen durch meine Wenigkeit den Zustand einer alten Dorfkirche überprüfen«, erinnerte der Butler. »Mylady spielen in diesem Zusammenhang mit dem Gedanken, sich finanziell an der Renovierung des Gotteshauses zu beteiligen.«

»Was ich mir noch sehr gründlich überlegen werde«, meinte sie umgehend. Sie war sparsamer als ein ganzer Schotten-Clan zusammen. »Ich muß schließlich mit jedem Penny rechnen. Aber zurück zu diesem Zwischenfall, Mister Parker: Sie sind sich hoffentlich im klaren darüber, daß Sie wieder mal einen Fehler begangen haben, nicht wahr?«

»Mylady wollen dies gütigst entschuldigen.« Parkers glattes Pokergesicht blieb unbewegt.

»Wenn ich dieses Subjekt verhört hätte, wüßten wir jetzt mehr über diese Vogelscheuche.«

»Gartenzwerg, Mylady«, korrigierte Parker gemessen.

»Ob Vogelscheuche oder Gartenzwerg, Mister Parker, das ist doch völlig gleichgültig«, meinte sie abfällig. »Ich hätte in jedem Fall wertvolle Hinweise bekommen.«

»Die Adresse des Mister Jerry Linfalt ist bekannt, Mylady.«

»Sie wird natürlich nicht stimmen. Er hat Sie nach Strich und Faden belogen, aber das haben Sie nicht mitbekommen, Mister Parker. Sie sind und bleiben einfach zu vertrauensselig.«

»Eine Schwäche, Mylady, die es zu korrigieren gilt.«

»Und was ist mit diesem Selbstmörder nun?« forschte sie noch mal nach, obwohl Parker ihr natürlich mitgeteilt hatte, daß er sich als Gast des Hauses betrachten durfte.

»Mister Henry Burgess dürfte innerhalb der nächsten Stunde ansprechbar sein, Mylady.«

»Hat er während der Fahrt hierher nach London nichts gesagt?«

»Er hüllte sich in Schweigen, Mylady.«

»Weil Sie ihn wohl falsch angepackt haben«, seufzte sie verzweifelt. »In meiner Gegenwart hätte er natürlich gesprochen. Nun gut, ich werde ihn später verhören und dann erfahren, wer er ist.«

»Mister Henry Burgess dürfte nicht gerade unbekannt sein, Mylady.«

»Aha, der Name kam mir ja gleich so geläufig vor«, behauptete sie umgehend. »Ich wollte Ihnen nur nicht vorgreifen, Mister Parker. Und wer ist das nun?«

»Mister Henry Burgess ist ein in Fachkreisen bekannter Physiker, Mylady, der vor einigen Monaten plötzlich untertauchte. Über sein Verschwinden wurde seinerzeit erheblich gerätselt, wie Mylady sicher wissen.«

»Selbstverständlich, Mister Parker.« Sie nickte bekräftigend. »Ich habe die Schlagzeilen noch vor mir. Man behauptete damals, er wäre übergelaufen, nicht wahr?«

»Nicht direkt, Mylady«, erfolgte Parkers sanfte Korrektur. »Man sprach davon, er wäre als Geisel im Nahen Osten genommen worden. Mister Burgess verschwand während einer Urlaubsreise an den Gestaden des östlichen Mittelmeers.«

»Ich wußte es doch.« Sie nickte und lächelte wohlwollend. »Und nun ist er mein Gast hier. Ich weiß bereits jetzt, daß ich wieder mal einem sensationellen Kriminalfall auf der Spur bin, Mister Parker.«

»Dem möchte meine Wenigkeit, wenn es gestattet ist, sich voll und ganz anschließen«, antwortete der Butler. »Allein schon der Hinweis auf einen sogenannten Gartenzwerg garantiert einen zusätzlichen Reiz, wenn man es mal so ausdrücken darf.«

*

Josuah Parker rechnete mit Ärger.

Er hatte den Fahrer des Kleinlasters nicht ohne Grund neben seinem weggerutschten Fahrzeug zurückgelassen. Er brauchte Informationen über diesen Mann, der im Auftrag eines seltsamen Gartenzwerges gehandelt hatte.

Diese Informationen sollte Horace Pickett ihm beschaffen, den er gleich nach dem Zwischenfall per Telefon alarmiert hatte. Pickett und seine Freunde überwachten nun die Umgebung der Wohnung dieses Jerry Linfalt und ließen ihn nicht aus den Augen.

Für Parker war es klar, daß Linfalt seinerseits ebenfalls telefoniert hatte, wenn schon nicht mit dem Gartenzwerg, dann wohl mit Freunden, die ihrerseits vielleicht wußten, wie man sich mit diesem ominösen Mann in Verbindung setzen konnte.

Es war also damit zu rechnen, daß die Gegenseite bereits geschaltet hatte und nur darauf wartete, einen unbequemen Augenzeugen zu beseitigen.

Lady Agatha saß während der abendlichen Ausfahrt im Fond des hochbeinigen Monstrums, wie Parkers Privatwagen genannt wurde. Dieses ehemalige, schon betagt aussehende Londoner Taxi war allerdings nach seinen genauen Vorstellungen in eine Trickkiste auf Rädern umgebaut worden. Um diesen Wagen hätte selbst James Bond ihn mit einiger Sicherheit beneidet.

»Ich fahre jetzt also zu wem, Mister Parker?« fragte sie nach einer Weile.

»Zu Mistreß Jill Burgess, Mylady«, erinnerte Parker. »Es handelt sich dabei um die Ehefrau des Mister Burgess, der sich von der Brücke stürzen wollte.«

»Aha. Und ich werde dieser Frau die erfreuliche Mitteilung machen, daß ihr Mann lebt.«

»Vielleicht nicht umgehend, Mylady«, schlug der Butler vor. »Mylady haben sicher die Absicht, sich erst mal Mistreß Burgess anzusehen.«

»Das ist doch wohl selbstverständlich«, mokierte sie sich. »Eine Lady Simpson fällt nie mit der Tür ins Haus. Hier ist äußerste Diskretion geboten, aber so etwas gehört ja zu meinen Spezialitäten.«

»Mylady behandeln heikle Themen stets mit größter Delikatesse«, meinte Parker in seiner höflichen Art. »Man sollte Mistreß Burgess vielleicht mitteilen, man habe auf Umwegen erfahren, daß Mister Burgess ein Lebenszeichen von sich gegeben haben könnte.«

Während Parker diesen Vorschlag unterbreitete, blickte er wieder wie beiläufig in den Außenspiegel und sah erneut einen unauffälligen Austin, der seinem Gefährt beharrlich folgte. Am Steuer saß ein Mann von vielleicht vierzig Jahren, der keineswegs wie ein Gangster aussah. Er rauchte mit sichtlichem Genuß eine Zigarre und griff immer wieder nach vom zu seinem Radio.

Unauffälliger und ziviler konnte sich ein Autofahrer kaum benehmen, doch davon ließ der Butler sich nicht täuschen. Sein stets waches Gefühl sagte ihm, daß man es mit einem Profi zu tun hatte. Immerhin folgte der Unauffällige ihm durch die schmälsten Seitenstraßen der City. So etwas konnte kein Zufall sein.

Parker wollte sich Gewißheit verschaffen.

In einer relativ ruhigen Zone hielt er vor einem mächtigen Bürohaus, in dem laut Messing- und Bronzeschildern wenigstens sechs Anwälte ihre Praxen hatten.

»Was ist denn?« fragte Lady Agatha, die ein wenig meditiert hatte, wie sie ihre kurzen Schlafpausen zu umschreiben pflegte.

»Würden Mylady bereit sein, sich als Köder für einen Verfolger anzubieten?« fragte Parker.

»Aber jederzeit«, meinte sie und war sofort wieder hellwach. »Wer verfolgt mich?«

»Offenbar ein Handlanger des Gartenzwerges, Mylady.«

»Und wie werde ich dieses Subjekt hereinlegen?«

»Mylady brauchen nur im Wagen zu bleiben. Mit einem Überfall dürfte fest zu rechnen sein.«

»Sehr schön«, freute sie sich. »Ich werde wieder mal ein Exempel statuieren, Mister Parker. Und was werden Sie tun?«

»Meine Wenigkeit wird den Besuch bei einem Anwalt vortäuschen«, meinte der Butler. »Der Verfolger wird sich aber mit Sicherheit mit Mylady befassen wollen.«