Der Ferien-Alb-Traum - Peter Hirt-Wirz - E-Book

Der Ferien-Alb-Traum E-Book

Peter Hirt-Wirz

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Beschreibung

Voller Vorfreude auf zwei Wochen unbeschwerter Strandferien ist die junge Familie Tauscher in Phuket gelandet. Dort gerät sie jedoch aufgrund einer Verwechslung in die Fänge eines Auftragskiller-Syndikates. Vater Claude soll das Leben der Familie retten, indem er einwilligt, für die Bande zu arbeiten. Dies bedeutet aber, Morde zu verüben. Ein dramatischer Albtraum nimmt seinen Lauf und geht nach der Rückkehr in die Schweiz unvermindert weiter. Es wird sogar noch komplizierter, weil Claude auch noch seiner Arbeit nachgehen sollte.

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Seitenzahl: 766

Veröffentlichungsjahr: 2014

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Peter Hirt-Wirz war schon immer mit einer ausgeprägten Fantasie gesegnet. Zudem zählten bereits zur Schulzeit die Sprachen zu seinen Lieblingsfächern. Aber in jungen Jahren verwendete er keinen Gedanken darauf, Schriftsteller zu werden. Er entschied sich für eine „sichere“ Ausbildung im kaufmännischen Bereich.

Hirt war anfänglich in der Export-, später in der Versicherungsbranche tätig. In beiden Sparten wurde ihm reichlich Gelegenheit geboten, das sprachliche Talent bei der Textgestaltung einzusetzen, zum Beispiel beim Verfassen anspruchsvoller Briefe. Sein Einfallsreichtum lieferte ihm aber auch Ideen zu vielen Schnitzelbänken und Sketches. Wenn es etwas zu feiern gab wie runder Geburtstag, Dienstjubiläum, Pensionierung, waren seine überwiegend heiteren Verse und Texte stets willkommen.

Je näher seine Pensionierung rückte, desto mehr begann es Hirt zu reizen, sich doch noch als Schriftsteller zu versuchen. Seine Fantasie hatte ihm bereits eine Reihe von Buchideen beschert. Es mangelte ihm lediglich an der Zeit, diese zu verwirklichen.

Mit 63 Jahren trat er in den vorzeitigen Ruhestand, um sich intensiv dem Schreiben zu widmen. Da er Hausbesitzer mit grossem Garten ist, konzentriert sich die Schriftstellerei vor allem auf das Winterhalbjahr. Nach seinem Erstlingswerk, welches aufgrund des Umfangs in zwei Bänden erschien, liegt jetzt ein weiteres Manuskript bereit. Und schon kreisen seine Gedanken um die nächste Geschichte! Hirts Spezialität ist die Belletristik (Romane, Thriller).

Peter Hirt-Wirz

Der Ferien-Alb-Traum

© 2014 Peter Hirt-Wirz

Autor: Peter Hirt-Wirz

Umschlaggestaltung: Berthold Sachsenmaier

Verlag: tredition GmbH, Hamburg

ISBN: 978-3-8495-9658-3

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

1. Schöne Ferien!

Kurz nach 10 Uhr Lokalzeit bin ich mit meiner Familie in Phuket gelandet. Die langersehnten Ferien können beginnen! Unsere beiden Kinder – Lisa, 7 Jahre und Ollie, 5 Jahre - hatten während des Fluges die meiste Zeit wie Murmeltiere geschlafen. Daher sind sie jetzt munter und gut gelaunt. Obwohl meine Frau Silvia und ich selber den Flug als extrem lang und anstrengend empfunden haben, kommt jetzt auch bei uns allmählich Ferienstimmung auf.

Während meine Frau mit den Kindern etwas abseits wartet, stehe ich am Förderband der Gepäckausgabe, wo ein ziemliches Gedränge herrscht. Jemand tippt mich an die Schulter. Ich fahre herum und stehe einem kleineren, eher ungepflegten Mann gegenüber. Hastig drückt er mir einen Umschlag in die Hand, um gleich darauf wieder in der Menge zu verschwinden. Er hat eher nach einem Europäer aber kaum nach einem eben angekommenen Touristen ausgesehen. Das Couvert in C 5-Format ist zugeklebt und trägt keine Adresse. Ob es wirklich für mich bestimmt war? Der Überbringer schien sich jedenfalls seiner Sache sicher zu sein, es dem Richtigen ausgehändigt zu haben. Irgendeine Reklame kann es kaum sein, sonst hätten wohl alle rundherum denselben Umschlag erhalten. Am liebsten möchte ich ihn in die nächste Abfalltonne werfen, aber dann denke ich wieder, dass vielleicht doch etwas drin steht, das von Interesse sein könnte. Während ich am Überlegen bin, hätte ich beinahe den ersten Koffer auf dem Band verpasst. Schliesslich falte ich das Couvert zusammen und stecke es in eine Hosentasche, um mich dann mit den Koffern zu meiner Familie zu gesellen.

Als wir etwas später im Bus sitzen, der uns zum Hotel bringen soll, beobachte ich genau in dem Moment, als sich unser Fahrzeug in Bewegung setzt, wie zwei Männer angerannt kommen, um dann entgeistert festzustellen, dass sie zu spät sind. Die beiden Gestalten sehen nicht wie Ferienankömmlinge aus. Täusche ich mich, oder war nicht einer der beiden derselbe Mann, der mir den Umschlag überbracht hatte? Ich bin darum bemüht, negative Gedanken zu verscheuchen. Schliesslich liegen zwei Wochen Strandurlaub vor uns!

„Was hast du eigentlich da für einen Umschlag auf deinem Schoss?“, erkundigt sich Silvia, meine Frau. „Ein Fremder hat ihn mir in die Hand gedrückt, als ich auf das Gepäck wartete. Keine Ahnung, ob das wirklich für mich ist. Vielleicht sollte ich den Umschlag gar nicht öffnen und besser wegwerfen!“, gebe ich zur Antwort. Aber genau das tue ich dann eben nicht. Ich habe ja gerade Zeit, um meine Neugier zu befriedigen. Schliesslich dauert die Fahrt bis zum Hotel mehr als eine Stunde. Irgendwie verspüre ich im Moment, als ich dabei bin, den Inhalt aus dem Umschlag zu ziehen, ein seltsames Kribbeln im Bauch. Ich falte das A 4 – Blatt auseinander, wobei etwas zu Boden fällt. Silvia kommt mir zuvor und hebt es auf. Beim Lesen stockt mir fast der Atem: „Zielobjekt: Christopher Kocher, Abgeordneter im deutschen Bundestag. Feriengast im Hotel Silver Beach, Suite 54. Wohnt allein hier, d.h. liess Ehefrau zu Hause. Waffe in Paket im Flughafen-Schliessfach Nr. 36. Schlüssel im Umschlag. Liquidation spätestens am 12.4. Rückreise Zielobjekt ist für den 14.4. geplant.“ „Und, was steht auf dem Zettel? “, fragt Silvia frohgelaunt und holt mich von weit her in die Realität zurück. „Wohl ein makaberer Scherz, den da ein Unbekannter mit uns treibt.“ „Komm, zeig her.“ Sie langt nach dem Zettel. „Das ist ja gerade das Problem“, entgegne ich. „Ich weiss nicht recht, ob es gut ist, wenn du das liest. Wissen kann gefährlich sein.“ Doch Silvia will es wissen. „Komm, zeig‘ schon her! Mach‘ dich bloss nicht wichtig! Den Schlüssel zu deinem Geheimnis scheine ich ja bereits vom Boden aufgelesen zu haben!“ Aber beim Lesen erstarrt sie. „Du meine Güte, Claude, da hat dich jemand mit dem Killer verwechselt, der offenbar mit dem gleichen Flug angekommen ist! Du siehst aber doch einem Killer überhaupt nicht ähnlich!“ Sie mustert mich mit einem nervösen Lächeln. „Wir müssen sofort zur Polizei, wenn wir ankommen. Oder besser sollten wir‘s vielleicht gleich von hier aus mit dem Handy probieren.“ Silvia ist in Gedanken schon voll am Organisieren.

„Und wenn es doch bloss ein dummer Scherz ist?“, wende ich ein. „Ich glaube, das kann doch mindestens warten, bis wir im Hotel sind. Da können wir dann auch die Nummer der Polizei in Erfahrung bringen. Nachdem der richtige Killer ja jetzt den Auftrag gar nicht bekommen hat, ist dieser Kocher noch nicht so schnell in Gefahr.“ „Vielleicht hast du ja recht“, meint nach einer kleinen Pause Silvia; „könnte ja schon sein, dass es ein übler Scherz ist. Das müsste nämlich ein Volltrottel sein, der so etwas Bedeutendes wie einen Mordauftrag leichtsinnig einer falschen Person zuschiebt.“ Aber mir ist inzwischen klar geworden, dass das Ganze kein Spiel ist. Silva hat die beiden Männer, die beim Wegfahren auf den Bus zugerannt kamen, nicht gesehen. Es liegt auf der Hand, dass der Überbringer des Umschlages unsicher wurde, als ich mich mit dem Gepäck meiner Familie anschloss und kurz darauf nach dem richtigen Bus Ausschau hielt.

Unsere Kinder scheinen die ungewohnte Landschaft zu geniessen. Jedenfalls haben sie von unserem seltsamen in Flüsterton geführten Dialog nichts mitbekommen. Gott sei Dank!

Bereits mache ich mir Gedanken, was uns bei der Ankunft im Hotel erwartet. Silvia geht es genauso. „Ich hoffe bloss, dass man uns nicht die ganzen Ferien vermiest“, sagt sie nämlich.

Als wir den Bus verlassen und die Hotelhalle betreten, nimmt alles seinen normalen Lauf. Ich mache mich an der Rezeption bemerkbar und werde höflich gebeten, doch mit der Familie in der Nähe Platz zu nehmen. „Die Welcome Drinks kommen gleich!“, ruft eine der hübschen Empfangsdamen mit einem strahlenden Lächeln. Eigentlich wollte ich noch nach der Telefonnummer der Polizei fragen. Aber dann denke ich, dass es besser ist, keinen grossen Wirbel zu verursachen. Ich will das lieber diskret vom Zimmer aus angehen. Das erkläre ich dann auch Silvia, als sie mich danach fragt. Ich merke gleich, dass ihr das nicht so recht passt. Aber sie lässt es auf sich beruhen.

Kaum haben wir Platz genommen und uns mit dem gespendeten Drink zugeprostet, nähert sich uns ein kleinerer Mann mit Kamera. Er scheint ein Einheimischer zu sein, jedenfalls Asiate. In gebrochenem etwas lustigem Deutsch bittet er uns sehr höflich, doch schnell um die Ecke ans Licht zu kommen. Er möchte ein Willkommensbild von uns schiessen. „Kostet nichts, gehört zum Hotelservice“, meint er und grinst. Silvia und ich wechseln Blicke. Den Kindern zuliebe erheben wir uns, um die „Fotosession“ hinter uns zu bringen. Wir entfernen uns gemütlich von der Rezeption in Richtung Ausgang, angeführt vom Fotografen. Plötzlich tauchen wie aus dem Nichts von links und rechts zwei Typen auf, die ich schnell als die beiden ausmache, welche vorher unserem Bus hinterhergerannt waren. Und den einen, den kleineren, glaube ich als den Überbringer des Briefumschlages wiederzuerkennen. Doch das ist alles zur Nebensache geworden. Ich spüre den Lauf einer Pistole seitlich im Rücken und habe keine Zweifel, dass es sich bei meiner Frau genau gleich verhält. Unsere Kinder scheinen das noch nicht bemerkt zu haben. Der grössere der beiden Typen flüstert ganz langsam in gut verständlichem Englisch: „Wir besteigen jetzt unauffällig das Taxi da drüben. Wir machen ein kleines Sightseeing. Wenn Ihr schön brav seid, tun wir euch nichts.“ Der Druck des Pistolenlaufs in meinem Rücken verstärkt sich, um mich gefügig zu machen.

„Aber warum müssen wir denn so weit gehen für dieses blöde Foto?“, macht sich jetzt Lisa erstmals bemerkbar, die offensichtlich den Ernst der Lage noch nicht mitbekommen hat. Der Fotograf, der immer noch vorausschreitet, dreht sich zu Lisa um und sagt: „Es gibt eine kleine Überraschung, du wirst gleich sehen.“

Dann wird die ganze Familie ins Taxi gedrängt. Der asiatische Fotograf entpuppt sich als der Driver. Die beiden andern Typen setzen sich je einer neben Silvia und einer neben mich. Kaum haben sich die Türen geschlossen, hört jegliche Höflichkeit auf. „Und jetzt her mit dem Brief?“, fordert der grössere schroff. Ich gebe ihn ihm und lege den kleinen Schlüssel oben drauf. Er schaut erst den Umschlag an und dann mich. „Du hast den grössten Fehler deines Lebens gemacht, indem du den Umschlag geöffnet hast. Damit weisst du jetzt etwas, was dich einen Dreck angeht. Und deine Alte weiss ja wohl auch schon Bescheid. Unser Boss wird entscheiden, was mit Euch passiert. Sieht nicht gut aus!“, hält er bedrohlich fest. Dann fragt er noch: „Und was machen wir bloss mit den beiden Kindchen?“

Mir wird immer heisser. Der Schweiss rinnt mir über Stirn und Rücken. Silvia scheint es ebenso zu gehen, obwohl im Wagen die Klimaanlage auf Hochtouren läuft. Als die Kinder zu quengeln anfangen, schreit der kleinere sehr böse „Shut up!“ Beide sitzen sie jetzt wie versteinert da. Nach einer Weile nehme ich ein leises halb unterdrücktes Schluchzen wahr.

Nachdem wir eine gute Stunde kreuz und quer gefahren sind, biegt das Taxi in eine schmale Seitengasse ein, um wenig später anzuhalten. „Wir sind da“, sagt der grössere. „Wir steigen jetzt schön langsam aus. Macht bloss keine Dummheiten! Meinem Boss könnte es vielleicht recht sein, wenn ich euch abknallen muss. Dann ist das Problem schon gelöst.“ Wir betreten die Halle eines ziemlich unscheinbar wirkenden Hotels, eher untere Mittelklasse, so schätze ich. Als wir am Empfang vorbeikommen, nickt man unserer Gruppe freundlich zu. Der grössere deutet auf meine Familie und sagt: „Unsere Gäste, brauchen keine Zimmer!“ An der Rezeption gibt man sich zufrieden und will von uns keine Ausweise sehen. Der Lift bringt uns 3 Stockwerke weit nach oben. Bei Raum Nr. 44 wird dreimal geklopft. Nach einer Weile öffnet sich die Türe. Ein Riese von einem Mann, wohl an die zwei Meter, mit breiten Schultern, blondem Haar, stahlblauen Augen – ich tippe auf deutsche oder skandinavische Herkunft – lässt uns eintreten. Unsere beiden Begleiter überlassen uns dem Riesen und gehen nach dreimaligem Klopfen durch eine Verbindungstüre in den nächsten Raum. Von dort hört man sofort trotz verschlossener Türe eine brüllende deutschsprachige Stimme. Dann wird jemand heftig geschlagen. Ich kann mir ausmalen, dass der Briefüberbringer das Opfer ist. Geschieht ihm recht, ist doch er schuld, dass wir hier gelandet sind. Dann hört man wieder Stimmen, wobei die deutschsprachige Stimme immer am lautesten ist. Scheint der hocherregte Boss zu sein, der seinen Versager abkanzelt. Unsere Kinder starren unaufhörlich den „Kleiderschrank“ an, der uns bewacht. Sie bringen kein Wort heraus. Silvia lehnt sich sachte an mich. Ich sehe, dass sie Tränen in den Augen hat. Am leichten Zittern kann ich ihren Gemütszustand zusätzlich ermessen: Sie hat grosse Angst. Die habe ich auch. Aber irgendwie wirkt das Ganze bei mir immer noch unwirklich.

„Na, Lady, wir wollen doch nicht weinen, wo wir in den Ferien sind“, sagt der Bodyguard mit einem Akzent, der verrät, dass er Holländer ist. Er grinst primitiv und scheint zu überlegen, ob er Silvia da, wo seine Blicke ruhen, anfassen soll. Aber er lässt es sein. Plötzlich geht die Zwischentüre auf. Ein zirka 50-jähriger, leicht übergewichtiger etwa 1.80 grosser Mann mit Bürstenschnitt glotzt uns böse an. „Ihr seid also das Pack, welches die Nase in anderer Leute Geschäfte steckt!

Ich muss mir das Familienoberhaupt wohl einmal näher betrachten. Der Rest der Familie kann erst einmal bleiben wo er ist. Ich kann euch bloss sagen, dass euch eure verdammte Neugier noch leidtun wird.“ Dann verschwindet er kurz und erscheint gleich wieder und schiebt einen Mann vor sich her, der sich kaum auf den Beinen halten kann. Sein Gesicht ist blutüberströmt. „Das ist das Arschloch, welches den Brief dem Falschen in die Hände gedrückt hat! Er hat seine Straflektion bereits abbekommen.“ Dann lässt er den Traktierten los, welcher sogleich langsam zusammensackt. Er bedeutet mir, mitzukommen. Weinend fleht mich Silvia an, da zu bleiben. Aber der Riese packt mich sogleich und schiebt mich vor sich her ins andere Zimmer. Ich höre die Kinder schluchzen, doch gleich wird die Türe zugeknallt.

„Es missfällt mir, einen, der in anderer Leute Angelegenheiten herumschnüffelt, mit so unversehrter Visage betrachten zu müssen!“, schreit der „Bürstenschnittige“. Ich kann gar nicht sagen, wie mir geschah. Alles ging zu schnell. Als ich wieder zu mir komme, liege ich am Boden. Je klarer mein Bewusstsein wird, desto mehr verspüre ich meine Schmerzen, sowohl im Bauch wie auch im Schädel. Ich nehme salziges Blut auf meiner Zunge wahr. Ich bin froh, jetzt nicht in einen Spiegel blicken zu müssen.

Im nächsten Moment werde ich von hinten von sehr grossen und muskulösen Armen gepackt und auf einen Stuhl gesetzt. Mir geht‘s entsetzlich. Ich glaube, mich im nächsten Moment übergeben zu müssen. Aber die Leute um mich scheinen mit solchen Situationen Erfahrung zu haben. Vor meinen Augen taucht der bürstenschnittige Boss mit einem Glas in der Hand auf. „Da, sauf‘ das runter, bevor du mir auf meinen Tisch kotzest! Ich kann nämlich den Gestank von Erbrochenem nicht ausstehen. Da haben wir dir noch dein hübsches Brillchen. Liebenswürdigerweise haben wir es dir abgenommen, bevor wir dir unseren ‚Begrüssungskuss‘ verabreicht haben“, erklärt er in zynischem Ton.

Der Boss nimmt jetzt vis-à-vis von mir Platz. „Mein Name ist Karl-Heinz, für dich Herr Karl-Heinz. Weicheier wie du sind nicht nach meinem Geschmack, und von derlei Kreaturen verlange ich den nötigen Respekt mir gegenüber!“, motzt er mich an.

Ich schaue mich vorsichtig – bei jeder Bewegung zucken die Schmerzen – im Zimmer um. Der „Brieftäter“, der offenbar als eine Art Mahnmal für mich ins Zimmer zurückgebracht wurde, liegt unbeachtet zusammengekrümmt in einer Ecke am Boden. Der andere Begleiter, der uns mit hergebracht hat, steht ehrfurchtsvoll in einer andern Ecke. Auf halbem Weg zwischen ihm und mir steht ein Riese, aber nicht der Europäer, sondern ein Schwarzer. Er ist mindestens so gross und kräftig und genau so furchteinflössend wie der Holländer. Ich kann nicht einmal sagen, ob es dieser Kerl war, der mich traktiert hat. Herr Karl-Heinz scheint meine Gedanken erraten zu haben: „Den Grossen da brauchen wir fürs Gröbere, für dich hat der Kleine da hinten in der Ecke längst gereicht. Hätten Rudi oder Jeff zugelangt, könnten wir dich dem Krematorium zur Weiterverarbeitung übergeben“, gibt er mir zu bedenken.

„Doch, kommen wir jetzt zu unserem Problem“, ändert Herr Karl-Heinz das Thema. „Es gibt da nur zwei Möglichkeiten. Entweder wir müssen dich und deine Familie auslöschen – das wäre die weitaus einfachste und sicherste Lösung. Eigentlich war ich mir noch vor fünf Minuten darüber im Klaren, dass es nur diese Alternative geben kann. Aber der da, Jeff – er deutet auf den schwarzen Riesen - hat nicht nur Muskeln, er hat sogar manchmal auch noch ein Gehirn. Er hat mich auf Möglichkeit B gebracht. Jeff ist nämlich ein lieber Kerl. Er ist nicht gern von Toten umgeben. Das bereitet ihm immer Unbehagen; hat wohl mit seiner Herkunft zu tun; da unten in Afrika herrscht noch jede Menge Aberglauben. Also, die Möglichkeit B wäre, für uns zu arbeiten.“ Ich schrecke auf. „Um was für Arbeit handelt es sich denn da, wohl kaum um Büroarbeit, oder?“, frage ich. Herr Karl-Heinz grinst. „Erraten, Kleiner; mit Bürokram schlagen wir uns nicht herum; wir sind eher die Macher-Typen, nicht war Jeff, Ernesto.“ Er grinst und wie auf Kommando grinsen die beiden andern mit. Nur dem Zusammengekrümmten am Boden ist immer noch nicht danach. „Ernesto also heisst die Type da in der Ecke, die mich verhauen durfte“, geht es mir durch den Kopf.

Dann fährt Herr Karl-Heinz fort: „Wir sind die ORGANISATION. Aber das ist nicht etwa eine deutsche Erfindung. Die ORGANISATION ist überall und nirgends. Je nachdem, wo die ORGANISATION gerade tätig ist, wird einfach der Name etwas anders ausgesprochen. Wir haben keinen festen Sitz. Es wird immer adhoc getagt, wo gerade die Arbeit ruft. Eigentlich habe ich die Befürchtung, dass du für uns ein absoluter Nichtsnutz bist. Du wärest – da bin ich mir sicher – nicht fähig, die Pistole zu zücken und jemanden abzuknallen. Ein richtig kleiner feiger Spiesser! Ja das bis du wohl! Deshalb Weiss ich auch wirklich nicht, ob mich da Jeff auf eine gescheite Idee gebracht hat. Aber wie du da bei dem da am Boden in der Ecke sehen kannst, haben wir immer noch die Möglichkeit, einen Versager unschädlich zu machen. Der wahre Grund, weshalb ich überhaupt über Jeffs Idee nachzudenken begonnen habe, liegt bei deinen beiden Kindchen. Es bricht mir schon fast das Herz, wenn ich bloss daran denke, unschuldige Kinder umbringen zu müssen. Du siehst, kleine Kreatur, welch weiches Gemüt ich mir erhalten habe. Für meinen Job kann das ein echtes Hindernis sein!“

Es klopft an der Zwischentüre. Der blonde Hüne streckt den Kopf herein und sagt: „Das Weib und die Kinder werden zusehends hysterischer; soll ich ihnen das Maul stopfen?“ Ich höre ein unwirkliches Gekreische und will fast nicht glauben, dass das meine Familienangehörigen sind. Sie scheinen nervlich total zusammengebrochen zu sein. Ich will zu meiner Familie gehen; das, was ich höre, bricht mir das Herz. Aber Jeff ist schon zur Stelle und drückt mich auf den Stuhl zurück. Herr Karl-Heinz pflanzt sich vor meinen Angehörigen auf und schreit: „Wenn ihr eurem Alten helfen, ja wenn Ihr ihn überhaupt wiedersehen wollt, werdet ihr jetzt ganz schnell die Klappe halten; sonst kommt Plan A zur Anwendung. Er wird als erster sterben und dann schön langsam eines nach dem andern von euch. Kein Mucks mehr jetzt, habt ihr verstanden?“ Mit leeren Augen und offenem Mund sehe ich da meine Lieben noch kurz, bevor die Türe ins Schloss fällt. Die Worte vom Boss persönlich scheinen ihre Wirkung nicht verfehlt zu haben.

Herr Karl-Heinz wendet sich wieder mir zu. „Wir führen nur Aufträge aus – gegen gutes Geld natürlich – also müssen wir keine moralische Verantwortung tragen. Jemand will, dass ein anderer sterben muss. Der ‚Jemand‘ überweist den vereinbarten Betrag, und wir – die Spezialisten – machen die Arbeit. Der Tarif hängt von der Bedeutung der Persönlichkeit, dem Risiko und der Höhe der zu erwartenden Unkosten ab. Jeff hat überlegt, dass du mit deiner Unschuldsmiene den Eindruck erweckst, dass du keiner Fliege etwas antun könntest. Niemand würde je glauben, dass du ein ganz gemeiner, hinterhältiger, fieser Mörder sein kannst. Mit deiner Visage hast du den Vorteil, dass du ohne Probleme so nahe an dein Opfer herantreten kannst, dass es für dich ein Leichtes ist, diesem ein kleines Pillchen ins Glas fallen zu lassen. Du kannst seelenruhig stehenbleiben und zuschauen, wie dein Zielobjekt abkratzt. Niemand käme auf die Idee, du könntest die Hand im Spiel gehabt haben. Ich würde wetten, dass von hundert Anwesenden 99 vor dir verdächtigt würden! Es gibt da jede Art von Spezialisten: Die althergebrachten Killer, die mit Pistolen, Gewehren oder Stichwaffen umgehen können, die durchtrainierten Genickbrecher ohne Waffen, die Bombenleger oder jene, die in Autos die Bremsen manipulieren. Alle diese Leute sind mir sympathisch. Aber du, kleiner Schiesser, passt überhaupt nicht in diese Sammlung! Und trotzdem wirst du jetzt - gezwungenermassen - in die Reihen der andern echten und ehrlichen Killer aufgenommen! Ein total unpassendes Exemplar, ein Exot sozusagen!“ Herr Karl-Heinz hat sich regelrecht hineingesteigert. „Nachdem ich dir das alles gesagt habe, ist die Entscheidung über deine Zukunft schon gefallen. Es gibt kein Zurück mehr.“ Er betrachtet mich, und ich kann seinen Hass und seine Abneigung mir gegenüber förmlich spüren. Mir ist heiss und kalt zugleich und schlecht noch dazu. „Kann ich noch einen starken Drink haben, bitte?“, bringe ich schliesslich aus meiner vertrockneten Kehle hervor, „sonst müssen Sie dann doch noch den Gestank von Gekotztem ertragen.“ Nachdem mir Herr Karl-Heinz gütigerweise eine kleine Pause zum Trinken des Hochprozentigen gegönnt hat, fragt er: „Und? Haben wir uns verstanden? Alles klar? Oder soll da einer meiner Knochenbrecher dich doch noch etwas am Geruch des Todes schnuppern lassen?“

Es scheint, dass die Schnäpse ihre Wirkung auf mich nicht verfehlt haben. Wie sonst wäre es möglich, halbwegs gelassen dazusitzen bei der mir in Aussicht gestellten Zukunft?

„Hast du eigentlich auch einen Namen?“, erkundigt sich der Boss. „Ah, ja, wir haben da ja deinen Pass. Reine-Claude also heisst du, Reine-Claude Tauscher, Schweizer. Wie kommt ein biederes kleines deutschschweizerisches Arschloch zu einem französischen Vornamen?“ Die Antwort auf seine Frage gibt er gleich selber. „Wahrscheinlich hat deine Alte in Verehrung irgendeines französischen Schauspielers dir diesen unpassenden Namen gegeben. Aber egal, dein Namen erinnert mich an eine Pflaume. Und eine Pflaume bist du ja alleweil.“

„Ich werde das nicht tun, was Sie da von mir verlangen!“, höre ich mich dann sagen. „Sie werden mich nicht daran hindern können, dass ich zur Polizei gehe und Sie auffliegen lasse. Wenn ich einen solchen Auftrag ausführen muss, bin ich ja draussen unterwegs, und da können Sie mich gar nicht ständig im Auge behalten!“

„Nun hör dir mal diesen kleinen Klugscheisser an!“, entgegnet Herr Karl-Heinz und lässt ein höhnisches Lachen folgen. „Du hast noch lange nicht begriffen, wie das Ganze abläuft. Wir haben unsere Leute überall. Du bist doch interessiert, dass deinen Lieben nichts geschieht. Sie und du werden immer in unserer Reichweite und in unserem Visier sein. Jede falsche Entscheidung hat sehr harte Konsequenzen. Denk‘ bloss an deine Kindchen, wie gebrechlich und gefährdet sie doch in dieser bösen Welt sind. Unter deinem Haus könnte, bevor du von hier dorthin zurückgekehrt sein wirst, eine Sprengladung angebracht sein, die jederzeit von einem unbekannten Ort aus gezündet werden kann. Oder deine Kindchen und dein Frauchen könnten Pech haben und von einem Auto angefahren oder vor ein solches geschupst werden. Denk‘ daran: Die ORGANISATION ist überall. Haben wir jemanden an der Angel, gibt es kein Entrinnen, ausser dass der Tod uns scheidet, was sich natürlich auf deine ganze Familie bezieht. Das alles tönt furchtbar brutal. Aber es muss ja gar nicht so schlimm ausgehen. Ich verlange einfach blinden Gehorsam mir und der ORGANISATION gegenüber und absolute Loyalität. Einen Versuch, die ORGANISATION auffliegen zu lassen, würde die Familie Tauscher mit dem Tode bezahlen!“

„Jetzt nützt mir kein Schnaps mehr, ich werde gleich kotzen, und in die Hose gemacht habe ich schon“, sagt meine Stimme von weit her, als ob jemand anderer für mich reden würde. „Du meine Güte, Jeff, bring das kleine Stinkschwein aufs Klo und lass‘ es saubermachen, bevor hier die ganze Bude verpestet ist“, schimpft der Boss. „Das ist doch nicht zu fassen; da rede ich in ganz normalem Ton mit diesem Weichling, und der bringt es fertig, in die Hose zu scheissen. Und kotzen will er auch noch. Ob du da bloss eine schlaue Idee gehabt hast, Jeff, wenn ich mir das alles zusammenreime!“

Wohlbehütet von Jeff gehe ich ins Badezimmer. Dieser klemmt sich die Nase zusammen und deutet mir, ich solle eine Dusche nehmen, aber mich beeilen. Vorher gelingt es mir, einen kurzen Blick in den Spiegel zu werfen. Im Vergleich zum dumpfen Kopfschmerz, den ich immer noch verspüre, sieht meine Visage überraschend unversehrt aus. Die Kerle sind halt eben Profis. Können hinlangen, wo’s weh tut, ohne grosse Spuren zu hinterlassen. Als ich aus der Kabine komme, drückt mir Jeff einen sauberen Slip in die Hand. Als ich diesen etwas fragend betrachte, grinst Jeff. „Nicht von mir, wäre zu gross für dein kleines Arsch. Ist neu, von Supermarket.“ „Nimmt mich bloss wunder, was ihr beide da drinnen getrieben habt, dass das so lange dauert!“, ist die überaus höfliche Begrüssung von Herrn Karl-Heinz, als wir wieder ins Zimmer kommen.

„Okay, setz‘ dich wieder hin, Pflaume. Dank deinem Namen hast du dir auch gleich den zu Dir passenden Übernamen besorgt. Wir haben zu unserer allseitigen Verständigung noch mehr zu besprechen. Ich frage mich bloss, ob ich besser deine Alte gleich mithören lassen soll. Sonst musst du ihr hinterher alles selber beibringen. Ich möchte lieber dabei sein und ihre Reaktion mitverfolgen.“ Schon steht er in der Türe und will nach Silvia verlangen. Da stellt sich Rudi vor ihn und redet kurz leise auf ihn ein.

„Es gibt eine kleine Pause für dich, Pflaume“, wendet sich Herr Karl-Heinz an mich, „wir haben noch etwas Wichtigeres zu erledigen als mit dir herumzuquatschen.“ Während ich zu meiner Familie hinübergeschoben werde, geht hastig ein etwa 35-jähriger, hellblonder, durchtrainiert wirkender Europäer an mir vorbei und verschwindet mit dem Boss im andern Zimmer, welches mittlerweise schon fast zu meiner zweiten Heimat geworden ist. Ich frage mich, ob ich gerade den richtigen Killer gesehen habe, für den eigentlich der mir ausgehändigte Briefumschlag bestimmt gewesen war. Als ich mich zu meinen Lieben setze, werde ich von Frau und Kindern schluchzend umklammert. „Haben sie dich geschlagen“, erkundigt sich Silvia und mustert mein Gesicht. „Ich weiss gar nicht genau, was geschehen ist“, gebe ich zurück. „Ich kam am Boden liegend wieder zu mir und hatte Kopf- und Bauchschmerzen. Aber ich glaube, dass das, was ich mir habe anhören müssen, mir mehr zugesetzt hat als die Schläge.“ „Wie meinst du das“, will Silvia gerade fragen, als sich auch schon Rudi einmischt. „Hört auf mit dem Gequatsche; kümmere dich gescheiter um deinen Haufen, damit das blöde Geschluchze endlich aufhört. Mir ist davon schon ganz übel!“

Nach einem kurzen Moment der Stille geht auch schon die Zwischentüre wieder auf. Der Killer, sofern er es ist, kommt zielstrebig und mit federndem Schritt heraus. Herr Karl-Heinz sagt ihm ein paar freundliche Abschiedsworte hinterher und schliesst mit den Worten „Pass‘ gut auf dich auf, Partner!“. Und schon ist der Kerl verschwunden. Ich beginne mir gerade auszumalen, wie er gleich seine Vorbereitungen für die Ausführung seines Auftrages in Angriff nehmen wird, als ich jäh aus meinen Gedanken in die Wirklichkeit zurückgeholt werde. „So, Pflaume, diesmal darf deine Alte gleich mithören. Rudi wird unterdessen mit euren Kindchen ein paar lustige Spielchen machen, damit sie auf etwas fröhlichere Gedanken kommen.“ Silvia und ich müssen jetzt Seite an Seite vis-à-vis von Herrn Karl-Heinz Platz nehmen.

„Silvia heisst du also“, fängt der Boss die Unterhaltung an, „Silvia Tauscher, Hure eines deutschschweizerischen Hurensohnes, der Briefe aufmacht, die ihn nichts angehen!“ Ich beobachte Silvia von der Seite und sehe, wie bei dieser beleidigenden Einleitung ein Ruck durch sie hindurchgeht. Sie sitzt jetzt sehr aufrecht da und scheint entschlossen, der Herausforderung, die da auf sie zukommt, mit Mut und Entschlossenheit zu begegnen. „Dein kleiner Scheisser von einem Mann“, fährt Herr Karl-Heinz fort, „hat den ersten Hosenschiss bereits hinter sich. Ich hoffe, dass es bei dir ohne das abgeht. Also, dein Reine-Claude und ich haben uns bereits auf unsere künftige Zusammenarbeit geeinigt. Dank dieser Übereinkunft bleibt ihr vorläufig am Leben. Habe ich alles richtig gesagt, Reine-Claude, kleiner Pflaumenscheisser?“ „Von einer Einigung kann nicht…“ Ich werde abrupt unterbrochen. „Sind wir uns einig oder nicht?“, wendet sich der Boss mit bedrohlicher Miene und weit vorgeneigt an mich. „Sie haben mich zu dieser künftigen Zusammenarbeit gezw…“ Das Ende meines Satzes geht in kräftigen Ohrfeigen von Herrn Karl-Heinz unter. Beim ersten Schlag ist meine Brille weggeflogen. Jeff setzt sie mir wieder auf; sie ist noch ganz. „Fassen Sie meinen Mann nicht nochmals an, sonst…“, schreit Silvia ganz ausser sich. „Sonst was?“ Äfft sie der Chef höhnisch nach. „Wollen Sie mir vielleicht drohen? Wenn hier jemand Grund hat zu drohen, dann bin allein ich das, verstanden! Und setz‘ dich jetzt sofort wieder ordentlich hin, kleine Hure, sonst verpasse ich dir auch noch eine – ganz gegen meine Überzeugung, Frauen zu schlagen. Euer Leben hängt an einem seidenen Faden, hast du das denn noch nicht begriffen? Entweder, ihr haltet euch an die vorgegebenen Spielregeln, oder ihr werdet, müsst ausgeschaltet werden, weil ihr zu viel wisst!“ Herr Karl-Heinz macht eine Pause, offenbar, um seiner Aussage zusätzlich Gewicht zu verleihen. „Wir befinden uns hier in einem Land, in welchem es ein Leichtes wäre, ein paar unbedeutende Leutchen verschwinden zu lassen!“, fügt er noch hinzu.

Ich weiss nicht genau, wie es um Silvia steht, aber mir geht es scheusslich. Seit den Ohrfeigen vom Chef persönlich hämmert mein Schädel regelrecht, und ich bin kaum noch in der Lage, aufrecht zu sitzen, geschweige denn zuzuhören. Der Boss scheint die Lage erfasst zu haben. Ich bekomme einen weiteren Drink und dazu 2 Tabletten. „Die Hure kann zurück zu den Kindern gehen. Du legst dich da aufs Bett. Wir machen eine kleine Pause. Aber nachher gibt es keine Spielchen mehr. Wir stehen unter Zeitdruck. Ihr solltet ja bald in eurem Hotel sein, um die Zimmer zu beziehen. Wir wollen vermeiden, dass man sich im Hotel Sorgen macht. Das seid Ihr nämlich gar nicht wert“ Der Boss grinst zu Jeff hinüber. „Du passt auf den Scheisser auf. Lass ihn zufrieden, ausser er macht Probleme. Er sollte, wenn ich zurückkomme, wieder aufnahmefähig sein. Es ist jetzt schon 16 Uhr. Um 18 Uhr müssen wir unbedingt mit diesem Rudel zum Hotel fahren, sonst handeln wir uns Schwierigkeiten ein. Rudi kann auf den Rest der Familie aufpassen. Ich verschwinde für einen Moment, hab‘ mich ja schon fast heiser geredet.“

Als ich wachgerüttelt werde, ist kaum eine halbe Stunde vergangen. Ich werde zu meinem Stuhl zurückkomplimentiert. Silvia hat auf dem Stuhl daneben bereits Platz genommen. Die Tabletten haben Wirkung gezeigt. Im Vergleich zu vorher ist mein Kopf so leicht, dass ich ihn regelrecht berühren muss, um sicher zu sein, dass er noch da ist.

„Also“, fängt Herr Karl-Heinz wieder an und richtet seinen Vortrag vor allem an Silvia, „jetzt bitte keine Spielchen mehr! Dein Reine-Claude wird künftig so hin und wieder eine kleinere oder grössere Reise antreten, entsprechend unseren Anweisungen. Ziel dieser Reisen ist es, irgendwo in dieser weiten Welt jemanden umzubringen, weil es einen Auftraggeber gibt, der dafür bezahlt hat, dass dieses Leben zu Ende geht. Könnt ihr meinen Ausführungen folgen? Silvia und ich nicken stumm. Was sollen wir im Moment auch anderes tun. Reine-Claude geht nach den Ferien genauso seinem Job nach wie bisher. Das Familienleben läuft fast gleich weiter wie bisher, abgesehen von den gelegentlichen Reisen von Papi. Diese Reisen finden wenn immer möglich an den Wochenenden oder sonstigen Feiertagen statt. Papi muss also nicht einmal seine Ferien opfern. Natürlich werden Nachbarn, Freunde und Arbeitskollegen bald einmal Wind von Papis Reisen bekommen. Neugier wird sie packen. Sie wollen wissen, was mit Papi los ist. Also braucht ihr eine plausible Notlüge. Verstrickt euch bloss nicht in Schwierigkeiten, indem ihr den Arbeitskollegen, den Verwandten und Freunden unterschiedliche Versionen erzählt, sonst werdet ihr sehr bald in Teufels Küche geraten. Wenn ihr mich fragt, kommen als einzige Notlüge die Weiber in Frage. Die Ehefrau hat ihren kleinen Pflaumenscheisser ganz schön unterschätzt. Jetzt hat sich dieser doch tatsächlich irgendwo eine Freundin zugelegt, nach der er hin und wieder das grosse ‚Reissen‘ verspürt. Die Verwandten und Bekannten, vielleicht auch Arbeitskollegen, werden entsetzt sein, dass ein so kleinkariertes Arschloch aus dem idyllischen Familienrahmen ausbricht und so etwas Unmoralisches tut.“ Der Boss, dessen Stuhl höher ist als es unsere sind, schaut mit einer Art väterlicher Miene auf uns beide herunter. „Ihr seht, die Sache ist gar nicht so kompliziert. Sie wird es nur, wenn ihr auf dumme Gedanken kommt. Solltet ihr euer Geheimnis jemandem verraten, insbesondere der Polizei, werden wir das ganz schnell wissen; denn unsere Augen und Ohren sind überall, wirklich. Und der Tod wird sich an euch heranschleichen wie die Pest, dies aber mit null Prozent Überlebenschance.“

Silvia langt nach meiner Hand und drückt sie. Wir schauen uns an, beide mit Tränen in den Augen. „Nun bloss keine Szene“, spöttelt Herr Karl-Heinz. „Gleich bringen wir euch zum Hotel und dann könnt ihr – mit einer kleinen Verzögerung – Eure Ferien geniessen, als ob nichts gewesen wäre. Etwas Wichtiges habe ich ja noch vergessen. Für die erfolgreich ausgeführten Aufträge fliesst ein sehr gutes Salär auf ein Konto, voraussichtlich in Luxemburg. Der Killer kassiert jeweils 10 % des Honorars, welches die ORGANISATION ausgehandelt hat. Die 10 % müssen auch die persönlichen Unkosten anlässlich der Reisen abdecken. Die Flugbillette besorgen wir; diese sind jeweils am Flughafen hinterlegt. Aus Sicherheitsgründen erfolgen die Abflüge von unterschiedlichen Flughäfen. Ich glaube, das Wichtigste ist gesagt.“ Als wir schon in der Zwischentüre stehen, stoppt uns Herr Karl-Heinz nochmals. „Wenn ihr im Hotel ankommt, müsst ihr einen Grund für euer plötzliches Verschwinden angeben. Das ist einfach: Freunde von euch, die schon früher in Thailand angekommen sind, haben euch zu einem Überraschungs-Willkommensapéro ausserhalb der Stadt „entführt“. Man wird euch da bestimmt keine Schwierigkeiten machen.“ Dann drückt uns der Boss ein Kärtchen in die Hand. Dieses ist namenlos. Es steht nur eine Handy-Nummer darauf. „Sollte bei eurem Gepäck in eurer Abwesenheit etwas abhanden gekommen sein, könnt ihr mich unter dieser Nummer erreichen. Ich wünsche einen erholsamen und wunderschönen Ferienaufenthalt. Der Taxidriver erwartet euch unten.“ Mit diesen Worten und einem boshaften Grinsen lässt uns Herr Karl-Heinz stehen. Rudi ist bereits verschwunden. „Ich wette, dass die Kerle der ORGANISATION schneller aus diesem Hotel abgehauen sind als wir!“, sage ich zu Silvia.

Als wir aus der Hotelhalle ins Freie treten, entfernt sich gerade ein Taxi, aus dem uns Herr Karl-Heinz, Jeff und Rudi mit einem breiten Grinsen zuwinken. Nur von unseren vorherigen Begleitern ist nichts zu sehen. Ernesto wird wohl seinen Kumpel noch aufpäppeln müssen, bis er ebenfalls reisefähig ist. Unser Taxidriver (und Fotograf) erwartet uns schon und strahlt uns an. Meine Frau kommt mir zuvor und motzt ihn an: „Sie haben uns angelogen; Sie haben genau gewusst, was hier gespielt wird!“ Der Thailänder verneigt sich und antwortet: „Sorry, vielmals, ich wurde erpresst, konnte nichts machen. Sie können mich dafür einen Tag mieten. Kostet Sie nichts. Wir können die Reise nach Ihren Wünschen zusammenstellen. Ich gebe Ihnen mein Kärtchen, oder soll ich mich in ein paar Tagen mal an der Rezeption melden?“ „Nein, wir haben zu schlechte Erinnerungen an Sie“, entgegne ich, „bringen Sie uns zum Hotel zurück und dann verschwinden Sie ein für allemal aus unserem Leben!“ Der Mann ist offensichtlich tödlich beleidigt. Er steigt ein und fährt los, ohne auch nur noch ein Wort zu sagen. Vor dem Hotel bleibt er demonstrativ im Wagen sitzen und wartet, bis wir ausgestiegen sind. Dann braust er mit quietschenden Reifen davon, ohne uns noch eines Blickes zu würdigen.

„Ah, Familie Tauscher, da seid ihr ja wieder! Wo wart ihr denn bloss hin verschwunden? Wir haben uns schon grosse Sorgen um euch gemacht und überlegt, ob wir die Polizei rufen sollen. Geht es euch gut?“ Mit diesen Worten werden wir bei der Rezeption offenbar vom Direktor persönlich in Empfang genommen. Ich höre mich etwas mechanisch und vielleicht auch wenig überzeugend die Story vortragen, die mir Herr Karl-Heinz aufgetragen hat. „Tut mir Leid, Sir, ich habe wohl etwas viel getrunken bei unseren Freunden“, füge ich als eine Art Entschuldigung für meine schwache Vorstellung an. Dann sage ich nochmals: „Sorry, wenn Sie sich schon Sorgen um uns gemacht haben.“ Ob der Direktor uns unsere Geschichte abgekauft hat, werden wir nie erfahren. Jedenfalls wird jetzt zur Tagesordnung übergegangen. Wir haben einen kleinen Fragetalon auszufüllen, erhalten unsere Badges und die üblichen Instruktionen. Dann werden wir samt unserem Gepäck zu unserem Zimmer für 2 Erwachsene und 2 Kinder gebracht.

Kaum sind wir allein, wirft sich Silvia aufs Bett und fängt hemmungslos zu weinen an. Die Kinder, die seit Rudis Spielrunde den grössten Schrecken etwas verdaut zu haben scheinen, schauen entsetzt auf Mami. „Was hat sie denn bloss?“, fragt mich Lisa mit weinerlicher Stimme? „Ja, weisst du Lisa, als Mami und ich vorher im Nebenzimmer waren, haben die sehr übles Zeug mit uns geredet“, versuche ich ihr zu erklären. Lisa und Ollie starren mich mit grossen Augen an. In ihren Köpfen scheint es wie wild zu arbeiten. „Hat das etwas mit dem Brief zu tun, den du im Bus aufgemacht hast?“ will dann Lisa wissen. „Du hast es erraten; es war von Anfang kein Foto geplant; man hat uns entführt. Es ging um den Brief.“ „Und? Hast du ihn ihnen gegeben?“, fragt Lisa und ich bejahe. „Dann ist ja jetzt alles gut“, sagt meine Tochter wie erleichtert, „aber warum weint denn Mami trotzdem so furchtbar?“ Mir selber ist eigentlich auch danach zu weinen oder noch eher das Elend laut hinauszuschreien, in welches wir geraten sind. „Weisst du Lisa, diese Leute waren sehr böse zu uns. Mich haben sie geschlagen und Mami haben sie gedroht, ihr schönes Gesicht zu zerkratzen. Vielleicht ist es gut, dass Mami jetzt weinen kann. So löst sich allmählich die ganze Anspannung.“ Ich sehe, dass Ollie und Lisa sehr schwere Augen bekommen haben und wohl bald einschlafen werden. Ich bin froh darüber, denn ich merke, dass bei mir die Wirkung der Tabletten und der Drinks langsam nachlässt und mein Schädel wieder zu hämmern anfängt.

Weder Silvia noch ich haben einen erholsamen Schlaf genossen. Aber es ist Morgen, und Lisa und Olli sind schon munter. Meine Frau klagt jetzt auch über Kopfschmerzen. Mir ist zudem noch schlecht. „Ich glaube, wenn ich mich rühre, gehe ich mich gleich übergeben“, sage ich leise zu meiner Frau. „Dabei sollten wir doch heute hinunter zum Strand gehen, damit die Kinder auf andere Gedanken kommen und etwas in Ferienstimmung geraten“, meint Silvia. Meine Frau gibt mir ein kleines Pillchen, welches ich auf der Zunge zergehen lassen muss. Es soll meinem Magen etwas auf die Sprünge helfen. Ich gebe mir noch etwas Zeit und kann mich dann tatsächlich erheben, ohne gleich Brechreiz zu verspüren. Bloss ans Essen denken, nein, das mag ich nun wirklich noch nicht.

Die Kinder geniessen das Frühstücksbuffet in vollen Zügen, während Silvia und ich uns mit einer Tasse Kaffee begnügen. Als wir für einen Moment allein sind, meint Silvia: „Wir sollten diesen deutschen Abgeordneten warnen. Wir wissen, dass er sterben soll, und wir haben es in der Hand, vielleicht wenigstens, das zu verhindern. Wir können doch nicht einfach seelenruhig Ferien machen und das geschehen lassen.“ „Das geht mir ja auch die ganze Zeit durch den Kopf“, entgegne ich, „aber du weisst, wenn wir etwas unternehmen, begeben wir uns in grosse Gefahr. Es ist schwer abzuschätzen, wie viel von dem, was Herr Karl-Heinz gesagt hat, Bluff ist. Wir haben zwei Kinder, für die wir Verantwortung zu tragen haben. Ich würde es, glaube ich, nicht überleben, wenn ihnen oder auch dir etwas zustösst, und ich müsste mir den Vorwurf gefallen lassen, dies durch meinen vermeintlichen Mut verschuldet zu haben.“ Gott sei Dank kommen auch schon die Kinder frohgelaunt an den Tisch zurück und fangen zu erzählen an, was es da alles zu essen gibt – man weiss fast nicht, was man nehmen soll. Meine Frau und ich versuchen, den Kindern unsere Aufmerksamkeit zu schenken, aber so recht gelingt das nicht. „Du bist jetzt in den Ferien, Papi; hör‘ endlich auf, an deine Arbeit zu denken“, meckert bald einmal Lisa. Mir gefällt es, dass meine Tochter glaubt, ich denke an meine Arbeit. „Ja, weisst du, einfach so auf Kommando kann man eben nicht abschalten“, erkläre ich ihr. Es macht den Anschein, dass unsere Kinder die Episode vom Vortag wie einen bösen Traum erlebt und inzwischen fast vergessen haben.

Silvia fühlt sich so einigermassen – sie hat ja auch keine Schläge bekommen. Bei mir sind die Kopfschmerzen wieder voll da. Bei der Vorstellung, mit der Familie an den Strand zu gehen, wird mir schon ganz übel. Nach dem Vorgefallenen verspüre ich andererseits einen gesteigerten Beschützerinstinkt, was mir verbietet, Frau und Kinder allein an den Strand gehen zu lassen. Ich beschliesse, gegenüber den Kindern ein Stück meines Befindens offenzulegen. „Entweder müsst ihr noch ein wenig Geduld mit mir haben, bis sich meine Kopfschmerzen etwas gelegt haben; oder ihr müsst ohne mich an den Strand gehen.“ Ollie schaut mich nachdenklich an. „Wenn du nicht mitkommst, ist es aber nicht lustig“, erklärt er. Lisa doppelt nach und fängt schon an aufzuzählen, was wir alles unternehmen wollen. Da schreitet meine Frau ein: „Es kommt überhaupt nicht in Frage, dass wir ohne Papi an den Strand gehen. Entweder alle oder niemand. Da Papi Migräne hat, wird er jetzt zuerst eine Tablette schlucken. Wir warten, bis diese gewirkt hat, und dann geht’s ab zum Strand. Und dann müsst ihr halt einige eurer Pläne auf morgen und übermorgen verschieben, weil Papi wahrscheinlich unter dem Sonnenschirm hocken bleiben und uns zuschauen wird.“ „Der General hat befohlen“, geht es durch meinen brummenden Schädel, aber ich bin Silvia dankbar dafür, dass sie den „Tagesbefehl“ für mich verlesen hat. Ich schlucke also wieder einmal eine starke Pille und lege mich nochmals hin. Während ich zur Decke starre, sind meine Gedanken leider weit weg von der Familie. Ich versuche mir den deutschen Abgeordneten vorzustellen. Wird ihn der Tod, wenn es dazu kommen sollte, wie ein Blitz aus heiterem Himmel treffen? Oder hat er eine Vorahnung? Hat er vielleicht schon Morddrohungen bekommen? Hat er womöglich etwas auf dem Kerbholz und lebt ständig mit dem Gedanken, dass ihm etwas zustossen könnte? Wer sind die Leute, die die Hinrichtung angeordnet haben? Müssen auf jeden Fall reich sein, wenn sie eine hohe Summe auf den Tisch legen können, damit jemand für sie die Drecksarbeit – den Mord - übernimmt. Irgendwie beschleichen mich zwischendurch Zweifel, ob der Herr Kocher es verdient, dass man Mitleid mit ihm hat. Könnte sogar sein, dass er selber jemanden umbringen liess oder gar selber getötet hat. Jemand hat es herausgefunden und will es ihm heimzahlen. Bei all‘ dem Grübeln schlafe ich schliesslich ein.

Als ich erwache, steht Silvia neben mir und streichelt meinen Kopf. „Wie fühlst du dich? Du warst eingeschlafen, und seit du die Pille geschluckt hast, ist schon eine gute Stunde vergangen.“ Ich hocke mich aufs Bett, um erst einmal Näheres über mein Befinden feststellen zu können. „Ich glaube, es geht mir ordentlich“, kommentiere ich meinen Zustand, was von den Kindern mit Hurrage-schrei quittiert wird. „Nicht so laut, sonst bekommt Papa gleich einen Rückfall!“, werden sie von Silvia gebremst.

Unser erster richtiger Ferientag kann also beginnen. Ich nehme meinen Platz unter dem Sonnenschirm ein und versuche, so aufmerksam wie möglich zuzuschauen, was Silvia und die Kinder unternehmen. Ich muss darauf gefasst sein, bald ein erstes Mal abgefragt zu werden, ob ich dieses und jenes mitbekommen habe. Als mich dann plötzlich Ollie heftig rüttelt und wild drauflos zu erzählen anfängt, holt er mich von weit her an den Strand zurück. Diesmal war ich in die Zukunft unserer Familie abgeschweift. Ich habe mir vorzustellen versucht, wie ich mich verhalten werde, wenn dereinst die Anweisungen für meinen ersten Mord erteilt werden. Ja, was werde ich dann tun? Ich bin eigentlich froh, dass mich Ollie von diesen Gedanken für einen Moment erlöst hat und wende mich jetzt ihm zu. Nachdem mein Kopf sich ziemlich ruhig verhält, lasse ich mich sogar überreden, unter dem Sonnendach hervorzukriechen und mit ins Wasser zu kommen. Für einen kurzen Moment lang kommt es bei mir zu einem echten kleinen „Ferienausbruch“, was die Kinder mit dankbarem Jauchzen quittieren. Aber so nach einer halben Stunde beginnt der kleine Poltergeist hinter meiner Stirne wieder zu hämmern. Ich flüchte mich in eine Mischung aus Ausreden und Entschuldigungen und verkrieche mich zu aller Enttäuschung, auch von Silvia, wieder im Schatten. Dann lasse ich so diskret wie möglich eine weitere Pille in meiner Mundhöhle verschwinden. „Du kannst diese Migräne-Pillen nicht in so kurzen Abständen nehmen! Sie werden rasch an Wirkung verlieren, oder du wirst süchtig!“ Ich schrecke auf und sehe in die vorwurfsvollen Augen meiner Frau, die mich also durchschaut und geahnt hat, dass ich mich gleich wieder den Medikamenten zuwenden werde. Ich fühle mich so was von elend. Da sind die Kinder, die lustige Ferien verbringen möchten, da ist Silvia, die sich in der Lage fühlt, den Kindern gegenüber mit ziemlichem Erfolg gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Da bin ich – der Bremsklotz – mit dem brummenden Schädel. „Du musst dir keine Vorwürfe machen“, holt mich Silva aus meinen ziemlich depressiven Gedanken zurück, „ich weiss ja, was mit dir geschehen ist. Ich möchte bloss den Kindern nicht auf die Nase binden, wie man dich traktiert hat. Ich hoffe nämlich, dass sie das nicht richtig mitbekommen haben. Das wäre sicher ein Trauma für sie.“

„Die Kinder haben Lust auf Glace und ich eigentlich auch“, sagt Silvia etwas später; „möchtest du auch eine?“ „Ich glaube, es ist besser, wenn ich verzichte oder aber noch zuwarte, in Anbetracht meiner Verfassung“, gebe ich zur Antwort. Dann schaue ich Silvia nach, wie sie sich Richtung Kiosk entfernt. Dabei fällt mir auf, dass ein Mann etwas rechts hinter mir ebenfalls meiner Frau nachstarrt. Das ist ja weiter nicht verwunderlich; denn ich denke, dass Silvia nach wie vor so attraktiv ist, dass sich Männer nach ihr umdrehen. Und der Kerl in meiner Nähe scheint allein da zu sein. Doch plötzlich klickt es in meinem noch etwas verlangsamten Schädel: Das ist doch Ernesto, einer der beiden Entführer; nicht der Überbringer des fatalen Briefes, sondern jener, der mich zur Begrüssung beim Boss „verhauen“ durfte. Er hat bemerkt, dass ich zu ihm hinüberglotze und deutet mir mit der Hand ein schwaches „Hallo!“ an, worauf ich ihm ebenfalls leicht zuwinke. Ich muss mich also wirklich keinen Moment allein fühlen, auch wenn der Rest meiner Familie kurz etwas weiter weg ist. Als sie zurückkehren, gibt mir Silvia einen Kuss. „Anstelle der Glace“, erklärt sie.

Die Kinder, welche jetzt im Begriff sind, eine Sandburg zu bauen, und meine Frau, die sich mit Lesen beschäftigt, haben nichts bemerkt, und Ernesto scheint das in Ordnung zu finden und legt sich wieder hin. Ich habe beschlossen, Silvia nicht zu verraten, dass wir Gesellschaft bekommen haben. Vielleicht sag‘ ich’s ihr nach unserer Rückkehr ins Hotel. Doch gleich kommt mir ein fataler Gedanke: Hat Herr Karl-Heinz in unserem Hotelzimmer Wanzen anbringen lassen? Oder trage ich allenfalls sogar eine auf mir? Die Dinger sind ja so klein, dass man sie glatt übersehen kann. Als ich einen Blick über meine Schulter werfe, sehe ich gerade, dass sich Ernesto entfernt. Seine Mission scheint damit erfüllt zu sein, dass ich ihn bemerkt habe. Ich sollte einfach wissen, dass die ORGANISATION ihre Augen und Ohren überall hat.

Im Laufe des Nachmittags bessert sich mein Zustand zusehends, und ich gehe jetzt selber an den Kiosk. Bloss habe ich eher Lust auf ein kleines Sandwich als auf Glace. Bald einmal finden wir uns alle Vier im Wasser wieder, und Lisa und Ollie sind überglücklich, dass ich mich jetzt doch noch an der grossen Planscherei beteilige. Irgendwann setzen sich Silvia und ich unter den Sonnenschirm, während sich die Kinder einige Meter entfernt wieder ihren Sandspielen zuwenden. „Wir hatten vorher Besuch“, sage ich leise zu meiner Frau. „Und es war erst noch die Type, welche bei mir Hand anlegen durfte mit dem ausdrücklichen Segen von Herrn Karl-Heinz.“ „Die machen wirklich alles, um uns die Ferien zu vermiesen! Aber wir weigern uns, uns von denen unterkriegen zu lassen, nicht wahr?“, meint darauf Silvia. „Es könnte auch sein, dass unser Hotelzimmer inzwischen verwanzt ist. Das würde der Saubande ähnlich sehen“, gebe ich zu bedenken. „Meinst du wirklich, dass die so weit gehen? Dann müssen wir ja unsere Gespräche einer „Selbstzensur“ unterziehen“, erwidert meine Frau. „Es ist wohl am besten, wenn wir – zumindest im Hotelzimmer oder in Gegenwart Dritter – das Thema ORGANISATION auslassen. Das wäre vielleicht ja sogar nützlich, um uns mindestens einen Rest Ferienstimmung zu erhalten“, gebe ich zu bedenken, und meine Frau stimmt mir zu.

Allmählich scheinen unsere Kinder zu ermüden, denn sie fangen an zu streiten und zerstören sich gegenseitig ihre Kunstwerke aus Sand. Zeit also, ins Hotel zurückzukehren.

Während meine Frau damit beschäftigt ist, unsere Kinder zu baden, benütze ich die Gelegenheit, um meinen Körper und meine Kleider nach einer Wanze abzusuchen, aber es kommt nichts zum Vorschein. Eine Ausdehnung der Suche auf das ganze Hotelzimmer erübrigt sich für mich. Die kleinen Dinger können so unterschiedlich aussehen und so raffiniert versteckt sein, dass ein Laie wie ich es bin, da hoffnungslos überfordert ist.

Das Nachtessen findet wie das Morgenessen in Buffetform statt. Zu meiner Überraschung habe ich jetzt auch richtig Hunger bekommen. Silvia geht es ähnlich, und so beschränken wir uns im Gegensatz zum Morgenessen nicht mehr darauf, unseren Kindern beim Essen zuzuschauen. Lisa und Ollie gefällt das natürlich viel besser.

Nach dem Nachtessen schlendern wir noch etwas in der Hotelanlage herum. Bald gebe ich vor, zu müde zu sein, um den Spaziergang noch fortzuführen. Ich möchte nämlich schnellstmöglich ins Zimmer zurückkehren und den Fernseher einschalten. Vielleicht stosse ich beim Herumzappen auf irgendwelche Anhaltspunkte, ob der Mord am deutschen Abgeordneten stattgefunden hat. Silvia ist ziemlich enttäuscht, dass ich schon schlapp machen will, wo es doch ein so wunderbarer Abend ist. Ich flüstere ihr den wahren Grund ins Ohr mit dem Hinweis zur Erinnerung, dass wir dann im Zimmer kein Wort mehr über die Mörderbande verlieren dürfen. Silvia nickt und schenkt mir ein so saures Lächeln, dass es fast auf meiner Haut brennt.

Meine Frau ist dabei, die schläfrig gewordenen Kinder zu Bett zu bringen, und ich habe ich mich vor dem Fernseher installiert. Ich muss nicht lange suchen, bis ich bei einem deutschen Sender, dem ARD, anlange. Natürlich läuft jetzt nicht die Tagesschau. Aber es gibt ja noch den Teletext…Und tatsächlich steht da etwas. Ich deute Silvia, sich kurz zu mir zu setzen. Gemeinsam lesen wir: „Auf den Bundestagsabgeordneten Christopher Kocher wurde gestern ein Mordanschlag verübt, der allerdings gescheitert ist. Herr Kocher weilt zurzeit in Phuket in den Ferien. Gestern Abend, ca. 18 Uhr Lokalzeit, gelangte der Killer von der Fensterfrontseite in die Suite des Zielobjekts. Dabei wurde er von einem Leibwächter überrascht. Es kam zu einer Auseinandersetzung zwischen den beiden, in deren Verlauf sie sich gegenseitig Schussverletzungen zufügten. Den Angreifer soll es lebensbedrohlich erwischt haben. Angeblich befindet er sich im Koma. Der Leibwächter kam mit einem harmlosen Streifschuss weg und konnte nach ambulanter Behandlung das Spital bereits wieder verlassen. Weitere Details folgen.“

Aus Angst, abgehört zu werden, enthielten Silvia und ich uns jeglichen Kommentars. Aber durch den Vorfall ist uns jetzt der Ernst unserer Lage erst recht bewusst geworden. Ich überlege fieberhaft, welche Konsequenzen das missglückte Attentat für uns haben könnte. Es besteht die Möglichkeit, dass sich die Killerbande möglichst schnell aus dem Staub macht und den verletzten Kumpel im Stich lässt. Jedenfalls werden sie hier in Thailand keinen zweiten Mordversuch auf Herrn Kocher riskieren im Wissen, dass er jetzt ständig von einem Haufen Wachmännern umgeben sein wird, solange er sich noch im Land aufhält.

Bevor Silvia und ich uns auch schlafen legen, schalte ich den Fernseher nochmals auf den ARD-Kanal, um den Teletext zu lesen. Wir erfahren, dass Herr Kocher schon vor seiner Abreise nach Thailand Morddrohungen erhalten hatte. Daher war er seit seiner Ankunft ständig von einem Leibwächter umgeben, was dem angeheuerten Killer offenbar nicht bekannt war. Über die Gründe, weshalb jemand Herrn Kocher nach dem Leben trachtet, verlautet nichts.

Irgendwie bin ich erleichtert, und Silvia scheint es ähnlich zu gehen. Jedenfalls schlafen wir um einiges besser als in der Nacht zuvor. Als ich am Morgen aufwache, stelle ich erfreut fest, dass die Kopfschmerzen sich von mir verabschiedet haben. Auch Silvia fühlt sich gut, und so kündigt sich ein unbeschwerter Ferientag an. Dieser beginnt schon damit, dass jetzt Silvia und ich beim Morgenessen gesunden Appetit haben.

Voller Vorfreude schlendern wir aus dem Hotel, um den kurzen Weg zum Strand in Angriff zu nehmen. Doch als wir die Zufahrtstrasse zum Hotel überqueren, sind wir urplötzlich von drei Kerlen eingekreist. Sogleich erkenne ich die mir wohlbekannten Gesichter: Der Zweimeterhüne Rudi, Ernesto und der „Brieftäter“. Rudi bedeutet uns, ins am Strassenrand stehende Auto einzusteigen. Diesmal ist es kein Taxi. Schlagartig ist unsere Ferienlaune verflogen. Es hat keinen Zweck, Widerstand zu leisten, und wir lassen uns – lediglich unseren Widerwillen demonstrierend – ins Wagen-innere schubsen. Lisa und Ollie scheinen fast unter Schock zu stehen. Weder bringen sie ein Wort hervor, noch sind sie in der Lage zu schluchzen. Aber selbst Silvia und ich sind sprachlos. Ernesto übernimmt das Steuer, während Rudi und der „Brieftäter“ auf uns aufpassen. Ernesto fährt wie ein Schwein und schafft es, uns sozusagen noch den Rest zu geben. Als der Wagen schliesslich stoppt, steht da kein Hotel in der Nähe. Es ist lediglich ein halb verfallener Schuppen auszumachen. Rudi deutet uns, ihm zu folgen. Tatsächlich geht’s ins Innere des Schuppens. Kaum haben wir diesen betreten, müssen wir eine Treppe hinuntersteigen. Schliesslich gelangen wir in einen grossen Raum von sicher 6 x 10 Meter, der keinerlei Zerfallserscheinungen aufweist und demzufolge regelmässig benützt wird. In einer Ecke steht ein Pult, hinter welchem Herr Karl-Heinz Platz genommen hat. Ihm gegenüber, auf der andern Seite des Pultes, stehen vier Stühle. Herr Karl-Heinz bedeutet uns, herüberzukommen und Platz zu nehmen.

„Ihr habt gewusst, dass dieser Kocher sterben muss und sonst niemand hier!“, schreit Herr Karl-Heinz; „daher liegt es auf der Hand, dass ihr ihn gewarnt habt! Und dies war ein unverzeihlicher Fehler, den ihr bitter büssen werdet. Ich bin bereits am überlegen, wer von der Familie für uns am überflüssigsten ist. Dabei komme ich gleich auf drei Personen. Für uns zählt lediglich Kollege Reine-Claude, genannt die Pflaume, seines Zeichens Hosenscheisser. Der Rest ist Ballast, den ich am liebsten über Bord werfen möchte!“ Dann schweigt er für einen Moment und scheint unsere Konsternation in vollen Zügen zu geniessen. Nach einer Weile fährt er fort: „Und, Pflaume? Was hast du zur Verteidigung deiner Familie vorzubringen? Am besten verrätst du mir einfach, wie es dir gelungen ist, Kocher zu warnen!“ „Falls Sie Nachrichten gehört oder den Teletext von ARD gelesen haben, wissen Sie, dass wir damit nicht das Geringste zu tun haben. Kocher wusste schon vor seiner Ankunft in Thailand, dass er auf der Abschlussliste steht. Lassen Sie uns bitte gehen, damit wir nicht vergessen, dass wir ferienhalber in Phuket sind!“ erwidere ich. „Also habt ihr euch zumindest gedanklich mit der Mordsache befasst! Und ich bin mir sicher, dass ihr darüber gesprochen habt, wie man Kocher warnen könnte! Widersprich mir bitte nicht, ich möchte dir eine glatte Lüge ersparen!“, gibt Herr Karl-Heinz zur Antwort.

Dann winkt Herr Karl-Heinz Rudi herbei. „Du hast dich doch schon einmal so gut mit den beiden Kindchen verstanden; mach‘ doch wieder ein paar deiner lustigen Spielchen mit ihnen, damit’s ihnen nicht zu langweilig wird. Die Alte und Pflaume dürfen weiterhin mir Gesellschaft leisten“, erklärt der Boss. Nach einer Weile fährt er fort: „Also, wie ihr ja bereits wisst, hat der Killer Mist gebaut. Da macht die Armleuchte den weiten Weg nach Thailand, um einem naiven Bodyguard auf plumpste Weise direkt vor die Flinte zu laufen! Leider ist er aber noch am Leben, und das ist jetzt unser nächstes Problem. Wir müssen ihm den Mund stopfen, bevor er zu sich kommt, sonst wird er in Anbetracht der Misere, in welche er geraten ist, dummes Zeug über uns plaudern in der Hoffnung, sich damit freikaufen zu können. Und unser verdammtes Problem besteht darin, dass wir noch nicht einmal wissen, in welchem Spital unser neues Zielobjekt versteckt gehalten wird. Aber wir werden‘s herausfinden und hoffen immer noch, dass es nicht zu spät ist. Und jetzt komme ich zu dir, Kollege Claude: Sobald wir wissen, wo der Killer am Tropf hängt, werden wir dich aussenden, damit du am lebenserhaltenden Apparat den Stecker ziehen und am Tropfer den Hahn zudrehen kannst. Fühlst du dich dazu in der Lage, oder bist du dazu zu dämlich?“ „Aber das könnten doch Ru-di, Jeff oder Ernesto viel besser als ich. Wie Sie ja schon wissen, scheisse ich ja bloss schon beim Gedanken an so etwas in die Hose. Als Europäer falle ich doch sofort auf, wenn ich das Spital betrete. Ich kann das nicht…“ „Jetzt halt‘ endlich die Klappe, kleiner Dreckwurm!“, brüllt Herr Karl-Heinz. „Hast du das gehört Silvia – so heisst du doch – dein kleiner Hengst will schon wieder in die Hose scheissen. Ich wette, dass der Kerl schon vor Erregung seinen Pyjama voll macht, wenn er’s mit dir treiben will! Aber…“ „Sie sind ein primitives Schwein! Ist Ihnen das bewusst?“, schreit Silvia dazwischen. „Ernesto! Würdest du doch bitte der Lady da Manieren beibringen?“, ruft Herr Karl-Heinz. Ernesto ist auch schon zur Stelle und verpasst Silvia zwei Ohrfeigen, die sie aus dem Gleichgewicht bringen. Aber Ernesto fängt sie auf, um zu vermeiden, dass allzu sichtbare Spuren zurückbleiben. Unsanft setzt er sie wieder auf den Stuhl. „Gut gemacht! Du kannst ja echt galant sein! Wie du da die schwindlig gewordene Lady – oder soll ich besser Dreckhure sagen? – so sanft aufgefangen hast“, sagt Herr Karl-Heinz mit anerkennender Miene. „Das werdet ihr noch büssen, meine Frau zu schlagen!“, höre ich mich erregt rufen. Ich höre Silvia leise vor sich hinschluchzen. Herr Karl-Heinz trommelt kräftig auf das Pult und schreit: „So, das reicht mir jetzt! Ernesto, bring‘ die Hure zu ihrem Wurf. Die soll sich dort ausflennen!“ Ernesto nimmt Silvia galant am Arm, um sie zu unseren Kindern zu bringen. Sie reisst sich los und motzt Ernesto an, dass sie allein gehen kann. „Und jetzt zu dir, Pflaumen-Scheisser“, führt Herr Karl-Heinz fort; „du hast mir vorher gedroht. Dafür müsste ich dich mal ordentlich durchrütteln. Aber dir steht eine wichtige Aufgabe bevor, was im Moment dein Glück ist: Wir brauchen dich unversehrt und in Topform. Bestrafen können wir dich dann hinterher, falls du Mist bauen solltest, wovon ich dir strikte abraten möchte. Sonst könnte es mir durchaus einfallen, deiner Hure ein kleines aber gut sichtbares Andenken zu verpassen!“

Es entsteht eine Pause, weil Jeff mit einem kleinen Mann, ein Einheimischer, den Raum betritt und sich Herrn Karl-Heinz nähert. Ich darf gleich mithören, was die beiden Ankömmlinge zu rapportieren haben. Der Thai erklärt in einer Mischung aus deutschen und englischen Brocken, dass der Killer, welcher versagt hat, schon zweimal verlegt wurde. Dafür gibt es zwei verschiedene Gründe: Zum einen ist es die Komplexität der Verletzung, zum andern ist es ein Verwirrspiel, weil man befürchtet, dass jemand den Killer mundtot machen möchte. Auf jeden Fall steht fest, dass der Verletzte sich in Bangkok befindet. Aber Bangkok ist gross, sehr Gross…! „Verdammte Scheisse!“, tobt Herr Karl-Heinz. Dann sagt er zum Thai: „Nun lass‘ mal deine Beziehungen spielen! Das sollte doch für euch Einheimische nicht so schwierig sein, unser Zielobjekt ausfindig zu machen! Und jetzt raus hier, und macht euch an die Arbeit!“

Kaum sind die beiden verschwunden, ruft Herr Karl-Heinz Rudi herbei. „Bring‘ die Frau und die Kinder zurück zum Hotel, damit sie wie vorgesehen zum Strand gehen können. Sag‘ der Alten, dass wir Claude noch brauchen. Er wird dann nachkommen.“