Der Geisterjäger 10 – Gruselroman - Andrew Hathaway - E-Book

Der Geisterjäger 10 – Gruselroman E-Book

Andrew Hathaway

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Beschreibung

Sie sind die Besten, und sie wissen genau, was sie tun und vor allem, mit welchen Horrorgestalten sie es zu tun haben: Geisterjäger nehmen im Kampf gegen das Böse die größten Gefahren und Herausforderungen auf sich. Der dramatische Streit zwischen Gut und Böse wird in diesen Gruselromanen von exzellenten Autoren mit Spannung zur Entscheidung geführt. Die Männer standen im heulenden Schneesturm. Gebannt sahen sie der mächtigen Gestalt entgegen, die auf sie zutorkelte. In dicke Pelze eingehüllt, näherte sich ein Fremder der Forschungsstation. Seine Schritte waren unsicher, als wäre er am Ende seiner Kräfte. Die Männer kämpften sich durch den Sturm vor. Sie wollten dem Unbekannten helfen. Noch ehe sie ihn erreichten, stürzte er und rührte sich nicht mehr. Der Alarm kam vor dem Morgengrauen. Die Londoner schliefen noch und ahnten nichts von der Gefahr, die auf sie zurollte. Nur wenige Verantwortliche wußten, daß die "Todesspirale" rotierte und in den nächsten Minuten wieder zahlreiche Opfer fordern würde. Die Militärmaschine war vor einer halben Stunde gestartet. Vor zehn Minuten war der Funkkontakt mit dem Piloten abgerissen. Seit acht Minuten stand fest, daß die Maschine Kurs London flog.

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Der Geisterjäger –10–

Rick hat was gegen Alpträume

Roman von Andrew Hathaway

Der Alarm kam vor dem Morgengrauen.

Die Londoner schliefen noch und ahnten nichts von der Gefahr, die auf sie zurollte. Nur wenige Verantwortliche wußten, daß die »Todesspirale« rotierte und in den nächsten Minuten wieder zahlreiche Opfer fordern würde.

Die Militärmaschine war vor einer halben Stunde gestartet. Vor zehn Minuten war der Funkkontakt mit dem Piloten abgerissen. Seit acht Minuten stand fest, daß die Maschine Kurs London flog.

Ein Dutzend Augenpaare verfolgten in atemloser Spannung auf den Radarschirmen den Weg der Maschine, die zur Vernichtung verdammt war.

»Das geht nicht mit rechten Dingen zu«, murmelte einer der Männer. »Das kann es einfach nicht geben.«

Zwei Minuten später – um 5.17 Uhr – war der helle Punkt von den Radarschirmen verschwunden. Und in Romford, einer Kleinstadt zwanzig Meilen östlich von London, war die Hölle los.

*

Vorsichtshalber hatte der Privatdetektiv Rick Masters dafür gesorgt, daß er telefonisch immer erreichbar war, auch wenn er nachts seinen automatischen Anrufbeantworter einschaltete, um ungestört schlafen zu können. Legte der Anrufer nicht auf, sobald ihn die Tonbandstimme aufgefordert hatte, seine Nachricht zu hinterlassen, sondern wartete eine volle Minute, wurde das Gespräch letztlich doch durchgestellt. Das wußten nur Eingeweihte, so daß Rick Masters an diesem Morgen um 5.20 Uhr sicher sein konnte, daß etwas Wichtiges vorlag, als das Telefon neben seinem Bett zu schrillen begann.

5.20 Uhr! Die Zeit war es, was in Ricks Bewußtsein drang. Als er nämlich die Augen öffnete und verschlafen um sich blinzelte, fiel sein Blick auf die Leuchtziffern des handgroßen Weckers. Danach wollte er pflichtbewußt nach dem Telefon greifen, wobei er jedoch auf Schwierigkeiten stieß.

Seine Hand fühlte nämlich eine nackte Schulter, und als er sich weiter vortastete, erkannte er, daß er nicht allein in seinem Bett im Wohnbüro mitten in der City von London lag. Die Person neben ihm war eindeutig weiblichen Geschlechts, und da er mit gutem Gewissen von sich behaupten konnte, in letzter Zeit einer bestimmten Frau treu gewesen zu sein, konnte es sich nur um eben diese Frau handeln.

Er drehte sich in die andere Richtung, schaltete die Lampe neben dem Bett ein und stellte im gedämpften Lichtschein fest, daß ihn seine Vermutung nicht getrogen hatte. Neben ihm lag zusammengerollt Hazel Kent, die widerwillig brummte, als er über sie hinweg nach dem Telefon griff und den Hörer heranholte.

»Na endlich! Wie lange dauert denn das?« dröhnte eine Stimme an Ricks Ohr, die geeignet war, die letzten Schlafreste aus seinem Gehirn zu vertreiben. »Ich brauche dringend Ihre Hilfe!«

»Ach, Sie sind es, Kenneth«, stöhnte Rick, sobald er die Stimme von Chefinspektor Kenneth Hempshaw von Scotland Yard erkannte. »Wo brennt es denn?«

»Brennen ist der richtige Ausdruck, Rick«, erwiderte der Chefinspektor mürrisch. »Es brennt tatsächlich, und zwar in Romford.«

»Nie gehört«, murmelte Rick und legte seine Hand beruhigend auf Hazels Schulter, als sie sich aufrichten wollte.

»Eine Kleinstadt, ungefähr zwanzig Meilen östlich von London«, gab der Chefinspektor Auskunft. »Bis jetzt werden die wenigsten Leute den Namen gehört haben, aber Sie können sicher sein, daß in spätestens zwei Stunden jeder weiß, wo Romford liegt.«

»Wollen Sie mir nicht verraten, wodurch Romford plötzlich so berühmt wird?« Rick Masters tastete nach seinen Zigaretten und ließ sich auch durch einen mahnenden Blick Hazels, die inzwischen ganz erwacht war, nicht davon abhalten, sich eine anzuzünden.

»Romford ist der vierte Absturzort der Todesspirale«, eröffnete der Chefinspektor seinem Freund, der ihm bei besonders schwierigen Ermittlungen half. »Um 15.17 Uhr stürzte eine ›Turtle‹ auf die Stadt, mitten in eine Wohnsiedlung. Die Ausmaße der Katastrophe stehen noch nicht fest.«

»Um Himmels willen«, sagte der Privatdetektiv erschüttert. »Das ist ja schrecklich. Aber was haben Sie damit zu tun? Und vor allem, weshalb rufen Sie mich an?«

Chefinspektor Hempshaw zögerte. »Ich möchte es nicht unbedingt am Telefon besprechen, Rick, die Untersuchungen werden streng geheim geführt«, rückte er endlich doch mit der Sprache heraus. »Aber eines kann ich Ihnen jetzt schon verraten. Es ist einer von den Fällen, in denen es keinerlei vernünftige Erklärung gibt.«

Damit war das Interesse des Privatdetektivs geweckt. »Meinen Sie, daß übersinnliche Kräfte im Spiel sind?« vergewisserte er sich, bevor er eine Entscheidung traf.

»Es sieht ganz so aus«, antwortete Hempshaw vorsichtig. Der Chefinspektor wehrte sich in jedem Fall, den sie gemeinsam bearbeiteten, bis zuletzt, eine andere als eine logische, natürliche Erklärung zu akzeptieren. Daß er diesmal bereits zu Beginn von übersinnlichen Kräften sprach, zeigte nur, wie ratlos er war.

»Ich komme«, sagte Rick. »Wo treffen wir uns?«

»Ich muß mich sofort auf den Weg machen, Rick. Am besten, Sie fahren direkt nach Romford. Dort finden Sie schon den Katastrophenort.«

Rick Masters versprach noch, sich zu beeilen, dann legte er nachdenklich auf.

»Die Todesspirale«, murmelte er. Seit Tagen schrieben die Zeitungen von nichts anderem als der Serie rätselhafter Flugzeugabstürze. Er hatte die Artikel interessiert gelesen, doch sich nicht träumen lassen, daß er selbst die Untersuchung dieses Phänomens übernehmen sollte.

Seine Zusage an Chefinspektor Hempshaw war spontan erfolgt. Er bereute sie nicht. Dennoch gab er sich keinen Illusionen hin. Er hatte wahrscheinlich einen der härtesten und schwierigsten Fälle seiner Laufbahn als Experte für Übersinnliches angenommen.

*

In Romford lief eine gemeinsame Großaktion von Polizei, Feuerwehr, Krankendienst und Militär. Die abstürzende Militärmaschine hatte sich in ein sechsstöckiges Wohngebäude gebohrt, war explodiert und hatte den Block fast vollständig zerstört. Das brennende Flugbenzin hatte angrenzende Häuser getroffen und weitere Brände verursacht.

Von den Einwohnern des hauptsächlich in Mitleidenschaft gezogenen Wohnblocks konnten nur wenige gerettet werden. Die Flammen hatten bereits zu weit um sich gegriffen, als die ersten Helfer eingetroffen waren.

Die Zusammenarbeit der einzelnen Gruppen klappte hervorragend, als hätte Romford sich schon seit langem auf einen ähnlichen Katastrophenfall vorbereitet. Bis plötzlich das Chaos ausbrach.

Beobachter, die sich abseits der Brandstelle aufhielten, bemerkten zuerst, daß sich verschiedene Wagen der Feuerwehr in Bewegung setzten, obwohl sie noch gebraucht wurden.

Als nächstes blieben die Ambulanzen aus, die eine Minute zuvor noch in einer langen Kolonne angerückt waren.

Zuletzt versiegte das Wasser, die Spritzen der Feuerwehr bekamen keinen Druck.

Völlig unverständlich blieb, daß die Polizei ohne erkennbaren Grund gegen die Menschenmenge, die sich in großem Abstand versammelt hatte, mit Schlagstöcken vorging.

Nur wenige Minuten dauerte dieser Zustand, und doch genügte die kurze Zeitspanne, um das Ausmaß des Unglücks zu vergrößern. Weitere Häuser fingen Feuer. Unter den Schaulustigen und jenen, die gekommen waren, um die Arbeiten zu unterstützen, brach eine Panik aus, die noch mehr Verletzte forderte.

Von einer Sekunde auf die andere normalisierte sich alles wieder, die Helfer nahmen ihre Arbeit mit verstärkten Anstrengungen auf.

Die versammelten Zeitungs-, Rundfunk- und Fernsehreporter hatten ihre zusätzliche Sensation. Allerdings konnte sich keiner von ihnen erklären, wie es zu diesem Zwischenfall gekommen war. Seine Ursachen lagen unter dem gleichen Schleier von Geheimnisvollem verborgen wie alles, was mit der »Todesspirale« in Zusammenhang stand.

*

»Hazel, ich habe keine Zeit«, sagte Rick Masters, als seine Freundin ihn zu einem ordentlichen Frühstück überreden wollte.

»Also gut, dann mache ich dir wenigstens eine Tasse Tee«, schlug das Mädchen vor.

»Auch dazu habe ich…« Der Privatdetektiv wurde von Hazel schroff unterbrochen.

»Dazu hast du Zeit, weil du erst mit Dracula spazierengehen mußt«, gab sie ihm zu verstehen.

»Du könntest doch mit ihm gehen, wenn ich weg bin«, gab Rick mißmutig zurück.

»Ich?« Hazels graue Augen funkelten ihn empört an. »Ich werde mich wieder ins Bett legen. Es genügt, wenn ich unter deinem Beruf zu leiden habe.«

Gegen dieses Argument hatte Rick Masters nichts mehr vorzubringen. Bereits zehn Minuten später war er wieder oben in seiner Wohnung. Hazel erwartete ihn mit der versprochenen Tasse Tee.

»Was ist das eigentlich mit der ›Todesspirale‹?« fragte sie, nachdem sie den ersten Schluck genommen hatte. »Ich war in letzter Zeit mit meiner Arbeit so beschäftigt, daß ich die Zeitungsberichte kaum lesen konnte.«

Hazel, Chefin der Kent-Werke, eines Industriegiganten, war selten über wichtige Vorgänge nicht informiert, so daß Rick die Gelegenheit ergriff, ein wenig mit seinem Wissen anzugeben.

»Die Royal Airforce setzte seit einem halben Jahr ein neues Kampfflugzeug ein, das modernste auf seinem Gebiet. Diese Maschine wird vorläufig noch streng geheim behandelt. Es ging alles gut, bis eine dieser Maschinen auf einen Ort nördlich von London abstürzte. Das war in Luton, sechzig Meilen von hier. Am nächsten Tag stürzte die zweite Maschine auf Slough, fünfzig Meilen westlich von London. Die dritte kam auf Croydon herunter, fünfundzwanzig Meilen südlich von London.«

»Daher der Name ›Todesspirale‹«, sagte Hazel. »Die Absturzstellen liegen rings um London auf einer enger werdenden Kreislinie.«

»Romford paßt in dieses Bild«, seufzte Rick Masters. »Zwanzig Meilen östlich von London, wieder näher, und wieder ein Stück weiter auf der ›Todesspirale‹. Es scheint nur mehr eine Frage der Zeit zu sein, wann die nächste Maschine auf London stürzt.«

Hazel Kent schüttelte fassungslos den Kopf. »Ich begreife nur nicht, wieso Chefinspektor Hempshaw dich ruft, Rick. Es scheint sich eher um einen Fall von Sabotage zu handeln.«

»Es sieht so aus«, gab Rick zu. »Aber Kenneth wird schon seine Gründe haben. Und ich werde sie bald erfahren, weil ich mich von dir nicht länger zurückhalten lasse.«

Es tat ihm leid, seine Freundin verlassen zu müssen. Er durfte sich gar nicht vorstellen, daß sie noch einige gemeinsame Stunden vor sich hätten, gäbe es nicht den Beruf, der ihm über alles ging. Flüchtig küßte er sie, um nicht in Versuchung zu kommen, noch länger zu bleiben und eilte zur Wohnungstür.

»Dracula nimmst du am besten mit in dein Büro!« rief er.

Ehe sie dagegen protestieren konnte, hatte er die Wohnung verlassen.

Während Hazel es sich gemeinsam mit Dracula auf Ricks Bett bequem machte, fuhr der Privatdetektiv mit seinem Wagen nach Romford. Die BBC brachte eine Direktreportage, so daß Rick das Ausmaß der Katastrophe zu ahnen begann.

Was er noch nicht im entferntesten ahnte, waren die gewaltigen Mächte, die hinter der »Todesspirale« standen – Satans Sendboten!

*

Es war tatsächlich nicht schwer, die Absturzstelle zu finden. Schon Meilen vor der Stadt sah Rick Masters den Rauchpilz, und beim Näherkommen erkannte er die Flammensäule, die über dem Wohnviertel aufstieg.

Die Polizei hatte rings um die Stadt Straßensperren errichtet und wies mit wenigen Ausnahmen alle Fahrzeuge zurück. Rick Masters durfte passieren, nachdem er seinen Ausweis vorgezeigt hatte. Chefinspektor Hempshaw hatte alle Beamten an Straßensperren verständigt, daß Rick in seinem Auftrag käme.

Nachdem der Privatdetektiv diese Hürde genommen hatte, griff er auf ein Vorrecht zurück, das ihm Scotland Yard aufgrund seiner häufigen Mithilfe eingeräumt hatte. Er befestigte über dem Stoffdach seines Sportwagens eine Kunststoffkugel mit einem blauen Blinklicht, so daß er ungehindert Zufahrt hatte.

Die Straßen von Romford waren wie leergefegt. Entweder blieben die Menschen aus Angst in ihren Häusern, oder sie hatten sich alle an der Unglücksstelle versammelt.

Je näher Rick dem Absturzort kam, desto vorsichtiger mußte er fahren, da zahlreiche Einsatzwagen unterwegs waren. Zuletzt gab es kein Weiterkommen mehr, Schlauchleitungen der Feuerwehr versperrten die Fahrbahn. Rick parkte den Wagen und ging zu Fuß weiter, bis er von weitem die massige Gestalt Hempshaws erkannte.

Der Chefinspektor bahnte sich einen Weg durch die Neugierigen und schüttelte den Kopf, sobald er Rick erreichte. »Bevor Sie mir Fragen stellen, kommen Sie mit!« verlangte er und übernahm die Führung.

Abseits des ärgsten Trubels stand ein Kleinbus der örtlichen Polizei, der dem Chefinspektor als Büro diente. Zwei Männer saßen darin, von denen einer zur Polizei gehörte. Der zweite war ein Fernsehreporter.

»Würden Sie wiederholen, was Sie mir vorhin erzählt haben, Mr. Hannon?« bat Chefinspektor Hempshaw den Reporter.

Hannon zuckte die Achseln. »Drei Minuten lang ging alles drunter und drüber, keiner tat mehr etwas Sinnvolles. Die Polizei schlug auf die Umstehenden ein, die Feuerwehr hatte kein Wasser, die Krankenwagen nahmen keine Verletzten auf. Hinterher machten alle weiter, als wäre nichts geschehen.«

Chefinspektor Hempshaw zog Rick Masters zur Seite, damit sie ungestört miteinander sprechen konnten. »Die übrigen Reporter bestätigten diese Aussage«, eröffnete er dem Privatdetektiv. »Sie widersprechen sich auch nicht. Aber das Verrückte daran ist: Keiner der unmittelbar Beteiligten kann sich daran erinnern. Die Polizisten weisen empört den Vorwurf zurück, sie hätten die Leute geschlagen.«

»Lassen Sie sich die Fernsehaufnahmen vorführen«, schlug Rick vor. »Vielleicht ergibt sich da ein Anhaltspunkt.«

»Habe ich bereits veranlaßt.« Der Chefinspektor nickte. »Wir bekommen sogar eine Videoaufzeichnung zu sehen, damit wir in Ruhe die Bilder studieren können.«

»Sie sollten mir etwas über die näheren Umstände der vier Flugzeugabstürze erzählen«, forderte Rick seinen Freund auf. »Warum haben Sie eigentlich ausgerechnet mich hinzugezogen und nicht die Spezialisten vom Geheimdienst, die eher als ich für Sabotageaufklärung zuständig sind?«

»Erstens arbeitet der Geheimdienst bereits seit dem ersten Absturz an der Sache«, erwiderte Hempshaw sorgenvoll. »Zweitens wollen auch maßgebliche Leute im Geheimdienst, daß Sie sich um den Fall kümmern. Sie werden gleich verstehen, weshalb wir Sie brauchen.«

Er machte eine kurze Pause und fuhr dann fort: »Die vier Menschen waren in Sheffield stationiert, also fast bei Manchester. Die Piloten sollten Probeflüge über der Nordsee durchführen, doch schon nach ein paar Minuten riß die Funkverbindung ab. Die Piloten änderten ihren Kurs und hielten direkt auf London zu. Weshalb sie die Hauptstadt nicht erreichten, ist genauso rätselhaft wie die Ursache für ihr eigenmächtiges Verhalten. Wo die Maschinen abstürzten und warum die Presse den Ausdruck ›Todesspirale‹ erfand, wissen wir nicht.«

»Es könnte Sabotage sein«, warf Rick ein.

Doch der Chefinspektor schüttelte den Kopf. »Die Wracks wurden untersucht – von den besten Fachleuten. Niemand fand eine Erklärung. Sie sind unsere letzte Hoffnung, Rick. Wenn Sie auch keinen Erfolg haben, wird eine der nächsten Maschinen auf London stürzen.«

*

Ricks Methoden unterschieden sich von denen der Polizei erheblich. Er verließ die ausgetretenen Wege der Routineuntersuchungen und forschte nach Anzeichen eines übersinnlichen Einflusses. Wegen seiner ungewöhnlichen Arbeitsweise konnte er Erfolge verzeichnen, wenn andere Kriminalisten bereits aufgegeben hatten. Die besondere Schwierigkeit lag für ihn darin, daß er einen ersten Anhaltspunkt brauchte, ehe er etwas unternehmen konnte, einen Anhaltspunkt, der nicht mit kriminalistischen Mitteln gefunden werden konnte.

In Gedanken versunken trennte er sich von Chefinspektor Hempshaw, der die kriminalpolizeilichen Untersuchungen leiten mußte, und ging zum Flugzeugwrack. Der Brand war mittlerweile vollständig gelöscht, die Verletzten hatte man geborgen. Wie viele Tote allerdings noch unter den Trümmern lagen, wußte niemand.

Rick Masters versuchte, Ordnung in seine Gedanken zu bringen. Wer konnte ein Interesse daran haben, mit Hilfe übersinnlicher Fähigkeiten die Maschinen vom Typ »Turtle« zum Absturz zu bringen? »Turtle« – Schildkröte – war der Name, den die Presse dem neuen Kampfflugzeug gegeben hatte, das besonders schnell war, im Gegensatz zu dem Tier, mit dem es verglichen wurde. Von militärischer Seite wurde strengstes Stillschweigen über das Flugzeug bewahrt. Rick konnte sich vorstellen, daß jeder ausländische Spionagedienst daran interessiert war, dieses Flugzeug zu vernichten oder Informationen darüber zu erhalten.

Er konnte sich jedoch nicht vorstellen, daß ein ausländischer Geheimdienst sich eines Mediums mit übersinnlichen Fähigkeiten bediente, um die Abstürze herbeizuführen.

Eine Tatsache gab dem Privatdetektiv zu denken. Die Maschinen hatten immer bewohnte Gebiete getroffen, keine von ihnen war auf freiem Feld niedergegangen. Auch das sah nach Absicht aus, als wollte jemand möglichst viele Menschen töten oder verletzen, was in der Öffentlichkeit großes Entsetzen hervorrufen mußte.

Auch die »Todesspirale« selbst, dieses allmähliche Umkreisen Londons und die gefährliche Annäherung an die Millionenstadt, schien darauf angelegt zu sein, Angst und Schrecken, vielleicht sogar Panik zu erzeugen.

Die Stimmen mehrten sich, die eine sofortige Einstellung aller Flüge mit der »Turtle« verlangten.

Was wollte der unbekannte Feind im Hintergrund? Wollte er Tod und Elend verbreiten? Wollte er die Bevölkerung von London in ein gigantisches, verderbliches Chaos stürzen? Oder hatte er militärische Ziele im Auge?

Rick Masters war mit seinen Überlegungen eben bei der unerklärlichen Verwirrung während der Rettungsarbeiten in Romford angelangt und versuchte, auch dafür einen Grund zu finden, als er auf die Männer der Einsatzleitung aufmerksam wurde.

Auf einem freien Platz inmitten der noch immer rauchenden Wohnsiedlung hatten die beteiligten Einheiten eine Kommandozentrale errichtet. Je ein Wagen von Feuerwehr, Polizei, Krankentransport und Militär, ausgerüstet mit einem Befehlsstand, Sprechfunk und einem Direktanschluß für Telefon, waren zu einer Wagenburg aufgefahren, in deren Mitte Chefinspektor Hampshaw mit den verantwortlichen Leitern sprach.

Im Moment schien es einige Schwierigkeiten zu geben. Rick konnte zwar nichts verstehen, dazu war er noch zu weit entfernt, doch er sah an den Gesten der Männer, daß sie sich stritten. Die Auseinandersetzung wurde so heftig, daß er beschloß, sich über ihre Ursache zu informieren und unter Umständen schlichtend einzugreifen.

Als er näher kam, erkannte er seinen Irrtum. Es gab gar keinen Streit, sondern der Brandmeister hatte die Nerven verloren. Er stieß unzusammenhängende Verwünschungen hervor und wurde sogar gegen die anderen tätlich. Rick stockte der Atem, als er hörte, mit welchen Ausdrücken der Brandmeister seine Kollegen belegte. War es möglich, daß er die Nervenbelastung eines so schauerlichen Unglücks nicht überstanden hatte?

Brüllend und um sich schlagend, versuchte der Brandmeister, aus dem Kreis auszubrechen. Als es ihm schließlich gelang, stürmte er mit weiten Schritten auf die Hausruine zu, in der vereinzelte Glutnester schwelten.

»Bleiben Sie stehen!« schrie der Vertreter des Militärs hinter ihm her. »Vielleicht sind noch nicht alle Tanks leer.«

Doch der Brandmeister kümmerte sich nicht um die Warnung. Als er die halbe Strecke zurückgelegt hatte, lief Chefinspektor Hempshaw hinter ihm her. Auch Rick Masters begann zu laufen, um seinem Freund zu helfen.

Erstaunt erkannte Rick, daß Hempshaw plötzlich langsamer wurde und schließlich stehenblieb. Er verkrampfte sich, als kämpfe er gegen einen heftigen inneren Widerstand an, neigte sich, als müsse er sich gegen einen Orkan behaupten.

Rick rannte, als ginge es um sein eigenes Leben. Er überholte Hempshaw, dessen Gesicht verzerrt und schweißüberströmt war.