Der Geisterjäger 20 – Gruselroman - Andrew Hathaway - E-Book

Der Geisterjäger 20 – Gruselroman E-Book

Andrew Hathaway

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Beschreibung

Sie sind die Besten, und sie wissen genau, was sie tun und vor allem, mit welchen Horrorgestalten sie es zu tun haben: Geisterjäger nehmen im Kampf gegen das Böse die größten Gefahren und Herausforderungen auf sich. Der dramatische Streit zwischen Gut und Böse wird in diesen Gruselromanen von exzellenten Autoren mit Spannung zur Entscheidung geführt. Die Bestie tauchte wie aus dem Boden gestampft auf. Marge Woodhouse starrte wie gelähmt auf das zottelige Fell. Geifer tropfte von den Lefzen. Der Wolf knurrte. Seine Zähne ragten wie Dolche aus dem Maul. Marge hatte nicht die geringste Chance. Trotzdem hetzte die junge Frau davon. Sie lief um ihr Leben…

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Der Geisterjäger –20–

Der Geist von Blenford Castle

Roman von Andrew Hathaway

Die Bestie tauchte wie aus dem Boden gestampft auf.

Marge Woodhouse starrte wie gelähmt auf das zottelige Fell. Geifer tropfte von den Lefzen. Der Wolf knurrte. Seine Zähne ragten wie Dolche aus dem Maul.

Marge hatte nicht die geringste Chance.

Trotzdem hetzte die junge Frau davon.

Sie lief um ihr Leben…

*

Sie hatte sich nicht weit in den Wald hineingewagt. Marge Woodhouse war nicht ängstlich, aber bei Dunkelheit im Wald war doch nicht ihre Sache.

Sie sah durch die Stämme hindurch ihr Haus. Dort konnte sie sich einschließen. Dort war sie in Sicherheit.

Aber bis zu der umgebauten Mühle war es weit. Eine halbe Meile.

Das war genau um eine halbe Meile zu viel.

Der Wolf war schneller als Marge.

Sie hörte ihn herankommen. Sie lief, was sie nur konnte.

Sein hechelndes Keuchen blies ihr in den Nacken, als er sprang. Marge wich zur Seite.

Die Bestie heulte vor Wut, als sie die Frau verfehlte. Mit einem dumpfen Geräusch kam der Wolf seitlich von Marge auf dem Waldboden auf.

Marge schlug einen Haken. Sie preschte zwischen den Bäumen hervor. Ein Blitz der Hoffnung durchzuckte sie.

Vielleicht folgte ihr die Bestie nicht auf die offene Wiese. Vielleicht blieb das Ungeheuer im Wald!

Woher kam dieser Wolf? Niemand hatte ihn vorher gesehen!

Marge lief zitternd quer über die Wiese. Sie wagte es, den Kopf zu wenden.

Sie sah den Wolf. Er stand zwischen den letzten Bäumen des Waldes. Seine grünen Augen waren auf sie gerichtet und glühten in der einbrechenden Dunkelheit.

Ein trockenes Schluchzen stieg in ihrer Kehle hoch. Sollte sie es tatsächlich schaffen?

Sie brauchte nur die umgebaute Mühle zu erreichen, in der sie und ihr Mann eine Töpferwerkstatt eingerichtet hatten. Bob war nicht zu Hause, aber Marge konnte sich einschließen und die Polizei anrufen. Sie mußte die Landstraße überqueren, die dicht an der Mühle vorbeiführte. Ein Auto näherte sich. Marge sah die Scheinwerfer. Das Fahrzeug war noch zu weit entfernt. Die Insassen hätten ihr nicht helfen können. Da war sie schneller in der Mühle.

Mit vor Schwäche einknickenden Beinen stolperte sie über die schmale Asphaltstraße, rannte das letzte Stück über ihren eigenen Grund und Boden und fiel erschöpft gegen die Eingangstür der alten Mühle.

Sie hörte das Plätschern des Mühlbaches, das Rauschen des Waldes, das Brummen des näherkommenden Motors und ein langgezogenes wütendes Heulen.

Es hallte vom Wald herüber. Der Wolf!

Mit bebenden Fingern schloß Marge auf, wankte in die dunkle Halle und schlug die Tür zu.

Mit bebenden Fingern schloß sie von innen ab, schaltete das Licht ein, legte den schweren Innenriegel vor und lief von einem Fenster zum anderen. Sie überzeugte sich, daß es für den Wolf keine Möglichkeit gab, in die Mühle einzudringen. Auch die Hintertür war fest verschlossen.

»Um alles in der Welt, um Himmels willen, was war das?« stammelte Marge. Sie war völlig außer sich, total erschöpft und mit den Nerven am Ende.

Ihre Hände zitterten so heftig, daß sie den Telefonhörer kaum halten konnte. Sie mußte sich zusammennehmen, um den Polizeinotruf zu wählen.

Als sie es endlich geschafft hatte und den Hörer ans Ohr hielt, zuckte sie zusammen.

Kein Laut drang aus dem Hörer.

Sie schüttelte ihn, klopfte auf die Gabel, rüttelte den Apparat. Sie kontrollierte die Verbindung. Das Kabel war richtig angeschlossen.

Nun hatte die alte Mühle mehrere Anschlüsse. Marge zog den Stecker heraus und eilte in die Werkstatt. Aber auch dort gab das Telefon kein Lebenszeichen von sich.

Sie rätselte noch, wieso die Leitung unterbrochen war, als die uralte Glocke in der Halle anschlug. Der Ton trug durch das stille Haus.

Mit einem Schrei wirbelte Marge Woodhouse herum, schalt sich jedoch eine Närrin. Ein Wolf konnte nicht klingeln.

Sie lief in die Halle, öffnete jedoch nicht. Mittlerweile war es draußen ganz dunkel geworden. Durch ein schmales Fenster neben der Tür sah sie die Standlichter eines Personenwagens.

»Wer ist da?« rief sie.

»Mein Name ist Miller!« antwortete eine Männerstimme. »Ich habe vorhin gesehen, wie Sie über die Straße hetzten! Ist etwas geschehen?«

»Gehen Sie weg, fahren Sie weiter!« schrie Marge. Sie stellte sich vor, was geschehen würde, falls der Wolf jetzt aus dem Wald kam. »Los, fahren Sie sofort weiter!«

Dann fiel ihr ein, daß der Mann für sie die Polizei verständigen konnte.

»Was haben Sie denn?« antwortete der fremde Autofahrer verblüfft. »Stimmt etwas nicht?«

»Warten Sie!«

Marge Woodhouse schob den Riegel zurück und sperrte auf. Die Tür schwang zurück.

Der Anblick des Mannes traf Marge unangenehm, obwohl an ihm nichts Auffälliges war. Es mochte an den eng beisammenstehenden Augen liegen, die seinem Blick etwas Stechendes verliehen. Vielleicht war es auch sein schmallippiger Mund, um den ein harter Zug verlief.

»Brauchen Sie Hilfe?« fragte der Fremde mit einem knappen Lächeln. »Was ist denn geschehen?«

»Mein Telefon funktioniert nicht.« Marge Woodhouse blickte an dem Mann vorbei in die Dunkelheit. Jeden Moment erwartete sie die unheimlich glühenden Augen des Wolfes. »Steigen Sie schnell in Ihren Wagen! Im Freien ist es zu gefährlich.«

»Wieso denn?« Die kalten Augen des Mannes glitzerten.

»Ich bin im Wald einem Wolf nur mit knapper Mühe entgangen«, erklärte Marge Woodhouse. »Verstehen Sie das? Der Wolf tauchte ganz plötzlich auf. Ich bin sofort nach Hause gelaufen. Mein Glück war, daß er den Wald nicht verlassen hat. Aber jetzt ist es ganz dunkel. Vielleicht kommt er näher. Fahren Sie bitte! Verständigen Sie die Polizei!«

Der Mann schüttelte den Kopf. »Ich kann mir das nicht vorstellen«, meinte er. »Woher sollte ein Wolf kommen? So nahe bei London? Das ist unmöglich!«

»Wenn ich es Ihnen sage!« schrie Marge Woodhouse unbeherrscht. »Beinahe hätte mich die Bestie umgebracht!«

In die Augen des Fremden trat ein rätselhaftes Glitzern. »Hat er Sie gebissen? Sie müssen es mir sagen. Es ist wichtig. Vielleicht hat er Sie mit einem Zahn ein wenig geritzt?«

»Nein!« Marge trat einen Schritt zurück. »Warum fragen Sie?«

»Tollwut!« Miller ließ sie nicht aus den Augen. »Verstehen Sie? Hat er Sie gebissen?«

»Er hat mich nicht einmal berührt!« Marge wurde ungeduldig. Sie sah den Sinn dieses langwierigen Gesprächs nicht ein. »Verständigen Sie endlich die Polizei?«

»Immer langsam!« Miller griff in die Tasche seines Mantels. Als seine Hand wieder zum Vorschein kam, richtete er eine Pistole auf die junge Frau. »Los!« befahl er mit schneidender Stimme. »Gehen Sie da rüber! Zu meinem Wagen!«

Marge wollte eine Frage stellen. Sie verstand diesen Überfall nicht. Was beabsichtigte der Fremde?

Sie warf einen Blick in seine Augen und stellte keine Fragen.

Dieser Mann war zu allem entschlossen. Er war eiskalt.

An diesem Abend fiel Marge Woodhouse von einem Schrecken in den anderen. Zitternd ging sie zu dem Auto des Fremden.

»Stehenbleiben«, befahl er. »Rühren Sie sich nicht von der Stelle!«

Marge hörte einen schweren Motor. In der tiefen Stille trug jedes Geräusch sehr weit. Daher erkannte sie, daß sich ein Lastwagen ihrer Mühle näherte.

Sie schöpfte neue Hoffnung.

Der Lastwagen lenkte sie so ab, daß sie das heisere Hecheln erst im letzten Moment hörte. Etwas Feuchtes berührte ihr Bein.

Marge wirbelte schreiend herum.

Der Wolf stand hinter ihr, den Kopf gesenkt. Er reichte ihr bis zur Hüfte.

Sein Fell war gesträubt, die Vorderbeine weit gespreizt. Die buschige Rute schlug wütend den Boden.

Marge konnte aus diesem Alptraum nicht fliehen. Sie sah hinter dem Wolf den Mann mit der Pistole. Um seinen Mund spielte ein kaltes Grinsen.

Im nächsten Moment fühlte Marge einen feinen stechenden Schmerz in ihrem rechten Bein.

Sie prallte zurück und stieß gegen den Wagen. Ihr starrer Blick war auf die winzige Einstichstelle an ihrem Bein gerichtet. Nur ein Blutstropfen sickerte aus der Wunde.

Der Wolf hatte sie gebissen!

Sie glaubte, den Verstand zu verlieren. Die Bestie stand noch immer vor ihr, mit der Rute schlagend und heiser knurrend. Der Wolf fletschte die Zähne und stieß ein kurzes, heiseres Fauchen aus.

Das war für Marge Woodhouse zu viel.

Blind vor Angst rannte sie los, auf die Straße hinaus, direkt vor den mit überhöhter Geschwindigkeit heranrasenden Lastwagen…

*

Rick Masters fühlte sich nicht wohl. Er hatte im Moment keinen Auftrag, der ihn in seiner Eigenschaft als Geisterdetektiv auslastete.

Er hatte die Nacht allein in seiner Junggesellenbude in der Londoner City verbracht. Diese Wohnung war gleichzeitig als Büro eingerichtet. Doch im Moment herrschte in jeder Hinsicht Flaute.

Seine Freundin Hazel Kent war für mehrere Tage verreist und wußte nicht, wann sie zurückkommen würde. Nur sein kleiner Mischlingshund Dracula hielt ihm die Treue.

Im Moment schlief der winzige Hund mit den überdimensionalen Ohren in Ricks Bett und ließ sich durch nichts zu einem Morgenspaziergang überreden.

Seufzend bereitete sich der Geisterdetektiv das Frühstück. Wenn er allein war, fiel es sehr karg aus. An diesem Morgen entschied er sich für Kaffee und Cornflakes. Dazu entfaltete er die Zeitung und überflog sie.

Dracula schlief noch, als Rick auf einen der kleineren Artikel auf den hinteren Seiten aufmerksam wurde.

Mysteriöser Unfall, stand da geschrieben.

Rick Masters war früher ein gewöhnlicher Privatdetektiv gewesen. Erst im Laufe der Zeit hatte er sich Fällen verschrieben, die mit Übersinnlichem zu tun hatten. Wenn Schwarzmagier, Geister oder Dämonen in einem Fall eine große Rolle spielten, war Rick Masters mit dabei.

Er galt international als Spezialist für solche Fälle. Vor allem Scotland Yard griff immer wieder auf seine Hilfe zurück.

Das Wort »mysteriös« zog Ricks Blick magisch an. Er begann zu lesen. Nach dem ersten Satz gab es ihm einen heftigen Ruck.

Schon vor zwei Tagen, stand da geschrieben, ereignete sich bei dem kleinen Ort Boxfield, dreißig Kilometer von London entfernt, ein mysteriöser Unfall mit Fahrerflucht. Der zweiunddreißigjährige Bob W., bekannter Künstler und Töpfer, fand abends seine vierundzwanzigjährige Frau Marge leblos vor ihrer umgebauten Mühle. Sie war von einem Lastwagen überfahren worden. Der Wagen stand noch an der Unfallstelle. Von dem Fahrer fehlte jede Spur. Die Polizei hat die Suche nach dem Todesfahrer aufgenommen, doch wurde er bisher nicht gefunden.

Rick Masters ließ erschüttert die Zeitung sinken. Bob und Marge W. mußten Bob und Marge Woodhouse sein. Rick erinnerte sich gut an Bob. Sie hatten sich vor Jahren angefreundet, und Rick hatte auch Bobs junge Frau Marge gemocht. Hazel hatte sich ebenfalls mit den beiden ausgezeichnet verstanden. Leider hatten sie einander später wieder aus den Augen verloren. Rick wußte nur, daß sie bei Boxfield eine alte Mühle gekauft und zu Wohnhaus und Atelier umgebaut hatten. Einmal war er da gewesen.

Und nun war Marge tot!

In diesem Moment glaubte Rick Masters an einen Unfall mit Fahrerflucht. Daß er trotzdem zum Telefonbuch griff, hatte nur einen Grund. Er wollte mit Bob sprechen.

Rick fand in seinem privaten Telefonverzeichnis die Nummer des Ehepaares Woodhouse, wählte und wartete vergeblich auf die Verbindung.

Das Telefon klingelte, doch am anderen Ende hob niemand ab.

Rick überlegte. Möglicherweise hatte Bob die Mühle verlassen und war zu Freunden oder Verwandten gegangen. Marge war immerhin direkt vor dem Haus gestorben. Kein Wunder, wenn Bob es dort nicht aushielt.

Rick wollte es wissen. Auch wenn er Bob Woodhouse lange nicht gesehen hatte, fühlte er sich ihm noch immer freundschaftlich verbunden. Und Freundschaft hielt Rick hoch.

Er erfragte bei der Auskunft die Telefonnummer der Polizeistation von Boxfield und rief dort an, nannte seinen Namen und erklärte sein Problem.

»Mr. Woodhouse wohnt noch in der Mühle«, erwiderte ein freundlicher Polizist. »Er beantwortet jedoch keine Telefongespräche, weil ihm Reporter die Tür eingerannt haben. Wenn Sie etwas von ihm wollen, müssen Sie ihm schreiben oder selbst herkommen.«

»Gut, vielen Dank«, murmelte Rick und legte auf.

Er brauchte nicht lange zu überlegen. Sein Entschluß war rasch gefaßt. Er rief im Verwaltungshochhaus der Kent-Werke an. Seine Freundin Hazel besaß und leitete einen der größten Betriebe des Landes. Ihre persönliche Sekretärin, Mrs. Penning, nahm Ricks Anruf entgegen.

»Nein, Mr. Masters«, sagte sie auf seine Frage. »Mrs. Kent ist noch nicht zurück. Ich weiß nicht, wann sie wiederkommt.«

Rick hinterließ, wo Hazel ihn finden konnte, und machte sich auf den Weg.

»Tut mir leid, jetzt geht es los«, sagte er zu seinem Hund und schob ihn kurzerhand aus dem Bett. »Wir machen uns auf den Weg!«

Als Dracula merkte, daß er keine andere Wahl hatte, lief er munter kläffend hinter seinem Herrn her.

»Du brauchst genau wie ich immer erst einen kräftigen Stoß, damit du etwas unternimmst«, sagte Rick lächelnd.

Er stieg in seinen Morgan, einen modernen, hochgezüchteten Sportwegen im Oldtimer-Look mit allen Schikanen.

Rick Masters nahm nur kleines Reisegepäck mit. Er fühlte sich verpflichtet, einem alten Freund in schwerer Zeit beizustehen. Daran, daß er mitten in einen Hexenkessel hineintappte, dachte er nicht im Traum.

Er sollte nur zu bald in einem Alptraum stecken…

*

Rick Masters hatte das Mühlental in schöner Erinnerung. Der Bach floß rasch durch ein natürliches Bett neben der Straße. Zu beiden Seiten stiegen die Wiesen sanft an. Auf der einen Seite gab es einen etwas höheren Hügel, der dicht bewaldet war. Vom Waldrand bis zur Mühle waren es ein paar hundert Meter.

Als Rick diesmal das Mühlental vor sich sah, fröstelte er. Die Scheibenwischer hatten Mühe, das Regenwasser von der Windschutzscheibe zu entfernen. Graue Schleier trieben durch das Tal. Die Bäume des Waldes ragten wie eine düstere Mauer in die tief hängenden Wolken.

Die Wiesen wirkten nicht grün, sondern grau. Der Bach war angeschwollen und führte Hochwasser. Eine lehmig braune Flut wälzte sich durch das Tal.

Die Mühle selbst war durch den Nebel nur schemenhaft zu erkennen.

Erst jetzt wurde Rick bewußt, wie sonderbar es war, daß durch dieses Seitental ein Lastwagen gefahren war. Weshalb denn? Der Geisterdetektiv erinnerte sich daran, daß diese Straße von Boxfield kam und weiter oben auf eine Überlandstraße mündete. Bis zu dieser Abzweigung waren es etwa acht Kilometer.

Der Fahrer des Lastwagens mußte also ein Ziel in unmittelbarer Nähe der Mühle gehabt haben. In Boxfield, zum Beispiel. Das hätte bedeutet, daß die Bewohner von Boxfield den Täter kannten und ihn deckten. Es konnte sogar sein, daß sie ihn fürchteten und sich deshalb verbarrikadierten!

Als Rick vor der Mühle hielt, schüttelte er alle diese Überlegungen ab. Er nahm sich vor, sich nicht in Spekulationen zu verrennen.

Er stieg aus. Der Regen hörte so plötzlich auf, wie er begonnen hatte. Nur von den mächtigen Bäumen neben der Mühle tropfte das Wasser auf den aufgeweichten Boden.

Rick zog an dem Griff neben der Tür. Drinnen in der Halle erklang die wertvolle antike Glocke, auf die Bob und Marge so stolz gewesen waren. Es war ein schöner, tiefer Klang, den man gar nicht überhören konnte. Trotzdem wurde nicht geöffnet.

Rick schüttelte den Kopf und probierte es wieder und wieder, bis er schlurfende Schritte hörte.

Die Tür öffnete sich einen Spaltbreit.

»Rick!« rief Bob, schloß die Tür, entfernte die Sperrkette und öffnete ganz.

Bob Woodhouse war ein großer, hagerer Mann. Rick mußte nach oben blicken, wollte er Bob in die Augen sehen.

Jetzt hielt Bob Woodhouse sich gebeugt wie ein Greis. Seine Augen hatten jeden Glanz verloren. Tiefe Schatten machten seinen Kopf einem Totenschädel ähnlich. Die Wangen waren noch tiefer eingefallen als sonst. Die Haare hingen ihm wirr ins Gesicht. Die Kleider waren zerknittert, als habe er seit Tagen darin geschlafen.

»Hallo, Bob!« Rick hatte einen Kloß im Hals.

Sie schüttelten einander die Hände. Rick trat in die Mühle und pfiff Dracula. Der kleine Hund sauste aus dem Wagen und wollte seinem Herrn in die Mühle folgen.

Kurz vor dem Tor bremste der Hund, blieb stehen und sträubte das Nackenfell. Er knurrte leise, hob witternd die Schnauze und klemmte den Schwanz ein.

Rick stutzte, doch da Dracula gleich darauf in die Halle kam, sagte er nichts. Er merkte es sich jedoch. Draculas Verhalten fügte sich wie ein Mosaikstein zu den anderen Beobachtungen des Geisterdetektivs.

Bob Woodhouse verzog keine Miene, als er die Tür schloß.

Rick kannte sich im Haus aus und ging in das Wohnzimmer voraus. Überall sah es schrecklich aus. Niemand hatte aufgeräumt. Kleidungsstücke lagen auf Sesseln und auf dem Boden. In einer Ecke waren Zeitungen verstreut. Das Telefon stand neben der Sitzgruppe am Kamin.