Der Geisterjäger 23 – Gruselroman - Andrew Hathaway - E-Book

Der Geisterjäger 23 – Gruselroman E-Book

Andrew Hathaway

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Beschreibung

Sie sind die Besten, und sie wissen genau, was sie tun und vor allem, mit welchen Horrorgestalten sie es zu tun haben: Geisterjäger nehmen im Kampf gegen das Böse die größten Gefahren und Herausforderungen auf sich. Der dramatische Streit zwischen Gut und Böse wird in diesen Gruselromanen von exzellenten Autoren mit Spannung zur Entscheidung geführt. Der schnittige Sportwagen jagte mit pfeifenden Reifen durch die engen Kurven. Hank Spider saß locker hinter dem Steuer. Er grinste zufrieden. Der Wagen war toll in Schuß! Doch dann verging ihm das Grinsen... Auf der nächsten Geraden holte ein schwarzer Wagen in rasender Fahrt auf und zog an Hank Spider vorbei. Spider wandte den Kopf nach rechts und erlebte den Schock seines Lebens. Er sah nämlich den Fahrer. Und das war ein Skelett...

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Der Geisterjäger –23–

Knochenmann greift an

Roman von Andrew Hathaway

Der schnittige Sportwagen jagte mit pfeifenden Reifen durch die engen Kurven. Hank Spider saß locker hinter dem Steuer. Er grinste zufrieden.

Der Wagen war toll in Schuß!

Doch dann verging ihm das Grinsen...

Auf der nächsten Geraden holte ein schwarzer Wagen in rasender Fahrt auf und zog an Hank Spider vorbei. Spider wandte den Kopf nach rechts und erlebte den Schock seines Lebens.

Er sah nämlich den Fahrer.

Und das war ein Skelett...

*

Wäre Hank Spider nicht ein so hervorragender Fahrer gewesen, hätte er bestimmt den Spitfire in den Straßengraben oder an den nächsten Alleebaum gesetzt.

Tatsächlich und leibhaftig! Es war ein Skelett!

Spider traute seinen Augen kaum, doch es gab keinen Zweifel. Es war kein Mann, der sich eines dieser schwarzen Trikots mit einem aufgemalten Skelett angezogen hatte. Spider konnte zwischen den einzelnen Knochen hindurchsehen.

Der schwarze Wagen wurde langsamer und fiel auf gleiche Höhe mit Hank Spider zurück. Der junge Mann war zu schockiert, als daß er gleich richtig reagiert hätte. Anstatt seinerseits zu bremsen und einen Fluchtversuch zu wagen, ließ er den Spitfire mit gleichbleibender Geschwindigkeit weiterrollen.

Das Skelett drehte den nackten, bleich schimmernden Schädel. Leere Augenhöhlen starrten den Rallyefahrer an. Der Schädel schien zu grinsen, obwohl die Knochen starr blieben und nicht den kleinsten Hautfetzen mehr aufwiesen.

Noch konnte Hank Spider seine Nerven kontrollieren. Er suchte fieberhaft nach einer Erklärung. Das konnte es einfach nicht geben! Kein Skelett war imstande, ein Auto zu steuern!

Unmöglich!

Hank Spider war mit seinen achtundzwanzig Jahren ein ausgezeichneter Automechaniker und ein hervorragender Rallyefahrer, der sich schon internationale Anerkennung erworben hatte. Von Schwarzer Magie, Geistern und Dämonen hatte er jedoch keine Ahnung, sonst hätte er beim Anblick dieses Skeletts Bescheid gewußt.

So aber jagte er außerhalb von London auf einer schmalen Nebenstraße Seite an Seite mit einem Wagen, der von einem Knochenmann gesteuert wurde, und suchte nach einer Erklärung.

Die wildesten Gedanken schossen ihm durch den Kopf, so zum Beispiel, der schwarze Wagen könnte ferngesteuert und das Skelett nur eine Attrappe sein. Vielleicht saß auch jemand auf dem Wagenboden und beobachtete die Fahrbahn über ein Spiegelsystem.

Hank Spider war so sehr abgelenkt, daß er die Kurve zu spät sah. Nur instinktiv nahm er sie wahr und bewies einmal mehr sein fahrerisches Können.

Mit traumwandlerischer Sicherheit riß er seinen Spitfire herum. Das Heck brach aus und driftete kreischend über den Asphalt. Hartes Gegenlenken, Vollgas und eine Steuerkorrektur. Der Spitfire lag wieder in der Spur!

Hank atmete tief auf. Schweißtropfen liefen über seine Stirn. Mit einer flüchtigen Bewegung wischte er sie weg, ehe sie in seine Augen drangen und ihn blendeten.

Das Erlebnis in der Kurve brachte ihn zur Vernunft. Er trat auf die Bremse.

Doch der schwarze Wagen mit dem Skelett am Steuer war noch immer neben ihm und ließ sich nicht abschütteln. Als der Spitfire stark verzögerte, wurde der schwarze Wagen im gleichen Ausmaß langsam, als wären die beiden Autos untrennbar miteinander verbunden.

Hinter der Kurve verlief die Straße wieder gerade. Hank kannte die Strecke auswendig, denn am kommenden Samstag sollte hier der Grand National Cup, eine bekannte Rallye, ausgetragen werden. London war der Startort. Exakt über dieses Straßenstück wurde die erste Etappe geführt.

Daher wußte Hank Spider, daß nach einer Meile das Ende der geraden Strecke kam. Dahinter schwang die Straße in mehr oder weniger engen Kurven durch ein Waldstück. Dort wurde es erst richtig gefährlich. Außerdem wollte der Fahrer mit dem Skelett nicht im Wald allein sein.

Wer immer sich hinter dem makabren Scherz verbarg, hatte nichts Gutes im Sinn. Spider schüttelte die Angst ab und gab wieder Gas.

Es half nichts. Der schwarze Wagen blieb, ganz gleich, was Hank unternahm.

Immer näher raste er auf die dunkle Wand des Waldes zu. Es gab keine Abzweigungen, zumindest keine, die er mit seinem flachen Sportwagen benutzen konnte. Einige Feldwege führten von der Hauptstraße weg, doch auf ihnen würde der Spitfire schon nach wenigen Yards aufsitzen und womöglich nicht mehr freikommen. Oder eine Achse mußte brechen.

Weit und breit gab es keine Siedlung, nicht einmal alleinstehende Häuser. Hank Spider fuhr die Rallye allein. Niemand war in seiner Nähe, um ihm zu helfen.

»So ein Mist«, zischte er und unternahm einen letzten Versuch. Er trat die Bremse mit aller Kraft. Die Reifen kreischten, die Räder blockierten. Hinter dem Sportwagen stieg eine Rauchfahne auf, so stark war der Abrieb der Profile.

Unglaublich! Der schwarze Wagen blieb auf gleicher Höhe!

Die Fahrertür flog auf.

Das Skelett stieg aus!

Dieser Anblick raubte Hank Spider den letzten Rest von Nervenkraft.

Er rammte seinen Fuß auf das Gaspedal, ließ die Kupplung los und raste weiter. Mit voller Beschleunigung jagte er auf den Wald zu.

Es dauerte einige Sekunden, bis der makabre Fahrer wieder hinter dem Steuer des schwarzen Wagens saß. Doch dann nahm er die Verfolgung auf und rückte unerbittlich näher.

Nun wußte Hank Spider, daß es sich um keinen Ulk handeln konnte, denn ein wandelndes Skelett gab es nicht! Das war kein Scherzartikel, das war nicht einmal ein raffinierter technischer Trick.

Es war unbegreiflich, übernatürlich!

Die nackte Angst peitschte den jungen Mann voran. Durch den Rückspiegel sah er den bleichen Totenschädel hinter der Windschutzscheibe des anderen Fahrzeugs.

Er blickte einen Moment zu lange in den Rückspiegel.

Wieder schrien die Reifen auf, als Hank das Lenkrad herumriß, doch diesmal kam seine Reaktion um eine Zehntelsekunde zu spät.

Der Spitfire brach aus und ließ sich nicht mehr kontrollieren. Anstatt in die Kurve zu gehen, raste er geradeaus weiter, schoß über dem Straßenrand hinaus und flog über einen schmalen Wiesenstreifen.

Mit ohrenbetäubendem Krachen und Klirren wickelte sich der Sportwagen um einen Baum. Die Wucht war so groß, daß der mächtige Stamm geknickt wurde.

Sekundenlang hallte das schauerliche Konzert platzenden Blechs, berstenden Stahls und zerspringenden Glases durch den Wald. Dann verstummte das Inferno.

Tödliche Stille breitete sich aus.

Niemand hatte das Unglück gesehen, und der einzige Augenzeuge verschwand so rätselhaft, wie er aufgetaucht war.

*

Rick Masters blieb lange schweigend neben dem weiß bezogenen Krankenbett sitzen, als Hank Spider mit seiner Schilderung des Unfalls fertig war. Es schien, als wäre der Geisterdetektiv eingeschlafen.

Vielleicht glaubte es Hank Spider, der in zahlreiche Verbände eingewickelt war und einer Mumie ähnlicher sah als einem Menschen. Chefinspektor Kenneth Hempshaw von Scotland Yard jedoch wußte genau, daß der Geisterdetektiv Rick Masters keineswegs schlief, sondern intensiv nachdachte.

Hempshaw kannte den Geisterdetektiv von vielen gemeinsam gelösten Fällen. Rick Masters holte man zu Hilfe, wenn normale Polizeimethoden versagten, weil übernatürliche Kräfte im Spiel waren. Vom Privatdetektiv hatte sich Rick zum Geisterdetektiv gewandelt, als er erkannte, daß übernatürliche Fälle sein Spezialgebiet waren und er darin mehr erreichen konnte als andere. In aussichtslosen Situationen galt er als letzte Hilfe.

Hank Spider, der junge Rallyefahrer, wurde sichtlich ungeduldig, doch als er etwas sagen wollte, winkte der Chefinspektor ab. Rick sollte nicht gestört werden. Er mußte sich erst ein Bild von der Lage machen.

Schließlich dauerte es auch Chefinspektor Hempshaw zu lange. Er räusperte sich und beugte sich vor.

»Rick?« sagte er leise. »Was ist denn nun? Was halten Sie von der Geschichte?«

Rick Masters hob den Kopf und wischte sich über die Augen. Er hatte alles genau überlegt, denn eine gewisse Vorsicht war angebracht. Es wäre nicht das erste Mal gewesen, daß er auf einen Schwindler hereinfiel, auf jemanden, der sich nur wichtig machen wollte oder der tatsächlich glaubte, etwas Besonderes erlebt zu haben, sich dies jedoch nur einbildete.

»Es gab gestern abend bei dem Unfall keine Zeugen«, sagte er. Es war eine Feststellung, keine Frage. Als zehn Minuten nach dem Aufprall an den Baum ein Lastwagen vorbeikam, konnte der Fahrer keinen schwarzen Wagen entdecken. Auch sonst hat niemand dieses Fahrzeug gesehen.«

»Wie denn auch?« fragte Hank Spider gereizt. »Das ist eine total einsame Gegend, obwohl es bis London nur ein paar Meilen sind.«

Rick nickte. »Ich kenne die Straße. Einsam, tatsächlich!«

Spider seufzte tief auf. »Ich kann es Ihnen nicht verdenken, daß Sie mich für einen Schwindler halten, Mr. Masters! Ehrlich gesagt, ich habe gar nicht damit gerechnet, daß mir jemand meine Geschichte abnimmt.«

»Die Polizei hat die Spuren am Unfallort gesichert«, fuhr der Geisterdetektiv fort, als habe er den Einwand des Fahrers nicht gehört. »Nichts, aber auch gar nichts deutet darauf hin, daß ein zweiter Wagen beteiligt war, ganz gleich, wie dessen Fahrer ausgesehen haben mochte.«

»Hören Sie auf, das hat keinen Zweck!« rief Spider enttäuscht. »Ich sehe schon, daß Sie sich nicht um den Fall kümmern werden!«

»Aber wieso denn das?« Rick lächelte flüchtig. »Selbstverständlich übernehme ich den Fall!«

Das überraschte auch Chefinspektor Hempshaw. »Damit hätte ich nicht mehr gerechnet, Rick! Man sieht Ihnen wirklich an, daß Sie sehr skeptisch sind.«

»Zugegeben«, räumte der Geisterdetektiv ein. »Darf ich offen sprechen?«

Die beiden Männer nickten.

»Es ist so«, meinte Rick Masters. »Mr. Spider, Sie werden an der Rallye teilnehmen. Ich unterstelle Ihnen jetzt, daß Sie trainierten und einen Fahrfehler begingen. Deshalb landeten Sie an einem Baum. Um sich nicht vor Ihren Kollegen zu blamieren, vielleicht auch aus anderen Gründen, erfinden Sie eine Geschichte, die diesen Unfall rechtfertigt.«

»Zieht nicht, Mr. Masters«, fiel Hank Spider ein. »Dann hätte ich erzählt, daß plötzlich eine alte Pilzsammlerin oder ein Kind aus dem Wald auf die Straße gelaufen ist. Oder meinetwegen ein Reh. Ich hätte mir etwas Glaubhafteres einfallen lassen.«

»Richtig«, stimmte Rick Masters zu. »Aber Sie können auch Publicity brauchen. Wenn die Zeitungen von Ihrer Story Wind bekommen und sie veröffentlichen, haben Sie einen Reklamerummel, wie man ihn sich besser nicht wünschen kann.«

»Mr. Spider hat mich ausdrücklich um Verschwiegenheit gebeten, als er mir seine Geschichte erzählte«, erklärte nun der Chefinspektor, ein bulliger Mann mit einem düsteren Gesicht, das über seine Gutmütigkeit täuschte. »Es war Mr. Spider übrigens gar nicht recht, daß sich der Yard um seinen Unfall kümmert. Aber meine zuständigen Kollegen von der Landpolizei schöpften Verdacht, weil es so gar keinen Grund für den Unfall gab. Sie baten den Yard um Hilfe, und da ich gerade Zeit hatte...«

»Danke, das kenne ich«, winkte Rick verschmitzt lächelnd ab. »Und weil Sie Zeit hatten, riefen Sie mich an, damit ich für Sie den Fall löse!«

»Erlauben Sie!« rief Chefinspektor Hempshaw und merkte im nächsten Moment, daß ihn sein Freund nur auf den Arm nehmen wollte. »Sie können froh sein, Rick«, konterte er, »daß der Yard Sie überhaupt frei herumlaufen läßt, Sie und Ihren gefährlichen Hund!«

Rick grinste, stand auf und ging zur Tür. Dort blieb er stehen. »In Ordnung, ich kümmere mich um die Sache. Noch etwas, Mr. Spider. Ich bin ein recht guter Menschenkenner. Ich kann mich auf meine Meinung über jemanden verlassen. Und von Ihnen habe ich einen guten Eindruck.«

Spiders Augen leuchteten auf. »Soll das heißen, daß Sie mir glauben?« rief er.

Rick Masters nickte.

»Dann beeilen Sie sich mit der Lösung!« forderte ihn Spider auf. »Sie müssen den Schuldigen bis zum Start der Rallye am Samstag finden! Ich möchte kein zweites Mal mit diesem Knochenmann zusammentreffen!«

Nun staunte auch der Geisterdetektiv, der an einiges gewöhnt war. »Sie wollen doch nicht an der Rallye teilnehmen! Der Start ist übermorgen! Bis dahin haben Sie Ihre Verletzungen nicht ausgeheilt!«

»Sie sind nicht so schlimm, daß ich nicht in einem Auto sitzen kann«, erwiderte Hank Spider, der in der Vergangenheit schon zahlreiche Rallyes gewonnen hatte und als absoluter Favorit an den Start ging.

»Dann viel Glück!« murmelte Rick Masters und verließ das Krankenzimmer.

Wenn das nur gutgeht, dachte er bei sich, sprach es jedoch nicht aus. Hank Spider war alt genug, um zu wissen, was er tat.

In Gedanken war Rick Masters schon bei dem Skelett, das ein Auto gesteuert und einen glatten Mordanschlag auf den Favoriten des Grand National Cups verübt hatte.

Wenn Hank Spider sich nicht wichtig machte, sondern die Wahrheit sagte, mußte Rick Masters eine harte Nuß knacken.

Es sollte sich herausstellen, daß das noch eine glatte Untertreibung war. Entlang der Rennstrecke lauerte der Tod und verwandelte den Grand National Cup in die Todesrallye!

*

Beim gemeinsamen Mittagessen berichtete Rick Masters seiner Freundin Hazel Kent, worum es bei seinem neuesten Auftrag ging.

»Und wer bezahlt dein Honorar?« erkundigte sie sich.

Rick lachte leise. »Du denkst immer praktisch«, sagte er. »Aber du hast schon recht. Man lebt nicht nur davon, daß einen die Arbeit interessiert, die man sich ausgesucht hat. Hank Spider hat versprochen, mir einen Scheck auszuschreiben. Das kann er allerdings nur, wenn er gewinnt und die Siegesprämie kassiert.«

»Und wenn er nicht gewinnt?« hakte Hazel nach.

Rick zuckte die Schultern. »Ich arbeite halboffiziell für den Yard, wie schon so oft. Und da hat sich in der Vergangenheit immer eine Regelung gefunden.«

»Du könntest bereits Millionär sein, würdest du die Sache anders aufziehen«, gab Hazel Kent zu bedenken.

»Ich weiß, aber ich kann nun einmal nicht aus meiner Haut.« Rick hielt seinen Hund fest, als er hinter einem Kellner herlaufen wollte, der ein Tablett mit duftenden Speisen durch den Saal des Innenstadtrestaurants trug. »Wenn es irgendwo eine übernatürliche Einwirkung gibt, muß ich mich darum kümmern. Wer sonst sollte gegen Geister und Dämonen kämpfen? Oder gegen Menschen, die sich der Schwarzen Magie verschrieben haben?«

Hazel Kent, eine schwarzhaarige, rassige Frau mit kühlen grauen Augen, lächelte. »Ich kenne dich, Rick! Ich habe es auch nicht ernst gemeint.« Sie wechselte das Thema. »Und du glaubst, daß es diesen Wagen mit dem Skelett am Steuer wirklich gibt?«

»Es wäre zumindest möglich«, antwortete der Geisterdetektiv vorsichtig.

Danach fielen sie in Schweigen und konzentrierten sich auf ihr Essen. Hazel Kent führte die Kent-Werke in ganz eigener Regie, und die Verwaltung ihres Besitzes erforderte viel persönlichen Einsatz. Deshalb konnte sie gut verstehen, daß auch Rick Masters ganz in seinem Beruf aufging.

Das Bürohaus der Kent-Werke in der City befand sich nur einen Steinwurf von diesem Restaurant, in dem sie sich getroffen hatten, und Ricks Büro war auch nicht weit entfernt. Beide mußten sich die freien Minuten förmlich von ihrer Arbeitszeit stehlen, so daß sie das Beisammensein um so mehr genossen.

»Sei vorsichtig, Rick«, bat Hazel nach einer Weile mit leiser Stimme.

Rick schreckte aus seinen Gedanken hoch. »Wie? Ach so, ja, natürlich. Ich bin immer vorsichtig«, murmelte er.

Hazel hätte darauf erwidern können, daß er nie vorsichtig war, wenn er einen Fall übernahm. Sie ließ es jedoch sein, denn sie wußte ohnedies, daß er sich nicht schonte und Kopf und Kragen riskierte.

»Was wirst du unternehmen?« fragte sie statt dessen.

Rick vermerkte dankbar, daß sie wie immer echtes Interesse für seine Arbeit zeigte. »Ich werde am Anfang beginnen, nämlich mit der Straße, auf der sich der Vorfall ereignete. Mal sehen, ob ich ein Skelett finde, das mit einem schwarzen Wagen Kunststücke macht.«

Hazel schauerte. »Du solltest nicht mit der Gefahr scherzen!«

Rick zuckte die Schultern. »Laß mich, Darling. Es wird früh genug bitterernst. Außerdem will ich nur meine Nervosität abbauen. Wenn es dieses Skelett nämlich tatsächlich gibt, steht eine gefährliche Macht dahinter. Ich werde mir etwas Besonderes einfallen lassen müssen, um Sieger zu bleiben.«

Hazel schluckte. Sie mußte sich zwingen, ihren Teller zu leeren. Die Aussicht auf aufregende und gefährliche Tage verdarb ihr den Appetit.

Eine halbe Stunde später mußten sie sich trennen. Rick begleitete seine Freundin noch bis zu dem Eingang des Hochhauses, in dem sie als Chefin herrschte, verabschiedete sich von ihr und kehrte mit seinem Hund Dracula in sein Wohnbüro zurück.

Er traf noch einige Vorbereitungen, ehe er sich auf den Weg machte. Allerdings sagte er niemandem, daß er jetzt losfuhr. Es wäre zwar sicherer gewesen, sich von Chefinspektor Hempshaw Geleitschutz geben zu lassen, aber Rick Masters war ein Einzelgänger. Er handelte lieber auf eigene Faust.

Dracula – sein Name war als makabrer Scherz von Rick ausgewählt worden – lag auf dem Nebensitz. Der kleine Hund besaß die Fähigkeit, das Wirken einer magischen Macht früher anzuzeigen, als Rick sie merkte. Deshalb war er für den Geisterdetektiv ein wertvoller Helfer geworden und hatte ihm auch schon oft das Leben gerettet.

Rick hatte eine dumpfe Vorahnung, daß er sich auch in diesem Fall wieder auf die besonderen Fähigkeiten seines Hundes würde verlassen müssen, und seine Vorahnungen bewahrheiteten sich fast immer.

Um ein Uhr mittags erreichte der Geisterdetektiv das Straßenstück, auf dem das Skelett zum ersten Mal aufgetaucht war.

Er wußte nicht, daß seine Ankunft genauestens registriert wurde.

*

Man schrieb Donnerstag, den 7. Mai. Der Frühling hatte die ersten Knospen an den Bäumen geöffnet. Er war in diesem Jahr spät, dafür aber mit aller Macht gekommen. Die Sonne strahlte warm von einem wolkenlosen Himmel, so daß man vergessen konnte, daß man sich auf der Regeninsel befand.

Rick Masters fuhr mit offenem Verdeck. Sein Morgan war ein zweisitziger offener Sportwagen, dunkelgrün und eine Spezialanfertigung. Unter einer auf Oldtimer-Look getrimmten Karosserie schlug als starkes Herz ein neuer Motor. Der Wagen war im Notfall ein schneller Flitzer. Zusätzlich war er mit Blaulicht und Sirene ausgestattet, die Rick Masters jedoch nur in äußersten Notfällen einsetzen durfte. Eine Sondergenehmigung gestattete dies. Er hatte sie erhalten, weil er oft mit Scotland Yard zusammenarbeitete und es dabei gelegentlich um Sekunden ging. Das Blaulicht hatte schon mehreren Menschen das Leben gerettet, weil der Geisterdetektiv im letzten Moment hatte eingreifen können.

An diesem Tag hatte er es nicht eilig. Die Geisterstraße, wie er sie für sich nannte, lag westlich von London. Kaum hatte Rick die Millionenstadt verlassen, als der ländliche Charakter die Nähe von London vergessen ließ. Er fuhr zwischen blühenden Bäumen durch einige kleinere Dörfer, bis auch diese hinter ihm blieben.

Das Skelett hatte sich für seinen Angriff auf Hank Spider wirklich die einsamste Gegend ausgesucht. Wer immer hinter diesem Anschlag steckte, legte keinen Wert auf großes Aufsehen.