Der Gesang des Hiawatha - Henry Wadsworth Longfellow - E-Book

Der Gesang des Hiawatha E-Book

Henry Wadsworth Longfellow

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Beschreibung

Der Gesang des Hiawatha (im englischen Original The Song of Hiawatha) ist ein langes Gedicht in Form eines Epos, verfasst von Henry Wadsworth Longfellow (1807-1882). Es erzählt vom Leben des Indianers Hiawatha, der im 16. Jahrhundert gelebt hat. Nach einer Einleitung schildern 22 Abschnitte Hiawathas Leben von seiner Kindheit über seine Hochzeit mit Minnehaha bis zu seinem Tod. Dabei flocht Longfellow auch weitere Legenden der Indianer mit ein. Eben das Einbringen weiterer Legenden, aber auch die Metrik des Werks erinnern an das finnische Nationalepos Kalevala. Eine Beeinflussung ist durchaus möglich, da Longfellow nicht nur des Finnischen mächtig, sondern auch an der deutschen Übersetzung des Kalevala beteiligt war.

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Der Gesang des Hiawatha

Henry Wadsworth Longfellow

Inhalt:

Henry Wadsworth Longfellow – Biografie und Bibliografie

Der Gesang des Hiawatha

Vorwort des Übersetzers

Einleitung

Die Friedenspfeife.

Die vier Winde.

Hiawathas Kindheit.

Hiawatha und Mudjekeewis.

Hiawathas Fasten.

Hiawathas Freunde.

Hiawathas Segeln

Hiawathas Fischen.

Hiawatha und Perlfeder.

Hiawathas Werben.

Hiawathas Hochzeit.

Der Sohn des Abendsterns.

Das Segnen der Kornfelder.

Bilderschreiben.

Hiawathas Klage.

Pau-Puk-Keewis.

Die Verfolgung des Pau-Puk-Keewis.

Der Tod des Kwasind

Die Geister

Die Hungersnot

Des weißen Mannes Fuß

Hiawathas Scheiden

Wörterverzeichnis

Der Gesang des Hiawatha, H. W. Longfellow

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

Loschberg 9

86450 Altenmünster

ISBN: 9783849630874

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

Henry Wadsworth Longfellow – Biografie und Bibliografie

Amerikan. Dichter, geb. 27. Febr. 1807 in Portland (Maine), gest. 24. März 1882 in Cambridge, studierte in Bowdoin College und wirkte nach längerer Studienreise in Europa drei Jahre als Professor an derselben Anstalt. Nach einem Jahre weitern Studiums in Europa wurde er Professor in Harvard, bis er sich 1854 entschloss, sich ganz der Literatur zu widmen. Veröffentlicht hatte er bereits mehrere Bände: »Coplas de Manrique«, eine Übersetzung der berühmten Ode nebst einem Aufsatz über die didaktische Poesie der Spanier (1833); das Skizzenbuch »Outremer« (1835); den Reiseroman »Hyperion« (1839; deutsch von Ad. Böttger, Leipz. 1856; Wien 1896); den Gedichtband »Voices of the night« (1835) mit vortrefflichen Übersetzungen aus dem Spanischen, Italienischen, Französischen und Deutschen; »Ballads and other poems« (1841; deutsch von Nielo, Münster 1857); »Poems on slavery« (1842); das prächtige Schauspiel »The Spanish student« (1842; deutsch von K. Böttger, Dessau 1854; Häfeli, Leipz. 1873); »The poets and poetry of Europe« (1845), Übersetzungen nebst biographischen und literarhistorischen Einleitungen, enthaltend: »The Belfry of Bruges« (1846); »Evangeline« (1847; vielfach übersetzt, z. B. von Nicklas, Karlsr. 1872; Knortz, Leipz. 1872; Siller, Milwaukee 1879; von A. O. Meyer in »Meyers Volksbüchern«); »Kavanagh«, eine Novelle aus Neufundland (1849; deutsch, Leipz. 1851); »Seaside and fireside« (1849); »The golden legend«, eine dramatisierte Neudichtung des »Armen Heinrich« (1851; deutsch von Keck, Leipz. 1860; E. v. Hohenhausen, das. 1882; Halle 1887). Aber erst mit der Herausgabe der auf einer Indianersage beruhenden idyllisch-epischen Dichtung »The Song of Hiawatha« (1855; deutsch von Böttger, Leipz. 1856; von Freiligrath, Stuttg. 1857; Knortz, Jena 1872; zuletzt von Fr. Reuleaux, Stuttg. 1894) sicherte sich L. den Ehrenplatz unter den amerikanischen Dichtern, der ihm seither zugestanden wird. Es folgten nun »The Court ship of Miles Standish«, eine Erzählung in Hexametern aus der Puritanerzeit (1858; deutsch von Knortz, Leipz. 1874, u.a.); »Tales of a wayside inn« (1863; deutsch von Schuchardt, Hamb. 1879); »Flower de Luce and other poems« (1866); endlich die »New England tragedies« (1868) und »The divine tragedy« (1871), die mit der »Golden legend« zusammen eine Art Trilogie bilden und später u. d. T. »Christus: a mystery« (1873) erschienen. Die Gedichtbände »Aftermath« (1873), »The Masque of Pandora« (1875; deutsch von Schuchardt, Hamd. 1878), »Keramos« (1878), »Ultima Thule« (1880), »Hermes Trismegistos« (1882) und »In the Harbor« (1882) beschlossen Longfellows schöpferische Tätigkeit. Er gab auch die Anthologie »Poems of places« heraus (1876–79). L. hat wenig Ursprüngliches oder typisch Nationales, aber seine Romantik und seine formgewandte Lyrik schlägt bei seinem Volk an. Eine Gesamtausgabe seiner Werke ist die »Riverside«-Edition (Boston 1886, 11 Bde.); außerdem sind zahllose Nachdrucke vorhanden. Deutsch erschienen sämtliche poetische Werke von H. Simon (Leipz. 1883, 2 Bde.), Gedichte von Neidhardt (Darmst. 1856), K. Böttger (2. Aufl., Dresd. 1871), A. Laun (Oldenb. 1879) u.a. Vgl. Baumgartner, Longfellows Dichtungen (2. Aufl., Freiburg 1887); Knortz, L., eine literarhistorische Studie (Hamb. 1879); die von Longfellows Bruder Samuel L. herausgegebenen Werke: Life cf H. W. L. (Boston 1886, 2 Bde.) und Final Memoirs of H. W. L. (das. 1887); ferner die Biographien von Blanche Roosevelt (New York 1882), Underwood (Boston 1882), Austin (2. Aufl., das. 1887), Kennedy (das. 1882), Carpenter (das. 1901), Higginson (das. 1902) u.a.

Der Gesang des Hiawatha

Vorwort des Übersetzers

Der Gedanke meines berühmten Freundes, den Sagenschatz der Ureinwohner seiner Heimat in einem Gedichte epischen Gepräges zusammenzufassen, hat sich in überraschender Weise glücklich und erfolgreich erwiesen. "Der Sang von Hiawatha" erschien zuerst im Oktober 1855, und ein halbes Jahr später, im April 1856, hatte die Bostoner Originalausgabe bereits dreißig Auflagen, jede von tausend Exemplaren, erlebt, der in England veranstalteten, ebenfalls mehrmals aufgelegten Editionen nicht zu gedenken. Die Wirkung des Gedichts nach allen Seiten hin war die außerordentlichste. Anerkennende und absprechende Beurteilungen überstürzten sich; das Metrum, fremd wie es dem angelsächsischen Ohre klang, gab Anlaß zu literarischen Fehden; Parodien (zwei davon ganze Bücher) und Nachahmungen legten Zeugnis ab für die der Dichtung innewohnende lebenweckende Kraft; Schoolcraft, der gelehrte Kenner des Indianertums, stellte die in seinen verschiedenen Werken zerstreuten indianischen Sagen in einem besondern, dem Dichter des "Hiawatha" gewidmeten Bande zusammen; von einem der ersten Schiffswerfte Bostons wurde ein prächtiger Dreidecker, die "Minnehaha", vom Stapel gelassen; Vorleser und Vorleserinnen beeiferten sich, die weichen Verse und die harten Eigennamen des Gedichts vor zahlreichen und glänzenden Auditorien zur Geltung zu bringen: Künstler von Rang illustrierten Szenen aus "Hiawatha"; und die vorliegende ist bereits die zweite deutsche Übersetzung.

Ein gut Teil dieser mannigfachen Erfolge ist gewiß dem Umstände zuzuschreiben, daß das Gedicht neu war, – neu dem Stoffe und (für Amerika und England wenigstens) auch so gut wie neu der Form nach. Der Urwald und die Steppe waren bisher tot und seellos gewesen; die vor dem Gange der Zivilisation nach Westen flüchtende Rothaut, glaubte man, konnte sie nur mit den Rufen der Jagd oder des Krieges erfüllen; ein höheres Interesse schien sich den ursprünglichen Zuständen dieser "Völkernatur" nicht abgewinnen zu lassen. Das Poetische darin, das bei uns schon vor sechzig Jahren Schillern anwehte, und ihn zu seiner "Nadowessischen Totenklage" begeisterte, wurde von den nächsten Erben des roten Mannes nicht erkannt, oder gelangte wenigstens nicht zum künstlerischen Ausdruck bei ihnen. Was der Art bei Schoolcraft, Catlin und andern sich findet, war lange Zeit hindurch ein ungehobener Schatz. Da kam ein Dichter und bemächtigte sich des bereit liegenden rohen Stoffes, hauchte ihm eine Seele ein, machte ihn lebendig. Der Urwald war jetzt nicht mehr öde. Der Geist des Menschen, nicht auf Mord und Zerstörung bedacht, nein, still und sinnig schaffend und den Gang seiner Entwicklung in kindlichen Hervorbringungen, in Bild und Sage, wiederspiegelnd, trat uns aus ihm entgegen. So ist das Gedicht ein humanistisches und doch auch wieder ein spezifisch amerikanisches, – ebenso amerikanisch, wie die "Evangeline" des Dichters, jenes reizende Bild altkanadischen Kolonistenlebens. Longfellow, kann man wohl sagen, hat den Amerikanern, in der Poesie, Amerika erst entdeckt. Kein Wunder, daß sie dem Entdecker zujauchzten, und ihm dankbar in seine Wälder nachschritten!

Dann ließ man sich auch durch die Form des Gedichtes überraschen und gefangen nehmen. Man hielt sie für durchaus neu; man glaubte, der Dichter habe sie selbst geschaffen, – ein Irrtum, in den gelegentlich sogar die Kritik verfiel, und der durch die Kenner erst berichtigt werden mußte. Denn allerdings ist diese Form eine entlehnte, – wenn auch eine so passende, eine der Eigenartigkeit des Stoffes so ganz und gar entsprechende, daß eine neue, gleich gemäße, zu erfinden, selbst einem Meister der Sprache und des Verses, wie Longfellow, schwer gewesen sein möchte. Finden, in solchen Fällen, gilt manchmal ebensoviel als Erfinden. Longfellow, indem er seine amerikanischen Sagen, mit geringen Modifikationen, in das analoge Gewand der finnischen Runen kleidete, verfuhr mit einer Umsicht und einem Feingefühl, die wir bewundern müssen. Er hätte nun freilich den "Sang von Hiawatha", statt eine indianische Edda, richtiger eine indianische Kalewala genannt; doch wollen wir deswegen nicht mit ihm streiten.

Ob sich der Dichter, außer in der Form, nicht auch zuweilen in der Sache durch sein Vorbild hat anregen lassen, möchte schwer zu entscheiden sein. Im ganzen, darf man wohl annehmen, hat er uns die indianische Tradition treu und ohne Beimischung fremder Elemente wiedergegeben; und auch da, wo er von seinem Eigenen dazutun mußte, um die lose umherflatternden Fäden zu einem einigen Ganzen zusammenzuschürzen, ist er mit Mäßigung und künstlerischem Takt zu Werke gegangen. Bedenklich dürfte in dieser Hinsicht nur der Schluß des Gedichtes scheinen, insofern er Sage und Geschichte fast allzu schroff und unvermittelt sich berühren läßt. Hiawatha, der Sohn des Westwindes, der Enkel der aus dem Monde herabgefallenen Nokomis, schüttelt plötzlich den französischen Missionären des siebzehnten Jahrhunderts die Hand! Wie ungleich mehr im Geist der Sage ist dasselbe kulturhistorische Moment, das Hereinbrechen des Christentums, in der Kalewala angedeutet!

In dem Pantheon der Weltpoesie, an dem wir seit Herder fort und fort bauen in unserer Literatur, durfte, meines Erachtens, der "Sang von Hiawatha" nicht fehlen. Ich entschloß mich drum gleich nach dem Erscheinen des Gedichts zu einer Übersetzung desselben, und sandte bereits im Dezember v.J. einige Bruchstücke meiner Verdeutschung (ungefähr ein Drittel des Ganzen) an das Morgenblatt ein. Im darauf folgenden Mai war die Übersetzung, wie sie jetzt vorliegt, druckfertig. Von den zahllosen Ausgaben des Originals ist ihr die erste, gleichzeitig mit dem Bostoner ersten Druck in England erschienene (London bei Bogue), zugrunde gelegt, doch sind verschiedene kleine Änderungen und Verbesserungen des Dichters in späteren Auflagen (sie betreffen zumeist nur die Quantität des einen oder andern indianischen Wortes) gewissenhaft berücksichtigt worden. Hoffentlich wird meine Arbeit auch nach der meines Vorgängers (die ich übrigens bis jetzt nur durch Buchhändleranzeigen kenne) sich Freunde zu erwerben wissen.

Wer sich durch das Gedicht zu einem nähern Studium der indianischen Sage hingezogen fühlen möchte, kann sich keinem bessern, wissenschaftlichen Führer anvertrauen, als I. G. Müllers trefflicher, selbst in Amerika als Autorität anerkannter "Geschichte der amerikanischen Urreligionen". – Noch glaube ich bemerken zu müssen, daß die in der Dichtung vorkommenden indianischen Wörter, nach einer brieflichen Mitteilung Longfellows an mich, sämtlich der tschippewäischen Sprache angehören, mit Ausnahme lediglich einiger Eigennamen. So sind die Namen "Minnehaha" und "Unktahee" aus der Dacotahsprache; "Hiawatha" ist irokesisch.

London, Oktober 1856,F. Freiligrath

Einleitung

Der Sang von Hiawatha. – Diese indianische Edda – wenn ich das Gedicht so nennen darf – beruht auf der Indianertradition von einem Helden von wunderbarer Geburt, der den Eingeborenen Nordamerikas zugeschickt wurde, um ihre Ströme, Wälder und Fischgebiete zu klären, und sie in den Künsten des Friedens zu unterweisen. Er war den verschiedenen Stämmen unter den verschiedenen Namen Michabou, Chiabo, Manabozho, Tarenhawagon und Hiawatha bekannt. Schoolcraft berichtet über ihn in seinen " Algic Researches", T. I, S. 184; – und in seinem Werke " History, Condition, and Prospects of the Indian Tribes of the United States," T. III, S. 314, kann man die irokesische Version der Sage nachlesen, wie sie nach den mündlichen Erzählungen eines Onondaga-Häuptlings aufgezeichnet wurde. In diese alte Überlieferung habe ich andre interessante Indianersagen verflochten. Die meisten von ihnen sind den wertvollen Werken Schoolcrafts entnommen, dessen unermüdlicher Eifer, den Sagenschatz der nordameritanischen Indianer der Vergessenheit zu entreißen, nicht dankbar genug anerkannt werden kann. Der Schauplatz des Gedichts ist bei den Tschippewäern auf dem südlichen Ufer des Oberen Sees, in der Gegend zwischen den Bemalten F"lsen und dem Grand Sable

Fragt ihr mich vielleicht, von wannen Diese Märchen, diese Sagen, Voll vom Dufte sie des Waldes, Voll vom Dunst und Tau der Wiesen, Voll vom steigenden Rauch der Wigwams, Voll vom Rauschen großer Ströme, Voll von steter Wiederholung, Voll von wildem Hall und Rückhalt, Wie des Donners in den Bergen?

Geb' ich Antwort, sprech' und sag' ich: "Aus den Wäldern und den Steppen, Von den großen Seen des Nordlands, Aus dem Land der Tschippewäer, Aus dem Lande der Dacotahs, Aus den Bergen, Mooren, Sümpfen, Wo der Reiher, der Shuh-shuh-gah, Nahrung sucht in Busch und Röhricht! Wiedergeb' ich sie getreulich. Wie vom Munde Nawadahas, Wie vom Mund des süßen Singers, Selber ich vordem sie hörte!"

Fragt ihr mich, wo Nawadaha Diese Lieder, wild und wirblig, Diese Sagen denn gefunden, Geb' ich Antwort, sprech' und sag' ich: "In des Waldes Vogelnestern, In dem Hüttenbau des Bibers, In des Büffelochsen Hufspur, In dem Felsenhorst des Adlers!

"Sangen alle wilden Vögel Sie ihm vor in Moor und Marschland, In den traurigöden Sümpfen. Chetowaik, der Kibitz, sang sie, Mahng, der Taucher, ließ sie hören. Sang die Wildgans sie, die Wawa, Samt dem blauen Reih'r, Shuh-shuh-gah, Und dem Moorhuhn, Mushkodasa!"

Fragt ihr mich vielleicht dann ferner, Sprechend: "Wer war Nawadaha? Meld' uns doch von Nawadaha!" Geb' ich Antwort euren Fragen Stracks in Worten, wie sie folgen:

"In dem Tal von Tawasentha, In dem grünen stillen Talgrund, Bei den lust'gen Wasserströmen, Sang der Singer Nawadaha. Um das Indianerdörfchen Grünte Wiese rings und Kornfeld, Jenseits aber hob der Forst sich. Standen Haine singender Tannen, Grün im Sommer, weiß im Winter, Immer seufzend, immer singend.

"Und dem Lauf der lust'gen Ströme Mochtet weit durchs Tal ihr nachspähn: Kanntet Frühlings ihn am Rauschen, Sommers ihn an seinen Erlen, Herbsts an seinem weißen Nebel, Winters an dem schwarzen Striche; Dort war's, daß der Singer wohnte, In dem Tal von Tawasentha, In dem grünen stillen Talgrund. "Dort von Hiawatha sang er, Sang den Sang von Hiawatha, Sang sein wunderbar Entstehen, Sang sein wunderbares Wesen, Wie er fastete und flehte, Wie er lebte, litt und schaffte, Daß die Stämme glücklich wären, Daß sein Volk er vorwärts brächte!"

Ihr, die ihr die stillen Orte Der Natur liebt, die verschwiegnen, Liebt den Sonnenschein der Wiese, Liebt die Finsternis des Forstes, Liebt den Wind hoch in den Ästen, Liebt den Schauer und den Schneesturm, Liebt das Rauschen großer Ströme Durch ihr Pfählewerk von Tannen, Und den Donner in den Bergen, Dessen unzählbare Halle Freudig schlagen mit den Flügeln, Wie in ihren Horsten Adler; – Lauscht auf diese wilden Mären, Diesen Sang von Hiawatha!

Die ihr liebt der Völker Sagen, Liebt die Lieder eines Volkes, Die wie Stimmen aus der Ferne Lauschend stillzustehn uns rufen, Deren Ton so schlicht und kindlich, Daß das Ohr kaum unterscheidet, Ob Gesang sie sind, ob Rede: – Lauscht auf diese Rothautsage, Diesen Sang von Hiawatha!

Ihr mit Herzen frisch und einfach, Die ihr Gott und die Natur liebt, Die ihr glaubt: Zu allen Zeiten Ist das Herz des Menschen menschlich; Glaubt: sogar in wilden HerzenIst ein Sehnen, Trachten, Ringen Nach dem unverstandnen Guten; Und die Hände, schwach und hilflos, Suchend, tappend blind im Dunkeln, Fassen Gottes Hand im Dunkeln, Die empor sie zieht und kräftigt: – Lauscht auf diese schlichte Weise, Diesen Sang von Hiawatha!

Ihr auch, die ihr oft – auf Gängen Durch des Feldes grüne Steige, Wo verworrne Beerenbüsche Hängen ihre Scharlachtrauben Über moosgrau Steingemäuer, – Ihr, die ihr dort manchmal stillsteht Irgendwo bei einem Kirchhof, Der verwaist liegt und verwahrlost, Stille steht, um still zu sinnen Über halberloschner Inschrift, (Wenig Sangkunst sie verratend, Schlecht und recht, doch jeder Buchstab Voll von Herzeleid und Hoffen, Voll des ganzen süßen Schmerzes Um das Jetzt und das Nachdiesem): Weilt, lest diese rauhe Inschrift, Lest den Sang von Hiawatha!

I

Die Friedenspfeife.

Auf den Bergeshöhn der Steppe Auf dem großen roten Steinbruch, Großen roten Pfeifensteinbruch, Gitche Manito, der Mächt'ge, Er des Lebens Herr, sich senkend, Auf des Steinbruchs roten Klippen. Aufrecht stand er, rief die Völker, Rief die Stämme rings der Menschen.

Floß ein Fluß aus seinen Stapfen, Sprang hinaus ins Licht des Morgens, Glomm, sich übern Abhang stürzend, Gleichwie Ishkoodah, der Bartstern. Und der Geist, sich neigend erdwärts. Auf der Wiese mit dem Finger Zog er ihm gewundnen Pfadweg, Sprechend: "Den Weg sollst du laufen!"

Aus dem roten Stein des Steinbruchs Mit der Hand brach er ein Stück sich, Formt' es um zum Pfeifenkopfe, Schmückt' es bildend mit Gestalten; Nahm zum Pfeifenschaft ein langes Schilfrohr sich vom Rand des Flusses, . Mit den grünen Blättern dran noch; Füllete sodann die Pfeife Mit des Weidenbaumes Borke, Mit dem Bast der roten Weide;

Hauchte auf den Forst, den nahen. Ließ sich reiben seine Äste, Bis in lichte Flamm' er ausbrach; Und auf den Gebirgen, aufrecht, Gitche Manito, der Mächtige, Rauchte nun das Calumet, die Friedenspfeife, als ein Zeichen Rings den Stämmen, rings den Völkern.

Hub der Rauch sich langsam, langsam, Durch die stille Luft des Morgens, Erst ein einz'ger Strich, ein dunkler, Dann ein Dampfen, dichter, blauer. Dann schneeweiße Wolk' entfaltend. Wie des Forstes Baumeswipfel, Immer steigend, steigend, steigend, Bis den Himmel er berührte. Bis am Himmel er sich brach, und, Rund umrollend ihn, hinausfloß.

Von dem Tal von Tawasentha, Von dem Tale von Wyoming, Von den Hainen Tuscaloosas, Von dem Felsgebirg, dem fernen, Von des Nordens Seen und Strömen Sahn die Stämme rings das Zeichen, Sahn den Rauch sich heben, ihn der Friedenspfeife Rauch, Pukwana.

Und die Seher rings der Völker Sagten: "Seht ihn, den Pukwana! Durch dies Zeichen aus der Ferne, Biegsam es wie Weidengerte, Wallend es wie Hand, die winket, Ruft den Stämmen, sich zu sammeln, Ruft in seinen Rat die Krieger Gitche Manito, der Mächt'ge!"

Ab die Flüsse, durch die Steppen, Kamen da der Stämme Krieger, Kamen Delawaren, Mohawks, Kamen Choctaws und Camanchen, Kamen Shoshonies und Schwarzfüß', Kamen Pawnees und Omawhaws, Kamen Mandans und Dacotahs, Tschippewäer und Huronen, Alle, alle sie gerufen Durch der Friedenspfeife Zeichen Zu den Bergeshöhn der Steppe, Zu dem roten Pfeifensteinbruch.

Standen sie dort auf der Wiese, Angetan mit ihren Waffen, Bunt gemalt wie Laub im Herbste, Bunt gemalt wie Morgenhimmel, Grimmig aufeinander starrend; Im Gesichte Trotz und Fordrung, In der Brust die alten Fehden, In der Brust den alten Erbhaß, Angestammten Durst nach Rache.

Gitche Manito, der Mächt'ge, Er der Schöpfer aller Völler, Blickt' auf sie herab mit Mitleid, Väterlich mit Lieb' und Mitleid: Blickt' auf ihren Grimm, ihr Hadern, Wie auf Zank nur zwischen Kindern, Wie auf Streiten nur von Kindern.

Über sie die Rechte streckt' er, Ihren Starrsinn zu bewält'gen, Ihren Fieberdurst zu lindern Mit dem Schatten seiner Rechten: Sprach mit majestät'scher Stimme Wie das Brausen ferner Wasser, Niederfallend in den Abgrund, Warnte, schalt, sprach solchermaßen:

"O ihr meine armen Kinder!