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Schon der Beginn des G8-Gipfels war so ungewöhnlich, wie kein anderer vor ihm. Nicht der Präsident, sondern sein zweiter Stellvertreter musste ihn eröffnen. Doch das war nichts im Vergleich zu dem, was noch auf die Gipfel-Teilnehmer zukommen würde. Als Terroristen bekannt geben, dass sie im Besitz einer Atombombe sind, verwandelt sich der Wirtschaftsgipfel in einen Krisenstab. Doch wie verhandelt man mit Terroristen, die nicht die Absicht haben, zu verhandeln? Und wie gewinnt man die Kontrolle über einen atomaren Sprengkopf, der sich in einer Umlaufbahn um den blauen Planeten befindet? Antworten auf diese Fragen erwarten sich die Gipfel-Teilnehmer von Dr. Aaron Hunley. Der NASA-Mitarbeiter wird zur Schlüsselfigur der Ereignisse und gerät immer weiter in die direkte Schusslinie der Terroristen. Aaron hat nicht nur die Aufgabe, einen atomaren Sprengkopf aus der Hand von Terroristen zu befreien, sondern muss nun auch der Welt erklären, dass die Bedrohung weitaus größer ist, als die meisten Menschen sich überhaupt vorstellen können...
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Seitenzahl: 314
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Christian BrondkeDer Gipfel – Worauf kannst du verzichten?
E-Book Epub Alle Rechte beim Autor. Herstellung: Selfpublishing, 2021
Überarbeitete Fassung © 2014, Christian Brondke www.weltenpilger.net Das Werk ist einschließlich aller seiner Teile urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung und Vervielfältigung des Werkes ist ohne Zustimmung des Autors unzulässig und strafbar. Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks und der Übersetzung, sind vorbehalten! Ohne ausdrückliche schriftliche Erlaubnis des Autors darf das Werk, auch nicht Teile daraus, weder reproduziert, übertragen noch kopiert werden, wie zum Beispiel manuell oder mithilfe elektronischer und mechanischer Systeme inklusive Fotokopieren, Bandaufzeichnung und Datenspeicherung, sowie heute noch unbekannter Verfahren. Zuwiderhandlung verpflichtet zu Schadenersatz. Titelbild »Weltkarte bei Nacht« Freie Nutzung laut Homepage: http://pixabay.com/de/photos/welt-karte-satellitenbild-140304/
- Wahrheit und Fiktion -
Die Geschichte in diesem Buch ist Fiktion. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind Zufall und nicht beabsichtigt. Die in diesem Roman dargelegten physikalischen Grundsätze entsprechen dem aktuellen Stand der Wissenschaft und sind bereits seit den späten 50er Jahren des 20. Jahrhunderts bekannt. Die genannten Organisationen, Vereinigungen und Behörden existieren tatsächlich.
Ort:Technisches Forschungszentrum der National Aeronautics and Space Administration (NASA), Washington, D.C.Zeit:Samstag, 31. Mai, 22:23 Uhr EST
Der Techniker Jeffrey Newman hatte Angst. Und diese Angst war ihm anzusehen. Seine Stirn und seine Hände schwitzten und er zitterte am ganzen Körper, denn er wusste, dass er diese Nacht wahrscheinlich nicht überleben würde. Wie hatte er sich nur in dieser Frau täuschen können? Seine Menschenkenntnis hatte ihn bisher noch nie im Stich gelassen, doch in diesem Fall schien sie versagt zu haben. Er spürte den Lauf der Waffe, die ihm in den Nacken gedrückt wurde, während er am Computer saß und das tat, was von ihm verlangt wurde. Die Arbeit, zu der er gezwungen wurde, war illegal. Auch wenn er nicht wirklich wusste, was genau er da tat, so konnte er sich ausmalen, dass er unter normalen Umständen für dieses Vorgehen im Gefängnis landen würde. Er befolgte die Anweisungen, die er bekam auf das Genaueste. Hätte er das nicht getan, wäre er wahrscheinlich schon längst tot. Er überlegte sich, ob dies vielleicht sogar besser gewesen wäre, doch sein Überlebensdrang war stärker gewesen und so hatte er eingewilligt, das von ihm Verlangte zu tun. »Ich bin fertig.«, sagte Jeffrey, ohne sich umzudrehen. Die Frau blickte auf den Monitor und nickte zufrieden. Der erste Schritt war gemacht. Ab sofort konnte die Operation, die sie monatelang vorbereitet hatte, gestartet werden. Jetzt musste nur noch ein lästiger Zeuge verschwinden – und das war Jeffrey. »Das hast du gut gemacht, Jeff.«, antwortete die Frau mit einer kühlen und gefühllosen Stimme. »Was jetzt?«, fragte er und drehte seinen Kopf langsam, doch die Mündung der Waffe zwang in wieder nach vorne zu sehen. »Was glaubst du denn, was jetzt passieren wird?« »Sag es einfach. Ich rechne sowieso mit allem.« »Dir ist bewusst, dass ich keine Zeugen gebrauchen kann und dass ich dich mit einem Bild meines Gesichtes im Gedächtnis nicht am Leben lassen kann.« »Du wirst mich also wirklich töten? Nach all dem, was zwischen uns war?«, fragte er. »Jeffrey, denk nach. Bist du wirklich so naiv? Du warst Teil eines Plans und jetzt wirst du nicht mehr gebraucht. Es ist unausweichlich.« Die Kälte in ihrer Stimme ließ ihn frösteln und Jeffrey wusste nun, dass es für ihn zu spät war. »Steh auf und geh aus dem Raum. Tu, was ich dir sage und ich verspreche dir, dass es schnell geht.« Jeffrey tat, was ihm befohlen wurde und stand auf. Dann verließ er den Raum. Die Frau folgte ihm, ohne damit aufzuhören, die Waffe auf ihn zu richten. Als Jeffrey den Flur des Gebäudes entlang ging, fragte er sich, wo er eigentlich hingehen sollte. Doch die Frage wurde unmittelbar beantwortet. »Dort hinein.« Jeffrey starrte auf das Schild, dass den Inhalt des Raumes ankündigte und seine Angst vergrößerte sich erneut. »Kannst du mich nicht einfach erschießen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass das da schneller geht.« »Wenn ich dich erschieße, wird es nicht wie Selbstmord aussehen. Wir müssen den Schein waren, sonst hat das alles keinen Sinn. Also stell keine Fragen. Tu einfach, was ich dir sage. Ich tue dir jetzt einen Gefallen.« »Einen Gefallen? Das kann ich mir nicht vorstellen.« »Wenn ich dich am Leben lasse, verbringst du den Rest deines Lebens im Gefängnis. Du hast soeben geheime Informationen an Terroristen weitergegeben. Niemand wird dir glauben, dass du dazu gezwungen wurdest. Das, zusammen mit dem Video würde ausreichen, um dir die Giftspritze zu geben. Aber davor sitzt du noch jahrelang in einer kleinen Zelle und versuchst, den täglichen Vergewaltigungen aus dem Weg zu gehen. Na los, mach schon.« Jeffrey öffnete die Tür. Zu seiner Überraschung war sie nicht verschlossen. Er wusste, dass die Sicherheitsbestimmungen dies nicht erlaubten, doch irgendwie passte das zum bisherigen Ablauf dieses Abends. Dann ging er in den Raum und wartete auf das, was nun folgen sollte. Unbewusst fasste er sich an seine linke Brust und ihm überkam ein Gefühl der Panik. »Diese Tür müsste verschlossen sein.«, bemerkte er. Die Frau lächelte, was er nicht sehen konnte. Das waren die letzten Worte von Jeffrey Newman. Es dauerte nur einen kleinen Moment. Er spürte einen Stoß in seinem Rücken und fiel nach vorne. Nur ein paar Sekunden später war er tot.
Freitag, 13. Juni
(08:45 Uhr bis 10:30 Uhr)
»Einem kleinen Funken folgt eine große Flamme.«
- Dante Alighieri -
»Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen.«
- Edward A. Murphy -
15 Stunden und 45 Minuten bis zur Ewigkeit
Ort:Mehrere hundert Kilometer über der ErdoberflächeZeit:08:45 Uhr EST
Einen schöneren Arbeitsplatz, als den von Phil Morgan, Anton Makarov und Peter Beneke konnte es nicht geben. Die körperliche Anstrengung würde sich hier nicht bemerkbar machen, sondern erst, wenn sie sich wieder bei ihren Familien befanden. Jede Bewegung war anstrengend, das war keine Frage. Aber dennoch schwebten sie im wahrsten Sinne des Wortes durch den Raum. Es war ein riesiger Spielplatz, der Millionen von Dollar verschlungen hatte und sie waren die einzigen, die ihn derzeit ihr Eigen nennen durften. Gleichzeitig befanden sie sich aber an einem der gefährlichsten Orte, die man sich vorstellen konnte. Eine falsche Bewegung, ein falscher Handgriff und sie wären innerhalb von Sekunden tot. Trotz der Kälte, die sich außerhalb ihrer Hülle befand, würde ihr Blut innerhalb kürzester Zeit anfangen zu kochen. Doch wenn sie aus dem Fenster blickten, wurden sie jedes Mal für diese Gefahr entschädigt. Der Ausblick, den sie genießen konnten, wenn sie nach draußen sahen, war beispiellos und unbezahlbar. Und das Beste war, dass die Sonne hier bis zu sechzehn Mal am Tag auf- und wieder unterging. Das Leben an Bord der internationalen Raumstation war atemberaubend. Nur wenige Menschen konnten diesen Blick bisher genießen und so wie es den Anschein hatte, würde es noch eine sehr lange Zeit dauern, bis wieder jemand hier oben sein würde. Die drei Astronauten wurden von einem Großteil der Bevölkerung, die sich zu diesem Zeitpunkt mehrere hundert Meilen unter ihnen befand, bewundert. Doch nichts desto trotz war das Leben an Bord der Station alles andere als ein Vergnügen. Die Arbeit in der Schwerelosigkeit war mühsam und dauerte seine Zeit. Doch sie wurden immer wieder von Neuem für ihre Anstrengungen entschädigt, wenn sie sich die Erde aus dieser Entfernung ansahen. Die Erde war so groß und sah gleichzeitig so zerbrechlich aus. Sie wussten aber auch, dass dieser Tag der letzte war, an dem Sie diese Aussicht genießen konnten. In ein paar Stunden sollten sie die Station verlassen und zur Erde zurückkehren. Doch bis dahin gab es noch ein Menge an Arbeit, die erledigt werden musste. Und wenn diese Arbeiten erledigt waren, würden sie die Station verlassen und niemand würde hier in nächster Zeit die Nachfolge antreten. »Ich werde das hier vermissen.«, sagte Peter Beneke, als er aus dem Fenster blickte. »Das geht uns allen so.«, antwortete ihm Phil Morgan, der das Kommando auf der Station hatte. »Vergesst nicht, dass wir in Russland das Programm nicht einstellen. Vielleicht schaffen es ja auch die Chinesen irgendwann, euch zu überreden, dass ihr eine gemeinsame Mission startet. Dann könntest du vielleicht schon bald wieder hier sein.«, sagte Anton Makarov. »Ich glaube nicht, dass es dazu jemals kommen wird, Anton.«, sagte Phil. »Warum heißt diese Station dann international, wenn immer nur die selben Nationen hier oben sind?« »Ich bin kein Politiker. Ich habe davon keine Ahnung. Diese Entscheidungen werden da unten getroffen, Anton.«
15 Stunden und 30 Minuten bis zur Ewigkeit
Ort:im Garten des Weißen Hauses, Washington D.C.Zeit:09:00 Uhr EST
Von der Pennsylvania Avenue waren es knapp sechzig Meilen bis zum Konferenzort. John Todd musste diese Strecke schnell hinter sich bringen, denn er wurde bereits erwartet. Der Helikopter stand bereits im Garten bereit und er brauchte nur noch einzusteigen. Er flog nicht gerne, denn irgendwie vertraute er diesen motorisierten Vögeln nicht über den Weg. Statistisch gesehen ist fliegen zwar immer noch weitaus ungefährlicher als Autofahren, doch das war ihm egal. Was sagten Statistiken schon über die Realität aus? Aber John hatte keine Wahl. Er befand sich in einer Position, in der es zum täglichen Geschäft gehörte, dass man reisen musste und das ging nun einmal am schnellsten mit einem Flugzeug oder einem Helikopter. Auch wenn er diese Position, die er gerade einmal dreizehn Tage inne hatte, sich heimlich schon immer gewünscht hatte, so war die Art und Weise wie er sie bekommen hatte, nicht gerade der normale Werdegang. Er wurde nicht gewählt, er wurde in diesen Job hineingeschoben und das behagte ihm nicht. Als er aus dem Gebäude in den Garten ging sah er einen Mann, der immer an der selben Stelle stand, wenn der Helikopter bereit war, abzuheben. Als der Marine, der wie immer in Galauniform bereit stand, den Fluggast sah, stand er stramm. Er salutierte nicht, den John Todd war nur vorübergehend in dem Amt und war auch nicht vereidigt. Er war ein Stellvertreter und machte diesen Job nur solange, bis der Präsident wieder einsatzfähig war. Allerdings wusste an diesem Tag niemand, wann das wieder der Fall sein würde. Was passiert war, war in der Geschichte dieses Landes noch nie passiert und einige der Personen, die für die Sicherheit des Präsidenten verantwortlich waren, hatten dafür bereits die Konsequenzen gezogen. Sowohl freiwillig, als auch unfreiwillig. Und heute musste John Todd eines der wichtigsten Treffen des Jahres leiten. Ein Treffen, das anders verlaufen sollte, als es ursprünglich geplant war. Sobald der Helikopter abhob, setzen sich zwei weitere Hubschrauber in Bewegung, die den ersten Helikopter, der die Bezeichnung Marine One trug, begleiteten. Diese Prozedur war Standard. Alle drei Maschinen waren baugleich und niemand konnte auf den ersten Blick einen Unterschied erkennen. Damit sollte verhindert werden, dass zu erkennen war, in welchem der Helikopter der Präsident saß. Es war eine Sicherheitsmaßnahme, die es Attentätern unmöglich machen sollte, die Maschine des Präsidenten abzuschießen. John Todd fragte den Piloten, wie lange der Flug dauern würde und bekam als Antwort, dass es nur etwa zwanzig Minuten sein würden. Das beruhigte ihn nicht besonders, doch er war zuversichtlich, dass er auch diesen Flug überstehen würde. Washington sah von oben noch schöner aus, als vom Boden. John schaute zwar aus dem Fenster, doch er genoss den Flug aufgrund seiner Angst nicht. Er schaute nur hinaus, um darüber nachzudenken, wie lange es dauern würde, bis er bei einem Absturz auf der Erde aufprallen und sterben würde.
15 Stunden und 15 Minuten bis zur Ewigkeit
Ort:Mehrere hundert Kilometer über der ErdoberflächeZeit:09:15 Uhr EST
Das Schiff mit dem Namen Nexus näherte sich langsam aber sicher der Raumstation. Als es in Sichtweite kam, hatten die drei Astronauten ihre Positionen im Kontrollmodul bereits eingenommen, um die Steuerung der Nexus zu übernehmen. »Houston, ich übernehme jetzt die Kontrolle des Versorgungsschiffes. Halten Sie sich bereit, die Automatik abzuschalten.«, sagte Kommandant Phil Morgan. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. »Verstanden, ISS. Ist das Schiff auf planmäßigem Kurs?« »Roger, Houston. Sieht alles sehr gut aus.«, antwortete Phil. »Sehr gut, ISS. Die Automatik wird in zehn Sekunden abgeschaltet.« Die Stimme, die aus dem Lautsprecher über dem Kopf von Phil Morgan kam, zählte die Sekunden runter und als sie bei Null angekommen war, schaltete er die Steuerung ein und übernahm die Kontrolle über das Versorgungsschiff. »Houston, habe Kontrolle übernommen. Läuft alles planmäßig.« »Okay, Phil. Aber denken Sie dran. Schön langsam. Das ist kein Spielzeugauto, sondern ein Raumschiff.« »Wir müssen es ja nicht bezahlen, wenn es eine Delle abbekommt, oder?«, scherzte Peter Beneke in Richtung seines Kommandanten. »Ich würde dafür nicht meine Hand ins Feuer legen, Peter. Aber es muss ja nicht sein.« »Dann fahr das Ding aber nicht so, wie deinen Mercedes. Dann überlebt das Schiff die Reise vielleicht.« Phil blickte Peter mit einem Grinsen an, antwortete jedoch nicht. Er wusste, wie er mit seinem Auto umging und wenn er das Raumschiff, das mehrere Millionen Dollar gekostet hatte, auch so behandeln würde, dann müsste er sich wahrscheinlich bald einen neuen Job suchen. »Verstanden Houston. Ihr kennt mich doch.«, reagierte Phil auf die Anweisung mit dem selben kindischen Grinsen im Gesicht. Die Antwort auf seine Bemerkung blieb aus. Phil war nun hochkonzentriert und ließ das Schiff nicht mehr aus den Augen. »Anton? Sind die Instrumentendaten okay?«, wollte er von dem russischen Mitglied der Besatzung wissen. »Ja, alles so wie es sein soll, Kommandant.«, antwortete Anton in perfektem Englisch, aber mit einem eindeutig russischen Akzent. Er blickte erneut auf seine Instrumentenanzeigen, um sich noch einmal davon zu überzeugen, dass alles nach Plan lief. Phil hielt die Bodencrew über jeden seiner Schritte auf dem Laufenden und ließ das Schiff nun einen Vorwärtslooping machen. Es waren noch etwa zweihundert Meter, bis das Schiff an die Raumstation andocken sollte. »Houston, die Nexus steht jetzt auf dem Kopf. Es sind noch etwas über einhundert Meter, die sie zurücklegen muss. Wir leiten jetzt das Andocken ein.« »Verstanden.« Das Andockmanöver im All war schon zu Beginn der Raumfahrt eines der schwierigsten Manöver, die eine Crew zu absolvieren hatte. Und auch bis heute hatte sich nichts daran geändert. Es reichte schon eine kleine Unachtsamkeit und das Raumschiff kam nicht nur vom Kurs ab, sondern es bestand die Gefahr, dass das Schiff in den Tiefen des Weltalls verschwand. Die Treibstoffkapazitäten waren so berechnet, dass nur wenige Kurskorrekturen durchgeführt werden konnten. Phil forderte den dritten Astronauten, Peter Beneke, auf, die letzten Vorbereitungen abzuschließen. Der Deutsche hatte bereits alles, was für das Rendezvous nötig war, vorbereitet, so dass Phil nun die letzten Schritte seiner Arbeit einleiten konnte. »Na gut. Spannung bis zur letzten Sekunde. Wie immer.«, sagte er. »Schön vorsichtig, ISS. Ihr macht das nicht zum ersten Mal, es soll aber auch nicht das letzte Mal sein.«, kam es aus dem Lautsprecher. Als die Nexus an die Außenhülle der Raumstation andockte, gab es das typische Geräusch, dass den Männern sagte, dass das Andockmanöver beendet war und ohne Zwischenfälle abgeschlossen werden konnte. »Capture.«, sagte Peter und signalisierte seinem Kommandanten damit, dass er die Handsteuerung abschalten und das Versorgungsschiff in den Ruhemodus versetzen konnte. Phil informierte die Bodencrew darüber, dass der Vorgang abgeschlossen war. Die Bodenstation gratulierte den drei Astronauten zum erfolgreichen Manöver und informierte sie darüber, dass sie nun eine Stunde Zeit hatten, die Versorgungsgüter aus dem Schiff zu holen und in der Raumstation an den dafür vorgesehenen Plätzen zu verstauen.
15 Stunden und 15 Minuten bis zur Ewigkeit
Ort:National Aeronautics and Space Administration (NASA), Washington, D.C.Zeit:09:15 Uhr EST –zur selben Zeit
Zur selben Zeit befand sich Dr. Aaron Hundley in seinem Büro im Hauptgebäude der National Aeronautics and Space Administration, die weltweit nur unter dem Namen NASA bekannt war. Genau wie das gesamte Personal der Behörde, wartete er darauf, dass die drei Astronauten in der ISS ihre Arbeiten beendeten, damit er mit seiner anfangen konnte. Er hatte sich schon seit Monaten auf diesen Tag vorbereitet, denn dieser Tag würde das gesamte Weltraumprogramm revolutionieren. Wenn heute alles so laufen würde, wie es die jahrelange Planung vorgesehen hatte, dann würde das für die Behörde eine Einsparung an Kosten in Millionenhöhe bedeuten. In der letzten Nacht hatte er so gut wie nicht geschlafen, und das spiegelte sich nun in seinem Gesicht wieder. Eigentlich hätte er es an diesem Tag ruhig angehen können, denn seine Arbeit war getan. Das Programm lief während der letzten Wochen in allen Testdurchläufen hervorragend an und es schien, als hätte er alles bedacht. Aber dennoch war er nervös und ging im Gedanken wieder und wieder jeden möglichen Fehler durch. Die Was-wäre-wenn-Szenarios, die er mit seinen Kollegen in den letzten Wochen durchgegangen war, hatten ihn nicht nur den Schlaf, sondern auch sehr häufig den letzten Nerv geraubt. Doch nun war alles abgeschlossen und er wusste, dass er jetzt nicht mehr in die Prozeduren eingreifen konnte. Wenn das Programm noch irgendwo Fehler aufwies, dann mussten Updates geschrieben werden, die, wenn sie fertig waren, zwar schnell eingespielt werden konnten, aber dennoch die Arbeitsleistung an Bord der ISS beeinträchtigen konnten. Aaron Hundley sollte sich zu diesem Zeitpunkt zwar in Houston befinden, wo die Mission direkt überwacht wurde, doch er hatte sich dafür entschieden, das Projekt, dass er zum größten Teil selbst entwickelt hatte, von seinem Büro in Washington aus zu verfolgen. Er konnte in Houston in diesem Moment sowieso nicht eingreifen. Alles, was zu tun war, konnte er von dem zehn Quadratmeter großen Büro aus genauso gut erledigen, als wenn er sich im Mission Control Center befinden würde. Genau dies war der Sinn und Zweck der Arbeit, die er schon so lange betrieben hatte. Als Aaron sich durch einen großen Stapel von Akten wühlte und noch einmal die letzten Handbücher zur Inbetriebnahme des neuen Systems durchging, die er alle selbst geschrieben hatte, wäre er beinahe eingeschlafen. Doch kurz bevor sein Kopf auf den Tisch fiel wurde er durch das laute Klingeln seines Telefons wieder aus dem Land der Träume gerissen. Er nahm nicht den Hörer ab, sondern betätigte die Freisprechtaste. »Hundley.« »Hey Aaron. Die Jungs fangen gerade mit dem Auspacken an. In etwa zwei Stunden dürfte deine große Stunde schlagen. Kommst du?«, fragte die Stimme am anderen Ende der Leitung, die eindeutig männlich war. »Bin unterwegs.« »Alles klar. Bis gleich.« Aaron's Gesprächspartner wollte gerade auflegen, als er noch um einen Gefallen gebeten wurde. »Mike?« »Ja?« »Kaffee, bitte.« Mike lachte und versprach ihm, dass er sich sofort darum kümmern würde. Er wusste, dass Aaron ein paar schlaflose Nächte hinter sich hatte und sehr lange auf diesen Augenblick gewartet hatte. Dann betätigte Aaron erneut die Freisprechtaste und beendete damit das Gespräch. Aaron blickte auf seinem Schreibtisch auf einen Bilderrahmen, in dem sich nicht wie es normalerweise üblich war ein Foto von einer Freundin oder Frau befand. Er hatte keine Familie und seine letzte Freundin hatte er auf dem College gehabt. Aaron blickte auf den Ausdruck einer Kohlezeichnung, die er im Internet gefunden hatte. Er zeigte die Hauptfiguren aus seinen Lieblingsbüchern, die er schon seit Jahren fast jeden Abend vor dem Schlafengehen las. Es handelte sich um Sherlock Holmes und Dr. Watson. Darunter waren seine beiden Lieblingszitate aus den Geschichten des Meisterdetektivs aufgedruckt:
»Wenn man das Unmögliche ausschließt, dann muss das, was übrig bleibt, so unwahrscheinlich es auch klingen mag, die Wahrheit sein.«
»Wenn ich Sie mit Gewissheit vernichten könnte, dann würde ich mit Freuden dem Tod entgegentreten.«
Bei dem ersten Zitat handelte es sich um den Leitspruch von Sherlock Holmes, welcher ihn daran erinnerte, dass man immer zum richtigen Ergebnis kommt, selbst wenn man auf viele Hindernisse stößt. Und das man diese Hindernisse einfach aus dem Weg räumen muss, auch wenn es manchmal schwer fällt. Das zweite Zitat sagte Sherlock Holmes zu seinem größten Rivalen, Professor Moriarty, als dieser ihn in seiner Wohnung aufsuchte, und ihn aufforderte, ihn in Ruhe zu lassen. Dieser Spruch versinnbildlichte für Aaron, dass man manchmal Dinge tun muss, die man unter normalen Umständen nicht tun würde, auch wenn diese Entscheidungen für einen selbst einen Nachteil bedeuteten. Aaron Hundley konnte zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen, dass ihn einer dieser beiden Sprüche noch am selben Tag eine Entscheidung abringen würde, die für ihn den sicheren Tod bedeuten konnte.
15 Stunden und 15 Minuten bis zur Ewigkeit
Ort:in einem Hotelzimmer im Großraum Washington, D.C.Zeit:09:15 Uhr EST –zur selben Zeit
Der Terrorist saß in seinem Zimmer in einem schäbigen Hotel. Auch für ihn sollte es ein großer Tag werden. Auf ihn hatte er sich fast zwei Jahre lang vorbereitet. Er hatte einen Auftrag, wie es ihn noch nie zuvor gegeben hatte. Nervosität war ein Fremdwort für ihn. Er hatte in den vierzig Jahren seines Lebens Sachen gesehen, die ihn derart abhärteten, dass ihm nichts mehr Angst machen konnte. Dieser Job war nichts anderes. Selbst das, was er vor wenigen Tagen für seinen Auftraggeber erledigt hatte, war für ihn nichts Besonderes. Als er den Namen seines Opfers erfuhr, fragte er den Auftraggeber nur nach dem Wo und Wann. Danach betrachtete er die Sache als erledigt. Dieser Mord hätte ihn weltweit berühmt gemacht, wenn die Ermittlungsbehörden herausgefunden hätten, dass er für den Anschlag verantwortlich gewesen ist. Doch das, was er heute tun würde, würde diesen Mord bei Weitem übertreffen und er würde in die Geschichte eingehen. Der Laptop, der sich vor ihm auf dem Tisch befand und dem er seine volle Aufmerksamkeit schenkte, lief schon seit Wochen durch und wurde nur abgeschaltet, wenn er seinen Standort ändern musste. Er wusste, dass er heute nicht alleine arbeiten würde, sondern Unterstützung bekam. Allerdings wusste er nicht, von wem diese Unterstützung kam. Die Frau schlief im selben Zimmer, wie er, doch er wusste nichts von ihr. Nicht einmal ihren Namen. Der Auftraggeber legte größten Wert auf Diskretion. Auch ihn hatte er bisher nicht persönlich kennengelernt, sondern wusste nur, dass er ihn für seine Arbeit gut bezahlen würde. Die gesamte Korrespondenz lief über ein Handy, dass nach Angaben des Auftraggebers nicht zurückverfolgt werden konnte. Es gab keine Anrufe, sondern er bekam lediglich SMS-Nachrichten, auf die er nicht antworten durfte. Als er an diesem Morgen aufgestanden war, machte er sich zunächst einen Kaffee und schaute im Computer nach, ob die Aktion bereits begonnen hatte. Er sollte zunächst nichts anderes tun, als das Geschehen zu verfolgen und wenn es soweit war, dann würde er die Kontrolle übernehmen. Was auf seinem Computer zu sehen war, war nicht besonders spektakulär. Er konnte lediglich die Desktop-Oberfläche sehen, auf der ein paar kleine Programme abgelegt worden waren. Mehr passierte hier nicht. »Gut, ich habe noch Zeit.«, dachte er sich und ging erst einmal unter die Dusche. Das Wasser war sehr heiß, genauso wie er es mochte. Die Strahlen stellte er so ein, dass sie seinen Rücken richtig durchmassierten. Seine Muskeln taten weh, denn die Nacht auf diesem Bett war nicht das, was er normalerweise gewohnt war. Doch der Gedanke an die bevorstehende Bezahlung entschädigte ihn für diese Nacht. Nach der Dusche genoss er seinen Kaffee und setzte sich wieder zu seinem Computer. Er konnte warten. Es war ja nicht so, dass er unter Zeitdruck stand. Der Abschluss seiner Aufgabe hing von der Schnelligkeit der anderen Beteiligten ab, auch wenn diese noch keine Ahnung davon hatten, dass sie an dieser großen Sache überhaupt beteiligt waren. Er lächelte. Er dachte darüber nach, dass an diesem Tag die Welt verändert werden könnte, wenn die Leute, die die großen Entscheidungen trafen, nicht dazu bereit sein würden, ihm und den anderen zuzuhören. Und selbst wenn sie es taten. Das Ende dieses Tages war bereits festgeschrieben. Was passieren sollte, würde passieren. Die Zeit der Diskussionen und das Fällen von Entscheidungen, die keinerlei weitreichenden und vor allem ausreichenden Einfluss hatten, war vorbei. Heute würde endlich gehandelt werden. Dann blickte er auf seinen zweiten Laptop, der direkt neben dem ersten stand und schaute sich den Videostream an. Er war begeistert. Der Auftraggeber hatte es tatsächlich geschafft, seine Leute in sämtliche Bereiche, die nötig waren, einzuschleusen. »Heute schreiben wir Geschichte.«, flüsterte er leise vor sich hin. »Die Welt gehört uns.«
14 Stunden und 55 Minuten bis zur Ewigkeit
Ort:Mount Weather Emergency Operations Center, VirginiaZeit:09:35 Uhr EST
Der Flug verlief ohne Komplikationen – wie immer. Doch auch dieses Mal kam John Todd über ein mulmiges Gefühl in der Magengegend nicht herum. Als er auf dem Hochsicherheitsgelände landete wurde er bereits erwartet. Der Helikopter landete auf dem vorgesehenen Platz und der Pilot fuhr die Turbine herunter und ließ die Rotorblätter auslaufen. Als die Tür von außen geöffnet wurde begrüßte die persönliche Mitarbeiterin und Beraterin in allen Belangen, Katherine Bennings ihren Vorgesetzten mit einem Handschlag und einem Lächeln im Gesicht. »Sir, willkommen in Mount Weather.« »Vielen Dank, Katherine.«, antwortete John und stieg aus dem Heli. »Sind die Vorbereitungen abgeschlossen?« »Ja, Sir. Alles ist so, wie die Planungen es vorgesehen haben. Die Sicherheitschecks sind abgeschlossen, das Sicherheitspersonal ist instruiert und auf alles vorbereitet.« »Sehr gut, Katherine.«, sagte John. »Wann kommen die Gäste?« Katherine Bennings schaute in ihren Unterlagen nach, um John Todd eine präzise Antwort geben zu können. Sie wusste, dass ihr Boss ein linear denkender Mensch war und immer großen Wert auf präzise Antworten legte. Ausflüchte und das sprichwörtliche Gerede um den heißen Brei duldete er bei niemandem. »Die ersten Gäste werden in circa zwei Stunden erwartet. Wir haben also noch etwas Zeit.« »In welcher Reihenfolge werden unsere Gäste erwartet?« Katherine Bennings schaute ihren Vorgesetzten verdutzt an. »Sir, das wissen Sie doch. Sie selbst haben erst vor wenigen Tagen angeordnet, dass die Staatschefs alle zusammen hier eintreffen und nicht jeder einzeln vorgefahren wird. Diese Anordnung wurde zu einhundert Prozent umgesetzt, auch wenn sämtliche Sicherheitsbehörden dagegen protestiert haben.« »Sehr gut.« Der Sprecher des Repräsentantenhauses nickte anerkennend und beide gingen vom Hubschrauberlandeplatz in Richtung Gebäudekomplex, wo in den nächsten drei Tagen die Konferenz stattfinden sollte. John Todd blickte sich auf dem Gelände um. Er war erst einmal in dieser Anlage gewesen und nachdem, was vor zwei Wochen geschehen war, musste diese Anlage provisorisch auf die Konferenz vorbereitet werden. »Mount Weather war eine gute Idee von Ihnen, Katherine. Hier gehen uns die Demonstranten nicht so auf die Nerven.«, meinte John als er die Umgebung musterte. »Danke, Sir. Es war die naheliegendste Entscheidung. Aufgrund des Verlustes des Präsidenten mussten wir uns kurzfristig eine Alternative einfallen lassen und Mount Weather erfüllt alle Sicherheitsvoraussetzungen von Haus aus. Es musste nichts verändert werden und das Gebiet ist weiträumig abgeriegelt.« »Sehr gut. Wie wird das Gebiet von außen geschützt?« »Das FBI hat mit mehreren hundert Agenten Stellung an den Straßen und im Wald bezogen. Jede Person, die sich in diesen Gebieten aufhält und nicht nachweisen kann, dass sie eine Zutrittsberechtigung besitzt, wird des Platzes verwiesen und mit einer Eskorte weggebracht. Natürlich kann auch das FBI keine hundertprozentige Garantie dafür übernehmen, dass es nicht zu Ausschreitungen kommen wird.« Mount Weather lag innerhalb eines großen Waldgebietes. Es handelte sich um eine militärische Anlage, die bereits seit den Sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts genutzt wurde und die Menschen, die hier arbeiteten, waren vierundzwanzig Stunden am Tag, an sieben Tagen in der Woche einsatzbereit und auf alles vorbereitet. Normalerweise war hier die Katastrophenhilfe der Vereinigten Staaten untergebracht. Doch für die nächsten drei Tage wurden hier die Regierungschefs der größten Wirtschaftsländer der Welt erwartet. Und dementsprechend war die Anspannung der Menschen, die hier arbeiteten, zu spüren. Doch selbst bei allen Sicherheitsvorkehrungen und allen Maßnahmen, die die Lehrbücher vorsahen, konnte niemand garantieren, dass nicht doch etwas passieren würde. Die Vergangenheit der Konferenz zeigte, dass immer etwas unvorhergesehenes passieren konnte und dass sich niemand auf alles vorbereiten kann. Doch womit die Gipfel-Teilnehmer an diesem Tag noch konfrontiert werden sollten, konnte nicht nur niemand rechnen, es war auch unmöglich sich im Vorfeld auf diese Bedrohung vorzubereiten, da es für den gesunden Menschenverstand unvorstellbar war, dass es jemals zu einer Bedrohung von dieser Größenordnung kommen könnte.
14 Stunden und 55 Minuten bis zur Ewigkeit
Ort:National Aeronautics and Space Administration (NASA), Washington, D.C.Zeit:09:35 Uhr EST – zur selben Zeit
Als Aaron Hundley im Konferenzraum ankam, stand der Kaffee, den Mike ihm besorgt hatte, bereits auf seinem Platz. Er setzte sich und nahm einen kräftigen Schluck. Mike saß ebenfalls zusammen mit dem Leiter der Abteilung am Tisch und konzentrierte sich auf seine Arbeit. Beide blickte kurz auf und nickten Aaron zu, als er sich an den Tisch setzte. Danach konzentrierten sie sich wieder auf die Unterlagen, die vor ihnen auf dem Tisch lagen.
»Guten Morgen.«, sagte Aaron und zeigte seinen beiden Kollegen damit, dass er nicht nur körperlich, sondern auch geistig anwesend war.
»Guten Morgen, Aaron.«, sagte sein Vorgesetzter Charles Kepler. »Wie geht es Ihnen?«
»Ich kann nicht behaupten, dass ich nicht nervös bin, Sir. Ich denke, heute entscheidet sich der Verlauf meiner weiteren Karriere, oder? Darüber hinaus, war die letzte Nacht sehr lang für mich. Ich habe seit gestern Abend über dem Programm gesessen und nach Fehlern in der Programmierung gesucht.«
»Haben Sie welche gefunden?«
»Nein Sir.« Charles Kepler lächelte ihn an und versuchte, ihn zu beruhigen.
»Dann ist doch alles in Ordnung. Machen Sie sich keine Sorgen. Es geht hier nur um ein paar Milliarden Dollar im Jahr. Es ist ja nicht so, dass Ihr Leben vom Erfolg dieser Mission abhängen würde.« Mike Brown lachte laut auf.
»Aaron. Bleib locker. Die Tests sind alle reibungslos über die Bühne gelaufen, also warum sollte jetzt hier etwas schiefgehen? Das klappt schon. Wir haben schließlich alles bedacht.«
»Das mag sein.«, erwiderte Aaron. »Aber Realbedingungen sind immer etwas anderes, als Tests. Das weißt du genauso gut, wie ich. Außerdem kann man nie alles bedenken. Wenn etwas schief gehen kann, dann geht es meistens auch schief. Das besagt Murphy's Gesetz.«
»Wer ist dieser Murphy eigentlich? Das Gesetz ist ja bekannt, aber der Mann?«, fragte Mike Brown.
»Murphy war Captain bei der Air Force. Er nahm 1949 an einem Raketenschlitten-Testprogramm teil. Dabei wurden ihm mehrere Sensoren am Körper befestigt, die messen sollten, wie viel Beschleunigung der menschliche Körper aushält. Dabei wurden sämtliche Sensoren falsch angebracht und das Experiment, das übrigens sehr kostspielig war, wurde zu einem kompletten Fehlschlag. Captain Murphy sagte damals, dass, wenn es mehrere Möglichkeiten gibt, eine Aufgabe zu erledigen, und eine davon in einer Katastrophe endet oder sonst wie unerwünschte Konsequenzen nach sich zieht, es jemand genau so machen wird.«
»Leuchtet ein.«, antwortete Mike mit einem Lächeln.
»Sie erwarten also einen Fehlschlag, Aaron? Das sind keine guten Voraussetzungen.«, erwiderte Charles Kepler.
»Ich erwarte überhaupt nichts Sir. Das ist eine meiner Grundprinzipien. Erwarte nichts, dann kannst du auch nicht enttäuscht werden. Wie weit sind die Jungs da oben?«
»Die Nexus hat gerade ohne Probleme angedockt. Der erste kleinere Test ist also bereits abgeschlossen. Das System hat einwandfrei funktioniert. Wir konnten alles von hier aus steuern und Phil Morgan konnte die Kontrolle übernehmen.«, antwortet Charles Kepler.
»Gut. Dann wollen wir mal hoffen, dass wir die Kontrolle über die Station genauso reibungslos übernehmen können.« Aaron dachte darüber nach, wie viel Arbeit in diesem Programm steckte und wer alles Anteil daran hatte. Er hatte das Programm zwar geschrieben und trug damit die Verantwortung für das Gelingen der Mission, doch wie auch in jeder anderen Firma, gab es immer eine Menge von Menschen, die ihren Teil zum Gelingen beitrugen und einer davon war Jeffrey Newman. Aaron dachte in den letzten Tagen sehr viel an ihn. Er erinnerte sich daran, wie sie sich kennengelernt hatten. Sie studierten zusammen an der selben Universität und machten ihren Abschluss gleichzeitig. Aaron hatte Physik und Informatik studiert und Jeffrey konzentrierte sich mehr auf technische Belange. Er war ein Konstrukteur und konnte von einer Fernbedienung bis zu einem komplexen Computersystem alles bauen und reparieren. Nach ihrem Studium bewarb sich Aaron sofort bei der NASA und wurde umgehend eingestellt. Jeffrey dagegen, wollte sich zunächst auf die Privatwirtschaft konzentrieren. Die beiden verloren sich niemals aus den Augen und irgendwann überredete Aaron ihn, sich auf eine freie Stelle in der Technikabteilung der NASA zu bewerben. Jeffrey war zunächst nicht begeistert von der Idee, doch die Überredungskunst von Aaron reichte aus, um ihn zu überzeugen. Aaron half etwas nach und schließlich bekam Jeffrey den Job. Sie arbeiten in den letzten zwei Jahren fast täglich zusammen, um das System, mit dem die internationale Raumstation komplett von Washington und Houston aus betrieben werden sollte, zum Laufen zu bringen. Das Ziel dieser Mission war es, dass die bemannten Missionen zur ISS von Seiten der USA wegfallen sollten. Der Etat wurde aufgrund der weltweit vorherrschenden Wirtschaftskrise ständig gekürzt und es war nur eine Frage der Zeit, bis die bemannte Raumfahrt für die nächsten Jahre auf Eis gelegt werden würde. Das Problem war allerdings, dass die ISS ständiger Wartung bedarf und ständig Menschen dort oben sein mussten, um die Forschungsstation am Laufen zu halten. Mit dem neuen System sollten die Gelder, die benötigt wurden, um die Astronauten in die Umlaufbahn und wieder zurück zu bringen, eingespart werden und die gesamte Station musste irgendwie von der Erde aus in Schuss gehalten werden. Aber letztendlich hatten sie es geschafft. Das System war fertig und sollte an diesem Tag auf der Raumstation installiert werden. Doch Jeffrey konnte an diesem Tag nicht beim Start dabei sein. Aaron dachte daran, wie er vom Selbstmord seines Freundes erfahren hatte. Er war in seiner Wohnung und wollte sich gerade für das Bett fertig machen. Er war Single und seine letzte Beziehung lag schon einige Jahre zurück. Er hatte Angst davor, sich erneut zu binden, denn die Frau, mit der er einst zusammen war, hatte ihn verlassen, weil ihr ihre berufliche Karriere wichtiger war. Er wollte sich gerade ins Bett legen, als das Telefon klingelte. Als er die Nummer sah und erkannte, dass der Anruf von der NASA kam, zögerte er keinen Moment, um ran zu gehen. Er wusste, dass Jeffrey an diesem Abend noch arbeitete und Aaron ging davon aus, dass sein Freund ein Problem hatte, das schnell gelöst werden musste. Das kam in den letzten Tagen öfters vor. Die letzten Feinheiten des Programms erforderten es, dass hier und da ein paar Veränderungen vorgenommen werden mussten. Doch als Aaron den Anruf annahm, sprach er nicht mit Jeffrey, sondern mit seinem Vorgesetzten Charles Kepler.
»Es ist etwas passiert. Können Sie bitte sofort kommen?«, sagte Charles mit einer bedrückten Stimme.
»Was ist los, Charles? Warum sind Sie um diese Zeit noch im Gebäude?«, wollte Aaron wissen. Charles Kepler suchte nach den richtigen Worten und sagte schließlich:
»Jeffrey Newman ist tot. Es sieht so aus, als wenn er Selbstmord begangen hat. Bitte kommen Sie sofort hier her!«
Aaron schwieg. Er wusste nicht, was er auf diese schockierende Nachricht antworten sollte. Er glaubte nicht, was er soeben gehört hatte, doch er konnte sich auch keinen Reim darauf machen, warum ihn Charles Kepler persönlich um diese Uhrzeit sonst hätte anrufen sollen.
»Aaron? Sind Sie noch da?«, fragte Charles.
»Können... Können Sie das bitte noch einmal wiederholen?«, fragte Aaron, der immer noch hoffte, dass er sich gerade verhört hatte.
»Ich glaube nicht, dass ich mich noch einmal wiederholen muss. Es ist besser wenn Sie auf der Stelle herkommen. Mir ist bewusst, wie spät es ist, aber die Umstände erfordern ihre Anwesenheit.« Dann hatte Charles auflegt. Aaron schaute auf sein Telefon und dann sah er gedankenverloren aus dem Fenster. Es dauerte einen Augenblick, bis er sich gefangen hatte und dann dachte er nicht weiter nach. Er zog sich wieder an und machte sich sofort auf den Weg zur NASA. Bevor er seine Wohnung verlassen hatte, schaute er noch einmal in den Spiegel. Seine kurzen rotblonden Haare saßen nicht richtig, aber das war jetzt egal. Er musste auf dem schnellsten Weg in die Firma und knallte die Tür hinter sich zu. Als er aus dem Treppenflur seines Mietshauses trat, zündete er sich eine Zigarette an. Sein Auto stand in einer Nebenstraße und unter normalen Umständen hätte er in dem Wagen nicht geraucht. Doch das war ihm jetzt egal. Er setzte sich mit der brennenden Zigarette in den Wagen und fuhr los. Die Reifen quietschten, als er aus der Nebenstraße fuhr und Aaron dachte darüber nach, dass er mit großer Wahrscheinlichkeit gerade die gesamte Nachbarschaft geweckt hatte. Die Straßen waren für die Uhrzeit noch relativ stark belebt und er brauchte trotz seiner Eile etwas länger als gewöhnlich, bis er vor dem NASA-Gebäude stand. Als er aus seinem Wagen ausstieg, wurde er von niemandem erwartet. Er ging hinein und fuhr hoch in seine Etage. Als er aus dem Aufzug stieg stand Charles Kepler bereits davor und erwartete ihn.
»Wo ist er?«, wollte Aaron wissen. Charles zeigte mit dem Finger auf die Tür, die in den Raum führte, wo sich die Leiche von Jeffrey Newman befand.
»Was hat er da drin gemacht?«
»Ich habe keine Ahnung. Aber so wie es aussieht, hat er durch die Anlage eine elektrischen Schlag bekommen, den er nicht überlebt hat.«, antwortete Charles. Aaron ging in den Raum, in dem sich zwei Wachmänner und ein Notarzt befanden. Er sah seinen Freund auf dem Rücken liegen. Die Augen und der Mund waren weit aufgerissen und im Gesicht waren einigen Brandverletzungen zu sehen. Aaron kniete vor seinem Freund nieder und schaute ihn sich an. Nach einem kurzen Moment, der ihm ewig vorkam, stand er wieder auf und verließ den Raum. Charles kam wieder auf ihn zu und forderte ihn auf, mit ihm sein Büro zu kommen.
»Wir müssen uns unterhalten.« Aaron folgte seinem Boss ohne ein Wort zu sagen.
»Aaron? Sind sie noch bei uns?«, fragte Charles Kepler, als er merkte, dass Dr. Hundley mit den Gedanken abschweifte und holte seinen Geist wieder zurück in den Konferenzraum.
»Ja Sir. Bitte entschuldigen Sie. Ich dachte nur gerade an Jeffrey. Das wäre heute auch ein großer Tag für ihn gewesen.«
»Das ist wahr.«, sagte Mike. Charles Kepler schaute beide an und sagte erst einmal nichts. Er wartete darauf, dass sich beide von ihren Gedanken lösten und mit ihrer Arbeit fortfuhren. Als das nicht geschah, ergriff er das Wort.
»Meine Herren, ich kann verstehen, dass ihre Gedanken bei Mr Newman sind. Die gesamte Abteilung – und sicherlich auch der Rest der Mitarbeiter dieses Hauses – trauern um ihn. Doch wir haben heute eine Aufgabe zu erledigen, die unsere gesamte Aufmerksamkeit verlangt. Also verlieren wir bitte jetzt nicht den Blick für das Wesentliche. Mir ist bewusst, dass vor allem Sie, Aaron, in den letzten Tagen nicht die Zeit hatten, um über ihren Freund zu trauern. Doch glauben Sie mir, diese Zeit wird es geben. Vielleicht nicht heute und vielleicht nicht morgen. Doch irgendwann wird es sie geben.« Aaron Hundley blickte seinen Vorgesetzten an und wusste, dass er Recht hatte. Er musste es schaffen, sich von dem Gedanken seines toten Freundes zu lösen, damit er sich auf seine Arbeit konzentrieren konnte.
»Wann übernehmen wir die Kommunikation mit der Station?«, fragte Aaron.