Der Herr der Ringe. Bd. 1 -  Die Gefährten - J.R.R. Tolkien - E-Book

Der Herr der Ringe. Bd. 1 - Die Gefährten E-Book

J.R.R. Tolkien

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Beschreibung

Der Schauplatz des Herrn der Ringe ist Mittelerde, eine alternative Welt, und erzählt wird von der gefahrvollen Quest einiger Gefährten, die in einem dramatischen Kampf gegen das Böse endet. Durch einen merkwürdigen Zufall fällt dem Hobbit Bilbo Beutlin ein Zauberring zu, dessen Kraft, käme er in die falschen Hände, zu einer absoluten Herrschaft des Bösen führen würde. Bilbo übergibt den Ring an seinen Neffen Frodo, der den Ring in der Schicksalskluft zerstören soll. Hobbits sind kleine, gemütliche Leute, dabei aber erstaunlich zäh. Sie leben in einem ländlichen Idyll, dem Auenland.

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Seitenzahl: 931

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J.R.R. Tolkien

DER HERR DER RINGE

Erster Teil: Die Gefährten

Aus dem Englischen übersetztvon Wolfgang Krege

Impressum

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Besuchen Sie uns im Internet: www.hobbitpresse.de

Hobbit Presse

Die Originalausgabe von »Die Gefährten« erschien unter dem Titel»The Fellowship of the Ring. Being the First Part of the Lord of the Rings« im Verlag George Allen & Unwin Ltd., London

Published by arrangement with HarperCollins Publishers Ltd., London

© Tolkien Estate Limited 1954, 1966

und Tolkien® sind eingetragene Markenzeichen der Tolkien Estate Limited

Für die deutsche Ausgabe:

© 1969, 1972 by J. G. Cotta’sche BuchhandlungNachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart

Die Gedichte auf folgenden Seiten wurden von E.-M. von Freymann übertragen: 9, 68, 90, 125, 149, 165, 191f, 194, 196, 198f, 201f, 223ff, 227, 233, 248ff, 297ff, 318f, 355ff, 372, 385, 413, 420f, 475f, 509f.

Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: Birgit Gitschier, Augsburg

© Umschlagillustration Max Meinzold, München

Datenkonvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Printausgabe: ISBN 978-3-608-93981-1

E-Book: ISBN 978-3-608-10713-5

Dieses E-Book entspricht der aktuellen Auflage der Printausgabe.

INHALT

Erster Teil: Die Gefährten

Vorwort

PROLOG

Über Hobbits

Über Pfeifenkraut

Von der Ordnung im Auenland

Vom Ringfund

Anmerkung zu den auenländischen Geschichtsbüchern

ERSTES BUCH

ERSTES KAPITELEin langerwartetes Fest

ZWEITES KAPITELDer Schatten der Vergangenheit

DRITTES KAPITELWanderung zu dritt

VIERTES KAPITELQuerfeldein zu den Pilzen

FÜNFTES KAPITELEine aufgedeckte Verschwörung

SECHSTES KAPITELDer Alte Wald

SIEBENTES KAPITELIn Tom Bombadils Haus

ACHTES KAPITELNebel auf den Hügelgräberhöhen

NEUNTES KAPITELIm Gasthaus Zum tänzelnden Pony

ZEHNTES KAPITELStreicher

ELFTES KAPITELEin Messer im Dunkeln

ZWÖLFTES KAPITELFlucht zur Furt

ZWEITES BUCH

ERSTES KAPITELViele Begegnungen

ZWEITES KAPITELElronds Rat

DRITTES KAPITELDer Ring geht nach Süden

VIERTES KAPITELEine Reise in der Finsternis

FÜNFTES KAPITELDie Brücke von Khazad-dûm

SECHSTES KAPITELLothlórien

SIEBENTES KAPITELGaladriels Spiegel

ACHTES KAPITELAbschied von Lórien

NEUNTES KAPITELDer Große Strom

ZEHNTES KAPITELDie Wege trennen sich

Anmerkungen

Karte

Zur neuen Übersetzung

Informationen zum Autor

Erster Teil:DIE GEFÄHRTEN

DER HERR DER RINGE

Drei Ringe den Elbenkönigen hoch im Licht,Sieben den Zwergenherrschern in ihren Hallen aus Stein,Den Sterblichen, ewig dem Tode verfallen, neun,Einer dem Dunklen Herrn auf dunklem ThronIm Lande Mordor, wo die Schatten drohn.Ein Ring, sie zu knechten, sie alle zu finden,Ins Dunkel zu treiben und ewig zu bindenIm Lande Mordor, wo die Schatten drohn.

VORWORT

Diese Geschichte wuchs sich, während ich sie schrieb, zu einer Chronik des Großen Ringkrieges aus, mitsamt vielerlei Ausblicken auf Ereignisse in noch älteren Zeiten. Sie wurde begonnen, bald nachdem Der Hobbit geschrieben und noch bevor er 1937 erschienen war; dann aber ließ ich diese Fortsetzung liegen, denn ich wollte zunächst die Sammlung von Mythen und Sagen der Ältesten Tage vervollständigen und zu Papier bringen, die damals schon seit Jahren Gestalt angenommen hatte. Das sollte zum eigenen Vergnügen geschehen, denn es bestand wenig Hoffnung, dass auch andere sich für ein solches Werk interessieren würden, das ja vor allem linguistisch inspiriert war und anfangs nur den Zweck hatte, den nötigen »historischen« Hintergrund für die Elbensprachen zu schaffen.

Als diejenigen, deren Rat und Urteil ich einholte, mich berichtigten, dass nicht wenig, sondern keine Hoffnung bestehe, nahm ich diese Fortsetzung wieder auf, ermutigt durch Anfragen von Lesern nach weiteren Auskünften über die Hobbits und ihre Abenteuer. Aber unwiderstehlich zog es die Erzählung zu der älteren Welt hin, und so wurde sie gewissermaßen zu einem Bericht von deren Ende und Vergehen, bevor noch der Anfang und die Zwischenzeit bekannt waren. Diese Entwicklung hatte begonnen, als ich den Hobbit schrieb, wo die älteren Stoffe auch schon einige Male erwähnt wurden: Elrond, Gondolin, die Hochelben und die Orks, und wo ganz plötzlich Dinge ins Blickfeld kamen, mit denen es eine höhere, tiefere oder dunklere Bewandtnis hatte, als auf den ersten Blick zu erkennen war: Durin, Moria, Gandalf, der Nekromant, der Ring. Als ich herausfand, was dies alles zu bedeuten und was es mit den früheren Geschehnissen zu tun hatte, ergab sich ein Bild des Dritten Zeitalters mit seinem Gipfel im Ringkrieg.

Die Leser, die mehr über Hobbits hatten erfahren wollen, bekamen schließlich, was sie wollten, mussten aber lange warten; denn die Arbeit am Herrn der Ringe zog sich mit Unterbrechungen über die Jahre von 1936 bis 1949 hin, eine Zeit, in der ich viele andere Verpflichtungen zu erfüllen hatte und als Lehrender und Lernender vielerlei Interessen nachging, die mich oft ganz in Anspruch nahmen. Natürlich trug auch der Ausbruch des Krieges 1939 zur Verzögerung bei, und am Ende dieses Jahres war noch nicht einmal das Buch I fertig. Trotz der dunklen fünf Jahre, die nun folgten, mochte ich die Sache nicht ganz aufgeben und schleppte mich voran, meistens nachts, bis ich an Balins Grab in Moria stand. Dort gab es einen langen Aufenthalt. Erst nach fast einem Jahr ging es weiter, und Ende 1941 kam ich bis nach Lothlórien und zum Großen Strom. Im nächsten Jahr schrieb ich die ersten Fassungen der Teile, die jetzt das Buch III ausmachen, und die Anfänge der Kapitel 1 und 3 von Buch V; und dort, während in Anórien die Leuchtfeuer brannten und Théoden ins Hargtal geritten kam, blieb ich stecken. Ich wusste nicht weiter, und zum Nachdenken war keine Zeit.

1944 dann rang ich mich dazu durch, den Krieg, den ich noch zu führen oder wenigstens zu beschreiben hatte, mit all seinen Verwicklungen und losen Fäden zunächst auf sich beruhen zu lassen und erst einmal Frodo auf seinem Weg nach Mordor voranzubringen. Diese Kapitel, aus denen schließlich Buch IV wurde, schickte ich in Teillieferungen meinem Sohn Christopher, der damals bei der Royal Air Force in Südafrika diente. Dennoch vergingen weitere fünf Jahre, bis die Erzählung zu ihrem jetzigen Schluss gekommen war. In dieser Zeit zog ich in ein anderes Haus um, wechselte den Lehrstuhl und das College; und die Tage waren zwar nicht mehr so dunkel, aber nicht weniger arbeitsreich. Dann, als zu guter Letzt das »Ende« erreicht war, musste die ganze Geschichte neu durchgesehen und zu großen Teilen sogar von hinten nach vorn umgeschrieben werden. Und getippt werden musste sie auch noch, und zwar mehrfach: von mir selbst, denn die Kosten für eine professionelle zehnfingrige Schreibkraft gingen über meine Verhältnisse.

Seit Der Herr der Ringe nun gedruckt vorliegt, haben ihn viele gelesen; und ich möchte etwas zu den mancherlei Meinungen oder Vermutungen über die Motive und den Sinn der Geschichte sagen, die ich gehört oder gelesen habe. Das wichtigste Motiv war der Wunsch des Erzählers, sich an einer wirklich langen Geschichte zu versuchen, die die Aufmerksamkeit des Lesers wach halten, ihn belustigen und erfreuen und ihn vielleicht auch manchmal erregen oder tiefer berühren könnte. Leiten konnte mich nur das eigene Gefühl dafür, was reizvoll oder bewegend ist, und nach Ansicht vieler hat es mich unvermeidlich oft fehlgeleitet. Manche, die das Buch gelesen oder jedenfalls rezensiert haben, fanden es langweilig, abstrus oder verachtenswert, und ich habe keinen Grund, mich zu beklagen, denn ich denke ähnlich über ihre Werke oder über die Art Bücher, die sie offenbar vorziehen. Aber auch aus der Sicht vieler Leser, denen die Geschichte gefallen hat, gibt es etliches zu bemängeln. Es ist wohl in einer langen Geschichte nicht möglich, es jedermann an allen Stellen recht zu machen oder jedermann an den gleichen Stellen zu missfallen; denn wie ich aus den Zuschriften der Leser ersehe, werden dieselben Passagen oder Kapitel, die für manche ein Ärgernis sind, von anderen besonders beifällig aufgenommen. Als kritischster von allen Lesern finde ich selbst darin nun vielerlei Mängel, größere und kleinere, doch weil ich zum Glück nicht verpflichtet bin, das Buch zu rezensieren, noch es neu zu schreiben, will ich sie mit Stillschweigen übergehen – alle bis auf einen, den auch andere bemerkt haben: das Buch ist zu kurz.

Was die tiefere Bedeutung oder »Botschaft« des Buches angeht, so hat es nach Absicht des Autors keine. Es ist weder allegorisch, noch hat es irgendeinen aktuellen Bezug. Als die Geschichte wuchs, schlug sie Wurzeln (in die Vergangenheit) und verzweigte sich in unerwartete Richtungen, aber ihr Hauptthema stand von Anfang an fest, weil der Ring nun einmal das Bindeglied zum Hobbit sein musste. Das zentrale Kapitel »Der Schatten der Vergangenheit« ist eines der ältesten Stücke der Erzählung. Es wurde geschrieben, als aus den Vorzeichen für 1939 noch längst nicht die Gefahr einer unabwendbaren Katastrophe zu erkennen war; und von diesem Punkt aus hätte die Geschichte im wesentlichen den gleichen Fortgang genommen, auch wenn das Unglück abgewendet worden wäre. Ihre Quellen sind Dinge, die mich seit langem beschäftigten und zum Teil auch schon niedergeschrieben waren, und der Krieg, der 1939 begann, und seine Folgen änderten an ihr wenig oder nichts.

Der wirkliche Krieg hat weder in seinem Verlauf noch in seinem Ausgang eine Ähnlichkeit mit dem Krieg der Sage. Hätte er als Vorbild oder Leitfaden gedient, so hätte man sich des Rings sicherlich bemächtigt und ihn gegen Sauron verwendet; und Sauron wäre nicht vernichtet worden, sondern unterworfen, und Barad-dûr nicht zerstört, sondern besetzt. Saruman, wenn er schon nicht in den Besitz des Ringes gelangen konnte, hätte in den Wirren und Verrätereien jener Zeit Gelegenheit gefunden, sich in Mordor die fehlenden Zwischenglieder seiner eigenen Ringforschung zu verschaffen; und bald hätte er sich selbst einen großen Ring geschmiedet, um den selbsternannten Beherrscher von Mittelerde damit herauszufordern. Den Hobbits wäre in einem solchen Konflikt von beiden Seiten nur Hass und Verachtung begegnet; und nicht mal als Sklaven hätten sie lange überlebt.

Denkbar wären auch Deutungen gemäß den Vorlieben oder Ansichten derjenigen, die auf allegorische oder aktuelle Bezüge Wert legen. Doch die Allegorie in allen ihren Formen verabscheue ich von Herzen, und zwar schon immer, seit ich alt und argwöhnisch genug bin, ihr Vorhandensein zu bemerken. Geschichte, ob wahr oder erfunden, mit ihrer vielfältigen Anwendbarkeit im Denken und Erleben des Lesers ist mir viel lieber. Ich glaube, dass »Anwendbarkeit« mit »Allegorie« oft verwechselt wird; doch liegt die eine im freien Ermessen des Lesers, während die andere von der Absicht des Autors beherrscht wird.

Der Autor kann natürlich von der eigenen Erfahrung nicht völlig unberührt bleiben, aber der Vorgang, in dem der Keim einer Geschichte aus dem Boden der Erfahrung seine Nahrung zieht, ist äußerst verwickelt, und Versuche, ihn zu beschreiben, beruhen bestenfalls auf Mutmaßungen anhand unzureichender und mehrdeutiger Befunde. Falsch, obgleich naturgemäß verlockend, ist auch die Annahme, wenn das Leben eines Autors und das eines Kritikers sich überschneiden, müssten die Ereignisse und geistigen Bewegungen ihrer Zeit auf beide den stärksten Einfluss ausgeübt haben. Gewiss, wie bedrückend ein Krieg ist, kann nur der ganz empfinden, auf den dieser Schatten einmal gefallen ist; doch im Laufe der Jahre scheint man nun oft zu vergessen, dass es ebenso schrecklich war, als junger Mensch 1914 da hineinzugeraten wie 1939 und in den folgenden Jahren. 1918 waren alle meine guten Freunde tot, bis auf einen. Oder, um ein weniger trauriges Thema anzuschneiden: manche haben angenommen, das Kapitel über die »Säuberung des Auenlandes« spiegle die Situation in England zu der Zeit wider, als ich die Erzählung beendete. Das stimmt nicht. Das Kapitel war ein von Anfang an vorgesehener wesentlicher Teil des Handlungsplans. Allerdings veränderte es sich mit Rücksicht auf die Figur Sarumans, so wie sie sich im Fortgang der Geschichte entwickelte, ohne dass – muss ich es eigens sagen? – irgendeine allegorische Bedeutung oder ein aktueller politischer Bezug hinzukam. Dennoch ist es in gewissen Erfahrungen begründet, wenn auch nur entfernt ähnlichen (denn die wirtschaftliche Lage war eine ganz andere) und viel weiter zurückliegenden. Die Gegend, in der ich meine Kindheit verbracht hatte, wurde verwüstet, bevor ich zehn war, zu einer Zeit, als Automobile eine Seltenheit waren (ich hatte nie eines gesehen) und als man noch Vorortbahnen baute. Vor kurzem sah ich in einer Zeitung ein Bild, das die alte, einst florierende Mühle des Ortes im letzten Stadium der Baufälligkeit zeigte, neben dem Mühlteich, der mir vor langer Zeit so viel bedeutet hatte. Den jungen Müller hatte ich nie gemocht, aber sein Vater, der alte Müller, hatte einen schwarzen Bart, und er hieß nicht Sandigmann.

Diese neue Ausgabe des Herrn der Ringe enthält den vollständigen Text der neu durchgesehenen Auflage von 1966.

J. R. R. T.

PROLOG

1ÜBER HOBBITS

Dieses Buch handelt zum großen Teil von Hobbits, und der Leser erfährt daraus viel über ihre Wesensart und ein wenig auch über ihre Geschichte. Weitere Angaben sind in dem Auszug aus dem Roten Buch der Westmark zu finden, der schon unter dem Titel Der Hobbit veröffentlicht wurde. Diese Erzählung gab die ersten Kapitel des Roten Buches wieder, die Bilbo selbst verfasst hatte, der erste Hobbit, der in aller Welt berühmt wurde. Er nannte das Buch Hin und Zurück, weil es von seiner Fahrt in den Osten und seiner Rückkehr handelte, einem Abenteuer, durch das später alle Hobbits in die hier zu berichtenden großen Ereignisse jenes Zeitalters verwickelt wurden.

Viele Leser werden aber gleich zu Beginn noch mehr über dieses bemerkenswerte Volk wissen wollen, zumal manche vielleicht das frühere Buch gar nicht besitzen. Für sie seien hier einige wichtigere Erkenntnisse der Hobbitkunde zusammengestellt und das erste Abenteuer kurz wiedergegeben.

Die Hobbits sind ein unscheinbares, aber sehr altes Volk, das früher zahlreicher war als heute; denn sie schätzen Ruhe und Frieden und den wohlbestellten Boden: Sie wohnten am liebsten in kleinen Gemeinden zwischen Äckern und Weidegründen. Kompliziertere Maschinen als Blasebalg, Wassermühle oder Handwebstuhl verstehen und mögen sie auch heute noch nicht; doch mit Werkzeugen konnten sie geschickt umgehen. Schon in alten Zeiten waren sie im Allgemeinen scheu gegen die »Großen«, wie sie uns nennen, und heute gehen sie uns ängstlich aus dem Wege und sind immer schwerer zu finden. Sie haben ein feines Gehör und scharfe Augen, und obwohl sie zur Rundlichkeit neigen und nicht gern etwas übereilen, können sie sich, wenn nötig, sehr fix und flink bewegen. Von jeher beherrschen sie die Kunst, rasch und geräuschlos zu verschwinden, wenn große Leute, denen sie nicht begegnen wollen, dahergepoltert kommen; und diese Fähigkeit haben sie so sehr verfeinert, dass sie uns Menschen wie Hexerei erscheint. Tatsächlich aber haben sich die Hobbits nie mit irgendeiner Art von Magie abgegeben, und dass sie sich scheinbar in Luft auflösen können, beruht allein auf ihrer Verbundenheit mit der Erde, und ihrer ererbten und sorgfältig eingeübten Fertigkeit, die für größere und plumpere Völker unnachahmlich ist.

Denn sie sind ein kleinwüchsiges Volk, kleiner noch als Zwerge, zumindest weniger stark und stämmig, wenn auch nahezu gleich groß, zwischen zwei und vier Fuß nach unseren Maßen. Drei Fuß erreichen sie heute nur noch selten; aber sie sagen, sie seien geschrumpft und in alten Zeiten größer gewesen. Bandobras Tuk, genannt der Bullenrassler, der Sohn von Isumbras des Dritten, soll nach dem Roten Buch vier Fuß und fünf Zoll gemessen haben; er konnte sogar ein Pferd reiten. In den Urkunden der Hobbits sind nur zwei namhafte Gestalten der Vergangenheit vermerkt, die ihn überragten; doch von dieser seltsamen Angelegenheit soll in diesem Buch noch die Rede sein.

Was die Hobbits aus dem Auenland angeht, mit denen wir es in diesen Geschichten zu tun haben, so waren sie in Zeiten des Friedens und Wohlstands ein lebenslustiges Volk. Sie kleideten sich in leuchtende Farben, besonders gern in Gelb und Grün. Schuhe trugen sie selten, denn ihre Füße hatten feste, lederige Sohlen und waren mit einem dichten Pelz von krausem Haar bedeckt, ähnlich ihrem Haupthaar, das bei den meisten braun war. Das einzige Handwerk, in dem sie nicht viel leisteten, war daher die Schuhmacherei; im übrigen konnten sie mit ihren langen und geschickten Fingern vielerlei hübsche und nützliche Dinge machen. Ihre Gesichter waren in der Regel eher breit und gutmütig als schön, mit blanken Augen, geröteten Wangen und überaus schling- und schlucktüchtigen Mündern, die immer zum Lachen bereit waren. Denn Lachen, ebenso wie Schlingen und Schlucken, und zwar ebenso oft wie gründlich, war ihnen sehr wichtig; sie waren jederzeit zu simplen Späßen aufgelegt und verzehrten gern sechs Mahlzeiten täglich (wenn es sich einrichten ließ). Sie waren gastfreundlich, hatten Freude an Festen und an Geschenken, die sie ebenso gern machten wie annahmen.

Klar ist wohl, dass die Hobbits trotz der später eingetretenen Entfremdung mit uns verwandt sind, und zwar viel näher als die Elben, näher sogar als die Zwerge. Früher sprachen sie die Sprachen der Menschen, doch mit ihrer eigenen Mundart, und hatten auch so etwa dieselben Neigungen und Abneigungen wie wir. Welcher Art unsere Verwandtschaft aber im Einzelnen war, lässt sich nicht mehr feststellen. Der Ursprung der Hobbits liegt weit in den Ältesten Tagen, einem längst entschwundenen und vergessenen Zeitalter. Nur die Elben bewahren noch Urkunden aus jenen Tagen, doch in ihren Überlieferungen geht es nahezu ausschließlich um ihre eigene Geschichte, in der die Menschen nur selten und die Hobbits überhaupt nicht erwähnt werden. Soviel immerhin wissen wir, dass die Hobbits schon lange Zeit in Mittelerde still vor sich hin gelebt hatten, ehe andere Völker sie auch nur bemerkten. Und da auf der Welt ohnehin an seltsamen Geschöpfen kein Mangel ist, mochte man diese kleinen Leutchen gut und gern übersehen. Doch in den Jahren, als Bilbo und sein Erbe Frodo lebten, wurden sie plötzlich, ganz gegen ihren Willen, weithin geachtet und berühmt und brachten die Pläne der Weisen und Großen dieser Welt durcheinander.

Jene Tage, das Dritte Zeitalter von Mittelerde, sind nun längst vergangen, und die Gestalt aller Länder ist seither eine andere; doch die Gegend, in der damals Hobbits lebten, war sicherlich dieselbe, aus der sie auch heute noch nicht ganz verschwunden sind: der Nordwesten der Alten Welt östlich des Meeres. Wo sie ursprünglich herstammten, darüber hatte sich unter den Hobbits zu Bilbos Zeit keinerlei Kenntnis mehr erhalten. Neigung zur Wissenschaft (von der Ahnenkunde abgesehen) war unter ihnen nicht eben verbreitet, doch in den alten Familien gab es hier und da noch einen, der in den Chroniken der eigenen Vorfahren las oder sogar die Berichte der Elben, Zwerge und Menschen von alten Zeiten und fernen Ländern sammelte. Eigene Aufzeichnungen hatten die Hobbits erst seit ihrer Ansiedlung im Auenland, und ihre ältesten Sagen reichten kaum weiter zurück als in die Jahre ihrer Wanderungen. Dennoch ist aus diesen Sagen und aus manchen eigentümlichen Wörtern und Gebräuchen ersichtlich, dass sie wie viele andere Völker in ferner Vergangenheit westwärts gezogen sein müssen. Ihre ältesten Erzählungen scheinen auf eine Zeit hinzudeuten, als sie in den Tälern am oberen Anduin wohnten, zwischen den Ausläufern des Großen Grünwalds und dem Nebelgebirge. Warum sie sich von dort auf den harten und gefährlichen Weg über die Berge nach Eriador machten, ist nicht mehr bekannt. In ihren Berichten ist davon die Rede, dass sich die Menschen im Lande vermehrt hätten und dass ein Schatten den Wald verfinstert habe, der seither Düsterwald heißt.

Schon bevor sie das Gebirge überschritten, hatten sich unter den Hobbits drei voneinander ein wenig verschiedene Stämme gebildet: die Harfüße, die Starren und die Fahlhäute. Die Harfüße hatten eine bräunlichere Haut; sie waren kleiner, schmächtiger und bartlos, und sie trugen keine Schuhe. Ihre Hände und Füße waren zierlich und flink, und sie wohnten am liebsten auf Hochebenen und an Berghängen. Die Starren waren breiter und stämmiger, hatten größere Hände und Füße und zogen das flache Land und die Flussufer vor. Die Fahlhäute hatten hellere Haut und helleres Haar und waren größer und schlanker als die anderen; sie liebten Bäume und bewaldetes Land.

Die Harfüße hatten in alter Zeit viel Umgang mit den Zwergen und wohnten lange zwischen den Ausläufern des Gebirges. Sie zogen schon früh nach Westen und wanderten nach Eriador hinein, bis zur Wetterspitze, während die anderen noch in Wilderland blieben. Sie waren der normale und bekannteste Hobbitschlag und bei weitem der zahlreichste. Sie neigten am stärksten zur Sesshaftigkeit und hielten am längsten an der Sitte ihrer Vorfahren fest, in Stollen und Höhlen zu wohnen.

Die Starren blieben noch länger als die Harfüße an den Ufern des Großen Stroms, des Anduin; sie hatten weniger Scheu vor den Menschen. Als später auch sie westwärts wanderten, folgten sie dem Fluss Lautwasser nach Süden, und dort siedelten viele von ihnen lange in der Gegend zwischen Tharbad und den Grenzen von Dunland, ehe sie nach Norden zogen.

Die Fahlhäute, die am wenigsten zahlreichen, waren eine Sippe, die nördlich von den anderen gewohnt hatte. Sie verkehrten freundschaftlicher als die anderen Hobbits mit den Elben und verstanden sich besser auf Wörter und Lieder als auf Handwerke; und von alters her zogen sie die Jagd dem Ackerbau vor. Sie überschritten die Berge nördlich von Bruchtal und folgten dem Lauf des Weißquell. In Eriador vermischten sie sich bald mit den anderen Hobbits, die vor ihnen gekommen waren, aber da sie etwas wagemutiger und unternehmungslustiger waren, fand man sie oft als Führer oder Oberhäupter von Starren- oder Harfußsippen. Auch zu Bilbos Zeit war unter den größeren Familien wie den Tuks und den Herren von Bockland noch ein starker fahlhäutischer Einschlag zu bemerken.

In Eriador, dem Land im Westen von Mittelerde zwischen dem Nebelgebirge und den Bergen von Luhn, fanden die Hobbits sowohl Elben wie Menschen vor. Sogar ein Rest der Dúnedain hatte sich hier noch erhalten, des Königsgeschlechts der Menschen, die von Westernis übers Meer gekommen waren; aber sie schwanden rasch dahin, und die Länder ihres Nördlichen Königreichs verödeten. Platz für Neuzugewanderte gab es also mehr als genug, und nicht lange, so begannen sich die Hobbits in richtigen Gemeinden niederzulassen. Ihre ersten Siedlungen waren zu Bilbos Zeit zumeist schon wieder verlassen und vergessen; aber eine der ersten, die Bedeutung erlangt hatte, war bestehen geblieben, wenn auch in kleinerem Umfang. Diese lag in Bree und seiner Umgebung, dem Chetwald, etwa vierzig Meilen östlich vom Auenland.

Es muss in jener frühen Zeit gewesen sein, dass die Hobbits die Schreibkunst erlernten, und zwar nach der Art der Dúnedain, die sie ihrerseits viel früher von den Elben erlernt hatten. Und in jener Zeit vergaßen sie auch die Sprachen, die sie vorher gesprochen haben mögen, und gebrauchten von nun an die Gemeinsprache, das sogenannte Westron, das in allen Ländern der Könige von Arnor und Gondor geläufig war und an allen Meeresküsten von Belfalas bis Lhûn. Doch behielten sie einige eigene Wörter bei, auch die Monats- und Wochentagsnamen und eine Vielzahl alter Personennamen.

Etwa um diese Zeit beginnt bei den Hobbits die Legende in Geschichte mit einer Zeitrechnung überzugehen. Denn im Jahre eintausendsechshunderteins des Dritten Zeitalters zogen die Brüder Marcho und Blanco aus der Sippe der Fahlhäute von Bree nach Westen, und mit Erlaubnis des Hohen Königs in Fornost1 überschritten sie an der Spitze einer großen Schar Hobbits den braunen Fluss Baranduin. Sie kamen über die Steinbogenbrücke, die in der Blütezeit des Nördlichen Königreichs erbaut worden war, und nahmen alles Land vom jenseitigen Flussufer bis zu den Fernen Höhen in Besitz. Auferlegt wurde ihnen nur, dass sie die große Brücke wie auch alle andern Brücken und Straßen in Stand hielten, dass sie die Boten des Königs achteten und seine Herrschaft anerkannten.

Damit begann im Auenland die Zählung der Jahre, denn das Jahr des Übergangs über den Brandywein (wie sich die Hobbits den Flussnamen zurechtlegten) wurde das Jahr eins der Auenland-Zeitrechnung, und alle späteren Daten wurden danach berechnet.2 Die westlichen Hobbits gewannen ihr neues Land schnell lieb; sie blieben dort, und in der Geschichte der Menschen und Elben war von ihnen bald nicht mehr die Rede. Solange es noch einen König gab, waren sie dem Namen nach seine Untertanen, aber tatsächlich hatten sie ihre eigenen Oberhäupter und mischten sich ins Weltgeschehen außerhalb ihres Landes nicht ein. Zur Schlacht bei Fornost, der letzten im Krieg mit dem Hexenfürsten von Angmar, schickten sie dem König ein paar Bogenschützen zu Hilfe – oder behaupteten es jedenfalls, obwohl es in den Geschichtsbüchern der Menschen nirgends erwähnt wird. In diesem Krieg aber fand das Nördliche Königreich sein Ende, und nun betrachteten die Hobbits das Land als ihr Eigentum und wählten unter ihren Oberhäuptern einen Thain, der die Hoheitsrechte des Königs wahrnehmen sollte, den es nicht mehr gab. Über tausend Jahre lang wurden sie von Kriegen kaum behelligt, und nach der Schwarzen Pest im Jahre 37 A. Z. gediehen sie und vermehrten sich, bis der unheilvolle Lange Winter eintrat, auf den eine Hungersnot folgte. Viele Tausende kamen darin um, aber zur Zeit dieser Erzählung waren die Tage der Not (1158–60) lange vorüber, und die Hobbits hatten sich wieder an ein Leben im Überfluss gewöhnt. Das Land war reich und fruchtbar, und wenn es auch vor ihrer Ansiedlung lange brachgelegen hatte, war es doch einst gut bestellt gewesen, und der König hatte dort viele Gehöfte, Getreidefelder, Weinberge und Forsten gehabt.

Über vierzig Wegstunden erstreckte es sich von den Fernen Höhen bis zur Brandyweinbrücke, und fünfzig waren es von den Hochmooren im Norden bis zu den Flussniederungen im Süden. Die Hobbits nannten alles, was zum Hoheitsgebiet ihres Thains gehörte, das Auenland; und auf diesem behaglichen Fleckchen Erde richteten sie sich ein und gingen den achtbaren Geschäften ihres wohlgeregelten Lebens nach. Immer weniger kümmerten sie sich um die Welt ringsum, wo man dunklen Gestalten begegnen konnte, und schließlich meinten sie, dass Friede und Überfluss in Mittelerde die Regel seien und allen vernünftigen Leuten von Rechts wegen zustünden. Das wenige, was sie über die Wächter und die Mühen derer gehört hatten, die den langen Frieden für das Auenland möglich machten, vergaßen sie oder schenkten ihm keine Beachtung. In Wirklichkeit lebten sie in einem geschützten Bezirk, hatten aber aufgehört, daran zu denken.

Zu keiner Zeit waren die Hobbits, egal welchen Schlages, kriegerisch gewesen, und untereinander hatten sie sich nie bekämpft. In alten Zeiten hatten sie natürlich oft zu den Waffen greifen müssen, um sich in der rauen Wirklichkeit ihrer Haut zu wehren, aber zu Bilbos Zeit war das schon sehr lange her. Die letzte Schlacht vor Beginn unserer Geschichte – die einzige überhaupt, die je auf auenländischem Boden stattgefunden hatte – gehörte einer Vergangenheit vor jeder lebendigen Erinnerung an: die Schlacht bei Grünfeld im Jahr 1147 A. Z., als Bandobras Tuk eine Bande eingedrungener Orks vertrieb. Sogar das Wetter war in letzter Zeit milder geworden, und die hungrigen Wölfe, die einst in bitterkalten Wintern von Norden gekommen waren, kannte man nur noch aus den Erzählungen der Großväter. Zwar gab es im Auenland noch immer allerlei Waffen, doch hingen sie zumeist als Andenken über dem Kamin an der Wand oder wurden im Museum von Michelbinge verwahrt, dem Mathom-Haus, denn alles, wofür die Hobbits im Augenblick keine Verwendung hatten, das sie aber auch nicht wegwerfen mochten, nannten sie ein Mathom. Ihre Behausungen waren nicht selten übervoll von solchen Sachen, und auch viele Geschenke, die von Hand zu Hand gingen, waren von dieser Art.

Dennoch war dieses Völkchen in all dem Frieden und Wohlstand wehrhaft geblieben. Wenn es drauf ankam, waren sie nicht leicht klein- oder totzukriegen; und vielleicht hingen sie nicht zuletzt deshalb so unersättlich an den guten Dingen des Lebens, weil sie, wenn es sein musste, auf sie verzichten konnten; und dann hielten sie Schicksalsschlägen, Feinden und schlechtem Wetter mit einer Zähigkeit stand, die jeden verblüffte, der sie nicht genau kannte und der nur ihre Bäuche und runden Gesichter sah. Obwohl sie selten Streit suchten und nichts und niemanden rein zum Vergnügen töteten, wussten sie sich zu wehren, wenn man sie angriff; und notfalls konnten sie noch immer mit Waffen umgehen. Sie waren gute Bogenschützen, mit scharfem Auge und sicherer Hand. Und sie trafen nicht nur mit Pfeil und Bogen. Wenn ein Hobbit sich nach einem Stein bückte, wusste jedes unerlaubt durch seinen Garten streunende Tier, dass es ratsam war, schleunigst in Deckung zu gehen.

Ursprünglich hatten alle Hobbits in Höhlen gelebt, oder wenigstens glaubten sie das, und darin fühlten sie sich am besten aufgehoben; aber im Laufe der Zeit hatten sie sich auch mit anderen Arten von Behausungen abfinden müssen. In der Regel hielten zu Bilbos Zeit nur noch die reichsten und die ärmsten Leute an den alten Wohngebräuchen fest. Die ärmsten wohnten nach wie vor in Höhlen dürftigster Art, wahren Löchern mit nur einem oder gar keinem Fenster, während die reichsten die schlichten Höhlen von einst in luxuriöser Ausgestaltung beibehielten. Geeigneter Baugrund für diese weit verzweigten Stollen (oder Smials, wie man sie nannte) war aber nicht überall zu finden, und in den Ebenen und Niederungen begannen die Hobbits, als sie zahlreicher wurden, auch oberirdisch zu bauen. Selbst in den hügeligen Gegenden und in den älteren Siedlungen wie Hobbingen, Tuckbergen oder in Michelbinge auf den Weißen Höhen, dem bedeutendsten Ort des Auenlandes, standen nun viele Häuser aus Holz, Stein oder Ziegeln. Diese waren besonders bei den Müllern, Schmieden, Seilern, Stellmachern und anderen Handwerkern beliebt, denn die Hobbits hatten schon immer Schuppen und Werkstätten gebaut, auch als an Wohnhöhlen noch kein Mangel war.

Die Gewohnheit, Bauernhäuser und Scheunen zu bauen, soll zuerst unter den Bewohnern des Bruchs am Brandywein aufgekommen sein. Die Hobbits in dieser Gegend, dem Ostviertel, waren ziemlich dick und breitfüßig; bei schlechtem Wetter trugen sie Zwergenstiefel. Aber es war bekannt, dass sie ein gut Teil Starrenblut in den Adern hatten, wie man schon an dem Flaum sehen konnte, der vielen von ihnen ums Kinn spross. Kein Harfuß oder Fahlhäuter hatte die mindeste Spur von Bartwuchs. Die Leute aus dem Bruch und aus Bockland, dem Streifen auf dem Ostufer des Flusses, der erst später besiedelt worden war, waren erst nach den anderen Hobbits aus südlichen Gegenden gekommen, und sie hatten noch viele eigentümliche Namen und Wörter, die man anderswo im Auenland nicht kannte.

Es ist wahrscheinlich, dass die Baukunst wie so viele andere Fertigkeiten von den Dúnedain stammte. Aber die Hobbits könnten sie auch unmittelbar von den Elben erlernt haben, die in frühester Zeit die Lehrmeister der Menschen waren. Denn die Elben des Hohen Geschlechts hatten Mittelerde noch nicht verlassen und wohnten damals an den Grauen Anfurten im Westen und an anderen Orten, die vom Auenland aus zu erreichen waren. Drei Elbentürme aus unvordenklichen Zeiten waren noch immer auf den Turmbergen jenseits der Westmarken zu sehen; bei Mondschein sah man sie weit übers Land schimmern. Der höchste stand am fernsten, für sich allein auf einer grünen Hügelkuppe. Die Hobbits im Westviertel sagten, von der Spitze des Turms aus könne man das Meer sehen; doch weiß man von keinem Hobbit, der je hinaufgestiegen wäre. Überhaupt hatten nur wenige Hobbits je das Meer gesehen oder gar befahren, und noch weniger waren zurückgekehrt, um davon zu berichten. Die meisten Hobbits betrachteten schon Flüsse und kleine Boote mit tiefem Argwohn, und nicht viele konnten schwimmen. Und je länger sie im Auenland lebten, desto weniger sprachen sie mit den Elben; sie begannen sich vor ihnen zu fürchten und allen zu misstrauen, die mit ihnen Umgang hatten. Das Meer wurde ihnen zu einem Schreckenswort, einem Sinnbild des Todes; und sie wandten auch den Blick ab von den Bergen im Westen.

Aber mochten sie die Baukunst auch von den Elben oder den Menschen übernommen haben, die Hobbits verfuhren darin auf ihre eigene Weise. Mit Türmen hatten sie nichts im Sinn. Ihre Häuser waren meistens lang, niedrig und wohnlich. Die ältesten waren eigentlich oberirdische Nachbildungen von Smials, mit trockenem Gras oder Stroh gedeckt, vielleicht auch mit Sodendächern, die Wände ein wenig ausgebaucht. Diese stammten jedoch aus der Frühzeit des Auenlandes, und seither hatte sich die Bauweise längst verändert und verbessert. Manche neuen Methoden hatten die Hobbits von den Zwergen gelernt, manche hatten sie selbst erfunden. Eine Vorliebe für runde Fenster und sogar runde Türen blieb die wichtigste Besonderheit der Hobbit-Architektur.

Die auenländischen Häuser und Höhlen waren oft sehr geräumig und wurden von Großfamilien bewohnt (Bilbo und Frodo Beutlin waren als Junggesellen in dieser wie auch in anderer Hinsicht, zum Beispiel ihrer Freundschaft mit Elben, die großen Ausnahmen). Mancherorts, wie bei den Tuks in Groß-Smials oder den Brandybocks im Brandygut, lebten etliche Generationen von Verwandten mehr oder weniger friedlich in ein und demselben vielstolligen Stammwohnsitz zusammen. Überhaupt waren alle Hobbits sehr sippenbewusst und gaben sich über ihre Verwandtschaftsbeziehungen genauestens Rechenschaft. Sehr gründlich und ausführlich zeichneten sie die unzähligen Verzweigungen ihrer Familienstammbäume auf. Wer mit Hobbits zu tun hat, darf nie vergessen, wer mit wem in welchem Grade verwandt ist. Es würde den Rahmen dieses Buches sprengen, wollte man versuchen, einen Stammbaum aufzustellen, der auch nur die bedeutenderen Angehörigen der bedeutenderen Familien aus der Zeit umfasste, von der diese Geschichten handeln. Die Ahnentafeln am Ende des Roten Buchs der Westmark sind ein kleines Buch für sich, und jeder, der kein Hobbit ist, fände sie maßlos langweilig. Die Hobbits aber hatten viel Sinn für solche Dinge, in denen alles seine Richtigkeit haben musste: Bücher mochten sie, wenn vieles darin stand, was sie schon wussten – schlicht und klar und ohne Widersprüche.

2ÜBER PFEIFENKRAUT

Noch etwas ist an den Hobbits von damals zu erwähnen, eine befremdliche Gewohnheit: Durch Pfeifen von Ton oder Holz schlürften oder sogen sie den Rauch brennender Blätter von einer Pflanze in sich hinein, die sie Pfeifenkraut oder kurz Kraut nannten, vermutlich eine Art der Nicotiana. Die Herkunft dieses seltsamen Brauches, oder, wie die Hobbits sagten, dieser »Kunst«, ist von Geheimnissen umwölkt. Alles, was die Alten darüber in Erfahrung bringen konnten, wurde von Meriadoc Brandybock zusammengestellt (dem späteren Herrn von Bockland), und weil er und der Tabak aus dem Südviertel im Folgenden eine Rolle spielen, sei hier seine Bemerkung aus der Einleitung zu seiner Kräuterkunde des Auenlandes zitiert.

»Dies«, so sagt er, »ist die einzige Kunst, von der wir mit Gewissheit behaupten können, sie selbst entdeckt zu haben. Wann sich der erste Hobbit die erste Pfeife stopfte, wissen wir nicht; in allen Legenden und Familiengeschichten ist das Rauchen eine Selbstverständlichkeit; seit Hobbitgedenken rauchen die Auenländer allerlei Kräuter, bald mehr, bald weniger wohlriechende. Aber alle Quellen stimmen darin überein, dass Tobold Hornbläser aus Langgrund im Südviertel das erste echte Pfeifenkraut in seinen Gärten zog, in den Tagen Isengrims des Zweiten, um das Jahr 1070 auenländischer Zeitrechnung. Das beste einheimische Kraut kommt noch immer aus jenem Bezirk, besonders die heute unter den Namen Langgrundblatt, Alter Tobi und Südstern bekannten Sorten.

Wie der alte Tobi zu der Pflanze kam, ist nicht überliefert, denn noch auf dem Totenbett wollte er es nicht sagen. Er wusste viel über Kräuter, war aber nicht weit gereist. Es heißt, in seiner Jugend sei er oft nach Bree gekommen; doch weiter hat er sich mit Sicherheit nie vom Auenland entfernt. Es ist also sehr wohl möglich, dass er die Pflanze in Bree kennen gelernt hat, wo sie heute jedenfalls auf den Südhängen des Berges gut gedeiht. Die breeländischen Hobbits behaupten, die ersten richtigen Pfeifenkrautraucher gewesen zu sein. Sie behaupten zwar in allem, den Auenländern, die sie die ›Kolonisten‹ nennen, voraus gewesen zu sein, aber in diesem Falle halte ich ihren Anspruch für begründet. Und fest steht, dass Bree der Ort ist, von dem aus die Kunst, das echte Kraut zu rauchen, sich in den letzten Jahrhunderten unter Zwergen und anderem Volk wie Waldläufern, Zauberern und Fahrenden ausgebreitet hat, wie sie an der alten Straßenkreuzung dort immer noch hin und wieder vorüberkommen. Als Herd und Heimat der Rauchkunst ist also das alte Gasthaus von Bree anzusehen, Zum tänzelnden Pony, das sich seit vorgeschichtlicher Zeit im Besitz der Familie Butterblüm befindet.

Trotz alledem haben eigene Beobachtungen auf meinen vielen Reisen in den Süden mich davon überzeugt, dass das Kraut ursprünglich nicht in unserer Weltgegend heimisch war, sondern erst vom unteren Anduin nach Norden gelangt ist; und dorthin, so vermute ich, war es ursprünglich mit den Menschen von Westernis übers Meer gekommen. In Gondor findet man es überall, größer und kräftiger als im Norden, wo es nie wild wächst und nur an warmen und windgeschützten Plätzen wie dem Langgrund gedeiht. Die Menschen von Gondor nennen es süßes Galenas und schätzen es nur wegen des Dufts seiner Blüten. Aus jenem Land muss es in den vielen Jahrhunderten seit Elendils Ankunft über den Grünweg heraufgebracht worden sein. Aber selbst die Dúnedain von Gondor halten uns zugute: Hobbits haben es zuerst in Pfeifen gestopft. Nicht einmal die Zauberer sind vor uns auf die Idee gekommen! Allerdings kannte ich einen Zauberer, der die Kunst schon vor langer Zeit erlernt und so viel Geschick darin erworben hatte wie in allem, das er sich vornahm.«

3VON DER ORDNUNG IM AUENLAND

Das Auenland war in vier Viertel eingeteilt, von denen schon die Rede war, das Nord-, Süd-, Ost- und Westviertel; und diese wiederum zerfielen in eine Anzahl Sippenländer, die noch immer die Namen mancher großer alteingesessener Familien trugen, obwohl zur Zeit dieser Geschichte die Träger dieser Namen nicht mehr nur auf ihrem Sippenland anzutreffen waren. Fast alle Tuks lebten zwar noch im Tukland, aber von vielen anderen Familien wie den Beutlins oder Boffins konnte man das nicht sagen. Außerhalb der Viertel lagen die Ost- und die Westmark: das Bockland (S. 160f.) und das Gebiet im Westen, das im Jahre 1462 A. Z. zum Auenland hinzukam.

Von einer »Regierung« konnte im Auenland zu dieser Zeit kaum die Rede sein. Meistens regelten die Familien ihre Angelegenheiten unter sich. Das Anbauen und Verzehren der Nahrungsmittel nahm den Hauptteil ihrer Zeit in Anspruch. In anderen Belangen waren sie in der Regel freigebig und nicht habgierig, sondern bescheiden und genügsam, und darum blieben ihre Güter, Gehöfte, Werkstätten und kleinen Läden gewöhnlich über Generationen hin unverändert.

Im übrigen erkannten sie natürlich nach alter Tradition einen Hohen König in Fornost oder, wie sie es nannten, Norburg an, der alten Stadt nördlich des Auenlandes. Aber seit fast tausend Jahren gab es dort keinen König mehr, und selbst die Ruinen von Königsnorburg waren mit Gras überwachsen. Trotzdem sagten die Hobbits von wilden Burschen und üblem Gesindel (zum Beispiel Trollen) noch immer, die hätten wohl »noch nie was vom König gehört«. Denn auf den König von einst führten sie alle Gesetze zurück, die ihnen wichtig waren, und die Gesetze hielten sie für gewöhnlich freiwillig ein, weil sie »die Regeln« waren (wie sie sagten): sowohl althergebracht als auch gerecht.

Allerdings hatte die Familie Tuk lange eine Vorrangstellung eingenommen: Das Amt des Thains war vor einigen hundert Jahren von den Altbocks auf sie übergegangen, und seither hatte das Oberhaupt der Tuks immer diesen Titel innegehabt. Der Thain war Vorsitzender der Auenland-Versammlung, Hauptmann der Auenland-Heerschau und der Hobbitwehr, aber weil die Heerschau und die Versammlungen nur in Notzeiten stattfanden, die es nicht mehr gab, war das Amt des Thains zu einem reinen Ehrentitel geworden. Besondere Achtung genoss die Familie Tuk indes weiterhin, denn sie blieb zahlreich und ungemein begütert; außerdem konnte man von ihr erwarten, dass sie in jeder Generation ein paar starke Charaktere mit merkwürdigen Gewohnheiten und vielleicht sogar abenteuerlustigem Temperament hervorbrachte. Diese Eigenschaften freilich wurden nun eher geduldet (bei reichen Leuten) als allgemein geschätzt. Immerhin hielt sich der Brauch, das Oberhaupt dieser Familie als den Tuk zu bezeichnen und seinen Namen, wenn nötig, mit einer Ordnungszahl zu versehen, wie zum Beispiel »Isengrim der Zweite«.

Der Einzige, der im Auenland zu dieser Zeit wirklich ein Amt innehatte, war der Bürgermeister von Michelbinge (oder des Auenlandes), der alle sieben Jahre zu Lithe, das heißt am Mittsommertag, auf dem Freimarkt auf den Weißen Höhen gewählt wurde. Nahezu seine einzige Pflicht als Bürgermeister bestand darin, die Begrüßungsworte bei den Banketten an den Feiertagen zu sprechen, die der auenländische Kalender in rascher Folge vorsah. Doch mit dem Bürgermeisteramt waren auch die Aufgaben des Postmeisters und des Ersten Landbüttels verbunden, und darum war er sowohl für den Kurierdienst als auch für die Wachen verantwortlich. Dies waren die einzigen öffentlichen Dienste, und die Kuriere waren bei weitem zahlreicher und hatten viel mehr zu tun. Zwar konnten keineswegs alle Hobbits schreiben, aber wer es konnte, schrieb immerzu an alle Freunde (und mit Ausnahmen auch an alle Verwandten), die weiter als einen Nachmittagsspaziergang entfernt wohnten.

Die Polizisten – oder was einem Polizisten bei den Hobbits am nächsten kam – hießen Landbüttel. Natürlich trugen sie keine Uniform (so etwas kannte man gar nicht), sondern nur eine Feder an der Mütze, und eigentlich waren sie eher eine Fluraufsicht als eine Polizei, denn sie kümmerten sich mehr um streunende oder entlaufene Tiere als um Personen. Im ganzen Auenland gab es von ihnen für den Inlanddienst nur zwölf, drei in jedem Viertel. Wesentlich zahlreicher waren die Grenzwachen, die außerdem nach Bedarf verstärkt werden konnten: Sie sorgten dafür, dass Fremde aller Art, ob groß oder klein, nicht zur Plage wurden.

Zu der Zeit, als diese Geschichte beginnt, waren die Grenzer, wie man sie nannte, stark vermehrt worden. Vielerlei Meldungen und Beschwerden über verdächtige Personen oder Kreaturen gingen ein, die sich an den Grenzen oder sogar im Hinterland herumtrieben: das erste Anzeichen, dass nicht alles so war, wie es sein sollte und immer gewesen war, außer in Geschichten und Sagen aus alter Zeit. Nur wenige schenkten dem Zeichen Beachtung, und auch Bilbo hatte noch keine Ahnung, was es zu bedeuten hatte. Sechzig Jahre waren vergangen, seit er zu seiner denkwürdigen Reise aufgebrochen war, und selbst unter Hobbits, die ja nicht selten die Hundert erreichen, war er nun ein alter Mann; doch von dem stattlichen Vermögen, das er damals mit heimgebracht hatte, war anscheinend noch immer einiges vorhanden. Wie viel oder wie wenig, das sagte er niemandem, nicht mal seinem Lieblingsneffen Frodo. Und noch immer verriet er nichts von dem Ring, den er gefunden hatte.

4VOM RINGFUND

Wie im Hobbit erzählt wird, stand eines Tages der große Zauberer Gandalf der Graue vor Bilbos Tür und mit ihm dreizehn Zwerge, und zwar niemand anders als Thorin Eichenschild, Nachkomme der Zwergenkönige, und seine zwölf Gefährten im Exil. Zu seiner eigenen anhaltenden Verwunderung brach Bilbo mit ihnen an einem Aprilmorgen im Jahr 1341 auenländischer Zeitrechnung zu einer großen Reise auf, einer Fahrt zu den Zwergenhorten der Könige unter dem Berge, unter dem Erebor bei Thal, weit im Osten. Das Unternehmen gelang, und der Drache, der den Hort bewachte, wurde getötet. Aber obwohl sie, bevor alles gewonnen war, erst die Schlacht der fünf Heere schlagen mussten, obwohl Thorin dabei fiel und viele Ruhmestaten vollbracht wurden, wäre die Sache ohne einen kleinen »Zwischenfall«, der sich unterwegs ereignete, für die spätere Geschichtsschreibung kaum von Interesse gewesen und hätte in den langen Annalen des Dritten Zeitalters allenfalls eine Fußnote verdient. Auf einem hohen Pass im Nebelgebirge wurden die Reisenden beim Übergang nach Wilderland von Orks überfallen; und dabei wurde Bilbo von ihnen getrennt und musste eine Weile allein in den dunklen Orkstollen tief unter dem Gebirge umherirren. Als er dort hilflos im Dunkeln herumtastete, stieß seine Hand an einen Ring, der auf dem Boden eines Stollens lag. Er steckte ihn in die Tasche. Für den Augenblick schien es ein belangloser Zufall zu sein.

Auf der Suche nach einem Ausgang stieg Bilbo immer tiefer unter das Gebirge hinab, bis er nicht mehr weiter konnte. Auf dem Grund des Stollens lag ein kalter See, fern von allem Licht, und dort, auf einer Felseninsel im Wasser, lebte Gollum. Er war eine widerwärtige kleine Kreatur: Mit seinen breiten Plattfüßen paddelte er ein kleines Boot, spähte mit fahl leuchtenden Augen durch die Dunkelheit und schnappte mit seinen langen Fingern nach blinden Fischen, die er dann roh verzehrte. Er fraß alles, sogar Orks, wenn er sie nur fangen und kampflos erwürgen konnte. Insgeheim besaß er ein Kleinod, das er vor langen Zeiten an sich gebracht hatte, als er noch nicht im Dunkeln lebte: einen goldenen Ring, der seinen Träger unsichtbar machte. Der Ring war das einzige, was ihm lieb und teuer war, sein »Schatz«, und er sprach mit ihm, sogar wenn er ihn nicht bei sich trug. Denn er hielt ihn meistens in einem Felsloch auf seiner Insel sicher verwahrt, wenn er nicht gerade auf Jagd ging oder den Orks in den Stollen nachschlich.

Vielleicht hätte er Bilbo bei ihrer Begegnung sofort angegriffen, hätte er den Ring bei sich gehabt; aber er hatte ihn nicht, und der Hobbit hielt ein Elbenmesser in der Hand, das für ihn so gut wie ein Schwert war. Um daher Zeit zu gewinnen, forderte er Bilbo zu dem Rätselspiel heraus, mit der Bedingung, dass er Bilbo töten und verspeisen werde, wenn der eines seiner Rätsel nicht lösen könne; wenn aber Bilbo ihn besiege, so werde er ihn wie gewünscht zu einem Ausgang aus den Stollen führen.

Weil er sich im Dunkeln hoffnungslos verirrt hatte und weder vor noch zurück konnte, ging Bilbo auf die Wette ein, und sie gaben einander mehrere Rätsel auf. Schließlich gewann Bilbo, mit mehr Glück (wie es schien) als Verstand, denn als ihm zuletzt kein Rätsel mehr einfallen wollte, berührte seine Hand den Ring, den er aufgehoben und seither vergessen hatte, und er rief: Was hab ich da in meiner Tasche? Das bekam Gollum nicht heraus, obwohl Bilbo ihn dreimal raten ließ.

Nun sind zwar die Gelehrten geteilter Meinung, ob dies letzte nach den strengen Regeln des Spiels nicht nur eine schlichte »Frage« und kein Rätsel war; doch stimmen alle darin überein, dass Gollum, nachdem er sich darauf eingelassen und die Antwort zu erraten versucht hatte, an sein Versprechen gebunden war. Und Bilbo drängte ihn, Wort zu halten; denn ihm kam der Gedanke, dass dieser schleimige Bursche ein falsches Spiel treiben könnte, obwohl doch solche Versprechen von alters her als heilig galten und alle bis auf die Verruchtesten sich scheuten, sie zu brechen. Nach all den Zeiten, die er allein im Dunkeln gehaust hatte, war Gollums Herz schwarz und voller Tücke. Er machte sich davon und kehrte auf seine Insel zurück, von der Bilbo nichts wusste und die nicht weit entfernt im dunklen Wasser lag. Dort, glaubte er, liege sein Ring. Er war nun hungrig und wütend, und wenn er seinen »Schatz« erst am Finger hätte, brauchte er keine Waffe mehr zu fürchten.

Aber der Ring war nicht auf der Insel; er hatte ihn verloren, er war weg! Er schrie, dass es Bilbo kalt den Rücken herunterlief, obwohl er noch nicht begriffen hatte, was geschehen war. Aber Gollum hatte mit einem Mal die Lösung des Rätsels gefunden – zu spät. Wasss hat er in seinen Tassschen? schrie er. Seine Augen leuchteten wie eine grüne Flamme, als er zurückgehastet kam, um den Hobbit zu töten und sich seinen »Schatz« wieder zu holen. Eben noch rechtzeitig erkannte Bilbo die Gefahr und rannte blindlings den Gang hinauf, fort vom Wasser; und wieder rettete ihn sein Glück. Denn während er lief, steckte er die Hand in die Tasche, und unversehens glitt ihm der Ring auf den Finger. So kam es, dass Gollum an ihm vorüberrannte, ohne ihn zu sehen, und dann weiter zum Ausgang hin, um den »Dieb« nicht entkommen zu lassen. Vorsichtig schlich Bilbo ihm nach und hörte ihn fluchen und im Selbstgespräch über seinen »Schatz« reden; und aus dem Gehörten erriet Bilbo die Wahrheit und schöpfte im Dunkeln neue Hoffnung: Er selbst hatte den wunderbaren Ring gefunden und damit eine Chance, Gollum und den Orks zu entkommen.

Schließlich machten sie Halt vor der im Dunkeln kaum erkennbaren Öffnung eines Durchgangs zum unteren Tor der Minen, auf der Ostseite des Gebirges. Dort hockte Gollum sich hin, sprungbereit, schnüffelnd und horchend; und Bilbo fühlte sich versucht, ihn mit seinem Schwert zu erschlagen. Aber Mitleid hielt ihn davon ab. Den Ring, in dem seine einzige Hoffnung lag, wollte er zwar behalten, doch nicht um mit seiner Hilfe die elende Kreatur umzubringen, die gegen ihn nun ziemlich wehrlos war. Endlich nahm er all seinen Mut zusammen, sprang im Dunkeln über Gollum hinweg und flüchtete den Gang hinunter, verfolgt von den Hass- und Verzweiflungsschreien seines Feindes: Dieb, Dieb, Beutlin! Wir hassen ihn auf immerdar!

Merkwürdig ist nun, dass dies nicht die Geschichte ist, so wie Bilbo sie seinen Gefährten zuerst erzählte. Ihnen sagte er, Gollum habe versprochen, ihm ein Geschenk zu machen, wenn er das Spiel gewänne; aber als Gollum es von seiner Insel holen wollte, sei das Kleinod weg gewesen: ein Zauberring, den man ihm vor langer Zeit zum Geburtstag geschenkt hatte. Bilbo habe erraten, dass dies derselbe Ring war, den er gefunden hatte, und weil er das Spiel gewonnen hatte, habe er ihm nun auch von Rechts wegen gehört. In seiner schwierigen Lage habe er aber von seinem Fund nichts gesagt und sich von Gollum statt des Geschenks als Belohnung ausbedungen, dass er ihm den Ausweg zeigte. Diesen Bericht nahm Bilbo in seine Memoiren auf, und er selbst scheint nie etwas daran geändert zu haben, nicht einmal nach der Ratsversammlung bei Elrond. Offenbar stand er auch noch in der Erstfassung des Roten Buchs, ebenso wie in mehreren Abschriften und Kurzfassungen. Doch viele Abschriften enthalten (als Alternative) die richtige Darstellung, die sicherlich aus Aufzeichnungen von Frodo oder Samweis stammt, die beide die Wahrheit kannten, obwohl es ihnen widerstrebt zu haben scheint, irgendetwas von dem alten Hobbit selbst Geschriebenes zu streichen.

Gandalf jedoch glaubte Bilbos Geschichte gleich beim ersten Mal nicht, als er sie hörte, und wurde neugierig, was es mit dem Ring wirklich auf sich habe. Schließlich holte er aus Bilbo die Wahrheit heraus, nach vielem Fragen, das ihre Freundschaft auf eine harte Probe stellte; aber der Zauberer schien die Wahrheit nun mal für wichtig zu halten. Obwohl er zu Bilbo nichts davon sagte, fand er es auch merkwürdig und bedenklich, dass der gute Hobbit nicht gleich damit herausgerückt war – ganz gegen seine Gewohnheit. Die Ausrede von dem »Geschenk« war ja auch eine Erfindung, die einem Hobbit nicht ähnlich sah. Bilbo war erst darauf gekommen, wie er bekannte, als er Gollums Selbstgespräch belauschte; denn Gollum hatte den Ring ja mehrmals als sein »Geburtstagsgeschenk« bezeichnet. Auch das erschien Gandalf sonderbar und verdächtig; aber die Wahrheit in dieser Sache sollte ihm noch viele Jahre verborgen bleiben, wie wir in diesem Buch sehen werden.

Von Bilbos späteren Abenteuern ist hier nicht viel zu sagen. Dank des Rings kam er durch die Orkwachen am Tor und stieß wieder zu seinen Gefährten. Während der Fahrt gebrauchte er den Ring viele Male, meistens, um seinen Freunden zu helfen; aber solange es ging, hielt er ihn vor ihnen verborgen. Nach seiner Heimkehr sprach er über ihn nur mit Gandalf und Frodo; sonst wusste im Auenland niemand, dass es den Ring überhaupt gab – oder zumindest glaubte er das. Nur Frodo zeigte er den Bericht über seine Fahrt, an dem er schrieb.

Sein Schwert Stich hängte Bilbo über dem Kamin auf, und sein herrliches Kettenhemd aus dem Drachenhort, das ihm die Zwerge geschenkt hatten, überließ er als Leihgabe einem Museum, nämlich dem Mathom-Haus in Michelbinge. Den alten Kapuzenmantel aber, den er auf seinen Reisen getragen hatte, verwahrte er in Beutelsend in einer Schublade; und der Ring blieb, an einem Kettchen befestigt, in seiner Hosentasche.

Als er am 22. Juni (1342 A. Z.) nach Beutelsend heimkehrte, war er im zweiundfünfzigsten Lebensjahr, und dann geschah im Auenland nichts allzu Bemerkenswertes, bis Herr Beutlin sich an die Vorbereitungen zur Feier seines hundertundelften Geburtstags machte (1401 A. Z.). Und hier beginnt unsere Geschichte.

ANMERKUNG ZU DENAUENLÄNDISCHENGESCHICHTSBÜCHERN

Der Anteil der Hobbits an den großen Ereignissen am Ende des Dritten Zeitalters, die zur Aufnahme des Auenlands in das wieder vereinigte Königreich führten, weckten unter ihnen ein breiteres Interesse an der eigenen Geschichte; und vieles, was bis dahin in der Hauptsache mündlich überliefert worden war, wurde nun niedergeschrieben und gesammelt. In den bedeutenderen Familien interessierte man sich auch für die Ereignisse in anderen Ländern des Königreichs, und viele ihrer Angehörigen studierten die Sagen und Berichte aus alter Zeit. Als das erste Jahrhundert des Vierten Zeitalters zu Ende ging, gab es im Auenland schon mehrere Bibliotheken, die viele historische Werke und Urkunden besaßen.

Die größten Sammlungen dieser Art befanden sich wohl in Untertürmen, in den Groß-Smials und im Brandygut. Der folgende Bericht vom Ende des Dritten Zeitalters stützt sich in der Hauptsache auf das Rote Buch der Westmark. Es ist unsere wichtigste Quelle zur Geschichte des Ringkrieges und wurde so genannt, weil es lange in Untertürmen im Haus der Schönkinds, der Verweser der Westmark, aufbewahrt wurde.3 Ursprünglich war es Bilbos persönliches Tagebuch, das er nach Bruchtal mitnahm. Frodo brachte es wieder ins Auenland, zusammen mit vielen Notizen auf losen Blättern, und im Jahre 1420/21 A. Z. füllte er fast alle Seiten mit seinem Bericht über den Krieg. Diesem Band angefügt und mit ihm zusammen aufbewahrt, vermutlich in einem roten Karton, wurden die drei großen, in rotes Leder gebundenen Bücher, die Bilbo ihm als Abschiedsgeschenk mit auf den Weg gab. Zu diesen vier Bänden kam in der Westmark noch ein fünfter mit Ahnentafeln, Erläuterungen und sonstigen Angaben hinzu, soweit sie die an der Fahrt mit dem Ring beteiligten Hobbits betraf.

Die Urhandschrift des Roten Buchs ist nicht erhalten, aber für die Nachkommen von Meister Samweis’ Kindern wurden viele Abschriften angefertigt, besonders vom ersten Band. Die wichtigste Abschrift jedoch hat eine andere Geschichte. Sie wurde in den Groß-Smials aufbewahrt, war aber in Gondor geschrieben, wahrscheinlich im Auftrag eines Urenkels von Peregrin Tuk, und im Jahre 1592 A. Z. (Viertes Zeitalter 172) fertiggestellt worden. Der südländische Schreiber fügte den folgenden Vermerk bei: »Findegil, Schreiber des Königs, schloss diese Arbeit im Jahre IV 172 ab.« Es ist eine detailgetreue Abschrift des Thainsbuches, das in Minas Tirith aufbewahrt wurde; und dieses wiederum war auf König Elessars Wunsch vom Roten Buch der Periannath abgeschrieben worden und wurde ihm vom Thain Peregrin überbracht, als der sich im Jahre IV 64 nach Gondor zurückzog.

Das Thainsbuch war also die erste Abschrift des Roten Buchs und enthielt vieles, das später weggelassen wurde oder verloren ging. In Minas Tirith wurde es mit vielen Anmerkungen versehen, auch mit vielen Korrekturen, besonders im Hinblick auf Namen, Wörter und Zitate aus den Elbensprachen; und eine Kurzfassung derjenigen Teile der Erzählung von Aragorn und Arwen wurde hinzugefügt, die nicht mit dem Bericht über den Ringkrieg zusammenhängen. Die vollständige Fassung der Geschichte soll einige Zeit nach dem Tod des Königs von Barahir geschrieben worden sein, dem Enkel des Statthalters Faramir. Doch das Wichtigste an Findegils Abschrift ist, dass sie als Einzige auch Bilbos sämtliche »Übersetzungen aus dem Elbischen« enthielt. Diese drei Bände erwiesen sich als ein Werk von großer Meisterschaft und Gelehrsamkeit, in dem er von 1403 bis 1418 alle ihm in Bruchtal zugänglichen Quellen verarbeitet hatte, sowohl mündliche wie schriftliche. Weil sie jedoch fast ausschließlich von den Ältesten Tagen handelten und Frodo wenig auf sie einging, soll hier von ihnen nicht weiter die Rede sein.

Weil Meriadoc und Peregrin die Häupter ihrer großen Familien wurden und zugleich ihre Verbindungen zu Rohan und Gondor aufrechterhielten, gab es in den Bibliotheken von Bockenburg und Tuckbergen vieles, das im Roten Buch nicht erwähnt wird. Im Brandygut befanden sich viele Werke über Eriador und die Geschichte Rohans. Manche von ihnen waren von Meriadoc selbst verfasst oder begonnen worden; allerdings blieb er in seiner Heimat vornehmlich durch seine Kräuterkunde des Auenlandes in Erinnerung und durch die Schrift Jahreszählung, in der er das Verhältnis zwischen den auen- und breeländischen Kalendern und denen von Bruchtal, Gondor und Rohan behandelte. Außerdem schrieb er eine kurze Abhandlung über Alte Wörter und Namen im Auenland, in der er sich besonders bestrebt zeigte, in Auenlandwörtern wie Mathom und in alten Bestandteilen von Ortsnamen die Verwandtschaft mit der Sprache der Rohirrim nachzuweisen.

Die Bücher in den Groß-Smials waren für die Auenländer weniger interessant, aber um so wichtiger für die Kenntnis der weiteren geschichtlichen Zusammenhänge. Keines von ihnen war von Peregrin selbst geschrieben, doch er und seine Nachfolger sammelten viele Manuskripte von Schreibern aus Gondor, in der Hauptsache Abschriften oder Zusammenfassungen von Geschichtsbüchern oder Sagen über Elendil und seine Erben. Nur hier waren im Auenland umfangreiche Materialien zur Geschichte Númenors und zum Erstarken Saurons zu finden. Vermutlich wurde in den Groß-Smials auch die Aufzählung der Jahre4 zusammengestellt, mit Hilfe des von Meriadoc gesammelten Materials. Obwohl die dort angegebenen Daten, besonders für das Zweite Zeitalter, oft nur auf Mutmaßungen gründen, verdienen sie doch Beachtung. Man darf annehmen, dass Meriadoc in Bruchtal, das er mehr als einmal besuchte, Hilfe und Auskunft erhielt. Obwohl Elrond selbst fortgezogen war, blieben seine Söhne noch lange dort, zusammen mit manchen anderen aus dem Hochelbenvolk. Es heißt, Celeborn sei nach Galadriels Fortgang dorthin gezogen; doch in keiner Chronik ist der Tag verzeichnet, an dem auch er sich schließlich zu den Grauen Anfurten begab, und mit ihm entschwand die letzte Erinnerung eines Lebenden an die Ältesten Tage von Mittelerde.

Die Durchsicht der Übersetzung Wolfgang Kreges aus dem Jahr 1999 orientierte sich an folgenden Überlegungen: 1. Der eigene Sprachduktus von Kreges Herr der Ringe-Übersetzung sollte gewahrt werden. 2. Der von Krege selbst formulierte Anspruch, »die Geschichte so vorzutragen, wie Tolkien es tun würde, wenn er heute, 1999, schriebe«, sollte weiterverfolgt werden, gleichzeitig sollte aber auch versucht werden, ihn mit der Übersetzungsvorlage auszubalancieren bzw. in Einklang zu bringen. Daher hat sich das Lektorat dafür entschieden, bei den Anredeformen auch auf das englische »Master« da zurückzugreifen, wo es der Bedeutung von »junger Mann / junger Herr« entspricht. Für das englische »Master« als Anrede von Autoritäten wie Gandalf oder Elrond wurde »Meister« im Text belassen bzw. eingeführt. Da Tolkien im englischen Original selbst die Anredeformen varriiert (»Sir«, »Mr«), bleibt in der Übersetzung selbstverständlich neben »Master« auch »Herr« bestehen. 3. Einige wenige Namen und Ortsnamen wurden nach den neuesten Erkenntnissen der Tolkienforschung angeglichen, wie auch Übersetzungsfehler berichtigt.

Berlin / Stuttgart Juli 2012, Lisa Kuppler, Stephan Askani

ERSTES BUCH

ERSTES KAPITEL

EIN LANGERWARTETES FEST

Als Herr Bilbo Beutlin von Beutelsend ankündigte, dass er seinen bevorstehenden einundelfzigsten Geburtstag mit einem rauschenden Fest zu feiern gedenke, begann in Hobbingen ein erregtes Getuschel.

Bilbo war sehr reich und sehr eigensinnig, und seit seinem auffälligen Verschwinden und seiner unerwarteten Rückkehr vor sechzig Jahren hatte man im Auenland nicht aufgehört, sich über ihn zu wundern. Um die Reichtümer, die er von seinen Reisen mitgebracht hatte, war längst eine Ortslegende entstanden: Was auch die älteren Leute dazu sagen mochten, die Jüngeren glaubten zu wissen, dass der Bühl von Beutelsend voller Stollen war, in denen Schätze gespeichert lagen. Und als ob der Gerüchte noch nicht genug wären, gab auch seine gar nicht altersgemäße Jugendfrische einigen Grund zur Verwunderung. Die Jahre vergingen, aber Herrn Beutlin schienen sie nichts anhaben zu können. Als er neunundneunzig war, fing man an, davon zu reden, dass er sich »gut gehalten« habe; doch wäre die Feststellung, dass er sich überhaupt nicht verändert hatte, der Wahrheit näher gekommen. Manche meinten kopfschüttelnd, dies alles sei wohl ein bisschen zuviel des Guten; irgendwie war es ungerecht, dass jemand, der sich schon einer (dem Augenschein nach) ewigen Jugend erfreute, auch noch ein (dem Vernehmen nach) unerschöpfliches Vermögen besaß.

»Irgendwann wird er dafür bezahlen müssen«, sagten sie. »Das ist nicht natürlich und wird noch übel ausgehen!«

Aber einstweilen ging es nicht übel aus; und weil Herr Beutlin mit seinem Geld nicht knauserte, waren die meisten Leute geneigt, ihm seine Eigenheiten und sein unverdientes Glück nachzusehen. Der Verkehr mit seinen Verwandten (die Sackheim-Beutlins natürlich ausgenommen) riss nicht ganz ab, und unter den Hobbits aus den ärmeren und nicht so angesehenen Familien hatte er viele treue Bewunderer. Aber echte Freunde gewann er erst wieder, als manche von seinen jüngeren Vettern allmählich erwachsen wurden.

Von diesen der älteste und Bilbo der liebste war der junge Frodo Beutlin. Als Bilbo neunundneunzig war, adoptierte er Frodo, setzte ihn zum Erben ein und holte ihn zu sich nach Beutelsend; alle Hoffnungen der Sackheim-Beutlins wurden damit endgültig zunichte. Zufällig hatten Bilbo und Frodo beide am 22. September Geburtstag. »Frodo, mein Junge«, sagte Bilbo eines Tages, »komm doch lieber und wohne bei mir; dann können wir unseren Geburtstag immer schön zusammen feiern.« Damals war Frodo noch in den »Zwiens«, wie die Hobbits das unreife Alter zwischen der Kindheit und dem Mündigwerden mit dreiunddreißig nannten.

Zwölf weitere Jahre waren vergangen. Jedes Mal hatten die beiden Beutlins am 22. September einen sehr munteren Doppelgeburtstag gefeiert; aber für diesen Herbst nun, so hörte man, bereiteten sie etwas ganz Außerordentliches vor. Bilbo wurde schließlich einundelfzig, 111, keine Zahl wie alle andern und ein sehr ansehnliches Alter für einen Hobbit (selbst der Alte Tuk war nur 130 geworden); und auch die dreiunddreißig, 33, die Frodo erreichte, war eine besondere Zahl, denn damit wurde er »mündig«.

In Hobbingen und Wasserau zerriss man sich die Mäuler, und das Gerücht von dem bevorstehenden Ereignis machte im ganzen Auenland die Runde. Herrn Bilbo Beutlins Lebensgeschichte und Charakter wurden wieder einmal zum Hauptgesprächsthema, und die Älteren fanden für ihre Erinnerungen dankbare Zuhörer.