Der islamische Faschismus - Hamed Abdel-Samad - E-Book
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Hamed Abdel-Samad

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Beschreibung

Der Islamismus entstand parallel zum italienischen Faschismus und zum Nationalsozialismus. Sein faschistoides Gedankengut reicht allerdings weit zurück – es ist bereits im Ur-Islam angelegt. Hamed Abdel-Samad schlägt in seiner Analyse einen Bogen von den Ursprüngen des Islam bis hin zur Gegenwart. Ein provokantes Buch, dessen Thesen Hamed Abdel-Samad eine Mord-Fatwa einbrachten.

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Hamed Abdel-Samad

Der islamische Faschismus

Eine Analyse

Knaur e-books

Über dieses Buch

Inhaltsübersicht

WidmungVorwortKapitel 1Eckpfeiler des Ur-FaschismusKapitel 2Die Muslimbrüder und die Nazis – eine Liebesaffäre mit FolgenDas Fünfzig-Punkte-ProgrammTerrormilizen nach dem Vorbild von SA und SSDemokratie als Trojanisches PferdKapitel 3Abraham, Mohamed und das Trauma der SpaltungIbn Hanbal, Saladin und der Traum von der EinheitIbn Taymiyya und das Dschihad-PrinzipSayyid Qutb und die sechste Säule des IslamKapitel 4Mythos AndalusienZionismus, Islamismus und arabischer NationalismusDer Mufti und der Vordenker – Antisemitismus macht SchuleExkurs: Fremd im eigenen Land – die Situation der KoptenKapitel 5Die Todsünde der OsmanenAbd al-Wahhab und das Konzept der »Erneuerung«Die Google-Kultur oder: Disput ist möglichKapitel 6Kapitel 7Die Legende von der Potenz des ProphetenGeschlechterapartheid und JungfräulichkeitsfetischismusKapitel 8Hisbollah und HamasFaschismus als Staatsdoktrin»Führer« auf Persisch oder: Das Wunder GottesTaqiyya oder: Täuschung für die Sache GottesReform oder kosmetische Korrektur?Kapitel 9»Wir haben die Gläubigen in ihrem Zuhause besiegt«»Stehend sterben«»Was ist das für ein Glaube? Welcher Gott?«»Wie kann man die Freiheit nicht schätzen?«»Es gibt keinen Gott außer Mickymaus!«Kapitel 10Am Anfang ist das WortDie drei Formen der RadikalisierungWer kann die Radikalisierung aufhalten?Kapitel 11NachwortAnhangLiteratur- und QuellenverzeichnisDanksagung
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Für meine liebe Mutter. Sie bat mich, dieses Buch nicht zu veröffentlichen, obwohl sie wusste, dass ich dieser Bitte nicht nachkommen kann.

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Vorwort

»Wanted Dead«

Einmal sah ich auf Facebook ein mit Photoshop gefaktes Bild. Ein böse dreinblickender, bärtiger Mann hält ein Plakat hoch, auf dem geschrieben steht: »Enthauptet diejenigen, die behaupten, der Islam sei die Religion der Gewalt.« Ich habe herzlich gelacht über diese elegante und doch sehr treffende Beschreibung der bitteren Realität. Das Lachen blieb mir jedoch im Hals stecken, als ich plötzlich mein eigenes Porträt auf Facebook entdeckte, versehen mit dem Schriftzug »Wanted Dead«.

Anlass für diesen Mordaufruf war ein Vortrag, den ich am 4. Juni 2013 in Kairo gehalten hatte. Das Thema: Religiöser Faschismus in Ägypten. Ich vertrat darin die These, dass faschistoides Gedankengut nicht erst mit dem Aufstieg der Muslimbrüder Eingang in den Islam gefunden habe, sondern bereits in der Urgeschichte des Islam begründet sei. Ich argumentierte, dass der Islam die religiöse Vielfalt auf der arabischen Halbinsel beendet habe, von seinen Anhängern unbedingten Gehorsam verlange, keine abweichenden Meinungen dulde und nach der Weltherrschaft strebe. Da diese Geisteshaltung im Islam dominanter sei als andere Aspekte dieser Religion, könne man daher von »Islamofaschismus« sprechen.

Ein Video mit den provokanten Thesen meines Vortrags wurde im Netz veröffentlicht und dort kontrovers diskutiert. Kurz darauf kam eine Gruppe islamischer Gelehrter zusammen, um meine Argumente live im Fernsehen zu entkräften. Nachdem sie zahlreiche Beispiele aus der Biographie des Propheten und aus dem Koran zitiert hatten, die beweisen sollten, dass der Islam Vielfalt und andere Meinungen akzeptiert, debattierten sie darüber, wie ich für meine Verunglimpfung des Islam bestraft werden sollte. Das Urteil fiel schnell und einstimmig: Ich sollte getötet werden! Darüber, wie das vonstattengehen und wer meinen Tod anzuordnen habe, herrschte indes Uneinigkeit. Einer sagte, man solle mir die Möglichkeit einräumen, Reue zu zeigen und zum Islam zurückzukehren. Erst wenn ich das ablehnte, sei ich zu töten. Ein Professor von der renommierten Al-Azhar-Universität sowie der Anführer der Terrorbewegung Dschamaa Islamiyya forderten meinen sofortigen Tod; da ich auch den Propheten beleidigt hätte, helfe weder Reue, noch müsse irgendjemand offiziell ankündigen, dass ich zum Abschuss freigegeben sei. Zur Untermauerung zitierte der Universitätsgelehrte eine Geschichte aus dem Leben Mohameds: Der Prophet entdeckte vor seiner Moschee einmal eine getötete Frau. Er fragte die Betenden, wer sie umgebracht habe. Ein blinder Mann erhob sich und sagte: »Ich habe sie getötet, Prophet Gottes. Sie ist meine Sklavin, und ich habe von ihr zwei kleine Kinder, die zwei Perlen gleich sind. Doch gestern hat sie dich, Prophet Gottes, beleidigt. Ich habe sie aufgefordert, dich nicht mehr zu schimpfen, aber sie wiederholte, was sie gesagt hatte. Ich konnte das nicht aushalten und habe sie umgebracht.« Mohamed sagte daraufhin: »Ihr seid meine Zeugen, das Blut dieser Frau ist zu Recht geflossen!«

Diese Geschichte wird immer wieder zitiert, wenn Islamisten eine Rechtfertigung dafür brauchen, warum es aus ihrer Sicht legitim ist, jemanden, der den Propheten beleidigt hat, mit dem sofortigen Tod ohne Verfahren und Anspruch auf Verteidigung zu strafen.

Es dauerte nicht lange, bis sich auch der einflussreiche ägyptische Salafist Abu-Ishaq Al-Huwayni via Fernsehen zu meinem Fall äußerte. Al-Huwayni hält sich häufig in Deutschland auf, um dort Salafisten auszubilden. Einer seiner Schüler ist der Konvertit Pierre Vogel. Al-Huwayni verkündete, dass von nun an bis in alle Ewigkeit zwischen uns das Prinzip der Blutrache gelte.

All diese Gelehrten bewegen sich in einem so geschlossenen ideologischen Kreis, dass sie überhaupt nicht merkten, dass ihr Urteil meine Argumente nur bekräftigte. Sie vergöttern ihren »Führer« Mohamed so sehr, dass sie jeden töten wollen, der ihn angreift, und sei es nur verbal. Sie glauben, jemanden töten zu können, nur weil er anders über das denkt, was ihnen heilig ist. Wie sollte man das anders nennen als islamischen Faschismus?

Normalerweise müssten selbst nach ägyptischem Recht die Männer, die zum Mord an mir aufgerufen haben, sofort verhaftet werden. Aber gerade diese Fundamentalisten brauchte der damalige Präsident Mursi, um seine Gegner einzuschüchtern. Der gleiche Al-Azhar-Professor, der meine Tötung gefordert hatte, hatte wenige Wochen zuvor zum Mord an dem Oppositionspolitiker Mohamed El-Baradei aufgerufen. Auch damals war nichts gegen ihn unternommen worden.

In meinem Fall vermehrten sich die Mordaufrufe im Netz mit beängstigender Geschwindigkeit. In Tunesien wurde das Video meines Vortrags von Islamisten missbraucht, um die gesamte säkulare Opposition im Land zu verunglimpfen. Meine Meinung wurde stellvertretend allen Kritikern übergestülpt, um sie mundtot zu machen. Nach dem Motto: Gegen diejenigen, die den Islam mit Faschismus gleichsetzen, muss sich jeder aufrechte Muslim erheben.

Nach dem Vortrag musste ich einige Wochen untertauchen, seit meiner Rückkehr nach Deutschland stehe ich unter Polizeischutz. Auch in Deutschland gibt es viele Fanatiker, die mich tot sehen wollen. Der damalige deutsche Außenminister Guido Westerwelle verurteilte im Rahmen einer Pressekonferenz den Mordaufruf und forderte die ägyptische Regierung auf, für meine Sicherheit zu sorgen. Nur eine Woche später lud Mursi Assem Abdel-Maged, einen der Hetzer, der meinen Tod gefordert hatte, zu einer Veranstaltung ein und umarmte ihn vor laufender Kamera. Dennoch sprach Westerwelle von einem »Rückschlag für die Demokratie«, als Mursi von der Armee abgesetzt wurde. Würde man Demokratie nur darauf reduzieren, dass es freie Wahlen gibt, dann hätte der damalige Außenminister recht. Demokratie ist aber viel mehr. Eine politische Kultur, eine Geisteshaltung, von der Mursi und seine Muslimbruderschaft Lichtjahre entfernt waren und nach wie vor sind.

Immerhin: Nach dem Sturz Mursis wurden Haftbefehle gegen zwei der Hetzer erlassen. Die drei TV-Sender, die die Mordaufrufe verbreitet hatten, wurden per Dekret der Armee geschlossen. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass das Bild von Assem Abdel-Maged in der Regierungszeitung Al-Ahram unter der Überschrift »Wanted« veröffentlicht wurde.

Dennoch erhalte ich bis heute Morddrohungen. Denn Fanatiker sind nicht nur gefährlich, wenn sie an der Macht sind, im Gegenteil. Angeschlagene Islamisten, die sich als Opfer sehen, sind viel gefährlicher und unberechenbarer. Um mich selbst habe ich keine Angst. Ich schreibe und halte meine Vorträge weiter. Ich mache mir nur Sorgen um meine ägyptische Familie, die inzwischen ebenfalls mit Beschimpfungen und Drohungen überzogen wird. Sie können meine Bewegungsfreiheit einschränken, aber meine Gedanken können diese Fanatiker nicht erdrosseln. Die Hetzkampagne gegen mich hat meinen Leserkreis in Ägypten und in anderen arabischen Staaten vergrößert. Ich erfahre viel Zustimmung und Solidarität von Kreisen, die mir bislang verschlossen waren. Menschen aus Deutschland, der Schweiz und Österreich schrieben mir solidarische Mails, manche boten mir sogar Unterschlupf in ihren Häusern an. Unter den vielen Nachrichten, die mich über Facebook aus Ägypten erreichen, habe ich mich über eine besonders gefreut. Ein junger Ägypter schrieb mir: Ich danke den Terroristen dafür, dass sie mich mit Ihnen und Ihren Gedanken bekannt gemacht haben. Bitte machen Sie weiter!

Dieses Buch ist ein wichtiges Element dieses »Weitermachens« – auch wenn ich damit noch tiefer in das Wespennest stechen werde als mit meinen Vorträgen zum Thema Islam und Faschismus. Doch je heftiger die Reaktionen ausfallen werden, umso mehr wird die Maske des vermeintlich moderaten Islam, der sich angeblich mit Demokratie vereinbaren lasse, verrutschen.

Im Folgenden werde ich die totalitären Elemente des Islamismus mit denen des Faschismus vergleichen. Ein Kapitel wird sich der Entstehung und Entwicklung der Muslimbruderschaft widmen und deren ideologische und programmatische Nähe zu den faschistischen Bewegungen im Europa der zwanziger und dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts aufzeigen. Möglicherweise werden sowohl Ewiggestrige als auch Islamisten gegen diesen Vergleich aufbegehren, ihn vielleicht als beleidigend empfinden. Auch viele Antiislamisten und Antifaschisten werden ihn vielleicht ablehnen, da sie darin wahlweise eine Relativierung oder Überhöhung des jeweiligen Phänomens sehen könnten. So geschehen in Deutschland Mitte der achtziger Jahre, als der Historiker Ernst Nolte die Singularität des Holocaust in Frage stellte; Konzentrationslager und »Endlösung« seien eine Reaktion auf Massenausrottungen und Gulags in der Sowjetunion gewesen. Der Philosoph Jürgen Habermas war einer derjenigen, die diesen Vergleich scharf kritisierten. Habermas sah darin »Revisionismus«, den Versuch, ein deutsches »Nationalbewusstsein« zu erneuern, indem man eine »entmoralisierte Vergangenheit« abschüttele.

Die meisten Totalitarismustheorien basieren auf einem Vergleich zwischen Stalinismus und Nationalsozialismus. Was die Herrschaftsstrukturen und auch die Ausrottungsmethoden dieser totalitären Systeme angeht, gibt es deutliche Überschneidungen. Der Vergleich zweier Phänomene oder Systeme bedeutet aber nicht, sie automatisch gleichzusetzen.

Wie ich bereits erwähnt habe, scheint es auf den ersten Blick nicht ganz unproblematisch, Strukturen und Kernaussagen des vergleichsweise jungen Faschismus auf eine über 1400 Jahre alte Religion zu übertragen. Einfacher wird es, wenn man die Bewegungen des politischen Islam in den Mittelpunkt stellt, die fast zeitgleich mit dem europäischen Faschismus entstanden sind. Und ausgehend davon einen Blick in die Vergangenheit und die Gegenwart wirft. Genauso wie der Faschismus in Italien und Deutschland nicht im luftleeren Raum entstanden ist, sondern Wurzeln hat, die weiter zurückgehen, gibt es diese Wurzeln auch im Islam. Ein Kapitel dieses Buches widmet sich deshalb der Entstehungsgeschichte des Islam und zeigt, welchen Einfluss der Ur-Islam auf die heutige Politik in der islamischen Welt hat. Ich werde mich mit Vordenkern beschäftigen und aufzeigen, in welchen Phasen der Geschichte sie auf besonders offene Ohren stießen. Weitere Kapitel werden sich mit dem Dschihad-Prinzip, dem Zusammenhang zwischen islamischer Sexualmoral und diesem Prinzip, dem Terrorismus, dem schiitischen Faschismus und Islamismus in Europa beschäftigen. Beginnen möchte ich aber mit den Merkmalen des Ur-Faschismus, die man durchaus auch als die Ur-Prinzipien des politischen Islam verstehen kann.

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Kapitel 1

Faschismus und Islamismus – ein ungleiches Paar?

Der Faschismus ist eine Art »politische Religion«. Seine Anhänger glauben, im Besitz der absoluten Wahrheit zu sein. Ganz oben in der Hierarchie steht der charismatische unfehlbare Führer, der mit einem heiligen Auftrag ausgestattet ist, um die Nation zu einen und die Feinde zu besiegen. Die faschistische Ideologie vergiftet ihre Anhänger mit Ressentiments und Hass, teilt die Welt in Freund und Feind ein und droht Gegnern mit Vergeltung. Sie richtet sich gegen die Moderne, die Aufklärung, den Marxismus und die Juden und glorifiziert Militarismus und Opferbereitschaft bis in den Tod.

All diese Eigenschaften treffen auch auf den modernen Islamismus zu, der zeitgleich mit dem Faschismus in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts entstanden ist. Sowohl der Faschismus als auch der Islamismus sind aus einem Gefühl der Niederlage und Erniedrigung hevorgegangen. Beide Strömungen eint das Ziel, ein Imperium zu errichten – die Weltherrschaft als quasi verbrieftes Recht –, dem die totale Vernichtung seiner Feinde vorausgeht. Die eine Bewegung glaubt an die Überlegenheit der arischen Rasse, die andere ist überzeugt von der moralischen Überlegenheit der Muslime gegenüber dem ungläubigen Rest der Menschheit.

Als Benito Mussolini in Italien seine faschistische Bewegung gründete, träumte er davon, an die glorreichen Tage des Römischen Reiches anzuknüpfen. Diese nostalgische Sehnsucht teilte auch Hassan Al-Banna, als er die Muslimbruderschaft wenige Jahre nach Mussolinis Aufstieg gründete. Er beschwor ebenfalls die große Vergangenheit. Der tunesisch-französische Schriftsteller Abdel-Wahhab Meddeb sieht ein zentrales Problem der islamischen Welt darin, dass die Muslime sich nicht damit abfinden können, nicht mehr – wie noch im Mittelalter – die führende Macht in der Welt zu sein. Die Diskrepanz zwischen einer stolzen Vergangenheit und der bitteren Realität der Gegenwart sieht er als eine der Hauptquellen für Ressentiments gegen den Westen. Eine Dauerkränkung der islamischen Welt sozusagen, entstanden aus dem subjektiven Gefühl, von der Welt und der Geschichte ungerecht behandelt worden zu sein. Diese Kränkung, gepaart mit einer Überhöhung der Vergangenheit, ist ein wichtiger Motor des islamischen Faschismus.

Eckpfeiler des Ur-Faschismus

Der italienische Literat, Semiotiker und Philosoph Umberto Eco listet in seinem Werk »Vier moralische Schriften« vierzehn Merkmale des Ur-Faschismus auf. Eines dieser Merkmale ist der »Kult der Überlieferung«: Es kann keinen Fortschritt des Wissens geben, da die Wahrheit bereits offenbart wurde. Nicht um eigenständiges Denken und Lernen geht es also, schon gar nicht um eine kritische Analyse, sondern um das strikte Befolgen der offenbarten Botschaft.

Dieser »Kult der Überlieferung« ist ein zentraler Aspekt des islamischen Denkens: Es gilt die Unantastbarkeit des Koran, in dem alles Wissen enthalten ist. Der politische Islam fühlt sich mit einem Auftrag Gottes versehen, der, losgelöst von Zeit, Raum und Realität, erfüllt werden muss. Salafisten und Dschihadisten verteufeln eine zeitgemäße Interpretation der Texte, denn die Gebote Gottes dürfe der Mensch nicht umdeuten. Für sie spielt es keine Rolle, dass ein Muslim, der die heiligen Texte seiner Religion wortwörtlich nimmt, es oft schwer hat, sich in der modernen Welt zurechtzufinden, die ambivalent ist und sich ständig ändert. Die Moderne ist für sie per se Ausdruck dessen, wie weit der Mensch kommen kann, wenn er sich vom wahren Glauben entfernt hat.

Für Eco ist die Ablehnung von Moderne und Aufklärung ein weiteres Merkmal des Ur-Faschismus, das verbunden ist mit einem Hang zum Irrationalismus. Ablehnung von Kritik, Angst vor dem Fremden, Sexismus und Machismus sind weitere Kernpunkte. Der Faschismus lebe, so Eco, von der Obsession, »die anderen« hätten sich gegen einen verschworen. Zu diesem Verfolgungswahn gesellt sich ein permanentes Gefühl der Demütigung, des Zu-kurz-gekommen-Seins und ein daraus erwachsender Rachedurst. Hier wird der Kampf zum Selbstzweck. Denn es ist kein Kampf ums Überleben, sondern ein Leben für den Kampf. Eine Vorstellung, die sich eins zu eins im islamischen Dschihad-Prinzip findet. Der Dschihad wird im Islam nicht nur als Mittel der Selbstverteidigung, sondern als Dienst an Gott verstanden, der bis ans Ende aller Tage geleistet werden muss. Und am Ende dieser Tage wird die Weltherrschaft stehen, alle Feinde, alle Ungläubigen werden bekehrt oder ausgelöscht sein.

Eine weitere Parallele kann man mit folgender These zusammenfassen: Faschismus und Islamismus sind Krankheiten »verspäteter Nationen« oder solcher, die auf eine glorreiche Geschichte zurückblicken, sich nun aber in einem Prozess des Zerfalls befinden. Der Faschismus konnte sich zunächst in Italien durchsetzen, bevor er sich in anderen europäischen Staaten verbreitete. Warum gerade in Italien? Das Land befand sich zu diesem Zeitpunkt in einem unvollendeten Einigungsprozess, die politischen Parteien zerfleischten sich gegenseitig, man fühlte sich durch die Pariser Vorortverträge über den Tisch gezogen, die Wirtschaft lag am Boden, und die Furcht vor einer bolschewistischen Revolution ging um. Zudem war das Land zutiefst katholisch. Das Fundament der mächtigen Kirche fußte unter anderem auf Prinzipien wie Ehre, Hierarchie, Einheit, charismatischer Führung und absoluter Wahrheit. Elemente, die auch Eingang in den Faschismus fanden.

In Ländern, die auf eine lange Tradition als geeinte Nation unter dem Dach eines Staates zurückblicken können, wie etwa England und Frankreich, entstanden im Zuge des erstarkenden Nationalismus Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts zwar ebenfalls nationalistische und faschistische Bewegungen. Auf politischer Ebene allerdings erlangten sie kaum Bedeutung. Der Historiker Ernst Nolte sieht die französische militant-katholische Bewegung »L’Action française«, die im Jahr 1898 gegründet wurde, als Vorbild für die faschistischen Bewegungen, die später in Italien und Deutschland entstanden. Die Bewegung wollte im Sinne der katholischen Kirche die Moderne stoppen und zu einer christlich-konservativen Gesellschaftsordnung zurückkehren. Es gelang ihr jedoch nie, eine Massenbewegung zu werden. Und mit der Besetzung Frankreichs durch die Wehrmacht verlor sie endgültig ihre Bedeutung.

In Großbritannien gründete Oswald Mosley drei Jahre nach der schweren Weltwirtschaftskrise des Jahres 1929 die »British union of fascists«. Nach eigenen Angaben hatte sie 50000 Mitglieder, Mosley bereiste Italien, um den Faschismus zu studieren, und ließ später nach dem Vorbild der SS eine schwarze Parteiuniform entwerfen. Nach dem Röhm-Putsch und vor allem dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs verlor seine Bewegung ebenfalls massiv an Rückhalt.

Nur in den verspäteten Nationen Italien und Deutschland zündete der Faschismus, seine Anhänger übernahmen das Ruder und verführten die Massen. Man könnte den italienischen Faschismus als Vollendung jenes italienischen Einigungsprozesses sehen, den Mazzini und Garibaldi im 19. Jahrhundert begonnen hatten. Das italienische Wort fascio leitet sich vom lateinischen fasces her, was »Bund« oder »Bündel« bedeutet. Gemeint ist ein Rutenbündel, mit dem zunächst königliche Leibwachen, später Amtsdiener und Staatsbeamte den römischen Imperatoren voranschritten. Dieses Machtsymbol war sowohl ein Zeichen der Einheit als auch ein potenzielles Züchtigungsinstrument zur Bestrafung von Abtrünnigen und Verbrechern. Als Benito Mussolini 1919 seine »Fasci di Combattimento« gründete, beschwor er die Erinnerung an die Weltmachtstellung des Römischen Reiches, das er nun wiederherstellen wolle.

Der deutsche Faschismus entstand ebenfalls in einer Phase der Zerrüttung. Der »Schandvertrag« von Versailles, die Schwäche von Wirtschaft und gemäßigten Parteien – um nur einige Punkte zu nennen – bildeten einen guten Nährboden. Der Nationalsozialismus schien das Versprechen zu sein, der geplatzte imperialistische wilhelminische Traum von einem »Platz an der Sonne« für Deutschland ließe sich wiederbeleben. Die Schmach der Niederlage im Ersten Weltkrieg könne getilgt, die Nation wiedergeboren werden, um dann auf die zurückzuschlagen, die einen in jüngster Vergangenheit gedemütigt hatten. Eine krude Mischung aus Ohnmacht und Allmachtsphantasien, die das perfekte Klima für den Aufstieg der Nationalsozialisten schuf.

Diese Mischung aus Ohnmacht und Allmachtsglaube findet sich auch im Islamismus. Da der Islam erst sechshundert Jahre nach dem Christentum in die Welt kam, kann man ihn als verspätete Religion bezeichnen, die heute das eigene Mittelalter erlebt. Nach islamischer Zeitrechnung befinden wir uns derzeit im Jahr 1435. Die meisten muslimischen Länder können wie Deutschland und Italien auch als verspätete Nationen bezeichnet werden, die sich seit dem Zerfall des Osmanischen Reiches und der späteren Entkolonialisierung nicht wirklich zwischen dem modernen Nationalstaat, der Verhaftung in alten Stammesstrukturen und dem Gottesstaat entscheiden konnten. Die widersprüchliche Mischung aus diesen drei Herrschaftssystemen lässt die meisten islamischen Staaten seit Jahrzehnten in Stillstand verharren. In Staaten mit einer (Militär-)Diktatur oder solchen, in denen man vorsichtig eine Annäherung an die Moderne wagt, formieren sich Islamisten als politische Alternative.

Das 20. Jahrhundert erlebte eine heftige Konterrevolution gegen die Moderne und das Gedankengut der Aufklärung: Sowohl Ernest Gellner als auch Ernst Nolte sehen den Islamismus nach dem Faschismus und dem Bolschewismus als die dritte Widerstandsbewegung gegen die Moderne. Alle drei Bewegungen haben sich zwar der technischen Errungenschaften der Moderne bedient, doch wehrten sie sich vehement gegen zentrale Eckpfeiler der Aufklärung: Vernunft, persönliche Freiheit und Freiheit des Denkens, Individualität, Menschenrechte, die Autonomie des menschlichen Körpers sowie die Meinungs- und Pressefreiheit wurden von allen drei Bewegungen als Gefahr gesehen. Der Übergang von der ländlichen zur urbanen Gesellschaft schien einherzugehen mit dem Zerfall der Gemeinschaft, die ein wichtiges Element totalitärer Systeme ist. Herkunft und/oder eine gemeinsame Ideologie sollten neue Gemeinschaften formen. Ausgangspunkt für diese Bestrebungen ist oft der ländliche Raum, der beinahe mythisch überhöht wird. Ein antiurbaner Diskurs ist bezeichnend für alle drei Bewegungen. Für den Bolschewiken war die Stadt der Ort, an dem das Proletariat ausgebeutet wurde. Für die Nazis war das Berlin der Goldenen Zwanziger Sinnbild für den Niedergang traditioneller Werte. Und für die Islamisten ist die Stadt ein Ort der Sünde und des Sittenverfalls.

Da, wo Faschisten, Kommunisten oder Islamisten die Macht übernahmen, verwandelten sich die Gesellschaften in Freiluftgefängnisse, deren »Insassen« – die Bürger – ständig überwacht wurden. Vielfalt wurde und wird als Gefahr betrachtet, ein gesellschaftlicher Konsens durch Gewalt und Einschüchterung künstlich erzwungen. Es gilt die eine, die einzig wahre Ideologie, Andersdenkende werden als Verräter und Nestbeschmutzer abgestempelt, im schlimmsten Fall liquidiert.

Um Kritik von innen vorzubeugen, schüren totalitäre Systeme Angst, indem sie ein Bedrohungsszenario entwerfen. Das Land oder die Gesellschaft befinde sich in einem Kampf mit einem realen oder imaginären Feind. Die Nazis waren in dieser Hinsicht recht kreativ: Juden und Kommunisten bedrohten die Deutschen von innen, später kamen die Alliierten als Bedrohung von außen dazu. Die Sowjetunion wechselte im Laufe ihrer Geschichte den äußeren Feind: Erst waren es die Nazis, dann der demokratische Westen. Die Dissidenten im kommunistischen Reich waren die inneren Feinde, die angeblich den gesellschaftlichen Zusammenhalt bedrohten und mit dem Westen kollaborierten.

Für die Islamisten gab und gibt es die immer gleichen drei Feinde: den Westen als fernen Feind, Israel als nahen. Den inneren Feind findet man unter Häretikern, Reformern und säkularen Denkern und Politikern, die allesamt als verlängerter Arm des Westens gelten. Da, wo der islamische Faschismus die Macht übernommen hat, wie im Iran, im Sudan, in Nigeria, Somalia und Gaza, sind brutale Diktaturen entstanden, die ihre Macht bis heute nicht wieder abgegeben haben. Da, wo der Islamismus vom »Regierungssessel« verdrängt wurde, verwandelten sich die Islamisten in Terroristen und überzogen ihre Länder mit Gewalt und Verwüstung wie in Algerien, Afghanistan, Mali und Libyen. Ein Schicksal, das nun auch Ägypten und Syrien droht.

Dennoch gilt der politische Islam einer breiten Bevölkerungsschicht in muslimischen Gesellschaften als Hoffnungsträger. Das liegt unter anderem daran, dass weder die Massen noch die politischen Eliten in diesen Ländern zugeben wollen, dass sie gescheitert sind und nicht imstande waren, eine eigene Alternative zur westlichen Demokratie zu entwerfen. Vor allem in der arabischen Welt verhinderte gekränkter Stolz eine Aufarbeitung der eigenen Geschichte und eine fruchtbare Zusammenarbeit mit dem Westen. Stattdessen richteten sich viele islamische Staaten häuslich in ihrer Opferrolle ein und trieben eine kollektive Erziehung zum Hass gegen den Westen voran. Von diesem Hass zehren sowohl säkulare Diktaturen als auch deren islamistische Widersacher. Eine frustrierte, orientierungslose und vor allem wütende Generation ist ein Ergebnis dieser Erziehung. Die einen finden ein Ventil für ihren Ärger im Aufstand gegen die herrschende Elite. Die anderen finden Zuflucht und Trost bei den Islamisten.

Die anfangs friedliche Massenbewegung des »arabischen Frühlings« wurde so zu einer Konfrontation zwischen letztlich unversöhnlichen Blöcken, die ich den »inneren Kampf der Kulturen« nenne. Es ist nicht der vielfach beschworene Kampf zwischen dem Westen und der islamischen Welt, sondern ein innerarabischer, ein innerislamischer. Man kann sich die islamische Welt als eine multiple Diktatur vorstellen, als eine »Diktatur-Zwiebel«, die aus mehreren Schichten besteht: Es gibt die Klan-Diktatur, repräsentiert von den Familien Mubarak, Gaddafi, Hussein, Bin Ali oder Assad. Als nächste Schicht kommt die Militärdiktatur. Es folgt die religiöse Diktatur, die die Bildung und Erziehung bestimmt. Die letzte Schicht ist die soziale Diktatur, die mit ihren archaischen Rollenvorstellungen das Leben innerhalb der Familie prägt.

Jede Zwiebelschicht ist eine hohe Mauer, die die islamische Welt von der übrigen Welt isoliert, eine Mauer, die angeblich die eigene Identität schützen soll. Die jungen Menschen, die auf der Straße demonstrieren, schälen eine Schicht der Zwiebel ab – und stoßen sofort auf die nächste. Am Ende wird vielleicht nur der Kern der Zwiebel übrig bleiben: die Religion. Es ist fraglich, ob der Mut der jungen Menschen ausreichen wird, an der Allmachtsstellung der Religion zu rütteln. Wenn ihnen das tatsächlich gelungen ist, werden sie erkennen, dass diese Zwiebel nur aus Angst besteht und dass es hinter all diesen Schichten nichts gibt, das es zu bewahren gilt. Erst dann kann man wirklich von einer Revolution sprechen. Bis dahin werden sich die totalitären Grundzüge des Islam weiter ausprägen und sich auch in Kreisen verbreiten, in denen Religion bislang nicht die Hauptrolle gespielt hat.

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Kapitel 2

Die Muslimbrüder – Reformer oder Vertreter des faschistischen Islamismus?

Manche Islamwissenschaftler bezeichnen die Muslimbruderschaft, eine der einflussreichsten sunnitisch-islamistischen Bewegungen im Nahen Osten, als »soziale Reformbewegung«, die der Gewalt längst abgeschworen habe.

Es sind die gleichen Experten, die vom »moderaten Islamismus« sprechen, der angeblich mit der Demokratie vereinbar sei. Als Beispiele für diesen moderaten Islamismus werden immer wieder Erdogan und seine islamistische Partei AKP in der Türkei genannt, Raschid al-Ghannouchi und seine al-Nahda-Partei in Tunesien oder auch die Muslimbruderschaft in Ägypten. Auch wenn diese drei Parteien mittlerweile als korrupt und antidemokratisch entzaubert wurden, wollen manche Experten ihre Hoffnung nicht aufgeben, dass der moderate Islamismus doch irgendwo auf der Welt existiert.

Sie übersehen dabei die Tatsache, dass ein Islamist, egal welche politische Färbung oder Tarnung er hat, nur ein Motiv kennt, wenn er in die Politik geht: Er will die islamistische Gesellschaftsordnung und die Gesetze der Scharia durchsetzen, spätere Weltherrschaft nicht ausgeschlossen. Im tiefsten Inneren verachtet er die Demokratie und betrachtet sie lediglich als ein Mittel, um an die Macht zu gelangen. Erdogan hat das Scheitern seines Lehrers Necmettin Erbakan erlebt, als dieser versuchte, an den türkischen Institutionen vorbei einen Gottesstaat zu errichten. Also hat er sich entschieden, diese Institutionen nicht zu umgehen, sondern zu unterwandern. Am Anfang gab er sich als säkularer, prowestlicher Politiker, der die Korruption bekämpfen und die Wirtschaft reformieren wollte. Erst Jahre nach seiner Wahl zum Regierungschef und erst nachdem ihm die Unterwanderung der wichtigsten Institutionen des Landes und das Ausschalten des Militärs gelungen war, zeigte er seine totalitären Absichten. Seine autoritäre, imperialistische und letztlich antiwestliche Haltung wurde immer deutlicher. Auf den Korruptionsskandal, der seine Regierung im Dezember 2013 erschütterte, reagierte Wirtschaftsminister Caglayan mit Verschwörungstheorien: Es handle sich um ein »dreckiges Komplott gegen unsere Regierung, unsere Partei, unser Land«. Ausländische Geheimdienste, Zionisten und die Finanzlobby steckten hinter dem Skandal, weil sie auf die wirtschaftliche Entwicklung der Türkei neidisch seien. Der Reflex, mit solchen Verschwörungstheorien von den eigentlichen Problemen abzulenken, ist auch eines der Merkmale des Ur-Faschismus.

Die Muslimbrüder versuchten mehrmals, in Ägypten mit Gewalt an die Macht zu gelangen. Demokratische Wahlen galten ihnen früher als Gotteslästerung, da die Souveränität niemals beim Volk, sondern immer nur bei Gott liegen könne. Mit Gewalt allein hatten sie ihr Ziel nicht erreichen können. Deshalb änderten sie ihre Haltung zu Wahlen, doch ihre Einstellung zur Demokratie blieb dieselbe. Sie gewannen 2012 die Wahlen in Ägypten, scheiterten aber nach einem Jahr Regierungszeit kläglich. Statt die Schuld bei sich zu suchen, wurden Feinde des Islam im In- und Ausland für dieses Scheitern verantwortlich gemacht. Im Dezember 2013 schließlich wurden führende Köpfe der Muslimbrüder vor Gericht gestellt. Der Vorwurf: Sie hätten zur Tötung von Demonstranten aufgerufen. Allein diese Tatsache zeigt, dass der moderate Islamismus der Bruderschaft nichts als ein Mythos ist, sondern dass hier mit Methoden gearbeitet wird, die man auch von faschistischen Bewegungen kennt. Kritiker, Abtrünnige, Andersdenkende müssen eliminiert werden, da sie eine Bedrohung von innen darstellen.

Die Muslimbruderschaft weist seit ihrer Gründung im Jahr 1928 faschistische Züge auf. Wie alle faschistischen Bewegungen handelt sie mit zwei Waren: Wut und Blut. In den nunmehr 86 Jahren ihrer Existenz haben die Muslimbrüder keine Lösungsansätze und keine Zukunftspläne für Ägypten oder einen anderen islamischen Staat entwickelt, und dennoch wollen sie diese Länder regieren. Alle, die mit ihnen kooperieren wollen, müssen das Motto der Bruderschaft annehmen: Der Prophet ist unser Anführer, der Koran ist unsere Verfassung, der Dschihad ist unser Weg, und das Sterben für Allah ist unser höchstes Ziel. Egal, in welchem vermeintlich moderaten Gewand sie daherkommt – allein diese vier Eckpunkte ihres Mottos entlarven sie als faschistoide Organisation. Und weil gilt: Wer nicht für uns ist, ist gegen uns, kann man in der Muslimbruderschaft auch die Mutterorganisation des islamistischen Terrorismus sehen. Al-Qaida ist eine ihrer Ausgeburten.

Der Geist, aus dem all das entsprungen ist – selbst die Epoche –, ist der gleiche, in dem auch die nationalsozialistische Ideologie ihre verheerende Wirkung entfaltete. Wobei die Wurzeln dieses Geistes noch viel weiter zurückreichen.

 

Das Ende des Ersten Weltkriegs besiegelte das Ende vieler Großmächte. Die Häuser Habsburg und Preußen waren geschlagen, die imperialistischen Träume Österreich-Ungarns und des Deutschen Reiches geplatzt. Der russische Zar und seine Familie wurden ermordet, an die Stelle der Monarchie traten die roten Revolutionäre. Das damals längst angeschlagene Osmanische Reich zerfiel im Jahr 1924