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Mit dem Werkbeitrag aus Kindlers Literatur Lexikon. Mit dem Autorenporträt aus dem Metzler Lexikon Weltliteratur. Mit Daten zu Leben und Werk, exklusiv verfasst von der Redaktion der Zeitschrift für Literatur TEXT + KRITIK. Die Texte des Bandes ›Betrachtung‹, die experimentellen filmischen Kurzsequenzen ähneln, kann man als einen fulminanten Auftakt zu Kafkas späteren Werken bezeichnen. Unmerklich gleitet die Darstellung vom Realen ins Surreale über. Es herrscht die Logik des Traums. »Ich könnte mir sehr gut einen denken, dem dieses Buch in die Hand fällt und der von Stund an sein ganzes Leben ändert, ein neuer Mensch wird« (Max Brod).
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Seitenzahl: 36
Veröffentlichungsjahr: 2010
Franz Kafka
Die Texte des Bandes ›Betrachtung‹, die experimentellen filmischen Kurzsequenzen ähneln, kann man als einen fulminanten Auftakt zu Kafkas späteren Werken bezeichnen. Unmerklich gleitet die Darstellung vom Realen ins Surreale über. Es herrscht die Logik des Traums. »Ich könnte mir sehr gut einen denken, dem dieses Buch in die Hand fällt und der von Stund an sein ganzes Leben ändert, ein neuer Mensch wird« (Max Brod).
Weitere Informationen finden Sie auf www.fischerverlage.de
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2010
Covergestaltung: Stefan Gelberg
Coverillustration: Franz Kafka, Archiv S. Fischer
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Dieses Ebook ist urheberrechtlich geschützt.
ISBN 978-3-10-401094-6
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Der Kaufmann
Anhang
Editorische Notiz
Daten zu Leben und Werk
Abkürzungen und Siglen
Nachbemerkung
Franz Kafka, ›Betrachtung‹
Franz Kafka
Es ist möglich, daß einige Leute Mitleid mit mir haben, aber ich spüre nichts davon. Mein kleines Geschäft erfüllt mich mit Sorgen, die mich innen an Stirne und Schläfen schmerzen, aber ohne mir Zufriedenheit in Aussicht zu stellen, denn mein Geschäft ist klein.
Für Stunden im voraus muß ich Bestimmungen treffen, das Gedächtnis des Hausdieners wachhalten, vor befürchteten Fehlern warnen und in einer Jahreszeit die Moden der folgenden berechnen, nicht wie sie unter Leuten meines Kreises herrschen werden, sondern bei unzugänglichen Bevölkerungen auf dem Lande.
Mein Geld haben fremde Leute; ihre Verhältnisse können mir nicht deutlich sein; das Unglück, das sie treffen könnte, ahne ich nicht; wie könnte ich es abwehren! Vielleicht sind sie verschwenderisch geworden und geben ein Fest in einem Wirtshausgarten und andere halten sich für ein Weilchen auf der Flucht nach Amerika bei diesem Feste auf.
Wenn nun am Abend eines Werketages das Geschäft gesperrt wird und ich plötzlich Stunden vor mir sehe, in denen ich für die ununterbrochenen Bedürfnisse meines Geschäftes nichts werde arbeiten können, dann wirft sich meine am Morgen weit vorausgeschickte Aufregung in mich, wie eine zurückkehrende Flut, hält es aber in mir nicht aus und ohne Ziel reißt sie mich mit.
Und doch kann ich diese Laune gar nicht benützen und kann nur nach Hause gehn, denn ich habe Gesicht und Hände schmutzig und verschwitzt, das Kleid fleckig und staubig, die Geschäftsmütze auf dem Kopfe und von Kistennägeln zerkratzte Stiefel. Ich gehe dann wie auf Wellen, klappere mit den Fingern beider Hände und mir entgegenkommenden Kindern fahre ich über das Haar.
Aber der Weg ist zu kurz. Gleich bin ich in meinem Hause, öffne die Lifttür und trete ein.
Ich sehe, daß ich jetzt und plötzlich allein bin. Andere, die über Treppen steigen müssen, ermüden dabei ein wenig, müssen mit eilig atmenden Lungen warten, bis man die Tür der Wohnung öffnen kommt, haben dabei einen Grund für Ärger und Ungeduld, kommen jetzt ins Vorzimmer, wo sie den Hut aufhängen, und erst bis sie durch den Gang an einigen Glastüren vorbei in ihr eigenes Zimmer kommen, sind sie allein.
Ich aber bin gleich allein im Lift, und schaue, auf die Knie gestützt, in den schmalen Spiegel. Als der Lift sich zu heben anfängt, sage ich:
»Seid still, tretet zurück, wollt Ihr in den Schatten der Bäume, hinter die Draperien der Fenster, in das Laubengewölbe?«
