Der kleine Vampir und die Frage aller Fragen - Angela Sommer-Bodenburg - E-Book

Der kleine Vampir und die Frage aller Fragen E-Book

Angela Sommer-Bodenburg

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Beschreibung

Seit dreihundertdreiundvierzig Nächten hat Anton seine Freunde, den kleinen Vampir Rüdiger von Schlotterstein und dessen Schwester Anna, nicht mehr gesehen. Umso größer ist Antons Freude, als Anna eines Nachts auf seinem Fensterbrett sitzt. Als Obervampirin hat Anna eine Menge neuer Aufgaben und bittet Anton, ihr den Sommer über zur Seite zu stehen. Das kommt Anton wie gerufen, denn seit seine Eltern sich getrennt haben, haben sie kaum noch Zeit für ihn. Mit Anna aber versprechen es aufregende Ferien voller Abenteuer zu werden! Doch da ist auch noch die Frage aller Fragen, die Anna ihm nur dreimal stellen kann – und die Anton vor eine endgültige, unwiderrufliche Entscheidung stellt: Will er selbst zum Vampir werden? Der spannende letzte Band der erfolgreichen Serie um den kleinen Vampir Rüdiger, seinen Freund Anton und Anna von Schlotterstein!

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Seitenzahl: 198

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Angela Sommer-Bodenburg

Der kleine Vampir und die Frage aller Fragen

Bilder von Amelie Glienke

Ihr Verlagsname

Über dieses Buch

Seit dreihundertdreiundvierzig Nächten hat Anton seine Freunde, den kleinen Vampir Rüdiger von Schlotterstein und dessen Schwester Anna, nicht mehr gesehen. Umso größer ist Antons Freude, als Anna eines Nachts auf seinem Fensterbrett sitzt. Als Obervampirin hat Anna eine Menge neuer Aufgaben und bittet Anton, ihr den Sommer über zur Seite zu stehen. Das kommt Anton wie gerufen, denn seit seine Eltern sich getrennt haben, haben sie kaum noch Zeit für ihn. Mit Anna aber versprechen es aufregende Ferien voller Abenteuer zu werden! Doch da ist auch noch die Frage aller Fragen, die Anna ihm nur dreimal stellen kann – und die Anton vor eine endgültige, unwiderrufliche Entscheidung stellt: Will er selbst zum Vampir werden?

Über Angela Sommer-Bodenburg

Angela Sommer-Bodenburg hat Pädagogik, Soziologie und Psychologie studiert. Sie war zwölf Jahre Grundschullehrerin in Hamburg und lebt in Silver City, New Mexico, USA, wo sie schreibt und malt. Ihre Erfolgsserie «Der kleine Vampir» wurde in 34 Sprachen übersetzt. Es gibt Musicals, Theaterstücke und Hörspiele zur Serie, außerdem wurde sie zweimal für das Fernsehen verfilmt. Im Jahr 2000 kam eine internationale Großproduktion auf die Kinoleinwand.

 

Veröffentlichungen (Auswahl):

«Der kleine Vampir» Bd. 1–21, «Anna von Schlottersteins Nächtebuch», «Wenn du dich gruseln willst», «Die Moorgeister», «Julia bei den Lebenslichtern», «Schokolowski», «Hanna, Gottes kleinster Engel», «Jeremy Golden und der Meister der Schatten», außerdem Bilderbücher und Lyrikbände

 

AngelaSommer-Bodenburg.com

 

Amelie Glienke:

Inhaltsübersicht

WidmungDie Personen dieses BuchesRüdiger7 mal 7 mal 7 NächteDie Frage aller FragenEin schlaues kleines PersönchenDas ganze Leben ist eine ReiseEltern sind nun mal ElternAlle Wege führen nach RomNur das, was man aufgibt, ist verlorenJeder Tag zähltAntons AbschiedsbriefGänsehautDie verbotene SalbeDas Tor zur Welt der VampireTurtelspatzenVilla MitternachtTante Dorothees SpionIm KellergewölbeDas HimmelbettZwielichtKlaraDer ProfessorDie BibliothekEin magischer OrtDer Untergang der VampireWartet denn keiner auf dich?Einer von unsSchwesternDie Geheimnisse der VillaVergiss deinen Vampirumhang nichtWie in alten Tagen – äh, NächtenEine Einladung an alle VampireDu siehst süß aus, wenn du schläfstBücher sind dazu da, gelesen zu werdenBeziehungenWie ein ZombieOlgas Chambre séparéeHugo der HaarigeBis die Sonne aufgehtDie Nacht der EntscheidungAntons eigene Frage

Dieses Buch ist für alle,

die es kaum erwarten können,

dass ihnen endlich die

Frage aller Fragen

gestellt wird.

 

Und natürlich für

Burghardt Bodenburg, der

die Frage aller Fragen

längst beantwortet hat.

Angela Sommer-Bodenburg

Die Personen dieses Buches

Anton

Anton Bohnsack liest gern Vampirgeschichten. Durch seine Freundschaft mit Rüdiger und Anna von Schlotterstein erfährt Anton viel über die wahre Existenz der Vampire. Doch er lernt auch, dass es sehr gefährlich sein kann, mit Vampiren befreundet zu sein.

Antons Eltern

Antons Vater glaubt nicht an Vampire. Er hält Rüdiger und Anna für zwei ganz normale Kinder, die sich nur als Vampire verkleiden. Antons Mutter dagegen ist der Wahrheit schon mehrmals sehr nahe gekommen. Antons Vater arbeitet im Büro, seine Mutter ist Lehrerin.

Rüdiger

Rüdiger, der kleine Vampir, ist seit mindestens 150 Jahren Vampir. Dass er klein ist, hat einen einfachen Grund: Er ist schon als Kind Vampir geworden. Rüdiger liest gern – am liebsten Vampirbücher mit einem Happy End für Vampire! Als Vampir muss er auf seinen eigenen Vorteil bedacht sein. In brenzligen Situationen verdrückt er sich gern und schickt andere vor. Aber wenn es wirklich darauf ankommt, lässt er seinen Freund Anton nicht im Stich.

Anna

Anna ist Rüdigers Schwester – seine «kleine» Schwester, wie er gern betont. Dabei ist Anna fast so stark wie Rüdiger, nur mutiger und unerschrockener als er. Sie liest am liebsten Vampir-Liebesgeschichten! Elisabeth die Naschhafte hat Anna zu ihrer Nachfolgerin als Obervampirin bestimmt.

Lumpi

Lumpi ist in der Pubertät Vampir geworden. Deshalb hat er eine mal hoch, mal tief krächzende Stimme. Schlimm ist nur, dass er aus diesem schwierigen Alter nie herauskommen wird. Aufgrund seiner Reizbarkeit stellt er für Anton eine ständige Bedrohung dar.

Olga

Olga Fräulein von Seifenschwein ist die Nichte von Tante Dorothee. Sie wohnte einst in einem transsylvanischen Schloss und musste mit ansehen, wie ihre Eltern von Vampirjägern vernichtet wurden. Von diesem Trauma hat sie sich nie völlig erholt. Olga ist sehr hochnäsig und eingebildet und versteht es, andere auszunutzen.

Tante Dorothee

Tante Dorothee ist einer der blutrünstigsten Vampire und wird allgemein gefürchtet. Ihr nach Sonnenuntergang zu begegnen, kann lebensgefährlich werden. Von den erwachsenen Vampiren ist sie die Einzige, die sich stärker um die Vampirkinder kümmert.

7 mal 7 mal 7 Nächte

Vor fünf Tagen hatten für Anton die Sommerferien angefangen. Doch diesmal war alles anders. Nach einem furchtbaren Ehekrach hatten sich Antons Eltern getrennt, und nun wohnte er abwechselnd bei seinem Vater in der alten Wohnung und bei seiner Mutter in ihrer neuen Wohnung.

Zuhause, richtig zu Hause, fühlte sich Anton aber nirgendwo mehr.

Und seit die Sommerferien begonnen hatten, lag er in seinem alten Zimmer auf dem Bett und tat … gar nichts!

Sein Vater nannte es «Löcher in die Luft starren». Aber diesen Ausdruck fand Anton schon viel zu dynamisch.

«Mir ist einfach danach, nichts zu tun», hatte er gesagt, als sein Vater immer wieder mit neuen Vorschlägen kam, was sie alles unternehmen sollten.

Zum Kegeln wollte sein Vater mit ihm gehen, ins Schwimmbad, ins Kino, ins Theater, ins Museum …

Doch Anton hatte jedes Mal nur müde abgewinkt.

«Du bist wirklich ein fauler Geselle!», hatte sein Vater schließlich verärgert gesagt.

Damit hatte er Anton aber keineswegs gekränkt. Es stimmte ja: Er war im Moment tatsächlich sehr faul. Abends schaffte er es oft noch nicht mal, sich auszuziehen. Dann schlief er in den Sachen ein, die er den ganzen Tag getragen hatte.

«In deinen Ferien sollst du all das unternehmen, was dir Spaß macht und wofür du sonst keine Zeit hast!», hatte ihm sein Vater vorgehalten.

«Aber genau das macht mir Spaß. Und genau das kann ich in der Schulzeit nie: faul sein!», hatte Anton gesagt.

Danach hatte ihn sein Vater in Ruhe gelassen.

Besonders toll war das Faulsein dann aber doch nicht. Überhaupt war nichts mehr wirklich toll in seinem Leben …

Anton blickte zum offenen Fenster. Inzwischen war es dunkel geworden. Doch er hatte sich nicht die Mühe gemacht, seinen Arm auszustrecken und die Lampe einzuschalten.

Und so zuckte er erschrocken zusammen, als er im Winkel des Fensters eine kleine, in einen schwarzen Umhang gehüllte Gestalt entdeckte. Auch ein ungewöhnlicher Geruch fiel ihm auf.

«Rüdiger?» Plötzlich hatte Anton Herzklopfen.

«Nein!», kam die Antwort.

Dann ertönte ein Kichern, und dieses Kichern kannte Anton. Es musste Anna sein, die Schwester des kleinen Vampirs Rüdiger von Schlotterstein!

«Guten Abend, Anton», sagte sie und hüpfte ins Zimmer.

Anton konnte sie nur schemenhaft erkennen. Aber er sah das Weiß in ihren Augen leuchten. Und als Anna sich jetzt seinem Bett näherte und lächelte, sah er noch etwas weiß aufleuchten: ihre Vampirzähne.

Anna blieb stehen und sagte: «Ich hab dich gar nicht gefragt, ob ich reinkommen darf, Anton.»

«Das tust doch noch nie», antwortete er.

«Du hast recht», sagte sie. «Aber jetzt ist einiges anders.»

«Nicht nur einiges …» Er stieß einen tiefen Seufzer aus.

«Was meinst du damit?», fragte Anna.

«Nichts.» Anton fürchtete, schon zu viel von sich preisgegeben zu haben.

Er drehte den Kopf zur Wand.

«Darf ich mich setzen?», hörte er Annas Stimme.

«Solange du dich nicht auf mein Bett setzt», antwortete er.

«Ich hab mich auf deinen Stuhl gesetzt», sagte sie. «Auf den lustigen. Den, der sich dreht!»

Anton fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen.

Merkwürdig … seine Augen waren auf einmal ganz nass! Und er hatte keine Ahnung, warum.

«Weinst du?», fragte Anna.

Wie alle Vampire konnte sie im Dunkeln ausgezeichnet sehen.

«Nein», behauptete Anton.

«Und ich dachte, du freust dich über meinen Besuch!», sagte Anna.

«Ich freu mich doch auch», antwortete er.

Dabei klang seine Stimme so quakig – wie ein Frosch im Teich –, dass er lachen musste.

«Es sind Freudentränen», sagte er schnell.

Jetzt gab auch Anna ein Schniefen von sich und wischte sich über die Augen.

«Es ist wirklich lange her, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben», sagte sie.

«Jahre!», übertrieb Anton absichtlich.

«Nein, so lange war es nicht», widersprach sie. «Es waren genau 7 mal 7 mal 7 Nächte!»

«7 mal 7 mal 7 Nächte?» Anton versuchte auszurechnen, wie viel das ergab. Kopfrechnen war nicht gerade seine Stärke …

«Es waren dreihundertdreiundvierzig Nächte», sagte Anna. «Und du kannst mir glauben: Ich hab dich jede Nacht vermisst. Jede einzelne Nacht.»

«Ich dich auch», sagte er.

Dass er Rüdiger, den kleinen Vampir, ebenso sehr vermisst hatte, behielt er allerdings für sich. Aus Erfahrung wusste er, wie empfindlich Anna war.

«Wieso bist du nicht zu mir gekommen, wenn du mich vermisst hast?» Ein leiser Vorwurf lag in Annas Stimme.

Durch das Fenster fiel ein Streifen Mondlicht ins Zimmer, und nun konnte Anton ihr Gesicht erkennen. Anna sah so bezaubernd aus wie immer, aber irgendwie hatte sie sich verändert.

«Hast du mein Päckchen nicht geöffnet?», fragte sie, als Anton keine Antwort gab.

«Doch», sagte er.

Nachdem Anna sich von ihm verabschiedet hatte, weil sie als Nachfolgerin von Elisabeth der Naschhaften Obervampirin werden sollte, hatte er eines Morgens ein Päckchen auf seinem Fensterbrett entdeckt. In dem Päckchen hatte er Annas Nächtebuch gefunden, zusammen mit einem Brief und einer schwarzen Feder.

«Und mein Brief, der in dem Päckchen war – hast du den gelesen?», wollte Anna wissen.

«Natürlich», antwortete er.

«Und die schwarze Feder? Hast du die benutzt?» In Annas Stimme schwang Ungeduld mit. «In meinem Brief hatte ich geschrieben, dass die Feder ganz besondere Kräfte hat!»

«Ich hab sie benutzt.» Anton räusperte sich. «Ich hab die schwarze Feder in meine Hand gesetzt und gefragt, ob sie mir sagen kann, wo du bist.»

«Ja, und?»

«Sie hat Herkulesbad geschrieben.»

«Du hast also gewusst, wo ich war …» Anna stieß sich mit dem Fuß vom Boden ab und drehte sich mehrmals im Kreis. Anton fürchtete schon, der Drehstuhl könnte anfangen zu fliegen. Aber nur Annas Vampirumhang flatterte; weiter geschah nichts.

Nach einigen Drehungen brachte Anna den Stuhl zum Halten.

«Und trotzdem hast du dich von der Feder nicht zu mir nach Herkulesbad führen lassen!», sagte sie in beinahe anklagendem Ton.

Anton schwieg.

«Oder wolltest du nicht zu mir kommen?», fragte Anna. Wieder sah Anton ihre Vampirzähne aufblitzen.

«Ich weiß nicht», antwortete er wahrheitsgemäß. «Ich weiß eigentlich gar nichts mehr.»

Eine Pause trat ein.

Dann fragte Anna mit dem Blick auf Antons geschlossene Zimmertür, hinter der man die Geräusche des Fernsehers hörte: «Sind deine Eltern da?»

«Nein», sagte Anton.

«Aber der Fernseher läuft doch!»

«Nur mein Vater ist da. Meine Eltern haben sich getrennt.»

«Getrennt?»

«Ja.»

«Deine Mutter wohnt nicht mehr bei euch?»

«Nein. Und ich auch nicht.»

«Aber dies ist doch dein Zimmer», sagte Anna.

«Ich hab jetzt zwei Zimmer», erklärte Anton.

«Zwei Zimmer?»

«Ja. Das hier. Und noch eins bei meiner Mutter.»

«Wahrscheinlich hat Rüdiger dich deswegen nie getroffen», meinte Anna. «Er sagt, du kommst nicht mehr ans Fenster, wenn er bei dir klopft.»

«Ja, kann sein. Aber wir hatten auch Streit», sagte Anton.

«Davon hat Rüdiger mir nichts verraten», sagte sie. «Und worüber habt ihr euch gestritten?»

«Ach, das ist lange her», wehrte er ab.

«Ich möchte es aber wissen», sagte Anna.

«Es ging um Olga», antwortete er.

«Um Olga?», rief Anna erbost. «Ist sie wieder bei dir gewesen? Wollte sie dich zum zweiten Mal beißen?»

Anton überlief ein Schauer. Bei der Erinnerung an die Nacht der Letzten Verwandlung wurde ihm noch immer ganz sonderbar zumute. In jener Nacht war Olga so heimtückisch gewesen, seine Ohnmacht auszunutzen und ihn in den Hals zu beißen.

Vampir war Anton aber nicht geworden. Dazu hätte er selbst durch die Letzte Verwandlung gehen und aus dem goldenen Pokal der Vampire den Trank des Ewigen Lebens trinken müssen.

«Nein, sie war nicht hier», beruhigte er Anna. «Aber Rüdiger hat Olga in der Zwischenzeit alles verziehen. Er hat gesagt, Olga hätte mir einen Liebesdienst erwiesen, als sie mich gebissen hat!»

«Einen Liebesdienst?»

«Ja. Rüdiger hat behauptet, damit hätte sie mir das Ewige Leben schenken wollen. Pah! Olga hat mir gesagt, dass sie mich zu ihrem Sklaven machen wollte!»

«Dann hätte ich Olga aber die Augen ausgekratzt!», rief Anna und ballte die Fäuste.

«Ja, und da bin ich wütend geworden und hab gesagt, Rüdiger soll erst wiederkommen, wenn er sich bei mir entschuldigen will», erzählte Anton. «Und seitdem hab ich ihn nicht mehr gesehen.»

«Du weißt doch, dass Vampire sich nie entschuldigen», sagte Anna.

«Soll das heißen, du nimmst Rüdiger jetzt auch noch in Schutz?», empörte sich Anton.

«Nein, bestimmt nicht», antwortete Anna. «Aber es muss sehr traurig sein, seinen besten Freund zu verlieren.»

«Und ob!», bestätigte Anton düster.

Die Frage aller Fragen

«Hast du etwas dagegen, wenn ich Licht mache?», fragte Anton nach kurzem Schweigen.

«Nein», sagte Anna.

Er schaltete die Nachttischlampe ein.

«Du kannst also noch immer nicht im Dunkeln sehen», sagte sie.

«Nicht richtig», antwortete er.

«Dann ist ja alles bestens», meinte sie.

«Bestens?»

«Ja! Das ist es doch, was du wolltest, oder?»

«Ich … ich verstehe nicht, wovon du sprichst.» Er war aufgestanden.

«Du wolltest unter keinen Umständen Vampir werden. Davon spreche ich», sagte Anna.

«Ach, das.» Anton setzte sich aufs Bett.

Er musterte Anna. Ihr Haar, das sie nie so recht hatte bändigen können, war jetzt eine wilde Löwenmähne. Ihre Lippen waren dunkelrot. Offenbar hatte sie schon – gegessen.

«Ja, früher war ich fest entschlossen, kein Vampir zu werden», sagte er.

«Heißt das, du hast deine Meinung geändert?», fragte Anna.

«Wenn ich das wüsste.» Aufs Neue musste Anton lachen. Aber nach all den trübsinnigen Wochen, die hinter ihm lagen, fühlte sich das Lachen ungeheuer gut an. Richtig befreiend! «Anscheinend weiß ich heute Abend gar nichts mehr …»

«Manchmal verstehen wir unsere eigenen Wünsche nicht», sagte Anna. «Und wenn die Wünsche sich dann melden, schrecken wir vor ihnen zurück.»

Sie ließ ein paar Minuten verstreichen, bevor sie hinzufügte: «Aber du musst dich nicht sofort entscheiden.»

«Mich sofort entscheiden? Wofür?», fragte Anton.

«Ich bin hier, weil ich dir die Frage aller Fragen stellen will», sagte Anna mit ungewöhnlichem Ernst.

Anton zuckte zusammen. Eine schreckliche Erinnerung war in ihm wach geworden. Gleichzeitig begannen die Bissstellen an seinem Hals zu brennen und zu pochen.

«Die Frage aller Fragen?», wiederholte er mit rauer Stimme. «In der Nacht der Letzten Verwandlung wollte Olga –» Er sprach nicht weiter.

«Was wollte Olga?», rief Anna.

«Sie wollte mit mir über die Frage aller Fragen sprechen. Es wäre die Frage, die sie mir nur einmal stellen könnte, hat sie gesagt. Und ich täte gut daran, mich auf die richtige Antwort vorzubereiten.»

Anna wirkte plötzlich sehr erregt. Sie presste die Lippen zusammen, und Anton konnte förmlich sehen, wie es hinter ihrer Stirn arbeitete. «Aber Olga hat dir die Frage aller Fragen nicht gestellt, oder?»

«Nein», sagte Anton.

Anna ballte ihre Fäuste.

«Olga hat dich angelogen!», stieß sie hervor. «Die Frage aller Fragen kann dreimal gestellt werden. Erst nach dem dritten Mal kann sie nie wieder gestellt werden.»

Anton spürte einen Druck auf der Brust. «Und du … du willst mir jetzt die Frage aller Fragen stellen?»

«Ja!», sagte Anna.

«Aber du hast mich doch schon einige Male gefragt», wandte Anton ein.

«Die Frage aller Fragen hab ich dir noch nie gestellt», entgegnete sie. «Du denkst, wenn ich mich so ganz nebenbei erkundige, ob du Vampir werden möchtest, wäre das bereits die Frage aller Fragen?»

Er nickte.

Anna schüttelte energisch den Kopf.

«Die Frage aller Fragen muss in ihrer althergebrachten, überlieferten Form gestellt werden. Kein einziges Wort darf verändert werden.»

«Und … und wie lautet die Frage aller Fragen?», wollte Anton wissen.

«Heißt das, du möchtest ihren genauen Wortlaut hören?», fragte Anna.

«Äh – ja», sagte er.

Anna legte ihre Fingerspitzen an die Schläfen und schloss die Augen.

Eigentlich hatte Anton nur aus Neugier erfahren wollen, wie die geheimnisvolle Frage lautete. Aber nun wurde ihm auf einmal bewusst, dass Anna ihm die Frage aller Fragen wirklich und wahrhaftig stellen würde. Es lief ihm kalt den Rücken hinunter.

Ohne ihre Augen zu öffnen, begann Anna:

Willst du

Erwachen aus dem Traum, den man Leben nennt?

Willst du

Die Nacht erfahren, wie kein Mensch sie kennt?

Willst du

Mir folgen in die Ewigkeit?

So sprich:

Umarme mich,

Oh Dunkelheit,

Ich bin bereit!

In Antons Ohren sauste es. Erwartete Anna, dass er nun «Umarme mich, oh Dunkelheit, ich bin bereit» sagen würde? Aber das konnte er nicht, auf keinen Fall …

Anna hatte die Augen wieder geöffnet und schaute ihn an.

Das plötzliche Schweigen zwischen ihnen war seltsam und beunruhigend. Für einen Moment schien es Anton, als hätte sich vor ihm ein gefährlicher Abgrund aufgetan und als würde aus dem Abgrund etwas nach ihm greifen, das ihn mit sich in die Tiefe reißen wollte. Aber dann verstand er, dass es nur seine eigene Angst war, der er sich gegenübersah.

Jetzt lächelte Anna und sagte: «Wir haben keine Eile, Anton. Und du musst kein Vampir werden. Als neue Obervampirin stelle ich meine eigenen Regeln auf. Wenn ich will, dass du – als Mensch – unter uns lebst, müssen sich die Vampire fügen. Dann bist du ein Unberührbarer.»

«Das bin ich sowieso schon», sagte Anton. «Seit Olga mich gebissen hat, hat sich bei mir eine fürchterliche Sache entwickelt.»

«Was für eine fürchterliche Sache?», fragte Anna.

«Ich kann keine Handys und keine Computer mehr benutzen. Wenn ich es trotzdem tue, kriege ich rasende Kopfschmerzen, und in den Geräten blitzt und kracht es. Manche gehen sogar kaputt.» Anton seufzte. «Ich war ja schon immer etwas anders als die anderen. Aber jetzt bin ich der totale Außenseiter. Alle in meiner Klasse spielen auf ihren Tablets herum oder schicken sich Nachrichten mit ihren Handys – bloß ich nicht. Und an alldem ist Olga schuld!»

«Olgas Biss ist nicht der wahre Grund», sagte Anna.

«Nicht?»

«Nein. Erinnerst du dich, wie dir Elisabeth die Naschhafte in der Nacht der Letzten Verwandlung den Erinnerungsschlag gegeben hat?»

«Du meinst auf der Herzblattparade?», fragte Anton.

In der Nacht der Letzten Verwandlung hatte er mit Anna an der Herzblattparade der Vampire teilgenommen. Bei dieser Parade hatte ihn Elisabeth die Naschhafte – die damals die Obervampirin war – zweimal mit der Spitze des Schwertes Mjerkur berührt.

«Es war sehr egoistisch von mir», gestand Anna.

«Was war egoistisch?», fragte Anton.

«Mit dir an der Herzblattparade teilzunehmen. Als Mensch hättest du nie mit dem Schwert Mjerkur in Kontakt kommen dürfen – niemals! Aber das hab ich erst vor kurzem herausgefunden. Und was die Elektrogeräte betrifft … wir Vampire kriegen alle diese fürchterlichen Kopfschmerzen, wenn wir elektrische Geräte anfassen. Und deshalb bleiben wir ihnen fern.»

«Willst du damit sagen, dass ich doch ein Vampir bin?», rief Anton.

«Nein», antwortete Anna sanft. «Was ich damit sagen will, ist: Du stehst jetzt zwischen den Welten.»

«Zwischen den Welten?»

«Ja! Du bist ganz bestimmt kein Vampir. Aber ein Mensch bist du auch nicht mehr – nicht in derselben Weise wie früher.»

Während Anna das sagte, ertönten im Flur Schritte.

Dann klopfte es an der Tür, und sie hörten die Stimme von Antons Vater: «Was hältst du von einer Partie Schach, Anton? Oder Mühle? Oder Scrabble?»

In Antons Familie war es üblich, dass man anklopfte, bevor man eintrat, und so war Anna im Augenblick noch sicher.

«Mein Vater kommt bestimmt gleich ins Zimmer», warnte Anton sie. «Du solltest besser abfliegen!»

«Ich muss mich nicht verstecken», antwortete sie.

Wieder klopfte es an der Tür.

«Anton?», rief sein Vater. «Schläfst du?»

Darauf ging die Tür auf, und Antons Vater stand im Zimmer.

«Du hast Besuch …», sagte er. «Davon hatte ich natürlich keine Ahnung.»

«Guten Abend, Herr Bohnsack!» Anna erhob sich und streckte Antons Vater die Hand entgegen.

«Ach, du bist es, Anna.» Eher zögerlich ergriff Antons Vater Annas Hand. «Komisch. Ich hab gar nicht gehört, wie du geklingelt hast.»

Sie kicherte – und schwieg.

«Ich möchte ja nicht stören», sagte er. «Aber wenn ihr euch lange genug in die Augen geschaut habt, könnt ihr gern zu mir ins Wohnzimmer kommen.»

«Das ist sehr freundlich von Ihnen, Herr Bohnsack», sagte Anna. «Ich wollte sowieso mit Ihnen sprechen.»

«Du wolltest mit mir sprechen?»

«Ja! Wegen Anton.»

«Da bin ich aber gespannt», meinte er.

«Ich auch …», sagte Anton.

Ein schlaues kleines Persönchen

Im Wohnzimmer blickte sich Anna überrascht um. Aber es sah wirklich sehr verändert aus. Die Bücherregale fehlten, ebenso der Ohrensessel, die Blumen und die meisten Bilder. Sonderlich aufgeräumt wirkte das Wohnzimmer auch nicht mehr.

Hastig schob Antons Vater die Zeitungen und Zeitschriften zur Seite, mit denen der Sofatisch überhäuft war. Dann schaltete er den Fernseher aus.

Er machte eine einladende Geste und sagte: «Setz dich, Anna.»

Sie stieg über die Schuhe hinweg, die vor dem Sofa lagen, und setzte sich.

«Ich weiß, bei uns sieht es ein bisschen wie in einer Bärenhöhle aus. Aber Anton und ich sind seit einiger Zeit ein Junggesellenhaushalt», sagte er entschuldigend.

«Anton hat mir davon erzählt», sagte Anna. «Und bei mir zu Hause sieht es auch oft wie Kraut und Rüben aus.»

Was sein Vater darauf antwortete, hörte Anton nicht mehr, denn er war mit der leeren Pizzapackung und den Papptellern auf dem Weg in die Küche. Der Geruch nach Zwiebeln und Käse und Salami war für Annas empfindliche Nase bestimmt nicht sehr angenehm!, dachte er sich.

Als Anton aus der Küche zurückkam, hatte sich sein Vater neben Anna auf das Sofa gesetzt.

Im hellen Licht der Stehlampe kam sie ihm noch hübscher vor. Aber «hübsch» war nicht das richtige Wort. Anna hätte diesen Ausdruck gehasst – ebenso wie sie es hasste, wenn er sagte, sie sei «nett».

Nein, Anna war eine Schönheit, eine vampirische Schönheit!

Sie war auch viel eleganter als früher gekleidet, das fiel ihm erst jetzt auf. Wohl trug sie ihren alten Vampirumhang, aber darunter erkannte er eine dunkelrote Bluse mit Perlmuttknöpfen, einen schwarzen Faltenrock, silbrig glitzernde Strümpfe und schwarze Schnürstiefel.

Dagegen kam er sich in seinen verwaschenen Jeans und dem grauen T-Shirt beinahe schäbig vor …

«Und du wolltest mit mir über Anton sprechen?», sagte Antons Vater und sah Anna aufmunternd an.

«Ja! Es ist wegen der Sommerferien.»

Antons Vater verdrehte die Augen. «Seit die Ferien angefangen haben, hängt Anton nur in der Wohnung rum!»

Wütend biss sich Anton auf die Lippen. Doch er hielt es für das Klügste, sich nicht zu verteidigen.

«Ich hätte mir ja freigenommen und wäre mit Anton in Urlaub gefahren», fuhr sein Vater fort. «Aber in meiner Firma sind einige Kollegen krank, da werde ich einfach gebraucht. Und Antons Mutter macht eine Bergwanderung. Sie wollte Anton mitnehmen, aber ihm war das zu anstrengend. Unser Sohn ist leider ein fauler Strick.»

Diese Beleidigung konnte Anton sich nun allerdings nicht gefallen lassen!

«Hügel rauf, Hügel runter und dann noch mit mordsmäßig schwerem Gepäck – dazu hatte ich keine Lust!», erklärte er. «Und für Hühneraugen hab ich auch nichts übrig.»

Anna kicherte.

«Außerdem ist der neue Freund meiner Mutter dabei. Er war es, der die Idee mit der Bergwanderung hatte», ergänzte Anton.

Und diesmal war die Reihe an ihm zu grinsen, denn sein Vater kriegte prompt einen roten Kopf.

«Wenn du eine Bergwanderung machen würdest, müsstest du nicht mühsam die Berge raufkraxeln, schätze ich», wandte Antons Vater sich schnell an Anna. «Mit deinem Vampirumhang könntest du zur Almhütte vorfliegen und dort schon für eine deftige Brotzeit sorgen, oder?»