Der kleine Vampir und die große Verschwörung - Angela Sommer-Bodenburg - E-Book

Der kleine Vampir und die große Verschwörung E-Book

Angela Sommer-Bodenburg

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Beschreibung

Anna, Anton und Rüdiger versuchen, mehr über den dubiosen Igno von Rant herauszufinden. Dafür nehmen sie die Firma «Erdmöbel» von Herrn Holzrock genauer unter die Lupe. Und dann kommt auch noch der mysteriöse Doktor Gans mit seinem giftgrünen Lieferwagen ins Spiel. Igno von Rant ist zwar Tante Dorothees Verlobter – aber ist er auch ein echter Vampir? Die berühmte Serie von Angela Sommer-Bodenburg mit Zeichnungen von Amelie Glienke.

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Seitenzahl: 130

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Angela Sommer-Bodenburg

Der kleine Vampir und die große Verschwörung

Bilder von Amelie Glienke

Dieses Buch ist für Burghardt Bodenburg, der das Fliegen gerade gelernt hat, und für die große, verschworene Vampir-Gemeinde.

Angela Sommer-Bodenburg

Die Personen dieses Buches

Anton liest gern aufregende, schaurige Geschichten. Besonders liebt er Geschichten über Vampire, mit deren Lebensgewohnheiten er sich auskennt.

Antons Eltern glauben nicht recht an Vampire.

Antons Vater arbeitet im Büro, seine Mutter ist Lehrerin.

Rüdiger, der kleine Vampir, ist seit mindestens 150Jahren Vampir. Dass er so klein ist, hat einen einfachen Grund: Er ist bereits als Kind Vampir geworden. Seine Freundschaft mit Anton begann, als Anton wieder einmal allein zu Hause war. Da saß der kleine Vampir plötzlich auf der Fensterbank. Anton zitterte vor Angst, aber der kleine Vampir versicherte ihm, er habe schon «gegessen». Eigentlich hatte sich Anton Vampire viel schrecklicher vorgestellt, und nachdem ihm Rüdiger seine Vorliebe für Vampirgeschichten und seine Furcht vor der Dunkelheit gestanden hatte, fand er ihn richtig sympathisch. Von nun an wurde Antons ziemlich eintöniges Leben sehr aufregend: Der kleine Vampir brachte auch für ihn einen Umhang mit, und gemeinsam flogen sie zum Friedhof und zur Gruft Schlotterstein. Bald lernte Anton weitere Mitglieder der Vampirfamilie kennen:

Anna ist Rüdigers Schwester – seine «kleine» Schwester, wie er gern betont. Dabei ist Anna fast so stark wie Rüdiger, nur mutiger und unerschrockener als er. Auch Anna liest gern Gruselgeschichten.

Lumpi der Starke, Rüdigers großer Bruder, ist ein sehr reizbarer Vampir. Seine mal hoch, mal tief krächzende Stimme zeigt, dass er sich in den Entwicklungsjahren befindet. Schlimm ist nur, dass er aus diesem schwierigen Zustand nie herauskommen wird, weil er in der Pubertät Vampir geworden ist.

Tante Dorothee ist der blutrünstigste Vampir von allen. Ihr nach Sonnenuntergang zu begegnen kann lebensgefährlich werden.

Die übrigen Verwandten des kleinen Vampirs lernt Anton nicht persönlich kennen. Er hat aber ihre Särge in der Gruft Schlotterstein gesehen.

Friedhofswärter Geiermeier macht Jagd auf Vampire.

Schnuppermaul kommt aus Stuttgart und ist Friedhofsgärtner.

Jürgen Schwartenfeger ist Psychologe. Antons Mutter hofft, dass er Anton von seiner «Fixierung» auf Vampire heilt.

Was sie nicht wissen kann:

Herr Schwartenfeger ist selbst brennend an Vampiren interessiert, weil er ein Lernprogramm gegen besonders starke Ängste – wie die Angst der Vampire vor dem Sonnenlicht – entwickelt hat.

Igno von Rant ist der erste Patient von Herrn Schwartenfeger, der an dem Lernprogramm teilnimmt. Anton fragt sich, ob es sich bei ihm tatsächlich um einen Vampir handelt: Igno von Rant sieht zwar wie ein Vampir aus… aber er kommt vor Sonnenuntergang in die Sprechstunde…

Lauter Nieren

Gerade hatte Anton es sich im Bett bequem gemacht und «Die Lady mit dem Silberblick, Vampirgeschichten für Kenner» aufgeschlagen, als es leise und vorsichtig an sein Fenster pochte. Anton sprang auf. So rücksichtsvoll klopfte nur ein Vampir: Anna!

Er schob die Vorhänge zur Seite, und wirklich: Auf dem Fenstersims saß Anna.

Hastig öffnete er das Fenster.

Anna kam ins Zimmer geklettert, begleitet von einer Wolke Mufti Ewige Liebe.

«Guten Abend, Anton!», sagte sie und schaute ihn mit einem zärtlichen Lächeln an, bei dem Anton ihre makellos weißen Vorderzähne sehen konnte – und die nun schon recht kräftigen Eckzähne…

Ein Schauer überlief ihn.

«Hallo, Anna», murmelte er verlegen.

«Hast du mich nicht erwartet?», fragte sie mit einem leisen Vorwurf in der Stimme.

«D-doch», stotterte er. «Nur… nur nicht so früh.»

Er räusperte sich. «Hoffentlich haben meine Eltern dich nicht gesehen.»

«Deine Eltern?» Anna blickte zur Tür.

«Sie sind nicht hier», sagte Anton. «Sie machen einen Abendspaziergang.»

«Einen Abendspaziergang? Wie romantisch!» Anna lachte leise.

«Wenn wir beide nicht so viel vorhätten heute Nacht, könnten wir auch einen Abendspaziergang machen, du und ich!»

«Wir haben viel vor?», fragte Anton mit leichtem Unbehagen.

«Ja. Lauter Nieren!» Sie hielt sich die Hand vor den Mund und kicherte.

Anton erschrak. Nieren, das klang so nach Blut…

Doch Anna beruhigte ihn: «Telefonieren, spionieren, kombinieren!»

«Ach so.» Anton atmete auf. «Du willst Johann Holzrock anrufen.»

Anna nickte geschmeichelt. «Du hast gut aufgepasst gestern, bei meiner großen Rede vor dem Familienrat! Ja, ich will mich nach dem Sarg von Igno von Rant erkundigen – und was Modell 1a bedeutet.»

«Das brauchst du gar nicht», platzte Anton heraus. «Das kann ich dir ebenso gut sagen.»

«Du?», sagte Anna; aber keineswegs erfreut, sodass Anton seine Redseligkeit schon bereute.

Er hustete betreten. «Ich… ich hab gleich heute Morgen ins Telefonbuch geguckt», versuchte er sich zu rechtfertigen. «Ja, und da hab ich ihn gefunden: Johann Holzrock, Erdmöbel, Friedhofsallee 89 stand da – und die Telefonnummer natürlich. Und dann hab ich angerufen.»

Anna warf ihm einen finsteren Blick zu. «Das war nicht fair! Du hast doch gestern Nacht mit eigenen Ohren gehört, dass der Familienrat mich beauftragt hat, herauszufinden, was mit Igno von Rants Sarg nicht stimmt. Selbst Lumpi hat gesagt, es wäre ungerecht, wenn er die Nachforschungen führen würde, weil ich es gewesen bin, die Johann Holzrocks Messingschild im Sarg von Igno von Rant entdeckt hat.»

«Ich hab gedacht, du wärst damit einverstanden», sagte Anton kleinlaut.

«Und außerdem kann ich viel problemloser telefonieren als du», fügte er hinzu.

«Eben!», zischte Anna. «Deshalb ist es doppelt ungerecht!»

Anton schwieg betreten. Ohne es zu wollen, schien er heute alles falsch zu machen…

Doch da hatte er eine Idee: «Der Sargtischler, Johann Holzrock – der hat abends geschlossen. Du würdest jetzt gar keinen mehr ans Telefon bekommen.»

«Er hat geschlossen?»

«Ja, um sechs macht er seine Sargtischlerei zu, und danach erreichst du nur den Anrufbeantworter», behauptete Anton.

«Den Anrufbeantworter?» Anna zuckte mit den Schultern. «Na, dann hätte ich mit dem gesprochen!»

Anton unterdrückte ein Grinsen. «Ich glaube, er hätte aber nicht mit dir gesprochen.» Vor allem nicht, wenn Johann Holzrock – wie Anton vermutete – überhaupt keinen Anrufbeantworter besaß!

«Und wieso hätte er nicht mit mir gesprochen?», fragte Anna misstrauisch.

«Weil er nur Gespräche annehmen kann», sagte Anton. «Er ist so etwas Ähnliches wie ein Tonband.»

«Ein Tonband?»

«Ja. Der Anrufer soll eine Nachricht auf das Band sprechen. Die hört sich Johann Holzrock am nächsten Morgen an, und dann ruft er zurück.»

«Er ruft zurück?», sagte Anna erschrocken. «Aber ich hab doch gar kein Telefon! Und morgens kann ich auch nicht…»

«Genau deswegen hab ich es ja übernommen, mit ihm zu telefonieren!», erklärte Anton.

«Ach so», murmelte Anna. «Und ich hab geglaubt–»

» – dass ich mich einmischen will, stimmt’s?»

«Ja. Und dass du wegen Olga angerufen hast – um ihr zu imponieren!»

«Wegen Olga?» Fast hätte Anton gelacht!

«Bestimmt ist sie inzwischen schon ein paar Mal wieder hier gewesen!», bemerkte Anna und blickte sich im Zimmer um, als suche sie irgendwelche Spuren, die ihre Vermutung bestätigen würden.

«Nein!», widersprach Anton energisch. «Nach ihrer Rückkehr ist Olga erst ein einziges Mal in meinem Zimmer gewesen: vor zwei Tagen. Und seitdem nicht mehr.

«Hoffen wir, dass es so bleibt!» Anna seufzte.

Zum Beispiel für… Vampire

«Und was hast du nun herausgefunden über Erdmöbel, Modell 1 a?», fragte sie nach einer Pause.

«Also–», begann Anton. «Ich hab bei Johann Holzrock angerufen und gesagt, ich müsste in der Schule ein Referat halten.»

«Ein Rad halten?», wiederholte Anna irritiert.

«Nein!» Anton hatte Mühe, ernst zu bleiben. «Ein Referat, einen Vortrag – zu dem Thema ‹Was ich einmal werden möchte›.»

«Aha», machte Anna. Eine tiefe Röte hatte ihr Gesicht überzogen. Dabei war es gar keine Schande, dass sie sich mit den modernen Unterrichtsmethoden nicht auskannte!, fand Anton.

«Ich hab Johann Holzrock erklärt, ich würde vielleicht Sargtischler werden wollen», fuhr er fort. «Und dass ich ihm deshalb einige Fragen stellen möchte.»

Anna kicherte. «Sargtischler… ganz schön trickreich!»

«Ich glaube, er war richtig geschmeichelt, dass sich jemand für seinen Beruf interessierte.» Anton grinste bei der Erinnerung an das Telefongespräch.

«Was hat er denn gesagt?», drängte Anna.

«Zuerst hab ich mich nach Modell 1a erkundigt und herausgekriegt, dass es ein so genannter Truhensarg ist. Außerdem soll es ein besonders preiswerter Sarg sein. Und ‹1a› bedeutet: Es ist das allererste Modell, das Johann Holzrock selbst entworfen hat.»

«Sein allererstes Modell? Dann ist er noch nicht lange Sargtischler?»

«Genau!», bestätigte Anton. «Das war die nächste Frage, die ich ihm gestellt habe. Er hat seinen Betrieb erst seit einem Jahr. Er findet übrigens, dass man ‹Erdmöbel› sagen soll und nicht ‹Särge›, weil–»

Anton brach ab; aus Sorge, Anna zu kränken.

Doch sie fragte ungeduldig: «Weil was?»

«Nun», er räusperte sich. «‹Särge› findet er abschreckend, während ‹Erdmöbel›, das würde modern klingen, frisch, sauber und hygienisch.»

«Frisch, sauber und hygienisch?» Anna lachte verächtlich. «Das ist ja der reinste Hohn! Wenn ich nur an Igno von Rants Sarg denke, wird mir schon schlecht – wie der voller Harz ist, total klebrig, und wie der ätzend riecht!»

«Allerdings!», stimmte Anton ihr zu. «Und darum bleibt es auch äußerst verdächtig, dass Igno von Rant sich gerade dieses Modell 1a gekauft hat.»

«Hierfür gibt es nur zwei Erklärungen», meinte Anna. «Entweder, er leidet unter totaler Geschmacksverirrung–»

In gewisser Weise traf das durchaus zu!, schoss es Anton durch den Kopf: Immerhin hatte Igno von Rant sich ausgerechnet in Tante Dorothee verliebt und wollte sogar mit ihr in der Gruft Schlotterstein probeweise zusammen ‹leben›!

«–oder aber er ist entsetzlich geizig», ergänzte Anna.

«Geizig? Du meinst, weil er einen billigen Sarg gekauft hat?»

«Ja. Kein Vampir, der etwas auf sich hält, würde sich so einen Sarg antun – außer, er würde an furchtbarem Geiz leiden! Stell dir mal vor, wie ein Kiefernholzsarg nach fünfzig Jahren aussieht – falls er bis dahin nicht längst auseinander gebrochen ist. Nein, ein Vampirsarg muss aus dem besten Holz gemacht werden, damit er Jahrhunderte überdauern kann, wie unsere Von-Schlotterstein-Särge: Die bestehen aus dem feinsten Holz der transsylvanischen Mooreiche!»

«Tatsächlich?», sagte Anton und dachte an die neun Vampirsärge in der Gruft Schlotterstein. Dass sie aus besonders wertvollem Holz sein sollten, hätte er nie für möglich gehalten!

«Vielleicht ist es nur ein Sarg auf Probe», wandte er ein. «Für die Ehe auf Probe!»

Nachdrücklich schüttelte Anna den Kopf. «Särge auf Probe gibt es bei uns Vampiren nicht. Nein, Igno von Rant muss wirklich krankhaft geizig sein!»

«So geizig ist er mir bisher gar nicht vorgekommen», bemerkte Anton. «Wenn man an die vielen Kleider denkt, die er dir geschenkt hat…»

Anna kicherte verlegen. «Ja, mit Kleidern nicht.»

«Übrigens», sagte Anton, «ich habe Johann Holzrock gefragt, ob er zufällig einen Igno von Rant als Kunden hat.»

«Und?»

«Er kannte ihn nicht. Mit Ignoranten, die seine preiswerten Erdmöbel nicht zu schätzen wüssten, hätte er öfters zu tun, hat er gesagt. Aber ein Igno von Rant sei ihm noch nicht begegnet.»

«Das wundert mich nicht», antwortete Anna. «Kein Vampir würde unter seinem richtigen Namen einen Sarg bestellen.»

«Ja, stimmt», sagte Anton. Und er hatte sich eingebildet, etwas Wichtiges herausgefunden zu haben!

«Du hättest ihn lieber fragen sollen, ob er auch für ungewöhnliche Kunden arbeitet», sagte Anna. «Zum Beispiel für… Vampire!»

«Ist das dein Ernst?»

«Wieso nicht?»

«Na, weil – ich denke, ihr seid für Geheimhaltung!»

«Sind wir ja auch. Aber mit dieser Frage kannst du doch überhaupt nichts verkehrt machen! Wahrscheinlich glaubt er nicht mal an Vampire, wie die meisten Leute. Dann lacht er nur. Wenn er aber doch an Vampire glaubt, erfährst du vielleicht etwas über den Sarg von Igno von Rant – wann Johann Holzrock den getischlert hat, ob er ihn eigenhändig in die Villa Reinblick geliefert hat und so weiter.»

«Hm ja», sagte Anton. Dass er nicht selbst darauf gekommen war! «Ich – ich werde ihn gleich morgen früh anrufen!»

«Und jetzt sollten wir losfliegen», erklärte Anna.

«Losfliegen?»

«Ja. Spionieren bei Tante Dorothee und Igno von Rant.»

«Ähem–», murmelte Anton. Hinter Tante Dorothee herzuschleichen, fand er nicht sonderlich verlockend. «Meine Eltern kommen gleich wieder. Und wenn sie mich dann nicht in meinem Zimmer finden…»

«Leg ihnen doch einen Zettel hin», schlug Anna vor. «Schreib drauf, du machst auch einen Abendspaziergang; nein, einen Mondscheinspaziergang.»

«Das geht nicht. Ich hab schließlich Windpocken.»

«Windpocken? Wo?», fragte Anna und musterte ihn mit gerunzelten Brauen.

Anton strich über sein Kinn. «Diese trockenen Krusten. Meine Eltern sagen, die können immer noch ansteckend sein.»

«Ansteckend?» Anna machte einen Schmollmund. «Schön wär’s! Ich warte schon seit eineinhalb Wochen sehnsüchtig darauf, dass ich sie endlich auch kriege!»

«Wahrscheinlich hast du früher, in Transsylvanien, Windpocken gehabt», meinte Anton.

«Nein, das würde ich wissen.»

«Oder aber Vampire können grundsätzlich keine Windpocken bekommen!» Kaum hatte Anton das gesagt, ärgerte er sich auch schon über diese wenig zartfühlende Bemerkung.

Anna warf ihm einen frostigen Blick zu und fauchte: «Wenn, dann will ich ohnehin nur solche niedlichen roten Pünktchen kriegen, wie du sie am Anfang hattest. Jetzt siehst du eher wie ein schrumpliger Bratapfel aus!»

«Ich? Wie ein schrumpliger Bratapfel?», tat Anton empört. Das war Annas Rache für seine Taktlosigkeit!

Sie kicherte. «Ja.»

Leichtfüßig kletterte sie aufs Fensterbrett.

«Ich komme später nochmal wieder», kündigte sie an, und mit einem Abschiedslächeln segelte sie davon.

Johann Holzrock, Erdmöbel

Doch Anna kam nicht. Bis kurz vor zwölf hielt Anton sich durch Lesen und Musikhören wach, aber dann war er so müde geworden, dass er unter die Bettdecke kroch und das Licht löschte. In dieser Nacht träumte er von Särgen– Särgen, so lang wie Straßenkreuzer, die Nummernschilder mit der Aufschrift «Johann Holzrock, Erdmöbel, Modell 1a» hatten.

Als er am nächsten Morgen aufwachte, stand ihm das Bild dieser Riesensärge noch lebhaft vor Augen, und plötzlich reizte es Anton, mit Johann Holzrock nicht nur zu telefonieren, sondern in die Tischlerei zu gehen und sich die verschiedenen Sargtypen einmal anzusehen.

Doch ein besorgter Blick auf den Wecker zeigte Anton, dass er für ein solches Vorhaben eigentlich viel zu lange geschlafen hatte: noch zwei Stunden, bis seine Mutter aus der Schule zurückkommen würde…

Gut, dann musste er sich eben beeilen!

Anton zog sich an, nahm ein leeres Schreibheft und einen Bleistift, und ohne sich mit Frühstücken aufzuhalten, verließ er die Wohnung. Aus dem Keller holte er sein Rad und fuhr los. Dabei war es ihm ganz egal, ob Frau Miesmann ihn beobachtete oder nicht – immerhin hatten ihm seine Eltern erlaubt, an die frische Luft zu gehen; unter der Bedingung, dass er sich von anderen Kindern fern hielt. Und Johann Holzrock war dem Kindesalter ja wohl entwachsen!

Anton fuhr geradewegs zum Friedhof. Vor der Eingangspforte stieg er ab und schob sein Rad. Wie er von früheren Friedhofsbesuchen wusste, führte die «Friedhofsallee» direkt am Friedhof entlang. Von Anton aus gesehen auf der rechten Straßenseite erhob sich die weiß gestrichene Friedhofsmauer, auf der linken Seite standen Häuser, kleine und größere, in denen verschiedene Geschäfte waren: Blumenläden, Gärtnereien, Lokale für Trauergesellschaften – ja, und Sargtischlereien.

Während Anton sein Rad langsam neben sich herschob, kam er an drei Tischlereien vorbei, bis er, fast schon am Ende der Friedhofsallee, ein unscheinbares graues Haus erreichte, an dessen Fassade ein sehr neu aussehendes Schild prangte.

«Johann Holzrock, Erdmöbel aus eigener Werkstatt» las er. An das Haus angebaut war eine Art Garage – bestimmt die Werkstatt! Durch die unglaublich staubigen Fenster erkannte Anton schemenhaft Bretter.

Noch zögerte er, ob er wirklich hineingehen sollte – da wurde die Tür zur Werkstatt geöffnet, und ein untersetzter Mann mit kurzem rotblondem Haar und einem Schnauzbart trat heraus.

Er trug einen staubigen Overall. Sein Alter schätzte Anton auf vierzig oder fünfzig. Anscheinend wollte der Mann zu dem grauen Lieferwagen gehen, der vor dem Haus parkte. Aber nun fiel sein Blick auf Anton.

«Willst du zu mir?», fragte er, sichtlich überrascht.

Anton hustete. «Ich – bin der Junge, der das Referat halten soll.»