Der Klon - Luka Peters - E-Book

Der Klon E-Book

Luka Peters

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Beschreibung

Luka, ein hochbezahlter, im Geheimen operierender Experte der fiskalischen Forensik, geht ein unerwartetes Risiko ein, als er seine DNA digitalisieren und mit einem Avatar verknüpfen lässt. Was zunächst eine Spielerei in seinem einsamen Dasein sein soll, entzieht sich schon bald seiner Kontrolle und bedroht seine sorgsam aufgebaute, aber fragile Existenz. In dieser Erzählung verbinden sich Spannung, Science Fiction und Ironie zu einer Geschichte, die Ihnen eine neue Perspektive auf ein aktuelles Thema eröffnet.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Luka Peters

Der Klon

Eine reale Geschichte aus dem Echo von morgen

Impressum

Der Klon

Eine reale Geschichte aus dem Echo von morgen

Text: © Luka Peters 2025

Covergestaltung: © Luka Peters 2025

https://lukapeters.com

Alle Rechte vorbehalten

Die in diesem Buch dargestellten Figuren und Ereignisse sind fiktiv. Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder toten realen Personen ist zufällig und nicht vom Autor beabsichtigt.

Kein Teil dieses Buches darf ohne ausdrückliche schriftliche Genehmigung des Autors reproduziert oder in einem Abrufsystem gespeichert oder in irgendeiner Form oder auf irgendeine Weise elektronisch oder mechanisch fotokopiert, aufgezeichnet oder auf andere Weise übertragen werden.

Eine erste Fassung dieser Erzählung wurde 2025 auf dem Blog des Autors unter der URL https://lukapeters.com in sechs Episoden veröffentlicht. Dies ist die neue und vollständig überarbeitete Version.

Inhaltsverzeichnis

Titelseite

Copyright-Seite

1 Dass es so einfach sein würde...

2 Der Lackmustest

3 Ene mene muh, du bist ich und ich bin du

4 Zahlen lügen nicht

5 In der Panikzone

6 Ohne Strom nichts los

1Dass es so einfach sein würde...

Der Umschlag war in Behördenschlammbraun; grobes Papier, das vermutlich Uneitelkeit und Nachhaltigkeit, vor allem aber Diskretion vorgaukeln sollte. Darin, in einer kleinen Folientasche mit der Aufschrift „Steril so lange ungeöffnet“ eingeschweißt, die Pinzette. Unwillkürlich fragte ich mich, wie viele Sekunden die Mikroben an meinen Händen, Haaren und Kleidungsstücken brauchen würden, um diese Sterilität zu zerstören.

Ein weiteres Folientäschchen war mit einer Etikette beklebt, die meinen Namen trug, meinen Geburtstag und meinen Geburtsort. Die Dreieinigkeit bürokratischer Identität. Es mutete skurril an, dass ein Unternehmen der High-Tech-Branche diese anachronistischen Rituale verwendete, um Seriosität und Zuverlässigkeit auszustrahlen. Das hygienische Ensemble wurde durch einen kleinen Kunststoffbeutel vervollständigt, der ein Paar ungepuderte Einweghandschuhe enthielt. Auf einem weißen, schmalen Papierstreifen wurde das korrekte Vorgehen zur Probenentnahme erklärt. Unter anderem wiess man mich darauf hin, wie wichtig es sei, davor 30 Tage kein tierisches Produkt zu mir genommen zu haben, damit die fremden Proteine meinen genetischen Stempel nicht verfälschten. Kein Problem für mich, ich ernährte mich seit Jahren vegan. Aber der Hinweis erschien mir seltsam und unwissenschaftlich. Wahrscheinlich war auch das ein Versuch des Marketings, das Produkt seriös wirken zu lassen, zumindest aber als sehr durchdacht.

Dennoch gefiel mir die gesamte medizinische Anmutung sehr gut. Das passte zu meiner Obsession mit Hygiene, aber auch zu meiner Detail-Besessenheit. Mit dem Gefühl, einer wichtigen Veränderung in meinem Leben entgegenzugehen, streifte ich die Handschuhe über, legte das Probentäschchen bereit und entnahm mit leicht zitternder Hand die Pinzette ihrem sterilen Heim. Ich sah mir im Spiegel in die Augen.

War ich bereit dafür?

Ja! Ja! Und nochmals: Ja!

Das war ein lange gehegter Traum, den ich mir nun erfüllen würde. Eine schnelle Geste, ein energisches Rupfen und schon verschwand eines meiner Haupthaare in dem kleinen Beutel. Während die mikroskopisch kleine Wunde am Kopf noch brannte wie eine winziges Stück Glut, legte ich den Umschlag in das Abholfach für den Postservice. Das Ganze kam mir bizarr vor. Ich war es gewohnt, Kontakt über mein Kommuikationsimplantat aufzunehmen, einen mehrfach gesicherten Datenkanal zu öffnen und den erforderlichen Austausch von Waren, Informationen und CryptoCoins zu veranlassen. Mit diesem Unternehmen war vieles anders abgelaufen. Sie nutzten den nur noch rudimentär existierenden Postweg, als würden sie illegale Drogen verkaufen. Nach dem ersten Kontakt im Metaverse erfolgte ein Treffen mit einem ihrer Mitarbeiter in der realen Welt. Wofür das gut sein sollte, wurde mir weder erklärt, noch konnte ich es auf anderem Weg herausfinden. Ich fühlte mich in das 20. Jahrhundert zurückversetzt – nicht, dass ich es je erlebt hätte, aber wir hatten in der Schule einiges darüber gehört. Immerhin hatten sie meine Währung akzeptiert und nicht auf irgendeinem staatlichen Derivat bestanden.

Schon zwei Wochen später war der erwartete Datenträger in meinem Briefkasten. Angeblich aus Sicherheitsgründen versendete die Firma nichts digital - mir kam auch das recht altmodisch vor. Es war mir unverständlich, wie man einem materiellen Datenträger auf dem Postweg mehr Vertrauen entgegenbringen konnte als vollständig digitalen Daten und gut gesicherten Datenwegen. Man hatte mich darüber informiert, dass sich der kleine Datenstick vollständig auflösen würde, sowie die darauf befindlichen Daten einmal aufgerufen worden waren, aber das hielt ich für einen weiteren Marketingspruch. Interessanter fand ich dagegen, dass ich mich direkt am Stick mit einer erneuten DNA-Probe authentifizieren musste. Dieses Mal musste es ein kleiner Tropfen Speichel sein. Ich fand das einigermaßen ekelhaft, aber ließ ihn vorsichtig auf das dafür vorgesehene Feld fallen und wartete gespannt ab, was geschehen würde. Das Feld färbte sich zunächst gelb, dann grün. Laut Anleitung des Herstellers konnte ich nun die Daten übertragen. Ich ärgerte mich einen Moment lang, dass ich nicht einfach versucht hatte, den Datenstick auszulesen, ohne die DNA-Authentifizierung zu machen. Hätte er sich dann bereits selbst zerstört, falls das überhaupt möglich war? Ich zuckte mit den Schultern. Wahrscheinlich wäre nichts passiert.

Nun begann der spannende Teil. Ich griff nach dem alten Powertablet, das seit Jahren ungenutzt im Schrank verstaubte. Es war das einzige Gerät in meinem Besitz mit einem USB-Anschluss, den ich für den altmodischen Datenstick brauchte. Als ich es startete, spürte ich mein Herz hart in meiner Brust schlagen, als wollte es mir noch dringend eine Nachricht morsen und mich vor einer unbekannten Gefahr warnen. Doch ich verstand seinen Code nicht und war fixiert auf den Datenträger in meiner Hand. Mit einem tiefen Atemzug sammelte ich mich und steckte ihn in den Anschluss. Mir wurde kurz schwarz vor Augen und ich ließ mich auf den Stuhl vor meinem Schreibtisch fallen.

Als ich die Augen wieder öffnete, sah ich zwei Dinge: Der Datenstick zerfiel in Krümel, die sich zu immer kleiner werdenden Teilen zersetzten, bis nur noch ein feiner Dunst davon auf der Tischplatte lag, kaum noch für das Auge sichtbar. Als zweites fiel mir die Nachricht auf dem Bildschirm des Powertablets auf: „Luka Peters wurde geklont.“

2Der Lackmustest

Die Firma nannte sich „The Real You“. Folgerichtig lautete ihr Werbeslogan „Just T.R.Y. it“. ‚Was für ein alberner Name‘, dachte ich, als ich ihre Produktwerbung entdeckte. ‚Das wahre ICH bin nur ich selbst. Ein Klon kann nur eine blasse Kopie mit eingeschränkten Möglichkeiten sein.‘

Die Idee, einen Klon auf Basis individueller DNA zu generieren, gab es seit Anfang des 20. Jahrhunderts. Zunächst hatten sich reiche Öl- und IT-Magnaten erhofft, durch das Klonen unsterblich zu werden. Aber die ersten Konzepte erinnerten noch zu sehr an das Dolly-Experiment aus den späten 1990er Jahren. Die finanzstarken Kunden wollten nicht mit einem geklonten Schaf verglichen werden. Aber einige Jahre später ließ sich jemand von Rudi Ruckers ‚Ware-Tetralogy‘ inspirieren. In dieser Geschichte aus den 1980er Jahren virtualisieren durchgeknallte Roboter Menschen, weil sie an deren Hirnstrukturen kommen wollen; die Körper der Menschen, die sogenannte ‚Wet Ware‘, finden sie unwichtig und vernichten sie.

Ich muss zugeben, dass ich das nachempfinden kann. Alles körperliche erscheint mir grundsätzlich unhygienisch. Ich darf gar nicht daran denken, dass auf meiner Haut Millionen winziger Lebewesen existieren, die sich von meinen abgestorbenen Hautzellen ernähren. Oder diese Menge an Körperflüssigkeiten, die handwarm durch den Körper strömen - schlimmer noch, die ihn auch regelmäßig verlassen. Widerlich. Wet Ware eben. Jedenfalls, seit Mitte des 21. Jahrhunderts wurde die Technologie virtueller Klone intensiv weiterentwickelt. Wieder gab es etliche reiche Jungs – und ein paar wenige reiche Mädchen – die ganz wild darauf waren, ihre „Software“, worunter sie in aller Bescheidenheit ihre angeblich überragende Intelligenz verstanden, erhalten zu wollen. Jetzt, kurz vor der Jahrhundertwende, hatte die Technologie die Marktreife erreicht. Vorausgesetzt, man konnte sie sich leisten. Und ich konnte, denn meine Kunden bezahlten mich sehr gut dafür, dass ich herausfand, wer heimlich ihr Geld für Luxusuhren ausgegeben hatte oder in welche dunklen Kanäle Millionen Steuergelder geflossen waren.

Als forensischer Fiskaldetektiv ging es mir materiell ausgezeichnet und zugleich diente mir die Notwendigkeit, aus Sicherheits- und Diskretionsgründen allein zu arbeiten, als Begründung dafür, nun ja, einfach allein sein zu können. Die Vorzüge des Alleinseins sind zahlreich. Aber es gab einen Nachteil: Mir fehlte ein vertrauenswürdiges Gegenüber, um über gewisse persönliche Themen zu reden. Zum Beispiel über meinen Versuch, in einem Roman meine Familiengeschichte zu verarbeiten. Ja, viele Menschen nutzen dafür seit dem Anfang des 21. Jahrhunderts sogenannte künstliche Intelligenz. Aber ich wollte etwas Persönliches, eine Entität, die versteht, wer ich bin, die mein Über-Ich sein kann, dem ich sonst immer den Mund verbiete. Und deshalb sprach mich diese Technologie so an: Hier schien es möglich zu sein, aus der DNA eine Persönlichkeit zu extrahieren und in Kombination mit neuronalen, lernenden, aber lokal agierenden Algorithmen ein ebenbürtiges, wenn auch emuliertes Gegenüber zu erhalten.

Noch leicht benommen saß ich vor dem Powertablet. Ich starrte auf den nun wieder schwarzen Bildschirm und überlegte, wie ich anfangen sollte. E-Mails priorisieren und beantworten? Das Setup auf mögliche Sicherheitslücken überprüfen? Die Nährstoffe meiner Vorräte berechnen und die Einkaufsliste des Kühlschranks entsprechend anpassen? Meine medizinischen Termine für die nächsten zwei Jahre koordinieren?  Banale Aufgaben erledigten KI-Agenten für mich. Laut Hersteller war mein digitaler Klon keine gewöhnliche KI; vielmehr sollte er meine persönlichen Denkmuster nachbilden können. Ich wollte diese kostbare Ressource nicht für niedere Alltagsaufgaben einsetzen. Die Daten des Klons waren inzwischen von dem antiken Gerät in mein aktuelles Setup transferiert worden. Ich aktivierte die Graphen-Tastatur, meine Hände schwebten noch einen Moment darüber. „Shell starten“, sagte ich, dann schrieb ich in die Konsole:

#!/usr/bin/env bash

# Verbindung zum virtuellen Klon herstellen

./connect_dna_clone—auth "Luka_Peters_DNA_37xy9"—mode "creative"

# Klon-Instanz definieren

Klon=$(dna_clone_instance—session-id "current")

# Manuskript zur Analyse übergeben

$Klon analyze—file "/home/luka/manuscripts/pending_work/ein-sommertag.md" \

—type "autofiction" \

—genre "literary" \

—depth "comprehensive" \

—focus "style,emotional_resonance,father_son_dynamic" \

—output-format "detailed" \

—compare-style "/home/luka/manuscripts/finished_works/" \

—use-mindset "creative_evening"

# Parameter für die Analyse

$Klon set-parameters \

—writing-style "ornate" \

—consider-background "forensic_precision" \

—personality-matrix "original_dna_profile" \

—emotion-depth 95 \

—analytical-distance 40

# Analyse starten

$Klon execute-analysis > "/home/luka/manuscripts/pending_work/clone_feedback.md"

Mein angefangenes Roman-Manuskript zu analysieren sollte ein guter Test sein, um herauszufinden, wie mein Klon funktionierte. Konnte er wirklich „denken“ wie ich?