Der Mann, der am Deckel seines Sarges kratzte. - Cliff Hanger - E-Book

Der Mann, der am Deckel seines Sarges kratzte. E-Book

Cliff Hanger

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Beschreibung

Teil 1 von 3: Nach einem Jahr außer Dienst tritt Sam Malloy seine neue Stelle in der nördlichen Stadt am Meer an. Abgesehen von einem launischen Dezernatsleiter und einer von wissenschaftlicher Wissbegierde getriebenen Kollegin, scheint K. eher ruhig und beschaulich. Der richtige Ort also, um nach einer lebensgefährlichen Schussverletzung, sein Leben neu aufzubauen. So beschwert sich Sam Malloy auch nicht, als er zur Einarbeitung lediglich einen offenkundig unverdächtigen Todesfall überprüfen soll. Denn das einzige Verdachtsmoment liefert eine alte Dame, die ihre Nachbarn ganz offensichtlich nicht ausstehen kann. Sam Malloy und seine Kollegin "Frau Petersen" sind sehr gründlich. Und doch wird Malloy das Gefühl nicht los, etwas Wesentliches übersehen zu haben. Das könnte einem Toten das Leben kosten.

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Seitenzahl: 80

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Der Mann, der am Deckel seines Sarges kratzte.

Kurzinhalt - North Noir - Episode 1Zum AutorTag 1 - 23:06 UhrTag 2 - früher MorgenTag 2 - 8:00 UhrTag 2 - 9:30 UhrTag 2 - 10:30 UhrTag 2 - 11:44 UhrTag 2 - 15:00 UhrTag 2 - 16:15 UhrTag 2 - 17:30 UhrTag 2 - 23:43 UhrImpressum

Kurzinhalt - North Noir - Episode 1

Episode 1 - Teil 1/3 Nach einem Jahr außer Dienst tritt Sam Malloy seine neue Stelle in der nördlichen Stadt am Meer an.  Abgesehen von einem launischen Dezernatsleiter und einer von wissenschaftlicher Wissbegierde getriebenen Kollegin, scheint K. eher ruhig und beschaulich.  Der richtige Ort also, um nach einer lebensgefährlichen Schussverletzung, sein Leben neu aufzubauen.   So beschwert  sich Sam Malloy auch nicht, als er zur Einarbeitung lediglich einen offenkundig unverdächtigen Todesfall überprüfen soll. Denn das einzige Verdachtsmoment liefert eine alte Dame, die ihre Nachbarn ganz offensichtlich nicht ausstehen kann. Sam Malloy und seine Kollegin "Frau Petersen" sind sehr gründlich. Und doch wird Malloy das Gefühl nicht los, etwas Wesentliches übersehen zu haben.  Das könnte einem Toten das Leben kosten.

Zum Autor

Cliff Hanger lebt gern an Orten, die er mit einfachen Kürzeln versehen kann. Geboren wurde er zum Beispiel in K. in B-W, wo er auch seine Kindheit und Schulzeit verbracht hat. 

Nach einem Studium der Neueren Deutschen Literatur- und Medienwissenschaften in K. in S-H., hat er sich dem Lesen der kompletten Maigret Reihe verschrieben.  Nach einer kurzen Depression und Ausflügen in das literarische Reich von Raymond Chandler, Dashiell Hammett und Edgar Wallace, beschloss C. Hanger nicht mehr zu imitieren, sondern seinen eigenen Stil zu prägen. 

So ist es sein Ziel, mit der Reihe "North Noir" die Tradition von Kriminalstücken als Mehrteiler wieder aufleben zu lassen und ihnen wieder ein bisschen mehr Fiktion und Symbolik mitzugeben. 

Wissenschaftliche Exkurse über die Zusammensetzung von Giften und das Zustandekommen von Leichenstarre und Gerichtsmedizinischen Gutachten, werden Sie in seinen Romanen also vergeblich suchen. Für Cliff Hanger sind sind seine Romane eher Rätsel und Abenteuer und weniger Pseudorealismus. 

Tag 1 - 23:06 Uhr

Am ersten Juni des Jahres bog in die Kopenhagener Allee ein Wagen des Bestattungsinstitutes Ernesto ein. Mit ihm fuhr - allerdings liegend - der Pharmazeut Uwe Erlmeier einer neuen Bestimmung entgegen: seiner Urne.

Als sich Sam Malloy, Kriminalkommissar und derzeit noch außer Dienst, auf den Weg in die nördlichen Stadt K. machte, hatte er ein nicht ganz so endgültiges Ziel vor sich. Während Uwe Erlmeier allerdings auf seine Verbrennung noch warten musste, wurde Malloy im Großraumwagen des Regionalzuges längst vorgegart.

Kurz hinter H. hatte er noch den vergeblichen Versuch unternommen, ein Fenster zu öffnen. Mit dem Einbau der Klimaanlage vor einem Jahrzehnt, waren die Griffe jedoch abgenommen worden. Und niemand schien damals auf die Idee gekommen zu sein, die vielgepriesene Einrichtung könnte einen Großteil des Jahres nicht funktionieren. Schließlich hatte Malloy es aufgegeben, sich seines Jacketts entledigt, die einfarbige, schäbige Krawatte gelockert und das Hemd ein wenig aufgeknöpft. Nun, eine Stunde später, klebte es ihm am Rücken, aber er bemerkte es nicht mehr. Er schlief. Und wie immer, wenn er sich nicht recht wohl fühlte, träumte er, dass er auf dem Rücken eines knöchrigen alten Gauls über graues Ackerland ritt.

***

Oft kommt es vor, dass er im Traum stundenlang nichts anderes sieht. Aber heute kommt er – das erste Mal seit langem – vor einem alten Gebäude an.

Es ist eine Mischung aus Kathedrale und Kloster. Allerdings gibt es keinen Kirchturm. Und die bunten Bleiglasfenster zeigen Menschen mit aufgerissenen, schwarzen Mündern. Ihre Augen sind nicht mehr als dunkle hohle Löcher. Er übergibt das Pferd einem Stallknecht. Er bemerkt, dass er noch seinen Waffengürtel um die Hüfte trägt. Also ruft er den Stallburschen noch einmal zurück, um ihm die Waffe zu geben.

"Woll’n Sie die nicht lieber behalten, Sherif?“

Malloy ist entsetzt. Was sollte er mit einer Waffe anfangen. Der hagere Stallbursche - beinahe zwei Metern, leicht rötliches Haar und Hasenzähnen - runzelt die Stirn. "Sie werden Sie brauchen. Sie sind doch der Gesetzeshüter.“ Und dann senkt er die Stimme und fasst ihn am Arm, "Und ich hab gehört, er wartet auf Sie.“

"Das ist nicht nötig.“, erwidert Malloy und dreht sich um. Als er einen Blick über die Schulter wirft, ist der Stallbursche mit seinem Pferd verschwunden. Den Gürtel mit der Waffe hat er in der Nähe an einen Nagel gehängt. Er wiegt leicht im Wind und Malloy überlegt sich kurz, ob er die Waffe doch mitnehmen sollte. Aber Pistolen haben in Krankenhäusern nichts zu suchen. Sie sind der Grund für Aufenthalte in den kalten Gängen.

In einer großen Halle kommt ihm ein jovial grinsender Mann entgegen. Ungefähr seine Größe, aber mit schwebendem Gang und weißem Kittel. Um ihn herum huschen andere Gestalten. Er kann nicht unterscheiden ob sie nun Kleidung von Pflegern und Schwestern tragen oder weiße Kutten, die ihre Gesichter verbergen.

Nur das Gesicht des lächelnden Mannes erkennt er. Er sieht ein wenig aus wie sein alter Vorgesetzter, wenn er nicht ständig lächeln würde. Dieses freundliche Lächeln entstellt sein Gesicht zur Unkenntlichkeit.

"Er fragt schon nach Ihnen.“

Er verbeugt sich beinahe unterwürfig. Und Malloy fragt: "Geht es ihm gut?“

"Sie sollten ihn nicht besuchen.“

Malloy runzelt die Stirn: „Warum nicht?“

"Er fragt nach Ihnen, weil er Sie töten will, Herr Malloy.“

"Aber doch nicht Robert.“

"Oh, doch besonders Robert.“

"Aber das letzte Mal ging es ihm doch noch so gut!“, protestiert Malloy. Er kann nicht glauben, was er da hört. Niemals würde sein Bruder ihn umbringen wollen. Er ist doch der einzige, dem er vertraut.

Wieder lächelt der Arzt. Seine Zähne sind noch weißer als sein Kittel.

"Es geht ihm auch jetzt gut. Aber Ihnen wird es nicht gut gehen, wenn Sie ihn besuchen. Jedenfalls…“, er macht eine kleine Pause, zögert und zieht dann etwas aus der Brusttasche seines Ärztekittels. "… jedenfalls wenn Sie das hier nicht mitnehmen.“

Malloy starrt die schwarze Waffe an, die ihm der Arzt entgegen hält. "Es ist nur zu Ihrem Schutz. Ihr Bruder ist längst bewaffnet. Doch. Doch. Ich muss es ja wissen, schließlich habe ich ihm die Pistole selbst gegeben!“

"Das ist doch Wahnsinn! Es ist Ihre Aufgabe dafür zu sorgen…“

"Meine Aufgabe ist es dafür zu sorgen, dass es Ihrem Bruder gut geht – und wenn es dafür eine Waffe braucht…“, unschuldig zuckt der Arzt mit den Achseln. "Vielleicht wird es ihm erst wirklich gut gehen, wenn Sie seinem verwirrten Leben ein Ende setzen, Herr Malloy.“

"Was?! Sind Sie noch…“

"Falls er Ihnen nicht zuvorkommt.“

Er klopft Malloy auf die Schulter und verschwindet hinter einer Tür. Malloy steht da und spürt den Kolben der Waffe in seiner Hand. Keine Besuche mehr. Kein Geld, das er in die Gesundheit eines Mannes stecken muss, der ihn offensichtlich umbringen will. Aber wer glaubt schon den Reden eines Arztes.

Er geht einen langen hohen Flur entlang. Von links, durch die hohen Fenster scheint eine rote Sonne herein. Es ist unerträglich heiß. Sein Mund ist trocken. Er weiß genau, welche Tür er nehmen muss. Die am Ende des Ganges. Keine der anderen Türen. Das sind nur Nebenschauplätze. Er muss etwas beenden. Sich nicht ablenken lassen.

Als er die Hand auf die Klinke der Doppeltür legt, geht plötzlich neben ihm eine andere auf. Eine Frau tritt heraus - etwas älter als er. Sie trägt eine dunkelgrüne beinahe unförmige Lederjacke und verwaschene Jeans. Auf Brusthöhe ist ein Namensschild befestigt und er ist sich darum sicher, dass sie eine Ärztin ist. Sie ist kleiner als er und streckt stumm ihre Hand aus. Er legt die Waffe hinein, kann sie aber nicht ganz loslassen.

Lange betrachtet er ihr schmales Gesicht, die schwarzen Locken und dunklen braunen Augen. Er ist sich sicher, dass er sie kennen müsste.

"Bei den Patienten, sind keine Waffen erlaubt, Herr Malloy.“, sagt sie in festem Ton und er lässt los. Sie hält ihm sogar die Tür auf. Doch als er seinem Bruder gegenübersteht, ist sie verschwunden.

Robert sitzt in seinem Rollstuhl, angestrahlt von einem grellen Schlaglicht - wie ein Ausstellungsstück. Seine Augen sind nur noch zwei schwarze hohle Löcher - so schwarz und hohl wie die Mündung der Waffe, die er auf Malloy richtet. Robert öffnet den Mund. Auch der ist nur ein schwarzes Loch. Aber es kommt nicht zum Show-Down. Ein Erdbeben erfasst das Gebäude – die Bilder zerbrechen und stürzen in sich zusammen und das knöchrige Pferd tritt Malloy hart ins Gesicht.

***

Malloy riss die Augen auf und schnappte nach Luft. Der harte Huf des fahlen Pferdes entpuppte sich als eine - zu einem neuerlichen Klaps erhobene - Hand eines übermüdeten Zugbegleiters. In seiner Besorgnis hatte er offensichtlich begonnen Ohrfeigen zu verteilen. Sobald er aber bemerkte, dass seine rüde Behandlung doch noch den gewünschten Erfolg zeigte, verschwand die Sorge auf seinem Gesicht sofort und machte einem grimmigen Ausdruck Platz. Er beschwerte sich:

“Na, endlich. Drei Mal haben wir durchgegeben, dass hier Endstation ist. Das heißt alle müssen aussteigen. Sie werden sonst aufs Abstellgleis geschoben.“

"Nicht nötig.”, brummte Malloy und kam mühsam auf die Beine, “Da komme ich gerade her.“

Der andere runzelte die Stirn und machte eine ungeduldige Geste zur Tür hin. Als er Malloy nach draußen schob, war sein Ton schon wieder etwas versöhnlicher.

"Sie sollten sich schleunigst ein Hotel suchen und sich ‘n bisschen frisch machen. Sie sehen erbärmlich aus. Als wären Sie unter die Räder gekommen.“

"Nicht unter die Räder.“, murmelte Malloy und setzte sich seinen Hut auf, "Unter die Hufe eines knöchrigen Pferdes.“

Außerhalb des Zuges empfing ihn ein frischer Wind. Malloy zog sich den Hut vom Kopf und atmete die Luft der neuen Stadt ein. In seinem nun schon 35 Jahre währenden Leben, war er bereits in vielen Städten gewesen. Jede von ihnen hatte ihren eigenen Geruch. Manche von ihnen rochen trocken und stickig, über anderen hing ein Dunst aus faulem Süßwasser - zumindest im Sommer. Hier zwischen den Gleisen hatte die Stadt K. den Mief der Bahnhöfe - eine Mischung aus Öl, altem Essen und ein wenig Urin - aber auch den Salz des nahen Meeres in sich. Malloy seufzte: Ideal für einen Neuanfang.

“Sam Malloy?”