15,99 €
In einem Stockholmer Mehrfamilienhaus gehen äußerst seltsame Dinge vor sich. Eine Frau verschwindet spurlos. Zwei Wochen später wird ihre Leiche plötzlich im Flur ihrer Wohnung gefunden. Es ist einer der absonderlichsten Morde in der Geschichte der Stadt und es gibt keinen Hinweis auf den Täter. Erst die neunjährige Alva, die mit ihrer Familie erst seit Kurzem in dem Haus wohnt und übersinnliche Fähigkeiten hat, kommt dem Rätsel auf die Spur, das Ungeheuerliches zutage fördert…
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 387
Veröffentlichungsjahr: 2017
Emma Ångström
Der Mann zwischen den Wänden
Thriller
Aus dem Schwedischen von Annika Ernst
Es ist dunkel und sehr eng. Mit den Händen tastet er sich an den kahlen Wänden in dem Gang voran.
Dumpfe Geräusche sind zu hören. Durch ein Rohr rauscht das Wasser, und irgendwo dort oben springt eine Ratte im Lüftungsschacht herum. An der nächsten Ecke hört er die Nachrichtenmelodie aus einem Fernseher, gedämpft, mit einem dunkleren Klang als sonst.
Er lässt sich auf den Boden gleiten und sitzt lange da und wartet. Der süßliche, stickige Geruch ist so penetrant, dass er die Hand über die Nase legt.
Auf der anderen Seite der Wand schreit ein Kind, eine Waschmaschine rumpelt, und aus dem Treppenhaus hallen Schritte.
Es dauert einige Stunden, bis Ruhe einkehrt und er sich auf steifen Beinen wieder aufrichtet. Vor dem Ausgang bleibt er stehen und dreht vorsichtig am Türknauf.
Die Dämmerung hat bereits eingesetzt, als der Umzugswagen in der Tegnérgatan im Zentrum Stockholms parkt. Alva steht neben ihrer Mutter Vanja auf dem Bürgersteig und schaut zu, wie die Heckklappe des Wagens herunterfährt. In seinem Inneren stapeln sich ungefähr sechzig Kisten und vier Betten, Papas Sofa, die Kommode und der Sekretär, den sie auf einem Flohmarkt in Ludvika gefunden haben.
»Es ist im zweiten Stock«, sagt Vanja und holt einen Zettel aus der Tasche. Sie gibt den Türcode ein und drückt die schwere Holztür auf.
Alva blickt an dem Haus hinauf, das von den Straßenlaternen beleuchtet wird. Die Fassade besteht aus hellgelbem Kalkstein und hat an einigen Stellen Risse, aber die Fenster sind frisch gestrichen. Vanja tritt hinter Alva und streicht ihr immer wieder über das helle lange Haar.
»Hier werden wir uns bestimmt wohlfühlen, Alva. Glaubst du nicht?«
Alva antwortet nicht. Sie macht einen Schritt nach vorn und versucht, ihre Jeans zu weiten. Die Hose spannt in der Taille, also öffnet Alva den obersten Knopf und zieht den Pullover lang, um den Bund zu verstecken.
»Geh mal zur Seite, Mädchen«, sagt einer der Männer, der eine Sackkarre mit zwei Kisten zum Lift rollt. Alva steigt langsam die Treppen zur Wohnung hinauf.
Das Treppenhaus ist schön. Der Boden besteht aus hellem Granit, und die Wände wurden in einem lichten Beigeton gestrichen. Ganz oben hat man eine Borte mit verschnörkelten Symbolen in Dunkelgrün und Rot angebracht.
Die Wohnungstür steht weit offen, und Alva betritt den Flur. Aus einem Zimmer im hinteren Teil der Wohnung hört sie Gelächter, also sind Sanna und Ebba schon angekommen. Sie behält die Turnschuhe an, die Umzugsleute haben sowieso bis weit in den Flur hinein Dreckspuren hinterlassen.
Auf der rechten Seite liegt die Küche, die auf den Hof hinausgeht, das Wohnzimmer auf der linken Seite hat Fenster zur Straße. Als Alva hinausschaut, sieht sie das Licht der Straßenbeleuchtung, und direkt gegenüber steht ein ebenso hellgrau verputztes Haus.
Die ganze Wohnung riecht neu. Die Wände und Decken sind frisch in Weiß gestrichen, und das Fischgrätparkett wurde abgeschliffen und lackiert. Die Türen sind massiv, man merkt, dass dies eine alte Wohnung ist.
Alva schaut in eines der Schlafzimmer, wo Sanna und Ebba sitzen und Umzugskisten auspacken.
»Ach, wunderbar.« Vanja kommt herein und stellt sich hinter Alva. »Habt ihr euch schon geeinigt, wer welches Zimmer haben will?«
Sanna steht auf und streicht sich die Haare aus der Stirn. Ebba und Sanna haben kaum zu bändigendes Haar, das sich immerzu lockt. Alvas Haare sind dagegen glatt und viel dünner.
»Ebba und ich teilen uns ein Zimmer«, erklärt Sanna. »Alva kann die kleine Kammer nehmen.«
»Prima«, sagt Vanja. »Alva, wollen wir sie uns mal ansehen?«
Vanja geht voraus und am Badezimmer vorbei, ehe sie eine Tür hinter der Küche öffnet.
»Schau doch, wie gemütlich«, sagt sie und knipst das Licht an.
In der Mitte des Raumes hängt eine nackte Glühbirne, und es wird sofort hell. Alva blinzelt. Die Kammer ist ungefähr halb so groß wie ihr altes Zimmer in der Villa. Ein kleines Fenster geht auf den Hof hinaus, aber mit einem Erker, in dem man sitzen und hinunterschauen kann. Rechts neben der Tür gibt es ein Einbauregal und einen Kleiderschrank, und zwischen das Fenster und die Längswand passt exakt das Bett. Allerdings hat die Tapete an der einen Wand ein Muster mit Blumen und Schmetterlingen. So eine hätte sich Alva bestimmt nicht ausgesucht.
»Das ist doch nett hier, oder, Alva?« Vanja geht zum Fenster und setzt sich.
Sie versucht, ihre langen Beine einzuziehen und im Erker auf die Fensterbank zu kriechen, aber sie ist zu groß für den engen Zwischenraum und steigt wieder hinunter.
»Überleg dir doch, welche Gardinen du haben möchtest. Ich muss nach den Umzugsleuten sehen«, sagt sie und lässt Alva allein in der Kammer zurück.
Alva erwidert nichts und sieht sich um. Alles fühlt sich ungewohnt und fremd an. Beim Auszug aus der Villa hat sie keine Träne vergossen, auch wenn ihre Mutter es erwartet hatte. Deshalb sollte sie mit Vanja im Umzugswagen fahren, und Sanna und Ebba durften bei Tove einsteigen. Aber sie wollte nicht weinen. Sie fühlte sich einfach nur leer, als hätte sie ein anderes Leben zurücklassen.
Im Flur ist ein lauter Plumps zu hören. Ein Mann schreit wütend einen anderen an, der mit heiserer, dunkler Stimme antwortet. Doch hier drinnen ist es still. Aber es herrscht eine gedrückte Stimmung, als wäre in diesem Zimmer noch etwas Vorheriges vorhanden, obwohl es leer ist.
Alva geht zum Fenster und setzt sich. Sie kauert sich zusammen und zieht die Beine unter sich. Sie passt genau in den Erker. Unter ihr wird der Hof von niedrigen Laternen beleuchtet, und das Laub schimmert im Regen, der inzwischen aus schweren Wolken fällt. Auf der anderen Seite des Hofs steht ein ähnliches, fast gleich altes Haus. Alva denkt, dass es vielleicht nicht einfach sein wird, den Heimweg zu finden. In ihrem alten Wohnviertel sahen die Einfamilienhäuser auch alle gleich aus, aber sie kannte jeden Stein.
Die Tür wird aufgestoßen, und der Mann, der den Umzugswagen gefahren hat, stellt zwei Kisten auf den Boden.
»Hallo, Mädel!«, sagt er. »Hier sind ein paar Sachen.« Er lächelt Alva an, macht aber auf dem Absatz kehrt, als er ihr ernstes Gesicht sieht.
Alva öffnet einen der Kartons und fängt an, ihre Bücher und Schätze auszupacken. Die Sparbüchse und die Spieluhr, die sie von Papa bekommen hat, hat sie in Luftbläschenfolie eingepackt, aber die Bläschen sind fast alle verschwunden, weil Sanna und Ebba sie ausgedrückt haben. Ebba hatte laut gelacht, als es zwischen ihren Fingern knallte.
Die Kitty-Bücher, die sie von ihrer Mutter geerbt hat, stellt sie ganz unten in das Regal, und dahinter versteckt sie das Lexikon der paranormalen Phänomene. Sie weiß, dass Vanja es nicht mag, wenn sie dieses Buch liest, aber sie kann es nicht lassen. Es fasziniert sie. Seit Alva lesen gelernt hat, hat sie jeden Abend darin geblättert, und mittlerweile hat sich schon der Leim von einigen Seiten und vom Einband gelöst. In ihrem Nachttisch versteckt Alva eine Taschenlampe, und meistens liest sie so lange, bis sie vor Erschöpfung einschläft.
Im zweiten Karton liegen die Bilder, die Alvas Großmutter gemalt hat. Alva hebt sie heraus und lehnt sie an die Wand. Sie sind schön, aber Alva versteht sie noch nicht. Vanja sagt, dass sie das nie tun wird, aber Alva glaubt, wenn sie nur ihre Sinne öffnet und in die Bilder hineinkriecht, kann sie bestimmt erkennen, was Großmutter sah, als sie sie malte.
Es sind drei Bilder, in klaren Farben mit unterschiedlichen geometrischen Motiven. Eines ist in Hellrosa und Gelb gehalten, mit einem Schuss Türkis und tiefem Blau. Die rosafarbenen und roten Felder bilden Ringe, die man für ein Kronblatt halten könnte, und in der Mitte der Blume wirbelt eine Spirale. Das zweite Bild ist orange und rot, mit strahlend blauen Schneckenhäusern, die rund um einen Blumenstrauß arrangiert sind. Um die Schneckenhäuser windet sich eine dicke schwarze Schlange mit roten Flecken neben den Augen. Das dritte ist Alvas Lieblingsbild. Der Hintergrund ist golden und schwarz mit einem Dreieck in Regenbogenfarben, das in sieben Felder aufgeteilt ist, und darüber schwebt ein goldener Kreis mit einer grünen Konturlinie.
Alva legt sich vor den Bildern auf den Boden. Sie ist ihnen so nah, dass sie die Pinselstriche sieht. Und sie weiß, dass es ein Rätsel gibt, das man lösen muss, und dass ihr die Symbole etwas verraten können. Aber wenn sie Vanja fragt, was sie wohl bedeuten, hat ihre Mutter auch keine Antwort.
»Du weißt, dass Großmutter nicht ganz gesund war, als sie die letzten Bilder gemalt hat«, entgegnet sie jedes Mal, wenn Alva sie darauf anspricht.
Trotzdem hat Alva in Büchern nach den Symbolen gesucht, um das Rätsel zu lösen. Früher war sie überzeugt, dass die Bilder eine Botschaft beinhalten, die an sie gerichtet ist, aber jetzt ist sie sich nicht mehr sicher.
Vielleicht geht es nur um eine allgemeine Nachricht, um etwas, das Großmutter allen erzählen wollte, nachdem sie die Fähigkeit verloren hatte, zusammenhängend zu sprechen.
Als die Kisten leer sind, tritt Alva einen Schritt zurück. Obwohl ihre Sachen jetzt im Regal stehen, fühlt sich das Zimmer immer noch fremd an. Vielleicht hat die Stimmung im Raum sogar die Bücher angesteckt. Sogar ihre eigenen Sachen wirken sonderbar und ungewohnt in der neuen Wohnung.
Sie wird aus ihren Gedanken gerissen, als es an der Tür klopft. Derselbe Umzugsmann wie zuvor kommt mit ihrem Bett, der großen Tasche mit Kissen und der Decke herein. Kaum hat er den Raum verlassen, steht Vanja in der Tür. »Das hast du aber schön gemacht, meine Kleine! Wir wollen Pizza bestellen. Für dich eine Hawaii?«
Vanja hat mit einer richtigen Tischdecke gedeckt, die sie über zwei Umzugskisten drapiert hat. Die Pizzakartons liegen aufgeklappt auf dem provisorischen Tisch, und auf einer Platte stehen drei Teelichter, eine große Fanta und eine Rotweinflasche.
»Noch mal danke, dass du beim Umzug helfen konntest. Das kam ja etwas plötzlich«, sagt Vanja zu Tove und nimmt ein Stück Capricciosa.
»Kein Problem«, entgegnet Tove. »Es ist einfach klasse, dass ihr wieder hierhergezogen seid. Und was für eine schöne Wohnung du gefunden hast, das ist in dieser Stadt ja wirklich nicht einfach. Der Immobilienmarkt spielt vollkommen verrückt, du ahnst ja gar nicht, wie sehr er sich in den letzten fünfzehn Jahren verändert hat.«
Alva hat das Gefühl, dass sich Vanja anders bewegt. Sie gestikuliert und lacht beim Reden, und ihre Augen sind viel größer.
»Ja, sie ist sehr schön, oder?«, sagt Vanja und schenkt Tove Wein nach. »Zum Glück bin ich weiter auf der Warteliste geblieben, obwohl wir so lange in Ludvika gewohnt haben. Es gibt zwar nur drei Schlafzimmer, aber Sanna und Ebba wollen sich sowieso ein Zimmer teilen, also bekomme ich ein eigenes. Alva nimmt die kleine Kammer. Und die Wohnung ist so sauber! Als ich vor einem Monat hier war und sie angesehen habe, war sie ein bisschen schmuddelig. Aber die Vermieterin ist wirklich eine goldige alte Dame, die versprach, sich darum zu kümmern, und jetzt ist alles frisch gestrichen und abgeschliffen und wunderbar.«
»Oh ja«, sagt Tove. »Ich liebe diese Jahrhundertwendehäuser.«
Sanna und Ebba reden leise miteinander. Alva versteht nicht, was sie flüstern, gibt das Lauschen auf und nimmt ein Stück Pizza, auf das sie einen zusätzlichen Ananasring legt.
»Mama, Alva klaut mein Essen«, mosert Ebba sofort und pikst Alva mit dem Finger in die Taille.
»Hört auf zu meckern, Mädchen«, sagt Vanja und reicht Sanna eine Serviette. Sanna wischt sich über den Mund.
»Aber es stimmt doch.« Ebba ist beharrlich.
»Schau her!«, sagt Vanja. »Du bekommst ein Stück von mir.«
Vanja nimmt ein großes Stück von ihrer Capricciosa und legt es auf Ebbas Teller.
»Sie braucht ja wirklich nicht so viel zu essen«, sagt Ebba, aber viel leiser.
Alva spürt, wie ihr das Fett von dem Käse übers Kinn läuft. Sie kaut und schluckt den Pizzabissen herunter.
Vanja trinkt von ihrem Wein und setzt sich in den Schneidersitz.
»Zuerst war ich ein wenig besorgt, als die Vermieterin sagte, sie würde sich selbst darum kümmern. Um ehrlich zu sein, wirkte sie ziemlich verwirrt, und man weiß ja nicht, ob so eine alte Frau denselben Geschmack hat wie man selbst. Aber es ist doch toll geworden!«
In dem Moment ertönt aus dem Flur ein Knall, und in der Küche geht das Licht aus.
»Mein Gott, was war das?«, ruft Vanja.
Tove steht auf und zieht ein Feuerzeug aus der Hosentasche ihrer Jeans. Die Mädchen bleiben im Dunkeln sitzen, als Tove und Vanja in den Flur hinausgehen.
»Mama!«, schreit Sanna.
Ebba und Sanna klammern sich aneinander.
»Da ist nur eine Glühbirne zersprungen«, ist Toves Stimme von draußen zu hören. »Wartet, ich werde die Sicherung reindrehen.«
Das Licht leuchtet wieder auf, aber Ebba und Sanna lassen einander nicht los. Tove kommt mit Glasscherben in die Küche, die sie in Zeitungspapier wickelt und in den Müll wirft. »Habt ihr Angst gehabt?«, fragt sie.
Jetzt kommt auch Vanja zurück und setzt sich wieder auf den Boden. Sie sieht bleich aus, als sie sich mehr Salat auf den Teller legt.
Tove nimmt das letzte Stück Pizza.
»Jetzt esse ich nur zum Spaß, obwohl ich satt bin«, sagt sie, und Vanja lacht. Es ist ein lautes, fröhliches Lachen. Alva erkennt es nicht wieder.
»Und wie sieht es mit Arbeit aus?«, fragt Tove.
»Ich habe schon einen Job. Eine Vertretung in der Vasa-Schule. Am Montag fange ich an«, erklärt Vanja. Sie zieht die Augenbrauen hoch und strahlt, als sie ihr Glas Tove hinstreckt und mit ihr anstößt.
»Und was wird mit Thomas?«, fragt Tove weiter.
Vanja schielt zu den Mädchen.
»Lass uns später darüber reden.«
Sie steht auf und klappt die Pizzaschachteln zu. Dann gießt sie Limonade in Alvas Glas nach, das schon wieder leer ist.
»Tove, können wir Plätze tauschen?«, sagt Sanna.
»Warum denn?«, fragt Vanja.
»Es ist unheimlich, mit dem Rücken zum Flur zu sitzen. Hier drinnen spukt es ja.«
Vanja greift nach einer von Sannas Haarsträhnen und befestigt sie wieder mit einer Spange.
»Das war nur eine Glühbirne. So etwas passiert, daran ist gar nichts merkwürdig«, sagt Tove.
»Ich will trotzdem tauschen«, beharrt Sanna, und Tove steht auf und geht um den improvisierten Tisch herum.
Vanja lächelt Tove dankbar zu.
»Du weißt, wie das ist, der erste Abend an einem neuen Ort.«
Alva dreht sich zum Fenster und sieht in die Dunkelheit hinaus.
Peter wiegt das Kind auf dem Arm und stellt sich ans Fenster. Mit der freien Hand schiebt er den Vorhang beiseite und blickt auf die Straße hinunter. Die beiden Männer schließen die Heckklappe des Umzugswagens und springen in die Fahrerkabine. Während sie rückwärts aus der engen Parklücke rangieren, wippt Peter auf und ab. Eben will er Wilma die blinkenden Lichter zeigen, da stellt er fest, dass sie eingeschlafen ist. Er tritt einen Schritt von der beleuchteten Straße zurück und legt das Mädchen vorsichtig ins Bett.
Seit dem Morgen hat Wilma nicht mehr ordentlich geschlafen und sich auch geweigert, die Ersatznahrung zu essen. Wann immer es ihm gerade gelungen war, sie zum Einschlafen zu bringen, wurde Wilma wieder vom Lärm im Treppenhaus geweckt. Den ganzen Abend über sind die Leute mit Kisten und Möbeln durchs Treppenhaus gelaufen, und zwei der neuen Mädchen haben sich lauthals unterhalten und Möbel über den Boden geschoben. Er musste mit Wilmas Babytrage ins Wohnzimmer umziehen, damit sie nicht von den Geräuschen gestört wurde. Die jüngere Schwester scheint etwas ruhiger zu sein als die älteren Mädchen. Er hat sie auf der Straße stehen und traurig zu den Fenstern hochschauen sehen.
Peter achtet darauf, dass die Decke nicht auf Wilmas Gesicht liegt. Als er sich wieder aufrichtet, wird ihm plötzlich bewusst, dass er noch vor einem halben Jahr weder Zeit noch Interesse daran hatte, seine Nachbarn zu beobachten. Aber jetzt sind die Geschehnisse im Haus, im Hof und auf der Straße sein einziger Lebensinhalt, abgesehen von den Seifenopern, die er tagsüber im Fernsehen verfolgt.
Kristina ist noch nicht heimgekommen. Er hatte gehofft, sie würde früh am Abend zurück sein, aber sie sagte nur, er solle nicht aufbleiben und warten. In den letzten Wochen ist sie gekommen und gegangen, wie sie wollte, doch er hat beschlossen, sich nicht zu beklagen. Es ist schon eine Verbesserung, verglichen mit dem Zustand vor ein paar Monaten, als Wilma neugeboren war und Kristina es nicht einmal schaffte, das Bett zu verlassen.
Anfangs hatte er gar nicht bemerkt, dass etwas nicht stimmte. Die dramatische Geburt hatte sie beide nervös gemacht, und als sie aus dem Krankenhaus heimkamen, war alles so grundlegend anders und neu, dass er keine Zeit hatte, darüber nachzudenken. In der ersten Zeit nahm er an, dass Kristina nach der Geburt müde wäre, und er kümmerte sich allein um Wilma, damit sich Kristina erholen konnte. Nachdem sie zwei Tage durchgeschlafen hatte und auch am dritten nicht aufzustehen vermochte, machte sie ihre Schmerzen dafür verantwortlich.
Der Arzt hatte es mehrere Male mit der Saugglocke versucht, ehe sie einen akuten Kaiserschnitt vornahmen und Wilmas Atmung in Gang brachten. Aber als sie Wilma an Kristinas Brust legten, wollte die das Kind kaum ansehen, und nach den beharrlichen und missglückten Versuchen der Hebammen, Kristina zum Stillen zu bewegen, musste Peter Ersatzmilch mit dem Fläschchen geben. Er nahm seine Elternzeit ein halbes Jahr eher als geplant.
Schließlich rief er die Hebamme an. Man stellte fest, dass Kristinas Heilung gut voranschritt, aber vereinbarte dennoch einen Termin bei der Psychologin der Abteilung. Kristina hatte mehrere Termine zur Nachuntersuchung, doch kam auch dafür kaum aus dem Bett. Peter musste ihr beim Anziehen helfen, während Wilma schreiend auf dem Boden lag.
Sie schreit weiterhin. Genau das ist das größte Problem. Aber die Ärzte sagen, es könnte schon in etwa einem Monat besser werden und dass die Koliken dann abflauen.
Gerade hat er es geschafft, sich mit einer Tasse Kaffee aufs Sofa zu setzen, als sie wieder aufwacht. Er schaut auf die Uhr. Ganze fünfzehn Minuten hat sie geschlafen. Peter hebt Wilma wieder hoch und wiegt sie im Arm, während er in die Küche geht und Wasser für die Ersatzmilch kocht. Die Milch ist ein bisschen zu heiß, als er einige Tropfen auf der Handfläche testet, und er bläst vorsichtig über die Fläschchenöffnung, wobei er Wilma hin und her wiegt und ihr den Rücken tätschelt.
Mit Wilma auf den Knien sinkt Peter aufs Sofa, und das Baby trinkt eine Weile aus der Flasche. Er überlegt, ob er Kristina anrufen soll, beschließt jedoch abzuwarten. Als er das letzte Mal fragte, wo sie gewesen sei, bekam er eine kurze und verwirrende Antwort: »Solltest du nicht zumindest ein bisschen froh und dankbar sein, dass ich nicht den ganzen Tag im Bett liege und schlafe?«
Und natürlich ist er das, er war erleichtert, als sie eines Tages aus dem Bett stieg und allein in die Stadt ging. Aber dann verschwand sie für immer längere Zeiträume, und er wusste nicht, wo sie war.
»Ich hab die Mädels getroffen«, sagt sie gewöhnlich oder: »Ich bin spazieren gegangen.« Wenn sie heimkommt, fragt sie meist nicht einmal danach, wie es Wilma geht oder der Tag verlaufen ist. Und wenn er es sich genauer überlegt, hat sie Wilma in der Tat nur ein paarmal im Arm gehalten und nur einmal gefüttert, nachdem er das Fläschchen zubereitet hatte.
Er versucht, nicht daran zu denken. Jetzt hat er keine Wahl, auch wenn Kristina diejenige war, die sich ein Kind gewünscht hatte, während er hatte warten wollen.
Er versucht, auch nicht an all die SMS zu denken, die sie abends verschickt, und an das T-Shirt, das er nicht wiedererkannte, als er mit Wilma von einem Wochenende in Göteborg heimkam. Ebenso wenig denkt er daran, dass er manchmal den Duft eines Herrenparfüms wahrnimmt, wenn Kristina ins Bett schlüpft in der Annahme, dass er schliefe. Er hat den Verdacht, dass sie sich absichtlich nicht wäscht, weil sie weiß, dass ihn das verletzt, und sie will ihn verletzen. Deshalb hat er beschlossen, nicht mehr zu fragen – weil er es nicht wissen will.
Wilma hat jetzt ein Drittel des Fläschchens getrunken und fängt wieder an zu schreien. Er möchte sie dazu bewegen, die Flasche erneut zu nehmen, aber sie weigert sich. Also steht er auf und beginnt zu singen. Es ist eine Melodie, die er selbst erfunden hat, eine Mischung aus zwei bekannten Kinderliedern. Manchmal beruhigt es sie, aber sicher ist das nicht. Er hofft, dass man Wilmas Geschrei in der Wohnung darüber hört, als Strafe dafür, dass sie das Baby zuvor geweckt haben.
Fünf Stunden später ist Wilma vor Erschöpfung eingeschlafen, und Peter legt sie in das Gitterbett. Er achtet darauf, dass ihr Köpfchen bequem auf dem Kissen ruht, das eine kleine Aushöhlung hat, damit ihr Kopf eine schöne Form erhält. Dann breitet er die weiße Decke über sie und fühlt nach, dass Wilma es nicht zu warm hat. Es ist seine alte Babydecke, die seine Mutter genäht hat. Der Stoff ist cremeweiß und flauschig, und er riecht daran, bevor er das Fußende der Decke unter die Matratze schiebt. Die Decke duftet gut, nach Wilma. Er schaut das Mädchen noch einmal an und kriecht dann in sein Bett.
Eine Weile liegt er wach und wartet auf Kristina, doch dann überwältigt ihn die Müdigkeit. Aber er träumt rastlos, wacht mehrere Male auf und wälzt sich im Bett herum. Als er früh am Morgen von Wilmas Schreien erwacht, ist Kristina immer noch nicht nach Hause gekommen.
Peter bleibt noch einen Moment liegen und lässt Wilma brüllen, während er auf das gemachte Bett neben sich blickt. Ihm ist übel, und er hat das Gefühl, er müsse sich übergeben, sowohl vor Müdigkeit als auch aus einem anderen Grund. Aber dann steht er auf und geht zu dem Gitterbett.
Der Raum beginnt sich zu drehen, und Peter hält inne. Als er, den Kopf zwischen den Knien, vornübergebeugt dasteht, hört er den Schlüssel im Schloss und dann das scharfe Geräusch von Kristinas Absätzen auf den Fliesen im Flur. Er beschließt, ihr kein »Hallo« zuzurufen, und hört, wie sie ins Bad geht und die Tür abschließt. Wilma nimmt einen neuen Anlauf und schreit in einer noch höheren Oktave.
Er entdeckt es sofort, als er in Wilmas Bett schaut. Sie liegt mit fuchtelnden Armen da. Die Decke ist heruntergerutscht, und darauf befindet sich der große schwarze Abdruck einer Hand, der zuvor noch nicht dort war.
Während er die Decke hochhebt, schreit Wilma weiter. Doch er hört ihr Gebrüll, als würde er in einer Blase stehen, und ein Schauder läuft ihm eiskalt über den Nacken und Rücken.
Der Handabdruck ist sehr deutlich auf dem cremeweißen Stoff zu sehen. Er hat scharfe Umrisse, Peter kann sogar den Verlauf der Linien in der Handfläche erkennen. Er hebt seine eigene Hand und betrachtet sie. Sie ist sauber, und er legt die Hand auf den Abdruck und vergleicht. Die schwarze Handfläche auf der Decke ist fast doppelt so groß wie seine eigene Hand.
»Essen ist fertig!«
Vanja ruft in den Flur hinaus, und Sanna und Ebba kommen sofort angelaufen. Es regnet wieder, und den ganzen Tag über sind weder Sanna noch Ebba oder Alva draußen gewesen. Stattdessen haben sie Vanja geholfen, Kisten auszupacken, und mehrmals das Sofa herumgeschoben, bis es an der perfekten Stelle im Wohnzimmer stand.
In der Küche herrscht nach wie vor Chaos. Die Kartons sind immer noch nicht zusammengefaltet, und überall liegt Zeitungspapier herum, in das das Geschirr eingeschlagen war. Aber der neue Esstisch und die Stühle stehen an ihrem Platz, und die Gläser und das Geschirr sind im Schrank.
Sanna und Ebba holen Teller und decken den Tisch, während Alva Wasser in Gläser füllt. In der Wohnung unter ihnen weint ein Baby, und Vanja deutet auf den Boden.
»Zum Glück seid ihr nicht mehr so klein«, sagt sie. »Habt ihr Hunger?« Sie schaufelt Kartoffelbrei und Würstchen auf die Teller.
»Ist das Fertig-Kartoffelbrei?«, fragt Ebba und rümpft die Nase.
»Das ist eklig«, mosert Sanna und zermatscht den Brei mit der Gabel. Sie zieht die Zinken über den Teller, dass es quietscht.
»Hör auf!«, ruft Vanja und reicht ihr das Ketchup. »Es geht eben nicht anders. Heute Abend gibt es Fertig-Kartoffelbrei, und morgen vielleicht auch. Ihr wisst, dass es gerade etwas chaotisch ist. Aber es wird besser werden.«
Alva schaut weg, sie will nicht sehen, wie Vanjas Lippe zittert, ehe sie darauf beißt.
»Und wann?«, fragt Ebba. »Wann wird es besser?«
»Bald!«, entgegnet Vanja und ringt sich ein Lächeln ab. »Zuerst müssen wir Ordnung in die Wohnung bringen, und nach dem Wochenende habt ihr ja Schule. Das wird bestimmt cool! Jede Menge neue Freunde kennenlernen und in Stockholm wohnen ist sicher toll.«
Sanna und Ebba sitzen still da und essen, und Alva schneidet eine Blume aus einer dünnen Scheibe Fleischwurst auf ihrem Teller. Sie gleicht beinahe der Blume auf Großmutters erstem Bild. Noch bevor es Mama sehen kann, zerschnippelt Alva sie und stopft sich ein großes Stück davon in den Mund.
Als die Spülmaschine eingeräumt ist, setzt sich Vanja aufs Sofa und schaltet die Nachrichten an. Alva steht im Flur und hört Sanna und Ebba zu, die Karten spielen. Alva könnte sie fragen, ob sie mitmachen darf, aber da fällt ihr ein, dass dieses Kartenspiel nicht besonders lustig ist. Also ist es auch egal, dass die beiden Alva nicht gefragt haben, ob sie mitspielen will.
Sie lehnt sich an den Türrahmen zum Wohnzimmer. Der Teppich, der so gut in den Gang in der Villa gepasst hat, bedeckt beinahe den ganzen Flurboden in der Wohnung. An der Badezimmertür hat Mama bereits das Schild mit »Besetzt« aufgehängt, das man herumdrehen soll, wenn man auf der Toilette ist, aber hier braucht man es nicht. Schließlich war in der Villa das Türschloss kaputt. Und außerdem war es egal, ob man das Schild umdrehte. Sanna und Ebba rannten trotzdem immer ins Bad, wenn Alva auf der Toilette saß.
»Aber Alva, was stehst du denn da?«, fragt Vanja.
Alva geht ins Wohnzimmer und setzt sich auf das Sofa an die Stelle, wo Papa gewöhnlich immer saß. Sie lehnt den Kopf an die Rückenlehne und glaubt, seinen Geruch wahrzunehmen. Ein flüchtiger Duft von Rasierwasser oder Deodorant, den der Stoff ausströmt.
In den Nachrichten sprechen sie von einem Politiker, der sich auf dem jüngsten Parteikongress blamiert hat. Aufgeregte Leute reden wild durcheinander.
»Was für ein Idiot«, sagt Mama, aber Alva hat den Verdacht, dass sie nicht den Mann im Fernsehen meint. Die Nachrichten sind zu Ende, und Vanja schaltet um.
»Jemand, der nicht einmal seinen Alkoholkonsum kontrollieren kann, sollte nicht mein Chef sein«, schimpft eine Frau. Eine Talk-runde sitzt um einen Tisch, und die Wangen der Frau sind tiefrot. Sie spricht laut und gestikuliert wild.
»Nee, das hier ist wohl nicht das Richtige«, sagt Mama und schaltet den Fernseher aus. »Und außerdem ist es Zeit für dich, ins Bett zu gehen.«
Alva putzt sich die Zähne und zieht den weichen, hellrosa Schlafanzug an. Sie mag kein Rosa, aber dieser hier hat denselben Farbton wie die Blume auf Großmutters Bild. Der ist in Ordnung. Dann kriecht sie unter die Decke, und Vanja schaltet die Lampe am Fenster an und die Deckenleuchte aus. Die Fensterlampe dreht sich und verbreitet einen weichen gelben Schein mit kleinen Sternen darum herum. Alva hat sie schon als kleines Kind bekommen.
»Soll ich dir noch etwas vorlesen?«, fragt Vanja und setzt sich auf die Bettkante.
»Okay«, antwortet Alva und stapelt die Kissen, damit sie halb aufrecht im Bett sitzt.
Vanja geht zum Bücherregal und fährt mit dem Finger über die Buchrücken. Alva hält die Luft an, aber Mama entdeckt das Lexikon nicht, das Alva hinter den anderen Büchern versteckt hat.
»Also, dass du schon Kitty liest«, sagt Vanja. »Ich war sicher drei Jahre älter, als ich damit angefangen habe.«
Mit dem Kleinen Prinz in der Hand geht Vanja zum Bett zurück. Alva seufzt. Den hat sie schon mehrere Mal gelesen, aber ihr ist klar, dass sie das besser nicht sagt. Sie schaut ihre Mutter an. Ihre Lippe zittert wieder so.
»Das wird schon, Mama«, murmelt sie, und Vanja schluchzt auf und streicht sich mit der Hand über das Gesicht. Dann lächelt sie, legt einen Arm um Alva und zieht sie zu sich heran. Alva hat das Gefühl, kaum noch Luft zu bekommen, aber sie sagt nichts.
»Ja, mit dem Umzug«, bekräftigt Vanja. »Neu anzufangen ist gut.« Ihre Augen sind gerötet. »Du vermisst Papa bestimmt. Ich auch.«
»Ich vermisse ihn mehr«, sagt Alva.
»Ja, sicher. Du vermisst ihn mehr.«
Eine Weile sitzen sie still da, und Vanja lockert ihren Griff um Alva ein wenig.
»Aber er hat gesagt, dass er später nachkommt«, erklärt Alva.
»Ach ja, hat er das?«, fragt Vanja. »Nun, wir werden sehen, wie es läuft.«
Jetzt schlägt Alva das Buch auf, und sie beginnen gemeinsam zu lesen, aber nach ein paar Seiten blättert Alva nicht mehr um und fragt: »Kannst du nicht lieber von Großmutter erzählen?«
Vanja seufzt leise.
»Schon wieder? Du weißt, dass ich mich nicht so gut an sie erinnere.«
»Erzähl trotzdem«, bittet Alva und lächelt zum ersten Mal an diesem Abend. Ihre Wangen werden noch runder, und am Kinn bildet sich ein Grübchen.
»Na gut. Deine Großmutter war ein ganz besonderer Mensch. Und sie war ausgesprochen klug, genau wie du, bestimmt hätte sie dich gemocht. Ihr seid euch wirklich sehr ähnlich. Sie war auch ganz still. Deine Großmutter saß oft einfach nur da und sah den anderen zu, sie stand nicht gern im Mittelpunkt.«
Alva knufft die Kissen in ihrem Rücken zurecht.
»Und sie war begabt«, fährt Vanja fort. »Aber als deine Großmutter lebte, war es nicht leicht, eine Künstlerin zu sein, also hat sie heimlich gemalt. Keiner in ihrer Verwandtschaft wusste, dass sie eine Künstlerin war, außer mir und deinem Großvater. Aber manchmal, wenn ich die Treppe zu ihrem Atelier im Speicher hinaufschlich, zog sie ein Tuch über das Bild, mit dem sie gerade beschäftigt war. Erst im Nachhinein habe ich begriffen, dass sie an einem Projekt arbeitete, das sie sogar vor uns verheimlichte. Es waren die Malereien des siebten Sinns. Sie wurden nie vollendet. Ins Wohnzimmer hat sie dagegen all ihre Arbeiten von Blumen und Pflanzen gehängt. Das sind meine Lieblingsbilder. Aber dir gefallen wohl die Malereien des siebten Sinns am besten?«
»Ja«, sagt Alva.
»Das kann ich beinahe verstehen.«
Vanja nimmt eine Wolldecke und legt sie sich über die Beine.
»Es ist ein bisschen kalt hier, findest du nicht? Zieht es vielleicht vom Fenster?«
Dann erzählt sie weiter.
»Als ich klein war, dachte ich, dass Großmutter freitags ihre Freundinnen treffen und mit ihnen Rezepte austauschen und Kaffee trinken würde. Aber als wir nach ihrem Tod ihr Tagebuch und ihre Bilder fanden, begriffen wir, dass sie Séancen abhielten. In dem Buch gab es ein Bild von einem Altar, ein kleiner Tisch mit einem Spitzendeckchen, Fotografien und einem silbernen Kandelaber. Sie nannten sich ›Das Quartett‹ und versammelten sich regelmäßig um den Altar, um mit der Geisterwelt zu kommunizieren. Deine Großmutter hat in dem Buch notiert, dass sie bei mehreren Séancen Kontakt mit einem Geist hatte, der ihr erzählte, was sie malen sollte. Sie nannte ihn Adrian, und sie sagte, er würde sie steuern. Dabei musste sie nur die Hand auf das Papier legen und die Augen schließen, schon spürte sie, dass die Hand von einer anderen Kraft übernommen wurde, die dann das Kunstwerk erschuf. Ihre Freundinnen, mit denen sie die Séancen abhielt, waren ebenfalls Künstlerinnen, und auch sie malten Motive, die ihnen als Botschaften von einem höheren Bewusstsein übermittelt wurden. ›Das Quartett‹ behauptete, es ›überlasse seinen Körper einem höheren Wesen‹. Sie sagten, sie malten mediumistisch, in automatischer Malerei. Im Tagebuch deiner Großmutter steht, dass wir in unserer materialistischen Zeit nur einen kleinen Teil der Welt sehen und unser Bewusstsein erweitern müssen, um den Zusammenhang zu begreifen.«
Alva liegt still und mit großen Augen da und blickt zur Decke. Vanja nimmt ihre Hand.
»Alva?«
»Ja?«
»Du weißt, dass Großmutter sich das nur eingebildet hat, oder? Das mit den Geistern, die durch sie gemalt haben – es gibt keine Gespenster, das ist dir schon klar?«
Alva seufzt und dreht sich weg.
»Logo, Mama.«
Vanja steht auf, geht zum Fenster und schaltet die Lampe aus.
»Dann ist es gut, Liebling. Jetzt schlaf schön. Ich lass die Tür offen.«
»Nein, mach sie zu«, sagt Alva und zieht die Bettdecke hoch. Sie liegt da und wartet, bis sie Vanja ins Bad gehen hört. Dann steht sie auf, schleicht zum Bücherregal und holt das Lexikon hervor. Leise schaltet sie die Taschenlampe ein und schlägt das zerlesene Buch auf.
Alva öffnet die Augen und ist sofort hellwach. Irgendetwas hat sie geweckt, aber sie weiß nicht was. Als sie in den Flur lauscht, ist es still, aber sie setzt sich im Bett auf.
Dann greift sie nach dem schweren Buch über übernatürliche Phänomene und schaltet wieder die Taschenlampe ein. Die Bettdecke zieht sie über den Kopf, sodass sie wie in einer Höhle sitzt.
Als sie das Buch aufschlägt, platzt wieder etwas Leim am Einband auf. Weitere Blätter lösen sich und gleiten auf das Laken. Alva stapelt sie in der richtigen Reihenfolge und schiebt sie ins Buch zurück. Dann schließt sie die Augen, schlägt zufällig eine Seite auf und setzt den Finger darauf. Sie öffnet die Augen und beginnt die Stelle zu lesen, wo der Zeigefinger gelandet ist.
Beim Automatismus ist sich der Künstler oder Schriftsteller seiner Handlungen nicht bewusst, während er ein Werk erschafft. Dieses Phänomen bezeichnete man als Dissoziation, was eine Form der multiplen Persönlichkeit ist. Die Frage, inwiefern diese neue Persönlichkeit, die dabei hervortritt, ein Teil des Künstlers selbst oder ein Geist oder eine Seele ist, der oder die Zugang zum Körper des Künstlers erhalten haben, hat die Kunstwelt lange beschäftigt.
Es ist nicht ungewöhnlich, dass der Künstler selbst sein eigenes Werk nicht wiedererkennt, wenn er aus seiner Hypnose oder Trance erwacht. Manchmal wurde das Werk mit einem anderen Namen signiert, in der Regel dem eines Verstorbenen, der sich als Urheber während der Entstehung des Werkes bezeichnet.
Bei früheren Versuchen mit automatischer Schrift entstanden die Planchette und das Ouija-Brett, zwei Instrumente, die den Geistern helfen, mit der wirklichen Welt zu kommunizieren. Bei der Planchette wird ein Bleistift verwendet, der auf einem Stativ befestigt ist. Das Ouija-Brett war wie ein Glücksrad konstruiert, auf dem ein Pfeil auf Buchstaben zeigte, um Wörter und Sätze zu bilden.
Der bekannteste Fall im Bereich des Automatismus ist die Schriftstellerin Pearl Curran, die unter dem Namen Patience Worth Bücher veröffentlichte. Mrs Curran war eine amerikanische Hausfrau aus St. Louis, 1883 geboren, die weder psychische Probleme noch Tendenzen einer multiplen Persönlichkeitsstörung aufwies. Sie war normal begabt und zeigte keinerlei literarisches Talent, ehe sich Patience Worth offenbarte.
Innerhalb von vierzehn Jahren schrieb Patience Worth mehr als zwei Millionen Wörter durch Pearl Curran. Sie verfasste Lyrik, Fabeln, Aphorismen und Prosa in faszinierender Geschwindigkeit.
Worth erzählte, dass sie in der Mitte des 17. Jahrhunderts in England gelebt hätte. Als junges Mädchen war sie nach Amerika gekommen, aber im Kampf mit den Indianern getötet worden. Viele ihrer Werke spielen im England des 17. Jahrhunderts und sind in einer Sprache verfasst, die man damals dort sprach. Das zweihundertvierzig Seiten umfassende Werk Telka besteht zu neunzig Prozent aus altnordischen Wörtern und wurde in fünfunddreißig Stunden diktiert.
Für ihren letzten Roman erhielt Worth den Pulitzerpreis, und auch ihre Lyrik wurde von der Kritik gut aufgenommen. 1937 starb Mrs Curran, und Worth verschwand von der literarischen Bühne.
Alva ist klar, dass sie das Buch deshalb an genau dieser Stelle aufschlug, weil sie die schon so oft gelesen hat, dass der Leim vollständig von der Seite abgeblättert ist. Neues hat sie nicht entdeckt, sie klappt das Buch zu.
Allmählich wird sie müde, zieht die Decke vom Kopf und nimmt einen tiefen Atemzug. Außerhalb der Höhle ist die Luft deutlich frischer.
Für Großmutters Tagebuch würde Alva alles Mögliche geben, aber Vanja hat gesagt, dass es bei einem Umzug verloren gegangen sei und es seit zehn Jahren keiner mehr gesehen hätte. Alva glaubt ihr nicht. Ein Tagebuch ist viel zu wichtig, als dass man es verschlampt. Bei Gelegenheit will sie danach suchen.
Jetzt spürt sie einen Druck auf der Blase, also steigt sie aus dem Bett, schiebt die Füße in die Pantoffeln und wickelt sich in den Bademantel. Ihre Mutter hat recht, hier ist es kälter als in der Villa.
Alva öffnet die Türe und tritt auf den Flur hinaus. Sie bleibt kurz stehen, damit sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnen können. Aus dem Küchenwasserhahn tropft es, und das Geräusch verstärkt sich in dem stillen, düsteren Raum.
Über den dicken Teppich schleicht Alva ins Bad. Als sie fertig ist, zögert sie einen Moment, ehe sie die Badezimmertür öffnet. Irgendetwas stimmt hier nicht. Sie spürt ein Unbehagen im Bauch, aber sie hat keine Angst.
Der Hahn tropft nun schneller. Plopp, plopp, plopp macht es, wenn die Tropfen im Spülbecken landen. Alva knotet sich den Gürtel des Bademantels um den Bauch und geht in die Küche. Die Wolken sind auseinandergeglitten, und das Mondlicht gleißt scharf über die Wände und den Boden.
Alva schaut in den Hof hinunter. Alle Fenster sind dunkel. Nur die Laternen neben der Sandkiste werfen flimmernde Lichtkegel über die Wiese und den Kiesweg. Sie öffnet das Fenster. Draußen singt kein einziger Vogel, aber in der Ferne erklingt das Geräusch eines Autos, das gestartet wird und dann in der Nacht verschwindet. Alva schließt das Fenster, geht zur Spüle und dreht am Hahn. Das Tropfen verstummt.
Die Wolken haben den Mond wieder verdeckt, und das Wohnzimmer ist jetzt ganz dunkel. Es ist schwer, einzelne Möbel auszumachen. In der Villa wusste Alva genau, wo alles stand, aber die Möblierung und die Eigenheiten dieser Wohnung hat sie sich noch nicht eingeprägt. In der Villa knackte es manchmal in den Wänden, wenn sie den offenen Kamin befeuert hatten, aber hier klingt es wie ein Kratzen an der Wand. Und es rauscht und klopft in den Rohren.
Das Kratzen wird deutlicher. Vielleicht flitzen Ratten durch die Abwasserleitungen. Alva geht zu dem Wandschrank im Flur und öffnet ihn. Neben den Jacken ist der Schrank zur Hälfte mit alten CDs gefüllt, die Vanja noch nicht sortiert hat. Die übrigen Regalbretter sind leer, und Alva befühlt die Rückwand des Schranks. Da verstummt das Schaben.
Sie schließt die Schranktüren und geht wieder ins Wohnzimmer. Jetzt hat sie sich fast an die Dunkelheit gewöhnt. Die Möbel zeichnen sich als harte Schatten ab.
Wieder beginnt es, hinter der Wand zu kratzen. Das sind keine Ratten. Es klingt nach etwas viel Größerem.
»Großmutter?«, flüstert Alva in die Wohnung hinaus. Das Scharren verstummt erneut.
Plötzlich hat Alva das starke Gefühl, dass sie jemand ansieht.
»Großmutter«, wiederholt sie, jetzt ein wenig lauter. »Komm heraus, Großmutter. Mach dir keine Sorgen, ich habe keine Angst.«
Einige Minuten steht Alva still da und wartet, aber alles bleibt ruhig. Sie konzentriert sich, doch sie hört nichts. Also geht sie in ihr Zimmer zurück, legt sich unter die Decke und schließt die Augen.
Der Schulhof ist kleiner als in Ludvika und liegt mitten in der Stadt. Ein hoher Zaun schirmt den Basketballplatz von der Straße ab, auf der die Autos viel schneller fahren als erlaubt. Auf der anderen Straßenseite ist ein Wäldchen, in das die Schüler aber nicht gehen dürfen. Doch auf dem Schulhof gibt es keine Baumgruppe, wo man Zapfen sammeln, den Vögeln zuhören oder sich verstecken könnte. Es gibt auch keinen Bretterzaun oder eine Ecke, wo man sich ungesehen aufhalten könnte.
Alva steht so nah an der Mauer, dass sie den rauen Putz durch ihren Pullover spürt. Die große Uhr über dem Eingang zeigt an, dass es nur noch fünf Minuten sind. Das müsste sie schaffen. Aber den Rest des Tages? Dies ist erst die erste Pause, danach folgen das Mittagessen und dann noch eine Pause am Nachmittag. Morgen ist Dienstag, also noch vier weitere Tage in dieser Woche. Und dann kommt die nächste Woche und dann noch eine und dann wieder eine.
Ebba und Sanna hüpfen ein Stück entfernt auf dem Schulhof Gummitwist mit einem braunhaarigen Mädchen. Sie haben einander zugewinkt, aber Alva will nicht stören. Sie weiß, dass die beiden es nicht leiden können, wenn sie sich an sie dranhängt. Außerdem haben Sanna und Ebba sicher viel zu besprechen, zum ersten Mal sind sie in verschiedenen Klassen. In Ludvika besuchten die beiden eine gemischte Klasse, in der die Jahrgangsstufen vier, fünf und sechs gemeinsam Unterricht hatten. Jetzt geht Sanna in die Fünfte und Ebba in die Sechste. Alva geht in die Dritte.
Die Schulglocke läutet, und Alva schlüpft durch den Eingang. Sie ist als Erste im Klassenzimmer und setzt sich auf den Platz direkt am Fenster, der ihr zugeteilt wurde. Es ist ein guter Platz. Sie sitzt ganz hinten und kann den gesamten Raum überblicken, und niemand sitzt hinter ihr, um ihr Radiergummis oder Zettel in den Nacken zu werfen.
»Dann machen wir also weiter«, sagt die Lehrerin und nimmt das Märchenbuch mit den Aquarell-Illustrationen auf.
Sie schreibt mit einem dicken grünen Stift »Rotkäppchen« auf die Tafel und wendet sich dann der Klasse zu.
»Wenn ihr Rotkäppchen zu Ende gelesen habt, möchte ich, dass ihr euer eigenes Märchen schreibt. Es ist ganz egal, wovon es handelt. Nach dem Mittagessen werden wir ein Bild als Illustration dazu malen, und dann basteln wir unser eigenes Buch, mit den Geschichten von euch allen.«
Die Lehrerin geht durchs Klassenzimmer und teilt Blätter aus. Alva weiß genau, worüber sie schreiben wird: den Spuk. Konzentriert sitzt sie da und arbeitet an einem Märchen über ein kleines Mädchen, die ihre tote Großmutter treffen will. Am Ende der Geschichte stellt sich heraus, dass die Großmutter ein Geist ist.
»Wer möchte seine Geschichte der Klasse vorlesen?«, fragt die Lehrerin gegen Ende der Stunde. Rasch recken sich drei Hände in die Luft. Alva ballt die Faust auf dem Knie.
»Willst du dein Märchen laut vorlesen, Alva?«, fragt die Lehrerin, doch Alva senkt den Kopf.
Jetzt ist Mittagspause, und Alva geht als Letzte in die Mensa. Sie setzt sich auf einen leeren Platz neben ein paar Jungen aus ihrer Klasse, aber sie spricht nicht mit ihnen. Die Jungen reden über irgendein Videospiel, das sie nicht kennt. Als sie aufstehen, um ihre Tabletts wegzuräumen, dreht sich einer von ihnen zu ihr um. Er heißt Arvid, daran erinnert sie sich von der Anwesenheitskontrolle am Morgen.
»War das Essen in deiner alten Schule genauso eklig?«, fragt er. »Morgen gibt es sicher Fisch, wie jeden Dienstag. Wir gehen dann immer zum Kiosk. Du kannst mitkommen, wenn du willst.«
»Vielleicht«, sagt Alva, aber sie weiß, dass sie nicht mit ihm gehen wird.
Dagny schneidet die Frühstückswurst auf und lässt ein kleines Stück auf den Teppich fallen. Es dauert nur eine Sekunde, bis Daisy es verschlungen hat und neben Dagnys Füßen sitzt, um auf den nächsten Bissen zu warten. Dagny spürt den warmen Atem des Hundes an ihren Waden.
Die Kartoffel ist gar und die Wurst durchgebraten. Dagny stellt einen Teller und eine Dose Senf auf den Tisch. Dann schüttet sie Trockenfutter in die Hundeschüssel und fügt einige Stückchen Leberpastete hinzu. Während sie essen, beugt sich Dagny hin und wieder herunter und streichelt das goldene Hundefell. Es glänzt nicht mehr so wie früher.
»Natürlich kriegst du auch ein Eigelb«, sagt Dagny.
Sie sollte Daisy außerdem baden und ihr die Krallen schneiden, aber das muss warten. Morgen würden die Gelenke vielleicht nicht so steif sein.
Daisy ist Dagnys fünfter Cockerspaniel in Folge mit demselben Namen. Aber diese Hündin ist bisher ihre beste Gesellschaft.
»Komm, meine Liebe«, lockt Dagny und hängt Daisy die Leine an, ehe sie den Fahrstuhl hinunter zum Hof nehmen.
Dagny schaut zu dem Fenster im zweiten Stock und blickt in die Wohnung der neu eingezogenen Familie. Drei Kinder und eine alleinstehende Mutter, das dürfte nicht leicht sein. In gewisser Weise war es vielleicht Glück, wie die Sache mit Hans damals abgelaufen war.
Nachdem sie hinter Daisy hergeräumt hat, wirft Dagny die schwarze Tüte in den Mülleimer neben der Bank. Es ist kühler, als sie dachte, und die Feuchtigkeit spürt sie direkt in ihren Knien. Sie macht Daisy los und lässt sie laufen und unter den Büschen schnüffeln, aber es dauert nicht lange, bis die Hündin zu Dagny zurückkehrt und sie wieder den Fahrstuhl nach oben nehmen.
Nach dem Geschirrspülen setzt Dagny einen Teig an und lässt ihn unter dem Küchentuch gehen. Darauf sind ihre und Hans’ Initialen als Monogramm gestickt, und für einen Moment wird sie traurig. Aber dann schaltet sie P1 an und räumt rasch die Tüten mit Mehl und Salz auf. Sie achtet darauf, dass die Schüssel nicht im Zug steht, und setzt sich mit einem Kreuzworträtsel an den Küchentisch. Nach nur wenigen Minuten schaltet sie auf eine andere Frequenz um, um sich nicht über all die nörgelnden Menschen aufregen zu müssen, die bei dem Sender anrufen.
Auf P2 spielen sie Debussy, und Dagny hält inne. Das war Hans’ Lieblingsstück, und sie beginnt ein wenig zu weinen. Während die Musik erklingt, geht sie und holt die Briefe. Bis es an der Zeit ist, das Brot zu backen, liest sie einige davon. Daisy drückt dabei ihre trockene Nase gegen Dagnys Oberschenkel.
Falun, 28. März 1952
Mein liebes, kleines Maiglöckchen!
Heute ist der zweite Weihnachtsfeiertag und strahlender Sonnenschein, es herrscht beinahe Frühlingsstimmung. Zunächst will ich dir für den Brief und die Fotos danken, es war so wunderbar, dich frisch und munter zu sehen. In dieser Tracht siehst du aus wie ein großer, kräftiger Bauernjunge, und man kann gar nicht glauben, dass du noch vor Kurzem krank warst. Aber es scheint sich ja wirklich alles gut für dich gefügt zu haben.
Neulich war ich abends im Kino und habe einen Film gesehen, The Cat Creeps, den ich mir anschauen wollte, alldieweil er so unheimlich sein sollte. Und er war auch gehörig gruselig, mit Spuk und mystischen Geschehnissen in einem alten Schloss. Mir liefen immer wieder kalte Schauer über den Rücken, und die Leute saßen da und stöhnten vor Spannung und Angst. I. Ü. war der Film sehr gut, und es ist anregend, einen so nervenaufreibenden Film zu sehen.
Als ich aus dem Kino kam, war es der wunderbarste Mondschein, weshalb ich unbedingt einen Spaziergang auf dem Strandweg unternehmen musste. An dem schönen See herrschte eine merkwürdige Atmosphäre, grabesstill war es, und insbesondere wegen dieses Films verfiel ich in eine derart verzauberte Stimmung, dass ich das Gefühl hatte, in einer anderen Welt zu sein. Lange stand ich da und war versunken in tiefen, sonderbaren Gedanken.
Es war schön am See, aber bald wird es noch viel besser sein, wenn ich meine Geliebte flugs bei mir haben werde. Dann nehmen wir Kaffee in der Thermosflasche mit und machen es uns an einem idyllischen Platz gemütlich.
Und nun schließlich will ich dich, liebe, geliebte kleine Dagny, in den Arm nehmen, herzlich und warm, und dir einen langen, innigen Kuss geben.
Dein Geliebter