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Ein leibeigener Bauer bietet dem Marquis de Macon seinen Sohn als Entschädigung für seine fehlende Fronabgabe an. Der Marquis willigt ein und nimmt Philippe als Pagen zu sich. Nach anfänglichen Schwierigkeiten gewöhnen sich die beiden aneinander und sein Herr beginnt, sich und seine Umwelt, mit den Augen seines jungen Dieners zu sehen. Sein Blick öffnet sich für die Furcht seiner Pächter und die offensichtliche Verwahrlosung seines Besitzes. Er erkennt, dass sein Verwalter ein menschenscheues Ungeheuer aus ihm gemacht und das Land skrupellos ausgebeutet hat. Sein eigenes Verhalten spielte ihm dabei in die Hände. Doch statt seinen Verwalter einfach seines Amtes zu entheben, entzieht er ihm nach und nach den Boden unter den Füßen. Raoul, ein längst vergessener Freund aus Kindertagen hilft ihm, das Netz um Monsieur Durant immer enger zu ziehen. Auf ihn hat der Verwalter schließlich einen besonderen Hass.
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Seitenzahl: 948
Veröffentlichungsjahr: 2022
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Auf dem Heimweg trifft der Marquis de Maçon auf verzweifelte Bauern. Einer von ihnen bietet ihm seinen Sohn Philippe als Entschädigung für die fehlende Fronabgabe an. Sein Herr willigt ein. Die offenkundige Furcht seiner Leibeigenen zwingt ihn, endlich die Verwahrlosung seines Besitzes wahrzunehmen. Er erkennt, dass sein Verwalter ein menschenscheues Ungeheuer aus ihm gemacht hat und das Land skrupellos ausbeutet. Dabei hat er ihm ungewollt in die Hände gespielt. Der Marquis schwört, seinen Machenschaften ein Ende zu setzen, doch...wem kann er noch vertrauen?
Pipps Geschichte erzählt, welchen Zwängen Menschen längst vergangener Generationen unterworfen waren.
Eine Geschichte von Freundschaft, Vertrauen und Loyalität gegenüber Gier, Verrat und Stolz.
Familien – und Abenteuerroman
Eilig schritt Gilbert Dubois bergan. Wenn sich dann und wann der Wald lichtete, wanderte sein Blick hinauf zu der Burg, die ihm düster und abweisend erschien. Je näher er seinem Ziel kam, desto langsamer wurde sein Schritt. Er hatte Angst. Gerade fragte er sich zum wiederholten Male, ob er sich nicht doch lieber wieder auf den Heimweg machen sollte, da hörte er den Hufschlag eines Pferdes. Das Geräusch näherte sich schnell und noch bevor er sich aus dem Staub machen konnte, wie das eigentlich seine Absicht gewesen war, befand sich der Grund seiner Angst bereits direkt hinter ihm, Alain, Marquis de Macon.
Gilbert drückte sich in die Büsche neben sich, den Kopf tief gesenkt, in der vagen Hoffnung, dass der Reiter ihn womöglich übersah. Das hätte auch durchaus geschehen können, denn der Marquis war vollauf damit beschäftigt seinem Pferd den Weg durch das Gehölz zu weisen, doch seinem Begleiter entging nichts. Ein großer grauer Wolfshund tauchte vor Gilbert auf und blieb, aus tiefer Kehle knurrend, vor ihm stehen, bereit seinen Herrn vor jeglicher Gefahr zu behüten. Ein scharfer Pfiff rief ihn zurück.
„Ich denke nicht, dass mir von dieser Seite Gefahr droht, Gris“, meinte eine belustigte Stimme. Gleich darauf verlangte dieselbe Stimme, diesmal in strengem Ton, zu wissen, was Gilbert in diesem Teil des Waldes verloren habe. Als der Bauer sich entdeckt sah, hatte er seine Mütze vom Kopf gezogen und war gleich auf den Boden gesunken.
„Verzeiht, Herr. Ich,…ich weiß, dass ich eigentlich nicht hier sein dürfte. Aber ich bin auf dem Weg zu Euch, sonst würd‘ ich‘s mir bestimmt nicht einfallen lassen, hierher zu kommen. Bestimmt nicht!“
„So, du bist auf dem Weg zu mir?“
Gilbert nickte stumm.
„Und was könntest du von mir wollen?“ fragte der Mann auf dem Pferd, während er seinen Blick schweifen ließ.
„Ich… ich“, er suchte nach den richtigen Worten, „Euer gehorsamer Knecht wollte Eure Gnaden um eine Gunst bitten.“
„Steh auf!“
Gilbert Dubois atmete schwer. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Er wagte kurz aufzuschauen, doch die von einem Band zusammengehaltenen Haare hatten sich während des langen Rittes teilweise gelöst, wehten dem Reiter ins Gesicht und verhinderten, dass Gilbert den Ausdruck auf dem Gesicht des Marquis sehen konnte. Gerade da wandte der Graf sich ihm wieder zu und er beeilte sich, seinen Kopf zu senken, aber Alain hatte genug Zeit gehabt, den erschreckten Gesichtsausdruck zu bemerken und sich zu fragen, ob das wirklich nur die Furcht war, von seinem Herrn auf verbotenem Grund ertappt worden zu sein. Hätte er ihn beim Wildern erwischt, wäre sein Verhalten verständlich, denn die Strafe dafür war deftig. Allerdings, wenn er zur Burg wollte, musste er ja auch irgendwie dorthin gelangen und Alain war weder so ein Scheusal, das unter Strafe zu stellen noch so ein Idiot. Das sollten seine Bauern doch wissen. War er einfach nur besonders nervös oder steckte mehr hinter seiner Angst?
„Also, da bin ich, was willst du nun von mir?“
„Monseigneur weiß sicher, dass die Ernten in diesem Jahr sehr schlecht ausgefallen sind, auch die beiden letzten Jahre waren schon nicht gut.“
Wenn Alain ehrlich war, musste er zugeben, dass er keinen Schimmer davon hatte, wie die Ernten in den letzten Jahren ausgefallen waren. Dass der Mann ihn heute getroffen hatte, war ein riesiger Zufall, denn seit dem Tod seines Vaters war er nicht oft auf seinen Ländereien. Jedoch, sein Verwalter hatte ihm gegenüber nichts von schlechten Ernten erwähnt, ihm vielmehr, sogar beteuert, dass alles zum Besten stand.
Der Mann redete schon weiter. „M. Durant wird mich gewiss umbringen, wenn er erfährt, dass ich Eure Gnaden mit dieser Sache behellige.“
„Wenn ich dich nicht umbringe, wird für meinen Verwalter kaum Grund dazu bestehen. Also komm zur Sache, Bursche!“
Es…es ist so, mein gnädiger Herr“, Gilbert holte tief Luft. „ich bekomme meine Fronabgabe nicht zusammen.“ Jetzt war es heraus. Schnell sprach er weiter.
„Ich habe wirklich alles abgegeben, was ich erübrigen konnte. Doch M. Durant verlangt mehr. Dann aber wird meine Familie verhungern. Er hat im vergangenen Jahr hohe Sonderabgaben für den Herrn gefordert und damit das geringe Polster, das wir noch hatten, bereits aufgebraucht und schließlich überzogen, da ich auch ein Viertel des Saatgutes für dieses Jahr fortgeben musste.“
Gilbert machte eine Pause, doch Alain schwieg. Lange hielt Gilbert die Stille nicht aus. Also fuhr er fort:
"Wir haben einen Sohn. Wenn Euer Gnaden Verwendung für ihn hätte, würde ich ihn zu seinem gnädigen Herrn schicken – an- anstelle des fehlenden Getreides.“
Leicht belustigt antwortete der Marquis. „Du kannst ihn mir nicht anstelle des Getreides geben. Er gehört mir ja bereits.“
Der Mann seufzte erneut. “Das ist richtig, mein Herr. Doch ich weiß mir keinen anderen Rat. Er ist in unserer armen Hütte alles, was wir unserem teuren Herrn an Lohnenswertem anbieten können. Etwas Wertvolleres kann ich nicht auftreiben.“
Alain schaute auf das Land, das sich am Fuß des flachen Hügels, auf dem seine Burg, andere sagten Schloss dazu, stand, ausbreitete. Es war gutes Land und er liebte es. Bisher war er jedoch noch nicht bereit gewesen, sich mit seiner Bewirtschaftung zu befassen. Er überließ die Geschäfte seinem Verwalter und widmete sich lieber seinem Vergnügen, Pferden, Hunden und der Jagd. In regelmäßigen Abständen brachte Durant ihm seine Bücher, die er kontrollierte. Selbst hierzu konnte er sich nicht aufraffen. Er überflog sie lediglich und gab sie ohne wirkliche Kontrolle zurück. Seit er keine Familie mehr hatte, konnte er sich nicht dazu durchringen seinen Verpflichtungen nachzukommen. Würde er den Jungen aufnehmen, würde er damit genau so eine Verpflichtung eingehen, wie er sie nun schon so lange bewusst gemieden hatte. Wollte er das? Er war sich nicht sicher. Überdies verlor der Mann seinen Sohn. Auf der anderen Seite war der Junge für den Winter versorgt und seine Familie hätte etwas mehr für sich.
"Wie alt ist der Junge?“
„Zwölf Jahre, Monseigneur.“
Viele Kinder aus freien Verhältnissen verließen ihre Familien weit früher, um eine Lehre zu beginnen und für sich selbst zu sorgen.
„Hast du noch andere Söhne, die dir im nächsten Jahr zur Hand gehen?“
„Nein, mein gnädiger Herr, jedoch noch zwei fleißige Mädchen.“
„Wie groß ist das Stück Land, das du bearbeitest?“
„Zwölf Hektar, mein Herr.“
„Also gut. Ich sehe ihn mir an. Schick ihn zu mir. Er soll in der Küche nach M. Henri fragen. Der wird dafür sorgen, dass ich ihn sehe.“
„Ja, Eure Gnaden. G-gleich m-morgen werde ich meinen Jungen zu treuem Dienst zu Euch schicken. Danke vielmals Herr! Eure Gnaden sind überaus gütig!“
„Dann darfst du jetzt gehen.“
Aber Gilbert hatte noch etwas auf dem Herzen und blieb wo er war.
„Was noch?“ Es klang durchaus nicht ermutigend.
„Es ist wegen M. Durant. Wird mein gnädiger Herr wegen dieser Sache mit ihm reden?“
„Es ist für dich erledigt.“
Nachdem er sich linkisch verbeugt hatte und einige Schritte rückwärts gestolpert war, suchte der Bauer das Weite.
Alain ritt nachdenklich weiter. Was sollte er nur mit dem Knaben anfangen, der morgen zu ihm kommen würde? Der einzige, der ihn zurzeit bedienen durfte, war Henri. Er war als Page in den Dienst des vorigen Marquis getreten und erfüllte seit dessen Tod gewissenhaft auch Alains Wünsche, doch langsam wurde er alt und manchmal auch sauertöpfisch. Das Privileg eines alten Dienstboten. Schon seit langer Zeit hatte Alain jeglichen Dienst anderer Kammerherren abgelehnt. Sein Gesinde machte stets einen Bogen um ihn, weil sie wussten, dass ihr Herr seine Ruhe haben wollte. Alain schmunzelte bei dem Gedanken, dass schon diese kleine Veränderung seinen Haushalt aufscheuchen würde.
Im Endeffekt lebte er, wenn er zu Hause war, trotz einer großen Gefolgschaft, einsam. Bei den Pariser Gesellschaften ging es schließlich bunt genug zu, so dass er hier seine Ruhe in der Tat zelebrierte. War er seiner eigenen Gesellschaft überdrüssig, ritt er zu seinen Nachbarn, Marquis und Marquise de La Chatre. Die führten ein großes Haus mit beinahe ständigem Kommen und Gehen. Er war ein gern gesehener Gast, denn bei vier Töchtern, die unter die Haube zu bringen waren, konnte man nie genug Junggesellen, im Hause haben. Noch dazu einen, der das eigene Prestige enorm verbesserte. Die Marquise hatte die Hoffnung noch nicht aufgegeben, ihn eines Tages für ihre Älteste einzufangen. Da sie aus ihrem Wunsch ein offenes Geheimnis machte und jeder seine Witze und Sticheleien dazu loswerden durfte, nahm keiner diese fixe Idee ernst. Am Allerwenigsten die beiden Hauptakteure. Erst gestern war er von dort zurückgekehrt, weit früher als erwartet. Das war der Grund warum der Bauer ihn heute getroffen hatte. Obwohl er einige gute Freunde dort angetroffen hatte, war ihm längeres Verbleiben durch eine Familie verleidet worden, die es sich zum Ziel gesetzt hatte, ihn im Schoße ihrer Familie willkommen zu heißen. Er war freundlich distanziert, ablehnend, schweigsam, beschäftigt und grob gewesen. Nachdem alles andere versagt hatte, war er so brutal und deutlich geworden, wie er es nur wagte, ohne seine Gastgeber zu kränken. Doch es hatte nichts genutzt. Der Vater war ein erfolgreicher Kaufmann. Ein Bürgerlicher, der es zu enormem Reichtum gebracht und durch geschickte Gefälligkeiten einen niederen Adelstitel ergattert hatte. Während er dabei ein bequemer und recht stiller Mann war und damit zufrieden schien, einfach Teil der illustren Gesellschaft zu sein, war seine Frau auf Höheres aus. Sie war schlicht vulgär. Alain hatte sie wirklich nicht geschont, doch sie schien die Dickhäutigkeit eines Elefanten zu besitzen, denn immer wieder schubste sie ihm ihre Tochter geradezu in den Weg. Das Mädchen musste ebenso taktlos sein, denn sie wehrte sich überhaupt nicht dagegen. Dass sie keine andere Wahl hatte, als sich schubsen zu lassen, kam ihm nicht in den Sinn. Er war so verärgert darüber, dass ihm nichts anderes übrig geblieben war, als sich zu verabschieden.
Das hatte seine Laune nicht eben gehoben. Heute hatte er seinem Unmut durch einen langen Tag im Sattel entgegenwirken wollen, doch viel gebracht hatte das nicht. Vielleicht würde es ihm gut tun, ein neues Gesicht um sich zu haben. Wenn sich herausstellte, dass ihm dieses Gesicht zuwider war, würde sich eben Henri um den Burschen kümmern müssen. Wenigstens war er heute Abend rechtschaffen müde und würde wohl gut schlafen können. So gedankenversunken ritt er heimwärts, dass er ziemlich erschrak als Gris sein tiefes Bellen hören ließ.
Er schaute auf und sah gerade noch, wie jemand im Gebüsch verschwand. Was war denn heute los hier!
„Heda, komm heraus“, befahl er, doch niemand gehorchte. Vielmehr bemerkte Alain, dass Jemand auf der anderen Seite des Dickichts herauskrabbelte und Fersengeld gab. Er rief Gris bei Fuß und spornte seinen Rappen an, dem Flüchtenden nachzusetzen. Es dauerte ein wenig, bis er ihn eingeholt hatte, denn der Flüchtige lief bergab, durch eng beieinander stehende Bäume und immer wieder musste Alain um ein besonders dichtes Gebüsch herumreiten. Er kam nicht näher als drei oder vier Meter an ihn heran, solche Haken schlug er. Nochmals befahl er dem Mann stehen zu bleiben, aber der dachte nicht daran zu gehorchen. Alain löste die lange Peitsche, die er meist bei sich trug, wenn er ausritt, von seinem Gürtel und als für kurze Zeit kein Baum sein Ziel schützte und er dem Flüchtenden etwas näher kam, schwang er sie geschickt. Sie legte sich um einen Knöchel des Laufenden und zwang ihn wirkungsvoll zum Halten. Gris wollte sich über ihn stellen, doch sein Herr ließ ihm den Spaß nicht.
Im Fallen verlor der Fliehende den Sack, den er über der Schulter getragen hatte. Schnell raffte er sich auf und riss ihn wieder an sich, doch nicht schnell genug. Als der Marquis einen Blick auf sein Gesicht erhaschte, stellte er fest, dass es sich bei dem vermeintlichen Mann um einen großen Jungen von etwa fünfzehn Jahren handelte, der nun verschreckt vor ihm stand und seinen Beutel umklammert hielt.
"Du weißt, wer ich bin?"
Ein winziges Nicken.
Alain rollte die Peitsche gemächlich wieder ein, hielt sie aber weiterhin locker in der Hand, während er fragte:
„Warum läufst du mir davon?“
Der Junge schielte furchtsam mal auf die Peitsche, mal auf Gris, der die Hoffnung noch nicht aufgegeben hatte und zähnefletschend auf den Befehl wartete, anzugreifen. Als Antwort zuckte der Bursche bloß die Schultern.
Der Graf furchte grimmig seine Stirn und wollte die Frage eben in härterem Ton wiederholen, als er Schritte vernahm, die sich im Laufschritt näherten. Gris wandte sich dem Neuankömmling zu und hätte auch ihn angesprungen, wenn der Graf ihn nicht vorher zurückgerufen hätte.
„Haltet ein, gnädiger Herr!“ schnaufte der Läufer, „Bitte! Tut meinem Jungen nichts zuleide.“
Sowie er sie erreicht hatte, fiel er auf alle Viere nieder und gebot seinem Sohn dasselbe zu tun. Darauf wiederholte er seine Bitte.
Die Angst, die dem Mann ins Gesicht geschrieben stand, war Alain nur zu begreiflich. Diese beiden hatte er nämlich tatsächlich beim Wildern erwischt. Dennoch tat er so, als hätte er den Inhalt des Sackes nicht bemerkt.
„Antworte! Warum läufst du davon, wenn dein Herr dich auffordert stehen zu bleiben?“
„Ich hab mich so erschreckt, hoher Herr, und dann noch der Hund da.“
„Vor einem Hund davon zu laufen ist das Dümmste, was du tun kannst. Du hast mir noch immer keine Antwort gegeben und Geduld ist nicht meine größte Tugend.“
„Monseigneur, darf Euer Knecht für ihn sprechen. Er ist mein Sohn.“
„Er ist alt genug, für sich selbst zu reden.“ Und an den Jungen gewandt: „Ich warte!“
„Bitte mein Herr, ich weiß, es ist uns unter Strafe verboten, die Jagdgründe unseres gnädigen Herrn zu betreten. M. Durant hat uns das deutlich zu verstehen gegeben.“
„Was hat Durant angedroht?“
„Wir würden ausgepeitscht werden“, hauchte der Junge.
„Und trotzdem wagst du dich hierher?“
„Ich, …wir… hatten gar nicht vor so weit zu gehen. Wir wollten bloß etwas Holz sammeln und achteten nicht recht darauf, wohin wir gingen. Bitte allergnädigster Herr, es … es soll nicht wieder vorkommen. Es tut mir so leid, mein Herr!“
„So hast du zweifellos Holz in deinem Sack?“
Der Vater des Jungen hielt es nicht länger aus. „Gnädiger Herr, bitte!“ Alain brachte ihn mit einem Wort zum Schweigen und erwartete die Antwort des Jungen.
„Hast du?“
Sehr leise kam die Antwort. „Nein." Ein Schluchzen wurde erstickt. "Habt Erbarmen, bitte, mein Herr! Wir haben solchen Hunger!"
„Dein Glück, das du mich nicht angelogen hast. Darauf stehen schlimmere Strafen, als auf Wilderei.“
Der Kopf des Jungen zuckte hoch.
„Werde ich jetzt ausgepeitscht?“ fragte er nach einer kurzen Pause angstvoll und sein Blick huschte erneut zur Hand seines Herrn, die die Peitsche hielt.
„Du? Ich denke nicht. Nein.“ Er erwähnte noch immer nicht, dass er den Inhalt des Beutels kannte.
„Wird mein Vater…?“ Er wagte nicht, die Frage vollends zu stellen.
Durch die Verfolgungsjagd waren sie dem Rand des Waldes sehr nahe gekommen und man konnte durch die Bäume bereits die Felder sehen. Anstelle einer Antwort, sagte der Marquis unvermittelt:
„Ihr dürft beide aufstehen. Nun darfst du reden. Hast du deine Felder dort drüben?“
„Ja, Euer Gnaden.“ Der Leibeigene war verwundert über den plötzlichen Themenwechsel, hoffte, dass es etwas Gutes zu bedeuten hätte und erhob sich.
„Wie bist du mit deiner Ernte zufrieden?“
„Gar nicht, mein gnädiger Herr. Das Wetter hat uns in diesem Jahr übel mitgespielt. Keiner ist dies’ Jahr mit dem Ertrag zufrieden, hoher Herr. Ehrlich gesagt, reicht’s grad so zum Überleben. Für manche nicht mal das.“
„Und für deine Pacht?“
Der Bauer biss sich auf die Lippen. Schließlich sagte er:
„Wenn Euer gehorsamer Knecht abgibt, was der Herr Verwalter uns für dieses Jahr auferlegt, werden wir den Winter nicht überleben, Monseigneur.“
„Was ist mit Vieh?“
„Ich hab kein Vieh mehr, Gnädiger Herr. M. Durant hat in der vergangenen Woche meine Sau und die Kuh geholt, weil ich meinen Pflichtteil nicht anders bezahlen konnte.“
"Hat das vergangene Jahr dich wenigstens gut versorgt?"
"Monseigneur weiß doch sicher, dass das letzte Jahr ebenfalls ein überaus trockenes Jahr war. Im Winter gab es zwar viel Niederschlag und wir hofften auf diesen Frühling, doch vom Februar an, war es trocken und heiß...überdies war die Sonderabgabe für die Kriegskasse seiner Majestät zu erstatten."
Alain schwieg eine Weile, dann sagte er:
„Zu meiner Schande, ich wusste es nicht, doch langsam beginne ich zu verstehen." Wieder schwieg er eine Weile, bevor er sagte: "Und die Kaninchen fressen den Rest. – Warum fangt ihr sie nicht?“
„Das ist unsereins doch nicht erlaubt, mein gnädiger Herr“, erwiderte der Mann erstaunt. „M. Durant hat ausrufen lassen, dass nicht nur das Großwild für uns tabu ist, sondern auch jegliches niedere Getier, Monseigneur.“ Wollte der Herr ihn auf die Probe stellen?
Der Marquis wurde wütend. Schon wieder Durant.
„Durant hat euch verboten, Kaninchen zu jagen?“ fragte er mit mühsam unterdrückter Wut. „Ich meine, auch außerhalb meines eigenen bevorzugten Terrains?“
„Ja, Euer Gnaden“, bestätigte der Mann. „Im Namen des gnädigen Herrn hat er es verboten.“
Alain schaute noch einen Moment grimmig, schluckte die Worte, die ihm eigentlich auf der Zunge lagen und nickte stattdessen dem Knecht freundlich zu.
„Schick deinen Jungen heim, damit deine Frau den Braten schon mal zubereiten kann und mach dich auf die Suche nach ein, zwei weiteren von diesen Viechern!“ Er wendete das Pferd.
„Mein allergnädigster Herr, Ihr habt gesehen, dass…und, und…erlaubt Euren Knechten, dass wir…ich meine, ich – darf - noch einen…?“ rief der Bauer höchst erstaunt.
"Der Befehl kam nicht von mir. Das hat sich Durant ohne Absprache mit mir ausgedacht. Es sind ganz offensichtlich zu viele geworden. Überall laufen sie herum. Die finden, wie es scheint, immer noch reichlich Futter.“
„Aber M. Durant hat doch…“ Abermals wendete Alain sein Pferd und ritt auf ihn zu.
„Durant?“ Alain spie den Namen regelrecht aus. „Schau mich an!“ forderte er.
Der Leibeigene schaute zögernd auf. Es war das erste Mal, das er seinem Herrn voll ins Gesicht sah. Er schaute in vor Zorn blitzende Augen, die ihn durchdringend musterten. Jetzt verengten sie sich zu zwei schmalen Schlitzen.
„Sag, wer ich bin!“
„Ihr seid der Marquis de Macon, mein allergnädigster Herr“, stotterte der Mann.
„Und wer ist Robert Durant?“
„Er ist der Verwalter von Monseigneur, und er hat…“
Mit einer Handbewegung schnitt der Marquis ihm das Wort ab. „Das reicht. Mich nennst du zu Recht deinen Herrn, und wem gehorchst du?“
„Ich gehorche Euer Gnaden!“
„Dann beginne nicht jeden zweiten Satz mit ’M. Durant hat aber’, sondern lass dir das Wort deines Herrn genügen.“
Der Bauer schluckte. „Wir dürfen also Kanickel jagen, Monseigneur?“
„Ja. Lass dich nur nicht wieder in meinem Wald dabei erwischen.“ Drohte der Marquis grollend, doch ein leises Zucken um seine Mundwinkel strafte den groben Ton Lügen.
Während seiner letzten Worte war der Bauer vorgetreten, hatte nach Alains Stiefel gefasst und machte Anstalten ihn zu küssen. Ein hartes „Halt ein!“ ließ ihn erschrocken zurückfahren und der Marquis fuhr in milderem Ton fort.
„Das ist nichts, was ich verlange. Nimm meine Hand darauf!“ Er beugte sich ihm entgegen und reichte ihm seine Rechte, doch der Mann scheute sich, sie zu ergreifen.
„Nun nimm sie schon. Du wirst feststellen, sie hält es aus.“
Sein Knecht nahm sie ehrfürchtig, aber mit dem Griff eines arbeitenden Mannes und sagte leise, „Ich möchte bloß meinen innigen Dank ausdrücken, mein edler Herr.“ Dann küsste er sie vorsichtig, was Alain geschehen ließ, und gab sie frei.
Während Alain auf den gesenkten Kopf hinunter schaute, spürte er eine Regung der Verantwortung für dieses Land und seine Leute, auf eine Weise, die er bis dahin nicht gekannt hatte. Noch einmal forderte er seinen Knecht auf, ihn anzusehen, diesmal recht freundlich. Als der Mann den Kopf hob, war auf seinem Gesicht keine Furcht mehr zu sehen. An ihre Stelle waren Respekt, Dankbarkeit und vorsichtiges Vertrauen getreten. Letzteres freute Alain am meisten. Allerdings zeigte es deutlich, wie wenig diese Leute vom Leben erwarteten, ja zu erwarten hatten. Das wiederum erzürnte ihn gegen sich selbst. Nie war ihm derart deutlich bewusst geworden, wie sehr seine Leibeigenen ihn brauchten. Sicher, sein Vater hatte es ihm oft gesagt, doch wirklich verstanden, hatte er es gerade jetzt.
„Sag! Wie kommst du darauf, mir meinen Stiefel zu küssen? Das war zu meines Vaters Zeiten auch nicht üblich. Woher hast du den Gedanken, ich hätte es gern so?“
„Dafür mein guter Herr, müsste ich erneut den Namen nennen, den mein gnädiger Herr nicht hören will.“
„So? Durant findet Gefallen daran?“
Der Bauer konnte es sich nicht versagen, einen weiteren Blick auf seinen Herrn zu wagen. Erfreut sah er, dass Alain zornig blickte. Hoffentlich bedeutete dies, dass er seinen Verwalter ein wenig mehr an die Kandare nehmen würde.
"Es ist gut. Ihr dürft jetzt gehen. Wegen der Kaninchen rede ich mit meinem Verwalter."
Er schaute ihnen hinterher, bis sie den Waldrand erreicht hatten. Sie waren wie Kinder, wegen jeder Kleinigkeit, die sie tun wollten, hatten sie zu fragen. Ob sie sich vom Land entfernen durften, was angebaut werden sollte, ob und wen sie heirateten, für alles benötigten sie die Erlaubnis ihres Herrn, denn sie waren ja sein Eigentum.
Bisher hatten sich die Bauern wegen dieser Dinge gewiss an seinen Verwalter gewandt, der ja für Vieles davon zuständig war. Eigentlich hätte der Verwalter wiederum, jede dieser Sachen mit seinem Grafen besprechen müssen, um zu hören, wie er darüber dachte. Er selbst war derjenige, der ihm dabei hätte auf die Finger sehen müssen. Er wusste, er war selbst schuld, dass er keine Ahnung davon hatte, was sie gerade durchmachten und das machte es nicht besser. Sein Zorn auf sich selbst wuchs. Er wusste jetzt auch, weshalb die Leute es mit der Angst zu tun bekamen, sobald sie ihn nur sahen, ja wahrscheinlich schon, wenn sie nur an ihn dachten. Auch seine Wut auf Durant wuchs. Er dachte wieder an sein Gesinde, das ihm offensichtlich aus dem Weg ging. Nie war ihm das vorher seltsam erschienen. Es war einfach bequem, dass es so war. Henri war sein Mittler gewesen, egal, was er von jemand anderem wollte. Dennoch musste er wahrhaftig mit Blindheit geschlagen gewesen sein. Krampfhaft versuchte er, sich zu erinnern, wann seine Zurückgezogenheit begonnen hatte. Auf keinen Fall hatte er schon immer so gelebt. Im Grunde hing es mit dem Tod seiner Eltern zusammen. Sie hatten sich alle wirklich gut verstanden. Seine kleine Schwester Marie war mit vierzehn von daheim fortgegangen, hatte mit sechzehn geheiratet und er war auf der Burg zurückgeblieben, das nunmehr einzige Kind seiner Eltern. Er war zweiundzwanzig gewesen, als sein Vater einen schweren Jagdunfall hatte, dem er einige Tage später erlag. Seine Mutter erholte sich nicht von diesem Schlag und starb ein halbes Jahr später an einer simplen Erkältung. Danach hatte er für sich beschlossen, nie mehr einen Menschen so nahe an sich heranzulassen, dass es wehtat, wenn er ging. Damit musste seine Vereinsamung begonnen haben. Wollte er Menschen um sich haben, suchte er Zerstreuung in Paris. Die Oberflächlichkeit, die er dort vorfand, kam ihm gerade recht. Bei den de La Chartres fand er noch am ehesten Freundschaft und Familiensinn. Deshalb hielt er sich, hin und wieder, gern dort auf. Sie waren bereits mit seinen Eltern befreundet gewesen und boten ihm eine Art zweite Heimat. Ohne sie wäre sein Leben wahrhaftig völlig trostlos gewesen. Doch jetzt, nach dieser Einsicht, würde er, hoffentlich, endlich bereit sein, sich seiner Verantwortung zu stellen und dadurch zu sich selbst zurückzufinden. Reichlich spät, doch hoffentlich nicht zu spät.
Mit diesen Gedanken ritt er zur Burg zurück.
Dort angekommen achtete er heute genau darauf, wie die Leute, die im Hof zu tun hatten, auf sein Eintreffen reagierten. Wer die Möglichkeit hatte, machte sich schnellstens aus dem Staub. Mit dem Stallburschen, der sein Pferd übernahm, hatte er noch nie ein Wort gewechselt, was ihm in diesem Augenblick unerträglich arrogant vorkam. Nicht einmal sein Gesicht war ihm bekannt, denn er hielt den Kopf respektvoll gesenkt. Was war er nur für ein seltsamer Herr? Litten seine Leute unter seiner Unnahbarkeit oder waren sie froh darüber, dass er nicht so genau hinschaute? Um das herauszufinden musste er mit ihnen reden. Wenn er ehrlich war, hatte er noch immer keine Lust dazu und war versucht, einfach abzusteigen und hineinzugehen, so wie sonst. Dann erschienen die Gesichter der drei Knechte, die er unterwegs getroffen hatte, vor seinem geistigen Auge, und er gab sich einen Ruck. Er, nur er war verantwortlich, wenn Angst und Unterdrückung herrschten. Statt also, wie üblich, dem Burschen unbesehen eine kleine Münze zuzuwerfen, fragte er nach seinem Namen. Die offenkundige Verwirrung des Jungen erheiterte ihn. Vielleicht würde es ja sogar Spaß machen, seinen Haushalt etwas aufzuscheuchen. So verwirrt, wie er darüber war, dass sein Herr ihn ansprach, klang seine Antwort mehr wie eine Frage.
„Hubert?“
„Weißt du es nicht?“
„Äh, mein…mein Name ist Hubert, Monseigneur.“
„Also gut, Hubert“, Alain schwang sein Bein über den Pferdehals und sprang vorwärts ab, „wie lange arbeitest du schon im Stall?“
Der Junge war wirklich durcheinander. M. Durant hatte ein ausdrückliches Verbot ausgesprochen, mit dem Grafen zu reden. Kein einziges Wort. Aber wie sollte er dem nachkommen, wenn der Graf ihn ansprach? War das eine Probe? Hubert war davon ausgegangen, dass der Verwalter mit diesem Verbot, den Wunsch des Herrn selber wiedergab. Erneut angesprochen, kniete er sich hin und fasste sein Dilemma in Worte.
„Darf ich denn meinem Herrn antworten?“
Jetzt war es an Alain, verwirrt zu sein. Er runzelte die Stirn. „Dafür habe ich dir eine Frage gestellt, oder? Damit ich eine Antwort bekomme. Andernfalls würde sich die Frage erübrigen.“
Unglücklich erklärte der Junge. „Ich mein‘ nur…Oder is das ein Test?“
„Wieso sollte ich das tun?“ Der Marquis klang ratlos. Etwas ermutigt, ergänzte der Bursche seine Sorge.
„Weil…M. Durant hat uns aufs Strengste untersagt, auch nur ein Wort an Eure Gnaden zu richten. Deshalb. Bitte…ich will so oder so nich respektlos sein…ich wills nur richtich machen.“ Er duckte sich noch tiefer, als befürchte er einen Schlag.
„Er hat dir verboten, mir zu antworten, wenn ich dich etwas frage?“
„Uns allen, mein gnädiger Herr. Er sagte, kein einziges Wort zu Euch – aber, das geht doch nicht, wenn Ihr mich was fragt, oder? Deshalb hoffe ich, hab ich keine Schuld?“
„Wenn du einfach meine Frage beantwortet hättest, hättest du jedenfalls weniger Worte gemacht“, seufzte Alain. Der Junge duckte sich auf alle Viere. „Verzeiht Eurem Knecht! Bitte, mein edler Herr. Habt Erbarmen. Ich wusste es nicht besser.“
Alain fuhr sich mit der Hand über die Augen und murmelte. „Das kann ja heiter werden.“ Lauter befahl er dem Stallknecht aufzustehen.
"Wirklich, Monseigneur?"
"Ich wiederhole ungern einen Befehl, Hubert." Daraufhin stand der Junge rasch auf, hob aber nicht den Blick, sondern schaute geradeaus, ungefähr in Höhe von Alains Brustbein. Er mochte etwa sechzehn Jahre alt sein, hatte glattes hellbraunes Haar, ziemlich kurz geschnitten, schöne grüne Augen mit langen Wimpern, ein rundes Gesicht mit einigen kleinen Vernarbungen und einer kräftigen Stupsnase. Von einem Schneidezahn fehlte ein Stück. Trotzdem besaß er einen liebenswürdigen Ausdruck. Sein schmallippiger Mund lächelte gern, allerdings gerade jetzt hielt er seine Lippen angespannt aufeinander gepresst.
„Erwartet M. Durant, dass du dich so benimmst, wenn er mit dir spricht?“ Hubert nickte.
„Er erwartet das von allen, mein gnädiger Herr. Er erlaubt mir nie, aufzustehen, wenn er mir Befehle gibt, mein gnädiger Herr. Es gehört sich für uns niedere Leibeigenen demütig und in ebensolcher Haltung mit unseren Gebietern zu sprechen. Wenn schon ihm, wieviel mehr noch meinem Leibherrn, dem ich gehör.“
Alain schloss kurz die Augen.
„Schau hoch!" Diesmal fragte Hubert nicht mehr nach, sondern hob seinen Blick gleich, sehr ehrfurchtsvoll. Alain runzelte die Stirn, während er sprach.
"Nun, dann höre jetzt, was ich dir dazu sage. Ganz sicher erwarte ich Respekt, Gehorsam und Treue. Hin und wieder ist auch eine gewisse Demut am Platz und wenn ich dich etwas frage, dann erwarte ich eine ehrliche Antwort, aber ich erwarte keine permanente Erniedrigung oder scheinheilige Unterwürfigkeit. Also, von vorn. Wie lange arbeitest du schon hier im Stall?“
„Sag Durant und den anderen, die dich ausfragen mögen, dass ich über einen Cousin von dir gesprochen habe. Vor etwa 14 Jahren erlaubte der 5. Marquis einer Tochter seines Besitzes, einen Diener der de La Chartres zu ehelichen. Daraus ging ein Junge hervor, der mich dort bediente und dir zum Verwechseln ähnlich sieht und von mir aus auch noch was über die Hufrehe, die dort tatsächlich auftrat. Man verwendet spezielle Eisen um den Huf zu entlasten. Ich hasse Lügen und werde es nicht leicht verzeihen, wenn du mich einmal anlügen solltest, aber Durant hat kein Anrecht darauf, zu erfahren, worüber wir sprachen und auch sonst niemand. Außerdem wird er es bald von mir persönlich hören.“
„Seit etwa fünf Monaten, mein gnädiger Herr.“
„Von wo bist du?“
„Aus Il-Reigne-un-Silence, mein Herr.“
„Was kannst du mir über die Ernte dort berichten, Hubert?“
„Die war nich gut. Es war viel zu trocken, mein Herr.“
„Habt ihr genug eingefahren, um den Pflichtteil abgeben zu können und zusätzlich genug für den Winter zu behalten?“
Der Junge kniete sich erneut hin und schüttelte den Kopf. „Eigentlich nicht, mein gnädiger Herr und ich bitte für meine Familie. Seid gütig und habt Mitleid, Herr!“
„Ich habe dir erlaubt aufzustehen.“ Hubert nahm Ungeduld in Alains Stimme wahr.
„Ja, mein Herr und ich danke meinem Herrn dafür, aber ich möchte bitte meinem Herrn zeigen, dass es mir sehr ernst mit meiner Bitte ist.“
„Ich nehme den Ernst deiner Bitte zur Kenntnis und sage, du sollst aufstehen und mich anschauen.“
Hubert tat, wie befohlen.
„Warum hast du Angst um sie?“
„M. Durant ist sehr streng was das Nichterbringen der Abgaben für unseren Herrn betrifft.“ Er schaute ihm flehend in die Augen und Alain konnte den Rest seiner Antwort, den er nicht auszusprechen wagte, erraten.
„Ich denke, ich habe dich verstanden. Hm. Wir haben vermutlich viel Aufsehen erregt. Ein langes Gespräch mit mir, mitten im Hof, obwohl Durant es untersagt hat. Er kann es dir nicht ankreiden, denn du kannst schließlich nicht flüchten, wenn ich mit dir reden will. Sicher wird es ihm irgendjemand mitteilen und er wird dich dann vielleicht fragen, was wir besprochen haben. Schweig über den Inhalt unserer Unterhaltung! Das ist ein strenger Befehl, Hubert. Hast du mich verstanden?“ Der Junge nickte. „Erweise dem Verwalter noch für eine Weile weiterhin das, was er verlangt und mach dir ansonsten nicht zu viele Sorgen. Ich werde an deine Familie denken.“ Alain bemerkte die Tränen in den Augen des Jungen und sprach schnell weiter.
Mit aufgeregter Stimme versicherte ihm der Bursche:
„Ich, mein Gehorsam und meine Treue gehören meinem gnädigen Herrn, sonst niemandem. Ich möchte meinem Herrn gern sagen, wie dankbar ich ihm für seine Güte bin.“ Die Strenge verschwand aus Alains Stimme.
„Dein Dank steht in deinen Augen, Hubert. Das ziehe ich persönlich einem Handkuss vor. Aber...für die Augen der anderen“, er lächelte das erste Mal, „auf die Knie mit dir!“ Er reichte ihm die Hand und der Junge küsste sie prompt. „Ich werde erzählen, wie freundlich Ihr wart, mir von meinem Cousin zu berichten und natürlich die Rehe erwähnen.“ Zaghaft lächelte er zurück. Alain wandte sich ab und warf ihm im Weggehen die obligatorische Münze zu, die Hubert geschickt aufging, während er leise vor sich hin murmelte: „Sicherlich der beste aller Herren.“
In seinen Räumen angekommen befahl er Henri, den Verwalter zu ihm zu rufen.
„Es tut mir leid, Milor‘. M. Durant ist in Geschäften von Monseigneur unterwegs.“
Alain ärgerte sich, dass er selbst keine Ahnung von den Unternehmungen seines Verwalters hatte. Doch dafür konnte er die Schuld wieder nur bei sich selbst suchen. So starrte er seinen Knappen stirnrunzelnd an und wandte sich dann knurrend ab.
Am nächsten Tag begab er sich schon frühmorgens in die Bibliothek, dem von ihm bevorzugtesten Raum im ganzen Schloss. Er wollte in Ruhe nachdenken. Am gestrigen Abend waren ihm, während er auf den Schlaf wartete, ständig Bilder aus der Vergangenheit in den Sinn gekommen. Er war mit seinem Vater übers Land geritten und hatte ihn zu allen Hütten seiner Leibeigenen begleitet.
Das hatte ihm damals gut gefallen, denn er war stolz darauf gewesen, dass sein Vater bei seinen Leuten so beliebt war. Manchmal hatte er auch seine Mutter begleitet, wenn sie Bedürftige oder Kranke besuchte und ihnen aus der Schlossküche etwas Gutes mitbrachte. Auch ihr war man mit großer Hochachtung, ja sogar Zuneigung, begegnet. Sechs Jahre hatte nun niemand mehr auf diese Weise nach den Menschen auf seinem Grund geschaut. Er hatte angenommen, dass alles einfach weiterlaufen würde, während sein Verwalter sich um seinen Besitz kümmerte. Warum sollte sich schließlich für seine Leibeigenen etwas ändern, wenn nicht er, sondern der Verwalter nach dem Rechten schaute? Hätte er ahnen müssen, dass das auf die Dauer nicht gut gehen konnte?
Jetzt spielte er mit dem Gedanken seine Schwester einzuladen, damit sie an die Taten ihrer Mutter anknüpfte. Er hatte sie seit dem Tod ihrer Eltern nicht allzu oft gesehen. Einmal hatte er sie und ihren Gemahl zuhause besucht, um herauszufinden, ob sie es dort gut hatte. Danach waren sie sich bei Hofe oder anderen Gesellschaften begegnet, wo nicht viel Zeit für ein vertrauliches Gespräch blieb. Aber er erinnerte sich deutlich ihrer besorgten Blicke; damals hatte er ihre Sorge nicht wahrnehmen wollen, nun allerdings, da er intensiv darüber grübelte, fiel ihm ein, dass sie wohl einmal ihren Gatten geschickt haben musste, um herauszufinden, was ihn so verändert hatte. Obwohl es kaum Gemeinsamkeiten zwischen ihnen gab, hatte der Comte de Nancay das Gespräch mit ihm gesucht. Alain erinnerte sich an sein Erstaunen darüber, denn Nancay war ein Mann weniger Worte und er hatte sich nach dieser Unterhaltung gefragt, was genau dieser denn eigentlich gewollt hatte. Es sah ihm absolut nicht ähnlich um den heißen Brei zu reden und das hatte er eindeutig getan. Jetzt war Alain klar warum. Es musste Marie einiges an Überredung und ihn selbst eine Menge Überwindung gekostet haben, einen für ihn so untypischen Schritt zu tun, nämlich seinem Schwager auf den Zahn zu fühlen.
Als er die Bibliothek an diesem Morgen zu so ungewohnt früher Stunde betrat, schreckte er ein Stubenmädchen auf, das eilig seine Sachen zusammen suchte, und, eine verwirrte Entschuldigung stammelnd, den Raum verlassen wollte.
Wieder so ein furchtsamer Blick!
Hätte das Mädchen ihn nicht in dieser Art angeschaut, dann schnell den Blick gesenkt und alles zusammengerafft, sondern ruhig ihre Arbeit beendet, wäre sie ihm heute vermutlich nicht einmal besonders aufgefallen – obwohl sie wirklich hübsch war, wie er feststellte. So aber hielt er sie zurück.
„Halt, mein Mägdelein, warum denn so eilig?“
Sie blieb stehen und knickste tief, sagte aber nichts.
„Es wäre schön, wenn du dich heute noch entschließen könntest, mir zu antworten“, forderte Alain nach einer Weile schroff.
„Ich…ich wollte den Herrn nicht stören“, erwiderte sie ihm daraufhin lahm.
Der Marquis betrachtete sie einen Augenblick stirnrunzelnd, dann schlenderte er auf sie zu. Sie begann zu zittern und wäre gern an ihm vorbeigeschlüpft, vor allem weil sie seine Absichten zu kennen glaubte, wagte es aber nicht. Sie hatte sich bereits in einer ähnlichen Situation befunden. Damals war die Lage entspannt worden, weil zwei Knechte lärmend den Stall betreten hatten; in diesen Raum würde niemand ohne Aufforderung kommen. Selbst ein Schrei würde niemanden herbeiholen. Sie fühlte sich hilflos und verloren und machte, je näher er kam zwei, drei Schritte rückwärts, bis sie gegen einen der schweren Sessel stieß, die vor dem Kamin standen. Sie tastete sich daran vorbei und wich weiter bis zur Wand zurück. Alain folgte ihr leicht amüsiert. Nun blieb ihr nichts zu tun übrig, als stur zu Boden zu blicken und zu hoffen, dass es ihn abhalten würde, wenn sie sich hinkniete und ganz klein machte. Aber er gebot ihr, sich aufzurichten. Er war ziemlich groß, was ihre Angst nicht minderte und stand dicht vor ihr. Sie reichte ihm nicht mal bis auf Brusthöhe. Er legte einen gekrümmten Zeigefinger unter ihr Kinn und zwang sie, den Kopf zu heben, um ihr Mienenspiel zu betrachten. Sie aber ließ die Augen niedergeschlagen.
„Warum läufst du vor mir davon?“
„Bitte, gnädiger Herr“, bat sie atemlos. „Seid freundlich und lasst Eure kleine Magd gehen.“
„Meine kleine Magd? Das ist nett.“ Er lächelte. „Warum soll ich dich gehenlassen? Deine Arbeit ist noch nicht beendet.“
„Ich habe nicht absichtlich gestört, gnädiger Herr.“
„Nein, ich weiß es“, sagte er nachdenklich, „offensichtlich ist es anders herum – ich habe dich gestört. Sag mir doch, warum du dich durch mich so sehr gestört fühlst, dass du ganz schnell verschwinden willst." Da sie lediglich hilfesuchend seine Schulter anstarrte, überlegte er laut weiter. "Ist es, weil – ja, es mag schon eine große Rolle spielen“, räumte er ein, „weil du dich allein mit mir in einem Raum befindest und du dich deinem Herrn kaum widersetzen könntest, selbst wenn er etwas fordern sollte, was du ihm eigentlich nicht geben willst?“
Das Mädchen errötete und ihr Atem ging rasch. Ihr Herz klopfte zum Zerspringen. Ihrem Gesicht war genau anzusehen, was sie dachte. Es wechselte in schneller Folge die Farbe. Sie mochte vielleicht vierzehn Jahre alt sein. Er bemerkte ihr Zittern und bekam Mitleid mit ihr, so machte er einen Schritt rückwärts und sagte leise: „Du brauchst keine Angst vor mir zu haben, ich werde dir nichts zuleide tun.“
Er trat ganz von ihr zurück und ließ sich in einen, der mit Leder bezogenen Sessel vor dem Kamin fallen. Mit seinem Fuß zog er den dazugehörenden Schemel heran und bedeutete ihr mit einem Nicken, sich zu setzen. Sehr zögerlich tat sie, was er verlangte.
„Wie ist dein Name?“
„Kitti, mein gnädiger Herr.“
„Also Kitti, meine kleine Magd, sage mir den wahren Grund, weshalb du deine Arbeit einfach hinschmeißt und losrennst. Solange du mir die Wahrheit sagst, brauchst du auch nichts zu befürchten. Ist es wirklich nur, weil ich unerwartet ins Zimmer gekommen bin?“ Er kannte ja mittlerweile den wirklichen Grund, doch er wollte ihn von ihr hören, deshalb ließ er nicht locker.
„Ich weiß, dass mein Herr ungestört sein will und hatte Angst, ich würde geschlagen, wenn mein gnädiger Herr mich in der Bibliothek findet.“
„Demnach nennst du mich zwar 'gnädig', glaubst aber nicht daran, dass ich es auch bin!“ Er lachte rau, weil er ihre entsetzte Miene sah. „Keine Sorge, ich erwarte darauf keine Antwort. Es liegt auf der Hand.“ Eine Weile war es still und Kittis Haut begann zu kribbeln, weil sie spürte, dass ihr Herr sie eingehend musterte. Wenn sie doch nur wüsste, was er von ihr wollte, nein, vielleicht war es besser, sie wusste das nicht.
„Schau mich an, und sag mir, ob du wirklich glaubst, dass ich dich schlagen würde, ohne einen schwerwiegenderen Grund zu haben, als das du hier sauber machst, Kitti! Das ist widersinnig.“
Es dauerte eine Weile, bevor sich das Mädchen traute aufzuschauen. Alain wartete geduldig und ließ ihr die Zeit. Als Kitti dann endlich in die dunkelblauen Augen des Marquis schaute, die, im Moment frei von jedem Zorn, auf sie herabblickten, sogar leicht belustigt lächelten, schüttelte sie vorsichtig den Kopf, denn es war die Antwort, die er erwartete. Sie selbst, war sich noch nicht sicher, wie schnell seine Stimmung umschlagen konnte.
„Wie kommst du dann auf diese Idee?“
Sie hätte jetzt kokett erwidern können, dass sie noch nie Gelegenheit gehabt hatte, ihm in die Augen zu schauen, wagte es aber nicht, eben weil sie ihm gerade in die Augen geblickt hatte. Daher antwortete sie schüchtern: „M. Durant hat uns im Namen des hohen Herrn angedroht, dass jeder, der es wagt, den Herrn auf irgendeine Weise zu stören, seine Reitpeitsche zu spüren bekommt.“
Alains Gesicht verfinsterte sich augenblicklich, der belustigte Ausdruck verschwand. Da war er schon, der Stimmungswechsel. Hastig sprach Kitti weiter und ihre Stimme überschlug sich fast.
„Und ich wäre sicher nicht hier, wenn Mme. Bonnet mir nicht aufgetragen hätte, die Bibliothek zu säubern."
Wer war Mme Bonnet? Er hatte keine Ahnung, aber Kitti schien das vorauszusetzen.
"Es...es ist ja noch sehr früh, eigentlich kommen Eure Gnaden nicht vor dem Nachmittag in dieses Zimmer. Bis dahin wäre ich lange fertig gewesen, mein Herr. Und…und ich w-will ja auch gar nicht stören, ich…wenn M. Durant herausbekommt, dass…“ Sie begann wieder zu zittern und ihre Augen flehten ihn wieder an.
„Hast du einen Grund gehabt, dich hier aufzuhalten, Kitti“, fragte ihr Herr ruhig, „oder warst du einfach nur neugierig, und ich habe dich überrascht?“
„Nein“, rief Kitti mit weit aufgerissenen Augen, rutschte vom Schemel, kniete sich vor ihn hin und faltete die Hände. „Nein, das würde ich nicht. Das…das würde ich nicht wagen. Bitte, glaubt mir, mein Herr!“ Das schmückende Beiwort gnädig, ließ sie wohlweislich weg.
„Gut! Ich glaube dir. Dann sag mir, wovor du noch Angst hast? Du verrichtetest die Arbeit, die dir aufgetragen wurde. Was kann Durant dir zur Last legen, wenn ich dich dabei antreffe und dir sage, dass du bleiben sollst? Das interessiert mich wirklich! Steht sein Wort über dem meinen?“
Das Mädchen senkte wieder seinen Blick und antwortete leise. „Es ist wider seinen Befehl, weiter braucht er keinen Grund.“ Erschrocken hielt sie die Luft an und schlug die Hand vor den Mund. Was hatte sie da gesagt? Sie beschuldigte gerade den Verwalter des Marquis der Willkür und des Ungehorsams gegenüber seinem Herrn.
„Verzeihung! Ich sprach unbedacht.“ hauchte sie.
„Wenn ich dich richtig verstehe, dann bist du davon überzeugt, dass es meinem Verwalter nicht besonders wichtig ist, wie ich darüber denke.“
Sie wagte keine Antwort mehr, hatte sie sich doch bereits tief genug in den Morast begeben. Unter gesenkten Wimpern schaute sie zaghaft, welche Wirkung ihre Worte gehabt hatten, bemerkte das Zornfunkeln seiner Augen und das die Hand, die bisher locker auf der Armlehne des Sessels lag, sich zu einer harten Faust ballte. Sie duckte sich und das Zittern kam zurück. Kitti wartete auf den Schlag, doch nichts passierte. Eine gefühlte Ewigkeit rührte sie sich nicht. Wartete. Hatte er nicht gesagt, er brauche schon einen schwerwiegenderen Grund, um sie zu schlagen, als das er sie in der Bibliothek vorgefunden hatte? War das, was sie gerade gesagt hatte etwa kein schwerwiegender Grund gewesen? Da der Mann im Sessel sich genauso wenig rührte, wie sie, richtete sie sich nach geraumer Zeit sehr langsam etwas auf und sammelte all ihren Mut, um nochmals einen vorsichtigen Blick, erst auf seine Hand, die wieder entspannt dalag und dann auf sein Gesicht zu werfen.
Doch ihr Herr schaute bloß nachdenklich drein und schien sie vergessen zu haben. Sehr erleichtert beruhigte sie sich etwas und wartete weiter.
„Bring deine Arbeit zu Ende!“ Sie stand auf, knickste und ging zur Feuerstelle. Nachdem sie dann den Kamin sauber gekehrt und die Asche in den Ascheeimer geschüttet hatte, bestückte sie ihn mit Stroh und dem Holz, das einer der Stalljungen schon früher hereingebracht hatte. So musste man das Feuer am Abend, wenn es kühler werden würde, nur noch anzünden. Sie knickste abermals und wandte sich zum Gehen.
„Bleib!“ Er wies ihr nochmals den Platz an. Erstaunt und diesmal sogar ein wenig neugierig setzte sie sich wieder auf die Fußbank. Nach einer Weile fragte er sie:
„Woher kommst du? Wer ist dein Vater? Erzähl mir von dir!“
Damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet. Seit wann machte der Herr sich irgendwelche Gedanken über sein Gesinde? Seit sie im Schloss Dienst tat, hatte er noch nie irgendjemanden auch nur angeschaut.
Verlegen begann sie, sehr leise und ein wenig stockend, zu berichten, während sie mit nervösen Händen den Stoff ihres oft gestopften Rockes zerknüllte und wieder glatt strich.
„Eure Magd ist in Quatre Chêne geboren, einem Dorf, etwa zehn Kilometer von hier. Mein Vater und wir anderen gehören zum Land vom Marquis. Ich kam hierher, weil Mme. Bonnet eine Verwandte meiner Mutter ist und jemanden suchte, der zuverlässig ist und ihr in der Küche helfen könnte."
"Sag mir, sollte ich Mme Bonnet kennen? Ihr Name fiel bereits und ich fürchte, ich habe keine Ahnung, von wem du sprichst."
Kitti schaute ihn mit großen Augen an, wie man eine solch gewichtige Persönlichkeit, wie Mme. Bonnet nicht kennen könnte, aber schnell wurde ihr bewusst, dass das gewaltig vom Auge des Betrachters abhing.
"Sie beaufsichtigt alle Mädchen, die im Haus arbeiten und weist uns unsere Arbeit zu, mein Herr."
"Dann fahre nun fort!"
"Also,... in der Küche bin ich nich sehr geschickt.“ Sie wurde rot. „Meine Mutter dachte, ich würde es hier schon lernen. Zwei andere Mädchen mussten wenige Wochen später die Burg verlassen, weil sie unverheiratet ein Kind erwarteten", sie hielt kurz inne und meinte sinnend, "dabei waren sie sicher nicht dran schuld. Na ja, jedenfalls war ich nun schon mal hier und bekam einige von deren Aufgaben übertragen und Madame suchte eine andere Hilfe für die Küche.“ Kitti machte eine Pause und überlegte. „Das ist eigentlich schon mein ganzes Leben.“
„Hast du deine Familie während der letzten Zeit gesehen?“
„Ja, mein Herr."
"Wann?"
"Während der Abwesenheit des edlen Herrn, wenn auf der Burg nicht so viel Arbeit zu tun ist, hat Mme. Bonnet mir dann und wann erlaubt, meine Familie zu besuchen.“
„Hat man über die Ernte gesprochen?“
„Ja, mein Herr.“ Sie schluckte und nickte dann.
„Sind die Bauern zufrieden?“ Sie zögerte, denn seine Fragen folgten schnell auf ihre Antworten und klangen barsch, aber als Alain sie aufforderte frei heraus zu reden, schüttelte sie betrübt den Kopf.
„Die Bauern machen sich große Sorgen, Herr, das betrifft nich nur meine Familie. Das ganze Dorf sprach über kaum etwas anderes.“
„M. Durant war also bereits in Quatre Chêne?“
„Jawohl, mein Herr.“ Sie stockte.
„Was sagen die Leute in deinem Dorf?“ ermunterte er sie.
„Es…die Abgaben waren enorm hoch, in diesem Jahr, in Anbetracht der mickrigen Ernte. Doch auf dem Schloss is schließlich `n großer Haushalt zu versorgen und, wenn alle kaum Ernte eingefahren haben, muss das Essen ja trotzdem von irgendwoher kommen. Die Bauern sind ratlos, wie es weitergehen soll, mein Herr. Die wenigen, die überhaupt noch Vieh besitzen, haben nich genug Heu, um ihre Tiere vier, fünf Monate während des Winters im Stall zu versorgen. Sie werden sie wohl schlachten müssen und dann wenigstens etwas Fleisch haben, aber danach wissen sie auch nicht, wie es weitergehen soll.“ Kitti Stimme war sehr zaghaft geworden.
Alain hieb mit der flachen Hand auf die Armlehne seines Stuhles, so dass sie zusammenzuckte, stand auf und ging mit langen Schritten durchs Zimmer, während er nachdachte. Nach einer Weile blieb er vor dem Mädchen stehen. Als er aufgestanden war, hatte auch sie sich erhoben und ihn ängstlich beobachtet.
„Was reden die Leute über mich? Und sag mir die Wahrheit!“ fuhr er sie an.
„Nichts“, erwiderte sie furchtsam, sah zu Boden und begann wieder zu zittern.
„Nichts? Die Leute haben Angst zu verhungern und sie sagen - nichts?“ Alain war unverkennbar wütend. Er wollte keine Ausflüchte. Er wollte wissen, was sich außerhalb seiner Scheuklappen abgespielt hatte. „Nichts über ihren Herrn, dem es anscheinend egal ist, ob sie verhungern? Das ist ein bisschen zu dick aufgetragen! Antworte! Ich will es hören.“
Immer noch bebend, flüsterte Kitti: „Man schimpft halt auf den Verwalter. Ich habe gehört das gesagt wird, der Herr würde sich nicht richtig…“ Sie hielt inne, ihr fehlte der Mut weiter zu sprechen. Ganz beherrscht, doch sehr eindringlich hörte sie die Stimme des Marquis, der hinter ihr stehen geblieben war, nahe an ihrem Ohr:
„Kitti, ich will es hören! Hast du mich verstanden?“
Mit gesenktem Kopf nickte sie. Ihre Anspannung war so groß, dass ihr Tränen aus den Augen quollen. „Ja, Herr.“
Alain sah eine Träne auf ihren nackten Fuß tropfen. Milder sagte er, während er eine Hand auf ihre Schulter legte:
„Keine Angst, aber heraus damit!“
Ganz leise und hin und wieder schluchzend fuhr sie fort: „Jemand sagte, der Herr könnte sich gar nicht richtig kümmern und hätte deshalb auch keine Ahnung, was vor sich geht und M. Durant würde das ausnutzen. Unser Herr wäre viel zu viel unterwegs, um dem richtig auf die Finger zu sehen. Seine Gnaden würde aber bestimmt irgendwann drauf kommen und dann könnte der Verwalter aber was erleben. Sie sagen, der alte Marquis sei viel zu früh gestorben und es sei nur zu hoffen, dass sein Sohn merkt, was vor sich geht, bevor es zu spät sei. So oder ähnlich habe ich’s verschiedentlich gehört…ich weiß aber nicht mehr von wem….und, und, es tut mir so leid“, schluchzte sie. Bei der Erwähnung seines Vaters spürte Kitti, wie sich die Hand ihres Herrn unwillkürlich krampfte und in ihre Schulter grub, das es sie schmerzte, aber sie brachte es natürlich nicht damit in Verbindung, sondern bezog es allgemein auf ihren Bericht. Sobald Alain merkte, wie sie sich unter seinem Griff wand, lockerte er ihn sofort, massierte die Stelle geistesabwesend, strich ihr dann kurz über den Kopf und drehte eine weitere Runde durch das Zimmer. Schließlich blieb er wieder vor ihr stehen.
Ihre Gedanken rasten. Warum musste sie diejenige sein, die ihm das alles sagte. Sie war doch nur eine Magd. Was würde er jetzt mit ihr machen? Das konnte doch nur grässlich werden.
"Gib mir deine Hände!" Was hatte er vor? Sie wurde panisch, aber nicht zu tun, was er befahl, kam nicht in Frage. Überrascht bemerkte sie, dass er ihre Hände und Handgelenke nur leicht umfasste, während er sanft, aber nichtsdestotrotz eindringlich, sagte:
„Beruhige dich, Kitti. Das war nicht gegen dich. Es ist gut, dass du mir das alles erzählt hast. Ich wollte es genau so ehrlich hören. Rede aber mit niemand anderem hierüber, hörst du? Niemandem! Das ist ein strenger Befehl deines Herrn, direkt an dich, Kitti und ich erwarte, dass du ihn befolgst! Durant soll hiervon überhaupt nichts erfahren und auch sonst keiner. Nicht einmal, dass wir überhaupt miteinander gesprochen haben. Schau mich an und versprich mir, dass du mir gehorchen wirst.“
Sie schaute in seine Augen, die sie zwingend, betrachteten. In diesem Moment spürte sie ganz deutlich, dass sie diesem Mann gehörte, sein Eigentum war, gar nicht anders konnte, als ihm zu gehorchen, was immer er verlangen würde und sie merkte, dass er wollte, dass sie das spürte, aber auf eine Weise, die nicht schlimm war. Er gab ihr seinen Befehl mit freundlicher Stimme. Dieselben Worte mit harter Betonung hätten ihr Angst gemacht. Er hielt ihre bebenden und vor Nervosität eiskalten Hände in einem angenehm warmen und leichten Griff, es fühlte sich beschützend an. Sein intensiver Blick schien tief in sie hineinzusehen. Doch auch das war nicht mehr so sehr beängstigend, von ihr aus durfte er ruhig sehen, was da zu finden war. Außerdem, letztlich gehörte es ihm sowieso. Es schien ihr, als würde er behutsam damit umgehen, wenigstens so lange, wie man ihm keinen Grund gab, etwas anderes zu tun. Ganz anders, als der von ihm eingesetzte Verwalter. Während sie ihn weiter anschaute, antwortete sie.
„Eure kleine Magd wird dem strengen Befehl des gnädigen Herrn sehr gern gehorchen.“ Er prüfte ihr Gesicht, nickte und lachte leise.
„Durant nichts zu erzählen, dürfte ebenso in deinem Interesse sein, wie in meinem.“ Er ließ sie los.
„Sobald du dich beruhigt hast, darfst gehen, meine kleine Magd.“ Alain stupste ihre Nase und zwinkerte ihr zu.
„Ich bedanke mich für Eure Güte, mein gnädiger Herr.“ Danach nahm sie ihre Sachen auf und wollte den Raum verlassen.
„Eins noch. Wenn ich in Zukunft meine Gemächer betrete, während du sauber machst, wirst du dich hoffentlich nicht mehr zu Tode erschrecken! Trotz dieses unangenehmen Verhörs.“ Er lächelte.
Zum wiederholten Male schaute sie ihm direkt in die Augen. Sie erwiderte das Lächeln in ihnen und schüttelte den Kopf. Freundlich nickte er ihr zu und sie war endgültig entlassen. Hätte Kitti ihn nur eine Sekunde später beobachten können, hätte ihr sein Blick zwar einen heftigen Schrecken eingejagt, aber Mitleid hätte sie mit der Person, der dieser Blick galt, nicht haben können. Sie dachte noch lange über diese Begegnung nach und nahm sich noch einmal ganz fest vor, ihn nicht zu enttäuschen. Wie besonders gütig er war, zeigte sein Verständnis dafür, dass die letzte halbe Stunde für sie nicht besonders angenehm gewesen war. Dennoch hatten ihr die kurzen Entspannungsphasen zwischendrin ausgereicht, sein Äußeres wahrzunehmen. Auch wenn sie sich vielleicht nicht anmaßen dufte, darüber zu urteilen, gefiel ihr enorm gut was sie gesehen hatte. Freundlich und gutaussehend! Wie schade, dass sie nichts verraten durfte. Aber ein Geheimnis mit dem Herrn zu haben, wog es doppelt auf.
Sobald der Marquis gefrühstückt hatte, ritt er aus. Gris ließ er heute zuhause, denn seine Bauern würden den weit umher streifenden Hund unwillkürlich mit ihm in Verbindung bringen und er wollte einigermaßen anonym reiten. Wenn er auch seine Bauern nicht mehr kannte, kannten sie doch ihn und Gris. Zu Henri sagte er, dass er nicht wüsste, wann er wieder zurückkommen würde. Quer durch seinen Besitz führte ihn sein Weg. Einen Hof nach dem anderen klapperte er ab. Ein Dörfchen nach dem anderen, bis an seine Grenzen ringsum. Selten kam er so nahe heran, dass die Leute ihn vom Haus aus hätten erkennen können. Ritt er jedoch durch eines der Dörfer, traf ihn die Verwahrlosung jedes Mal mit voller Wucht. Je weiter er sich vom Schloss entfernte, desto schlimmer waren die Zustände der Hütten und ihrer Bewohner. Dies war also der tadellose Besitz, den sein Vater ihm übergeben hatte. Am Totenbett hatte er ihm versprochen, ein guter Lehnsherr zu sein, für seine Leibeigenen zu sorgen und keine Schande über die Familie zu bringen. Er hatte es damals so gemeint, er wollte sich wirklich um alles kümmern, aber sein egoistischer Schmerz als kurz darauf auch noch seine Mutter verstarb, hatte sein Versprechen in den Hintergrund gedrängt. Bitter dachte er an all die vergeudete Zeit, in der er, hilflos vor Trauer, Vergessen im eigenen Vergnügen gesucht und die Not anderer übersehen hatte. Irgendwann war es ihm zur zweiten Haut geworden und es gab niemanden, der ihm nahe genug stand, ihn zur Ordnung zu rufen. Hatte er denn all das Elend einfach nicht sehen wollen? Nein, das konnte nicht sein. Die Not seiner Bauern war über die Jahre gewachsen. Er hatte sie wirklich nicht gesehen, weil sie nach und nach schlimmer wurde. Sein Verwalter hatte mit großer Umsicht darauf geachtet, dass die Dörfer und Höfe, an denen er üblicherweise vorbeikam, soweit in Schuss waren, dass ihm bei oberflächlicher Betrachtung nichts auffiel.
Provozierte er hin und wieder ein Gespräch mit einem seiner Bauern, schaute er in ein furchtsames, besorgtes Gesicht, das sich, sobald dieser ihn erkannt hatte, senkte und nicht mehr freiwillig hob. Er sprach freundlich mit ihnen und machte Mut, gebot aber jeweils, kein Wort darüber zu verlieren. Ritt er weiter, hatte er die zweifelhafte Genugtuung, bei diesen paar Wenigen, Hoffnung gesät zu haben. Wenn er auf den Feldern mit den Männern redete, versuchte er sich verzweifelt zu erinnern, was sein Vater ihm vor langer Zeit über die Landwirtschaft beigebracht hatte. Je öfter er darüber sprach, desto mehr viel ihm ein und er freute sich, nicht völlig unwissend zu sein.
In einem Dorf namens Hérault kam ihm ein Kind auf der Straße entgegen. Tränenblind machte es keine Anstalten seinem Pferd auszuweichen. So hielt Alain schließlich an und beugte sich, zu dem etwa sechs Jahre alten Mädchen hinunter.
„Hey, was gibt es denn an einem so schönen Tag wie heute, zu weinen, Prinzessin?“
Das Mädchen hob seinen Blick und schaute ihn lange an, ehe es antwortete - forschend, wie Kinder es oft tun. Seine Tränen versiegten dabei allmählich. „Es ist kein schöner Tag“, sagte es trotzig. „Ich habe Hunger.“
Der Marquis schaute in ihr mageres Kindergesicht, in ihre noch immer feuchten, hellblauen Augen.
Sie steckte in einem Hemd, das um ihren Leib schlotterte und nur aus Flicken zu bestehen schien und es gab ihm einen Stich.
Er versuchte ein aufmunterndes Lächeln, welches ihm jedoch gänzlich misslang, wie sich herausstellte.
„Was gibt’s denn da zu grinsen?“ fuhr sie ihn mit dem ganzen Temperament einer energischen Sechsjährigen an.
„Das ist nicht lustig. Ich habe wirklich großen Hunger! Es tut weh.“
In diesem Moment kam eine Frau aus einer der alten Hütten gelaufen, knickste hastig, fasste das Mädchen bei der Hand und zog sie fort. Währenddessen murmelte sie:
„Verzeiht dem Mädchen, Herr. Sie ist doch noch ein Kind!“
Alain nickte nur und gab seinem Pferd die Sporen, so dass es erschrocken davon sprang. Er hörte die letzten Worte des Mädchens noch, da lag das Dorf schon lange hinter ihm.
„Lass mich Maman! Er hat mich ausgelacht! Man darf niemanden auslachen, der Kummer hat, sagst du immer.“
Yves Leroi öffnete die Tür selbst. Er hatte sich soeben mit seiner Familie zu Tisch gesetzt, um ihr kärgliches Abendbrot zu verzehren. Vor seiner Tür stand ein Mann dessen Gesicht er wegen der bereits eingesetzten Dunkelheit nicht erkennen konnte.
„Ja?“ fragte Yves rau.
„Ich habe etwas für dich.“
Während der Unbekannte diese Worte sprach, ließ er etwas Schweres von seiner Schulter gleiten und vor Yves auf den Boden fallen.
„Das ist ein Reh!“ rief er erschrocken und machte einen Schritt rückwärts. „Warum tust du das?“
„Tu ich was?“ fragte der Fremde verblüfft.
„Mich in Versuchung führen. Dies' Tier gehört unserem Herrn. Glaubst du, ich bin dumm genug dein Geschenk anzunehmen?“
„Offensichtlich, bist du dumm genug, es abzulehnen!“
„Dann hör mir mal gut zu, Bursche!“ Yves trat drohend einen Schritt auf den Mann zu. „Ich mag arm sein, aber ich habe meinen Stolz; und der verbietet es mir, Dinge zu nehmen, die mir nicht gehören. Er ist so ziemlich das Letzte, was ich besitze, aber niemand kann ihn mir wegnehmen.“
„Satt wirst du davon aber nicht. Lässt du deine Kinder und deine Frau lieber hungern und weidest sie mit deinem Stolz?“
„Man hungert hier überall. Wieso kommst du grad zu mir?“
„Was hast du von deiner Treue zu deinem Herrn und von deinem Stolz, wenn du daran zugrunde gehst? Nimm das Tier, werde satt und hab einen schönen Abend!“ rief der Fremde anstelle einer Antwort.
„Nur, wenn der Herr selbst es mir erlaubte.“ Der Bauer, ein groß gewachsener Mann, hager von vielen Entbehrungen, aber sehnig und stark, kreuzte die Arme vor der breiten Brust und stand da, wie ein Fels in der Brandung. Wütend fuhr er fort:
„Nimm es weg, bevor ich dir einen Teil davon in deinen verbrecherischen Hals stopfe.“
„Wenn du mit weniger nicht zufrieden bist…“
“Bin ich nicht. Schön, wenn du das einsiehst. Und jetzt, pack das Vieh wieder ein und schau’ das du weiter kommst! Dadurch ersparst du dir einiges, denn sonst mach ich dir Beine!“
„Da du dermaßen hartnäckig bist, sollst du sie haben.“
Mit diesen Worten wollte der Mann an Yves vorbei in den Raum, doch dieser legte ihm eine Hand gegen die Brust und versperrte ihm den Weg.
„Soll ich was haben? Ich will die Rehkuh nicht!“ fragte Yves verwirrt. „Und du betrittst ganz sicher nicht meine Hütte!“ Er schob ihn ein Stück zurück.
Dann nahm er die Funzel, die in der Nähe der Tür hing, und hielt sie so, dass er das Gesicht des Besuchers erkennen konnte.
„Ich will sehen, wer sich dazu hergibt, ehrliche Menschen zu verunglimpfen.“
Im nächsten Moment wich er zurück und starrte Alain ungläubig an. Yves hatte ihn sehr lange nicht mehr gesehen und der Graf war mittlerweile voll erwachsen, aber so sehr hatte er sich seit damals nicht verändert, dass Yves ihn nicht hätte erkennen können. Durch sein Zurückweichen wurde den Personen innerhalb des Raumes, der Blick auf den Mann vor der Tür freigegeben.
„Glaub ihm nicht, Papa! Das ist der Mann, der mich heute ausgelacht hat“, rief eine Stimme vom Tisch her. Alain lachte. „Immer noch böse, Prinzessin?“ Dann wandte er sich Yves zu, der auf ein Knie gesunken war.
„Steh auf!“ Alain griff nach Yves Arm zog ihn hoch. „Du bist verdammt schwer zu überzeugen. Womit habe ich mir deine Treue eigentlich verdient?“
„Verzeiht mir meine harten Worte, mein Herr. Ich wollte doch nicht Euch verletzen, als ich Euch aus meinem Heim warf. Bitte! Wenn Ihr es noch wünscht, tretet bitte ein! Das konnte ich wahrhaftig nicht ahnen.“
Der Marquis machte einen Schritt über das Reh hinweg und trat ein.
„Es gibt nichts zu verzeihen, aber ich würde mir eine Antwort auf meine Frage wünschen.“