Meine beste Freundin - Viola Maybach - E-Book

Meine beste Freundin E-Book

Viola Maybach

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Beschreibung

Diese Serie von der Erfolgsschriftstellerin Viola Maybach knüpft an die bereits erschienenen Dr. Laurin-Romane von Patricia Vandenberg an. Die Familiengeschichte des Klinikchefs Dr. Leon Laurin tritt in eine neue Phase, die in die heutige moderne Lebenswelt passt. Da die vier Kinder der Familie Laurin langsam heranwachsen, möchte Dr. Laurins Frau, Dr. Antonia Laurin, endlich wieder als Kinderärztin arbeiten. Somit wird Antonia in der Privatklinik ihres Mannes eine Praxis als Kinderärztin aufmachen. Damit ist der Boden bereitet für eine große, faszinierende Arztserie, die das Spektrum um den charismatischen Dr. Laurin entscheidend erweitert. Allegra Altenburg amüsierte sich. Die Party ihrer Freundin Linda Bellheim war in vollem Gange, es gab leckeres Essen, die Musikauswahl war genau richtig, und sie hatte all ihre Freundinnen und Freunde um sich. Linda fegte gerade mit Rocco über die kleine Tanzfläche, er war vom ersten Moment an verliebt in sie gewesen, aber leider nicht Lindas Typ. Er würde auch an diesem Abend keinen Erfolg haben, es aber trotzdem unverdrossen weiterhin versuchen. Carina Johann war auch da und sah umwerfend aus wie immer. Sie war rothaarig und zeigte gern, was sie hatte: Ihren runden Busen in großzügigen Dekolletés, ihr wohlgeformtes Hinterteil in superengen Hosen, die schönen langen Beine in superkurzen Röcken. Die Typen waren alle verrückt nach ihr, und sie genoss es. Allegra mochte Carina, die war schon in Ordnung. Sie war in einem ziemlich unerfreulichen Elternhaus aufgewachsen und heilfroh gewesen, als sie dem endlich hatte entfliehen können. Jetzt konnte sie tun und lassen, was sie wollte – und sie genoss es. Sie war mit ihrem neuen Freund gekommen, den Allegra heute zum ersten Mal sah: ein Schrank von einem Mann, größer als eins neunzig, breite Schultern, dunkle Haare, blaue Augen. Er sah fantastisch aus, aber die Sache würde nicht lange dauern, wie sie bereits wusste. »Er sieht toll aus, aber man kann sich nicht mit ihm unterhalten«, hatte Carina ihr verraten. »Er hat nichts im Hirn.« Sie hatten beide gelacht. Carina würde also eine Weile ihren Spaß haben mit dem Schrank, der auf den passenden Namen Ricky Hammer hörte – der Name war Anlass für weiteres Gelächter gewesen – und sich dann freundlich und sanft von dem Mann trennen. Sie legte ohnehin keinen Wert auf eine feste Bindung, schließlich hatte sie jahrelang dem Ehekrieg ihrer Eltern zusehen müssen, das prägte. Bei Allegra selbst sah das ganz anders aus. Ihre Eltern hatten früh geheiratet, vier Kinder bekommen, und sie liebten sich immer noch.

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Leseprobe: Doppelband 1 - Der neue Dr. Laurin

Diese Serie von der Erfolgsschriftstellerin Viola Maybach (u. a. die Autorin der Serien Der kleine Fürst und Dr. Winter) ist absolut neu und knüpft an die bereits erschienenen Dr. Laurin-Romane von Patricia Vandenberg an. Die Familiengeschichte des so sehr beliebten Klinikchefs Dr. Leon Laurin tritt in eine neue Phase, die ideal in die heutige moderne Lebenswelt passt. Da die vier Kinder der Familie Laurin langsam heranwachsen, möchte Dr. Laurins Frau, Dr. Antonia Laurin, endlich wieder als Kinderärztin arbeiten. Sie macht aber aus diesem Plan ein großes Geheimnis, weil sie in dieser Frage trotz ihrer sonst so harmonischen Ehe einen Streit mit ihrem Mann befürchtet. Da sie ganz geheim ein Praktikum bei einem Jugendfreund und Leiter einer Kinderklinik macht, mit dem aber von ihrem Mann Leon beobachtet wird, ist der Weg frei für Missverständnisse und Eifersüchteleien. Am Ende haben sich die Wogen geglättet – Antonia wird in der Privatklinik ihres Mannes eine Praxis als Kinderärztin aufmachen. Damit ist der Boden bereitet für eine große, faszinierende Arztserie, die das Spektrum um den charismatischen Dr. Laurin entscheidend erweitert.

Der neue Dr. Laurin – 14 –

Meine beste Freundin

Luis blickt nicht mehr durch

Viola Maybach

Allegra Altenburg amüsierte sich. Die Party ihrer Freundin Linda Bellheim war in vollem Gange, es gab leckeres Essen, die Musikauswahl war genau richtig, und sie hatte all ihre Freundinnen und Freunde um sich. Linda fegte gerade mit Rocco über die kleine Tanzfläche, er war vom ersten Moment an verliebt in sie gewesen, aber leider nicht Lindas Typ. Er würde auch an diesem Abend keinen Erfolg haben, es aber trotzdem unverdrossen weiterhin versuchen.

Carina Johann war auch da und sah umwerfend aus wie immer. Sie war rothaarig und zeigte gern, was sie hatte: Ihren runden Busen in großzügigen Dekolletés, ihr wohlgeformtes Hinterteil in superengen Hosen, die schönen langen Beine in superkurzen Röcken. Die Typen waren alle verrückt nach ihr, und sie genoss es. Allegra mochte Carina, die war schon in Ordnung. Sie war in einem ziemlich unerfreulichen Elternhaus aufgewachsen und heilfroh gewesen, als sie dem endlich hatte entfliehen können. Jetzt konnte sie tun und lassen, was sie wollte – und sie genoss es.

Sie war mit ihrem neuen Freund gekommen, den Allegra heute zum ersten Mal sah: ein Schrank von einem Mann, größer als eins neunzig, breite Schultern, dunkle Haare, blaue Augen. Er sah fantastisch aus, aber die Sache würde nicht lange dauern, wie sie bereits wusste. »Er sieht toll aus, aber man kann sich nicht mit ihm unterhalten«, hatte Carina ihr verraten. »Er hat nichts im Hirn.«

Sie hatten beide gelacht. Carina würde also eine Weile ihren Spaß haben mit dem Schrank, der auf den passenden Namen Ricky Hammer hörte – der Name war Anlass für weiteres Gelächter gewesen – und sich dann freundlich und sanft von dem Mann trennen. Sie legte ohnehin keinen Wert auf eine feste Bindung, schließlich hatte sie jahrelang dem Ehekrieg ihrer Eltern zusehen müssen, das prägte.

Bei Allegra selbst sah das ganz anders aus. Ihre Eltern hatten früh geheiratet, vier Kinder bekommen, und sie liebten sich immer noch. Genauso wollte sie es auch einmal haben, nur ganz so früh heiraten wollte sie nicht, aber das war ohnehin schon nicht mehr möglich, sie war ja schon sechsundzwanzig. In dem Alter war ihre Mutter bereits zum zweiten Mal schwanger gewesen.

Sie beobachtete, wie Linda Rocco auf der Tanzfläche stehenließ, um einen weiteren Gast zu begrüßen. Ein großer Blonder – der Typ, der immer etwas Jungenhaftes behielt. Manche Frauen mochten das ja, ihr lag es nicht so. Aber er sah zweifellos gut aus, und er war lässig angezogen, das gefiel ihr.

Linda zeigte mit dem Arm zur Küche, dann kehrte sie zu Rocco auf die Tanzfläche zurück. Der Blonde steuerte die Küche an, natürlich, er brauchte erst einmal etwas zu trinken.

Linda hatte ihn vor kurzem in einem der Fitness-Studios, die sie besuchte, kennengelernt und nett gefunden. »Ich habe ihn zu meinem Geburtstag eingeladen, er ist noch nicht lange in München, er kennt hier kaum jemanden. Aber er ist süß, er passt gut in unsere Clique.«

Mal abwarten, dachte Allegra. Seinen Namen hatte sie vergessen, aber sie konnte ihn bei Gelegenheit ja danach fragen.

»Du sitzt die ganze Zeit hier und beobachtest die Leute«, sagte eine Stimme neben ihr. Oliver Trapp, Lindas Wohnungsnachbar.

»Ja, macht Spaß. Bist du jetzt erst gekommen?«

»Nee, ich war in der Küche und habe mich da festgequatscht.«

Olivers Blicke folgten Carina, die jetzt allein tanzte, mit verführerischen, schlängelnden Bewegungen, ganz der Musik hingegeben. Es gab keinen Mann im Raum, stellte Allegra amüsiert fest, der ihr nicht zusah.

»Sie ist einfach der Hammer«, stellte Oliver fest.

Allegra kicherte. »So heißt ihr neuer Freund. Hammer.«

»Echt jetzt?«

»Ja. Ricky Hammer. Ein Kerl wie ein Schrank, aber auch sehr gutaussehend, das muss man ihm lassen. Keine Ahnung, wo sie den wieder aufgegabelt hat, wahrscheinlich im Fitness-Studio.«

»So ein Großer mit breiten Schultern, dunklen Haaren und stahlblauem Blick?«

»Genau der. Zusammen sehen sie aus wie das Super-Power-Paar des Jahrhunderts.«

»Ein Jammer«, murmelte Oliver, den Blick noch immer auf Carina gerichtet.

»Was jetzt genau?«

Oliver riss den Blick mühsam von Carina los. Er sah verwirrt aus. »Was meinst du?«

»Du hast gesagt: ›Ein Jammer‹, und ich wollte wissen, was genau du damit meinst.«

»Dass sie vergeben ist«, sagte Oliver sehnsüchtig. »Ich bin einfach verknallt in sie.«

»In Carina sind alle verknallt, das solltest du eigentlich wissen. Und sie steht nun mal auf große, starke Typen. Ich schätze, du solltest dir keine allzu großen Hoffnungen machen.«

»Ich bin eins dreiundachtzig, und ich stemme …« Er verstummte, denn in diesem Augenblick betrat Ricky Hammer die Tanzfläche, schlang seine Arme um Carina und zog sie fest an sich. Man konnte sich die beiden leicht als Darsteller in einem Hollywoodfilm vorstellen.

»Oh!«, murmelte Oliver.

»Sag ich doch: große, starke Typen. Reiß dich von ihr los, Olli!«

Aber Oliver sank in sich zusammen wie ein Häufchen Elend. Statt Carina allein mit seinen Blicken zu verfolgen, beobachtete er sie nun mit ihrem Freund.

Allegra hatte bald genug, sie überließ ihn sich selbst. Oliver verliebte sich seit Jahren in die falschen Frauen, ihm war nicht zu helfen. Man konnte nur hoffen, dass er irgendwann selbst einen Weg aus seinem Unglück fand.

*

Luis Floring blieb erst einmal in Lindas Küche. Das Büffet war üppig, auch zu trinken gab es mehr als genug. Er hatte zwei Kurse gegeben, wie jeden Samstag, jetzt war er hungrig. Alkohol trank er kaum, er machte sich nicht viel daraus, und als Yoga-Lehrer musste er natürlich auch jederzeit fit sein. Er konnte sich keinen Kater leisten und wenn er richtig krank wurde, hatte er kein Einkommen. Er arbeitete in mehreren Studios, was bedeutete, dass er mit seinem Fahrrad oft in der ganzen Stadt unterwegs war. Aber er verdiente genug, um sich das Leben leisten zu können, das ihm gefiel, und er konnte fast immer auch noch etwas zurücklegen.

In seinen Kursen waren Frauen, wie überhaupt in den meisten Fitness-Kursen, weit in der Überzahl. Er kam bei Frauen gut an, oft bekam er eindeutige Angebote, die er aber lieber ausschlug. Erstens war er nicht der Typ, der von einem Schmetterling zum nächsten flatterte, und zweitens wollte er keine Probleme mit den Betreibern der Studios bekommen. Er arbeitete dort, dabei sollte es bleiben. Frauen lernte er lieber woanders kennen, auf solchen Partys zum Beispiel. Er hatte sich über Lindas Einladung gefreut. Sie war keine von den Frauen, die versuchten, mit ihm zu flirten, er hatte sich richtig gut mit ihr unterhalten können.

»Dich habe ich ja noch nie gesehen«, sagte jemand neben ihm und grinste ihn freundlich an. »Ich bin Rocco.«

»Luis. Hast du italienische Vorfahren?«

»Ja, mein Vater ist Italiener, aber meine Mutter hat sich durchgesetzt mit ihren Genen.«

Luis musste lachen. Rocco war blond, hatte eine sehr helle Haut und graue Augen. »Wie ein typischer Italiener siehst du wirklich nicht aus. Ist dein Vater traurig darüber?«

»Überhaupt nicht, ich habe noch vier Geschwister, die sehen alle aus wie er. Also bin ich in unserer Familie etwas Besonderes. Meine Mama ist froh, dass sie mich hat.«

»Kann ich mir vorstellen.«

Linda fegte herein, warf einen Blick auf das Büffet und riss einen der Kühlschränke auf, um weitere Platten mit Essen herauszuholen.

»Wie viele Gäste erwartest du denn noch?«, fragte Luis.

»Och, so zehn bis fünfzehn«, antwortete sie. »Wieso trinkst du Wasser?«

»Weil es mir schmeckt.«

»Typisch Yogi«, seufzte sie und war auch schon wieder weg.

Luis bemerkte Roccos Blick, mit dem er ihr folgte. »Bist du verknallt in sie?«

»Schon immer, aber ich bin nicht ihr Typ«, sagte Rocco.

»Wer ist denn ihr Typ?«

»Schwer zu sagen. Mit dem Aussehen hat das weniger zu tun, schätze ich. Aber ich bin ihr zur ruhig, zu ausgeglichen. Sie braucht Tempo und Aufregung.«

»Dann dürfte sie ja eigentlich auch nicht dein Typ sein.«

Rocco stieß einen langen Seufzer aus. »Das hat ja leider mit Vernunft nichts zu tun. Du weißt doch, wie das ist: Ich sage mir hundert Mal am Tag, dass wir nicht zueinander passen, aber meinen Gefühlen ist das gleichgültig. Und die kann ich nicht einfach abstellen wie einen tropfenden Wasserhahn. Woher kennst du Linda?«

»Ich bin Yoga-Lehrer und habe sie in einem der Studios, in denen ich arbeite, getroffen.«

»Sie macht Yoga?«, fragte Rocco verwundert.

»Nein, das ist nichts für sie, sie kann ja nicht stillhalten, aber sie macht da Kurse mit, in denen es ziemlich wild zugeht. Wir sind ins Gespräch gekommen, haben einen Kaffee getrunken, und dann hat sie mich eingeladen. Ich bin noch nicht sehr lange in München und weil ich praktisch immer arbeite, habe ich mein Privatleben in den letzten Monaten ziemlich vernachlässigt.«

»Aber du bist nicht verliebt in Linda?«

Luis musste lachen. »Keine Sorge, von mir hast du keine Konkurrenz zu erwarten.«

»Du bist wahrscheinlich auch nicht ihr Typ«, stellte Rocco fest. »Du bist auch zu ruhig.«

»Oh, unterschätz mich nicht, in mir schlummert ein Vulkan.«

Sie lachten beide. Luis fühlte sich wohl. Er hatte gut gegessen, aus dem Wohnzimmer klang Musik, die ihm Lust machte, sich dazu zu bewegen. Er tanzte gern, also würde er sich jetzt ins Gewühl stürzen.

»Ich geh mal tanzen«, sagte er. »Und mich ein bisschen unter den Frauen umsehen. Komm doch mit.« Er fand Rocco sympathisch.

»Nee, lass man, ich habe schon mit Linda getanzt, mehr ist für mich nicht drin.«

»Das ist jetzt aber nicht dein Ernst, oder? Du willst doch nicht für den Rest des Abends in der Küche sitzen und Linda aus der Ferne anschmachten?«

»Also gut, ich komme mit«, sagte Rocco.

Als sie das Wohnzimmer betraten, tanzten nur wenige Paare. Eine umwerfende Rothaarige in tief ausgeschnittenem Top und sehr engem, sehr kurzem Rock lehnte an einer Wand und sah zu ihnen herüber. Sie lächelte Luis an.

»Oh, oh«, meinte Rocco, »sieh dich vor …«

Aber Luis hörte ihm nicht mehr zu, er hatte sich schon in Bewegung gesetzt.

*

Timo Felsenstein, der Leiter der Notaufnahme in der Kayser-Klinik, geriet an diesem Samstagabend mehrfach in Versuchung, seinen Chef anzurufen und um Verstärkung zu bitten. Er tat das nur selten und auch nur, wenn er für sich und sein Team keine andere Möglichkeit sah, die Arbeit zu bewältigen. Dr. Leon Laurin, der die Kayser-Klinik leitete, hatte ihm aber eingeschärft, in solchen Fällen nicht zu zögern, sondern ihn um Hilfe zu bitten, und Timo wusste: Er hatte es ernstgemeint.

Dabei waren sie schon zu dritt: Eckart Sternberg und Michael Hillenberg standen ihm zur Seite, dazu die Pfleger Robert Semmler, Semmel genannt, und Manuel Degenhardt, sowie die energische Schwester Sofie Wennagel. Ein gutes Team, das auch außergewöhnliche Anforderungen bewältigen konnte. Aber nicht an diesem verrückten Samstagabend, an dem in München offenbar der Teufel los war. Zwei Unfälle hatte es bereits in der näheren Umgebung gewesen, drei Schlägereien, bei einer davon waren Messer zum Einsatz gekommen, dazu die Alkoholleichen, die jedes Wochenende die Notaufnahmen der Stadt bevölkerten und die immer jünger wurden. Zwei Mädchen waren nach der Einnahme einer bislang noch unbekannten Droge eingeliefert worden, und nun war soeben die Meldung eines weiteren Unfalls hereingekommen.

Michael Hillenberg kam den Stationsflur entlang, er hatte bis eben eine Notoperation durchgeführt und hielt einen Kaffeebecher in der Hand. »Ich stehe wieder zur Verfügung«, sagte er. »Was liegt an?«

»Zwei weitere Unfallopfer«, antwortete Timo. »Eins Sie, eins ich. Eckart Sternberg operiert noch.«

»Okay.«

Die Türen der Notaufnahme wurden aufgerissen, Michael Hillenberg leerte seinen Kaffeebecher und warf ihn in den nächsten Papierkorb.

Timo atmete tief durch. Er würde nicht anrufen müssen, sie schafften es hoffentlich auch so.

Irgendwann würde ja auch diese Nacht zu Ende sein.

*

»Bald werden wir an Samstagabenden ganz allein zuhause sitzen«, sagte Antonia Laurin ein wenig melancholisch. »Jetzt ist immerhin Kyra noch da, aber in zwei, drei Jahren …«

Ihr Mann Leon küsste sie und zog sie näher zu sich heran. Sie hatten sich einen Film angesehen, einen spannenden Krimi, das kam nicht häufig vor. Dazu hatten sie ein Glas Wein getrunken und sich gut unterhalten gefühlt. Aber nun war der Film zu Ende, und im Haus war es so still, dass jedes Knacken eines Möbelstücks laut erschien. Diese Stille hatte Antonias Stimmung umschlagen lassen.

»Wer sagt denn, dass wir zu Hause sitzen, wenn alle Kinder ausgeflogen sind?«, fragte Leon. »Vielleicht fangen wir dann auch wieder an, mehr auszugehen – so wie früher? Theater, Oper, Kino …«

Sie rückte ein Stück von ihm ab, um ihm in die Augen sehen zu können. »Ist das dein Ernst? Du kannst dir vorstellen, nicht jederzeit erreichbar zu sein, wenn in der Klinik mal wieder der Notstand ausbricht? Das glaubst du doch selbst nicht, Leon!«

»Es wird mir schwerfallen«, gab er zu, »aber ich glaube, ich kann es schaffen. Timo ist ein großartiger Notaufnahmechef, der könnte …«

»Es geht doch nicht nur um die Notaufnahme, und das weißt du auch! Wenn dir ein Patientenschicksal nahegeht, verbringst du auch heute noch ganze Nächte in der Klinik, obwohl es, rein medizinisch gesehen, nicht notwendig wäre. Wir sind beide keine Ärzte, die Dienst nach Vorschrift machen, und wir werden solche Ärzte auch nicht mehr werden.«