Ist es wirklich Liebe? - Tessa Hofreiter - E-Book

Ist es wirklich Liebe? E-Book

Tessa Hofreiter

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Beschreibung

Dr. Brunner bewohnt mit seiner geliebten Frau Ulrike und einem Jagdhund namens Lump ein typisches Schwarzwaldhaus, in dem er auch seine Praxis betreibt. Ein Arzt für Leib und Seele. Die Serie zeichnet sich gegenüber dem Vorgänger durch ein völlig neues Konzept aus. Es wird noch größerer Wert auf Romantik, Spannung und sich weiterdichtende, zum Leben erwachende Romanfiguren, Charaktere und Typen gelegt. Eines darf verraten werden: Betörend schöne Frauen machen dem attraktiven Landdoktor schon bald den Hof. Und eine wirkliche Romanze beginnt... Mechthild von Harresfeld klopfte während des Telefonierens nachdrücklich mit der Spitze ihres Zeigefingers auf die Platte ihres eleganten Damenschreibtisches. »Die Zimmer Zwölf und Vierzehn sind ausdrücklich für Frau Doktor von Kramm und Herrn Doktor von Harresfeld reserviert. Haben Sie das, Kindchen?«, sagte sie. Das ›Kindchen‹ am anderen Ende der Verbindung war die sehr gut ausgebildete Rezeptionistin vom Hotel Steg-Haus, Melanie Grünwald. Melanie war achtundzwanzig Jahre alt, klug, erfahren und ließ sich durch den herrischen Tonfall der alten Dame nicht aus der Ruhe bringen. »Die Zimmer sind für die Gäste genauso gebucht, wie Sie es gewünscht haben, Frau von Harresfeld. Ich möchte Sie aber darauf hinweisen, dass diese beiden Zimmer durch eine Tür miteinander verbunden sind, sodass ein direkter Zutritt von einem Raum in den nächsten möglich wäre. Sind Sie damit einverstanden? Manche Gäste fühlen sich gerade durch diese Verbindungstür gestört und wünschen ein anderes Zimmer.« »Es bleibt bei meiner Reservierung. Servus«, sagte Mechthild nachdrücklich und legte auf. Ein zufriedenes Lächeln umspielte ihre scharf geschnittenen Gesichtszüge. »Genau um diese Tür geht es doch«, sagte sie laut vor sich hin. Mechthild von Harresfeld war eine Dame hoch in den Siebzigern. Klein, hager, mit stahlgrauen Haaren, die immer perfekt frisiert ihr Gesicht mit den funkelnden Augen und der Adlernase umrahmten. Sie sah sich als Oberhaupt der weit verzweigten Sippe derer von Harresfeld und der angeheirateten Nebenlinien. Obwohl es sehr viel Arbeit erforderte, war es für sie unverzichtbar, die großen Familientage zu organisieren, die in regelmäßigen Abständen stattfanden. Diese Treffen waren immer an wechselnden Orten, in diesem Jahr in

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Der neue Landdoktor – 50–

Ist es wirklich Liebe?

Jemand versucht, Geraldine aus dem Feld zu schlagen

Tessa Hofreiter

Mechthild von Harresfeld klopfte während des Telefonierens nachdrücklich mit der Spitze ihres Zeigefingers auf die Platte ihres eleganten Damenschreibtisches.

»Die Zimmer Zwölf und Vierzehn sind ausdrücklich für Frau Doktor von Kramm und Herrn Doktor von Harresfeld reserviert. Haben Sie das, Kindchen?«, sagte sie.

Das ›Kindchen‹ am anderen Ende der Verbindung war die sehr gut ausgebildete Rezeptionistin vom Hotel Steg-Haus, Melanie Grünwald. Melanie war achtundzwanzig Jahre alt, klug, erfahren und ließ sich durch den herrischen Tonfall der alten Dame nicht aus der Ruhe bringen. »Die Zimmer sind für die Gäste genauso gebucht, wie Sie es gewünscht haben, Frau von Harresfeld. Ich möchte Sie aber darauf hinweisen, dass diese beiden Zimmer durch eine Tür miteinander verbunden sind, sodass ein direkter Zutritt von einem Raum in den nächsten möglich wäre. Sind Sie damit einverstanden? Manche Gäste fühlen sich gerade durch diese Verbindungstür gestört und wünschen ein anderes Zimmer.«

»Es bleibt bei meiner Reservierung. Servus«, sagte Mechthild nachdrücklich und legte auf. Ein zufriedenes Lächeln umspielte ihre scharf geschnittenen Gesichtszüge.

»Genau um diese Tür geht es doch«, sagte sie laut vor sich hin.

Mechthild von Harresfeld war eine Dame hoch in den Siebzigern. Klein, hager, mit stahlgrauen Haaren, die immer perfekt frisiert ihr Gesicht mit den funkelnden Augen und der Adlernase umrahmten. Sie sah sich als Oberhaupt der weit verzweigten Sippe derer von Harresfeld und der angeheirateten Nebenlinien. Obwohl es sehr viel Arbeit erforderte, war es für sie unverzichtbar, die großen Familientage zu organisieren, die in regelmäßigen Abständen stattfanden. Diese Treffen waren immer an wechselnden Orten, in diesem Jahr in Bergmoosbach im wunderschönen Allgäu. Mechthild hatte für die vielen Besucher alle verfügbaren Ferienwohnungen und Zimmer reserviert, die meisten im noblen Hotel Steg-Haus, das direkt am Sternwolkensee lag.

Mechthild von Harresfeld trug ihren Spitznamen ›Die Generalin‹ zu recht. Sie gab den Ton an und erwartete, dass sich alle Welt selbstverständlich ihren Anordnungen fügte. Ihren Hauptwohnsitz hatte sie in München, zeitweilig lebte sie in ihrer Villa bei Bergmoosbach. Sie sah sich als Grande Dame des gesamten Landkreises, unterstützte tatkräftig die Gemeindearbeit, mischte sich in die Lokalpolitik ein und war restlos von sich selbst überzeugt. Die alte Dame missbilligte zutiefst, wenn innerhalb der Familie Ehen geschlossen wurden, die in ihren Augen nicht standesgemäß waren. Im Lauf der Zeit hatten sich die jüngeren Verwandten ihren Plänen bedauerlicherweise widersetzt und waren Verbindungen nach ihren eigenen Vorstellungen eingegangen.

Das würde bei ihrem Lieblingsneffen Armin ganz gewiss nicht passieren, hatte die Generalin beschlossen. Mechthild war unverheiratet und kinderlos und hatte nicht vor, irgendwann ihr Zepter in unfähige Hände zu legen. Deshalb hatte sie sich sehr sorgfältig unter den jungen Frauen umgesehen, die ihrer Meinung nach für eine Heirat mit ihrem Neffen infrage kamen.

Ihre Wahl war auf Alida von Kramm gefallen. Die hübsche junge Frau war Kinderärztin, einige Jahre jünger als Armin, der ebenfalls als Kinderarzt einen sehr guten Ruf hatte. Sie würden privat und beruflich das perfekte Paar sein, das die renommierte Privatklinik von Armins Vater Gero weiterführte, welcher sich in den Ruhestand verabschieden wollte.

Gero von Harresfeld war Mechthilds jüngerer Bruder und er hatte gelacht, als sie ihn in ihre Pläne einweihte. »Generalin, verheb’ dich nicht«, hatte Gero gutmütig gewarnt. »Wie kommst du nur auf die Idee, das Lebensglück zweier Menschen bestimmen zu können?«

»Weil es passt«, hatte Mechthild störrisch geantwortet. »Sie sind das perfekte Paar. Und du wirst mir nicht in die Parade fahren und deinem Sohn davon erzählen!«

»Liebste Mechthild«, hatte ihr Bruder mit einem amüsierten Lächeln geantwortet, »Gero ist erwachsen und weiß genau, was er will und was nicht. Er wird dir selbst sagen, was er von deinen Plänen hält.«

»Beim Familientreffen wird sich herausstellen, wer recht behält«, war ihre strenge Antwort gewesen.

»Selbstverständlich du, weil du alles besser weißt als andere«, hatte ihr Bruder mit einem charmanten Augenzwinkern geantwortet und ihre Wange geküsst, »aber ich hab dich trotzdem lieb.«

Als Mechthild jetzt vom Schreibtisch aufstand, um sich für ihren Arztbesuch umzuziehen, musste sie an dieses Gespräch mit Gero denken. »Ich liebe dich auch, und ich habe recht«, sagte sie energisch und schaute auf den Ausdruck mit der Buchungsbestätigung. »Was meinst denn du, wozu solch eine Verbindungstür gut sein kann.« Zufrieden schlüpfte Mechthild in ihren Janker aus sommerlichem Leinen und fuhr in die Praxis des Landdoktors.

Das freundliche, weiße Doktorhaus mit seinen grünen Fensterläden und dem üppigen Blumenschmuck lag auf einem sanft ansteigenden Hügel. Die Zufahrt zum Praxisanbau führte an einer mächtigen Ulme vorbei, um deren Stamm eine runde Bank zum Sitzen einlud. Pflanztöpfe mit blühenden, tiefblauen Hortensien zierten sowohl den Eingang zur Praxis als auch die Haustür, welche ins Wohnhaus führte.

Wohlwollend musterte die Generalin das Anwesen, das aus einem alten Bauernhaus entstanden war. Es machte nicht nur einen sehr gepflegten Eindruck, wie man es bei einem Arzt erwarten konnte, sondern es war auch ausgesprochen geschmackvoll angelegt. Der Garten und die Eingänge zum Haus zeigten eine blühende Pracht.

Das Gärtnern und die schöne Gestaltung lagen in den Händen Traudel Bruckners, der langjährigen Haushälterin und Vertrauten der Familie. Frau von Harresfeld würdigte die Arbeit Traudels, aber sie missbilligte zutiefst, wie eng verbunden diese Frau mit der Arztfamilie lebte. Fast wie eine Großmutter und Dame des Hauses und damit verwischten sich für die Generalin die Grenzen zwischen der Arztfamilie und deren Angestellter. Für derartige Verschiebungen hatte Frau von Harresfeld absolut kein Verständnis.

Hoheitsvoll betrat sie den Wartebereich, den die beiden Sprechstundenhilfen Gerti und Caro verwalteten. »Grüß Gott, meine Liebe«, sagte sie leutselig zu Gerti. »Der Doktor kennt meinen Termin?«

Die ältere Frau war durch und durch professionell und ließ sich durch den Tonfall nicht aus der Ruhe bringen. »Grüß Gott, Frau von Harresfeld. Bitte nehmen Sie Platz. Es ist nur noch eine Patientin vor Ihnen dran.«

»Nur?« Die sorgfältig gezupften Augenbrauen der Generalin schossen in die Höhe. »Mein Termin ist um 11:30 Uhr!«

»Und jetzt ist es 11:24 Uhr. Bitte nehmen Sie Platz«, wiederholte Gerti geduldig, aber mit einem winzigen, warnenden Unterton. Was die Praxis betraf, duldete sie ebenso wenig Widerspruch wie die Generalin.

Mechthild setzte sich kerzengerade auf einen der bequemen Stühle und wich geschickt dem Gespräch mit Therese Kornhuber aus. Die Generalin hatte andere Gedanken im Kopf und interessierte sich zur Zeit nicht für die Turbulenzen im Vorsitz des Landfrauenvereins.

Als sie dem Landdoktor Sebastian Seefeld im Sprechzimmer gegenüber saß, stellte sie wieder einmal fest, was für eine stattliche und in ihren Augen aristokratische Erscheinung der verwitwete Landdoktor war. Die Trauer um seine verstorbene Ehefrau ging tief, aber allmählich sollte er wieder in die Zukunft blicken können. Man munkelte etwas von dieser hübschen Hebamme Anna Bergmann, aber war das die richtige Partnerin für den Doktor, der weitläufig mit der Linie von Harresfeld verwandt war? Vor langer Zeit hatte der Name der Familie von Seefeld gelautet.

Energisch schob Mechthild ihre Gedanken zur Seite und konzentrierte sich auf das, was sie zum Arzt geführt hatte: nicht mehr zu leugnende Schmerzen und Veränderungen an ihren Händen und Fingern. Sie hasste Schwäche und Unvollkommenheit und wollte nicht akzeptieren, dass sich ihre Gelenke zu verformen begannen.

»Wie sieht das denn aus, Sebastian!«, sagte Mechthild vorwurfsvoll. »Dagegen muss die moderne Medizin doch etwas tun können.«

Sebastian Seefeld hielt ihre schmalen Hände mit den perfekt manikürten Fingernägeln und den wenigen kostbaren Ringen zwischen seinen eigenen warmen Händen. Er strich sanft über die Knoten am Zeigefinger und Daumen und antwortete ruhig: »Es handelt sich bei dir um die Heberden-Arthrose, die nur die Hände befällt. Leider gibt es dagegen noch kein Heilmittel, nur bestimmte Übungen und Ernährungstipps, um mit den Schmerzen und Verformungen besser zurechtzukommen.«

»Es ist ausgesprochen unansehnlich«, antwortete Mechthild. Über die Schmerzen sprach sie nicht, die hatte man einfach zu ertragen.

»Kannst du noch Klavier spielen oder feinere Gegenstände wie zum Beispiel eine Nadel halten?«, erkundigte sich der Landdoktor.

»Es wird mühsamer, aber es geht.«

»Das freut mich. Ich schreibe dir Physiotherapie auf, damit erhältst du dir die Beweglichkeit der Finger und arbeitest der Krankheit entgegen.« Sebastian stellte ein Rezept aus und reichte es der alten Dame mit ei­nem Lächeln. »Zum festlichen Tanz­abend während des Familientreffens brauchst du eher deine Füße, und wenn ich mich richtig erinnere, funktionieren die bemerkenswert gut.«

Sebastian spielte auf den Ärzteball an, zu dem sie ihren verwitweten Bruder Gero begleitet hatte. Mechthild von Harresfeld war eine der ausdauerndsten Tänzerinnen gewesen.

»Danke, Sebastian«, antwortete die Generalin würdevoll und ging in kerzengerader Haltung zur Tür.

Dort verabschiedete sich Sebastian von Ihr. Er wusste, dass Frau von Harresfeld den angedeuteten Handkuss erwartete, aber das war ihm in seiner Praxis zu albern. »Ich wünsche dir viel Freude an dem Familientreffen, das du mit so viel straffer Organisation vorbereitet hast. Wir sehen uns dann morgen Abend auf dem Gestüt Brunnenhof. Auf Wiedersehen, Tante Mechthild.«

Diese Anrede ging ihm schwer über die Lippen. Es widerstrebte ihm als Mann von gut vierzig Jahren, eine eher unvertraute Dame mit Tante anreden zu müssen, nur weil man über Tausend Ecken miteinander verwandt war. So schrieben es die Umgangsformen vor, die Mechthild erwartete, und bei dieser Kleinigkeit ließ Sebastian ihr ihren Willen.

»Auf Wiedersehen, Sebastian.« Die alte Dame verließ sein Sprechzimmer.

Als sie an der Anmeldung vorbeiging, bemerkte sie dort eine junge Frau, die am Tresen wartete. Diese junge Frau trug eine grüne Latzhose und ein weißes T-Shirt. Die Ärmel waren ebenso aufgerollt wie die Hosenbeine, die nackten Füße steckten in bequemen, aber uneleganten weißen Sneakers, denen man Spuren von Erde ansah. Die seidige Haut der Haut der jungen Frau hatte einen sanften, goldenen Ton, der viel Bewegung an frischer Luft verriet. Ihre langen, dunklen Haare waren auf dem Kopf zu einer Art abenteuerlichem Nest aufgetürmt, um das ein fantasievoll geblümtes Tuch geschlungen war.

Die Generalin zog die Mundwinkel nach unten. Sie kannte die junge Frau, es war die Gärtnerin Geraldine Sölden, die eng mit dem Blumengeschäft ›Edelweiß‹ zusammenarbeitete. Geraldine war eine erfolgreiche, sehr bekannte Orchideenzüchterin, und nur deswegen hatte Mechthild dieses nachlässig gekleidete Naturkind damit beauftragt, für den Blumenschmuck beim Familientreffen zu sorgen. Die Orchideen waren edel und elegant und entsprachen dem Geschmack der Generalin; Geraldine Sölden tat das nicht.

Mechthild blieb neben ihr am Tresen stehen und schaute sie scharf an. »Sie sind krank? Können Sie sich das zu diesem Zeitpunkt erlauben?«, fragte sie streng.

Geraldine drehte sich um und schaute die alte Dame mit sehr klaren, smaragdgrünen Augen an. »Wie bitte?«, fragte sie erstaunt.

»Nun, Sie haben einen wichtigen Auftrag von mir erhalten«, sagte Mechthild. »Machen Sie jetzt nicht schlapp, Kindchen!«

In diesem Augenblick kam Gerti aus dem Labor, dessen Tür sich im Hintergrund befand, und trat an den Tresen. Sie nahm den Katalog, den die junge Gärtnerin für sie dort hingelegt hatte, und sagte freudig: »Oh, vielen Dank, Geraldine, dass du ihn mir gleich vorbeigebracht hast. Den neuen Orchideenkatalog kann ich immer kaum abwarten. Wie schön, dass ich so rasch einen bekommen habe.« Strahlend schüttelte sie der jungen Frau die Hand.

Mechthild von Harresfeld erkannte ihren Irrtum. Sie räusperte sich und wandte sich ungnädig an die junge Frau: »Sie wollten gar nicht zum Doktor? Ja, warum sagen Sie das denn nicht gleich!«

Die klaren grünen Augen musterten die alte Dame durchdringend. »Weil ich Ihnen keine Rechenschaft schuldig bin«, antwortete Geraldine ruhig und griff nach ihren Arbeitshandschuhen, die sie am Tresen abgelegt hatte. Dabei rieselten mehrere filigrane Reifen aus Rotgold über ihr schmales Handgelenk und verursachten ein zartes Klingen. »Servus, Frau von Harresfeld. Wir sehen uns morgen.«

Mit langen, eleganten Schritten ging sie hinaus.

Gerti und Caro schauten sich an. »Geraldine Sölden kommt auch zu Ihrem berühmten Familientreffen?«, sagte die junge Frau erstaunt zu Mechthild.

Die Generalin schnappte nach Luft. »Aber nie im Leben!«, rief sie empört aus. »Wir sind ganz unter uns! Frau Sölden liefert natürlich nur den Blumenschmuck ins Hotel, wo der Tanzabend stattfindet, und die Bouquets für die Zimmer.«

»Natürlich«, antwortete Caro trocken. »Verzeihen Sie die Frage.«

»Gern, Kindchen«, antwortete die Generalin und rauschte hoheitsvoll hinaus.

»Meine Güte, sie ist schon speziell«, murmelte Caro.

»Kann man wohl so sagen«, seufzte Sebastian, als er seinen weißen Kittel auszog und auf einen Haken hinter den Tresen hängte. Er hatte jetzt auch Therese Kornhuber verarztet und brach zu seiner Runde mit Hausbesuchen auf. Caro würde ihn begleiten, während Gerti sich um die Laborarbeit kümmerte. Anschließend war Mittagspause im Doktorhaus.

Als Sebastian mit Traudel, seinem Vater Benedikt und Teenagertochter Emilia draußen auf der Terrasse am Tisch saß, kam das Gespräch auch auf das bevorstehende Familientreffen.

»Sollte ich den Hofknicks vor ihrer Majestät, der Generalin, üben?«. alberte das junge Mädchen herum.

»Nein, dein normalerweise gutes Benehmen ist völlig ausreichend«, antwortete ihr Vater schmunzelnd.

Emilias helles Gesicht verfinsterte sich. »Das fällt mir dort aber nicht leicht«, beschwerte sie sich. »Ich denke, wir sind eine Familie? Eingeladen hat die Generalin aber nur Opa, dich und mich. Traudel, Anna und mein Markus dürfen nicht mit.«

»Wir sind halt nicht durch Geburt oder Heirat miteinander verwandt«, sagte Traudel begütigend. »Mach dir nichts draus, Herzl.«

»Ich finde es trotzdem nicht richtig. Außerdem kenne ich diese Frau von Harresfeld doch so gut wie gar nicht. Sie ist aus München angereist, mischt sich in alles ein, fühlt sich als etwas Besseres, und ich soll sie mit Tante Mechthild ansprechen. Da steht mir Markus’ Mutter hundertmal näher und sie nenne ich auch nicht Tante Sabine«, sagte Emilia kämpferisch.

»Hak dich nicht an solchen Kleinigkeiten fest, das sind sie nicht wert«, antwortete ihr Vater ruhig. »Diese Anrede ist nur eine gesellschaftliche Norm, mit der Respekt vor der älteren Dame ausgedrückt wird. Du wirst bei diesem Treffen auch etliche andere kennenlernen, mit denen du dich bestimmt verstehst. Es kommen auch Hagen von Holdt und dessen Verlobte. Ich habe das Paar bei einer Reise ins Münsterland kennengelernt, als ich deren Gestüt Moorholdt besuchte. Die zwei sind sehr nett, wir haben uns gut verstanden.«

»Ist dieser Hagen nicht ein waschechter Graf, auf den Mechthild von Harresfeld sich wegen der Verwandtschaft eine Menge einbildet?«, fragte Traudel.

Sebastian grinste. »Genau, und er steht kurz vor der Hochzeit. Damit entfällt er bedauerlicherweise für alle Heiratspläne, welche die Generalin so gern schmiedet.«

»Mann, Papa, dann pass bloß auf!«, rief Emilia und piekste energisch mit ihrer Kuchengabel Löcher in die Luft. »Lass dich nicht mit einer verbandeln, die hier niemand haben will!«

»Danke für deine Fürsorge, Herzl, aber ich kann dich beruhigen. Ich bin nicht so leicht zu verbandeln«, antwortete Sebastian.