Du bist das beste Stück der Welt! - Michaela Dornberg - E-Book

Du bist das beste Stück der Welt! E-Book

Michaela Dornberg

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Beschreibung

Im Sonnenwinkel ist eine Familienroman-Serie. Schauplätze sind der am Sternsee gelegene Sonnenwinkel und die Felsenburg, eine beachtliche Ruine von geschichtlicher Bedeutung. Mit Michaela Dornberg übernimmt eine sehr erfolgreiche Serienautorin, die Fortsetzung der beliebten Familienserie "Im Sonnenwinkel". Michaela Dornberg ist mit ganzem Herzen in die bezaubernde Welt des Sonnenwinkels eingedrungen. Sie kennt den idyllischen Flecken Erlenried und die sympathische Familie Auerbach mit dem Nesthäkchen Bambi. Almas merkwürdiges Verhalten, als sie den Besuch ankündigte. Roberta hatte keine Gelegenheit, es zu hinterfragen, denn der Besucher betrat direkt hinter Alma den Raum. Roberta konnte nur froh sein, dass sie saß, sonst wäre ihr gar vor lauter Überraschung die kleine Adrienne aus den Armen gefallen. Max. Sie hätte mit allem gerechnet, mit ihrem Exmann allerdings nicht. Sie hatte versucht, alles zu vergessen, was zwischen ihnen gewesen war, die guten und die schlechten Zeiten, von denen die schlechten Zeiten deutlich in der Überzahl gewesen waren. Was wollte Max von ihr? Roberta spürte, wie alle Alarmglocken in ihr angingen. Sie hatte vor ihm Ruhe gehabt, weil eine Frau die Kosten für sein aufwendiges Leben übernommen hatte. War das vorbei, und er hatte sich an sie erinnert und wollte nun versuchen, etwas aus ihr herauszuquetschen? Solche Gedanken waren nicht abwegig, denn Dr. Max Steinfeld hatte da überhaupt keine Skrupel. Allerdings war auch er mehr als bloß überrascht, der blieb stehen, schaute sie voller Erstaunen an. Er war es allerdings, der sich zuerst fasste. »Du hast ein Kind?«, quetschte er überrascht hervor, deutete auf die kleine Adrienne, die in Robertas Armen lag. Sollte sie ihm erzählen, wie sie an das Baby gekommen war, dass es einfach vor ihrer Tür gelegen hatte? Es schossen ihr viele Gedanken durch den Kopf, dann entschied sie, darauf nicht zu antworten, sondern ihn zu fragen, was er von ihr wolle, und das tat sie dann auch. »Darf ich mich vielleicht erst mal setzen?«, erkundigte er sich.

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Der neue Sonnenwinkel – 74 –

Du bist das beste Stück der Welt!

Sie konnte nur noch staunen

Michaela Dornberg

Almas merkwürdiges Verhalten, als sie den Besuch ankündigte. Roberta hatte keine Gelegenheit, es zu hinterfragen, denn der Besucher betrat direkt hinter Alma den Raum. Roberta konnte nur froh sein, dass sie saß, sonst wäre ihr gar vor lauter Überraschung die kleine Adrienne aus den Armen gefallen.

Max.

Sie hätte mit allem gerechnet, mit ihrem Exmann allerdings nicht. Sie hatte versucht, alles zu vergessen, was zwischen ihnen gewesen war, die guten und die schlechten Zeiten, von denen die schlechten Zeiten deutlich in der Überzahl gewesen waren.

Was wollte Max von ihr?

Roberta spürte, wie alle Alarmglocken in ihr angingen. Sie hatte vor ihm Ruhe gehabt, weil eine Frau die Kosten für sein aufwendiges Leben übernommen hatte. War das vorbei, und er hatte sich an sie erinnert und wollte nun versuchen, etwas aus ihr herauszuquetschen? Solche Gedanken waren nicht abwegig, denn Dr. Max Steinfeld hatte da überhaupt keine Skrupel.

Allerdings war auch er mehr als bloß überrascht, der blieb stehen, schaute sie voller Erstaunen an. Er war es allerdings, der sich zuerst fasste.

»Du hast ein Kind?«, quetschte er überrascht hervor, deutete auf die kleine Adrienne, die in Robertas Armen lag.

Sollte sie ihm erzählen, wie sie an das Baby gekommen war, dass es einfach vor ihrer Tür gelegen hatte?

Es schossen ihr viele Gedanken durch den Kopf, dann entschied sie, darauf nicht zu antworten, sondern ihn zu fragen, was er von ihr wolle, und das tat sie dann auch.

»Darf ich mich vielleicht erst mal setzen?«, erkundigte er sich. »Zwischen Tür und Angel lassen sich Gespräche nicht so gut führen, nicht wahr?« Er schaute sie an, und dann kam ihm ein Gedanke. Er grinste. »Roberta, wenn du jetzt Angst hast, ich sei gekommen, um dich anzupumpen: Vergiss es. Nein, das ist wirklich nicht der Grund. Ich hatte in der Nähe zu tun und dachte, dass ich dir hallo sagen könnte, zumal unsere letzte zufällige Begegnung doch ganz friedlich verlaufen ist.«

Ja, sie erinnerte sich, sie hatte ihn und seine neue Flamme getroffen. Ihr war schon ein bisschen peinlich, dass er ihre Gedanken erraten hatte. Ein Wunder war es allerdings nicht, schließlich waren sie miteinander verheiratet gewesen, und Geld von ihr wollte er immer schon haben, Max wusste von Geld nicht, wie man es verdiente, sondern nur, wie man es ausgeben konnte. Und das hatte er immer mit vollen Händen getan. Doch darum ging es jetzt nicht. Es war lange schon vorbei, und allmählich begann sie auch, sich von dieser Überraschung zu erholen, ihn plötzlich zu sehen. Er war schon ein guter Typ, der Max und ein richtiger Charmeur. Sie war nicht umsonst auf ihn hereingefallen. Auch heute war er elegant, vor allem teuer angezogen, wenngleich er in Robertas Augen verloren hatte. Er sah ein wenig verlebt aus, was allerdings auch überhaupt kein Wunder war. Max hatte nichts anbrennen lassen, und das hatte sich vermutlich bis heute nicht verändert, und eine solche Lebensweise schlug sich halt irgendwann auch im Äußeren eines Menschen nieder.

»Setz dich, Max«, sagte sie, »möchtest du einen Kaffee trinken oder sonst etwas?«

»Kaffee wäre wundervoll«, sagte er sofort und nahm Platz, sehr schnell, als habe er Angst, sie könne es sich anders überlegen.

Alma, die ratlos dabei gestanden hatte, war froh, jetzt eine Aufgabe zu haben. Sie nahm Roberta das Baby aus den Armen, legte es behutsam in den Stubenwagen, und dann zog sie den wortlos mit sich weg.

Was wollte der Exmann der Frau Doktor hier? Sie konnte schon beunruhigt sein, denn dieser Mann hatte die Frau Doktor gestalkt, hatte versucht, sie wegen angeblicher Arzneimittelkungelei zu verunglimpfen, und eingebrochen war er ebenfalls. Die Frau Doktor war einfach zu gut, sie hätte sich nicht darauf einlassen sollen, ihm sogar Kaffee anzubieten. Der führte nichts Gutes im Schilde, daran konnte man fühlen. Aber es ging sie nichts an, deswegen kochte sie, wenn auch mit Widerwillen, den Kaffee, und sie packte sogar ein paar Kekse in eine Silberschale. Sie wusste halt, was sich gehörte, der Gast war König, auch wenn er ein ungewünschter, ein unangenehmer war. Unangenehm, das konnte man leider auf den ersten Blick nicht sagen, irgendwie hatte er schon etwas, dieser Hallodri.

Was in Almas Kopf vor sich ging, davon ahnten die beiden Zurückgebliebenen nichts, außerdem hätte Max ohnehin nichts dazu sagen können.

Nachdem Alma gegangen war, blieb es für einen Augenblick still zwischen ihnen.

Roberta war noch immer beunruhigt wegen seines plötzlichen Auftauchens, sie wappnete sich gegen einen plötzlichen Angriff. Max würde nicht handgreiflich werden, er schätzte keine verbalen Auseinandersetzungen, ging ihnen aus dem Weg. Doch er konnte sehr beharrlich sein, sich auch in seiner Wortwahl vergreifen, wenn es darum ging, Geld herauszuschlagen. Alles zwischen ihnen war geklärt, sie war mehr als großzügig gewesen, hatte auf vieles verzichtet, sogar auf die große Praxis. Das allerdings hätte sie sich ersparen können, denn die hatte Max sehr schnell gegen die Wand gefahren. Es war auch geklärt gewesen, als er dennoch hergekommen war, um auf unschöne Weise an Geld zu gelangen.

Roberta hielt es nicht länger aus. »Max, weswegen bist du gekommen?«, erkundigte sie sich erneut. »Dass du geschäftlich hier in der Nähe zu tun hast, nehme ich dir nicht ab. Was sollte das denn sein?«

Er ging nicht sofort darauf ein, vertröstete sie auf später, nachdem sie Kaffee miteinander getrunken hatten, er blickte sie an. Früher war ihr ein derartiger Blick durch Mark und Bein gegangen, jetzt prallte es bei ihr ab. Max war wie ein Fremder für sie.

»Du siehst wunderschön aus«, säuselte er, »du bist schon etwas Besonderes, schade, dass ich das früher nicht zu schätzen gewusst habe, jetzt gibt es in deinem Leben einen neuen Mann, mit dem du sogar ein Kind bekommen hast. Freilich, Kinder wolltest du ja schon immer. Er scheint es richtig zu machen. Was für ein Mann ist es denn, der den ich früher hier mal ganz flüchtig gesehen habe?«

Es reichte Roberta.

»Max, was soll das? Du bist liiert.«

Er nickte. »Aber es ist nicht die Frau, mit der du mich damals auf dem Marktplatz gesehen hast. Das ist vorbei. Es gibt eine neue Partnerin.«

Roberta konnte es sich nicht verkneifen, ihm eine Frage zu stellen: »Hat sie mehr Geld?« Sie beantwortete sich die Frage selbst. »Aber ja, natürlich.«

Er grinste, es war ihm in keiner Weise unangenehm.

»Wie gut du mich kennst, ja, sie besitzt mehr Geld, und sie ist auch umgänglicher. Aber jetzt bist du dran, erzähle von ihm, dem Baby. Was ist es denn, ein Junge oder ein Mädchen?«

Sie kam nicht dazu, ihm zu antworten, denn in diesem Augenblick betrat Alma das Zimmer, ohne Adrienne, aber beladen mit einem Tablett, das sie auf den Tisch stellte, und die Kekse entlockten Max ein: »Wie nett von Ihnen, wie aufmerksam, auch an Gebäck zu denken.«

Alma sagte nichts dazu, warf ihm einen unfreundlichen Blick zu, servierte alles, schenkte sogar noch den Kaffee ein, dann wandte sie sich an Roberta. »Wenn Sie noch etwas benötigen, Frau Doktor, Sie wissen, wo Sie mich und Adrienne finden.«

Ohne Max auch noch einen einzigen Blick zuzuwerfen, verließ sie hochaufgerichtet das Zimmer, was er mit der Bemerkung quittierte: »Ich glaube, sie kann mich nicht leiden.«

Das hätte Roberta jetzt bestätigen können, doch sie unterließ es. Sie hatte sich von ihrer ersten Überraschung erholt, sie konnte mit ihrem Ex umgehen, für den sie überhaupt keinerlei Gefühle mehr hegte, Liebe schon lange nicht, die war während ihrer Ehe gestorben, und die Verbitterung war einer Gleichgültigkeit gewichen. Max Steinfeld war ein Fremder für sie, ob er da war oder ob in China der berühmte Sack Reis umfiel, das war eines. Roberta wünschte sich nur noch, er möge gehen. Das allerdings konnte sie nur erreichen, indem sie alles ein wenig beschleunigte, seine Fragen beantwortete, denn Max konnte sehr beharrlich sein, er würde immer wieder davon anfangen. Also erzählte sie ihm, dass sie nicht verheiratet sei, keinen Partner habe, was ja auch zutraf, und dass die kleine Adrienne nur vorübergehend im Doktorhaus sei. Das traf zu, über das wie, was, warum musste sie ihm nichts erzählen. Es ging ihn nichts an.

Er gab sich mit ihrer Antwort zufrieden, fügte lediglich hinzu, dass er das sehr bedaure, dass er nicht begreife könne, dass eine Frau wie sie keinen Partner an ihrer Seite habe.

»Was sind das bloß für Männer, die nicht erkennen, was für ein Edelstein du doch bist, etwas ganz Besonderes.«

Das reichte!

»Max, hör auf, Süßholz zu raspeln, mir wird schlecht, wenn du Geld von mir haben möchtest, sag, wie viel und sag wofür.«

Er blickte sie an, als habe sie ihm gerade ein unmoralisches Angebot gemacht. Dabei war es doch immer so gelaufen.

»Roberta, ich bitte dich, wofür hältst du mich eigentlich?«, empörte er sich. »Ich will doch kein Geld von dir. Ich hatte einfach nur das Bedürfnis, dich zu sehen, wenn ich schon mal hier bin.«

»Max, red nicht länger um den heißen Brei herum, weswegen bist du hier? Ich nehme dir nicht ab, dass du die Natur genießen, um den Sternsee herumwandern möchtest.«

»Nein, ich habe mich in diesem Baugebiet umgesehen, da wird ja eine ganze Menge Werbung gemacht.«

Hatte sie sich da gerade verhört?

Waren diese Worte aus seinem Mund gekommen?

Max war kein Investor, niemand, der Objekte erwarb, um sie zu vermieten oder später irgendwann mit Gewinn zu verkaufen.

Max war Arzt, er hätte sogar ein guter sein können, wenn er sich nicht für ein High Life entschieden hätte, ein Leben ohne Arbeit, dafür mit Spaß und Frauen, davon hatte er nicht genug bekommen können. Er war hinter allen her, die nicht bei drei auf den Bäumen waren.

Es war schon merkwürdig, dass sie sich darüber nicht mehr aufregte, damit hatte er ihr das Leben sehr schwer gemacht. Sie registrierte es beinahe schon gelassen, dann erkundigte sie sich ein wenig belustigt: »Und nun möchtest du dir unterhalb der Felsenburg ein Haus oder eine Wohnung kaufen oder mieten? Du im Sonnenwinkel? Bitte, entschuldige, Max. Das ist wirklich etwas, worüber man nur lachen kann.«

Er nahm ihr diese Worte nicht übel, im Gegenteil, auch er war jetzt belustigt.

»Roberta, natürlich nicht, das hast du gut erkannt. Doch da wird ein Ärztehaus gebaut, in dem mehrere Arztpraxen untergebracht werden sollen. Das habe ich mir angesehen.«

Es wurde ja immer verrückter. Sie schaute ihn an, begann an seinem Verstand zu zweifeln.

»Entschuldige bitte, Max, habe ich das richtig verstanden? Du möchtest dich in diesem Ärztehaus niederlassen?«

Er blickte seine Exfrau ganz erstaunt an.

»Nein, natürlich nicht, Roberta, ich möchte unter Umständen das Ärztehaus kaufen.«

Sie wollte gerade etwas trinken, stellte die Tasse ab, etwas heftig, es schepperte, zum Glück ging nichts entzwei. Was hatte Max da gesagt?

Hatte sie richtig gehört? Er wollte das Ärztehaus kaufen, und das hatte er in einem Ton gesagt, als ginge es gerade mal darum, sich zu entscheiden, ob es ein weißes oder ein blaues Oberhemd sein sollte oder so etwas in der Art.

Roberta konnte dazu nichts sagen, sie kannte Max, er war ein bisschen größenwahnsinnig, er überschätzte sich ständig. Doch ein Ärztehaus, sie wusste noch nicht einmal, dass so etwas dort überhaupt entstehen sollte, das war einfach eine Nummer zu groß für ihn. Erst einmal bezahlte man ein solches Objekt nicht mit Kieselsteinen, und wollte er da wieder etwas gegen die Wand fahren, weil er es nicht einmal geschafft hatte, eine einzige gutgehende Praxis am Laufen zu halten?

»Max, du bist größenwahnsinnig«, etwas anderes konnte sie jetzt nicht sagen. »Du hast auf Arzt doch überhaupt keine Lust, und dann willst du dir das antun? Und ausgerechnet hier? Du, der die Stadt braucht wie die Luft zum atmen?«

Er war erst einmal überrascht, schaute sie irritiert an, doch dann begann er zu lachen. Und da erfuhr die staunende Roberta, dass seine Freundin, Geliebte, Lebensabschnittspartnerin oder was immer sie auch war, ihm das Ärztehaus schenken wollte, und das würde er natürlich nicht selbst nutzen, sondern vermieten und dann verwalten lassen.

»Aber weißt du was, eigentlich habe ich keinen Bock darauf. Wenn meine …, wenn Ruthchen unbedingt möchte, dass ich etwas Eigenes habe, kann sie mir das Geld, das sie auszugeben bereit ist, auf mein Konto zahlen.«

Was für eine Geschichte!

Ruthchen …

Es ging sie nichts an, aber Roberta konnte sich einfach die Frage nicht verkneifen: »Ruthchen irritiert mich ein wenig, ist die Dame jung?«

Er zögerte nicht mit der Antwort. »Taufrisch ist Ruthchen nicht mehr, sie ist einige Jahre älter als ich, aber sie ist sehr nett, vor allem ist sie sehr pflegeleicht.«

Es war bitter, Max ließ sich von einer älteren Frau aushalten. Das war an sich nicht unmoralisch, und warum sollte eine ältere Frau sich nicht einen jüngeren Mann leisten? Das wurde von der Gesellschaft immer ein wenig belächelt, man regte sich sogar darüber auf. Doch wenn ein älterer Mann sich eine Gespielin leistete, die gut seine Enkelin sein könnte, wurde es toleriert, nicht nur das, insgeheim bewunderte man den Mann, der es geschafft hatte, selbst nicht mehr ganz taufrisch, sich junges, jüngstes Blut an Land zu ziehen.

Stopp!

Sie wollte jetzt nicht moralisch werden. Sie und Max waren geschieden, es ging sie alles nichts mehr an.

»Roberta, Ruthchen ist wirklich sehr nett«, versuchte er sich zu rechtfertigen. »Und das mit dem Ärztehaus …, ehrlich mal, weil sie von der Idee derartig begeistert war, habe ich ihr den Gefallen getan und es mir angesehen. Es ist nichts für mich, Ärztehaus. Ausgerechnet mir so etwas, dabei habe ich Ruthchen erzählt, dass ich mir in diesem Gewerbe nicht gerade einen guten Abgang verschafft habe.« Er blickte sie an. »Roberta, glaub mir, ich würde sehr gern einiges von dem rückgängig machen, was zwischen uns vorgefallen ist. Ich schäme mich auch dafür, dass ich dich ausgequetscht habe wie eine Zitrone, dabei hättest du mich ohne einen Cent aus dem Tempel jagen können. Du warst es, die alles aufgebaut hat, und ich …«, er machte eine kleine Pause, seine Stimme wurde leiser: »ich habe es gegen die Wand gefahren. Sorry. Ich wollte, ich hätte mir einen besseren Abgang verschaffen können, es hätte überhaupt nicht dazu kommen dürfen. Es war dumm von mir. Doch wie sagt man so schön? Wenn es dem Esel zu wohl ist, dann geht er aufs Eis tanzen. Ich hätte dir das alles nicht antun dürfen. Es tut mir leid …, geschadet habe ich mir dadurch nur selbst, ich hätte mich anders verhalten müssen. Ich habe mein Glück, unser Gefühl mit Füßen getreten. Du bist wirklich eine ganz besondere Frau, wunderschön anzusehen, klug und eine begnadete Ärztin.«

Er bemerkte ihren Blick, winkte sofort ab.

»Oh nein, bitte bekomme das jetzt nicht in den falsche Hals. Ich will dich jetzt nicht anbaggern. Ja, wenn es ginge, würde ich gern alles rückgängig machen. Doch es ist einfach zu viel Porzellan zerschlagen worden. Außerdem bin ich davon überzeugt, dass du niemals einen Neuanfang mit mir wagen würdest.«

Tastete er da vor?

»Es ist richtig, Max, es ist zu viel Porzellan zerbrochen worden. Kein Fluss fließt zurück. Aber es ist schön, dass du jetzt ehrlich genug bist zuzugeben, dass alles hätte anders laufen können.«

Er nickte.

»Das hätte es, Roberta, ganz gewiss. Und auch wenn ich mich jetzt wiederhole, ich muss es noch einmal sagen, entschuldige, und es tut mir leid.«

Sie hätte niemals für möglich gehalten, einmal derartige Worte aus seinem Mund zu hören. Es war angenehm, mehr nicht, und Gefühle regten sich bei ihr schon überhaupt nicht. Es war vorbei, der Zug war abgefahren. Nachdem das alles gesagt worden war, sollte er gehen. Doch Max machte keine Anstalten, und sie war höflich genug, ihn jetzt nicht hinauszuwerfen.

Erstaunlicherweise konnten sie sogar ganz vernünftig miteinander reden. Sie kannten sich halt. Es war nicht einmal unangenehm, und sie glaubte ihm, als er sich ­besorgt erkundigte: »Roberta, macht es dir angst, dass da ein Ärztehaus mit allen Schikanen entsteht?«

Darüber musste sie nicht nachdenken.

»Nein, Max. Auch wenn Patientinnen und Patienten von mir dorthin abwandern sollten, weil sie etwas Neues ausprobieren möchten, werde ich immer noch genug zu tun haben. Ausreichend. Es kann mir nicht schaden, ein wenig mehr Zeit für mich zu haben.«

»Und für das Kind«, fügte er hinzu. »Als ich den Raum betrat, konnte ich sehen, wie glücklich du das Baby angeschaut hast. Willst du mir nicht verraten, wer es ist?«

Was ihr zunächst undenkbar erschienen war, war plötzlich ganz einfach. Sie erzählte ihm von dem Wunder, wie Adrienne in ihr Leben gekommen war.

Er sagte zunächst nichts, dann kam ein leises: »Es ist kein Wunder, dich hat da jemand ausgeguckt, der wusste, was für ein wundervoller Mensch du bist. Wirst du das Baby adoptieren, Roberta?«

Sie nickte.

»Ich würde es gern, doch vermutlich wird es dazu nicht kommen. Man sucht noch immer nach der Kindesmutter, und ehrlich gesagt, wünsche ich mir, dass man sie findet. Auch wenn es schmerzlich für mich sein wird, Adrienne wieder abgeben zu müssen, gehören Mutter und Kind zusammen, und ich werde alles tun, sie in jeder Weise unterstützen.«

Er erhob sich unvermittelt, trat auf sie zu, ergriff ihre Hand, küsste sie. »Roberta, du bist wunderbar. Hat dir eigentlich schon mal jemand gesagt, dass du so was wie ein Himmel auf Erden bist? Zumindest stellt man sich ihn so vor …, ich bin sehr froh, gekommen zu sein. Ich danke dir sehr, dass du mich nicht achtkantig aus dem Haus geworfen hast, dazu hattest du allen Grund. Ich muss mich jetzt verabschieden, ich bin mit Ruthchen verabredet, die ­allerdings sehr enttäuscht sein wird, dass sie mir das Ärztehaus nicht schenken darf. Du glaubst überhaupt nicht, wie unendlich reich sie ist. Für sie ist ein solches Geschenk nicht mehr als ein Spielzeug.«

Sie erhob sich ebenfalls, wollte ihn zur Tür begleiten. Wenn man die beiden so nebeneinander sah, musste man neidlos zugeben, was für ein attraktives Paar sie waren. Das dachte auch Alma, die sich gerade erkundigen wollte, ob sie noch etwas tun könne. Ein bisschen Besorgnis und Neugier waren auch dabei, denn sie fragte sich schon, was die beiden so lange miteinander zu besprechen hatten, weswegen er überhaupt gekommen war.

An der Haustür standen Ro­berta und Max sich gegenüber, schauten sich an, nicht begehrlich, sondern eher vertraut.

»Danke, dass du mir nichts an den Kopf geworfen hast, ich meine, nicht nur verbal. Ich bin sehr froh, gekommen zu sein, pass auf dich auf, Roberta, god bless you.«

Er zögerte kurz, dann umarmte er sie spontan, und es fühlte sich nicht einmal unangenehm an, nein, vertraut. Wer hätte das gedacht.

»Schön, dass du da warst, Max, deine Entschuldigung für dein Verhalten löst viel Bitterkeit in mir. Pass auch du auf dich auf.«