Der neue Sonnenwinkel 78 – Familienroman - Michaela Dornberg - E-Book

Der neue Sonnenwinkel 78 – Familienroman E-Book

Michaela Dornberg

0,0

Beschreibung

Fabian besucht seine Mutter, um ihr zu erzählen, dass Stella plant, mit den Kindern wieder nach Deutschland zu ziehen. Rosmarie ist fassungslos, Heinz nimmt es gelassen. Er hat ein anderes Problem, er muss lernen, ohne seine Mandanten klarzukommen. Rosmarie kann sich endlich mit Inge unterhalten. Auch die ist ziemlich durcheinander, schließlich ist Stella ja ihre ehemalige Schwiegertochter. Bea ist unzufrieden, weil es einfach nicht klappen will, endlich mit Leonore und Sandra das entscheidende Gespräch zu führen. Doch da bringt sie Teresa auf eine ganz großartige Idee. ­Roberta denkt immer mehr an Lars zurück, träumt verstärkt von ihm. Als sie mit Nicki darüber reden will, hat die ihre ­eigenen Probleme. Sie will in den Sonnenwinkel kommen, um herauszufinden, wer der rätselhafte Mann im Arbeitsanzug wirklich ist. Eine Hellseherin hat ihr diesen Rat gegeben. Darauf reagiert Roberta ziemlich ungehalten … Rosmarie hätte wirklich mit allem gerechnet, aber gewiss nicht damit, ihren Sohn in ihrem Wohnzimmer vorzufinden. Sie schaute ihn an, sein ernstes Gesicht, und schon begann sich in ihrem Kopf ein Gedankenkarussell zu drehen. Fabian zu dieser Uhrzeit im Sonnenwinkel? Er müsste doch eigentlich in seinem Gymnasium sein, um dort alles im Griff zu haben und um die Schülerinnen und Schüler der Abi-Klassen zu unterrichten. Es gab nur eine Erklärung, es musste etwas passiert sein! Sie begrüßte ihren Sohn nicht einmal, sondern erkundigte sich ganz angstvoll: "Ist etwas mit Ricky? Ist mit einem der Kinder etwas passiert?" Es war eine berechtigte Frage angesichts der Kinderschar, da gab es ja immer mal wieder kleinere und größere Katastrophen. Aber deswegen würde er doch nicht persönlich herkommen, nur um ihr zu berichten, dass eines der Kinder sich ein Knie aufgeschlagen hatte oder etwas in dieser Art. Außerdem übernahmen das meist die Frauen, Männer hielten sich in diesen Sachen eher zurück. "Mama, guten Tag erst einmal, schön, dich zu sehen", sagte Fabian mit einem leicht ironischen Unterton in seiner Stimme, und Rosmarie wiederholte, noch immer ein wenig abwesend und von ihren Gedanken gequält: "Guten Tag, Fabian. Ja, schön, dich zu sehen." Er lächelte, und das erleichterte Rosmarie ein wenig, weil es dann doch wohl nicht ganz so schlimm sein konnte. Sonst hätte er ja nicht gelächelt. "So, Mama, und nun setz dich erst einmal hin." Er sagte es und führte sie zu einem Sessel gegenüber, drückte sie beinahe hinein, und nachdem das geschehen war, setzte er sich auch wieder hin. Rosmarie war augenblicklich wirklich ein wenig durch den Wind, denn die nächste Frage, die sie stellte, lautete: "Wo ist Meta? Warum hat sie dir noch nichts zu trinken gebracht, Fabian?" Er zuckte die Achseln.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 155

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Der neue Sonnenwinkel – 78 –

Das Geheimnis ihrer Familie

Rosmarie kann es nicht fassen …

Michaela Dornberg

Fabian …

Rosmarie hätte wirklich mit allem gerechnet, aber gewiss nicht damit, ihren Sohn in ihrem Wohnzimmer vorzufinden. Sie schaute ihn an, sein ernstes Gesicht, und schon begann sich in ihrem Kopf ein Gedankenkarussell zu drehen. Fabian zu dieser Uhrzeit im Sonnenwinkel? Er müsste doch eigentlich in seinem Gymnasium sein, um dort alles im Griff zu haben und um die Schülerinnen und Schüler der Abi-Klassen zu unterrichten. Es gab nur eine Erklärung, es musste etwas passiert sein!

Sie begrüßte ihren Sohn nicht einmal, sondern erkundigte sich ganz angstvoll: »Ist etwas mit Ricky? Ist mit einem der Kinder etwas passiert?« Es war eine berechtigte Frage angesichts der Kinderschar, da gab es ja immer mal wieder kleinere und größere Katastrophen. Aber deswegen würde er doch nicht persönlich herkommen, nur um ihr zu berichten, dass eines der Kinder sich ein Knie aufgeschlagen hatte oder etwas in dieser Art. Außerdem übernahmen das meist die Frauen, Männer hielten sich in diesen Sachen eher zurück.

»Mama, guten Tag erst einmal, schön, dich zu sehen«, sagte Fabian mit einem leicht ironischen Unterton in seiner Stimme, und Rosmarie wiederholte, noch immer ein wenig abwesend und von ihren Gedanken gequält: »Guten Tag, Fabian. Ja, schön, dich zu sehen.«

Er lächelte, und das erleichterte Rosmarie ein wenig, weil es dann doch wohl nicht ganz so schlimm sein konnte. Sonst hätte er ja nicht gelächelt.

»So, Mama, und nun setz dich erst einmal hin.« Er sagte es und führte sie zu einem Sessel gegenüber, drückte sie beinahe hinein, und nachdem das geschehen war, setzte er sich auch wieder hin.

Rosmarie war augenblicklich wirklich ein wenig durch den Wind, denn die nächste Frage, die sie stellte, lautete: »Wo ist Meta? Warum hat sie dir noch nichts zu trinken gebracht, Fabian?«

Er zuckte die Achseln.

»Ich habe Meta noch nicht gesehen, tut mir leid. Ich kann dir auch nicht sagen, wo sie sich befindet.«

»Und wie bist du überhaupt ins Haus gelangt?« Auch diese Frage war berechtigt, denn Fabian besaß keinen Schlüssel für das Haus seiner Eltern, und wie ein Geist durch geschlossene Türen gehen konnte er ebenfalls nicht.

»Mama, so beruhige dich doch erst einmal. Gerade als ich ankam, wollte eine Frau das Haus verlassen, und ich bat sie, mich hineinzulassen. Doch ehe du dich aufregst, ich habe ihr gesagt, wer ich bin. Und weil sie mir das nicht sofort glauben wollte, habe ich ihr sogar meinen Ausweis gezeigt.«

Rosmarie wusste sofort Bescheid.

»Das war Frau Bredelow, unsere Reinigungskraft, und Meta wird vermutlich mit den Hunden unterwegs sein. Sie nimmt meist Reißaus, wenn Frau Bredelow kommt.«

Fabian war ein wenig genervt, und das sah man ihm auch an. Seine Zeit war begrenzt, und er wollte sich jetzt wirklich nicht mit solchen Nebensächlichkeiten aufhalten.

»Mama, können wir endlich zum Kern der Sache kommen? Bitte, lenk nicht weiter ab, und frag mich jetzt auch nicht, ob ich etwas trinken möchte. Nein, jetzt nicht, vielleicht später, ehe ich wieder nach Hause fahre. Meine Zeit ist bemessen, und ich kann auch nur hier sein, weil ich mit einer Kollegin Stunden in der Schule tauschen konnte.«

»Entschuldige, Fabian«, Rosmaries Stimme klang zerknirscht, sie spürte den dumpfen Schlag ihres Herzens, so aufgeregt war sie. Wenn Fabian sich die Mühe gemacht hatte, in den Sonnenwinkel zu kommen, dann ging es um mehr als nur um einen Husten oder um ein aufgeschlagenes Knie eines seiner Kinder. Und wäre etwas mit Ricky, dann wäre er ganz gewiss nicht hier, um es ihr zu erzählen, sondern er würde keinen Schritt von der Frau, die seine große, seine einzige Liebe war, weichen.

Schon wieder überfielen ihre Gedanken sie, sie nahm nicht einmal voller Mutterstolz wahr, wie gut ihr Fabian wieder aussah in seiner grauen Jeans, seinem grauen Pullover.

»So, Mama, bist du jetzt bereit, mir zuzuhören?« erkundigte er sich, und Rosmarie konnte vor lauter Aufregung nur nicken.

Gleich …

Fabian lehnte sich in seinem Sessel zurück, und dann sagte er etwas, was einem Donnerschlag glich.

»Mama, Stella möchte mit den Kindern wieder nach Deutschland kommen.«

Was hatte er da eben gesagt?

Er hatte etwas über Stella erzählt?

»Fabian, ich, du …«

Rosmarie war so durch den Wind, dass sie einfach nicht in der Lage war, einen vernünftigen Satz auszusprechen.

Stella!

Ihre Tochter, von der sie seit gefühlten Ewigkeiten nichts mehr gehört hatten, niemand, Stella, die mit den Kindern irgendwo in Australien verschollen war.

Rosmarie war jetzt so sehr durch den Wind, dass er es nicht länger mit ansehen konnte. Er erhob sich, ging zu seiner Mutter, setzte sich auf die Kante des Sessels, in dem sie saß, umfasste ihre Schulter und sagte: »Ganz ruhig, Mama, hör mir bitte jetzt einfach mal zu, und dann reden wir über alles, ja?« Das Einzige, was Rosmarie hervorbrachte, war ein Nicken. Fabian erhob sich wieder, ging, nachdem er seiner Mutter noch übers Haar gestrichen hatte, zu seinem Sessel zurück.

»Bist du bereit, mir jetzt zuzuhören, Mama?«

Wieder erfolgte nur ein Nicken.

»Okay, Mama.«

Was dann erfolgte, war unglaublich, Fabian erzählte seiner Mutter, dass Stella sich bei ihm nach einer sehr langen Zeit des Schweigens gemeldet hatte, zuerst bloß, um mit ihm zu reden. Und irgendwann nach vielen langen Gesprächen kam es heraus, dass sie mit den Kindern wieder nach Deutschland kommen wollte.

Sie sollte zwar ruhig sein, ihm zuhören. Doch so einfach war das nicht.

»Und wann wird sie kommen?«, erkundigte Rosmarie sich so aufgeregt, dass ihre Stimme sich beinahe überschlug.

»Es sind noch einige Dinge zu regeln, eines der Kinder muss das Schuljahr beenden, das wird in Kürze der Fall sein, und dann wird Stella ihre Zelte in Aus­tralien für immer abbrechen und zurückkommen. Sie werden zuerst bei uns wohnen, das war Rickys Vorschlag, damit Stella ohne Druck eine Entscheidung für die Zukunft treffen kann.«

Rosmarie war hin und weg.

Was für eine wundervolle Neuigkeit. Stella und die Kinder würden zurückkommen. Der liebe Gott hatte ihre Gebete erhört.

Ein Gedanke durchzuckte sie.

Es war ganz wunderbar, was sie da gerade von Fabian gehört hatte, doch änderte sich etwas für sie und Heinz? Würde Stella wieder mit ihnen reden? Oder würde sie weiterhin schweigen und ihnen weiterhin die Kinder entziehen?

Sie hatte viele Fragen, doch sie traute sich nicht, die jetzt zu stellen. Sie wollte Fabian nicht verärgern. Sie schaute ihren Sohn nur an. Um Fabians Mundwinkel glitt ein kleines Lächeln. Er ahnte, was seine Mutter augenblicklich bewegte.

»Mama, Stella möchte so gern auch wieder Kontakt zu dir und Papa aufnehmen. Sie hat nur Angst, dass die Tür zu euch für sie für immer verschlossen bleibt, weil sie sich unmöglich benommen hat. Stella hat ein schlechtes Gewissen.«

»Fabian, wenn du wieder mit ihr redest, sag ihr, dass das törichte Gedanken sind, wir lieben Stella, und wir werden sie mit offenen Armen empfangen. Da kann ich auch für euren Vater sprechen, der vermisst Stella und die Kinder ebenso wie ich, er spricht nur nicht darüber.«

»Mama, das habe ich Stella schon gesagt. Und ich habe ihr auch erzählt, was ihr durchgemacht habt in der ganzen Zeit ihres Schweigens. Stella hat wirklich ein sehr schlechtes Gewissen, und sie hofft sehr darauf, dass ihr ihr verzeihen könnt.«

Rosmarie konnte nur nicken, weil sie emotional einfach zu bewegt war. Noch konnte sie es kaum glauben, was sie da gerade von Fabian erfahren hatte. Doch er war keiner, der einfach nur so daherredete.

»Fabian …, und hast du herausfinden können, warum sie sogar zu Ricky und dir den Kontakt abgebrochen hatte? Über uns will ich ja überhaupt nicht sprechen, weil unser Verhältnis zu Stella leider nicht besonders innig war. Aber du und Stella, ihr wart doch ein Herz und eine Seele, hingt als Kinder wie die Kletten aneinander.«

»Mama, Stella kann sich jetzt selbst nicht mehr verstehen. Sie befand sich in einer Art Sinneskrise, wollte herausfinden, wer sie eigentlich ist.«

Rosmarie sah ihren Sohn an, als habe er gerade in einer ihr völlig fremden Sprache zu ihr gesprochen.

»Mama, Stella hatte sich in Jörg verguckt, seit sie ihn zum ersten Male gesehen hatte. Und ihr ganzes Streben lag damals darin, ihn zu bekommen. Wir wissen, dass es eine ganze Weile gedauert hat, bis ihr Ziel endlich erreicht war. Sie hat das Glück von Ricky und mir gesehen, und so etwas wollte sie auch haben.«

Es war schwer für Rosmarie, diese Worte richtig einzuordnen. Doch sie versuchte es.

»Fabian, korrigier mich bitte, wenn ich es falsch verstanden habe, was du da gerade gesagt hast. Das mit Ricky und dir, das war Liebe auf den ersten Blick. Ihr habt euch ineinander verliebt, ohne etwas voneinander zu wissen. Jörg ist der Bruder von Ricky, doch ich kann mich nicht erinnern, bei Stella ein Interesse an ihm bemerkt zu haben. Hat sie ihn nur genommen, oder besser gesagt, ihn dahingebracht, sie zu nehmen, weil sie auch jemanden von den Auerbachs haben wollte?«

»Mama, bitte zerbrich dir darüber nicht den Kopf. Es ist auch so müßig, die Vergangenheit hervorzuholen, wie, was, warum es so und nicht anders war. Gewiss hat sie Jörg geliebt oder zumindest bewundert. Und sie hatte ja auch ein großartiges Leben an seiner Seite, Jörg ist ein kluger, herzensguter Mann, dem seine Familie sehr am Herzen lag, bis Stella sie zerstört hat. Das ist leider so. Er hat Karriere gemacht, sie war Hausfrau, auch wenn es eine war, die Personal hatte, sich alles leisten konnte. Jörg machte Karriere, und Stella bekam, so sagte sie zumindest, Minderwertigkeitsgefühle, weil sie zwar Abitur gemacht, aber keinen Beruf gelernt hatte.«

»Fabian, das hat Ricky auch nicht, weil sie sich dafür entschieden hat, Ehefrau und Mutter zu sein. Und das ist sie mit Begeisterung, und das nimmt sie so ernst, dass sie sogar das begonnene Studium schweren Herzens wieder aufgegeben hat, weil sonst die Kinder darunter gelitten hätten. Müssen wir jetzt Angst haben, dass auch Ricky irgendwann auf die Idee kommt, sich verwirklichen zu müssen und dass sie sich die Kinder schnappt und verschwindet?«

Rosmarie hatte es ernst gemeint, doch Fabian begann bei einer derartigen Vorstellung lauthals zu lachen.

»Mama, das wird nie im Leben geschehen, Ricky und ich, unsere Kinder, das ist das größte Glück auf Erden, und das würde niemand von uns zerstören. Dafür bürge ich.« Er wurde wieder ganz ernst. »Außerdem kannst du Ricky und Stella nicht miteinander vergleichen. Sie haben sich zwar gut verstanden, doch das lag in erster Linie an Ricky, weil sie ein so besonderer Mensch ist. Stella hatte schon immer ihre Eigenheiten. Doch Schluss damit, das müssen wir jetzt nicht zerreden. Ich bin gekommen, um dir die wundervolle Neuigkeit mitzuteilen, dass Stella zurückkommen möchte, und das wollen wir gebührend würdigen. Freust du dich, Mama?«

Jetzt konnte Rosmarie nicht anders, sie musste weinen. Es war alles einfach nur schwer zu verkraften.

Wieder wollte Fabian aufstehen, um seine Mutter tröstend in seine Arme zu nehmen, als von der Haustür her ein Getöse zu vernehmen war. Missie und Beauty bellten aufgeregt, sie spürten, dass Besuch da war, und dann kamen sie auch schon in den Raum gestürzt, begrüßten Rosmarie und Fabian, gebärdeten sich dabei wie wild. Auch wenn Fabian nicht so oft zu seinen Eltern kam, spürten die beiden Hundedamen, dass er Tiere liebte, schließlich hatte er früher sogar selber seine geliebten Collies gehabt, von denen er sogar einen Pamela geschenkt hatte, als die noch ein ganz kleines Mädchen gewesen war.

Doch bei aller Liebe, als Beauty und Missie merkten, dass außer Streicheleinheiten für sie nichts zu holen war, verzogen sie sich beleidigt.

Meta betrat den Raum.

»Herr Dr. Rückert«, begrüßte sie Fabian freudig, bekam mit einem Blick mit, dass Mutter und Sohn beisammensaßen ohne ein Getränk. Das ging nun überhaupt nicht!

»Hat Ihnen denn niemand einen Kaffee angeboten?«, erkundigte sie sich beinahe entsetzt, um sofort fortzufahren: »Wenn Sie einen mögen, den werde ich Ihnen schnellstens servieren.«

»Es wäre großartig«, sagte Fabian lächelnd, der Meta gern mochte. »Und was halten Sie von einem Stück Mohnkuchen dazu?«, wollte Meta wissen. »Den habe ich gerade erst gebacken.«

»Meta, Sie wissen doch, wie gern ich Kuchen esse. Und Mohnkuchen, da kann ich nicht widerstehen.«

Es freute Meta, sie beeilte sich, in die Küche zu kommen, und Rosmarie stellte fest: »Ohne Meta wären wir völlig verloren. Stella mochte sie auch sehr. Was meinst du, Fabian, darf ich Meta erzählen, dass Stella zurückkommen wird?«

Fabian zögerte kurz.

»Ich denke schon, Mama, Meta gehört ja praktisch zur Familie, doch du solltest vorsichtshalber ein Vielleicht hinzufügen.«

Sofort wirkte Rosmarie irritiert und verunsichert.

»Du meinst, dass sie am Ende doch nicht zurückkommen wird, Fabian?«

Ihrem Gesicht war deutlich anzusehen, wie entsetzt sie war, und Fabian ärgerte sich schon über sich selbst. Hätte er das jetzt bloß nicht gesagt. Er versuchte sofort, die Wogen zu glätten.

»Mama, es ist Stellas feste Absicht, sonst wäre ich doch nicht hergekommen, um es dir zu erzählen. Auch wenn ich mit meiner Schwester sehr vertraut bin, würde ich die Hand für sie jetzt lieber nicht mehr ins Feuer legen. Sie war früher ziemlich wankelmütig, weil sie nie genau wusste, ob sie etwas wirklich wollte oder ob sie etwas nur deswegen wollte, weil alle es hatten. Inzwischen ist viel geschehen, wir haben uns aus den Augen verloren, ich weiß nicht, wie sie heute tickt.«

Rosmarie verstand, was Fabian damit andeuten wollte, und sie konnte es sich überlegen, ob sie Meta schon jetzt einweihen sollte, Heinz würde es auf jeden Fall erfahren. Und Rosmarie hoffte sehr, dass er sich ebenfalls von Herzen freuen würde oder ob er nicht mit Vorbehalten an alles herangehen wollte, weil er von Stella zutiefst enttäuscht war.

Sie musste sich darüber nicht den Kopf zerbrechen, denn erstaunlich schnell kam Meta mit dem Kaffee und dem Kuchen zurück. Die Hunde hatte sie zum Glück in der Küche gelassen.

Fabian bedankte sich, und dann konnten Mutter und Sohn den Kaffee, insbesondere den köstlichen Mohnkuchen essen, den man heutzutage kaum noch bekam und den niemand so lecker backen konnte wie Meta. Nicht einmal Ricky, und die konnte ansonsten beinahe alles.

Und sie unterhielten sich, diesmal etwas entspannter, Rosmarie bedankte sich bei Fabian. »Dass du deswegen extra in den Sonnenwinkel gekommen bist, mein Junge, ich weiß überhaupt nicht, wie ich mich dafür bei dir revanchieren kann.«

»Mama, freu dich einfach. Ich weiß doch, wie sehr du darunter gelitten hast, von Stella und den Kindern nichts mehr zu hören. Ich bin überzeugt davon, dass du jetzt ruhiger schlafen kannst. Und wir warten einfach ab. Ricky und ich haben ihr deutlich zu verstehen gegeben, dass unser Haus auch ihr Haus ist und dass sie alle bleiben können, solange sie wollen.«

»Ricky ist ein wahrer Engel«, konnte Rosmarie sich nicht verkneifen zu sagen, und Fabian bestätigte lächelnd: »Mama, das denke ich manchmal auch … Sie und die Kinder sind mein ganzes Glück.«

Er trank noch einen Schluck seines Kaffees, aß aber nicht einmal seinen Kuchen auf. Er hatte es plötzlich sehr eilig, nachdem er auf seine Armbanduhr geschaut hatte.

»Mama, ich würde gern noch bleiben, doch ich muss dringend los. Komm uns doch bald mal besuchen, dann kannst du uns erzählen, wie es in Südtirol war, kannst uns Bilder zeigen. Erholt hast du dich auf jeden Fall fantastisch, das sieht man. Du siehst großartig aus.«

Rosmarie errötete bei diesem Kompliment wie ein ganz junges Mädchen. Solche Worte aus dem Munde ihres Sohnes, die waren überhaupt nicht selbstverständlich. Es hatte ganz andere Zeiten gegeben, an die sie lieber nicht mehr erinnert werden wollte.

»Willst du nichts von dem Kuchen mitnehmen?«, erkundigte sie sich schnell. »Ricky mag Mohnkuchen doch auch sehr gern.«

Ehe Fabian diese Frage beantworten konnte, betrat Meta den Raum, mit einer großen Kuchenbox in der Hand.

»Ich denke, die sollten Sie mitnehmen, Herr Dr. Rückert«, sagte sie. Seit er erwachsen war, hatte sie den Junior niemals mehr bei seinem Vornamen genannt. Das gehörte sich nicht, weil sie mit ihm ja nicht vertraut seit seiner Kinderzeit gewesen war.

»Meta, mit Ihnen kann man trefflich arbeiten. Das ist eine ganz großartige Idee, und ich nehme den Kuchen sehr gern mit. Vielleicht können wir ja den angebissenen Kuchen auf dem Teller auch noch mit dazulegen.«

»Mach dir keine Sorgen deswegen, Fabian«, rief Rosmarie, »den esse ich.«

Fabian bedankte sich noch einmal bei Meta, umarmte sie flüchtig, beteuerte, wie sehr Ricky sich freuen werde. Meta zog zufrieden und strahlend davon, und dann kam seine Mutter an die Reihe.

»Mama, versprich mir bitte, dass du dir jetzt nicht fortwährend Gedanken über Stella machst. Alles wird gut, ich weiß jetzt, wie und wo ich Stella erreichen kann. Wir sind in ständiger Verbindung, Stella ist mir und Ricky gegenüber wieder sehr offen. Ich denke, dass sie uns noch eine ganze Menge erzählen wird, und sobald ich etwas Wichtiges erfahre, informiere ich dich, versprochen.«

Er umarmte Rosmarie ganz fest, und sie flüsterte: »Danke, dass du gekommen bist, um mir das zu sagen. Am liebsten würde ich dich jetzt bitten, mich zu kneifen, damit ich mich davon überzeugen kann, nicht zu träumen … Stella kommt heim. Ich …, wir werden sie sehen und die Kinder, die müssen ja so groß geworden sein …, hoffentlich wissen sie überhaupt noch, wer wir sind.«

Er schob sie von sich weg, weil er jetzt wirklich gehen musste.

»Mama, das muss deine kleinste Sorge sein, mit Schokolade, einer anderen Süßigkeit bekommst du sie sofort auf deine Seite.«

Jetzt mussten sie beide lachen.

Rosmarie begleitete ihren Sohn noch bis zur Tür, und dort blieb sie stehen, bis Fabian mit seiner nicht mehr ganz taufrischen Familienkutsche davongefahren war. Er verdiente genug, sie könnten sich ohne Weiteres ein neues, modernes Auto kaufen, Heinz und sie würden ihnen von Herzen gern eines schenken. Doch das wollten Fabian und Ricky nicht. Für sie war ein Auto kein Statussymbol, sondern nichts weiter als ein Fortbewegungsmittel. Und solange ihr Auto noch fuhr, mussten sie sich keine Gedanken um ein neues machen. Das Geld konnten sie sinnvoller verwenden.

Fabian …

Stella würde kommen …

Auf einmal war ganz schön viel los in ihrem Leben. Wer hätte das gedacht. Rosmarie ging ins Haus zurück. Sie hätte zwar Lust gehabt, den Kuchen ganz gemütlich aufzuessen, auch den Rest des Stückes von Fabian, doch das ging jetzt nicht.