Du gehörst zu uns, Roberta! - Michaela Dornberg - E-Book

Du gehörst zu uns, Roberta! E-Book

Michaela Dornberg

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Beschreibung

Im Sonnenwinkel ist eine Familienroman-Serie. Schauplätze sind der am Sternsee gelegene Sonnenwinkel und die Felsenburg, eine beachtliche Ruine von geschichtlicher Bedeutung. Mit Michaela Dornberg übernimmt eine sehr erfolgreiche Serienautorin, die Fortsetzung der beliebten Familienserie "Im Sonnenwinkel". Michaela Dornberg ist mit ganzem Herzen in die bezaubernde Welt des Sonnenwinkels eingedrungen. Sie kennt den idyllischen Flecken Erlenried und die sympathische Familie Auerbach mit dem Nesthäkchen Bambi. Rosmarie Rückert presste ihre Stirn an die Scheibe der Terrassentür und schaute zu, wie ihre beiden Hundedamen Missie und Beauty unbeschwert im Garten herumtollten. Es war schön, ihnen zuzusehen. Beauty bemühte sich gerade, einen herumflatternden Zitronenfalter zu fangen, was ihr natürlich nicht gelang. Missie schaute nicht einmal hin. Sie war halt die Klügere. Das war sie tatsächlich, auch wenn Rosmarie das nicht wahrhaben wollte. Missie war auch sehr clever. Ihr eigentlicher Name lautete nicht umsonst Miss Marple. Rosmarie liebte beide Hunde. Bei Heinz war es nicht anders. Doch irgendwie hatte sich herauskristallisiert, dass Beauty irgendwie eher ihr Hund war, Missie der von Heinz. Liebe bekamen sie von ihnen beiden mehr als nur genug. Ein Leben ohne diese beiden Hausgenossinnen wäre für Heinz und sie undenkbar. Beauty und Missie hatten sich in ihr Herz geschlichen. Wenn Rosmarie nur an seinen Namen dachte, wurde sie traurig und gleichzeitig auch zornig auf sich selbst. Welcher Teufel hatte sie bloß geritten, ihren Aufenthalt in Paris vorzeitig abzubrechen, nach Hause zu reisen, um bloß nicht die Ankunft von Stella zu verpassen. Und die ließ nicht einmal etwas von sich hören. Warum rief sie nicht wenigstens an? Sie war doch nicht irgendeine unbedeutende Bekannte, die man warten lassen durfte, weil sie unwichtig war. Sie war die Mutter!

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Der neue Sonnenwinkel – 82 –

Du gehörst zu uns, Roberta!

Die schöne Ärztin erobert die Herzen im Sturm

Michaela Dornberg

Rosmarie Rückert presste ihre Stirn an die Scheibe der Terrassentür und schaute zu, wie ihre beiden Hundedamen Missie und Beauty unbeschwert im Garten herumtollten. Es war schön, ihnen zuzusehen. Beauty bemühte sich gerade, einen herumflatternden Zitronenfalter zu fangen, was ihr natürlich nicht gelang. Missie schaute nicht einmal hin. Sie war halt die Klügere. Das war sie tatsächlich, auch wenn Rosmarie das nicht wahrhaben wollte. Missie war auch sehr clever. Ihr eigentlicher Name lautete nicht umsonst Miss Marple. Rosmarie liebte beide Hunde. Bei Heinz war es nicht anders. Doch irgendwie hatte sich herauskristallisiert, dass Beauty irgendwie eher ihr Hund war, Missie der von Heinz. Liebe bekamen sie von ihnen beiden mehr als nur genug. Ein Leben ohne diese beiden Hausgenossinnen wäre für Heinz und sie undenkbar. Beauty und Missie hatten sich in ihr Herz geschlichen.

Ach, Heinz …

Wenn Rosmarie nur an seinen Namen dachte, wurde sie traurig und gleichzeitig auch zornig auf sich selbst. Welcher Teufel hatte sie bloß geritten, ihren Aufenthalt in Paris vorzeitig abzubrechen, nach Hause zu reisen, um bloß nicht die Ankunft von Stella zu verpassen. Und die ließ nicht einmal etwas von sich hören. Warum rief sie nicht wenigstens an? Sie war doch nicht irgendeine unbedeutende Bekannte, die man warten lassen durfte, weil sie unwichtig war. Sie war die Mutter!

Abzureisen war so etwas von töricht gewesen!

Das hatte Rosmarie längst eingesehen, und sie beneidete Heinz glühend darum, dass er sich mit Cecile in Paris weiterhin amüsierte, dass sie es sich gut gehen ließen. Die Fotos, die Rosmarie regelmäßig bekam, machten sie neidisch. Sie hätte alles persönlich mit Heinz und Cecile erleben können. Sie hatte es vermasselt!

Rosmarie hatte genug von den Hundedamen, sie wandte sich ab, ging ins Zimmer zurück, setzte sich in einen der komfortablen Designersessel, trank einen Schluck Wasser.

Ursprünglich hatte sie mit Beauty und Missie ja einen Spaziergang am See machen wollen. Ein bisschen Bewegung hätte ihr nicht geschadet. Doch das hatte Rosmarie sich ganz bewusst verkniffen. Sie wusste nur zu genau, dass sie niemals am See angekommen wäre, weil sie zuvor einen Schlenker zu der Auerbach-Villa gemacht hätte, um bei Inge vorbeizuschauen. Das wäre mit den Hunden überhaupt kein Problem gewesen, Inge liebte Tiere über alles, und Missie und Beauty verstanden sich prächtig mit Luna und Sam. Sie hatte es nicht getan, weil die arme Inge in der letzten Zeit genügend mit ihr ausgestanden hatte. Sie hatte einiges ertragen müssen. Was hatte sie der Ärmsten nicht alles vorgejammert. Und Inge hatte es ertragen. Sie war schon ein Schatz, die Inge Auerbach, ein richtiges Goldstück, eine Freundin, wie man sich sie nur wünschen konnte.

Rosmarie hatte sich ja bemüht, mit Inge über andere Themen zu sprechen, zu sagen hatten sie sich genug. Doch letztlich hatte sie doch immer wieder nur über Stella gesprochen, über deren Verhalten, das sie so überhaupt nicht verstehen konnte. Auch wenn Inge Stellas Ex-Schwiegermutter war durfte man so etwas nicht überstrapazieren, einmal musste Schluss sein.

Rosmaries Gedanken kehrten zu Heinz zurück, ihrem Ehemann, den sie liebte, den sie vermisste. Es hätte anders laufen können. Warum war sie nur so dumm gewesen? Heinz hatte sie gewarnt, und es war ganz genau so gekommen, wie er es prophezeit hatte. Und sie war sauer auf ihn gewesen, hatte ihn für herzlos gehalten. Was für ein Unsinn! Das war er nicht. Heinz hatte seine Tochter halt so gesehen, wie sie wirklich auch war, vor allem sehr egoistisch!

Rosmarie kam sich augenblicklich vor wie eine Gefangene in einem goldenen Käfig, in den sie sich allerdings selbst hineinkatapultiert hatte. Sie hatte zu nichts Lust, saß untätig herum. Sie hatte nicht einmal Freude daran, in einem Buch zu lesen oder sich einen Film im Fernsehen anzusehen. Früher wäre sie in einer solchen Situation auf die Piste gegangen, hätte die Scheckkarte glühen lassen. Zum Glück war das längst vorbei. Sie hatte erkannt, dass man den Kick nur bis zu dem Augenblick hatte, in dem man das Objekt seiner Begierde besaß. Danach war es uninteressant, vorbei. Doch über so etwas musste sie sich, weiß Gott, wirklich keine Gedanken mehr machen. Sie war nicht mehr diese Person, die sinnlos sehr viel Geld ausgegeben hatte und für die überall die roten Teppiche ausgerollt worden waren, die Person, bei deren Anblick die Ladenbesitzer Dollarzeichen in den Augen hatten.

Vorbei …

Und an diese Zeit wollte sie nun wirklich überhaupt nicht mehr erinnert werden, das musste eine andere gewesen sein. Sie trank erneut etwas von ihrem Wasser.

Warum kam Stella nicht?

Sollte sie doch einfach bei Fabian anrufen und ihn oder Ricky bitten, Stella an den Apparat zu holen?

Es ging nicht!

Fabian hatte sie ausdrücklich gebeten, sich zu gedulden, bis Stella sich bei ihnen melden würde, von sich aus.

Rosmarie drehte sich mit ihren Gedanken im Kreis. Ihre Laune wurde immer schlechter, obwohl es da kaum noch eine Steigerung geben konnte. Eigentlich fehlte jetzt nur noch ein Griff, damit sie sich selbst wegschmeißen konnte.

Sollte sie Inge denn nicht wenigstens anrufen? Sie schaute auf ihr Telefon, wollte danach greifen, als sie Geräusche von der Haustür her hörte. Sie war nicht beunruhigt. Vermutlich war Meta zurückgekommen. Sie blickte nicht einmal hoch, das geschah erst, als eine vergnügt klingende Männerstimme sich erkundigte: »Was ist das denn für eine Begrüßung?«

Rosmarie blickte in die Richtung, konnte nicht glauben, was sie dann sah. Sie sprang auf, rannte auf die Person zu, schmiss sich in die Arme des Mannes und schluchzte, bewegt, vor lauter Freude: »Heinz, wo kommst du denn her?«

Er lachte.

»Aus Paris.«

»Ja, ja, ich weiß, aber wieso bist du hier? Du wolltest doch noch bleiben.«

Er machte sich aus ihrer Umklammerung frei, die nämlich auch ein bisschen wehtat.

»Ich weiß, Rosmarie. Doch du wurdest immer verzagter. Ich habe mir Sorgen gemacht und habe mich entschlossen, vorzeitig zurückzukommen. Was ist los? Bist du wegen Stella so sehr neben der Spur?«

Sie nickte.

»Heinz, Lieber, bitte lass uns jetzt nicht über Stella reden. Ich bin ja so froh, dass du wieder daheim bist. Du hast mir gefehlt, es war einsam ohne dich.«

»Vor allem warst du sauer auf dich selbst, wenn du eingesehen hast, wie töricht es war, nach Hause zurückzukehren, nicht wahr?«

Sie nickte erneut.

Er lächelte auch erneut, dann sagte er sanft: »Ich bin ja da. Und ehrlich mal, ohne dich an meiner Seite war Paris auch nur halb so schön, auch wenn Cecile sich sehr bemüht hatte, meinen Aufenthalt schön zu gestalten. Komm her, lass dich umarmen. Vielleicht geht es diesmal ja ein wenig weniger wild?«

Es war möglich.

Rosmarie lehnte sich an Heinz, spürte seine Nähe, seine Wärme, seine Zärtlichkeit. Erst jetzt wurde ihr so richtig bewusst, wie sehr sie ihn vermisst hatte. Nach einer Weile schauten sie sich an, dann küssten sie sich lange und zärtlich. Nicht voller wilder Leidenschaft, Heinz war nicht der Typ dazu, und mit solchen Küssen konnte man vielleicht zeigen, wie fummelig man auf den anderen, auf die andere war. Außerdem waren sie und Heinz in einer solchen Phase niemals gewesen, weil sie erst sehr spät, nach vielen Jahren einer gut funktionierenden Gemeinschaft, ihre wahren Gefühle füreinander entdeckt hatten.

Es war nicht der Augenblick, sich jetzt darüber den Kopf zu zerbrechen. Er war da, er hatte gespürt, dass sie ihn brauchte. Rosmarie wurde von ihren Gefühlen überwältigt. Ehe sie es sich in seinen Armen wieder gemütlich machte, musste sie etwas loswerden: »Heinz, mein Herz, du weißt überhaupt nicht, wie sehr ich dich liebe.«

Er strich ihr zärtlich übers Haar, flüsterte: »Ich weiß es, und dafür bin ich unendlich dankbar.«

Dann küssten sie sich erneut, die Rückerts, und das war, na ja, das war ein Kuss, der sich sehen lassen konnte.

Wie schnell sich etwas verändern konnte, ob zum Guten oder zum Schlechten, diese Erfahrung machte Rosmarie Rückert gerade. Wenn sie daran dachte, wie unglücklich sie gewesen war, wie unzufrieden, nichts davon war mehr da. Sie war rundum zufrieden und konnte ihren Heinz immer nur ansehen, ihn anlächeln, weil er es war, dem sie das zu verdanken hatte. Er war einfach zurückgekommen, weil er gespürt hatte, wie unglücklich sie gewesen war. Es war schon etwas ganz Besonderes. Von dem drögen Notar Dr. Heinz Rückert erwartete man das zunächst einmal nicht.

Meta war auch zufrieden, ihren Chef wiederzusehen, und sie hatte sich zur Feier des Tages richtig angestrengt und etwas Köstliches gekocht. Nun saßen Rosmarie und Heinz in ihrem schönen Wohnzimmer, tranken noch etwas von dem ausgezeichneten Burgunder. Früher, ehe Cecile in ihr Leben getreten war, hatten sie die spanischen Weine bevorzugt. Die mochten sie noch immer, doch an erster Stelle standen nun französische Weine. In Frankreich gab es nicht nur die bekanntesten Weinanbaugebiete in Bordeaux und Burgund. Alle Weine waren gut, sie hatten sich allerdings für den Porsche unter den Weinen entschieden, den Burgunder. Es mochte allerdings auch daran liegen, dass die Raymonds ein Weingut dort besaßen und sie damit an der Quelle saßen. Die Familie hatte überall ihre Finger mit drin, und wenn ihnen nicht selbst etwas gehörte, so waren sie doch zumindest beteiligt. Dass sie ein richtiger Goldfisch war, davon war bei Cecile nichts zu spüren, es war ihr auch nicht anzusehen. Wenn Schmuck, dann trug sie besondere Familienerbstücke, und ihre Kleidung war so etwas von normal. Wenn sie ihr gefielen, waren natürlich auch mal Designerstücke darunter, doch sie suchte nicht danach, und so konnte es auch durchaus einmal etwas von den Billiganbietern sein. Cecile war ein besonderer Mensch, Rosmarie war glücklich und dankbar, sie in ihrem Leben zu haben. Sie mochten einander, und sie hatte zu Cecile das Verhältnis, das sie sich mit ihrer eigenen Tochter gewünscht hätte. Cecile hatte auch ein so großes Herz, und Rosmarie freute sich darüber, wie gut sie sich mit Fabian, Ricky und den Kindern verstand. Und in ihr Patenkind, die kleine Teresa, war sie regelrecht vernarrt.

Und sie hatte es nicht lassen können, Heinz eine Geschenktüte für sie mitzugeben. Macarons, die man so, wie sie sie liebte, nur in Paris in einer bestimmten Patisserie kaufen konnte und ein unglaublich schönes Seidentuch von Hermes, das sie an einem Sonntag in einer Geschäftsauslage gesehen hatte. Ja, aufmerksam war sie auch, die Cecile.

Nachdem sie sich, sehr zur Freude von Heinz, eine Weile über Cecile unterhalten hatten, wandte Rosmarie sich ihrem Mann zu.

»Heinz, wenn Stella auch nur ein ganz kleines bisschen von Cecile hätte, dann …«

Er unterbrach sie.

»Rosmarie, bitte hör auf davon. Einmal abgesehen, dass unsere Tochter und Cecile grundverschieden sind, quälst du dich doch selbst damit, derartige Vergleiche anstellen zu wollen.«

»Stimmt, Heinz, und du hattest mit deiner Voraussage ja so recht. Sie ist weder gekommen, noch hat sie sich gemeldet, ich kann es nicht verstehen, Heinz.«

Sie saß auf dem Sofa, er in einem Sessel. Er erhob sich, ging zu ihr, setzte sich neben sie, legte einen Arm um ihre Schulter und sagte: »Mein Herz, versuch es gar nicht erst. Stella wird kommen oder nicht. Und wenn sie sich dazu aufrafft, vielleicht kann sie uns ja verraten, was sie dazu getrieben hat, einfach abzutauchen, alle Brücken rigoros abzubrechen. Wenn sie es nicht tut, auch gut. Rosmarie, sie ist erwachsen, wir haben in Stellas Leben nichts mehr zu sagen, und die Kinder sind erst frei, wenn sie erwachsen sind. Fabian findet das Verhalten von Jörg ganz großartig. Das ist frei von jedem Egoismus, Jörg geht es einzig und allein um die Kinder. Und wenn du meine Meinung hören willst, Stella hat ihr Glück mit Füßen getreten. Aber sie war immer stur, sie hat immer ihr Ding gemacht, und meistens war es etwas, was ihr hinterher auf die Füße gefallen ist. Und das hat nichts mit unserer Erziehung zu tun, es ist eine Charaktereigenschaft. Und noch etwas, da kommt sie voll und ganz auf Finchen. Stella hätte deren Tochter sein können. Die hat auch aus allem ein Geheimnis gemacht, die hat getrickst, sich von uns finanziell unterstützen lassen, dabei hatte sie insgeheim ein Vermögen angehäuft.«

Darüber wollte Rosmarie jetzt nicht reden, sie fühlte sich gerade so wohl, ihre gute Stimmung hatte sie schon ein wenig eingetrübt, als sie begonnen hatte, über Stella zu sprechen.

Hätte sie bloß nicht davon angefangen. Jetzt wollte sie es nicht zu einer Eskalation kommen lassen.

»Das Geld kam ja Stella zugute«, sagte sie nur, dann bat sie Heinz, davon aufzuhören.

Das konnte er so nicht auf sich sitzen lassen.

»Ich habe nicht davon angefangen«, bemerkte er. »Weißt du was, lass uns einfach noch eine Runde um den Block laufen, Bewegung hat noch niemandem geschadet. Und wir bekommen unsere Köpfe wieder frei.«

Damit war Rosmarie sofort einverstanden, und plötzlich standen auch Beauty und Missie in trauter Zweisamkeit vor ihnen und winselten. Ein Spaziergang, da waren sie doch immer dabei.

*

Simone war froh, dass Ole unverhofft zu einer Geschäftsreise in die Firmenzentrale aufbrechen musste. Für ihn war es auf jeden Fall eine sehr angenehme Reise, denn sein Big-Boss hatte durchklingen lassen, dass Ole eine Stufe nach oben fallen sollen. Simone freute sich wirklich für ihn, denn er bedeutete ihr noch immer unendlich viel. Er hatte sich für seinen Ausrutscher entschuldigt. Doch niemand sagte umsonst, dass ein gebranntes Kind das Feuer scheute.

Ihre Beziehung, es war ja noch nicht einmal eine, sondern der Beginn einer wundervollen Zweisamkeit, hatte einen Riss bekommen. Dass sie so empfindlich reagierte, daraus konnte sie Ole keinen Strick drehen. Es lag an ihr. Vielleicht hatte sie einfach eine zu verkitschte Seele. Sie hatte als kleines Mädchen nicht nur mit Puppen gespielt, sondern auch immer davon geträumt, verheiratet zu sein, Kinder zu bekommen. Und all das sollte für immer halten. Verheiratet war sie gewesen. Sie wusste nicht, ob sie jetzt froh sein sollte, dass sie keine Kinder hatten, so konnte es auch kein Gerangel um sie geben. Aber eines wusste sie, dass sie so etwas niemals mehr erleben wollte, einfach aussortiert zu werden wie ein gebrauchtes Kleidungsstück, an dem man keinen Spaß mehr hatte. Und das nicht, weil es unendliche Kräche gegeben hatte. Nein, für sie war ihre Welt heil gewesen, und bei ihm hatte sie auch niemals gedacht, dass es anders sein könnte. Er hatte es immer wieder beteuert, jetzt wusste sie, dass er der größte Lügner vor dem Herrn war. Er hatte diese Frau kennengelernt mit mehr Busen, mit mehr Hintern, mit aufgespritzten Lippen, und schon waren alle Sicherungen bei ihm durchgebrannt. Er hatte sie fallen lassen wie eine heiße Kartoffel.

Aus …

Von wegen für immer!

Ihr Ex hatte es sehr eilig gehabt, aus ihrem Dunstkreis zu verschwinden. Er hatte sie sogar bedrängt, mit ihm ein wenig zu tricksen, den Termin für die endgültige Trennung von Tisch und Bett vorzuverlegen, nur damit er so schnell wie möglich von ihr geschieden wurde, um bei dieser anderen Frau sein zu können.

Ihr machte Simone keinen Vorwurf, auch wenn diese andere vermutlich hier und da an etwas gedreht hatte. Zu allem gehörten immer zwei. Und niemand konnte zu etwas gezwungen werden, was er nicht wollte, nicht in einem freien, demokratischen Land.

Bravo!

Das waren vielleicht Gedanken, die man bei einem Sonntagsfrühstück hatte.

Ihr war die Lust vergangen, sie schob ihren Teller mit dem angebissenen Toast beiseite, den Kaffee ließ sie stehen, trank sogar davon. Kaffee ging immer.

Sie wollte sich nicht mehr daran erinnern, wie es nach der Scheidung weitergegangen war, wie sie sich verhalten hatte.

Dafür gab es keine Entschuldigung. Wenn man in ein tiefes schwarzes Loch fiel, musste man versuchen, da wieder herauszukommen.

Da wurde man nicht kriminell. Hätte sich diese unglaubliche, großherzige, edelmütige Teresa von Roth nicht so souverän verhalten, dann wäre sie jetzt vorbestraft. Und so etwas war ein Stempel für immer, das wurde man nicht mehr los, und letztlich verbaute man sich dadurch alles.

Und warum hatte sie es getan? Ausgerechnet sie! Simone wusste es nicht. Schon der Gedanke daran quälte sie, aber sie konnte keine andere vorschieben, sie war es gewesen. Doch es musste Schluss damit sein. Sie musste nach vorne blicken. Zum Glück konnte sie das auch. Dank Teresa hatte sie mehr als nur eine Chance bekommen, der hatte sie einen Traumjob zu verdanken, eine Traumwohnung. Als sie die renovieren wollte, hatte sie Ole Petersen kennengelernt. Er hatte ihr tatkräftig geholfen, als die Wohnung fertig war …

Simone lehnte sich zurück, schloss die Augen. Danach war alles nur schön gewesen. Sie hatten sich ineinander verliebt, und dieser magische Augenblick am See würde ihr immer in Erinnerung bleiben. Es war wirklich Magie gewesen. Und das war es. Daran hatte sie danach alles festgemacht. Sie hatte nicht wahrhaben wollen, dass es in erster Linie im Leben eines Menschen einen Alltag gab, und der fand nun mal auf Erden statt, nicht auf dieser Wolke.

Schluss damit!

Simone wollte jetzt nicht darüber nachdenken, zumal Ole sich für sein Verhalten doch entschuldigt hatte. So richtig wusste sie eigentlich auch nicht, warum sie sich so aufgeregt hatte. Sie war von ihm nicht beschimpft, nicht geschlagen worden. Er hatte lediglich Charaktereigenschaften gezeigt, die ihr nicht gefielen. Und warum war es so? Weil sie töricht genug gewesen war zu glauben, mit Ole an ihrer Seite könne sie für immer die Welt durch eine rosarote Brille sehen.

Sie hatte sich zu früh in etwas hereingestürzt!

Sie hätten es langsamer angehen lassen sollen!

Das konnte sie ihm nicht zum Vorwurf machen, er hatte nicht im Alleingang gehandelt, und sie war eifrig mit ihm vorgeprescht.

Was wollte sie?

Wollte sie Ole noch immer?

Ja!

Das konnte sie uneingeschränkt beantworten.

Eines allerdings war klar. Sie mussten mehr als nur einen Gang zurückschalten, und das wollte Ole offensichtlich nicht. Sie konnte es sogar verstehen. Sie hatte für ihn Tür und Tor geöffnet, sie hatte ihn, so oft es ging, bei sich übernachten lassen. Für ihn war es eine Selbstverständlichkeit geworden.

Es war doch klar, dass sie ihn nicht einfach zurückpfeifen konnte. Doch das musste sie tun. Wollte sie mit ihm zusammen sein, und das wollte sie ja, mussten sie zum Anfang zurückkehren, sich Schritt für Schritt aufeinander zu bewegen, ganz einfach, sie mussten sich kennenlernen, so, wie sie wirklich waren, nicht, wie sie sich sehen wollten. Das funktionierte nie.

Simone zuckte zusammen, als ihr Telefon klingelte.