Der Ponyjäger - Frank Winterfeld - E-Book

Der Ponyjäger E-Book

Frank Winterfeld

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Beschreibung

Wie schafft man es, frühere Taten zu vergessen und im Hier und Jetzt neue Wege zu finden? Hamburg. Für viele Menschen eine der schönsten Städte der Welt. Für Christian Brenner, Ex-Scharfschütze einer Eliteeinheit, ist es gleichzeitig der Rückzugsort von einer Vergangenheit, die von Mord, Hass und Gewalt geprägt war. Zusammen mit seiner Frau und ihrer gemeinsamen Tochter plant er fernab von all dem Bösen eine glückliche, sorgenfreie Zukunft. Dass die Vorsehung oftmals ihre eigenen grausamen Streiche spielt, erfährt Chris auf schicksalhafte Weise. Ein zufällig verschicktes WhatsApp-Video wird zum Beginn einer Gratwanderung zwischen aufopferungsvoller Liebe und dem totalen Wahnsinn. Die Dunkelheit weicht dem Licht. Der Ponyjäger zeigt sich und begibt sich auf die Jagd.

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Seitenzahl: 118

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Autorenvita
Impressum
Vorwort
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Epilog
Nachwort
;-)
Kurzgeschichten
Punktverlust
Geschmackvolle Enthüllungen
Vier Buchstaben
Peter Miese
Danksagung
Triggerwarnung
Erlöse
Weitere Titel von Frank Winterfeld

Frank WinterfeldDer Ponyjäger

Autorenvita

Gerüchten zufolge, die man sich im Hamburger Umland an der warmen Brenntonne des Nachts erzählt, soll es sich beim Autor Frank Winterfeld um einen Mann um die fünfzig handeln. Er selbst behauptet nach wie vor, neunundzwanzig zu sein, aber diese Legende versucht er schon seit über zwanzig Jahren, mehr oder minder erfolglos, aufrechtzuerhalten. Frau hat er, Kind auch, und damit ist die Familienplanung gänzlich abgeschlossen. Wenn es noch einmal Nachwuchs im Hause Winterfeld geben sollte, liefe es eher auf einen zweiten Hund hinaus – oder einen Goldfisch. Der Autor Frank Winterfeld mag etwas überhaupt nicht, und zwar, wenn man ihn als Autor betitelt. Er bevorzugt den Ausdruck ›Hobby-Storyteller‹. Mit dem Schreiben angefangen hat er in der Schule. So seltsame Erwachsene erzählten ihm damals, das müsse sein und sei essenziell wichtig fürs Leben. Heute verweist er immer wieder darauf, dass gute Geschichten nicht im Duden zu finden sind. Nachdem die akademische Karriere einer Druckerlehre zum Opfer fiel, entwickelte sich bei dem Storyteller ein besonderes Gen, und zwar das Schreibgen. Ab diesem Zeitpunkt erschuf er in seiner Vorstellung Kurzgeschichten, Sagen und spannende Fantasy-Storys. Auch der ein oder andere Tatsachenbericht wurde im Social Media verewigt. Heute interessiert sich der Familienvater und eventuell baldige Goldfischbesitzer nur noch für zwei Dinge: Wann steigt der HSV wieder in die 1. Bundesliga auf (beim Erstellen der Zeilen war der Aufstiegskampf 2023 noch nicht entschieden)? Und ist er mehr ein schreibender Drucker oder doch ein Schreiber, der druckt? Getreu dem Motto »Nimm das Leben nicht so ernst, es ist ja nicht von Dauer« darf man (frau, divers) gespannt sein, was da noch kommt …

Impressum

© 1. Auflage, 2023

© Alle Rechte vorbehalten.

© Text & Ideen: Frank Winterfeld

© Korrektorat: Marlene Menzel

© Layout & Satz: Marlene Menzel

© Cover & Konzept: Michael Winterfeld, Silke May

Kontakt: Frank Winterfeld, Hamburg

E-Mail: [email protected]

Herstellung & Verlag: Neopubli GmbH, Berlin

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

(Triggerwarnung am Ende des Buches – S. 152)

Frank Winterfeld

Die GANZE Kurzgeschichte

Even in the darkest moments, light exists if you have the faith to see it.

Dean Koontz

Für Sandi

Vorwort

Moin! Zunächst möchte ich mich kurz vorstellen. Für alle, die mich noch nicht kennen: Mein Name ist Frank Winterfeld. Ich bin verheiratet, Vater eines erwachsenen Sohnes und wurde 1972 in Hamburg geboren, wo ich bis heute lebe.

Wie es in unserer schicken Hansestadt üblich ist, wechsle ich ab nun ins hanseatisch-freundschaftliche Du.

Die Geschichte rund um den ›Ponyjäger‹ entstand bereits vor vielen Jahren. Die Frage, die mich damals beschäftigt hat, lautete: Was, wenn in Hamburg ein Sniper sein Unwesen treibt? Und was bewegt ihn zu seinen Taten? Lange Zeit blieb diese Idee nichts weiter als das. Lediglich eine Sequenz davon fand ihren Weg aus meinen Gedanken.

Wie passend, dass kein Geringerer als mein deutscher Lieblingsautor Sebastian Fitzek 2020 zu einem Schreibwettbewerb der besonderen Art aufrief. Eine Pandemie beherrschte das Land, soziale Kontakte waren Mangelware. Was blieb, war die Scheinwelt der ›unsozialen Medien‹.

Hier trafen sich also Lesende, Schreibende und die, die beides waren. Alle von ihnen lauschten Sebastians Idee von einer Thriller-Anthologie. Es sollte eine Kurzgeschichte verfasst werden, um den durch die Pandemie stark gebeutelten Buchhandel zu unterstützen. Die Community gab die Parameter vor, die W-Fragen sollten für den Plot sorgen. Der Rest ist Geschichte.

Meine für den Wettbewerb eingereichte Story des ›Ponyjägers‹ erfreute sich großer Beliebtheit und schaffte es letztendlich unter die hundert besten Einsendungen und damit ins Ebook.

Während der Bewertungsphase der 1.142 eingereichten Geschichten stellte sich heraus, dass sich meine Leser mehr als diese Kurzgeschichte wünschten. Der Plot für den ›Ponyjäger‹ sei für Größeres bestimmt, nämlich für einen eigenen Roman, den ihr genau in diesem Moment in den Händen haltet.

Ich wünsche euch viel Vergnügen beim Lesen!

Ach, noch eine kurze Anmerkung zur Timeline sowie zum Plot: Meine Geschichte ist fiktiv. Sie beruht nicht auf wahren Begebenheiten und spielt deshalb in einer pandemiefreien Zeit.

Euer Storyteller

Frank

Prolog

Chris, 2015

Das monotone Hin und Her der Scheibenwischer und das damit einhergehende Knarzen des Gummis auf der Frontscheibe holt mich immer wieder aus der Melatoninfalle, in die ich drohe, blind hineinzutappen.

Bloß nicht einschlafen!, bete ich mantramäßig in meinen wiederkehrenden Gedanken.

Die einst gestrichelte mittlere Fahrbahnmarkierung wird immer mehr zu einer durchgezogenen weißen Linie. Der Lichtkegel meiner Scheinwerfer filetiert die Dunkelheit, auf die ich mich rasch zubewege, in kleine Abschnitte von Helligkeit und schwarzem, schaurig anmutendem Nichts.

Meine mir antrainierte Konzentration und die zeitgleiche Konditionierung, längere Phasen wach zu bleiben, lassen mich für einen kurzen Moment überheblich werden. Ich greife mir den Koffeindrink, der in der Mittelkonsole auf mich wartet und mich bei meinem Vorhaben unterstützen soll, meine wertvolle Fracht heil und unversehrt an unser gemeinsames Ziel zu bringen. Nur den Bruchteil einer Sekunde lasse ich meinen Blick von der Straße abschweifen.

Ein lautes Knallen, Rumpeln und etwas, das in meinen Ohren dem Zerspringen von Glas ähnelt, sind die Quittung für diese Leichtsinnigkeit. Ich habe Bilder wie in einem Comic vor Augen, dass sich mein Fahrzeug am hinteren Teil ziehharmonikagleich zusammendrückt, nur um am vorderen abrupt stehen zu bleiben. Der Schreck geht mir durch Mark und Bein, und die anfängliche Müdigkeit weicht der Klarheit des Moments.

Sind alle wohlauf?, ist das Erste, das mir in den Kopf schießt.

»Um Himmels willen, Chris! Was war denn das?« Voller Entsetzen und mit weit aufgerissenen, vorwurfsvollen Augen schaut mich meine Frau, die gerade eben unsanft aus dem Land der Träume in die Realität zurückgeholt wurde, an, nur um dann mit dem nächsten Wimpernschlag ihren Blick voll Sorge und Angst auf die Rückbank zu richten.

Dort, wo unser größtes gemeinsames Glück immer noch unaufgeregt und friedlich in seinem Kindersitz schlummert und zufrieden an seinem Schnuller saugt.

»Maus, geht’s dir und der Lütten gut?«

»Ja, bis auf den Schreck in den Knochen und, dass du mich aus einem schönen Traum geweckt hast, ist alles okay.«

»Dann bin ich ja beruhigt. Bleib du im Wagen. Ich sehe mal kurz nach, was da los ist.«

Ich fühle mich wie in einem schlechten Horrorfilm, bei welchem ich dem Protagonisten am liebsten hinterherschreien möchte: »Bleib im Auto, du Idiot!« Aber diesmal bin ich dieser Idiot. Ein Mensch, der das einzige Ziel hat, seine kleine Familie, den Sinn seines Lebens und seiner Existenz, vor all dem, was eventuell in der Dunkelheit auf sie lauert, zu beschützen.

Ich öffne zaghaft und unter höchster Anspannung die Fahrzeugtür, nur um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Sämtliche meiner Sinne sind geschärft. Jede Faser meines Menschseins signalisiert mir Gefahr. Routine bestimmt das Handeln. Instinktiv verwandelt mein Körper sich in etwas, das ich nicht mehr sein wollte. Etwas, das ich hinter mir gelassen habe. Vorsichtig nähere ich mich dem vorderen Teil unseres Autos. Die Szenerie, die sich mir bietet, lässt mich erschrecken, und gleichzeitig überkommt mich eine Schwere, die es mir nicht leichtmacht, zu atmen und zu realisieren, was ich sehe: Blut, Hautfetzen, Fellbüschel und Glassplitter liegen überall zerstreut auf der Fahrbahn. Vor mir auf der vom Schneeregen gezeichneten Straße erblicke ich ein scheues, vor Schmerzen wimmerndes Rehkitz, dessen Flanke weit aufgerissen ist. Das zierliche Geschöpf des Waldes hatte keine Chance gegen das tonnenschwere Objekt, das es mit zerstörerischer Wucht traf. Industrie gegen Natur, wobei die Industrie eindeutig als Sieger aus diesem ungleichen Kampf hervorgeht.

»Ach, Kleines, was machst du denn um diese Uhrzeit noch auf der Straße? Hat dir deine Mutter nicht gesagt, dass es allein im Dunkeln gefährlich werden kann?«, spreche ich in die Richtung, wo mich zwei winzige braune Augen traurig und schmerzerfüllt anblicken. Ich nehme den Kopf des Rehkitzes unter Tränen in beide Hände, und mit einem kräftigen Ruck erlöse ich das Tier von seinem Leid.

Schuldbeladen und tieftraurig, aber gleichzeitig auch glücklich begutachte ich die vorhandenen Schäden am Auto und vergewissere mich, ob eine Weiterfahrt problemlos möglich ist. Danach ziehe ich das tote Kitz, das durch meine Unachtsamkeit sterben musste, von der Fahrbahn und lege es behutsam neben den Straßenrand.

Ich setze mich ins Auto und schaue meiner geliebten Becki tief in die Augen. Meinem kleinen, schnarchenden Monster von der Rückbank werfe ich in Gedanken einen Kuss zu. Ich bin so unendlich dankbar, dass es beide gibt und alles so glimpflich ausging.

Ohne ein Wort zu sagen, nehme ich das Gesicht meiner Frau in meine Hände und küsse sie lang und innig. »Ich bin froh, dass euch nichts passiert ist. Ich liebe euch so sehr. Ich wüsste nicht, was ich ohne dich und Henriette tun würde. Sollte euch jemals etwas zustoßen, Becki, ich glaube, ich würde wahnsinnig vor Schmerz werden.«

Kapitel 1

03.06.2020 – Der Traum

Chris hatte das Gefühl, dass er den körnigen Sand auf seiner Zunge schmeckte, den der Wüstenwind ihm damals entgegen gewirbelt hatte. Er roch die von Krieg und Zerstörung durchzogene Luft. Spürte, wie sich das kalte Karbon des Gewehres in seine Haut drückte. Selbst das Brennen der Sonne im Gesicht konnte er wieder fühlen.

Träume aus Erinnerungen. Ungeliebte Kinder eines zerrütteten Verstandes. Gute. Schlechte. Alle waren präsent.

Chris wälzte sich unruhig von einer Seite zur anderen. Die schweißnasse Bettwäsche klebte an seinem Körper. Seine Atmung wurde heftiger, sein Herz raste.

»Schießen Sie endlich Soldat!«, knallen die Worte wie Peitschenhiebe in seinen Ohren.

»Sir, ich habe kein klares Schussfeld«, verteidigt Chris sein Zögern, um den tödlichen Treffer nicht abzugeben.

»Soldat, Sie gefährden die Mission! Eine Mission, die wir über Monate sorgfältig geplant haben! Schießen sie endlich, Brenner!«

Er hatte nicht geschossen. Als das Kind in unmittelbarer Nähe zu seinem Schussfeld aufgetaucht war, hatte er nicht abgedrückt. Er hatte nicht rücksichtslos abdrücken können. Der Finger am Abzug, der so oft über Leben und Tod entschieden hatte, hatte seinen Dienst quittiert.

Schon oft hatte er sie in seinen Träumen gesehen. Ein Mädchen. Nicht sehr alt, vielleicht sechs oder acht Jahre, war plötzlich auf das Ziel zugerannt. Das Rot der Schleifen in ihrem dunklen, zu Zöpfen gebundenen Haar brannte in seinen Erinnerungen so heiß wie die Wüstensonne an diesem verhängnisvollen Tag.

Kollateralschaden? Nicht die Kleine, hatte Chris gedacht. Dann sollte lieber seine Offizierslaufbahn der Kollateralschaden sein. Seine einst steile Karriere war durch das Verweigern eines Schussbefehls beendet worden. Schluss, aus und vorbei. Verdammt! Ist es das wirklich wert?, war es Chris durch den Kopf gegangen.

Viele Dinge in unserem Leben beginnen mit der Vorsilbe VER: Verlust, Vergangenheit, Veränderung, Verdrängung. Aber ebenso Vertrauen, Vervollständigung, Verantwortung. Und er wollte Vertrauen haben, Verantwortung übernehmen und zuversichtlich in eine friedlichere Zukunft blicken.

Das Ultraschallbild, welches er in der Brusttasche seiner Tarnuniform ganz dicht am Herzen trägt, und die Tatsache, dass er bald selbst Vater sein würde, lässt ihn keine Sekunde an der Richtigkeit seines Handels zweifeln. Nun will er nur noch Beschützer sein, keine mordende Kriegsmaschine.

Die Gleichgültigkeit, mit der er seine Befehle stets ausführte, hat in seinem neuen Leben keine Daseinsberechtigung. Nur noch Vaterliebe erfüllt sein Herz und lässt die Grausamkeit des Systems zerbröseln wie Kekse in den zarten Händen von Babys. Waffen möchte er gegen Windeln tauschen, Befehle gegen Gutenachtgeschichten.

Chris wälzte sich wieder auf die andere Seite und krallte seine Finger tief in das Laken. Seine Stirn war klamm, und sein Kopf zuckte manchmal hin und her, während sich die Szene darin verflüchtigte und er sich auf einmal in einem Büro wiederfand.

Ein Prozess bleibt aus. Wie soll man auch jemanden verurteilen, der offiziell gar nicht existiert, für eine Befehlsverweigerung, für die es nie einen Befehl gab?

Konsequenzen hatten trotzdem gefolgt: Chris war aufgrund der Geschehnisse abkommandiert und nach Hause zurückbeordert worden. Als selbstauferlegte Stringenz der Vorkommnisse hatte er den Dienst, genau wie sein Finger am Abzug, quittiert.

In der Heimat angekommen hatte er versucht, alles hinter sich zu lassen: Krieg, Hass, Gewalt. Alles Relikte einer Vergangenheit, die er nicht mehr wollte. Von nun an hatte er sich auf sein neues Leben vorbereitet. Aber auch etwas anderes hatte sich in ihm breitgemacht. Tief in Chris war ein Feuer ausgebrochen, ein gefährliches Lodern.

Hatte er damals die Missionen genutzt, um das Tier in seinem Inneren zu zähmen, hatte es nun nichts mehr gegeben, was ihn davon abhielt, es von Zeit zu Zeit ausbrechen zu lassen. Chris hatte Mühe gehabt, seinen Weg zu finden. Den Weg in ein ruhiges Leben.

Der Nebel des Vergangenen hatte die klare Sicht auf die Rechtschaffenheit der Zukunft behindert. Schlägereien waren der Regulator geworden, dumme Blicke der Auslöser. Er hatte alles infrage gestellt: seinen Platz in der Welt und den Verlust seiner Bestimmung.

Bis zu dem Abend, als Rebecca ihm unter Tränen erklärt hatte, dass nun ein neues, ein besseres Leben startete und der Krieg keine Bedeutung mehr hatte.

Von diesem Tage an hielt er das Ungeheuer mit der Bezeichnung Wut verborgen, und die Ketten aus Fürsorge und Harmonie, an denen es zerrte, erwiesen sich als unzerstörbar.

Jetzt endlich setzte der tiefe, traumlose Schlaf für Chris ein.

Träume. Vorboten einer Ahnung, verankert in unserem Unterbewusstsein. Oder doch eher Probelauf für eine drohende Gefahr?

Kapitel 2

03.06.2020 – 06:30 Uhr

»Hey, aufstehen, du Faulpelz!« Rebecca hatte kein Mitleid mit ihrem Mann, riss die Gardinen ruckartig zur Seite und öffnete das Fenster. Ein kalter Windhauch zog durch das von der Morgensonne durchflutete Zimmer. Mit einem Kasernenton, den sie nur selten anschlug, versuchte sie, ihren Mann, der immer noch eingekuschelt in seinem Bettzeug verweilte und dabei seine Frau gekonnt ignorierte, aus dem Schlaf zu reißen. »Wer feiert, kann auch arbeiten gehen!«, schnauzte sie ihn an.

Chris brauchte ein wenig, um sich an die Helligkeit im Zimmer und Beckis schrillen Ton zu gewöhnen. »Feiern?!«, fragte er erstaunt. Entweder nahm seine Frau ihn gerade gehörig auf den Arm, oder er hatte die Party seines Lebens hinter sich. Schade nur, dass er sich an nichts davon erinnern konnte.