Der Scheik von Aachen - Brigitte Kronauer - E-Book

Der Scheik von Aachen E-Book

Brigitte Kronauer

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Beschreibung

Für ihre große Liebe Mario setzt Anita Jannemann alles auf eine Karte. Sie gibt ihren Job in Zürich auf und zieht zurück in ihre Heimatstadt Aachen. Dort besucht sie regelmäßig die alte Emmi. Anita ist schockiert, als ihre Tante barsch behauptet: "Du liebst Mario gar nicht." Ein kluger und unterhaltsamer Roman darüber, was uns bewegt, wenn wir andere vergöttern oder verteufeln. Der Antiquitätenhändler Marzahn, bei dem Anita nach ihrer Rückkehr eine Anstellung findet, ist ein zutiefst zynischer Mensch. Gerade deshalb ist er so von Anitas schwärmerischer Naivität für den Amateur-Bergsteiger Mario fasziniert. Besessen versucht er ihr die Liebe in all ihren Schattierungen zwischen Tragik und Lächerlichkeit zu erklären. Auch die Geschichten, die Anita in Anlehnung an Wilhelm Hauffs Zyklus "Der Scheik von Alessandria und seine Sklaven" ihrer Tante jeden Samstagnachmittag zu deren Zerstreuung erzählt, kreisen um dasselbe Thema. Meist indirekt, denn Anita verbindet mit Emmi aufgrund eines Todesfalls ein familiäres Schweigegebot … Ein Buch über das Heimkehren und das Heimatliche, bei dem alles Geschichtenerzählen seinen Anfang hat.

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Seitenzahl: 500

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Klett-Cotta

Impressum

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Klett-Cotta

www.klett-cotta.de

© 2016 by J. G. Cotta’sche Buchhandlung

Nachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

Cover: ANZINGER | WÜSCHNER | RASP, München

unter Verwendung des Bildes »Charles-ii-1993« von Johannes Müller-Franken / VG Bild-Kunst, Bonn 2016

Vorsatz unter Verwendung des Bildes »Stillleben mit Teekanne« von Johannes Müller-Franken / VG Bild-Kunst, Bonn 2016

Datenkonvertierung: Dörlemann Satz, Lemförde

Printausgabe: ISBN978-3-608-98314-2

E-Book: ISBN 978-3-608-10036-5

Dieses E-Book basiert auf der aktuellen Auflage der Printausgabe.

Inhalt

1. Der 15. April 1981

2. Mordwinien, Baschkortostan, Inguschetien

3. Die Astronomin

4. Der Antiquitätenhändler Marzahn

5. Die Schwestern

6. Mario

7. Eurydike

8. Marzahns offenes Geheimnis

9. Der verlorene Mann

10. Der falsche Herr Brammertz

11. Antonius

12. Das Messer

13. Das Geständnis

14. Noch einmal Marzahn

Marzahns Fragmente,

Für Armin

1.Der 15. April 1981

Die Frau fürchtet sich.

Springt das sofort ins Auge, weil sie schlank, weiß- und dünnhäutig ist, bis hin zu den nackten Füßen, also ihren Gemütszustand nicht unter purer Fleischesbehaglichkeit verbergen kann? Sie also, in lose übergeworfener Holzfällerbluse überm naiven Unterhemdchen, trägt eine Sonnenbrille mit roten Bügeln, extra breit, zum Schutz vor seitlich einfallendem Sonnenlicht und: fürchtet sich. Aus der Hosentasche hängt zur Hälfte ein gebrauchtes Männertaschentuch. Eventuell wurde es von jemandem benutzt, der Nasenbluten hatte. Vom Zimmerfenster aus ahnt man die Hügel der nördlichen Eifel oder Ostbelgiens. Vermutlich handelt es sich nur um den Aachener Wald, ein im Halbkreis schwingender, graublauer Horizont, jedenfalls um das Bild klassischer Ferne, das für die Zukunft schöne Wolkenschauspiele in Aussicht stellt und die allmorgendliche Vorspiegelung eines immerwährenden, reglosen Friedens. Die diesseitige Gegend wird es nicht weniger für die andere Seite tun. Jetzt, im ungewöhnlich heißen Vorfrühling, versperrt das Laub hoher Straßenbäume noch nicht den Blick.

Da öffnet sie auch schon den Mund und sagt (unter uns, ein bewährter Trick, mit dem sie sich gern beruhigt), das Wort »damals«. Ihr anderes Lieblingswort ist »plötzlich«. Dieses zweite benötigt sie natürlich nicht zum Beschwichtigen, sondern zum Eigen- oder wenigstens Fremd-Erschrecken. Sie liebt ja von Kindesbeinen an das Dramatische, sofern sie es, kein Wunder, in eigener Regie bewerkstelligen darf. Im Augenblick wäre es fehl am Platze. Die Stunde des elektrischen, des Blitz- und Donnerworts »plötzlich« wird aber nicht allzu lange auf sich warten lassen.

Stellen Sie sich diese fast magere Frau, die Anita heißt, Anita Jannemann, und an deren Ohrläppchen winzige Brillanten zucken, nun allerdings nicht als allzu ängstliches Geschöpf vor. Anita ist lediglich nervös und raucht eine Zigarette, obschon sie gleichzeitig ein großes Stück Rindfleisch resolut in Stücke schneidet, nachdem sie die Sehnen entfernt und sich dabei eine kleine Wunde zugefügt hat. Erst jetzt bemerkt sie, daß die extravagante Sonnenbrille im Zimmer unsinnig ist, sogar stört. Daher die Verletzung. Sie muß die Brille vergessen haben und schiebt sie nach oben ins Haar, in das einige feurige Höhepunkte gefärbt sind. Ihre Stimme klingt angenehm heiser, nicht etwa rechthaberisch näselnd wie bei manchen TV-Ansagerinnen. Sie ahnen das Richtige. Anita konnte beim Fernsehen nicht landen, früher mal, ist lange her.

»Daamals …«, sagt sie, horcht dem Wort wohlgefällig nach, es muß sich wie ein Gähnen, Dehnen, Sich Sehnen anhören. Nach einer Pause, die niemand unterbricht, es ist ja kein anderer da in der noch etwas kahlen Wohnung, setzt sie neu an: »Damals, bei den großen Festen, trat Emmi als unsere anerkannte Kleinkönigin, ja Feistkaiserin auf, im Sommer in Seide, im Winter in Pelz, das Urbild einer beleibten Tante. Aber dann diese Augen! Grüne Steine, grün, als würde ihr Inneres, der ganze Körper unter der Haut, nur aus Jade bestehen, aus nilgrüner Jade durch und durch.«

Schon drängen sich drei Fragen auf. Vor wem fürchtet sich Anita? Vor Emmi.

Zu wem spricht sie? Zunächst zu sich, dann zu Ihnen, jawohl, zu Ihnen, auch wenn Sie für Anita noch viel fiktiver sind als umgekehrt.

Für wen schneidet sie das Fleisch? Für ein Gulasch. Für Abendgäste. Es soll ein Fiaker Gulasch werden. Sie will, um die Gäste, vor allem einen unter ihnen, zu foppen, bei der Garnitur zwar an die obligatorischen Essiggurken und Spiegeleier denken, aber die Würstchen weglassen. Mal sehen, ob es jemand merkt.

Vielleicht übt sie aber in Wirklichkeit mit ihrem palliativischen »Daamals« für die morgen zur Einweihung ihrer neuen Wohnung erwarteten Leute? Legt sich schon heute beim Fleischschneiden (weil sie alles beim Dessert aus frivolen Geselligkeitsgründen berichten will), die Einzelheiten der düsteren Vorgeschichte ihres anstehenden Emmi-Besuchs zurecht? Sie wird Emmi spanische Veilchenschokolade mitbringen, Emmis uralten Trost in der Todtraurigkeit als hoffentlich einschmeichelnde Aufmerksamkeit. Anita persönlich findet den Geschmack leicht ekelerregend. Aroma: Parfümierte Milchkuh. Muffig wie der Tod, jedoch für Emmi, wer weiß, eine noch nicht komplett verblichene Liebeserinnerung aus sehr frühen Tagen. Anita lächelt zum ersten Mal, wenn auch nur zaghaft, nur ganz flüchtig. Das liegt an der ein wenig unstatthaften Unterstellung, da es sich jetzt doch um Emmi und ihren einstigen Kummer dreht, jenseits jeder Liebesleichtfertigkeit.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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