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Diese Bergroman-Serie stillt die Sehnsucht des modernen Stadtbewohners nach einer Welt voller Liebe und Gefühle, nach Heimat und natürlichem Leben in einer verzaubernden Gebirgswelt. "Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser. Eine böse Behauptung macht in Waldkogel die Runde: Anna Baumberger, Ex-Bankerin aus Hamburg, heute Tonis liebevolle Frau, nutzt die Berghütte nur als Tarnung, um Geld in die Schweiz zu schmuggeln. Toni nennt das Gerede über seine Frau hirnrissig, doch der alte Alois weiß gleich, dass es genügend Leute gibt, die diesen Unsinn glauben werden … Toni und Anna müssen herausbekommen: Wer will ihnen schaden? Ist es ihr Dauerfeind Ruppert Schwarzer? Es war Vormittag. Die Hüttengäste waren zu ihren Wanderungen und Klettertouren aufgebrochen. Die erste Morgenarbeit nach dem Frühstück war erledigt. Toni und Anna gönnten sich eine Pause. Sie saßen mit dem alten Alois auf der Terrasse der Berghütte und tranken Kaffee. Alois konnte von seinem Platz den Weg durchs Geröllfeld besser überblicken. Er runzelte die Stirn und wechselte die Brille. »Mei, Toni, da hab ich doch richtig gesehen. Ich dachte erst, ich habe Halluzinationen. Aber er ist es wirklich. Und er ist nicht allein!« »Wer kommt?« Toni und Anna drehten sich um. Jetzt verstanden sie. Graf Tassilo von Teuffen-Thurmann und seine Frau stiegen den Weg hinauf. »Das ist ja der Tassilo mit seiner lieben Ottilie.« Toni stand auf und ging ihnen entgegen.
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Eine böse Behauptung macht in Waldkogel die Runde: Anna Baumberger, Ex-Bankerin aus Hamburg, heute Tonis liebevolle Frau, nutzt die Berghütte nur als Tarnung, um Geld in die Schweiz zu schmuggeln. Toni nennt das Gerede über seine Frau hirnrissig, doch der alte Alois weiß gleich, dass es genügend Leute gibt, die diesen Unsinn glauben werden … Toni und Anna müssen herausbekommen: Wer will ihnen schaden? Ist es ihr Dauerfeind Ruppert Schwarzer?
Es war Vormittag. Die Hüttengäste waren zu ihren Wanderungen und Klettertouren aufgebrochen. Die erste Morgenarbeit nach dem Frühstück war erledigt. Toni und Anna gönnten sich eine Pause. Sie saßen mit dem alten Alois auf der Terrasse der Berghütte und tranken Kaffee. Alois konnte von seinem Platz den Weg durchs Geröllfeld besser überblicken. Er runzelte die Stirn und wechselte die Brille.
»Mei, Toni, da hab ich doch richtig gesehen. Ich dachte erst, ich habe Halluzinationen. Aber er ist es wirklich. Und er ist nicht allein!«
»Wer kommt?«
Toni und Anna drehten sich um. Jetzt verstanden sie. Graf Tassilo von Teuffen-Thurmann und seine Frau stiegen den Weg hinauf.
»Das ist ja der Tassilo mit seiner lieben Ottilie.«
Toni stand auf und ging ihnen entgegen.
»Wenn das nicht eine gelungene Überraschung ist! Willkommen!«
»Grüß Gott, Toni! Ich muss mich gleich hinsetzen. Mei, heute ist es richtig heiß!«
»Geht und setzt euch auf die Terrasse! Ich hole euch zwei schöne kalte Bier.«
Tassilo und Ottilie wehrten ab.
»Kein Bier, Toni, Quellwasser, bitte einen ganzen Krug voll!«, sagte Ottilie.
Sie begrüßten Anna und Alois. Kaum hatten sie Platz genommen, brachte Toni auch schon einen großen Krug mit frischem Quellwasser und zwei Gläser. Sie tranken das Wasser, als wären sie am Verdursten.
»Mei, das tut gut!«, seufzte Ottilie.
»Bei der Hitze ohne Proviant loszugehen, des ist leichtsinnig«, schimpfte der alte Alois.
»Hör auf zu schimpfen, Alois! Wir hatten Getränke mitgenommen. Aber auf dem Parkplatz der Oberländer Alm kamen Hilda und Wenzel gleich zum Auto. Da haben wir geredet. Wir hatten uns lange nimmer gesehen. Wie das so geht, über all dem Reden haben wir den Rucksack im Kofferraum vergessen. Wir haben es erst gemerkt, als wir schon die Hälfte des Weges zurückgelegt hatten. Es war also ein Rechenexempel. Zurückgehen und den Rucksack holen, war genauso weit wie zur Hütte zu gehen. Außerdem hätten wir dann nochmals aufsteigen müssen«, erklärte Tassilo.
»Da hast du auch wiederum recht. Ich gebe euch für eure Wanderung Proviant mit«, sagte Toni. »Schön, dass ihr mal wieder wandern wollt.«
Tassilo schüttelte den Kopf. Er trocknete sich mit dem Taschentuch die Schweißtropfen von der Stirn.
»Also, ich will ehrlich sein. Wandern wollen wir nicht. Nach einigen schlaflosen Nächten haben Ottilie und ich beschlossen, euch zu besuchen. Warum, des könnt ihr euch denken.«
Anna senkte den Blick.
Tassilo sprach weiter: »Zwar leben wir nimmer in einer Monarchie, in der Adelsfamilien noch etwas zu sagen hätten, das wissen wir alle, aber ich fühle mich trotzdem verantwortlich für das Wohl und Wehe der Waldkogeler. Wenn etwas schwierig ist oder schwierig zu werden droht, dann ist mein Rat gefragt.«
»Des stimmt!«, sagte der alte Alois.
Toni und Anna nickten.
»Also«, Tassilo trank noch einen Schluck Wasser. »Ich will net um den heißen Brei herumreden, getratscht wird drunten in Waldkogel genug. Dort ist eine Epidemie ausgebrochen, die sich auf das Gehirn auswirkt. Die Urteilsfähigkeit scheint völlig verloren gegangen zu sein. Alle sind plötzlich deppert geworden und reden nur Unsinn. Trotzdem, nur der Form halber, frage ich dich, Anna, hast du etwas gemacht, was nicht korrekt ist? Hat Toni dir dabei geholfen, Schwarzgeld über die Berge in die Schweiz zu bringen?«
Toni wollte aufbrausen. Der Graf legte ihm die Hand auf den Unterarm.
»Ruhig Blut, Toni! Hast du nicht gehört, was ich gesagt habe? Ich frage lediglich der Form halber.«
»Tassilo, ich kann es schon nimmer hören. Hört des dann nie auf? Wir haben nix Unrechtes getan. Wir haben kein Geld über die Grenze geschafft, weder für uns, noch für andere«, sagte Toni und legte beschützend den Arm um seine Anna.
»Etwas anderes haben meine Ottilie und ich auch gar nicht angenommen, Toni. Ein bisserl Menschenkenntnis habe ich schon.«
»Danke!«, sagte Anna leise.
»Wir dachten, wir besuchen euch und sagen euch, dass wir auf eurer Seite sind.«
»Deswegen seid ihr extra heraufgekommen?«, fragte Anna ungläubig nach.
»Ja!«, sagte Tassilo mit fester Stimme. »Ottilie und mir war es wichtig, es dir und Toni persönlich zu sagen.«
»Wie lieb von euch! Das ist Balsam für meine wunde Seele«, seufzte Anna.
Ottilie erzählte, dass sie es zuerst von der alten Zenzi erfahren hatte. Sie hatte es von Veronika Boller gehört.
»Tassilo wollte es zuerst nicht glauben, als ich es ihm erzählte. Er dachte, ich mache einen Scherz. Aber mit solchen Sachen scherzt man nicht. Dann ging er in die Küche und quetschte die alte Zenzi aus. Das war ihm immer noch nicht genug. Er fuhr zum Marktplatz und klingelte bei den Bollers. Der Laden war schon geschlossen. Veronika und Franz erzählten, was sie gehört hatten.«
Tassilo nickte nachdrücklich.
»Ja, so war es. Das war vorgestern Abend. Man kann über die Veronika Boller sagen, was man will. Sie hat ein loses Mundwerk und redet gern, aber das Gerede jetzt geht sogar ihr zu weit. Sie ist so etwas von ärgerlich, richtig sauer ist sie. Franz hat erzählt, Veronika habe Leute aus dem Laden geworfen, weil sie so über euch hergezogen sind. So wütend war sie. Ich soll Grüße ausrichten, wenn ich euch sehe. Und ich soll euch sagen, wenn ihr etwas braucht, müsst ihr nicht in den Laden kommen, ihr könnt anrufen. Der Franz bringt die Sachen dann rauf zur Oberländer Alm.«
Toni und Anna bedankten sich. Das war wirklich eine nette Geste.
»Dass die alte Zenzi vor Wut kocht, das könnt ihr euch vorstellen. Mei, ist die sauer! Wenn die ins Dorf will, zum Einkaufen, geht Ottilie jetzt immer mit, weil die Gefahr besteht, dass die Zenzi jedem, der über euch herzieht, mit ihrem Gehstock über den Schädel haut.«
Der alte Alois schlug sich auf den Schenkel und lachte laut.
»Ja, ja, die alte Zenzi, die hatte schon immer Temperament. Sie kann kämpfen. Also, wenn wir herausbekommen, auf wessen Mist diese Behauptung gewachsen ist, dann sollte man den Übeltäter der Zenzi ausliefern. Das schlage ich vor«, sagte Alois.
Tassilo grinste.
»Und jeden, der diese Sache nachplappert, ohne Hirn und Verstand, sollte sie auch verprügeln. Aber da müsste sie halb Waldkogel durchhauen.«
»Nur halb?«, fragte Toni. »Außer unseren engsten Freunden ist doch kaum jemand auf unserer Seite und hält zu uns.«
»Stopp!«, wehrte Tassilo ab. »Ganz so ist es nicht. Es sind schon ein paar mehr, die auf eurer Seite sind. Die Arnika und ihr Mann, der Sven, fragen jeden, der bei ihnen im Café Jakob einkehren oder was kaufen will, auf wessen Seite er steht. Hält er nicht zu euch, dann bekommt er nix, weder im Laden, noch draußen im Cafégarten. Ihr Onkel, der alte Jakob Selinger, der hält genauso zu euch. Wisst ihr des net? Es gärt in Waldkogel, wie es noch nie gegärt hat.«
»Wir gehen nimmer runter«, sagte Anna. »Wenn wir etwas brauchen, fahren wir nach Kirchwalden und kaufen dort ein. Tonis Eltern haben des Wirtshaus zugemacht und sind in München, bei Tonis Schwester.«
»Das kann ich sehr gut verstehen. Warum sollten sie den Saufbrüdern auch noch das Bier servieren, wenn sie nur über euch herziehen?«
Tassilo grinste.
»Dass bei deinen Eltern geschlossen ist, das wurmt so einige. Aber sie haben es sich selbst zuzuschreiben. Wie geht es Basti und Franzi? Pfarrer Zandler hat mir erzählt, dass sie in Kirchwalden im Internat der Ordensfrauen sind, bis die Sache vorbei ist.«
Anna traten die Tränen in die Augen.
»Es sind ja bald Ferien. Dann sind sie wieder hier, Anna«, tröstete sie Toni. »Pfarrer Zandler meint auch, dass das eine gute Lösung sei. Jeden Tag wurden Franzi und Basti in der Schule gehänselt. Es kam auch zu Schlägereien. Sebastian hat sich gewehrt. Franziska hat nur geweint.«
»Kinder können gemein sein. Sie hören diesen hirnrissigen Schmarrn überall daheim und von anderen Kindern. Sie haben dann ein Gefühl der Überlegenheit und lassen es an Franzi und Basti aus«, schimpfte der Graf.
»Genauso ist es, Tassilo. Es ist ein Albtraum. Anna und ich hatten gehofft, dass sich die Sache bald im Sande verläuft. Aber es hört nicht auf.«
»Es war schlimm. Es kamen sogar einige Leute herauf, die sonst nie kommen«, sagte Anna. »Sie wollten wohl etwas herausfinden, wo es nix zum Herausfinden gibt. Deshalb hatten wir eine Woche lang unsere Hütte für Tagesgäste geschlossen.«
»Davon habe ich gehört, Anna. Und wie ist es jetzt, wo ihr wieder geöffnet habt?«
»Des kann ich dir genau sagen, Tassilo«, sagte der alte Alois. »Jeden, der aus Waldkogel raufkommt, den nehme ich mir gleich zur Brust, wie man sagt. Einige hatten doch tatsächlich Geld dabei und wollten Annas Hilfe haben. Die waren aber schnell wieder fort.«
»Mei, die Leut sind dreist und dumm«, sagte Toni. »Entweder wollten sie sich nur einen Spaß machen, oder es war ihr Ernst. Egal, beides ist schlimm. Ich war schon so weit, dass ich ernsthaft drüber nachdachte, ganz zuzumachen.«
»Wirklich?«, staunte Tassilo.
»Ja, so war es«, bestätigte Anna. »Wir haben ernsthaft überlegt, die Berghütte zu verlassen und nach Hamburg zu gehen.« Sie seufzte. »Tassilo, Ottilie, wir haben das Gefühl, wir kämpfen gegen Windmühlen. Warum hört das nicht auf? Wer hat ein Interesse daran, solche gemeinen Lügen zu verbreiten? Wer gießt immer wieder Öl ins Feuer? Wir haben uns nix zuschulden kommen lassen«, sagte Anna.
Aus ihrer Stimme war deutlich die Verzweiflung zu hören.
Tassilo lächelte sie an.
»Anna, die Fragen kann ich dir auch nicht beantworten. Wenn ich es wüsste, dann würde ich das sofort abstellen. Ich bin nicht der Einzige, der so denkt.«
Ottilie erzählte von Pfarrer Zandlers Predigt vom letzten Sonntag. Darin hatte er deutliche Worte gefunden.
»Zandler hat richtig geschimpft. Er hat mit der Faust auf das Lesepult geschlagen, dass ich dachte, es bricht gleich auseinander. Er war sehr, sehr wütend. Da gab es viele schuldbewusste Gesichter und betretene Mienen«, sagte Ottilie.
»Und was nützt es?«, regte sich Tassilo auf. »Nach der Messe standen diese scheinheiligen Betschwestern und Heuchler auf der Straße und tratschten munter weiter. Wir müssen etwas unternehmen.«
Toni schüttelte den Kopf.
»Nichts kann man machen, Tassilo, gar nichts. Anna könnte eine Anzeige wegen übler Nachrede stellen. Aber eine Anzeige gegen Unbekannt, des bringt doch nix. Gegen wen sollen Chris und Wolfi ermitteln? Außerdem ist das doch so, dass es dann an die Staatsanwaltschaft geht, die dann auch aufgeschreckt wird. Verschieben von Schwarzgeld und Beihilfe zur Steuerhinterziehung, das sind Straftaten. Vielleicht sagt sich so ein übereifriger Beamte, wo Rauch ist, ist auch Feuer. Er könnte denken, das Gerücht kann nicht aus der Luft gegriffen sein. Dann kann es noch schlimmer werden. Am Ende haben wir hier noch die Steuerfahndung auf der Berghütte, Tassilo. Naa, wir machen nix! Es wird vorbeigehen. Die restlichen Wochen des Sommers, die stehen wir durch. Wenn es im Winter so weitergeht und es net aufhört, fahren wir nach Hamburg. Dann verbringen wir die Wintermonate bei Annas Großmutter. Wir haben das schon mit meinen Eltern beredet. Sie würden dann auch bei meiner Schwester in München bleiben. Meine Mutter sagte mir gestern am Telefon, etwas Gutes habe die Sache auch. Freiwillig hätten sie nie so lange Urlaub bei Ria und ihrer Familie in München gemacht. Es sei schön, einmal viel Zeit für die Enkelkinder zu haben. Rias Kinder genießen es, Opa und Oma bei sich zu haben. Abends sitzen Ria und meine Mutter zusammen und sticken. Mein Vater spielt mit meinem Schwager Karten oder Schach. So gesehen, hat dieser unfreiwillige Zwangsurlaub auch seine guten Seiten.«
»Mei, Toni, jetzt höre auf, die Sache schönzureden! Es ist eine große himmelschreiende Ungerechtigkeit. Aber ich denke auch, dass eine Anzeige wenig bringen wird. Wo sollten Chris und Wolfi einhaken – sollen sie alle Klatschweiber verhören? Damit würdet ihr die Leut noch mehr gegen euch aufbringen«, stimmte Tassilo zu.
Toni holte jetzt doch Bier für alle.
Sie prosteten sich zu und tranken.
Tassilo und Ottilie schauten sich an.
»Sag du es ihnen, Tassilo!«, ermunterte sie ihn. »Es war deine Idee.«
Tassilo nickte. Er trank einen Schluck Bier.
»Also, Toni, Ottilie und ich haben uns gefragt, wie wir euch helfen können. Dabei ist uns eine Idee gekommen. Ich bitte euch, in aller Ruhe darüber nachzudenken. Wir sind von dem Gedanken ausgegangen, dass die alten Schmugglerwege über die Berge nicht weit von hier entfernt verlaufen. An dieser Tatsache hat sich ja vielleicht sogar das Gerücht entwickelt? Wir fragten uns nun: Was geschieht, wenn ihr die Berghütte ab sofort schließt? Passt das dem Verleumder in den Kram oder ist es gar nicht das, was er erreichen wollte? Ich garantiere euch, da wird sich jemand verplappern!«
Toni schüttelte den Kopf.
»Wir können nicht schließen. Damit würden wir unseren treuen Hüttengästen vor den Kopf stoßen. Das sind alles langjährige Stammgäste. Sie haben sich das ganze Jahr auf die Berge gefreut. Denen können wir nicht absagen.«
»Mit dieser Antwort hatten wir gerechnet, deshalb bieten wir euch eine Alternative an. Unser Waldschloss ist groß genug. Wir haben viele Zimmer, die nicht benutzt werden. Das Büro meiner Musikproduktion und das Aufnahmestudio befinden sich im Erdgeschoss, wie auch unsere Privaträume. Mein lieber Adoptivsohn Thomas bewohnt mit seiner Frau Julia und ihrem Buben Tim einen Teil der ersten Etage. Der Rest steht praktisch leer. Es gibt den riesigen Park mit Zugang zum Bergsee und den großen hinteren Gartenteil. Einmal im Jahr veranstalten wir dort ein großes Sommerfest, zu dem all unsere Freunde kommen. Das macht uns viel Spaß, und unseren Gästen auch. Mehr brauche ich nicht dazu zu sagen, ihr seid ja immer dabei. Es spräche also nichts dagegen, auch für längere Zeit einen Biergarten zu betreiben. Bänke und Tische stehen in der Halle. Ihr kommt runter zu uns und führt den Biergarten. Eure gebuchten Hüttengäste können in unseren Gästezimmern schlafen. Wenn sie wandern wollen, können sie das ohne Weiteres. Dann müssen sie eben ein Stück mit dem Auto fahren. Ihr macht die Berghütte für den Rest des Sommers einfach zu und seid unten bei uns. Niemand kann euch dann mehr nachsagen, ihr würdet die Berghütte dazu nutzen, heimlich Geld über die grüne Grenze zu schaffen. Ottilie und ich haben uns alles genau überlegt und mit Thomas und Julia beredet. Von den beiden soll ich euch herzlich grüßen. Sie würden sich sehr freuen, euch auf diese Weise helfen zu können. Wir sind uns alle einig, dass damit etwas mehr Ruhe einkehren würde.«
Es war ganz still am Tisch. Toni trank mehrere Schluck Bier.
»Jetzt seid ihr überrascht, wie?«, fragte Tassilo.
»Das kannst du laut sagen«, antwortete Toni. »Was sagst du dazu, Anna? Was meinst du, Alois?«
Der alte Alois war von der Idee nicht ganz begeistert. Er räumte aber ein, dass es damit deutlich würde, mehr als jetzt, dass Tassilo und seine ganz Familie hinter ihnen steht. Das ließe die Hoffnung zu, dass einige Sturköpfe zum Nachdenken kommen.
Anna seufzte.
»Tassilo, Ottilie, ich bin gerührt, wirklich gerührt, über so viel Hilfsbereitschaft. Aber ganz spontan sage ich nein, nein und nochmals nein! Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen. Toni und ich haben entschieden, wir gehen nicht nach Hamburg, jedenfalls nicht solange es Sommer ist. Es käme mir wie ein Schuldeingeständnis vor. Das kann ich nicht. Das will ich nicht. Es muss einen anderen Weg geben, die Sache aus der Welt zu schaffen.«
Sie schenkte sich aus der Thermoskanne frischen Kaffee ein.