4,99 €
Der Roman spielt in der Welt internationaler Diamantenhändler zwischen Antwerpen und Hongkong, einem Milieu, das ebenso glitzernd und hart ist wie die Ware, mit der gehandelt wird. Und wie überall, wo unermeßliche Werte winken, gibt es in dieser Welt Leute, die bereit sind, für das ganz große Geschäft alles einzusetzen: Fälschungen, Betrug, Mord. Im Mittelpunkt dieses Spannungsromans steht einmal nicht ein Superheld, sondern eine einzelne Frau, die ihre Gegner in diesem Milliarden-Deal mit den Waffen der Intelligenz und Intuition an die Wand spielt. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 559
Veröffentlichungsjahr: 2018
Barbara J. Rockliff
Der Shanghai Diamant
Roman
Aus dem Englischen von Jürgen Bavendam
FISCHER Digital
In dem Tunnel, der den nördlichen Teil Hongkongs mit dem südlichen verbindet, herrschte nur wenig Verkehr. Der Fahrer des alten Ford hielt Abstand zu dem Laster vor ihm, um dem dichten Dieselqualm zu entgehen, der schwarz aus dessen Auspuff quoll. Er legte den Arm auf den Fensterrand und klopfte mit den Fingern der anderen Hand auf den Lenker. Sein Begleiter holte ein Päckchen Kaugummi aus der Tasche und hielt es ihm hin. Er schüttelte den Kopf. Der Beifahrer wickelte ein Kaugummi aus und begann schmatzend zu kauen. Er sah den Fahrer von der Seite an. «Wie lange noch bis Aberdeen?»
«Nicht mehr lange.»
«Glaubst du, sie wird dasein?»
Der Fahrer lachte auf. «Wenn nicht, ist sie tot. Das weiß sie.»
Der Hafen Aberdeen hatte früher Piraten als Schlupfwinkel gedient. Der Ort, den die Briten dort vor langer Zeit gegründet hatten, um Boots- und Schiffswerften anzusiedeln, hatte sich zu einer geschäftigen Touristenattraktion entwickelt und war so modernisiert worden, daß kaum noch etwas an die historischen Ursprünge erinnerte. Der Hafen selbst war voll von schwimmenden Restaurants, doch in dieser Stunde vor Morgengrauen lag alles still. Die letzten Gäste und Touristen waren schon lange aufgebrochen. Der Ford rollte an den Restaurantanlegern vorbei zu den alten Bootswerften. Der Fahrer schaltete die Scheinwerfer aus und hielt an. Sein Begleiter stieg aus und trat an den Rand des Hafenbeckens.
Die Frau, die in dem Sampan saß, trug das landesübliche schwarze Überkleid, dazu eine Pluderhose und um den Kopf ein schwarzes Tuch. Sie stand auf und ging zum Heck des Bootes. In diesem Teil des Hafens brannten kaum Lichter, und sie bemühte sich, im Dunkeln etwas zu erkennen. Da trat der Mann aus der Schwärze und rief: «Bist du soweit?»
«Schon seit einer Viertelstunde.»
Der Mann beugte sich am Rand des Anlegers nach unten und reichte ihr eine kleine Rolle Geldscheine. «Den Rest kriegst du später.» Die Frau schob das Geld in die Hosentasche und ging zum Bug des Bootes.
Der Sampan schaukelte von einer Seite zur anderen, als der Fahrer des Ford und sein Begleiter ein in eine Wolldecke gewickeltes großes Bündel an Bord brachten. Der Fahrer rief der Frau leise zu, sie solle losfahren. Sie nahm den langen Riemen aus der Dolle und tauchte ihn in das dunkle Wasser. Mit überraschender Kraft stakte sie den Sampan vom Anleger weg, manövrierte geschickt an den sanft schaukelnden Dschunken vorbei, bis das Boot in den Kanal von Aberdeen hinausglitt.
In der Mitte des Kanals, immer noch ein Stück von der Insel Ap Lei Chau entfernt, befahl der Fahrer der Frau, unter der Brücke zwischen den beiden Inseln zu halten. Sie zog den Riemen aus dem Wasser und stützte sich, dankbar für die kurze Pause, darauf. Die beiden Männer wickelten die Leiche aus der Wolldecke. Einen Augenblick lang starrten sie auf den verstümmelten Körper eines Mannes Mitte Dreißig. Der Fahrer schüttelte den Kopf. «Idiotisch, Mr. Song so zu reizen.» Sein Begleiter lachte. Die Frau drehte sich beim Geräusch des ins Wasser fallenden Körpers nicht um, sie starrte weiter ins Dunkel. Das alles ging sie nichts an, schon deshalb nicht, weil die beiden Männer Mitglieder der berüchtigten Bärentatzenbande waren.
Der Fahrer gab der Frau ein Zeichen, sie zum Hafen zurückzubringen. Die wendete den Sampan. Als sie den Anleger erreichten, gab der Fahrer der Frau weitere Geldscheine. Sie zählte sie rasch nach.
«Keine Sorge, alte Hexe, es stimmt.»
Als die Frau zu ihm aufblickte, strich er kurz mit dem Finger über seine Krawattennadel, eine kleine silberne Bärentatze. «Und halte den Mund.»
Sie starrte einen Moment auf die Nadel, nickte dann. «Sie können sich auf mich verlassen.»
Sie beobachtete, wie die beiden Männer in der Dunkelheit verschwanden, und ging dann in den überdeckten Teil des Bootes und setzte sich hin.
Als der Ford in die schmale Straße bog und die Scheinwerfer zweimal kurz aufblitzten, öffnete ein Mann das Eisentor von Song-Mietwagen. Der Wagen rollte schnell auf den Hof, und der Mann schloß das Tor wieder. Der Fahrer stieg aus, und der Mann sagte: «Mr. Song mußte weg. Sie sollen ihn vom Büro aus anrufen. Die Nummer liegt auf dem Schreibtisch.»
Der Fahrer nickte und eilte die Treppe hinauf.
Im Büro brannte nur eine Lampe. Der Fahrer nahm das Blatt Papier neben dem Telefon und wählte die Nummer, die darauf stand. «Hallo, Mr. Song?»
«Ja.»
«Mui Shenlu hat eben auf dem Fluß einen Ausflug angetreten.»
«Gut. Ich hoffe, es gab keine Probleme?»
«Nein, Mr. Song.»
Song Enlai legte auf. Der Fahrer knipste die Lampe aus, verließ das Büro und lief rasch die Treppe hinunter.
Martina Van den Fleet parkte ihren Wagen und stieg aus. Sie schaute zum Himmel und beugte sich dann nach unten, um ihren Regenschirm herauszuholen. Sie nahm die Abkürzung über die Huidevetterstraat, bog in eine der schmalen Seitenstraßen ein und erreichte, als der Regen sich gerade zum Wolkenbruch steigerte, den Eingang von Van den Fleet & Co.
In Antwerpen sind die Unternehmen, die mit Diamanten handeln und Steine schleifen und bearbeiten, auf ein kleines Quartier in der Pelikanstraat und einigen Straßen ringsum konzentriert. Van den Fleet war eine der ältesten und angesehensten dieser Firmen. Größten Anteil am Umsatz hatte der Handel mit Industriediamanten, der An- und Verkauf von Schmucksteinen spielte eine Nebenrolle. Die Firma war von Martinas Urururgroßvater gegründet worden und wurde nun von ihrem Vater, Erasmus Van den Fleet, geleitet. Wegen seines schlechten Gesundheitszustands hatte er die täglichen Geschäfte, wenn auch widerwillig, Martina übertragen. Die Arbeit machte ihr inzwischen große Freude.
Nach dem Abitur war Martina als Lehrling bei Van den Fleet eingetreten. Ihre erste Aufgabe bestand darin, guten Kaffee zu kochen und Schriftstücke abzulegen. Im nächsten Jahr hatte sie an der Seite ihres Vaters ihre Meinung zur Güte und zum Wert von Steinen äußern dürfen. Von ihrem sechsten Lebensjahr an hatte ihr Vater ihr beigebracht, wie man eine Lupe handhabt und wie man die verborgenen Qualitäten eines ungeschliffenen Diamanten einschätzt. Während des zweiten Lehrjahrs arbeitete sie bei Conrad Van den Fleet, dem Vetter ihres Vaters. Conrad galt als einer der besten Diamantenschleifer und -polierer in Europa. Bei ihm hatte sie gelernt zu verstehen, was die Diamanten ihr «sagten». Sie begriff, wenn sie ihr beispielsweise verrieten, wo die natürliche Stelle für eine Facette war, wo die Spaltlinie verlief, wie der Stein schließlich in seiner erwünschten Form wirken würde. Es war eine Kunst, die sie nie restlos zu beherrschen gelernt hatte, aber ihr Wissen reichte, um Schliff und den Glanz von Brillanten mit großer Genauigkeit zu beurteilen. Ihr wahres Talent jedoch war ihr Verhandlungsgeschick. Wie ihr Vater hatte auch sie die ans Unheimliche grenzende Fähigkeit, die Verhandlungstaktik von Kunden zu durchschauen, frühzeitig zu wissen, wann die Steine zu ihrem Vorteil präsentiert wurden und wann nicht, und zu erkennen, wie weit ein Kunde von ihrem Wunschpreis entfernt war.
Das Telefon klingelte, als sie gerade die Tür vom Büro ihres Vaters geschlossen hatte. Sie lief zum Schreibtisch und nahm ab. «Ja, Astrid?»
«Ich hab Mr. Daniel Schmidt aus Tel Aviv in der Leitung.»
«Danke. Stellen Sie ihn durch.» Martina zog sich den Schreibtischsessel heran und setzte sich.
«Martina, hier Daniel. Wie geht es Ihnen?»
«Sehr gut. Und Ihnen?»
«Ich kann nicht klagen. Hören Sie, ich komme heute abend rüber nach Belgien. Haben Sie interessante Industriesteine für mich?»
«Was immer Sie wünschen.»
«Gut. Ich interessiere mich für drei oder vielleicht vier Lots, Klassifikation ‹J›.»
«Haben wir.»
«Sehr gut. Paßt es morgen früh um zehn?»
«Ja. Bis dann. Guten Flug.» Martina legte auf und machte sich eine Notiz für ihren Terminkalender.
Inzwischen war Astrid ins Zimmer gekommen.
«Wenn Sie bitte die Abzüge des Rundbriefs durchsehen könnten, Fräulein Van den Fleet. Ich habe der Druckerei versprochen, daß sie die korrigierten Abzüge heute abend wiederhaben werden. Der Brief muß Freitag rausgehen.»
«Warum haben wir so lange gewartet?»
Astrid warf ihr einen Blick von der Seite zu. «Äh … Ich glaube, Sie wollten noch einige Zahlen von der Wirtschaftsabteilung der Diamantenbörse haben.»
«Ach ja. In Ordnung. Ich sehe die Abzüge gleich durch, und würden Sie Justus bitte sagen, er soll bis morgen früh vier Lots ‹J› für Daniel Schmidt zusammenstellen.»
«Sofort, Fräulein Van den Fleet.»
Hongkong litt mehr als gewöhnlich unter schlechtem Spätsommerwetter, einer ausgesprochen unangenehmen Kombination von sintflutartigen Wolkenbrüchen und einer Luftfeuchtigkeit um die 95 Prozent. James Wu ging eilig die Eingangsstufen des Gebäudes im Stadtzentrum hinunter, in dem sein kleines Büro lag. Er war Diamantenhändler und verdiente genug, um sich eine luxuriöse Eigentumswohnung in Stanley, auf der südlichen Seite der Insel, leisten zu können. Als er seinen Wagen erreichte, klebte ihm das Oberhemd schon am Rücken. Er ließ den Motor hastig an, schaltete die Klimaanlage ein und fädelte sich in den dichten abendlichen Verkehr zum Aberdeen-Tunnel ein.
Anna Wu hörte den Schlüssel im Schloß und eilte in die Diele, um ihren Bruder zu begrüßen. James ging sofort in sein Schlafzimmer. Er hatte gerade noch Zeit, schnell zu duschen, ehe er sich eines der leckeren Gerichte seiner Schwester schmecken lassen würde.
«James, Mr. Chan hat vor zehn Minuten angerufen.»
James sah sie erwartungsvoll an.
«Er hat versucht, dich im Büro zu erreichen, aber du warst schon weg. Er will es nachher noch mal versuchen.»
«Hat er gesagt, was er wollte?»
«Nein.»
James nickte. Wieder ein Anruf von Chan Chunling. Gewöhnlich hatte er mit Mui Shenlu zu tun. Sonderbar.
Wie viele andere gutsituierte Bewohner Hongkongs hatte James zweierlei getan, als die Briten sich mit der Volksrepublik China geeinigt hatten, daß die Kronkolonie 1997 unter chinesische Herrschaft kommen sollte. Zum einen war er zu dem Schluß gekommen, Hongkong würde für Peking wirtschaftlich zu wichtig sein, um seine Bürger – sofern sie den neuen Herren genehm waren – zu Reisbauern umzuerziehen. Zum andern hatte er jedoch für alle Fälle 100000US-Dollar in ein australisches Bergwerksunternehmen investiert, um so die Staatsbürgerschaft des fünften Kontinents zu bekommen. Aus seiner ersten Überlegung praktische Konsequenzen zu ziehen, hatte dann einiges Geschick erfordert.
Wie konnte er sich das Wohlwollen der künftigen Machthaber sichern? Glücklicherweise hatte er einen Herrn namens Mui Shenlu kennengelernt, der angeblich ein Diamantenhändler aus Schanghai war und einige sehr wichtige Persönlichkeiten in sehr hohen Positionen kannte. Dieser Mui hatte ihm einen Vorschlag gemacht, und er hatte großes Interesse bekundet. Bei ihrem ersten Zusammentreffen hatten sie sich nur ganz allgemein über eine geschäftliche Zusammenarbeit unterhalten. Eine Woche später hatte Mui ihn bereits gebeten, auf dem freien Markt eine erhebliche Menge von Industriediamanten zu kaufen. Er hatte die Steine sofort bezahlt. Gegen Ende des Monats rief Mui ihn wieder an und bat ihn, ein kleines Lot von geschliffenen und polierten Diamanten der Güteklasse H, die seine Kunden nicht brauchten, zu verkaufen. James hatte keine Schwierigkeit, die Steine an den Mann zu bringen, und Mui sagte ihm, seine Kunden seien sehr zufrieden. James könne so gut wie sicher sein, daß weitere Geschäfte folgen würden.
Im nächsten Monat wurde er wieder beauftragt, ein kleines Lot von polierten Steinen zu verkaufen. Er führte die Transaktion prompt aus, und als Mui ihm mitteilte, er habe einen Auftrag für ihn, der absolute Diskretion erfordere, aber sehr lukrativ sei, glaubte er bereits, bei den maßgeblichen Funktionären in Peking einen Stein im Brett zu haben. Mui hatte eine große Kollektion geschliffener und polierter Steine zu veräußern. James war mehr als überrascht, als er davon erfuhr. Er hatte geglaubt, Mao Tse-tungs Kulturrevolutionäre hätten in den siebziger Jahren alles zerstört oder verschleudert, was irgendwie von Wert gewesen sei, und sagte es. Mui fixierte ihn ausdruckslos, und er bereute es sofort, so vorlaut gewesen zu sein. Dann ließ Mui seinerseits das Wort Kambodscha fallen. James starrte ihn einige Sekunden verwirrt an. Mui erwiderte seinen Blick vielsagend. James nickte dann, als habe er alles verstanden, obgleich er keine Ahnung hatte, warum Peking sich mit dem Verkauf antiker Schmucksteine der alten Könige von Kambodscha abgeben sollte. Ihm war nur klar, daß die Volksrepublik ganz sicher nicht den gegenwärtigen Herrschern Kambodschas, den Vietnamesen nämlich, behilflich sein wollte. James war ein Opportunist, und er versicherte Mui rasch, er würde in dieser Angelegenheit schweigen wie ein Grab.
James ging ins Wohnzimmer. Er schaltete den Fernseher ein und ließ sich aufs Sofa fallen. Chan Chunlings Anruf beschäftigte ihn weiter. Der erste Anruf war Anfang der Woche gekommen. Chan hatte sich als Muis Partner vorgestellt. Was James überraschte, da Mui zuvor nie etwas von einem Partner erwähnt hatte. Chan hatte erklärt, daß Mui bedauerlicherweise indisponiert sei. Nichts Ernstes, aber es bedeute, daß James sich im Moment an ihn, Chan, wenden solle, falls er etwas über das wissen wolle, was Chan ihre «kleine Transaktion» nannte. James streckte die Beine aus. Muis Krankheit beruhte wahrscheinlich darauf, daß seine einflußreichen Gönner in Peking beschlossen hatten, ihn für ein paar Tage ins Bett zu stecken, damit Chan ihn, James, auf Herz und Nieren prüfen konnte.
In diesem Moment klingelte das Telefon. James nahm ab. «James Wu. Guten Abend, Mr. Chan. Wie ich höre, haben Sie schon mal angerufen.»
Chan Chunling erläuterte, Mui gehe es immer noch nicht besser und er, Chan, würde die Steine übermorgen selbst nach Hongkong bringen. James erhob sich und ging auf und ab. «Ich habe Mr. Mui gesagt, daß ich die früheren Lots mit meinen eigenen Zertifikaten an meine Privatkunden verkauft habe, aber dieser … äh … dieser Auftrag ist einfach zu groß für meine Kunden, und die Steine müssen auf dem internationalen Markt verkauft werden, um einen guten Preis zu erzielen.» Er hielt inne, um Chan Gelegenheit zu geben, etwas zu erwidern, fuhr aber, da dieser schwieg, nach einer kurzen Pause fort. «Wenn Sie die nötigen Papiere nicht selbst besorgen können, müssen wir sie von jemand anderem als mir klassifizieren und bewerten lassen. Auf dem internationalen Markt muß man solche Unterlagen vorlegen können. Sie verstehen?»
«Ja. Tun Sie bitte, was Sie für erforderlich halten, um die Papiere zu besorgen, Mr. Wu.»
«In Ordnung», entgegnete James. «Um Diskretion zu wahren, wäre es vielleicht am besten, wenn wir die Steine in kleine Lots aufteilten. Ein großes Angebot würde zuviel Aufmerksamkeit erregen, vor allem bei der Interkontinentalen Diamantenbörse. Man würde bestimmt nach der Herkunft fragen. Sie verstehen?» James kratzte sich am Kopf. «Ich schlage vor, wir teilen sie in vier Lots und lassen eines von Erasmus Van den Fleet in Antwerpen, eines von Tony Bergman in New York, eines von Chaim Eichler in Tel Aviv und das letzte vielleicht von Mark Singh in Bombay begutachten. Sie haben alle einen ausgezeichneten Ruf. Zertifikate von ihnen werden den Marktwert der Steine erheblich steigern.»
«Gut. Ich werde Donnerstag um zehn Uhr in Ihrem Büro sein, Mr. Wu. Guten Abend.»
James zog die Augenbrauen hoch, als er den Hörer auflegte. Im Gegensatz zu dem liebenswürdigen Mui Shenlu war Chan kein Mann, der viele Worte machte. James schenkte sich einen Drink ein. Wichtige Leute hatten es sich offenbar anders überlegt, was den Einsatz von Mui betraf. Er schwenkte das Glas mit dem Whisky und den Eiswürfeln sachte hin und her. Vielleicht war Diskretion noch wichtiger, als er ohnehin angenommen hatte.
Erasmus Van den Fleet schlitzte behutsam den Umschlag auf und zog den monatlichen Rundbrief der Interkontinentalen Diamantenbörse heraus. Er blätterte ihn rasch durch und schnaubte verächtlich. Er rief Martina zu: «Komm doch mal her, sieh dir das an.»
Martina trocknete sich die Hände und verließ die Küche. Sie seufzte ärgerlich, als sie sah, daß ihr Vater seinen Teller Suppe nicht angerührt hatte. «Vater, die Suppe ist kalt geworden.»
«Ich mag keine Gemüsesuppe. Warum kann ich nicht eine oder zwei Scheiben Schinken haben oder ein bißchen Wurst?»
«Du weißt doch, was der Arzt gesagt hat. Du darfst nicht mehr soviel Fleisch und Salz essen. Oder ist dir vielleicht nach einem neuen Herzanfall?»
«Hm, meinetwegen. Sieh dir das an.» Erasmus wedelte mit dem Rundbrief. «Die Diamantenbörse teilt uns mit, daß sie gegen Ende des Jahres zuversichtlich größere Umsätze erwarten. Der Nordamerikanische Diamantenhändlerverband hat bekanntgegeben, daß die Umsätze in Amerika und Japan im letzten Quartal um 20 Prozent gestiegen sind. Was, meine Liebe, soll uns das in Antwerpen nützen?» Er knallte das Mitteilungsblatt auf den Tisch. «Ich werde Christian Debilius persönlich schreiben. Er ist zuversichtlich? Nun, ich bin es nicht.»
«Was in Amerika und Japan geschieht, wirkt sich letztlich auch auf Europa aus, Vater. Wir haben in letzter Zeit sehr gute Abschlüsse mit den Israelis gemacht.»
«Du meinst, die Israelis haben gute Abschlüsse gemacht. Wir müssen von der Diamantenbörse gegen bar kaufen und in Dollar zahlen. Wir verkaufen mit einem Zahlungsziel, das die Kunden praktisch selbst bestimmen. Wir sind keine Diamantenhändler mehr, wir sind Kreditmakler. Und wir sind es wegen unserer eigenen Dummheit!»
«Vater, reg dich bitte nicht auf. Zuviel Aufregung ist schlecht für dich. Die Israelis sind gute Kunden. Sie zahlen pünktlich, sonst würde ich keine Geschäfte mehr mit ihnen machen.»
«Hm. Ich schreibe Christian Debilius trotzdem. Als Vorsitzender des Europäischen Diamantenhändlerverbands habe ich die Pflicht, unsere Meinung zu sagen. Übrigens, Martina, solltest du nicht wieder ins Büro? Es ist fast zwei.»
«Ich bin schon unterwegs.» Martina gab ihrem Vater einen Kuß auf die Schläfe. Sie nahm Regenmantel und Aktentasche und ging hinaus. Ihr Vater sorgte sich ohne Grund. Sie hatten in den letzten beiden Monaten außergewöhnlich gute Umsätze gemacht. Sie schloß die Wohnungstür sorgfältig.
Erasmus wartete, bis die Tür ins Schloß gefallen war, stand dann auf und brachte das Tablett in die Küche. Er schüttete die Suppe in den Ausguß, ging zum Kühlschrank und holte eine Wurst heraus. Er schnitt drei dicke Scheiben davon ab. Er schimpfte leise vor sich hin, als er die Wurst in den Kühlschrank zurücklegte. Kein Salz. Kein Fleisch. Keine tierischen Fette. Suppenhuhn und Salat. Salat und Suppenhuhn. Das Leben lohnte nicht mehr, gelebt zu werden. Er ging mit dem Teller ins Eßzimmer zurück und las den Rundbrief noch einmal, während er sich sein verbotenes Mahl schmecken ließ.
Chan Chunling schaute desinteressiert aus dem Fenster, während das Taxi sich hupend einen Weg zwischen den nach Haus radelnden Arbeitern hindurch bahnte. Seine gelassene Miene ließ nichts von seinen Gedanken ahnen. Er war viel mehr, als der Diamantenhändler James Wu aus Hongkong annahm. Chan war der Direktor der Technischen Forschungsgruppe Schanghai und hatte einen besonders delikaten Auftrag. Mit ein bißchen Glück würde er die letzte Maschine nach Schanghai bekommen. Er wollte die Nacht nicht in diesem scheußlichen Industriekaff verbringen. Nach jedem Zusammentreffen mit Li kam er sich vor wie ein Schuljunge mit zweifelhaften Fähigkeiten.
Die gewaltigen Stahlkochereien von Anshan spien ohne Unterlaß dicken schwärzlichen Rauch aus, der die Luft mit stechendem Schwefelgeruch erfüllte. Chan gab dem Taxifahrer ein Zeichen zu halten und zahlte. Er blickte angewidert zu dem rauchgeschwängerten Himmel hoch und legte dann mit schnellen Schritten die paar hundert Meter zu Professor Lis Büro im Institut für Ton und Oszillation zurück.
Als Institutsleiter hatte Professor Li ein eigenes Arbeitszimmer, aber er benutzte es nur selten. Er führte Chan hinein, bot ihm einen Stuhl und die obligatorische Tasse Tee an. Er warf Chan einen Blick zu, um sich zu vergewissern, daß seine Zuvorkommenheit den Besucher daran erinnerte, daß er es mit jemandem zu tun hatte, dessen Lebensart außer Frage stand. Li sah auf seine Uhr. «Die Diamanten sind verpackt, und Sie können sie mitnehmen, Direktor Chan.»
«Vielen Dank, Professor Li.»
Li sah ihn an, als rechnete er damit, Chan würde sofort aufspringen.
«Haben Sie schon etwas von Mui gehört?»
Chan schüttelte den Kopf. «Nein. Das könnte vielleicht ein Problem sein.»
Li starrte ihn an. «Vielleicht? Da gibt es kein Vielleicht. Es ist ein Problem. Wo ist er? Was hat er gemacht?»
«Ich weiß es nicht. Als ich ihn das letztemal sah, wollte er gerade James Wu in Hongkong besuchen. Das war vor acht Tagen. Seitdem haben wir nichts mehr von ihm gehört, was selbst für Mui ein bißchen ungewöhnlich ist.»
Li schob seinen Stuhl vom Schreibtisch zurück und stand auf. «Wir müssen ihn finden. Ist Ihnen das klar?»
«O ja. Die Leute vom Amt für öffentliche Sicherheit, die unser Anliegen unterstützen, suchen ihn bereits.»
Li fing an, im Büro hin und her zu gehen.
«Es ist natürlich möglich, daß er einen Unfall gehabt hat.»
Li blieb stehen. «Oder er ist von Sicherheitsleuten entführt worden, die unser Anliegen nicht unterstützen. Haben Sie die Möglichkeit auch bedacht?»
Li ging wieder auf und ab. «Wenn irgend jemand dahinterkommt, können wir von Glück sagen, wenn wir nur in Ungnade fallen.»
«Keiner von uns ist so dumm, das geschehen zu lassen, Professor Li.»
Li überhörte die Bemerkung. «Wenn Mui gezwungen worden ist, Informationen über –» er machte eine nervöse Handbewegung «– über unser Arrangement preiszugeben, ist alles verloren.»
Chan zündete sich eine Zigarette an. «Sie meinen, für Sie.»
Li ballte die Hände und öffnete sie wieder. «Sie vergessen wohl, daß ich fast mein ganzes Leben meiner Arbeit geopfert habe. Ich bin dem Ziel nahe, das …» Er hielt inne und senkte den Kopf, als zweifelte er an Chans Fähigkeit, seine schwierige Lage zu begreifen. «Sie müssen verstehen. Jetzt alles zu verlieren, das wäre eine entsetzliche Katastrophe.»
Chan zog den Aschenbecher zu sich her. «Wenn ich mir erlauben darf zu widersprechen … Sie machen sich zuviel Sorgen, Professor Li.»
«Es war ein Fehler, Mui nach Hongkong zu schicken. Er ist unzuverlässig. Es war ein schlimmer Fehler.»
Zornig, daß seine Fähigkeit so unverhüllt in Frage gestellt wurde, rutschte Chan auf seinem Stuhl hin und her. «Mui hat seine Schwächen, zum Beispiel das Spielen, aber es gab keine Alternative. Ich habe ihn nach Hongkong geschickt, weil er einer der ganz wenigen Männer in der Volksrepublik ist, die etwas von Diamanten verstehen. Verstünde er nichts davon, hätte James Wu ihn sofort durchschaut. Mui hat gute Arbeit geleistet. Mui hat uns eine Brücke zum Westen gebaut. Der einzige Fehler, der hier gemacht wird, ist Ihr Zweifel, Professor Li.» Chan rückte seinen Stuhl nach hinten und stand abrupt auf. «Sie sagten, die Diamanten seien verpackt?»
«Ja, ja, ich werde sie bringen lassen. Sie müssen entschuldigen, aber ich mache mir größte Sorgen um Muis Verschwinden. Größte Sorgen, Direktor Chan. Es wäre eine Katastrophe, wenn …»
Chan unterbrach ihn grob. «Es wird keine Katastrophe geben, Professor. Ich bringe die Diamanten selbst nach Hongkong.» Li nickte widerstrebend und läutete nach seinem Assistenten.
Simon Klugers Anruf war kurz und nicht unfreundlich, aber der Juwelier warnte Martina, daß er sich ernsthaft überlegen müßte, ob er nicht mit ihrem Vater reden sollte, falls sie ihm noch einmal eine Kundin wie Frau Schapper schicken würde.
Martina schmunzelte, als er ihr sagte, die Frau habe ihn beinahe dazu gebracht, sich die wenigen Haare auszuraufen, die er noch hatte. Er habe ihr aus Mitleid und wider besseres Wissen ein sehr großzügiges Angebot für das Collier gemacht, worauf sie in Tränen ausgebrochen sei und ihm vorgeworfen habe, er wolle sie berauben.
Martina bedankte sich, legte auf und drückte den Summer, mit dem sie ihre Sekretärin rufen konnte. Astrid zwängte sich mit einem ganzen Bündel Computerausdrucken durch die Tür. Martina schnitt eine Grimasse und zeigte auf einen freien Platz auf dem Schreibtisch.
«Die Buchführung vom letzten Jahr, Fräulein Van den Fleet. Und Herr Witt hat angerufen, als Sie auf der anderen Leitung sprachen.» Astrid hielt inne und schlug ihr Notizbuch auf. «Er soll sechs geschliffene und polierte herzförmige Diamanten für ein Collier beschaffen. Er hat gefragt, ob er morgen kommen könne, um sich ein paar ungeschliffene Steine anzusehen. Ich habe gesagt, ich würde ihn zurückrufen.»
«Ich ruf ihn heute abend von zu Haus an. Und jetzt lassen Sie uns diesen Papierkrieg vom Tisch schaffen.»
Erasmus richtete sich jäh auf; ihm wurde erst nach einem Moment bewußt, daß er nach dem Essen eingenickt war. Er ging in die Küche, um sich ein Glas Wasser zu holen und wieder eine von den Tabletten zu nehmen, die der Arzt ihm verschrieben hatte. Er lehnte sich gegen die Arbeitsplatte und redete sich ein, daß der schwere Druck in seiner Brust nichts als die Nachwirkung der Wurst war. Er senkte den Kopf und starrte auf die Bodenfliesen. Er durfte nicht länger zögern. Er mußte mit Hendrik sprechen. Wer weiß, ob er nicht morgen schon tot sein würde?
Erasmus ging langsam ins Wohnzimmer zurück und blieb vor dem Telefon stehen. Er zauderte einige Sekunden, schüttelte dann den Kopf über sich selbst. Die Entscheidung lag nicht mehr bei ihm. Hendrik mußte heimkommen. Er nahm ab und meldete ein Gespräch nach Zaire an. Er fluchte leise, als die Vermittlung ihm sagte, die Leitungen nach Zaire seien alle besetzt. Er setzte sich in seinen Sessel und lehnte sich zurück. Wenn er mit Hendrik gesprochen hatte, würde er mit Martina reden.
Erasmus hatte jeden Gedanken an Heirat beiseite gedrängt, bis er dreißig war. Es lag nicht daran, daß er nicht die richtige Frau gefunden hätte, nein, aber es gab im Leben so vieles, das man mitmachen und auskosten sollte, ohne gebunden zu sein. Dann hatte er schließlich doch geheiratet, eine Frau, mit der seine Eltern uneingeschränkt einverstanden waren. Clarice war eine entfernte Verwandte, und sie hatte nichts, was ihn jemals faszinieren könnte, aber sie würde eine gute Ehefrau sein.
Als sie fünf Jahre verheiratet gewesen waren, fand Erasmus sich mit der Tatsache ab, daß sie ihm nie ein Kind schenken würde, obwohl die Ärzte ihm versichert hatten, daß körperlich alles in Ordnung mit ihr sei. Sie adoptierten einen kleinen Jungen, den sie Paul Hendrik tauften, und sie beschlossen, ihn Hendrik zu rufen, nach Clarices Großvater. In dem Jahr, in dem Erasmus seinen fünfzigsten Geburtstag feierte, stellte Clarice dann fest, daß sie schwanger war, und sie gebar am Heiligabend eine Tochter. Er war außer sich vor Freude und kaufte seiner Frau den schönsten Brillanten, den er sich leisten konnte. Seine Freude schwand ein wenig, als sich die Tochter, der sie den Namen Martina gaben, als ein ausgesprochen unruhiges und anfälliges Kind erwies.
Nach einigen Wochen begann Erasmus, jedes Wochenende lange Ausflüge mit Hendrik zu machen. Sie wanderten. Sie ruderten. Sie fuhren Rad. Er tat gern alles, was Hendrik wollte, wenn es sich nur außerhalb der Wohnung abspielte. Alles war besser, als Martinas fortwährendes Quengeln zu hören. Er sagte Clarice, jetzt, da sie endlich ein eigenes Kind hätten, sei es wichtig, daß Hendrik nicht das Gefühl habe, von seinem Vater vernachlässigt zu werden. Clarice, geduldig und fügsam wie immer, nickte nur, während sie im Wohnzimmer auf und ab ging und versuchte, das schreiende Baby in ihren Armen zu beruhigen. Sobald Erasmus und Hendrik die Wohnung verlassen hatten, hörte das Schreien dann wie durch ein Wunder auf.
Die Pendüle auf dem Kaminsims schlug die Viertelstunde und riß Erasmus aus seinem unruhigen Traum. Er stand auf und ging zum Telefon. Diesmal kam er schnell nach Zaire durch. Er mußte sehr laut sprechen, um das Rauschen und Knacken zu übertönen und der Person am anderen Ende der Leitung zu sagen, der Vater von Hendrik Van den Fleet wolle seinen Sohn sprechen. Er fluchte leise, als Hendriks Sekretärin ihm antwortete, Hendrik sei nicht im Büro, und ob sie etwas ausrichten könne. Er sagte, sein Sohn solle ihn bitte sofort anrufen, wenn er wieder zurück sei. Es sei sehr wichtig.
In der Eingangshalle des Leichenschauhauses von Hongkong stand ein Kriminalbeamter in Zivil, ein Mann vom Amt für öffentliche Sicherheit der Stadt Schanghai, an den Schreibtisch gelehnt. Er klappte einen gefälschten Ausweis auf, der ihn als einen Beamten der Kripo von Hongkong identifizierte. Der Angestellte warf einen kurzen Blick darauf und bat ihn, ihm zu folgen.
Der Angestellte sah sich zu ihm um. «Wen suchen Sie?» fragte er.
«Das werde ich erst wissen, wenn ich ihn sehe. Ein verschwundener Ehemann. Die Frau ist überzeugt, daß er tot ist.»
Der Angestellte knipste das Licht an und begann, große Metallschubfächer aus der Wand zu ziehen. «Das ist alles, was wir im Moment da haben.» Der Polizist nickte und betrachtete eingehend jeden einzelnen Leichnam. Dann ging er zum letzten der Fächer und sah auf eine Leiche, die offensichtlich eine Zeitlang im Wasser gelegen hatte. In die Stirn des Toten war eine Bärentatze geritzt. Der Polizist zog eine an den Ecken geknickte Fotografie aus der Tasche und verglich sie. Der Angestellte kam herbei und zeigte mit dem Daumen auf das Mal auf der Stirn. «Eine Mahnung, Spielschulden zu bezahlen, oder?»
Der Polizist lachte. Er blickte sich um. «Ist das alles?»
«Ja. Kein Glück?»
Der Polizist schüttelte den Kopf. «Sieht nicht so aus.»
«Kommen Sie Ende der Woche wieder. Wenn Sie wollen, können Sie das Foto hier lassen, und ich ruf Sie an, wenn er eingeliefert wird.»
«Äh … Nein, ich habe nur dieses eine, und ich brauche es. Ich werde ein anderes bringen lassen.»
«In Ordnung.»
Der Kriminalbeamte wartete im Hauptpostamt geduldig darauf, daß eine Telefonzelle frei wurde. Er ließ sich mit dem Amt für öffentliche Sicherheit in Schanghai verbinden. «Hallo, sind Sie es, Cao? Vermißte Person. Ein gewisser Mui Shenlu. Stellvertretender Direktor der Exportabteilung Metalle und Mineralien der Technischen Forschungsgruppe Schanghai. Habe ihn gefunden. Er liegt im Leichenschauhaus, mit einer eingeritzten Bärentatze auf der Stirn. Was soll ich tun? Gut. Ich nehme die nächste Maschine zurück nach Schanghai.» Der Sicherheitsbeamte hängte ein. Er drehte sich um und lächelte das hübsche Mädchen an, das vortrat, um zu telefonieren.
Hendrik Van den Fleet war ein großer, kräftig gebauter Mann. Er hatte die Neigung, immer etwas zu wenig Abstand zwischen sich und den Frauen zu lassen, entweder, um sie zu dominieren, oder um sie in seinen Bann zu ziehen. Er blieb unmittelbar neben dem Drehstuhl seiner Sekretärin stehen und stemmte die Hände in die Hüften. «Jane, habe ich nicht darum gebeten, mir sofort Bescheid zu sagen, wenn mein Vater anruft?»
Jane lehnte sich defensiv zurück, wie um sich vor der stämmigen Gestalt zu schützen. «Entschuldigung, Hendrik, aber ich habe versucht, Sie überall zu erreichen.»
Sie unterließ es zu erwähnen, daß sie es nicht in der Wohnung des französischen Handelsattachés versucht hatte, wo Hendrik jede Woche ein paar Nachmittage mit der Frau des Attachés verbrachte.
«Schon gut, schon gut. Verbinden Sie mich jetzt mit meinem Vater.» Er setzte sich auf den Rand des Schreibtisches und steckte sich eine Zigarette an.
Beim dritten Versuch wurde sie mit Antwerpen verbunden, und sie reichte Hendrik den Hörer, wobei sie nicht vermeiden konnte, seine kräftigen warmen Finger zu berühren.
«Hallo, Vater? Du mußt bitte lauter sprechen. Ich habe eine schlechte Verbindung.»
Jane rollte mit dem Drehstuhl ein Stück zurück und stand auf, aber Hendrik legte ihr die Hand auf die Schulter und bedeutete ihr zu bleiben. «So ist es besser. Jetzt kann ich dich hören. Wie geht es dir?»
Jane verschränkte die Arme vor der Brust, während seine ausdruckslosen hellen Augen ihren Körper taxierten. «Meine Sekretärin sagte, du wolltest mich dringend sprechen. Ist etwas nicht in Ordnung?»
Jane sah zu ihm auf, als er langsam aufstand.
«Hm, ich glaube, du hast die richtige Entscheidung getroffen, Vater. Besser, einen angenehmen Lebensabend verbringen, solange du noch gesund und bei Kräften bist. Nein, nein, ich habe es mir nicht anders überlegt. Ich habe ja gesagt, ich würde Van den Fleet übernehmen, wenn die Zeit gekommen wäre. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Gerry, mein Partner, kennt meine Situation. Ich muß hier natürlich ein paar Dinge erledigen, aber ich kann wahrscheinlich Ende der Woche in Antwerpen sein. Gut. Das wäre also klar.» Hendrik hielt kurz inne. «Du hast schon mit Martina darüber gesprochen? Ich verstehe. Hm, ich denke, du solltest es ihr gleich sagen. Du weißt ja, wie sie ist. Sie hat immer etwas gegen meine Stellung in der Familie gehabt. Nein, nein, mach dir keine Sorgen, Vater. Es wird keine Schwierigkeiten geben, jedenfalls nicht von meiner Seite. Wenn es welche gibt, wird sie die Schuld haben. In Ordnung. Ich ruf dich morgen wieder an und regele hier alles. Auf Wiedersehen.» Hendrik legte auf. Er lächelte vor sich hin. Dann sah er Jane an. «Was machen Sie heute abend?»
Die Antwort kam wie einstudiert. «Ich wasche mir die Haare.»
«Und danach?»
Sie zögerte und versuchte, eine neutrale Antwort zu formulieren.
Er fuhr mit den Fingern unter ihrem Kinn entlang. «Dies ist Ihre letzte Chance. Ich gehe zurück nach Belgien. Mein Vater zieht sich aus dem Geschäft zurück. Ich übernehme die Firma.»
Sie sah ihn an. «Für immer?»
«Für immer.»
«Und wer wird hier Ihr Nachfolger?»
Er zuckte mit den Schultern. «Vielleicht Roger. Obgleich Gerry eine Weile versuchen könnte, den Laden allein zu schmeißen. Ich glaube, der Gedanke wird unwiderstehlich für ihn sein.»
Jane sah ihn besorgt an. Gerry hatte bereits eine Sekretärin und einen Assistenten. «Und was wird dann mit mir?»
Er lächelte wissend. «Na ja, wenn Sie versprechen, sich die Haare an einem anderen Abend zu waschen, könnte ich vielleicht ein gutes Wort für Sie einlegen.»
Sie zögerte kurz, nickte dann widerstrebend. Er lachte leise. «Ich hab schon immer gewußt, daß Sie intelligenter sind, als Sie aussehen, Jane.» Er drehte sich um und verließ das Büro. Der Anruf seines Vaters war genau das, worauf er gewartet hatte. Das einzige Haar in der Suppe war Martina, aber er würde sie über kurz oder lang rausekeln.
Hendrik war in der väterlichen Firma in Antwerpen zum Diamantenhändler ausgebildet worden. Sein Entschluß, Belgien zu verlassen und in Zaire zu arbeiten, war durch den Tod seiner Mutter und das Bedürfnis, auf eigenen Füßen zu stehen, entstanden. Die alles erstickende Trauer, die damals zu Hause herrschte, hatte ihn fast verrückt gemacht. Weder sein Vater noch seine Schwester schienen zu bemerken, daß auch er um sie trauerte. Außerdem hatte er das Bedürfnis gehabt, aus dem Schatten seines Vaters zu treten. Sein Vater hatte ihm nie erlaubt, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen, ohne ihn vorher zu konsultieren.
Erasmus Van den Fleet hatte sich ohne große Einwände abgefunden mit Hendriks Wunsch, im Ausland zu arbeiten, seinem Bedürfnis, alles hinter sich zu lassen. Es war ein gutes Zeichen, daß ein junger Mann seinen eigenen Ehrgeiz verwirklichen und selbst ein Vermögen machen wollte. Und Erasmus wollte, um die Wahrheit zu sagen, allein um seine Frau trauern. Das Geräusch jugendlicher Betriebsamkeit machte ihn nervös. Der Tod seiner Frau hatte ihn tiefer getroffen, als er erwartet hatte.
Nachdem Hendrik die väterliche Zustimmung bekommen hatte, verlor er keine Zeit, seine Pläne in die Tat umzusetzen. Mit Hilfe von Christian Debilius, dem Leiter der Interkontinentalen Diamantenbörse, sicherte er sich eine Anstellung bei einem Grubenunternehmen in Zaire. Die Arbeit als Qualitätskontrolleur der Diamantenförderung bot gute Chancen für Beförderungen, und da er wußte, daß Christian Debilius ihn schon jetzt als gutes «IDB-Material» vorgemerkt hatte, festigte sie seine Verbindung zur Diamantenbörse. An seinem letzten Tag bei Van den Fleet hatte sein Vater ihm das Versprechen abgenommen, zurückzukommen und die Firma zu übernehmen, wenn er, Erasmus, in den Ruhestand treten würde.
Hendrik hatte mit 19 Jahren herausgefunden, daß er adoptiert war. Die spitze Bemerkung einer Freundin seiner Mutter hatte ihn stutzig gemacht: Hendrik sei ja zu einem so attraktiven jungen Mann herangewachsen, so blond und so groß. Noch größer als sein Vater. Clarice hatte nervös gelächelt und hastig von etwas anderem gesprochen.
Je länger Hendrik darüber nachdachte, um so offensichtlicher war es. Er mußte zugeben, daß er nicht die geringste Ähnlichkeit mit seinen Eltern hatte. Zuerst hatte er seine Mutter gefragt, aber sie geriet aus der Fassung und sagte, er müsse warten und seinen Vater fragen. Als sein Vater kam, setzten seine Eltern sich auf das Sofa und forderten ihn auf, sich zwischen sie zu setzen.
Hendrik hatte ein sonderbares Gefühl, als er es von den beiden erfahren hatte; er kam sich zunächst vor wie ein Fremder, aber da er ein pragmatischer Mensch war, fand er sich schnell mit der Tatsache ab. Seine Eltern hatten ihn stets aufrichtig geliebt. Seine Mutter weinte sogar ein wenig, als sie ihm erzählte, was für ein Gefühl es gewesen sei, ihn zum erstenmal auf den Arm zu nehmen. Und was seinen Vater betraf, so war er immer für ihn da gewesen. Hendrik hatte alle Privilegien genossen, die dem einzigen Sohn zustanden. Er hatte nicht die leiseste Absicht, all das aufzugeben, um die zweifelhafte Ehre zu erfahren, wer seine natürlichen Eltern waren. Es gab noch einen weiteren Grund, warum er die Nachricht von seiner Adoption ziemlich gleichmütig aufnahm. Martina. Jetzt brauchte er keine Zuneigung mehr für das verzogene kleine Ding zu heucheln. Sie war schließlich gar nicht seine richtige Schwester.
Martina beobachtete, wie Justus, der Bürovorsteher, sich vergewisserte, daß alle Diamantentabletts in dem deckenhohen Safe verstaut waren. Er kam heraus und schloß die schwere Stahltür. Martina nickte ihm zu und gab auf der computerisierten Uhr an der Wand eine Zahlenkombination ein. Die Tür konnte erst morgen früh um halb zehn Uhr wieder geöffnet werden.
Justus wünschte ihr einen guten Abend, und sie ging zurück in ihr Büro. Sie steckte eine Aufstellung des Cash-Flows der Firma, die sie ihrem Vater nachher zeigen wollte, in ihre Aktentasche und zog ihren Mantel an. Sie würde gerade noch genug Zeit haben, am Supermarkt vorbeizufahren. Die Aussicht auf ein Steak, obgleich es ein sehr kleines sein mußte, würde ihren Vater fürs erste von dem Rundbrief der Diamantenbörse ablenken. Er würde sicher nörgeln, daß das Steak nicht von einem großen Klacks Butter gekrönt sein würde.
Martina hatte ihren Vater nie «jung» gekannt. Er hatte schon graue Haare, als sie zur Welt kam. Bis zu seinem ersten Herzanfall hatte sie einfach nicht bemerkt, daß er körperlich nachließ und allmählich ausgesprochen mürrisch wurde. Es gab Tage, an denen ihm nichts von dem, was sie tat, recht war. Aber er lehnte es ab, sich nach Mutters Tod von jemand anderem versorgen zu lassen. Sie sorgte dafür, daß immer frische Schnittblumen auf dem Tisch standen, daß die Zeitung sorgsam gefaltet auf dem Tisch neben seinem Sessel lag, daß ein Glas mit weißem Portwein bereitstand, sobald er den Schlüssel im Schloß drehte. Manchmal lachte er dann und nannte sie «kleine Mutter» und sagte, er wisse nicht, was er ohne sie anfangen solle. Dann gab sie ihm einen Kuß auf die Wange und antwortete, dieses Problem werde nie auftreten. Sie würde immer für ihn dasein.
Nach seinem zweiten Anfall war er sehr verängstigt. Mitten in der Nacht fuhr er, von Angstzuständen gepackt, aus dem Schlaf und dachte daran, der nächste Anfall könnte der letzte sein. Manchmal war es so schlimm, daß er Martina rief, nur um Trost in der Gewißheit zu finden, daß er nicht allein war.
Als die Ärzte Erasmus Van den Fleet schließlich wieder erlaubten, in die Firma zu gehen, war klar, daß er sein Arbeitspensum reduzieren müßte. Ohne je darüber zu sprechen, entwickelten er und Martina eine neue Arbeitsroutine, die ihnen beiden zupaß kam. Erasmus kam zwei- oder dreimal in der Woche für einige Stunden ins Büro. Martina übernahm die täglichen Geschäfte, scheinbar unter seiner Leitung, doch in Wahrheit hatte sie weitgehend freie Hand. Erasmus’ Freunde hielten mit ihrer Bewunderung für Martina nicht hinter dem Berg. Sie sagten Erasmus, er könne sich glücklich schätzen, eine so tüchtige Tochter zu haben.
Die Arbeit bei Van den Fleet machte Martina Spaß. Die Verantwortung hatte ihren Geschäftssinn geschärft. Innerhalb eines Jahres hatte sie gute Geschäftsbeziehungen zu allen wichtigen Kunden aufgebaut. Alles lief so gut, daß ihr Vater gelegentlich darüber klagte, selbst seine ältesten Kunden schienen lieber mit ihr Geschäfte zu machen als mit ihm. Es war eine Klage, die er allerdings nicht ernst meinte.
Das Institut für Ton und Oszillation in Anshan war in einem gesichtslosen Betongebäude untergebracht, das nichts von seinem wahren Zweck verriet. Es beschäftigte sich vor allem damit, superleitfähige Materialien der sechsten Generation zu entwickeln.
Professor Li winkte mit der Hand ab, als sein Assistent zu ihm trat. «Gehen Sie, gehen Sie. Sehen Sie nicht, daß ich zu tun habe?»
Der Assistent räusperte sich. «Es ist dringend, Professor.»
«Was ist dringend?»
«Ein Mann ist beim Abladen der neuen Ultraschallausrüstung verletzt worden.»
Li sah seinen Mitarbeiter an. «Die Ausrüstung ist doch nicht beschädigt, oder?» Er stand auf. «Ja oder nein?»
«Nein, Herr Professor, aber einer von den Männern ist schwer verletzt.»
«Wenn der Generator nicht beschädigt ist, warum stören Sie mich dann? Was kann ich dagegen machen, daß irgendein dummer Bauer sich verletzt hat?»
Der Assistent räusperte sich wieder. «Sie glauben, daß der Mann sich die Wirbelsäule gebrochen hat, Herr Professor. Der Lastwagen vom Güterbahnhof hatte eine Panne, und sie mußten einen Reifen wechseln. Der Wagenheber drohte abzurutschen. Der Mann kroch unter den Wagen, um ihn abzustützen, und da fiel das Chassis auf ihn.»
«Hmmm.» Li setzte sich und wandte seine Aufmerksamkeit dem Bildschirm zu.
«Sein Zustand ist sehr ernst. Die Leute wissen nicht, was sie tun sollen.»
«Hmmm. Da, lesen Sie den Bericht über die Fortschritte der Franzosen. Es ist sehr ermutigend. Sie hinken bei den Versuchen über Ultraschall und Schwerkraft um wenigstens zwölf Monate hinter uns her.»
Sein Assistent seufzte tief. «Ja, Professor.»
«Und dieser zweite Generator muß bis heute abend betriebsbereit sein.»
«Ja.»
«Und jetzt gehen Sie. Sie werden nicht dafür bezahlt, daß Sie hier herumstehen und mir zusehen.»
Der Assistent verbeugte sich und ging zur Tür.
Li wirbelte auf seinem Drehstuhl herum und nahm das Fachblatt, das ihm ein wohlmeinender Kollege aus Holland geschickt hatte. Er strich sich über das Kinn. Sie waren den Franzosen um mindestens ein Jahr voraus. Eine Tatsache, die der Leitung des Komitees für Hochtechnologie zur Kenntnis gebracht werden sollte. Eine Tatsache, die das Komitee veranlassen könnte, seine Gesuche um mehr Forschungsmittel für seine Experimente wohlwollend zu erwägen.
Als Martina nach Hause kam, war der Tisch zum Abendessen gedeckt, und in der Küche lagen sechs nicht sehr fachmännisch geschälte Kartoffeln in einer Schüssel. Erasmus hatte nicht nur die Zeit gehabt, seinen Brief an Christian Debilius von der Diamantenbörse aufzusetzen, er hatte darüber hinaus noch eine kleine Rede einstudiert, die er seiner Tochter halten wollte. Hendrik hatte recht gehabt. Er mußte es Martina sofort sagen, wenn sie von der Arbeit heimkam.
Martina hängte ihren Mantel an die Garderobe und legte das Fleisch in den Kühlschrank. Dann forderte Erasmus sie auf, sich zu setzen und ein Glas Portwein mit ihm zu trinken. Martina versprach es, aber zuvor müsse sie rasch einen Anruf erledigen. Johannes Witt wolle sich morgen einige ungeschliffene Steine ansehen. Erasmus wartete geduldig. Der Anruf bei Witt hatte ihn auf eine Idee gebracht.
Martina sprach kurz mit Johannes Witt und setzte sich dann ihrem Vater gegenüber in den Sessel. Erasmus verschränkte die Hände zwischen den Knien. «Martina, ich habe nachgedacht. Es ist Zeit, daß wir über deine Zukunft sprechen. Du bist jetzt siebenundzwanzig. Es ist höchste Zeit, daß du an Ehe und Kinder denkst. Ich bin mir bewußt, daß ich sehr egoistisch geworden bin. Ich raube dir jede Chance, dich um diese Dinge zu kümmern.»
Sie lachte. «Vater, was redest du da? Du bist kein bißchen egoistisch.»
«O doch. Es ist egoistisch von mir, zuzulassen, daß du soviel für mich tust. Das Geschäft leiten. Für mich sorgen. Du hast deshalb so gut wie keine Zeit und Gelegenheit, Johannes öfter zu sehen.»
Sie lachte wieder. «Das war nur ein geschäftlicher Anruf. Ich möchte Johannes gar nicht öfter sehen. Wenn ich es wollte, täte ich es. Worauf willst du eigentlich hinaus, Vater?»
«Ich meine … Ich meine, daß ich deinem künftigen Glück auf keine Weise im Weg stehen möchte. Es ist Zeit, daß du und Johannes heiraten. Johannes ist ein guter Mann. Ich vertraue ihm. Er wird ein idealer Ehemann sein. Und er hat offensichtlich nicht den geringsten Zweifel, daß du eine ideale Ehefrau sein wirst.»
Martina zog die Augenbrauen hoch.
«Hör zu, Martina. Alles, was ich mir jetzt noch wünsche, wo ich meinem Tod nahe bin …»
«Hör bitte auf, so zu reden, Vater.»
«Hör mir zu. Ich gehe auf die Achtzig zu. Ich habe zwei Herzanfälle hinter mir. Ich habe ein schönes Leben gehabt. Ich beklage mich nicht. Jetzt möchte ich nur noch, daß du glücklich verheiratet bist. Mein größter Wunsch wäre es, ein Enkelkind in den Armen zu halten, ehe ich sterbe.»
Erasmus sah seine Tochter an. Seine sorgfältig einstudierte Rede traf nicht auf die dankbare Aufnahme, die er erhofft hatte. Im Gegenteil. Martina hatte eine störrische Miene aufgesetzt.
Sie stellte das Glas, das sie mit beiden Händen umklammert hatte, auf den Tisch. «Vater, ich habe keine Ahnung, wieso du heute abend mit all dem anfängst. Aber ich kann keinen Mann heiraten, den ich nicht liebe. Ich nehme an, ich werde eines Tages heiraten, aber nicht Johannes. Er ist ein guter Freund. Nicht mehr.»
Erasmus runzelte ärgerlich die Stirn. «Für eine Frau in deinem Alter ist es ein Fehler, allzu wählerisch zu sein.»
Martina rollte die Augen nach oben. «Danke, Vater. Vielen Dank. Vielleicht hast du recht, aber das Risiko gehe ich ein.»
Erasmus erhob sich aus seinem Sessel und trat ans Fenster. «Jetzt bist du diejenige, die egoistisch ist. Wie kann ich meine Angelegenheiten regeln, wenn ich nicht sicher sein kann, daß deine Zukunft gesichert ist?»
«Ich werde mich selbst um meine Zukunft kümmern, Vater. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.»
«Hm. Das bleibt abzuwarten.» Er drehte ihr den Rücken zu und starrte aus dem Fenster. «Na ja, du kannst es ebensogut jetzt erfahren. Ich habe beschlossen, mich ganz zur Ruhe zu setzen.»
Sie stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Jetzt war ihr klar, worum das Gespräch sich in Wahrheit drehte. «Vater, mach dir bitte keine Sorgen um die Zukunft. Ich bin sehr gut imstande, allein mit allem fertig zu werden. Ich werde die Firma so weiterführen, wie du es mir beigebracht hast. Und ich werde sie in deinem Sinn weiterführen.»
Er steckte die Hände in die Hosentaschen. «Ich habe heute nachmittag mit Hendrik gesprochen. Er kommt Ende der Woche zurück.»
«Warum?»
Er sah auf seine Schuhspitzen hinunter. «Um die Leitung der Firma zu übernehmen.»
«Was?»
«Ich habe ihn darum gebeten, und er hat ja gesagt.»
Sie starrte ihn ungläubig an. Er zuckte mit den Schultern. «Ich weiß, ihr beide habt euch nicht immer verstanden, aber du darfst dich nicht davon beeinflussen lassen.»
«Vater, ist dir klar, was du da sagst?»
«Ja.»
Eine Welle von Zorn überkam sie, und sie sprang auf. «Ich denke nicht. Hendrik hat nie das geringste Interesse für die Firma gezeigt. Er ist viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Und du glaubst, er soll Van den Fleet leiten. Entschuldige, Vater, aber du mußt von Sinnen sein.»
Er fuhr herum und sah sie an. «Und du bist von Sinnen, daß du so mit mir sprichst.»
Sie strich sich mit der Hand über die Stirn. «Verzeih mir, Vater. Wenn du meinst, es sei an der Zeit, dich ins Privatleben zurückzuziehen, verstehe ich das. Aber die Idee, Hendrik die Leitung der Geschäfte zu übertragen, ist lächerlich. Die Hälfte unserer Kunden kennt ihn nicht einmal.» Sie nahm ihr Glas. «Ich tue jetzt das Steak auf den Grill. Wenn wir gegessen haben, können wir vernünftig über all das sprechen.»
«Ich möchte nichts essen, und es gibt nichts mehr zu besprechen. Ich habe meine Entscheidung getroffen.»
Sie umfaßte das Glas fester. «Ohne mit mir darüber zu reden?»
«Ich brauche dich nicht zu fragen.»
«Ich denke doch.»
«Dann irrst du dich.»
Sie verlor die Geduld. «Wer sich hier irrt, bist du. Wer hat denn all die Arbeit getan, als du krank warst? Wer hat den Umsatz in den letzten zwölf Monaten beinahe verdoppelt? Ich habe ein Recht, gefragt zu werden.»
Erasmus Van den Fleet versuchte, seinen wachsenden Ärger zu zügeln. «Ich leugne nicht, was du alles getan hast, aber ich habe meine Entscheidung getroffen. Hendrik wird die Firma leiten.»
«Warum er?» Sie hob unwillkürlich die Stimme. «Warum?»
«Martina, ich habe gesagt, daß ich meine Entscheidung getroffen habe. Laß uns die Sache damit beenden.»
Sie gab jeden Versuch auf, ihren Zorn zu unterdrücken.
«Nein, Vater, wir können die Sache nicht damit beenden. Warum er? Warum sollte ich die Firma nicht leiten? Ich tue es praktisch schon. Warum er?»
«Weil er ein Mann ist.»
Sie lachte spöttisch. «Ist das das einzige Kriterium für die Leitung von Van den Fleet? Warum hast du dir die Mühe gemacht, Hendrik nach Hause zu zitieren? Warum hast du nicht einfach den nächstbesten Passanten auf der Straße gefragt?»
Erasmus’ Gesicht rötete sich. «Wie kannst du es wagen, so mit mir zu reden? Ich bin dein Vater.»
«Und ich bin deine Tochter. Die Tochter, der du das Klassifizieren von Diamanten beigebracht hast, als sie sechs Jahre alt war. Die Tochter, der du die Leitung der Firma anvertraut hast.»
Erasmus hob die Stimme. «Ich weiß das alles, und du weißt genausogut wie ich, daß du als Frau nicht von der Interkontinentalen Diamantenbörse aufgenommen werden wirst. Wer sonst, wenn nicht Hendrik, wird die Genehmigung bekommen, Steine von der Börse zu begutachten, von Kaufen ganz zu schweigen? Wenn Hendrik die Firma nach meinem Ausscheiden nicht weiterführt, wird Van den Fleet in einem Jahr aus dem Geschäft sein.»
«Das stimmt nicht, Vater.»
«Doch, und du weißt es. Du hast immer nur aus unseren Beständen verkauft. Ich habe dir bis jetzt erlaubt, die Firma zu leiten, weil ich wußte, daß unsere Bestände mehr als ausreichend waren, um uns über die Runden zu bringen. Jetzt müssen sie dringend aufgefüllt werden. Ich werde nicht zusehen, wie eine der ältesten und angesehensten Diamantenhandel der Welt zugrunde geht. Das mußt du verstehen.» Er legte ihr kurz die Hand auf die Schulter, ehe er zu seinem Sessel zurückging und sich wieder setzte. Das Gespräch hatte ihn erschöpft, und der schmerzhafte Druck auf seiner Brust schien von Sekunde zu Sekunde stärker zu werden. Er legte die Arme auf die Lehnen und holte tief Luft. «Hendrik muß mein Nachfolger werden. Es gibt niemand anderen. Niemanden.»
Martina trat zu seinem Sessel und kniete sich hin. «Vater, hör mir bitte zu. Die Dinge haben sich geändert. Die Börse kann Frauen nicht länger diskriminieren. Sie muß auch Frauen aufnehmen. Alles andere wäre gegen das Gesetz. Ich werde sie zwingen, mich aufzunehmen.»
Er schüttelte langsam den Kopf. «Sei keine Närrin, Martina. Keiner kann die Diamantenbörse zwingen, etwas zu tun, was sie nicht will.»
«Ich werde es. Hör gut zu, Vater. Ich werde sie zwingen. Gib mir nur die Chance, es dir zu beweisen. Du brauchst Hendrik nicht. Du hast mich.»
Er schüttelte wieder den Kopf. «Es ist nicht genug. Hendrik ist mein Sohn. Die Diamantenbörse wird ihn sofort akzeptieren. Er ist ein Van den Fleet.»
Martina stand abrupt auf. «Dein Sohn? Was redest du da? Er ist nicht dein Sohn.» Sie hob zornig die Stimme. «Er ist kein Van den Fleet und wird nie einer sein.» Und der Zorn riß sie fort. «Ist ein Bastard besser als eine Frau? Ist es das, was du mir sagen willst?» Sie schlug mit der Faust auf den Tisch. «Willst du mir vielleicht sagen, daß die Diamantenbörse einen Mann ohne einen Tropfen Blut der Van den Fleets nehmen und mich ablehnen wird?»
Erasmus’ Kopf sank auf die Brust. Eine Träne lief seine Wange hinunter. Martina holte krampfhaft Luft. Ein Teil von ihr wollte zu ihm, ihn in die Arme nehmen, aber der andere blieb kalt entschlossen.
Erasmus wischte sich die Träne vom Gesicht. «Das darfst du nie wieder sagen. Niemand außerhalb der Familie darf wissen, daß Hendrik adoptiert ist. Es war der Wunsch deiner Mutter.» Er redete leise, wie mit sich selbst.
«Es war der Wunsch meiner Mutter, daß ich eine ebenso gute Ausbildung erhielt wie Hendrik. Es war der Wunsch meiner Mutter, daß ich meinen Beruf selbst wähle.» Martina lachte bitter. «Seit wann haben die Wünsche meiner Mutter eine Rolle für dich gespielt?»
Erasmus hob den Zeigefinger. Seine Hand zitterte. «Du bist böse. Hörst du? Böse. Wie kannst du es wagen, so etwas zu sagen?»
Martina preßte die Lippen aufeinander. Dann sagte sie: «Ich wage es.»
Er stieß mit dem Finger in die Luft. «Du wirst mir gehorchen, junge Frau. Ich bin das Oberhaupt der Familie, und du wirst mir gehorchen.» Sein Gesicht war vor Zorn rot angelaufen. «Du wirst Johannes heiraten, und Hendrik wird die Firma führen. Ich werde nicht dastehen und zusehen, wie du dich irgendeinem Strolch an den Hals wirfst, der nur daran denkt, die Firma in die Hand zu bekommen.» Seine Stimme war schrill geworden. «Hendrik ist vielleicht kein Van den Fleet, aber er steht seinen Mann. Er hat es immer getan. Er ist der einzige, der die Firma weiterführen kann.»
Martina nickte sehr langsam. «Ich verstehe. Der Strolch in der Familie ist dir lieber als der, den ich nach Hause bringen könnte. Ich hätte es natürlich wissen müssen. All dieses Gerede von Johannes und meinem künftigen Glück. Du wolltest mich nur unter irgendeinem Vorwand aus dem Weg haben, damit Hendrik hier freie Bahn hat. Verheirate Martina einfach mit irgend jemandem, damit sie uns nicht lästig wird. Dir liegt gar nichts an mir. Ich bin nur ein Arbeitstier, das tut, was man ihm sagt. In Wahrheit liegt dir nur etwas an Hendrik.»
Erasmus wollte etwas sagen, aber sein Mund öffnete sich, als ränge er nach Luft. Er griff sich an die Brust, als ein furchtbarer Schmerz über ihn kam. Er langte nach der Sessellehne, verlor aber das Gleichgewicht und fiel hin. Martina schrie entsetzt auf.
Zwei Pfleger sprangen aus dem Krankenwagen und zogen, die vorderen und die hinteren Räder gleichzeitig ausklappend, die Bahre heraus und liefen dann durch die bereits geöffneten Türen der Intensivstation. Martina kletterte wie benommen aus dem Wagen und eilte hinter ihnen her. Die Pfleger riefen den Krankenschwestern, die ihnen entgegenkamen, klinische Einzelheiten über Erasmus’ Zustand zu, und dann wurde Erasmus in das Untersuchungszimmer gerollt. Irgend jemand ergriff Martina am Arm und hielt sie zurück. Sie ließ sich in einen kleinen Warteraum führen und setzte sich hin.
Später kam eine Schwester mit dem zuständigen Arzt. «Das ist die Tochter von Herrn Van den Fleet, Doktor.»
Martina erhob sich. «Mein Vater, wird er …» Sie verstummte.
«Sein Zustand ist im Augenblick stabil. Wenn wir die Ergebnisse der weiteren Untersuchungen haben, werden wir mehr wissen.»
«Kann ich ihn sehen?»
«Ja, aber nur eine Minute, und reden Sie bitte nicht mit ihm.»
Martina drückte das Gesicht an die gläserne Trennwand der Intensivstation. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Erasmus lag wie schlafend da, die Arme schlaff am Körper, das Gesicht grau und blaß. Als ihr plötzlich jemand die Hand auf den Arm legte, drehte sie sich um. Die Oberschwester sagte leise: «Am besten, Sie fahren jetzt nach Hause und ruhen sich ein wenig aus. Wenn sein Zustand sich ändert, rufen wir Sie sofort an.»
Martina schüttelte den Kopf. «Nein. Ich bleibe hier.»
Chan Chunling gab dem Fahrer ein Zeichen, auf halber Strecke am Suzhou zu halten. Er ging mit schnellen Schritten den Fluß entlang, ohne auf das Gewimmel ringsum zu achten. Mui war tot. Die einfachste Erklärung lautete, daß seine krankhafte Spielsucht sein Ende herbeigeführt hatte. Die einfachste Erklärung, aber nicht unbedingt die zutreffende.
Chan schlug den Kragen seines Regenmantels hoch. Muis Verschwinden hatte ihn ins Rampenlicht gestellt, alles andere als angenehm. Jetzt mußte er selbst nach Hongkong. Er wäre lieber anonym geblieben, wie man ihm versprochen hatte. Er schaute auf die Uhr, während er sich den gelben Außenmauern des Tempels des Jadebuddhas näherte und sich den wartenden Touristen anschloß.
Ein edelsteingeschmückter weißer Jadebuddha bildete den Mittelpunkt der Tempelanlage. Chan blieb ein kleines Stück hinter den Touristen zurück, die das Standbild bewunderten, und trat dann, als sie weitergegangen waren, vor, als wollte er den Gott aus nächster Nähe betrachten. Ein erneuter Blick auf die Uhr sagte ihm, daß es noch etwas zu früh für sein Treffen mit dem «Gesichtslosen» war. Er ging langsam zu den drei goldbelegten Buddhas im Hauptsaal. Er wandte den Kopf zur Seite, als jemand ihn ansprach, der hinter dem Buddha unmittelbar rechts von ihm stehen mußte.
Für Chan war Fang Ka-Shing der Gesichtslose, weil er ihn nie, nicht einmal für den Bruchteil einer Sekunde, zu Gesicht bekam. Alles, was er über Fang wußte, war, daß er ein hoher Kader in Schanghai war, Direktor des Außenhandelsverbands der Volksrepublik China in Hongkong. Eine Position, die in dem Maße wichtiger – und geheimer – wurde, in dem die Volksrepublik China ihren Krakengriff um Hongkong verstärkte. Fang hatte einen direkten Draht zum Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas. Er hatte auch einen direkten Draht zu seinem Vetter Pa Jiaming, dem Leiter der Zentralen Militärkommission zur Förderung der Wissenschaft. Blutsbande und Habgier ließen Fang ohne Zögern bei einer Sache mitmachen, die Vetter Pa als ein «kleines privates geschäftliches Unternehmen» bezeichnete. Korruption war ein Wort, das Fang nie in den Sinn kam. Die Pflicht der Familie gegenüber ging über alles, und wenn man dabei auch noch einen materiellen Vorteil hatte, um so besser. Das private Unternehmen, dem Pa den Codenamen «Leuchtender Berg» gegeben hatte, erforderte seine Beteiligung, doch als vorsichtiger Mann paßte er auf, daß seine eigene Stellung nicht gefährdet würde, falls eines der schwächeren Glieder in der Kette nachgeben sollte.
Fang blickte sich in der Halle um. Niemand schien auf den Mann zu achten, der vor den Statuen stand. Er beugte den Kopf vor. «Dieser Störfaktor ist bedauerlich, aber ein Team von Abteilung A ist nach Hongkong geschickt worden, um die Bärentatzenbande aufzuspüren und zu eliminieren. Alle Informationen, die sie aus Mui herausbekommen haben können, werden zusammen mit ihnen sterben.»
Chan fuhr sich mit dem Handrücken über den Mund. «Es ist wichtig, daß alles unauffällig erledigt wird, Genosse. Wenn Muis Tod bekannt wird, ist meine Stellung bei James Wu gefährdet.»
«Er wird nicht bekannt werden. Welche anderen Nachrichten haben Sie für mich?»
Chan räusperte sich. «Ich kann zu meiner Freude berichten, daß das Kontingent von Diamanten vollständig ist, Genosse. Ich hatte ein Treffen mit Professor Li in Anshan, alles läuft nach Ihrem Plan. Ich werde Wu am Montag eine weitere Sendung Diamanten übergeben. Er hat von sich aus empfohlen, sie in einige kleine Lots aufzuteilen und von vier der angesehensten westlichen Diamantenhändlern begutachten zu lassen. Sie sind alle Mitglieder der Interkontinentalen Diamantenbörse.»
Fang nickte befriedigt. «Sie haben gute Arbeit geleistet. Die Schätze des Leuchtenden Berges werden uns allen Glück bringen.»
«In der Tat, Genosse.»
Fang lachte leise. «Viel Vergnügen in Hongkong.»
Chan blickte nach rechts, als eine Gruppe von Touristen den Saal betrat. «Ich glaube, ich gehe jetzt besser. Leute nähern sich.»
«Gut.»
«Ich werde Ihnen Bericht erstatten, sobald die Steine begutachtet worden sind.»
Die Cocktailparty bei Christian Debilius hatte den Geräuschpegel erreicht, der anzeigte, daß die Gäste entschlossen waren, sich zu amüsieren. Der Diener näherte sich Christian und wartete.
«Ja, Samson?»
«Ein Hendrik Van den Fleet ist am Telefon, Herr.»
«Legen Sie es ins Arbeitszimmer.»
Christian Debilius besaß eine Menge alten Geldes und altmodischen Charmes. Seine kerzengerade Haltung bewirkte, daß er größer erschien, als er war. Er hatte Macht und Einfluß. Er hatte die Interkontinentale Diamantenbörse seit ihrer Gründung nach dem Preisverfall Anfang der achtziger Jahre geleitet und ihr zu ihrem jetzigen Ansehen verholfen. Jetzt waren die Namen Debilius und IDB gleichbedeutend mit Erfolg. Obgleich die IDB keine Bilanzen veröffentlichte, waren viele Fachleute der Meinung, sie habe sogar die Erfolge von De Beers Zentraler Verkaufsorganisation übertroffen.
Christian wartete, bis der Diener die Tür hinter sich zugemacht hatte, und nahm ab. «Hendrik?»
«Christian, wie geht es Ihnen? Ich hoffe, ich störe nicht bei einer wichtigen Sache.»
Christian lachte höflich. «Dafür ist es ein bißchen früh am Abend. Was kann ich für Sie tun?»
«Eigentlich nichts. Ich dachte nur, ich sollte Ihnen Bescheid sagen, daß mein Vater sich zurückzieht. Ich komme zurück nach Antwerpen, um die Firma zu übernehmen.»
«Ausgezeichnet. Meinen Glückwunsch, Hendrik. Ich darf vielleicht sagen, daß es fällig war. Ich habe den allergrößten Respekt vor Erasmus’ früherer Arbeit, aber irgendwann kommt für jeden die Zeit, nicht wahr?»
«In der Tat. Es fällt ihm sicher nicht leicht, sich von allem zu trennen, aber er packt es sehr vernünftig an.»
«Sehr gut. Ich nehme an, er wird in einer beratenden Eigenschaft weiter am Wohlergehen der Firma teilhaben?»
«O ja. Es war das erste, was ich ihm vorgeschlagen habe. Nichts allzu Anstrengendes. Einmal im Monat ein kleiner Besuch im Büro mit anschließendem Lunch. In dem Sinn.»
«Ausgezeichnet. Die IDB legt immer großen Wert auf die Kontinuität des Geschäfts. Hm, Hendrik, wir müssen Sie sehen und feiern. Sieht man Sie irgendwann in New York?»
«Ich habe daran gedacht, dort kurz Zwischenstation zu machen, ehe ich nach Antwerpen komme. Aber ich muß zuerst noch hier in Zaire einige Dinge mit meinem Partner Gerry erledigen.»
«Ich verstehe. Hören Sie, rufen Sie mich an, wenn Sie in New York ankommen. Wir können dann beim Lunch oder beim Dinner über die Zukunft von Van den Fleet sprechen.»
«Danke, Christian. Ich freue mich.»
«Ganz meinerseits.»