Der Silvesterengel - Nick Living - E-Book

Der Silvesterengel E-Book

Nick Living

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Beschreibung

Ist Los Angeles wirklich die Stadt der Engel? Geschehen dort tatsächlich unglaubliche Dinge? In diesem Werk könnte vielleicht eine Antwort auf diese Fragen zu finden sein. Doch nicht nur in Los Angeles kommen unerklärliche Dinge vor, auch anderswo könnte es geschehen! Egal, ob plötzlich auftauchende Planeten, seltsame Engel oder gar merkwürdige Wunder, die sich niemand erklären kann. Wichtig scheint am Ende immer nur, sich Raum für Unfassbares zu geben, die Wunder des Alltages zu erkennen, um dann irgendwann das Leben leichter zu nehmen. Und wer weiß, vielleicht gelingt es so, diesen mysteriösen Silvesterengel sehen zu können? In Los Angeles wäre ja bekanntlich alles möglich, denn Los Angeles ist die Stadt der wahrgewordenen Träume, es ist die Stadt der Engel.

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Seitenzahl: 232

Veröffentlichungsjahr: 2014

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Inhaltsverzeichnis

Mini-Story: Los Angeles, die Stadt der Engel

Sunny und die Olympischen Spiele in Los Angeles

Eine Weihnachtsgeschichte Oder I’ll Be Home For Christmas

Der Engel auf den Gleisen

Das Haus zwischen den Felsen

Im Banne der Venus

Tommys Wunder

Am Weiher

Sein letztes Lied

Tornado

Die Hand des Bösen

Puppenspiel

Blitzschlag

Der Sturm im Wald

Gesangsstunde

Irgendwo in Amerika

Die Kissendecke

Eiszapfen

Die verhexte Kühltruhe

Nureine Träne

Das Gedicht

Lisas Geburtstag

Schatten

Autobahn

Kugelblitz

Der Staatsanwalt

Supermarkt

Gegenverkehr

Video

Das Bildnis

Das Geheimnis

Der Clown

Der Regulator

Gewitter

Eingeschneit

Weihnachten

Ein Dezemberabend

Manschettenknöpfe

Der alte Stuhl

Stadt der Engel

Sunny und die Stadt der Engel

Impressum

Mini-Story

Los Angeles, die Stadt der Engel

Es war einer der seltsamsten Dinge, die Paul je erlebt hatte. Seit zwei Jahren lebte er nun schon in diesem idyllisch gelegenen kleinen Zweifamilienhaus am Rand der Hollywood Hills im wunderschönen Hollywood. Es war genau so, wie er es sich stets erträumt hatte, die würzige Waldluft erfrischte ihn jeden Morgen und das Haus sah genau so aus, wie er es sich immer vorgestellt hatte. So hätte es immer sein sollen, wenn da nicht eines Tages eine kleine Familie eingezogen wäre, die immer wieder sehr viel Krawall veranstaltet hätte. Jeden Tag war es laut und die Musik, die diese Leute hörten, war einfach nur furchtbar. Das junge Ehepaar hatte zwei Kinder, einen Jungen und ein Mädchen, und die schienen beinahe jedes Wochenende durchzufeiern. Es krachte und schepperte und hörte einfach nicht mehr auf. Pauls ru-hige Tage schienen für immer dahin, denn er musste sich beinahe täglich bei diesen Leuten beschweren, sie zu etwas mehr Ruhe auffordern. Die jedoch ließen sich gar nicht stören und feierten kräftig weiter. Es schien ihnen sogar noch Spaß zu machen, wenn sich Paul so richtig aufregte.

Das nervige Theater zog sich so ungefähr drei Monate hin und Paul wollte schon aus-ziehen. Da geschah das Unfassbare – von einem Tag zum anderen wurde es ruhig und es schien, dass die Familie über Nacht das Haus verlassen hätte. Paul wunderte sich darüber und ertappte sich schon dabei, die merkwürdige Familie zu vermissen. Früh war es ruhig und die Nächte schienen wie ausgestorben. Zwar war das ganz gut so, doch ein bisschen mehr Leben hätte es wohl doch sein können. Als er seinen Vermieter, einen reichen Filmproduzenten aus Beverly Hills, fragte, wo die Leute so plötzlich seien, wunderte der sich sehr. Doch das, was er dann sagte, schien Paul für immer zu verändern und er konnte es einfach nicht glauben. Demnach war die sonderbare Familie schon seit zehn Jahren nicht mehr in diesem Hause, also lange bevor Paul dort einzog. Und sie waren nicht einfach nur ausgezogen, sondern sie kamen auf den Tag der plötzlichen Ruhe im Hause genau bei einem schweren Autounfall ums Leben. Und seitdem schien es Paul, als wenn sie wie silbern leuchtende Engel um seine Terrasse schwebten und immer wieder diese Lieder singen würden, die sich plötzlich gar nicht mehr so laut und störend anhörten. Sie waren wie ein wundervoller Singsang aus einer anderen Welt und Paul lag auf seiner Terrasse in der Sonne und erfreute sich an dem, was ihn einst so störte. Ja, es war wirklich wie ein Wunder. Aber es war ja in Los Angeles, der Stadt der Engel …

Das Große wird nur groß, wenn du es anpackst.

Und es wird nur stark sein,

wenn alle Menschen etwas davon haben können.

Sunny und die Olympischen Spiele in Los Angeles

Es war die Zeit der Olympischen Ringe. Das große Glück ereilte nun auch Los Angeles – dort sollten die Olympischen Sommerspiele stattfinden und der kleine Sunny aus Hollywood war wie so viele andere aufgerufen, sich etwas ganz Außergewöhnliches einfallen zu lassen. Die Welt musste beeindruckt werden und nur Olympia und der Sport konnten die Menschen noch begeistern.

Sunny jedoch lag in seinem Bettchen und hustete. Er schien wohl krank zu sein und er sah auch wirklich gar nicht so gut aus. Seine Mami hatte ihm einen recht wirksamen wohlschmeckenden Hustensaft aus der Apotheke besorgt, und nun musste Sunny einfach nur noch gesund werden. An eine zündende Idee oder eine geniale Aktion für die Olympischen Spiele war in dieser Situation natürlich nicht zu denken, und doch verfolgte der kleine Junge im Internet den genauen Verlauf der Vorbereitungen in L.A. Die riesigen Stadien, die man plante, schienen tatsächlich alles vorher da gewesene bei Weitem zu übertreffen. Und als Sunny so ins Träumen kam, sah er seinen Papa mit der Silberwolke vorüberfliegen, und alles war so wunderschön wie immer.

Es war der Tag, an welchem sich der kranke Junge schon wieder etwas besser fühlte. Zwar hustete er noch mächtig laut, und seine Lehrerin Mrs. Simms hatte ihm gerade die Schularbeiten nach Hause gebracht, da schienen seine verloren geglaubten Kräfte zurückzukehren. Den ganzen Tag hatte er nachgedacht, wollte sich irgendetwas Verrücktes einfallen lassen. Sogar einen Skizzenblock hatte ihm seine Mami besorgt. Aber eine Idee – die kam ihm einfach nicht.

Langsam wurde es Abend und schließlich breitete sich die dunkle Nacht geheimnisvoll über den Hollywood Hills aus. Sunny konnte nicht einschlafen, denn noch immer zwackte es in seinem Hals und der süßliche Hustensaft wurde reichlich in Anspruch genommen. Irgendwann wurde ihm übel, weil er zu viel davon genommen hatte. Plötzlich jedoch fuhr er hoch! Es war, als sei ihm vom vielen Hustensaft eine Idee eingeflößt worden. Auf einmal schmerzte gar nichts mehr und der Hals schien endlich frei zu sein.

Noch ein wenig vorsichtig schob sich der kleine Junge aus seinem Bettchen und schlich sich zum offen stehenden Fenster. Über den Hügeln der Hollywood Hills hing ein riesiger gelblich-kühler Vollmond und kitzelte Sunny frech an der Nasenspitze. Der musste lautstark niesen und wischte sich mit der Hand die Nase sauber. Die ganze Situation war wirklich komisch, denn er fühlte, dass da etwas in ihm gor, so, als ob es gleich darauf aus ihm heraus platzen wollte. Aus dem nachtschwarzen klaren Himmel formte sich eine merkwürdige Silhouette. Sunny, in dem die Gedanken wie Zirkusartisten Purzelbäume schossen, starrte zu dieser sonderbaren Erscheinung und es war, als hätte er so etwas noch nie gesehen. Aber es war sein Papa, der mit seiner silbernen Wolke kam, um seinen Sohn zu besuchen. Natürlich war der kleine Junge überglücklich über diesen Besuch, hatte er sich doch so sehr gewünscht, mit seinem Papa über alles sprechen zu können.

Ganz langsam und vollkommen still driftete die Silberwolke über der kleinen Wiese vor Sunnys Fenster und kam schließlich zum Stehen. Wie es immer war, fielen sich die beiden überglücklich und weinend vor Freude in die Arme und der Papa wollte wissen, wie es seinem kleinen Sohn ging. Sunny grinste frech, meinte, dass er gar nicht mehr so sehr hustete und außerdem eine richtig tolle Idee für Olympia hatte.

Vermutlich hatte der viele Hustensaft seine Hirnströme wieder in Wallung gebracht. Der Papa setzte sich aufs Bett und lauschte, und Sunny begann zu erzählen: „ Alle suchen nach einer zündenden, nie da gewesenen Idee, nach etwas, das die Welt bisher noch nie gesehen hatte. Wie wäre es deswegen, wenn wir die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele tatsächlich in einem Olymp stattfinden lassen?“ Der Papa schaute seinen aberwitzigen Sohn misstrauisch an und dachte wohl gerade darüber nach, Sunny wieder ins Bettchen zu verfrachten, weil er offenbar ziemlich bedenkliche Fieberträume hatte. Möglicherweise hatte er auch den vielen Hustensaft nicht so recht vertragen? Doch der recht fidele Junge erzählte weiter: „Keine Angst, ich fantasiere nicht. Ich meine, dass wir eine Cloud, eine richtige Wolke in den ebenso echten Wolken hoch über Los Angeles installieren, und zwar mit deiner Hilfe, mit deiner Silberwolke; ein Wolkenstadion sozusagen! Diese Cloud stellt das Zentrum der Spiele dar, sie ist auch gleichzeitig für jeden Menschen auf der ganzen Welt per Internet erreichbar, und in diesem virtuellen Stadion kann jeder Effekt, jede Kommunikation, die technisch möglich ist, stattfinden. Na, wie findest du das?“ Zunächst schwieg der Papa eine ganze Weile. Es verging beinahe zu viel Zeit und Sunny holte bereits wieder tief Luft, wollte seine Idee gerade wieder zurück nehmen. Da kratzte sich der Papa hinter den Ohren und räusperte sich laut. Schließlich sagte er mit einem sonderbaren Unterton, den Sunny geschickt überhörte: „Tja, das ist schon eine irre Idee. Eine Cloud, eine Wolke, ein Wolkenstadion … nicht schlecht! Aber vielleicht ist es doch machbar. Mit meiner Silberwolke treibe ich die Wolken zusammen, die sich über Amerika herumtreiben und stabilisiere sie mit der Energie der Silberwolke. Wenn alles funktioniert, können die Leute daheim an den Computern sitzen und alles genau mitverfolgen. Die Sportler präsentieren ihre Länder, ohne selbst anwesend zu sein. All das wird in diese Cloud wie auf eine Computerfestplatte geladen, wird schließlich dort oben vorgeführt und ist doch nur eine Illusion. Man braucht sich auch gar keine Sorgen mehr um die Sicherheit zu machen - es gibt keine Anschläge mehr und es muss auch niemand mehr geschützt werden. Denn alles ist virtuell und fliegt als Abbild am Himmel in den Wolken. Die späteren Sportkämpfe finden in den neuen Stadien überall in Amerika statt. Die Cloud wacht darüber, lenkt alles, sieht alles und ist immer allgegenwärtig. Ja, so ähnlich könnte es wirklich funktionieren.“

Sunny saß neben seinem Papa auf dem Bett und hatte alles mit großer Spannung angehört. Das sein Papa aber noch viel verrücktere Ideen hatte als er selbst, ließ ihn sprachlos werden. „Also … das … das ist …“, stammelte er, „Das ist genial! Papa, du bist echt der Beste!“ Der Papa nickte und flüsterte: „Ich weiß, mein Sohn, ich weiß.“ Die beiden waren sich einig, dass es sehr viel Arbeit sein würde, bis es endlich soweit wäre. Und gleich am nächsten Tag wollten sie damit beginnen. Noch sehr lange unterhielten sie sich über all die vielen Dinge, die sie noch tun mussten und Sunny wurde dabei sehr müde. Irgendwann legte er sich wieder unter seine warme Zudecke und schlief schnell ein. Am nächsten Morgen eröffnete der aufgeweckte Junge seiner Mami, was er vorhatte. Natürlich staunte die Mami nicht schlecht, wusste sie doch längst, wer wirklich hinter all diesen unglaublichen Vorhaben steckte. Doch sie sagte nichts und freute sich vielmehr, dass es ihrem kleinen Sohn wieder so gut ging.

Gleich nach dem Frühstück und noch vor Schulbeginn radelte Sunny zum Bürgermeister und sprach mit ihm über seine verrückten Ideen. Der grauhaarige Mann schaute schon ziemlich nachdenklich in die Runde und wusste nicht so recht, was er von alledem halten sollte. Doch dann meinte er, dass Sunny nur machen sollte, denn alles wäre gut, was die Menschen staunen ließe. Überglücklich fuhr Sunny in die Schule und brauchte nicht viel Überredungsgeschick, um seine Lehrerin mit ins Boot zu holen. Mrs. Simms hatte sogar schon einen genialen Plan, wie sie sämtliche Medien Amerikas in der Cloud zusammenschalten konnte. Sie witterte ihre große Stunde, ihren Durchbruch als Medienmanagerin sozusagen, was sie über die Ländergrenzen hinweg bekannt machen könnte. Und so organisierte sie in jeder freien Stunde Spezialisten, Computerfachleute und einschlägig vorbelastete Computerhacker, die das technische Know How sicherstellten. Sunny staunte, denn so emsig hatte er seine Lehrerin selten erlebt. In beinahe jeder Schulstunde brillierte sie mit ihren Einfällen und rekrutierte jeden Schüler für irgendeine Arbeit, die im Sinne von Olympia nur einem Zwecke dienten – dem Bekanntheitsgrad von Mrs. Simms! Sunny befürchtete schon, die forsche Dame könnte auch seine Ideen an sich reißen, und dann würde man ihn vergessen. Deswegen standen die beiden irgendwie im Wettstreit, was die Arbeiten an der Verwirklichung der Cloud natürlich arg beschleunigte.

Die Spiele rückten näher und näher und die Werbemaschinerie lief auf Hochtouren.

Mrs. Simms hatte sich zur allseits begehrten Organisatorin emporkomplimentiert und stand nun unter mächtigem Stress. In jedem Sender wurde immer wieder über den Fortschritt der Arbeiten berichtet. Und in Los Angeles standen die Menschen auf den Straßen und schauten staunend in den Himmel, wo sich mehr und mehr eine riesige bunt funkelnde Wolke bildete, die Cloud für die Olympischen Spiele!

In Hollywood entstanden riesige nagelneue Studios, von wo aus die Spiele gelenkt wurden, von wo aus die Daten in die Cloud geladen wurden. Die Illusion sollte perfekt sein, die Spiele sollten unvergessen werden, so unvergessen wie ein Megaereignis, welches es bislang nie gab. Die Sportveranstaltungen selbst sollten in riesigen, schwebenden Ovalen stattfinden, die aus transparentem Metall bestanden und die Gravitation der Erde längst überwunden hatten. Eine neuartige Erfindung eines bis dahin unbekannten Physikers aus Maryland wurde dazu weiterentwickelt. All diese Stadien befanden sich an bekannten Orten der Vereinigten Staaten, dem Grand Canyon, hoch über Manhattan in New York, über Las Vegas und Salt Lake City. Und alles lief in der elektronischen Speicherwolke, der Cloud über L.A. zusammen.

So kam der Tag der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele. Sunny hielt es vor lauter Aufregung kaum noch aus. Längst hatte er seine Erkältung überwunden, und längst war eine riesige, mehrere Kilometer umfassende Cloud im Himmel über Los Angeles installiert. Sie funkelte wie ein Regenbogen, schillerte in allen Farben, und alles, was über den Sport irgendwo auf der Welt abgespeichert worden war, konnte nun abgerufen werden, um in dieser Cloud gezeigt zu werden. Die Sportler konnten sich und ihre Länder darin präsentieren und zu allen Menschen auf der Welt sprechen. Und dann begann das Spektakel. Der Bürgermeister von Los Angeles und der Präsident des Olympischen Komitees wurden in die Cloud projiziert, wo sie die einleitenden Worte sprachen. Alle Länder der Welt waren angeschlossen und jedes Land projizierte seine Sportler und Informationen zu den Ländern in die riesige Cloud. Nebenher waberte ein Farbenmeer und in den Studios von Hollywood wurden Tanzdarbietungen aufgezeichnet, um sie wenig später in der Cloud zu zeigen. Es war eine märchenhafte Veranstaltung, denn die Cloud zeigte wahrhaft alles, was es über die Sportler und die Länder, aus denen die Sportler kamen, zu wissen galt. Alle Menschen auf der Welt schauten zu, konnten entweder in Studios zu Gast sein oder daheim am Fernseher oder dem Computer all das mitverfolgen.

Ein riesiges überdimensionales Stadion war in der Cloud zu sehen, ein virtuelles Stadion, in welchem eine Nation nach der anderen einmarschierte. Alles schien total real, war jedoch nur eine Illusion, ein gelungenes Machwerk der Computer, ein Siegeszug der Bits und Bytes, eine glorreiche Veranstaltung der Netzwerke der Welt und der Kommunikationsnetze der Länder. Alles und alle waren miteinander vernetzt und verbunden und jeder Mensch auf der Erde konnte sofort mit den Sportlern kommunizieren, um sich über sie zu informieren.

Und dann kam der Höhepunkt des Abends – aus dem Universum schob sich eine silberne Wolke wie ein Raumschiff aus einer fernen Welt über die Cloud und trug in sich, magisch von einem Kraftfeld gehalten, das Olympische Feuer. Und Sunnys Papa winkte allen Menschen zu, die mit der Cloud verbunden waren. Ein prächtiger Farbenwalzer begann, der an Schönheit nicht mehr zu übertreffen war. Es war ein Feuerwerk von Gold und Silber, dem Blau des Meeres, dem Grün der Wälder und dem Gelb der Felder. Man hörte das Meeresrauschen des Ozeans, das Tosen eines Vulkanes und das Grollen vom Donner eines Tropengewitters. Dazwischen zeigten die weltbesten Sportler ihr Können und tanzten in einem virtuellen Tanz über den Wolken, als seien sie Engel, Feen und überirdische Wesen. Ja, es war wahrlich der Olymp, der Sitz der Götter, der für alle Menschen, hoch in den Wolken, in der Cloud über Los Angeles zu sehen war. Nie hatte es etwas Vergleichbares gegeben, und nie zuvor gab es ein solch beeindruckendes Fest. Alle Menschen der Erde nahmen daran teil, und doch war alles eine faszinierende wundervolle Illusion! In allen Sprachen wurde der Papa mit dem Olympischen Feuer begrüßt, und in allen Sprachen sangen Kinder, die in Sunnys Alter sein mochten, die ersten Strophen der Hymnen ihrer Länder. Und dann wurde die Olympische Flagge in die Cloud gebracht. Silberne Kugeln, die aus der Energie der Silberwolke bestanden, hielten die Flagge in ihrem Zentrum und es schien, als würde sie von unsichtbaren Kräften ins Stadion, in die Cloud, getragen. Schließlich entstieg der Papa seiner Silberwolke und hielt die Fackel mit dem Olympischen Feuer hoch in die Luft. Eine rosarote Wolke erschien und der Papa hielt die Fackel an diese Wolke inmitten der riesigen Cloud. Eine Stichflamme entzündete die rosa Wolke, die das Feuer wie ein Staffelläufer übernahm. Plötzlich erschien der Präsident aus dem Weißen Haus in Washington in der Cloud. Er lächelte verwegen und war sichtlich stolz über das, was dieses freiheitliche Land, die Menschen dieses Landes, und natürlich der kleine Sunny aus Hollywood zusammen mit seinem Papa und seiner famosen Lehrerin da geleistete hatten. Er holte tief Luft und erklärte dann die Olympischen Spiele, die Spiele in Los Angeles für eröffnet. Doch das war noch nicht alles, denn nun kam der nächste große Moment! Aus dem Feuer inmitten der Cloud hoch über Los Angeles entstand ein Stern aus gleißend hellem Feuer. Es war ein Hollywoodstern, der sich da entzündet hatte und die Menschen starrten staunend auf das Ereignis, welches sich da vor ihren Augen abspielte. Der Feuer-Hollywoodstern, der die Größe einer riesigen Gewitterwolke zu haben schien, begann sich zu drehen, umhüllte sich mit einer Art künstlicher Materie, die sogleich transparent wurde. Immer schneller rotierte der Stern, raste schließlich in Richtung Mond, um dort einen Kranz, der um ihn herum gespannt war, zu entzünden. Der Kranz vervielfältigte sich und stellte schließlich die fünf Olympischen Ringe dar. Das war das Olympische Feuer, das vom Mond aus die Spiele in den USA begleitete. Aus allen Ländern der Welt waren sie zu sehen und jeder Mensch konnte sich an dem Feuer erfreuen.

*   *   *

Es war geschafft, die Olympischen Spiele von Los Angeles liefen zuverlässig und sicher vor den Augen der gesamten Erdbevölkerung ab. Mrs. Simms, Sunnys Lehrerin, war überall bekannt und wusste nicht mehr, ob sie noch als Lehrerin oder schon als berühmteste Talk-Queen der USA tätig sein sollte. Sunnys Mami musste Dutzende Interviews geben, weil sie die Mama eines Genies war und der Papa hatte mit seiner Silberwolke den Startschuss für eine neue Ära der Technik gegeben.

Los Angeles hatte gezeigt, dass es immer noch viel Verrückteres und immer noch Tolleres zu entdecken gab. Und in den neu entstandenen Studios in Hollywood, wo die Stränge der Cloud über L.A. zusammenliefen, wurden immer neue Filme gedreht. Ja, und der kleine Sunny? Der war glücklich, dass seine wundervolle fantastische Idee so gut funktionierte. Denn nicht nur die Olympischen Spiele in L.A. brillierten als glorreicher Riesenerfolg. Auch seine kleine Familie war wieder zusammen, die Mami, sein Papa mit der Silberwolke und natürlich auch seine geliebten Hollywoodsterne, die geheimnisvoll und märchenhaft funkelten wie all die Träume, die Sterne im unbegreiflichen und doch so fernen Universum …

Lass die Träume endlich leben

Mach dich für Ideen frei

Musst das Allerbeste geben

Dass die Wünsche Wahrheit werden

Dass dein Leben glücklich sei

Sunny’s wundervolle Sterne

sind ein Traum von Hollywood

Jeder Mensch wohl hat sie gerne,

all die schönen Glitzersterne

Dort, am märchenhaften Ort

Alles Glück wird zu dir fliegen,

wenn du deine Träume lebst

Lass die Teddybären siegen,

die in deiner Kindheit liegen,

weil du stets nach Großem strebst

Eine Weihnachtsgeschichte Oder I’ll Be Home For Christmas

Eswar die Nacht vor Weihnachten. Police Officer Pete Garland hatte seinen Dienst beendet und wollte eigentlich noch gar nicht nach Hause gehen. Und so nahm er sich vor, noch einmal durch seinen Distrikt in der >McAllister-Street< der riesigen Stadt San Francisco zu fahren. Es war schon recht dunkel, und ziemlich kalt war es auch. Doch Pete schien das nicht zu stören. Er zog seine Uniformjacke über und wünschte seinen Kollegen, die auf der Wache zurückblieben, ein frohes Weihnachtsfest. Ein Weihnachtslied auf den Lippen verließ er die Wache, die in einem kleinen Eckhaus untergebracht war und ließ sich mit einem leisen Stöhnen in seinen Streifenwagen fallen. Doch sollte er jetzt wirklich noch einmal die >McAllister-Street< hinunterfahren? War er da nicht vor einer Stunde noch? Als er jedoch an die Einsamkeit daheim dachte, und ihm klar wurde, dass er sonst nicht sehr viel zu tun hatte, fuhr er schließlich los. Langsam glitt der Wagen an den weihnachtlich geschmückten und hell beleuchteten Häusern vorüber. In so manchem Vorgarten stand ein funkelnder Weihnachtsbaum und die Lichterketten überstrahlten den Scheinwerferkegel, der gemächlich über den dunklen Straßenasphalt streifte. Irgendwie kam Pete ins Träumen. Wenn jetzt plötzlich der Weihnachtsmann vor seinem Auto auftauchen würde und ihn fragte, was er sich wohl von ganzem Herzen wünschte, dann wüsste er genau, was er darauf antworten würde. Natürlich, er wollte nicht mehr länger allein durch sein Leben gehen. Er wollte endlich eine nette Frau, die vielleicht sogar Ann hieß wie seine Mutter. Und Kinder wollte er auch. Doch zum Suchen nach einer Partnerin hatte er nie Zeit, oder? Hatte er sich die Zeit vielleicht nie genommen, oder vielleicht gar nehmen wollen? Langsam bog er in eine schmale Seitenstraße ein und hielt den Wagen an. Kein Mensch war zu sehen, und es schien wohl immer kälter zu werden, denn die Scheiben seines Streifenwagens beschlugen und er konnte nicht mehr sehen, was draußen geschah. Mit einer gekonnten Handbewegung zog er sich den Kragen seiner Uniformjacke bis unters Kinn und stieg aus. Doch was war das, was fiel denn da vom Himmel? Im Licht eines hell erleuchteten Weihnachtsbaumes am Straßenrand tänzelten ganz sachte Myriaden von Schneeflocken zur Erde. Pete konnte es beinahe nicht glauben, hier in San Francisco schneite es, unfassbar! Aber es war wunderschön. Und weil diese Nacht so seltsam und so unglaublich schien, begann sich Pete ganz langsam zu drehen. Dabei pfiff er sein Weihnachtslied, welches er eben noch leise im Auto gesungen hatte, vor sich hin >I’ll Be Home For Christmas<. Immer schneller drehte er sich, und schließlich tanzte und sprang er vergnügt wie ein siebenjähriger Schuljunge die Straße entlang. Irgendwie schien er alles um sich herum zu vergessen, und die Schneeflocken, die recht eisig vom dunklen wolkenverhangenen Himmel schwebten, schienen ihn noch anzutreiben. Was war das nur für ein merkwürdiges, wundervolles Gefühl. So unbeschreiblich gut hatte er sich seit langer Zeit nicht mehr gefühlt. Und als er seine Augen aufschlug, konnte er es nicht glauben: Vor ihm stand tatsächlich und lebensecht ein Weihnachtsmann. Ja, das da vor ihm war tatsächlich Santa Claus in voller Größe, und der schien ihn auch noch auszulachen. Doch zum Stehenbleiben hatte Pete einfach keine Lust. Kurzerhand umarmte er den sichtlich erstaunten Santa Claus und gab ihm einen dicken Schmatz auf die Wange. Dann zog er ihn einfach mit sich. Gemeinsam drehten die beiden Runde um Runde auf der mittlerweile recht glatten Straße. Wo sie sich befanden, wusste Pete schon lange nicht mehr. Es war ihm auch schnurzegal. Er wollte nur noch tanzen und Weihnachtslieder singen. Immer wieder trällerte er sein schönstes Weihnachtslied >I’ll Be Home For Christmas<. Und der sonderbare Weihnachtsmann tat es ihm gleich. Auch er schien einfach nicht mehr aufhören zu wollen. Und auch er drehte sich wild im Tanze und schien regelrecht süchtig geworden zu sein von dem wundersamen Gesang. Die beiden bahnten sich ihren Weg durch den ganz plötzlich ziemlich hoch liegenden Schnee. Und noch immer war niemand zu sehen, der sich hätte am weihnachtlichen Singen und Tanzen beteiligen können. Nicht einmal ein Fahrzeug fuhr an den beiden verrückten Tänzern vorüber. Es war verrückt, aber es war den beiden egal. Irgendwann rutschten sie auf einer Schneewehe aus und fielen der Länge nach auf den Hosenboden. Nachdem sie noch einige Meter auf der spiegelblanken Fahrbahn entlang geschlittert waren, blieben sie schließlich laut lachend nebeneinander liegen. Unwillkürlich starrten sie in den trüben Nachthimmel. Da stoben plötzlich die dicken Wolken auseinander und gaben den Blick auf einen blinkenden strahlend hellen Stern frei. War das vielleicht der Weihnachtsstern? Ein greller Lichtstrahl fiel von dem Stern auf die beiden herab und hüllte sie sekundenlang in sich ein, so, als ob er sie beschützen wollte. Es war wohlig warm in seinem Licht, und die beiden Glücklichen fühlten sich wie Kinder. Und erst jetzt bemerkte Pete, wer da wirklich neben ihm lag. Denn der vermeintliche Santa Claus hatte längst seine Maske verloren, und auch seine lange weiße Haarpracht war bei dem wilden Tanze irgendwo abhanden gekommen. Pete riss seine Augen weit auf und starrte fassungslos in das makellose Gesicht einer wunderschönen jungen Frau. Ihre langen schwarzen Haare umspielten ihr verlegenes, aber recht witziges Lächeln, sodass ihm unweigerlich dicke Tränen über seine rosaroten Wangen kullerten. Wie war so etwas nur möglich? Ein Wunder? Wo kam nur diese unsagbar schöne Frau so plötzlich her? Pete staunte, und ehe er sich wieder fassen konnte, flüsterte die vermeintliche Weihnachtsfrau: „Frohe Weihnachten Fremder.“ Pete saß inmitten des Schneechaos auf der Straße und wusste nicht einmal mehr, ob er grinsen oder laut lachen sollte. Er war so unglaublich glücklich, dass er eben einfach nur so da saß. Die schöne Weihnachtsfrau ertastete ganz vorsichtig, aber auch ein wenig unsicher seine kalten Hände und raunte dann: „Wollen wir hier ewig liegen bleiben? Wir holen uns nur noch ne Erkältung.“ Pete half der Schönen wieder auf die Beine, und dann schauten die beiden wieder zum Himmel. Der blinkende Wunderstern war verschwunden, stattdessen ertönte von irgendwoher leises Glockengeläut. Beinahe ebenso leise flüsterte Pete ein andächtiges >Amen<. Die beiden stellten sich einander vor; die schöne Weihnachtsfrau hieß Ann, wie die Frau in seinem Weihnachtswunsch. Und als sie ihre Santa-Claus-Verkleidung abstreifte, verschlug es Pete schon wieder die Sprache. Denn auch sie trug eine Uniform, und auch sie war Police-Officer in San Francisco. Andächtig liefen die beiden zu Petes Streifenwagen, der noch immer in der Seitenstraße stand und nur darauf zu warten schien, dass zwei Polizisten in ihn einstiegen. Pete konnte nicht mehr anders- ganz vorsichtig zog er Ann an sich heran und küsste sie – ganz einfach so. Und Ann schien das zu gefallen. Die beiden lagen sich in den Armen, als hätten sie sich ein Leben lang gesucht. Als es ihnen schließlich doch zu kalt wurde, setzten sie sich in den Wagen und sprachen sehr lange miteinander. Pete meinte, dass er sich vor ein paar Minuten noch gewünscht hatte, endlich jemanden kennenzulernen. Und auch Ann hatte diesen Wunsch in jener Nacht, denn auch sie war allein in dieser großen Stadt.

Später stellte sich heraus, dass sie nicht einmal sehr weit auseinanderlebten. Jahrelang hatten sie Haus an Haus gewohnt und sich doch niemals kennengelernt. Schon nach kurzer Zeit zogen sie zusammen und arbeiteten gemeinsam auf einem Revier – in der kleinen Wache in der >McAllister-Street<. Und immer in der Nacht vor Weihnachten fuhren sie als Santa Claus verkleidet die >McAllister-Street< hinauf, um in dieser schmalen Seitenstraße, in welcher sie sich über den Weg gelaufen waren, stundenlang Weihnachtslieder zu singen und zu tanzen. Und immer war es das gleiche Lied >I’ll Be Home For Christmas<. Ja, es war wohl kein Wunder, dass diese eine märchenhafte Nacht für die beiden die schönste Nacht des ganzen Jahres war. Als sie schließlich in ihrem Polizeirevier erzählten, wie sie sich kennengelernt hatten, staunten die Kollegen nicht schlecht. Doch als Pete von dem vielen Schnee und von dem hell blinkenden Stern am Himmelszelt berichtete, schauten die Kollegen recht seltsam und ungläubig in die Runde. Und der Reviervorsteher meinte dann: „Das kann gar nicht sein. Ich war in dieser Nacht selbst auf Streife. Aber geschneit hatte es nicht und kalt war es auch nicht. Es war angenehm lau, so um die dreizehn Grad. Und einen blinkenden Stern, nein, einen solch hellen Stern habe ich auch nicht bemerkt.“ Im selben Augenblick schaltete sich das Radio wie von Geisterhand betätigt ein und ein sehr bekanntes Lied ertönte da ganz leise:

>I’ll Be Home For Christmas<

Der Engel auf den Gleisen

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