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Meran, die idyllische Kurstadt in den Alpen, scheint auf den ersten Blick ein Paradies. Doch unter der Oberfläche brodelt es. Leonardo Dritan, ein stiller und unauffälliger Müllmann, hat genug von den Ungerechtigkeiten, die er täglich beobachtet. Er sieht, wie Macht und Geld die Stadt vergiften – und beschließt, sie zu säubern. Ein Mord folgt dem nächsten, immer sorgfältig geplant, immer mit einem Ziel: die Stadt von ihren schlimmsten Bewohnern zu befreien. Doch während die Polizei im Dunkeln tappt, wird eine junge Journalistin namens Claudia Meier auf Leonardo aufmerksam. Ihre Nachforschungen bringen sie gefährlich nahe an die Wahrheit – und damit in Leonardos Blickfeld. Ein tödliches Katz-und-Maus-Spiel beginnt, das die Stadt in Atem hält. Werden die Schatten, die Leonardo verfolgen, ihn selbst verschlingen? Oder wird er unbemerkt davonkommen, als der Mann, der Meran wirklich „sauber“ gemacht hat? Ein fesselnder Thriller über moralische Grenzen, persönliche Dämonen und die Frage, ob die Mittel den Zweck rechtfertigen. Diese Geschichte wird Sie bis zur letzten Seite nicht loslassen.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Inhaltsverzeichnis
Prolog: Das Maß war voll
Kapitel 1: Ein Plan reift
Kapitel 2: Die erste Reinigung
Kapitel 3: Das Ermittler-Duo
Kapitel 4: Claudia, die Journalistin
Kapitel 5: Die Liste wird länger
Kapitel 6: Claudia und die Ermittler
Kapitel 7: Ein Müllmann, der Vorschriften macht
Kapitel 8: Die Vorladung
Kapitel 9: Claudias Entdeckung
Kapitel 10: Ein doppelter Verrat verändert alles
Kapitel 11: Die Flucht nach vorn
Kapitel 12: Die verstörende Allianz
Kapitel 13: Gedankenspiele
Kapitel 14: Das Notizbuch
Kapitel 15: Entscheidung im Schatten
Kapitel 16: Das Spiel der Macht
Kapitel 17: Der dunkle Pakt
Kapitel 18: Im Griff der Dunkelheit
Kapitel 19: Ein riskanter Plan
Kapitel 20: Ein Name in aller Munde
Kapitel 21: Ein grausamer Fund
Kapitel 22: Die Blutrache
Kapitel 23: Die Entführung
Kapitel 24: Das Chaos ist perfekt
Kapitel 25: Die Falle
Kapitel 26: Die Flucht
Epilog: Die finale Wendung
Der stille Reiniger
Thriller von Markus Albrecht
Impressum
Markus Albrecht Joh.- Baptist Rufin Str. 4 I-39012 Meran (BZ)
E-Mail: [email protected]
Alle in dieser Geschichte geschilderten Personen und sämtliche Lokale in der Stadt Meran sind frei erfunden.
© 2025 – Alle Rechte vorbehalten. Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Autors unzulässig. Das gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Schriftnachweis: Die in diesem Buch (Cover) verwendeten Schriftarten „Liberation Serif“ und „Liberation Sans“ stehen unter der SIL Open Font License. Die Recherche und einzelne Formulierungen wurden mit Hilfe von ChatGPT von OpenAI umgesetzt.
Bildnachweis: Bilder in diesem Buch wurden erstellt mit Hilfe von FREEPIK (Commercial AI license for professionals).
Meran, 4:45 Uhr. Die Stadt schlief noch. Das rhythmische Surren des Müllwagens war das einzige Geräusch, das durch die schmalen Straßen hallte. Der Morgennebel schwebte träge über dem Kopfsteinpflaster, umhüllte die Altstadt mit einer kühlen, gedämpften Stille. Leonardo Dritan stand auf der Ladefläche des Müllwagens, die Hände in dicke Handschuhe gebettet, fest um einen Metallgriff gekrallt. Der vertraute, kühle Fahrtwind umschmeichelte sein Gesicht, sein Blick wanderte gedankenverloren über die leere Straße. Er war ruhig, doch in seinen Augen lag ein Schatten – ein stilles Echo von Gedanken, die er nicht aussprechen konnte.
Er hob die Tonne mit einem Ruck auf die Pressvorrichtung, drückte den grünen Knopf, und ein lautes, mechanisches Knirschen erfüllte die Luft. Der Müll verschwand, die Presse tat, was sie immer tat: Sie schluckte alles, ohne Fragen zu stellen. Leonardo starrte auf die glatte, graue Oberfläche, während er das vertraute Gefühl von Befriedigung verspürte – ein kleiner, vorübergehender Sieg gegen das Chaos.
„Fertig?“, rief Armin, sein bulliger Kollege, aus dem Führerhaus des Wagens. Der Rauch seiner Zigarette schlängelte sich in die kühle Luft. Leonardo antwortete nicht sofort. Stattdessen richtete er seinen Blick auf eine besonders schäbige Tonne, die an einer Ecke stand, halb umgekippt, der Deckel schief. Es war, als würde sie ihn verspotten.
Er ging langsam darauf zu, richtete sie auf und sah, dass sie randvoll mit unsortiertem Müll war – Plastik, Bioabfall, Glasflaschen, alles wild durcheinander geworfen. Seine Hände ballten sich zu Fäusten. *Regeln sind wichtig,* dachte er. *Ohne sie gibt es nur Chaos.*
Meran war für seine Schönheit bekannt – die schmalen Lauben und Gassen, die üppigen Promenaden und die majestätischen Berge, die die Stadt umgaben. Doch Leonardo wusste, dass dies nur die Oberfläche war. Er sah jeden Tag die andere Seite. Die Arroganz und die Rücksichtslosigkeit, die Spuren von gierigen Menschen, die glaubten, sie könnten alles hinterlassen, weil andere es für sie aufräumen würden.
Er erinnerte sich an die Worte seiner Mutter, die immer von Sauberkeit gesprochen hatte – nicht nur äußerlich, sondern im Herzen. „Leonardo, wenn du etwas hinterlässt, hinterlasse es sauber“, hatte sie gesagt, während sie den Boden ihrer kleinen Sozialwohnung in der Vorstadt schrubbte. Ihr süditalienischer Akzent machte die Worte sanft, doch Leonardo wusste, dass sie voller ernst gemeint waren.
Er dachte an seinen Vater, einen albanischen Bauarbeiter, der stets davon sprach, dass harte Arbeit eines Mannes-Stolz sei. Doch die Welt, die Leonardo kannte, belohnte diese harte Arbeit nicht. Die Menschen, die sie ausnutzten, wurden reich, während Männer wie sein Vater mit schwieligen Händen und leerem Konto zurückblieben.
Vor ein paar Tagen hatte Leonardo sie getroffen: Isabella Winter, die Besitzerin eines luxuriösen Wellnesshotels in der Altstadt. Es war ein flüchtiger Moment gewesen, doch er hatte sich in seinem Kopf eingebrannt.
Sie hatte ihren glänzenden SUV an einer engen Stelle geparkt, direkt vor dem Müllcontainer, den Leonardo leeren musste. Als er höflich fragte, ob sie den Wagen ein Stück weiter vorn parken könnte, hatte sie ihn nur mit einem abwertenden Blick bedacht. „Machen Sie Ihre Arbeit“, hatte sie gesagt. „Das ist schließlich Ihr Job.“
Leonardo hatte den Container an ihrem Auto vorbeigeschoben, der schwere Koloss hatte seine Arme zittern lassen. Doch es waren ihre Worte, die das Feuer in ihm entzündet hatten. *Das ist Ihr Job.*
Ihre Worte schienen wie Glasscherben in seine Haut zu schneiden, scharf, kalt und unnachgiebig. Dann fiel eine leere Papiertüte aus ihrem Auto, als sie die Fahrertür zuschlug.
„Heben Sie das auf“, hatte sie befohlen. „Sie sind doch schließlich dafür da.“
Leonardo hatte sich gebückt und die Tüte aufgehoben. Doch während er sie in die Müllpresse warf, hatte sich ein Gedanke in seinem Kopf eingenistet – ein dunkler, unaufhörlicher Gedanke.
An diesem Morgen, als Leonardo in den Rückspiegel des Müllwagens sah, blickte ihm ein Mann entgegen, den er kaum wieder erkannte. Sein Gesicht war ruhig, doch seine Augen waren anders. Sie waren nicht mehr die eines stillen, fleißigen Arbeiters. Es war der Beginn von Leonardos dunklem Wandel.
„Die Stadt säubern“, murmelte er leise, fast wie ein Gebet. Es klang wie eine Berufung. Er wusste, dass er keine Maschine war, keine Müllpresse, die alles schweigend schluckte. *Ich bin ein Mensch – einer, der etwas ändern kann. Ich werde diese arrogante Bitch entsorgen*.
Der Müllwagen bog um eine Ecke, und Leonardo sah in der Ferne das Hotel von Isabella Winter. Die glänzenden Fenster, die makellos gefegte Einfahrt – alles war eine Lüge. Die Stadt mochte sauber aussehen, doch sie war voller Schmutz. Und Isabella Winter war ein Symbol dafür.
Leonardo atmete tief durch, während er den Müllwagen stoppte und die nächste Tonne leerte. *Die Stadt säubern*, dachte er erneut. Doch dieses Mal hatte der Gedanke eine neue Bedeutung.
Später, in seinem kleinen Apartment, zog Leonardo ein Notizbuch hervor. Auf der ersten Seite schrieb er einen Namen in großen, klaren Buchstaben: *Isabella Winter.*
Er klappte das Notizbuch zu, legte es auf den Tisch und starrte lange darauf. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht.
*Es war Zeit, die Stadt wirklich sauberzumachen.*
Der kalte Wind wehte durch die schmalen Straßen der Stadt, als Leonardo Dritan sich an der gegenüberliegenden Straßenseite des luxuriösen Wellnesshotels Winters Residence positionierte. Seine Jacke war geschlossen, die Hände tief in den Taschen vergraben, doch nicht wegen der Kälte – es war ein Schutzmechanismus. Von hier aus konnte er perfekt beobachten, ohne aufzufallen. Der Gedanke, unsichtbar zu bleiben, beruhigte ihn.
Isabella Winter war pünktlich wie ein Uhrwerk. Um Punkt 9:45 Uhr trat sie aus der schweren Glastür ihres Hotels, begleitet von der eleganten Kühle, die sie stets umgab. Ihre Haare lagen perfekt, ihre Kleidung war makellos – ein maßgeschneiderter, cremefarbener Hosenanzug, der Autorität und Stil ausstrahlte. Leonardo konnte ihre scharfen Anweisungen an das Personal selbst auf diese Entfernung erahnen. Eine junge Frau in einer schlichten Uniform folgte ihr mit gesenktem Blick, während Isabella eine Liste in die Luft wedelte. Leonardo wusste, dass sie Kritik austeilte – wahrscheinlich über die Art, wie heute die Servietten gefaltet waren, oder den mangelhaften Glanz der Marmorböden.
Er öffnete sein Notizbuch, das an einer Schnur in seiner Jackentasche befestigt war, und notierte:
- 09:45 Uhr: Verlässt das Hotel. Traktiert Personal.
Isabella schritt zu ihrem glänzenden schwarzen SUV, dessen Lack in der Morgensonne glitzerte, als ob er die Macht seiner Besitzerin unterstreichen wollte. Leonardo beobachtete, wie sie mit einer geübten Bewegung einstieg, den Motor startete und das Fahrzeug mit einer Präzision durch die engen Straßen lenkte, die fast unheimlich war. Er folgte ihr, langsam, unauffällig. Sein Fahrrad war alt und knarrte bei jeder Pedalbewegung, doch es war perfekt für die enge Altstadt.
Um 10:00 Uhr hielt sie vor einem kleinen Café in einem ruhigeren Stadtteil. Sie wählte immer denselben Platz auf der Terrasse – eine Ecke mit Blick auf den Fluss. Leonardo stellte sein Fahrrad ein Stück entfernt ab, setzte sich auf eine Bank und öffnete das Notizbuch erneut.
- 10:00 Uhr: Trinkt Kaffee im „Caffè al Fiume“. - Immer derselbe Platz.
Sein Blick wanderte unauffällig über sie hinweg. Isabella nahm einen Espresso und ein Croissant, das sie langsam und mit einer fast rituellen Präzision aß. Ihre Gesten wirkten kontrolliert, fast mechanisch. Während sie ihren Kaffee trank, scrollte sie auf ihrem Handy, antwortete auf Nachrichten oder machte Notizen auf einem Tablet. Ein Lächeln zeigte sich nie auf ihrem Gesicht. Leonardo fragte sich, ob sie jemals wirklich zufrieden war. *Wahrscheinlich nicht*, dachte er, *Leute wie sie kennen nur den Drang nach Kontrolle.*
Sie zahlte und verließ das Café. Leonardo notierte:
- 10:45 Uhr: Verlässt das Café. - Keine Interaktion mit anderen Gästen oder dem Personal.
Pünktlich um 11:00 Uhr war sie zurück im Hotel, wo sie direkt ins Büro ging. Leonardo wusste das, weil er schon mehrere Tage lang denselben Ablauf beobachtet hatte. Isabella Winter war so berechenbar wie eine Maschine, und das faszinierte ihn. Es machte seine Arbeit leichter.
Dienstage waren für Leonardo besonders interessant. An diesen Abenden verließ Isabella um 20:00 Uhr das Hotel und fuhr zu einem kleinen, abgelegenen Restaurant am Stadtrand. Das *Ristorante Albero Rosso* war ein Ort, den Leonardo selbst nie betreten hätte. Zu teuer, zu schick. Doch Isabella war Stammgast. Immer allein, immer mit demselben reservierten Tisch in einer ruhigen Ecke.
An diesem Dienstag beobachtete Leonardo, wie sie ihr Fahrzeug vor dem Restaurant parkte und hineinging. Er blieb auf der anderen Straßenseite stehen, lehnte sich an eine Laterne und tat so, als würde er eine Nachricht auf seinem Handy lesen. Um 22:00 Uhr verließ sie das Restaurant, stieg in ihren SUV und fuhr zurück zum Hotel. Leonardo folgte ihr in sicherem Abstand, bis sie im unterirdischen Parkhaus verschwand. Er notierte die Details sorgfältig:
- 22:00 Uhr: Verlässt das Restaurant. Immer allein.
Zurück in seiner kleinen Wohnung ließ sich Leonardo auf seinen abgenutzten Sessel fallen. Das Notizbuch lag offen auf seinem Schoß, die Zeilen mit präziser Handschrift gefüllt. Jedes Detail, jede Gewohnheit, jeder Moment, in dem Isabella Winter ihre Maske fallen ließ, war hier vermerkt. Leonardo schloss die Augen und stellte sich ihr Gesicht vor – arrogant, überlegen. Er hörte ihre Worte wieder in seinem Kopf. *Das ist Ihr Job.* Der Satz hatte sich wie ein Stachel in sein Bewusstsein gebohrt.
Seine Mutter hatte ihn gelehrt, sauber zu arbeiten, ordentlich zu sein, Regeln zu respektieren. Und doch sah er in Isabella Winter all das, was diese Prinzipien verhöhnte. Sie nutzte Menschen aus, behandelte sie wie Werkzeuge, und hielt sich für unantastbar. Leonardo wusste, dass das nicht stimmte. Niemand war unantastbar.
Er griff zum Stift und fügte unter ihren Namen eine neue Notiz hinzu:
- Details bestätigen. Plan vorbereiten.
Leonardo lächelte, als er das Notizbuch zuschlug. *Die Stadt säubern,* dachte er, während ein Gefühl der Genugtuung durch ihn strömte. Er war kein einfacher Müllmann mehr. Er war jemand, der Ordnung bringen konnte, wo Chaos herrschte.
Die Nacht senkte sich über Meran, und Leonardo spürte, dass er auf dem richtigen Weg war. Morgen würde er wieder beobachten, studieren, planen. Und irgendwann, wenn die Zeit reif war, würde er handeln.
Leonardo Dritan saß an seinem kleinen Küchentisch, das Notizbuch offen vor sich, während der erste Kaffee des Tages langsam in seiner Tasse abkühlte. Vor ihm lag der grobe Plan, den er in den vergangenen Tagen entwickelt hatte. Jeder Schritt war mit akribischer Genauigkeit aufgeschrieben: von den Standorten der Überwachungskameras rund um das Hotel bis zu den Zeitfenstern, in denen Isabella Winter ungeschützt war.
Er hatte die Lage der Kameras in den vergangenen Nächten mehrfach überprüft. Sie waren strategisch gut platziert, deckten die Einfahrt zum Hotel, den Haupteingang und das unterirdische Parkhaus ab. Doch einen toten Winkel hatte Leonardo entdeckt: den Innenhof auf der Rückseite des Hotels. Dort stand ein Müllcontainer, direkt neben der Zufahrt zur Garage. Eine ironische Wendung des Schicksals, dass die Mülltonne zu seinem Verbündeten werden würde.
Er notierte:
- Innenhof: keine Kamera. Sichtbar von keiner Straßenseite.
Leonardo riss ein Blatt aus einem alten Notizblock, auf dem er eine Skizze des Innenhofs zeichnete.
Er markierte den Punkt, an dem er die Mülltonne so platzieren würde, dass Isabella gezwungen wäre, auszusteigen, um sie zu verschieben.
*Dort wird es passieren,* dachte er, während er die Zeichnung betrachtete. Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken, doch er ignorierte ihn.
Der nächste Schritt seines Plans erforderte Präzision. Er würde Isabella nicht einfach überraschen – es musste schnell und leise geschehen. Eine Drahtschlinge, sorgfältig vorbereitet und leicht in der Handhabung, würde ausreichen. Er hatte sie in einem kleinen Baumarkt gekauft, zusammen mit einigen anderen Dingen, die keinen Verdacht erregen würden: ein Bündel Draht, eine Zange und ein stabiler Sack.
Leonardo verbrachte Stunden damit, die Schlinge zu testen, sie zu justieren und sicherzustellen, dass sie effektiv war. Jeder Fehler, jede Unachtsamkeit könnte seinen Plan gefährden. Er übte die Bewegung, mit der er die Schlinge anziehen würde, bis sie ihm in Fleisch und Blut übergegangen war.
In seinem Notizbuch fügte er hinzu:
- Schlinge: getestet und einsatzbereit. - Sack: widerstandsfähig, passend für die Mülltonne.
Der Gedanke an die Mülltonne war beruhigend. Sie war ein vertrauter Anblick, ein Werkzeug, das er täglich benutzte. Doch dieses Mal würde sie nicht nur Müll transportieren.
Sie würde Isabella Winter in sich aufnehmen und verschwinden lassen, ohne eine Spur zu hinterlassen.
Dienstagabend. Leonardo stand in der Dunkelheit des Innenhofs, verborgen hinter dem Müllcontainer. Die Kälte der Nacht kroch in seine Knochen, doch er blieb regungslos. Die Zeit war gekommen.
Um 22:10 Uhr hörte er das vertraute Dröhnen des SUV-Motors. Isabella fuhr die Zufahrt hinunter und stoppte, als sie den Container direkt vor der Garagentür sah. Der Motor lief weiter, die Scheinwerfer warfen lange Schatten über die Backsteinmauern.
Leonardo hielt den Atem an, als Isabella ausstieg. Sie trug hohe Absätze, einen Mantel aus teurem Stoff, und ihre Bewegungen waren so selbstbewusst wie immer. Mit einem genervten Ausdruck trat sie an die Mülltonne und versuchte, sie mit einer Hand zur Seite zu schieben. Doch Leonardo hatte die Räder blockiert.
„Verdammt noch mal“, murmelte Isabella, während sie beide Hände benutzte.
Das war der Moment. Lautlos trat Leonardo aus dem Schatten. Die Schlinge lag sicher in seiner Hand. Ein Griff, ein Zug – und die Welt um sie verstummte. Isabellas Kampf war kurz, ihre Gegenwehr schwächer, als er es erwartet hatte. Ihre Hände griffen ins Leere, bevor ihr Körper erschlaffte. Ihr Parfum schoss ihm in die Nase. Leonardo hielt inne, seine Atmung schwer, doch sein Griff war unnachgiebig.
Er hob den Sack auf, zog ihn über Isabellas reglosen Körper und sicherte ihn sorgfältig. Jeder Handgriff war präzise, jede Bewegung geübt. Er stemmte den Sack hoch, das Gewicht lastete auf seinen Schultern, doch er zögerte nicht. Schritt für Schritt hob er ihn in die Mülltonne. Die Scharniere quietschten leise, als er den Deckel schloss. Die Dunkelheit warf ihre langen Schatten über die Szene, als ob sie Leonardos Geheimnis bewahren wollte.
Der Müllwagen rumpelte am nächsten Morgen wie gewohnt durch die Straßen von Meran. Leonardo stand auf der Ladefläche. Der Lärm der Presse übertönte die morgendliche Stille. Für Armin hinter dem Steuer und für die Menschen in der Stadt war es ein gewöhnlicher Tag. Für Leonardo war es anders, und die Mülltonne Hotel seine Verbündete.
Armin steuerte den Müllwagen zur alten Deponie, beladen mit den üblichen Abfällen der Stadt, so dachte er. Leonardo hatte den Zeitpunkt sorgfältig geplant, um sicherzustellen, dass die Fuhre mit Isabellas Körper in einer speziellen Grube landete – einer Grube, die jeden Tag zugeschüttet wurde, um neuen Platz zu schaffen. Als die Müllpresse den Inhalt der Tonne in die Grube schob, spürte Leonardo eine seltsame Ruhe. Isabella Winter war nicht mehr. Sie war ein Teil des Mülls geworden, den sie so verachtete. Er sah zu, wie die Grube langsam mit Erde bedeckt wurde. Niemand würde sie finden. Niemand würde um sie weinen.
Leonardo drehte sich um und stieg in den Müllwagen. *Die Stadt ist ein Stück sauberer,* dachte er, während Armin den Motor startete und die Route fortsetzte.
Der Morgen im Hotel begann wie jeder andere.