DER STOLZE SHERIFF - Eugene M. Rhodes - E-Book

DER STOLZE SHERIFF E-Book

Eugene M. Rhodes

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Beschreibung

Der junge Otey Beach wohnt bei dem kauzigen Dad Wilson in der Nähe einer alten Mine. Er denkt sich nicht viel dabei, als ihn der Alte zum Einkaufen in die Stadt schickt. Hillsboro ist ein langweiliger Ort, in dem kaum etwas passiert. Der Gesetzeshüter, von allen nur der stolze Sheriff genannt, kann die Hände in den Schoß legen und sich mit den Leuten unterhalten.

Aber an diesem Tag ist alles anders.

Zwei tote Männer werden hinter dem Laden gefunden. Sie sind ermordet worden. Der Sheriff beginnt sofort mit den Nachforschungen und beweist den Einwohnern der Stadt: Er ist zu weit mehr fähig, als sie alle gedacht haben. Er weiß, dass sich der Mörder noch immer in der Stadt befindet. Und irgendwann... wird er sich verraten.

 

Eugene Manlove Rhodes (* 19. Januar 1869 in Tecumseh, Nebraska; † 27. Juni 1934 in Kalifornien) war ein US-amerikanischer Western-Autor und Ex-Cowboy. Der Roman Der stolze Sheriff erschien erstmals im Jahre 1935; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1973.

Der stolze Sheriff erscheint als durchgesehene Neuausgabe in der Reihe APEX WESTERN.

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Veröffentlichungsjahr: 2022

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Ähnliche


 

 

 

 

EUGENE M. RHODES

 

 

Der stolze Sheriff

 

 

 

Roman

 

 

 

Apex Western, Band 48

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

DER STOLZE SHERIFF 

Erstes Kapitel 

Zweites Kapitel 

Drittes Kapitel 

Viertes Kapitel 

Fünftes Kapitel 

Sechstes Kapitel 

Siebtes Kapitel 

Achtes Kapitel 

Neuntes Kapitel 

Zehntes Kapitel 

Elftes Kapitel 

 

Das Buch

 

Der junge Otey Beach wohnt bei dem kauzigen Dad Wilson in der Nähe einer alten Mine. Er denkt sich nicht viel dabei, als ihn der Alte zum Einkaufen in die Stadt schickt. Hillsboro ist ein langweiliger Ort, in dem kaum etwas passiert. Der Gesetzeshüter, von allen nur der stolze Sheriff genannt, kann die Hände in den Schoß legen und sich mit den Leuten unterhalten.

Aber an diesem Tag ist alles anders.

Zwei tote Männer werden hinter dem Laden gefunden. Sie sind ermordet worden. Der Sheriff beginnt sofort mit den Nachforschungen und beweist den Einwohnern der Stadt: Er ist zu weit mehr fähig, als sie alle gedacht haben. Er weiß, dass sich der Mörder noch immer in der Stadt befindet. Und irgendwann... wird er sich verraten.

 

Eugene Manlove Rhodes (* 19. Januar 1869 in Tecumseh, Nebraska; † 27. Juni 1934 in Kalifornien) war ein US-amerikanischer Western-Autor und Ex-Cowboy. Der Roman Der stolze Sheriff erschien erstmals im Jahre 1935; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1973. 

Der stolze Sheriff erscheint als durchgesehene Neuausgabe in der Reihe APEX WESTERN. 

  DER STOLZE SHERIFF

 

 

 

 

 

  Erstes Kapitel

 

 

Das graue Abfallgeröll der Echo-Mine klammerte sich verzweifelt an einen roten Hügel in einem Gewirr wilder roter Hügel, die wie verloren zwischen den Bergen lagen. Die schwarze Kuppe der kontinentalen Wasserscheide überragte alles und ließ es winzig klein erscheinen. Die ganze Welt bestand aus Bergen.

Unter dem schützenden Felsüberhang neben dem Tunneleingang bildeten aufgehäufte Zweige und trockenes Gras so etwas wie eine schwarzgelbe Matratze. Als Bettgestellt diente der felsige Boden. Eine dünne Decke und eine Zeltplane waren darüber aufgespannt. Am Ende der Leinwand war der braune Kolben eines Gewehres zu sehen.

Dann kam die Küche; sie bestand aus drei flachen Steinen, die als Feuerstelle dienten, einem sauber aufgeschichteten Holzstapel, einem Kaffeetopf, einer Bratpfanne und einem Backofen. Zwei ausgediente Blechdosen, die einmal zehn Pfund Fett enthalten hatten, waren zu einem Teekessel und einem Kochtopf für Bohnen umfunktioniert worden. Eichenfässchen standen im Schatten und enthielten den Wasservorrat. Ein arg ramponierter McClellan-Sattel hing an einem Wacholderbaum, wo sich auch Satteldecken, Zaumzeug, Packsattel, Packsäcke und Stricke befanden. Unter dem Wacholderbaum stand eine winzig kleine tragbare Schmiede, auch ein Sack Holzkohle war vorhanden.

Das alles bildete die Ausrüstung der Echo-Mine.

Die Besitzer saßen auf zwei Steinen: Dad Wilson und Otey Beach – ein gebeugter, alter Mann und ein schlanker, junger Bursche. Beide hielten einen Blechbecher mit heißem, schwarzem Kaffee in der Hand. An sich waren sie bei einer Besprechung. Aber das war nun schon eine ganze Weile her. Jetzt nannten sie es Medizin machen.

Dad Wilson seufzte. »Meine Brille ist schon wieder beschlagen«, sagte er, nahm sie ab, hauchte auf die Gläser, wischte sie mit einem kleinen blauen Tuch ab, setzte sie wieder auf und blickte erneut auf die Liste, die er mit einem Bleistiftstummel auf die Rückseite einer alten Bekanntmachung geschrieben hatte. Er strich einen Artikel durch, ersetzte ihn durch einen anderen und seufzte abermals. »Nicht genug Zaster für Tabak und Kaffee. Und Kaffee brauchen wir beide. Wird mir wohl nichts anderes übrigbleiben, als wieder mal bis zum Vierten getrocknete Blätter vom wilden Wein zu rauchen. Schmecken übrigens gar nicht mal so schlecht. Aber weißt du, Otey, es wäre doch schön, wenn wir uns ‘ne Schachtel Munition leisten könnten. Dann könnten wir herrlich leben!«

Otey nickte. Er war ein schlanker, schlaksiger, sommersprossiger Blondschopf von etwa zwanzig Jahren. Bekleidet war er mit einem blauen Hemd und verschossenen, blauen Overalls. Auf dem Kopf hatte er einen formlos verbeulten Hut. Die Füße steckten in schweren Nagelschuhen.

Otey ließ rasch die Wimpern über die Augen sinken, damit der alte Mann mit seinen schwachen Augen nicht das freudige Aufleuchten in den jungen Augen sah. Das Herz des jungen Burschen sang vor Triumph.

Otey besaß nämlich einen langgehegten Schatz, von dem keine Menschenseele außer ihm selbst etwas wusste: Fünf-Cent- und Zehn-Centstücke, sogar einen halben Dollar! Ausreichend für eine Schachtel Patronen für das alte .44er-Gewehr, dazu noch für sechs Päckchen Tabak und eine neue Maiskolbenpfeife für Dad. Munition... das bedeutete Wildkaninchen und Präriehasen, vielleicht sogar ein Reh! Ja, bestimmt ein Reh! Diesmal würde Otey sehr vorsichtig sein. Das nahm er sich jetzt schon vor.

»Gottlob sind’s ja nur noch zwei Wochen«, sagte Dad. »Am vierten November bekomme ich wieder meine Pension. Am schlimmsten ist’s ja, dass wir kein Schweinefleisch mehr für unsere Bohnen haben. Ohne Fleisch schmecken die Bohnen nun mal nicht. Wird uns wirklich sehr fehlen, dieses Schweinefleisch. Aber wir brauchen unbedingt Sprengstoff, Zündkapseln und Lunte. Bleibt also nur noch Geld für Bohnen, Brot und Kaffee.«

»Na, und?«, meinte Otey leichthin und zuckte mit den Schultern. »Wen kümmert das schon? Tut uns doch nicht weh. Innerhalb von drei Monaten haben wär’s ja geschafft! Unsere kleine alte Ader wird sich immer mehr ausweiten. Du wirst schon sehen! Bis Neujahr schleppen wir bestimmt schon Erz zur Mühle. Wir werden uns Betriebskapital verschaffen, dann eine Straße bauen und das Erz abtransportieren.«

»Hoffentlich, Otey, hoffentlich«, sagte Dad Wilson. »Aber mit Gold ist das immer so ‘ne riskante Sache. Wenn wir jetzt Silber abbauen könnten, dann wären wir fein raus! Davon gibt’s nämlich immer reichlich, und meistens ist’s auch ziemlich hochgradig.« Er zwirbelte seinen langen, weißen Bart. »Natürlich würde mir der alte Krumm auch Kredit geben, wenn ich ihn darum bitte. Aber ich hab’ mir nun mal fest vorgenommen, keine Schulden zu machen. Solange ich mich an meine fünfundzwanzig im Monat halte, bin ich gut dran. Abe Lincoln war mal ‘n bisschen in Verzug geraten, und dann hat er sechzehn Jahre gebraucht, tun seine Schulden abzuzahlen. Tut mir aber auch vor allem deinetwegen leid, Otey. Ich merke ja kaum noch, was ich esse. Für mich ist das nicht mehr so wichtig. Aber ein junger, heranwachsender Bursche wie du, der sollte wirklich gutes, kräftiges Essen haben.«

Otey grinste. »Weißt du, Dad... es war mächtig gut und anständig von dir, einen jungen, heranwachsenden Burschen wie mich zum Partner zu nehmen.«

»Oh, ja... das war verdammt wohlwollend von mir!«, sagte Onkel Dad grimmig. »Wie von diesem Burschen drüben bei Needles. Als das Brennholz knapp war, hat er die Indianer veranlasst, Treibholz aus dem Colorado River zu fischen. Dafür hat er ihnen die Hälfte abgegeben. Und so ist das wohl auch mit uns. Du machst die ganze Arbeit, und ich gebe dir dafür die Hälfte ab!«

»Ach, was!«, sagte Otey. »Vergiss es. Reden wir nicht mehr darüber. Für mich wird's allerhöchste Zeit, mich auf den Weg zu machen.«

Otey nahm das Packseil und ging über den Zickzackpfad auf dem steilen Hügel über der Echo-Mine, bis er zu einer hohen Felsklippe kam. Von hier aus führte der Pfad nach Süden zu einer Lücke in der Felswand. Diese Lücke hatte Otey mit Zaunpfosten und soliden Stangen versperrt. Jake und Gin‘ral, die beiden Esel, wollten immer nur in eine Richtung gehen den Weg zurück, den sie gekommen waren. Aber jetzt waren sie hier oben sicher eingezäunt.

Jake war ein kleiner, lebhafter Packesel mit funkelnden Augen. Dieses Tier führte Otey aus dem provisorischen Corral.

Gin‘ral, den anderen Esel, ließ er hinter den Stangen zurück. Dieses Tier war schon recht betagt, aber groß und stämmig gebaut, allerdings auch schon ziemlich steif. Jetzt erhob Gin‘ral protestierend seine Stimme. Es gefiel ihm offenbar ganz und gar nicht, jetzt allein gelassen zu werden.

Otey kehrte mit Jake zur Geröllhalde zurück. Hier bekam Jake als Lohn einen kleinen Brotkanten. Aber Jake wusste sehr wohl, dass sich die Echo-Mine noch im Entwicklungsstadium befand. Dividenden würde es erst später geben. Und so war der Esel auch mit diesem kleinen Stück Brot zufrieden.

Während Otey noch den Packsattel befestigte, kam Dad mit einer Armladung Bohrer aus dem Tunnel.

»Ich werde alle Werkzeuge schärfen, solange du fort bist«, sagte der Oldtimer. »He...!«, fügte er überrascht hinzu. »Wo ist denn der andere Esel? Willst du denn nicht auf ihm reiten, Otey?«

»Nein«, antwortete der junge Bursche. »Ich nicht! Na, ja... vielleicht werde ich ein Stück des Weges hinter dem Packsattel reiten, solange es bergab geht. Gin'ral ist doch viel zu langsam. Ohne ihn werden Jake und ich viel schneller vorankommen. Bis Abend werden wir bestimmt nur noch vier oder fünf Meilen von Hillsboro entfernt sein. Ich werde an einer Stelle kampieren, wo's gutes Gras gibt. Bis Mittag werde ich wohl wieder zurück sein. Wiedersehen, Dad!«

»Wenn du daran denkst, könntest du mal nach Post fragen, Otey«, sagte Dad Wilson. »Vielleicht ist ja was da. Hab ja schon seit über einem Jahr keinen Pieps mehr von Billy gehört. Wiedersehen, Otey!«

»Wiedersehen!«

Jake, der Esel, machte sich forsch auf den Weg über den steilen Pfad, der nach unten führte. Nach etwa einer Stunde war man auf dem Grund angekommen. Otey blickte noch einmal zur Geröllhalde der Echo-Mine zurück; von hier unten aus sah der Abraum wie eine weiß schimmernde Narbe im Berg aus. Die Stelle dort oben war der Sonne eine Meile näher als der Canyonboden.

Otey kletterte hinter den Packsattel auf Jake. »Weißt du was, Jake? In Hillsboro gibt's Zeitschriften. Drüben im Drugstore. Kosten zehn Cents das Stück. Herrje, ich werde einfach eine meiner Münzen nehmen und für Dad eine Zeitschrift kaufen! Wird sich bestimmt mächtig darüber freuen, wenn ich’s ihm mitbringe. Und ich denke, dass der alte Krumm mir die Maiskolbenpfeife auch auf Kredit überlassen wird. Natürlich wird er das tun. Die Leute sprechen ja alle sehr gut von ihm.«

 

 

 

 

  Zweites Kapitel

 

 

Die Welt war nicht rund, wie allgemein behauptet wurde. Sie war ein tiefer Graben, der sich deutlich sichtbar nach Norden bis hinter Albuquerque und nach Süden bis weit, weit hinter El Paso erstreckte. Auf der Westseite wurde dieser Graben von den himmelhohen, nebelverhangenen Bergen begrenzt, die sich lang und blau schimmernd dahinzogen. Im Osten gab es den langen, sägeblattähnlichen Gebirgszug, der am frühen Morgen schwarz und unter der glühenden Sonne dann golden und feuerfarben aussah.

Der Rio Grande entwässerte den zentralen Graben.

Vom Tal aus konnte man fast fünfzig Meilen weit sehen; hinweg über die wie goldene Treppenstufen glänzenden Mesas; hinweg über ein Gewirr von Bergausläufern und Hügeln bis zur blauen Wand im Westen.

Hillsboro lag auf halbem Weg zum Himmel und war in ein Amphitheater aus Bergen eingebettet. Rundum gab es Hügel, und hinter diesen Hügeln abermals Hügel und immer wieder Hügel.

Der Percha teilte die Stadt; ein winzig kleiner, aber von allen geliebter Fluss.

Es gab Erzschmelzen, kleine und große Stampfmühlen und im Norden Schächte, Tunnel und Geröllhalden von Minen, eine neben der anderen. Die Pensionen und Hütten waren grau und verwittert.

Auf je einem Hügel im Wohnbezirk standen Gericht, Schule und Kirche, südlich von diesem leise plätschernden Flusslauf.

Jeder Hügel, jedes Fenster, jedes Dach schimmerte und blitzte und warf die Sonne zurück.

Die Arena dieses Amphitheaters war kein Hügel, sondern üppiges und bestelltes Land; ein Nest, ausgefüllt und eingeebnet von den Flutwassern, die der Percha im Verlauf von mehreren tausend Jahrhunderten hierhergetragen hatte.

Cottonwoods, die vor undenklichen Zeiten hier gewachsen waren, standen weitverzweigt so dicht nebeneinander, dass die Äste miteinander verflochten zu sein schienen.

Hier, im ständigen, tiefen Schatten, waren die Geschäfte, die Büros, die Hotels, die Saloons von Hillsboro. Das gefilterte Licht verbreitete eine Atmosphäre klarer Dämmerung; kühl und dankbar begrüßt und hochgeschätzt in einem Land, in dem Gluthitze herrschte.

Es war schon merkwürdig, dass sich hier der Geist so leicht täuschen ließ; der ständige, tiefe Schatten weckte zugleich die Illusion windloser Stille. Und doch hörte der Gesang von vielen tausend Vögeln hier niemals auf; er wurde jedoch genauso unbewusst wahrgenommen, wie wir auf das Ticken einer Uhr achten. Bei Tag und Nacht waren von den vielen Minen in der näheren und ferneren Umgebung Schüsse zu hören, aber auch auf sie achtete niemand mehr.

An einer Straßenkreuzung trafen sich zwei Männer mit einem dritten. Bei den zwei Männern handelte es sich um Abe Forney von der Polly-Mine und seinen Gast John Scott aus Kansas City. Der dritte Mann war Spencer Allen aus Chicago, Hillsboro und San Francisco; jung, lebhaft, unbekümmert, blond und blauäugig.

Spencer ging neben den beiden älteren Männern her und hielt mit ihnen Schritt. »Na, Mr. Scott?«, sagte er. »Da wir Sie den ganzen Tag nicht gesehen haben, hat unser Abe, unser Big Abe, unser mehr oder minder ehrenwerte Abe Ihnen wohl die ganze Polly-Mine gezeigt, was?«

»Tunnels, Quarz, Strosse«, murmelte Mr. Scott in monotonem Tonfall. »Tellurid, Stollen, Schacht, Hängewand, Tasche. Querschlag. Loren, Henkel, Käfig, Sumpf, Wetterschacht.« Mr. Scott war ein älterer, schlanker, gutgekleideter Mann mit glattem Gesicht und grauen Augen, die hinter einer goldgeränderten Brille blinzelten. »Und da sind auch noch viele andere Dinge, wie zum Beispiel...«

»Alle diese Dinge haben doch nicht viel zu bedeuten. Auf sie kommt es nicht in erster Linie an. Aber falls man Ihnen nicht gerade Aktien verkaufen will, kann ich Ihnen nur sagen, dass es eine sehr lohnende Mine ist, deren Abbau sich auszahlt.«

»Na, na, Sonnenschein!«, sagte Big Abe. »Also, Sonnengesicht... lassen Sie gefälligst diese Scherze, ja? Scott ist mein alter Freund. Ich hab ihn schon im Kinderwagen herumgeschoben. Niemand dreht ihm Minenaktien an... außer über meine Leiche!«

John Scott meinte leichthin: »Ganz zu schweigen davon, dass ich weder die Neigung verspüre noch das notwendige Geld besitze, um Aktien kaufen zu können. Ich mache hier lediglich Urlaub, meinen ersten und einzigen.«

»Spencer ja auch«, sagte Abe gut aufgelegt. »Macht schon sein ganzes Leben lang Urlaub. Deshalb hat er's ja auch noch nicht zu was gebracht.«

»Und undankbar obendrein«, sagte Spencer. »Was die Polly mir zahlt, mein mehr oder minder ehrenwerter Abe, ermöglicht es mir, Steuern für ein Dutzend Verlustunternehmen zu zahlen und trotzdem über die Runden zu kommen. Wollen Sie jetzt zum Postamt? Hab ich mir doch gleich gedacht. Ist ‘n großes Ereignis für Hillsboros langen, zwielichten Tag, Mr. Scott. Jeder geht dort hinunter. Da um diese Jahreszeit der Viehauftrieb stattfindet, und sich alle Cowboys oben in den Bergen aufhalten, können wir hier – was Jugend und Schönheit betrifft – nur sehr wenig bieten.«

»Ich verstehe.«

»Aber dafür gibt es natürlich etwas anderes. So werden Sie zum Beispiel den Senat bei einer Sitzung antreffen. Dieses freie Land soll doch eine Republik sein. Aber Hillsboro wird von einer Aristokratie regiert. Geburt allein ist keine Qualifikation. Auch Verstand nicht. Du meine Güte, nein! Nicht mal Reichtum. Ein paar Männer leiten diese Stadt und diesen Bezirk. Sie haben alle Männer schon kennengelernt, Mr. Scott... Schmied, Schätzmeister, Friedensrichter, Doktor, Kutscher, Posthalter, Gefängniswärter, zwei oder drei alte Bergleute und zwei oder drei der zurzeit abwesenden Rinderleute... und natürlich vor allem den stolzen Sheriff! Das sind unsere Herren und Herrscher. Und alle haben nur einen gemeinsamen Nenner, und dieser besteht in der Anzahl der Lebensjahre. Tatsache! Dies hier ist die Stadt der alten Männer. Der Senat trifft sich in Krumms Geschäft, um dort auf die Post zu warten.«

»Ist doch fair genug«, sagte Scott. »Ist doch buchstäblich das, was der Ausdruck Senat bedeutet... der Ältestenrat.«

»Ich habe gesündigt«, sagte Spencer Allen. »Meine Feststellung war ungenau und irreführend. Ich habe nämlich noch einen Faktor ausgelassen... den Faktor der Sippschaft. Es genügt nicht, einfach alt zu sein. Man muss auch hier alt geworden sein. Unser sogenannter Abe, der uns im Moment mit seiner Gegenwart beehrt, ist so alt wie die meisten Mitglieder des Senats und älter als die erstklassigsten Cowboys, die sich unter die besten einreihen. Vielleicht kann unser Abe auch mehr Dollars auf den Tisch blättern als der gesamte Senat. Trotzdem ist unser verehrter Abe nicht für den Senat qualifiziert. Er ist nämlich ein Neuankömmling. Er wird toleriert, aber nicht um Rat gefragt.«

»Und auch das ist ganz in Ordnung«, sagte Abe. »Sie wissen, wie Leute handeln, und warum sie es so und nicht anders tun. Man weiß, was andere als nächstes tun werden. Das ist mir durchaus recht. Da wird nicht erst lange diskutiert und abgestimmt. Was der Senat will, das wollen alle. Und sie verstehen ihren Job.«

»Immer vorwärts und stur geradeaus, wie?«

»Genau! Laufen nicht im Kreis herum. Immer vorwärts und geradeaus«, sagte Abe Forney. »Ich bin voll und ganz für sie. So, und da wären wir auch schon. Der Senat hat sich schon zu seiner Sitzung versammelt.«

Krumms Geschäft war lang und breit und tief. In der vorderen Ecke war das Postamt. Überall sonst, an den Seitenwänden und im Hintergrund, gab es Regale, die vom Fußboden bis an die Decke reichten. An unzähligen Haken in dieser Decke hingen Sättel, Zaumzeug, Geschirre, Joche, Regenmäntel, Laternen, Packsättel, Peitschen, Eimer, Wannen, Wasserflaschen, Kaffeetöpfe und alle anderen Dinge, die man damals brauchte. Aber das ist nun schon sehr lange her. Von den dreißig Männern, die an jenem Tag in Krumms Geschäft auf die Post warteten, sind heute nur noch zwei am Leben. Einer dieser beiden war damals der Älteste; ihm bewahren auch heute noch alle ein freundliches Angedenken.

Sie warteten auf Bänken, Kisten, Stühlen und Ladentisch; das laute Lachen war bis auf den schattigen Vorplatz hinaus zu hören.

Allen erhob seine Stimme. »Da ist ja der stolze Sheriff! Rücken Sie doch mal ein Stückchen beiseite, Maginnis. Übergeben Sie Mr. Scott die Stadtschlüssel... und dann erklären Sie ihm mal, worauf Sie so stolz sind! Er versteht das nämlich nicht.«

Sheriff Spinal Maginnis rückte – wie aufgefordert – etwas beiseite.

Er war ein großer, stämmig gebauter Mann. Das Gesicht war von Wind und Wetter gebräunt und gegerbt; ein freundliches und friedliches Gesicht; faltig und verrunzelt; breiter brauner Bart; dichter rötlicher Haarschopf. Braune Augen sahen den Besucher einladend lächelnd an.

Netter Mann, dieser Gast von Abe Forney. Freundlich. Und dieser Spencer Allen. Prächtiger junger Mann. Groß und schlank. Dürfte tolle Chancen bei den Frauen haben. Ein bisschen zu gesprächig. Aber das wird sich vielleicht noch geben.

»Setzen Sie sich, Mr. Scott. Spencer Allen ist ein großer Spaßvogel. Immer zu Scherzen aufgelegt«, sagte der Sheriff nachsichtig. »Hat immer was Lustiges auf Lager. Sehen Sie, ich hab mal 'ne Rede gehalten, warum ich froh bin, hier Sheriff zu sein. Spencer Allen hat's gehört. Findet's höchst seltsam, dass jemand stolz darauf ist, sich hier aufzuhalten, während er doch in New York sein könnte, um vielleicht den Hund irgendeines großen Mannes spazieren zu führen. Seitdem nennt er mich »stolzer Sheriff«. Aber wissen Sie, Mr. Scott, es macht mir gar nichts aus. Ich hab nichts dagegen. Ich war mm mal so... und ich bin heute immer noch so. Aber so nehmen Sie doch Platz, Mr. Scott. Hören Sie sich einiges über die Gegend an... und warum ein Mann darauf stolz sein kann.«