Der Tod kommt mit dem Wohnmobil - Susanne Hanika - E-Book
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Der Tod kommt mit dem Wohnmobil E-Book

Susanne Hanika

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Beschreibung

Der Musch ist tot! Kalt und nackt liegt er in Evelyns Wohnmobil. Aber wie ist er dort hingekommen? Und wer hat ihn ermordet? Evelyn gibt sich ahnungslos - und Sofia ist verzweifelt. Schließlich will sie den Campingplatz, das Erbe ihrer bayerischen Großmutter, einfach nur wieder loswerden. Aber wer kauft schon einen Campingplatz, auf dem ein Mörder frei herumläuft? Zwischen all den verrückten Dauercampern! Die örtliche Polizei erweist sich als wenig hilfreich, präsentiert sie doch Sofias tote Großmutter als vermeintliche Täterin! Jetzt muss Sophia auch noch den Ruf ihrer Familie retten und den Mörder finden, bevor er erneut zuschlägt. Oder handelt es sich gar um eine Mörderin?

"Der Tod kommt mit dem Wohnmobil" ist der erste Roman in der neuen Bayern-Krimi-Reihe "Sofia und die Hirschgrund-Morde" von Erfolgsautorin Susanne Hanika. Krimi trifft auf Humor, Nordlicht auf bayerische Dickschädel, Singlefrau auf Jugendliebe und feschen Kommissar - dazu jede Menge Leichen, Mörder und Ganoven. Und all dies vor herrlich bayrischer Kulisse!

eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung!

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Seitenzahl: 237

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Inhalt

CoverSofia und die Hirschgrund-Morde – Die SerieÜber diese FolgeÜber die AutorinTitelImpressumKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Kapitel 10Kapitel 11Kapitel 12Kapitel 13Kapitel 14Kapitel 15Kapitel 16Kapitel 17Kapitel 18Kapitel 19Kapitel 20Kapitel 21EpilogLeseprobe

Sofia und die Hirschgrund-Morde – Die Serie

Blaues Wasser, klare Luft, in der Ferne bei schönem Wetter die Alpen – das ist der Hirschgrund, ein idyllischer See mitten in Bayern. Nebenan der gleichnamige Campingplatz. Doch die Idylle trügt – denn diese Saison wird mörderisch.

Kaum ist die neue Besitzerin Sofia auf dem Platz angekommen, stolpert sie über den ersten Toten. Sofia ist entsetzt! Und dann neugierig. Bald schon entdeckt sie ihr Talent fürs Ermitteln und fängt an, in der bayerischen Idylle so einiges umzukrempeln …

Über diese Folge

Der Musch ist tot! Kalt und nackt liegt er in Evelyns Wohnmobil. Aber wie ist er dort hingekommen? Und wer hat ihn ermordet? Evelyn gibt sich ahnungslos – und Sofia ist verzweifelt. Schließlich will sie den Campingplatz, das Erbe ihrer bayerischen Großmutter, einfach nur wieder loswerden. Aber wer kauft schon einen Campingplatz, auf dem ein Mörder frei herumläuft? Zwischen all den verrückten Dauercampern! Die örtliche Polizei erweist sich als wenig hilfreich, präsentiert sie doch Sofias tote Großmutter als vermeintliche Täterin! Jetzt muss Sofia auch noch den Ruf ihrer Familie retten und den Mörder finden, bevor er erneut zuschlägt. Oder handelt es sich gar um eine Mörderin?

»Der Tod kommt mit dem Wohnmobil« ist der erste Roman in der neuen Bayern-Krimi-Reihe »Sofia und die Hirschgrund-Morde« von Erfolgsautorin Susanne Hanika. Krimi trifft auf Humor, Nordlicht auf bayerische Dickschädel, Singlefrau auf Jugendliebe und feschen Kommissar – dazu jede Menge Leichen, Mörder und Ganoven. Und all dies vor herrlich bayerischer Kulisse!

Über die Autorin

Susanne Hanika, geboren 1969 in Regensburg, lebt noch heute mit ihrem Mann und ihren vier Kindern in ihrer Heimatstadt. Nach dem Studium der Biologie und Chemie promovierte sie in Verhaltensphysiologie und arbeitete als Wissenschaftlerin im Zoologischen Institut der Universität Regensburg. Die Autorin ist selbst begeisterte Camperin und hat bereits zahlreiche Regiokrimis veröffentlicht.

SUSANNE HANIKA

Der Tod kommt mit dem Wohnmobil

Bayernkrimi

beTHRILLED

Originalausgabe

»be« – Das eBook-Imprint von Bastei Entertainment

Dieses Werk wurde vermittelt durch die agentur literatur Gudrun Hebel.

Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Meike Frese

Lektorat/Projektmanagement: Rebecca Schaarschmidt

Covergestaltung: U1berlin/Dunja Berndorff unter Verwendung von Motiven © muha04/depositphoto.com, © prapann/shutterstock, © Aleksey Stemmer/shutterstock, © ppart/shutterstock, © VikaSuh/shutterstock, © Curioso/shutterstock, © mubus7/shutterstock, © Vereshchagin Dmitry/shutterstock, © Kaye Grogan/shutterstock, © SF photo/shutterstock

eBook-Erstellung: hanseatenSatz-bremen, Bremen

ISBN 978-3-7325-5129-3

Dieses eBook enthält eine Leseprobe des in der Bastei Lübbe AG erscheinenden Werkes »Der Tod sonnt sich im Campingstuhl« von Susanne Hanika.

Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Covergestaltung: U1berlin/Dunja Berndorff unter Verwendung von Motiven © muha04/depositphoto.com, © prapann/shutterstock, © Aleksey Stemmer/shutterstock, © ppart/shutterstock, © VikaSuh/shutterstock, © Alex Helin/shutterstock, © paranormal/shutterstock

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Kapitel 1

Noch immer hing das dunkel gemaserte Holzschild mit der weißen Aufschrift »Rezeption« über der Tür. Sogar der metallene schwarze Fußabkratzer in Form eines langgestreckten Dackels hatte die Jahre überlebt. Entkräftet von dem langen Fußmarsch vom Bahnhof setzte ich mein Gepäck direkt vor der Tür ab, und unwillkürlich tauchten ein paar Bilder von früher vor meinem geistigen Auge auf: Schlammige Schuhe, die ich als Kind an dem Dackel gereinigt hatte. Sonnige Nachmittage, die ich auf der Bank neben der Rezeption liegend verbracht hatte – die Holzbank gab es auch noch. Wo hatte ich nur den Schlüssel hingesteckt, den ich zugeschickt bekommen hatte?

Da ich ihn in den Untiefen meiner überdimensionierten Handtasche nicht gleich fand, warf ich automatisch einen Blick nach oben. Wie oft hatte sich meine Nonna, die Mutter meiner Mutter, aus diesem Fenster gebeugt und gerufen, ich möge doch endlich zum Essen kommen! Das Fenster war leicht zu erkennen, weil direkt darüber ein Hirschgeweih aufgehängt war. Der Vierzehnender, wie mein Großvater immer gesagt hatte.

Endlich hatte ich mich in der Tasche zu dem alten Schlüssel vorgetastet und schob ihn ungeschickt mit der linken Hand in das Schlüsselloch. Doch das wäre gar nicht nötig gewesen: Die Tür ließ sich einfach aufdrücken. Dabei bimmelte die Türglocke melodisch, genau wie früher. Richtig, Nonna hatte die Rezeption nie abgeschlossen, wieso sollte also sonst jemand damit angefangen haben.

Meine Arme fühlten sich an, als reichten sie bis zum Boden, und nur widerstrebend hob ich den Koffer und die Tasche wieder hoch. Als ich hinter mir Schritte hörte, drehte ich mich um und sah eine aufgetakelte, ältere Frau mit wiegenden Hüften Richtung Toilettenhäuschen gehen. Schnell trat ich durch die Tür, zog sie hinter mir zu und atmete erleichtert auf. Nach fast neun Stunden Zugfahrt hatte ich keine Lust mehr auf Begegnungen mit Campinggästen. Ich bin die Enkelin, ich habe den Campingplatz geerbt. Und nein, keine Angst, ich werde den Campingplatz nicht führen, ich werde nur die Dinge regeln, den Platz verkaufen und anschließend wieder das Weite suchen.

Soweit jedenfalls mein Plan.

Nichts gegen Bayern, ich hatte fast jeden Sommer bei meiner Nonna verbracht, und meine besten Kindheitserinnerungen stammten von hier. Aber ich hatte weder kaufmännische noch sonstige Kenntnisse, die mich qualifizierten, einen Campingplatz zu leiten. Außerdem war ich es inzwischen gewohnt, in einer Großstadt zu leben. Totenstille und stockfinstere Nächte waren wirklich nicht mehr mein Ding.

Mit einem Seufzen stellte ich mein Gepäck einfach mitten in den Raum und sah durch das schmutzige, von rotkarierten Vorhängen umrahmte Fensterchen auf den Campingplatz hinaus. Eigentlich hatte sich hier überhaupt nichts verändert. Selbst das Toilettenhäuschen stand noch dort wie vor zwanzig Jahren, und ich würde all mein Bares darauf verwetten, dass die Fliesen noch immer kackbraun waren. Dass die Leute sich nicht schon längst einen moderneren Stellplatz gesucht hatten, war mir ein Rätsel. Vielleicht, weil sie noch immer der Meinung waren, das große Campinglos gezogen zu haben, schließlich blickte der Campingplatz bereits auf 60 Jahre zurück. Zwei Kilometer weiter befand sich zwar noch ein Campingplatz, aber der hatte einfach keinen Stil, wie Nonna nicht müde gewesen war zu betonen.

Und außerdem: Die Lage von Nonnas Platz war wirklich fantastisch. Nicht weit von Hirschlingen, gleichzeitig direkt neben ausgedehnten Wäldern, unglaublich idyllisch am See gelegen.

Der See am Hirschgrund.

Ich hörte mich selbst ganz leise aufseufzen. Selbst von hier aus konnte man hinter den hohen Schwarzerlen die spiegelglatte Wasserfläche in den letzten Sonnenstrahlen glitzern sehen. Reiß dich zusammen, Sofia, dachte ich mir. Jetzt nur nicht schwelgen, oder noch besser, rumheulen. Und dir darüber Gedanken machen, was du hier schon alles erlebt hast!

In dem Moment hörte ich Motorengeräusche und sah, wie ein Mercedes mit Wohnwagen auf den Vorplatz gefahren kam und anhielt.

Wenn ich jetzt schnell genug war, konnte ich von der Rezeption direkt ins Haus laufen, das ging ganz einfach, man musste nur die alte, hintere Holztür aufdrücken. Aber noch bevor ich auch nur die Chance hatte, über meinen Koffer zu fallen, hörte ich das vertraute Bimmeln der Türglocke, und ein älterer Herr trat hinter mir ein.

»Guten Tag.« Er klang, als käme er aus ganz im Norden. »Ich brauche einen Platz für einen Wohnwagen und ein Auto. Ein Erwachsener samt Hund.«

Der Hund war ein winziger Rauhaardackel und versuchte, hinter den Tresen zu kommen.

»Wir schließen«, sagte ich. Wenn auch nicht heute. Aber demnächst.

»Wie bitte? Es ist erst fünf Uhr am Abend.«

Ich erklärte ihm nicht, dass ich das mit dem Schließen für »immer und ewig« gemeint hatte. Je weniger ich mit ihm herumdiskutierte, desto schneller konnte ich hinüber ins Haus gehen und mir die Bettdecke über den Kopf ziehen. Stattdessen murmelte ich etwas von »Na, dann schauen wir doch mal«. Ich wusste zwar nicht, was ich mit Schauen erreichen konnte, trat aber trotzdem hinter den Tresen. Dort stellte ich als allererstes fest, dass auch die Kasse nicht abgeschlossen war, sondern halb offen stand. Sie war gefüllt mit Scheinen und vor allen mit unzähligen Ein- und Zwei-Euro-Münzen. Ein Lageplan des Campingplatzes lag auf dem Tresen, daneben ein Stapel etwas aufgewellter Postkarten. Neben dem Computer, der ungefähr aus der Steinzeit der Informationstechnologie stammen musste, lag ein Zettel mit der Aufschrift »aktuelle freie Plätze.«

Der Zettel war dem Datum nach acht Monate alt und enthielt somit keine nützlichen Informationen. Die Plätze am See waren rot umkreist, und darunter stand, ebenfalls in roter, zackiger Schrift, »Schmidkunz vormerken«. Es sah so aus, als hätte meine Nonna das in ziemlicher Rage hingeschrieben.

»Und?«, fragte der Mann, da ich nichts sagte. »Brauchen Sie meinen Ausweis?«

»Nicht nötig«, sagte ich. Ich hatte keine Ahnung, wie das meine Nonna gehandhabt hatte. Außerdem war es mir egal, ob der Typ sich morgen früh aus dem Staub machte, ohne zu zahlen. Eigentlich wäre mir das lieber gewesen, weil ich dann nicht hätte nachschauen müssen, wie viel eine Übernachtung kostete.

»Ich heiße Manfred«, sagte er trotzdem, da er es anscheinend nicht fassen konnte, sich nicht ausweisen zu müssen. »Manfred Murinski.«

»Also. Hm. Was halten Sie davon, Herr Murinski, wenn Sie einfach mal über den Campingplatz schlendern und schauen, ob es Ihnen hier überhaupt gefällt«, schlug ich vor.

»Überhaupt gefällt?«, wollte der Mann mit großen Augen wissen.

»Ja. Das soll’s geben, dass einem ein Campingplatz nicht zusagt. Zum Beispiel die Toiletten. Könnte ja sein, dass die nicht sauber sind. Oder die Fliesen zu braun.« Die waren nämlich nicht nur braun, sondern auch noch in sich gemustert, sodass man nie genau wusste, ob es sich um Spinnen, Dreck oder Muster handelte.

Ich legte eine bedeutsame Pause ein, und noch immer sah mich der Mann mit sehr großen Augen an. Gerade für die Toiletten wollte ich nicht meine Hand ins Feuer legen. Eine gute Putzfrau zu bekommen war schon schwierig, wenn man einen Zwei-Personen-Haushalt führte.

»Einen richtigen Strand haben wir auch nicht. Das Wasser ist noch kalt.«

Allerdings ging man im hohen Norden auch bei Wetterverhältnissen baden, bei denen Süddeutsche konsequent Pullover und Anoraks trugen. Da er nicht gleich das Weite suchte, seufzte ich tief. »Dann suchen Sie sich eben einen Platz. Wenn Sie einen freien finden, dann können Sie bleiben.«

»Und dann komme ich wieder her und melde mich an?«, fragte er sehr zuvorkommend.

»Nein, nein. Dann stellen Sie Ihren Wohnwagen ab und machen sich einen schönen Abend.«

Das würde ich nämlich jetzt auch gerne machen.

Dem Mann fiel nichts mehr ein, er sah mich an, als wäre ich ein Alien, oder zumindest jemand mit einer tiefen psychischen Störung. Trotzdem drehte er sich um und ging kommentarlos.

Eine Weile blickte ich ihm nach. Er lief als erstes zu seinem Auto und setzte sich wieder hinein, um auf dem Beifahrersitz etwas zu suchen. Vielleicht hatte ich ihn ja wirklich verschreckt, und er fuhr gleich wieder ab.

Müde setzte ich mich auf den uralten Drehstuhl. Das Häkeldeckchen auf dem Sitzpolster entlockte mir erneut ein wehmütiges Lächeln. Wie sehr hatte Nonna dieses Geschenk eines Campinggastes in Ehren gehalten. Bestimmt war die Schenkerin inzwischen auch verstorben. Müde streifte ich meine Ballerinas ab und schlüpfte in die Flipflops, die hier standen. Meine Großmutter hatte den Sommer über kaum andere Schuhe getragen. Am liebsten hätte ich geheult.

Nicht nur wegen Nonna. Auch wegen des Schlafmangels, denn ich hatte die ganze letzte Nacht kein Auge zugemacht. Schließlich verließ man nicht alle Tage seinen angetrauten, untreuen, bescheuerten Ehemann. Jetzt, wo ich auf meinem – meinem, wie sich das anhörte! – Campingplatz angekommen war, schien die Anspannung der letzten Tage zu zerbröseln, und ich ließ meinen Kopf auf den Schreibtisch sinken. Nur für ein kleines Momentchen die Augen schließen. Dann würde ich mich aufraffen und ins Haus gehen. Ganz bestimmt.

Du wirst das alles regeln, dachte ich mir, und das Gefühl, nicht mehr aufstehen zu können, wuchs. Das ist der erste Tag meines neuen Lebens, prophezeite ich mir selbst, auch wenn ich nicht so recht wusste, wohin ich gehen würde, wenn der Campingplatz erst einmal verkauft war. Und dann fielen mir die Augen zu.

Später rekonstruierte ich, dass ich gegen sechs Uhr abends eingeschlafen sein und dreizehn Stunden mehr oder weniger fest geschlafen haben musste. An einem Schreibtisch sitzend einzuschlafen war mir das letzte Mal mit zwölf Jahren im Mathe-Unterricht passiert. Peinlicherweise hatte ich damals auch noch geschnarcht und mir damit einen Verweis eingehandelt. Den bekam ich dieses Mal natürlich nicht. Einmal in der Nacht war ich kurz aufgeschreckt – da zeigte die Uhr neben mir gerade vier Uhr. Ein Hund hatte gebellt, oder vielmehr geheult wie ein Wolf.

Aber im nächsten Moment war ich schon wieder hinüber ins Land der Träume gesegelt.

Plötzlich befand ich mich auf einem riesigen Campingplatz, wo wirklich alles dunkelbraun-fleckig gefliest war, das Klohäuschen, das Wohnzimmer und die Küche. Selbst das Badezimmer, das ich den Rest meines Lebens benutzen würde.

Dann klingelte es in meinem Traum, und es klang genau wie die frühere Klingel der Rezeption meiner Großmutter, doch mein seliger Schlaf wurde durch ein lautes Krachen unterbrochen. Mit einem theatralischen Stöhnen wurden direkt vor mir auf den Tresen zwei Plastikkörbe geknallt. Verschwommen nahm ich eine Dame mit knallrot gefärbten Haaren wahr, die von einer Party zu kommen schien. Und die Brötchen mitgebracht hatte, aus welchem Grund auch immer.

»Hallo. Schätzchen«, stieß sie auf eine Art hervor, die vermuten ließ, dass ich etwas falsch gemacht hatte.

Ihre Stimme war ziemlich tief und männlich. Als hätte sie ihr ganzes Leben zu viel geraucht, getrunken oder geschrien. Oder auch alles drei.

»Hallo«, antwortete ich automatisch.

»Ganz die Elli«, sagte die Frau mit der rauchigen Stimme.

»Du bist doch Ellis Enkelin?«

Ich nickte. »Sofia Ziegler.«

»Gut, dass du da bist, Schätzchen. Ich bin vollkommen außer mir!«, besann sie sich auf ihre ursprüngliche Mission.

Vage meinte ich, mich von früher an sie zu erinnern. Konnte es sein, dass sie schon seit zwanzig Jahren hier auf den Campingplatz kam?

»Und wer sind Sie?«

Sie musterte mich von oben bis unten, als hätte ich Angelina Jolie gefragt, wer sie sei.

»Evelyn«, antwortete sie kurz angebunden. Evelyn trug eine knallenge Lederjacke mit Fransen, dazu eine enge Jeans und Cowboystiefel mit Glitzersteinchen, alles eine Nummer zu klein, aber damit schien sie gut leben zu können. An ihren Ohren baumelten derart riesige Glitzerohrringe, dass sich ihre Ohrläppchen nach unten dehnten.

»Du musst dir das unbedingt ansehen. Jetzt. Auf der Stelle.«

Ich war viel zu verwirrt, um zu widersprechen. Stattdessen starrte ich leicht irritiert in den kleinen Spiegel, der direkt hinter dem Tresen hing und mir sehr gut ermöglichte, mein Äußeres im Sitzen zu kontrollieren. Meine Großmutter hatte sehr auf ihre Erscheinung geachtet. Überall im Haus hingen Spiegel bereit, um jederzeit Frisur und Make-up korrigieren zu können. Mir offenbarte sich ein ziemlich zerknittertes Gesicht. Anscheinend hatte ich auf etwas geschlafen, das ein wirres Muster auf meiner rechten Wange hinterlassen hatte. Doch mein Körper fühlte sich trotz der unmöglichen Schlafstellung sehr entspannt an, vielleicht, weil ich schon eine ganze Weile nicht mehr derart lange am Stück geschlafen hatte.

»Ich möchte auf jeden Fall einen Zeugen bei mir haben, wenn du verstehst, was ich meine.« Sie benahm sich mir gegenüber so, als würden wir uns schon ewig kennen. Aber ich wusste, dass das eine seltsame Angewohnheit der Bayern war: Sie laberten mit jedem wie ein Norddeutscher mit seiner engsten Verwandtschaft.

»Nein. Verstehe ich nicht«, sagte ich ehrlich.

»Schätzchen, Zeit mit mir mitzukommen!«, befahl sie, ohne die Sache mit dem Zeugen näher zu erläutern. Ich stand einfach auf und folgte ihr.

Als Evelyn die Tür öffnete und mich die Sonnenstrahlen blendeten, fühlte ich mich einfach nur erfrischt. Es fühlte sich an, als würde ich schweben, als ich bergab über den Campingplatz schlurfte. Die alten Schlappen meiner Nonna klatschten bei jedem Schritt auf den Asphalt, während neben mir energisch Evelyns hohe Absätze klackerten, die mit einem sehr aggressiven Stakkato das Tempo vorgaben.

Der Weg, der hinunter zum See führte, war gesäumt von üppig blühenden Blaukissen in unterschiedlichen Blau- und Violetttönen. Der Rasen war saftig grün, und auch die Bäume waren dicht belaubt. Die Äste der Birken hatten hellgrün ausgetrieben, und die Sonnenstrahlen kitzelten die schönsten Farben heraus. Ich spürte, wie die Anspannung der letzten Tage immer weiter von mir abfiel.

Was für ein wunderbarer Tag im Mai, hätte jetzt meine Nonna geschwärmt. Und vielleicht noch hinzugefügt, dass der Mai wirklich die einzige Jahreszeit war, die sie Neapel vergessen ließ.

Na gut, meist sagte sie das auch im April, im Juni, Juli und August. Wenn es im Winter Schnee hatte, dann auch. Nur wenn der Nebel sich festsetzte, behauptet sie steif und fest, »jede einzelne Sekunde« zu bereuen, die sie je in Bayern verbracht hatte.

Was mir selbst in Bayern fehlte, war der Wind. Zumindest an der Elbe ging immer eine steife Brise, das hielt den Kopf klar.

»Manchmal brauche ich ein bisschen mehr Trubel«, unterbrach Evelyn mich in meinen Gedanken, »gestern war bei der Erna Ladies’ Night. Deshalb war ich heute Nacht nicht zuhause. Wenn du mal …«

»Jaja«, unterbrach ich sie, noch völlig erstaunt, dass ich vergessen hatte, wie schön es hier war. Ich betrachtete wohlwollend die roten und gelben Tulpen neben dem Toilettenhäuschen. Das Beet sah wirklich reizend aus. Einmal abgesehen von der hässlichen Konifere direkt daneben.

»Wenn du mal mitkommen willst«, ließ sie sich nicht unterbrechen, »man kann so viele Cocktails trinken, wie man will.«

Deswegen also die leichte Fahne. Es roch ein klein wenig nach Fichtennadeln und nach Sommer, obwohl es Mai war und noch nicht richtig Sommer. Vielleicht sollte ich den Campingplatz nicht sofort verkaufen. Ich könnte auch erst noch ein paar nette Wochen hier verbringen.

Wir steuerten auf ein riesiges Wohnmobil zu, das etwas abseits stand und vor dem zwei noch zusammengeklappte graue Campingstühle an einem Campingtisch lehnten. Wir standen schon fast davor, als die Tür eines benachbarten Wohnwagens aufgestoßen wurde und ein ungekämmter alter Mann heraustrat.

»Gottfried«, sagte Evelyn, sich selbst unterbrechend.

Etwas irritiert verlangsamte ich meinen Schritt. Hatte er einen Schlafanzug an?

»Hmpf«, gab Gottfried von sich und steuerte eiligen Schrittes Richtung Klohäuschen.

»Also, pass auf«, fuhr Evelyn an mich gewandt fort. Über Gottfrieds Aufmachung schien sie sich nicht im Geringsten zu wundern.

»Und heute in der Früh komme ich nach Hause, und du stellst dir nicht vor, was ich dort finde!«

Meine Schritte wurden ein wenig langsamer. Das erinnerte mich nämlich an die Klagen meiner Nonna darüber, was für ein buntes Völkchen die Camper doch seien. Und dass sie jeden Tag mit anderen Problemen zu kämpfen hatte. Vielleicht hatte sich letzte Nacht jemand vor Evelyns Camper erbrochen, und sie erwartete jetzt von mir, dass ich das wegmachte.

Das würde ich auf gar keinen Fall tun! Ich würde nämlich den Campingplatz mitsamt dem Erbrochenen verkaufen, dass das nur klar war!

Doch bevor ich protestieren konnte, öffnete Evelyn die Tür ihres Wohnmobils und schob mich energisch hinein.

Kapitel 2

Ich weiß nicht genau, wie ich mir das Innere ihres Wohnmobils vorgestellt hatte, aber allein ihr extravagantes Auftreten hätte mir eine Warnung sein sollen. Mein Blick fiel als erstes auf ein geöffnetes Barfach, das blau beleuchtet war und diverse Alkoholika enthielt. Daher vermutlich die tiefe Stimme. Ich bestaunte für einen Moment die glitzernden Gläser, danach den extravaganten, knallbunten Perser, auf dem ich stand, und außerdem die dazu passenden Vorhänge. Ihre Liebe zu Glitzer war omnipräsent. Wenn man sich von dem Barfach abwandte, sah man sich riesigen Goldspiegelfolien gegenüber. Sie schienen schlank zu machen, denn ich sah erfreulich dünn aus. Als ich schließlich die blitzblanke Küche bestaunte, fragte Evelyn etwas ungehalten von draußen, was ich dazu sagte.

Ziemlich viel Glitzer, fiel mir dazu nur ein, aber ich fragte diplomatisch: »Ähm, zu was genau?«

»Du musst die Schiebetür öffnen«, rief sie von draußen, nachdem sie anscheinend keine Lust hatte, ihr eigenes Wohnmobil zu betreten. Ich öffnete eine Schiebetür und blickte in ein glitzerndes Bad mit einer riesigen Dusche. Ich hatte in meinem ganzen Leben noch keinen so großen Duschkopf besessen. Klassischer Campingurlaub war wohl nicht so das ihre. Wobei die Frage war, ob sie hier jemals geduscht hatte. Alles war so blitzblank gewienert, dass man keinen einzigen Wasserspritzer sah. Aber auch hier konnte ich nichts Ungewöhnliches entdecken, zumindest hatte sich keiner in ihrer Dusche erbrochen.

»Und?«, fragte sie. Ihre rauchige Stimme klang inzwischen schon ziemlich ungehalten.

Erst da kapierte ich, dass der riesengroße Spiegel im hinteren Teil des Wohnmobils ebenfalls eine Schiebetür war, und dass ich die wohl öffnen sollte. Zunächst starrte ich nur auf mein derangiertes Äußeres. Auch dieser Spiegel machte schlank, aber der Anblick war trotzdem nicht so erfreulich. Man sollte sich abgewöhnen, auf Rechnungsbüchern einzuschlafen, die rote Kanten auf der Stirn hinterlassen.

Brav öffnete ich die glitzernde Spiegel-Schiebewand und sah auf ein riesengroßes Bett mit dunkelroten Kissen und Bettdecken. Wow. Riesig. Echt kuschelig hier. Zwar überhaupt nicht mein Geschmack, aber trotzdem …

Dann erblickte ich einen kahlen Kopf und einen nackten Arm und konnte nur knapp einen Aufschrei unterdrücken.

»Da schläft jemand!«, flüsterte ich, nachdem ich mit einem gewaltigen Satz zurück zum Eingang des Wohnmobils gesprungen war.

»Und wieso flüsterst du dann?!«, fragte Evelyn ziemlich laut und ärgerlich. »Der kann sich nicht in mein Bett legen und da übernachten! Weck ihn auf.«

Wieso hatte sie das selbst noch nicht getan? Und gehörte das wirklich zu meinen Aufgaben? Dass ich fremde – womöglich komplett nackte – Männer aus einem fremden Bett zerrte?

Sie schob mich zurück ins Wohnmobil.

»Wie ist er denn da hineingekommen?«

»Ja wie wohl. Er wird die Tür geöffnet haben und hineingegangen sein.«

»Aber die Tür war abgesperrt«, sagte ich.

»Nein. Ich sperre nie ab. Das ist nicht nötig.«

»Wie man sieht, schon«, bemerkte ich schlecht gelaunt.

»Und jetzt schmeiß ihn raus.«

»Und warum machen Sie das nicht selbst?«

»Dazu braucht man eine offizielle Person«, behauptete Evelyn.

»Ich bin keine offizielle Person«, wehrte ich mich.

»Offizieller als ich jedenfalls schon.«

Vielleicht litt ich noch mehr unter dem Brave-Mädchen-Syndrom als gedacht, denn ich näherte mich dem tief schlafenden Mann noch ein zweites Mal.

»Hallo?«, fragte ich vorsichtig. »Hallo? Könnten Sie bitte aufstehen? Sie befinden sich in einem … ähm, fremden Bett.«

Unsicher kehrte ich zu Evelyn zurück, um sie über den Stand der Dinge zu informieren.

»Vielleicht sollten wir draußen warten. Der Typ ist vermutlich nackt und will sich erst einmal anziehen.« Ich hatte zwar keine Kleidungsstücke gesehen, und er hatte sich bis jetzt auch nicht bewegt, aber irgendwann würde er auch von alleine aufwachen. Manchmal musste man eben ein bisschen Geduld haben.

»Das ist mir egal«, erklärte sie mir böse.

Diesen Campingplatz loszuwerden war mir plötzlich ein ganz dringendes Anliegen. In Gedanken begann ich, mir die Anzeige für den Verkauf des Platzes auszumalen. »Wollen Sie beruflich neu durchstarten?«, formulierte ich. »Haben Sie einen besonderen Bezug zur Natur? Ihre neue Camping-Immobilie ist die perfekte Wahl! Immer mehr Menschen wollen dem Stress der Zeit entfliehen, raus aufs Land, in die Natur.« Bis vorgestern hatte ich nämlich als Texterin in der Firma meines Mannes gearbeitet, und ich war wirklich gut, wenn ich genügend Motivation dahinter hatte.

Und gerade im Moment war ich wirklich extrem motiviert!

»Das wäre unhöflich«, sagte ich, während ich überlegte, in welchen Zeitungen ich die Anzeige veröffentlichen würde.

»Das ist egal«, wiederholte Evelyn mir böse. »Zieh ihm die Decke weg.«

Ich würde oft das Wort »anheimelnd« benutzen. Anheimelnde Atmosphäre! Dabei hatte ich seltsamerweise sofort den Gottfried im Schlafanzug vor Augen. Die Renaissance des Campingplatzes! Zurück zur Natur! Entschleunigung! Anheimelnde Entschleunigung in anheimelnder Natur! Mit einem anheimelnden Gottfried und fremden Männern in anheimelnd fremden Betten!

»Elli hätte ihm die Decke weggezogen. Und ihn hinausgestampert.«

Davon war ich überzeugt. Meine Nonna war eine wirklich resolute Person gewesen, und ihr italienisches Temperament hatte das seine dazu getan.

»Das ist genau genommen IHR Wohnmobil«, sagte ich und ermahnte mich selbst dazu, keine Rücksicht auf Camper-Gefühle zu nehmen, schließlich wollte ich den Campingplatz ja verkaufen!

»Ich zahle regelmäßig meine Platzgebühren«, wandte Evelyn pikiert ein. »Und das seit Jahren.«

»Danke«, antwortete ich automatisch und verbesserte mich danach gleich hastig: »Aber das Rausschmeißen fremder Männer aus den Wohnmobilen ist nicht in der Platzgebühr enthalten.«

»Das sehe ich anders.«

»Das steht nicht im Platzvertrag«, behauptete ich, obwohl ich mir nicht hundertprozentig sicher sein konnte.

»Im Platzvertrag steht auch nicht, dass ich hier aufs Klo gehen kann«, fauchte sie mich an.

»Naja, schön, dass ich da ein Auge zudrücke«, konterte ich.

Weil ich keine Lust auf weitere Diskussionen hatte, kehrte ich um und riss die Bettdecke im Wohnmobil sehr beherzt herunter. Eine Weile starrte ich sprachlos auf einen alten, haarigen Hintern. Vielleicht hätte ich die Decke nicht gleich komplett herunterziehen müssen, aber Seide rutscht ja bekanntlich sehr gut.

»Entschuldigung«, sagte ich spontan zu dem nackten Hintern. »Aber. Hallo. Sie sind im falschen Bett.«

»Oh Gott. Der Musch«, sagte Evelyn fassungslos, die mir inzwischen über die Schulter lugte. Anscheinend konnte sie ihn anhand seines nackten Hinterns identifizieren.

Angestrengt fixierte ich die einzigen bekleideten Körperteile: seine Füße. Die steckten noch in schwarzen Nylonsocken. Kein Wunder. Die Nächte konnten hier auch im Mai noch empfindlich frisch werden.

»Musch! Musch!«

Musch hatte einen gesegneten Schlaf. Vielleicht hatte er in der Nacht genauso wenig geschlafen wie Evelyn und deswegen ein paar Schlaftabletten eingenommen.

»Musch!«, wiederholte sich Evelyn energisch. »Das kann doch wohl nicht wahr sein!«

Ich in seiner Situation hätte mich für den Rest des Vormittags schlafend gestellt, nur um mich nicht der Peinlichkeit auszusetzen, vor Evelyn und mir aus dem fremden Bett zu kriechen.

Evelyn kannte diese Schamgefühle offensichtlich nicht. Bei ihr konnte ich mir sehr gut vorstellen, dass sie nackt aus fremden Betten kroch. Energisch fasste sie an mir vorbei an die Wade des Mannes, um ihn wachzurütteln. Aber im nächsten Moment zuckte sie schon zurück und schnappte nach Luft.

»Oh Gott.«

Ihre Hände umschlossen meinen rechten Oberarm wie ein Schraubstock. Für einen Augenblick dachte ich, sie würde ohnmächtig werden, aber sie runzelte nur die Stirn. Ich brauchte keine weiteren Informationen von ihr. Mir war auch schlagartig klar geworden, wieso der arme Musch nicht seine Bekleidung zusammenraffte und verschwand.

»Er ist tot«, stellte Evelyn fest, inzwischen wieder mit gefasster Stimme. Sie war offensichtlich nicht kurz davor gewesen, ohnmächtig zu werden. Man darf nicht von sich auf andere schließen. »Okay. Das erklärt alles.«

»Was. Alles?«, fragte ich und starrte noch immer auf die Socken.

»Dass er nicht aufsteht«, stellte sie scharfsinnig fest.

»Ich muss die Polizei rufen«, sagte ich.

Der Satz erstaunte mich ein klein wenig. Also, der Satz an sich nicht, sondern, dass ich diejenige war, die zu dieser Schlussfolgerung gekommen war. Denn es fühlte sich an, als würde ich mir selbst zuhören. Besser gesagt, jemand ganz anderem, der vollkommen professionell und ruhig reagierte, während alles um ihn herum in Panik versank. Meine Beine schienen als erste bemerkt zu haben, dass etwas ganz gewaltig nicht stimmte, denn sie waren so zittrig, als würden sie mich bald nicht mehr tragen wollen. Als ich wieder klarer denken konnte, stand ich vor dem Wohnmobil, konnte mich aber nicht daran erinnern, wie ich dort hingekommen war.

Ich atmete einmal tief auf, dann bemerkte ich, dass Evelyn mir nicht gefolgt war.

»Evelyn?«

»Ja.«

»Wo sind Sie?«

Dumme Frage, nachdem sie mir nicht gefolgt war, ich weiß. Aber da ich gerade nur das Bedürfnis gehabt hatte, fluchtartig den Wagen zu verlassen, und nie, nie wieder zu betreten, kam mir die Frage doch nicht so komisch vor.

»Evelyn?«

Vorsichtig stieg ich wieder in das Wohnmobil.

»Was machen Sie da?«

Sie antwortete nicht, weil sie gerade mit dem halben Oberkörper in einem Staufach unter einer Bank steckte.

»Suchen Sie was?«

»Nein, ich bin ein ordentlicher Mensch.«

Sie stellte schweratmend eine pinkfarbene Reisetasche mit Rollen neben sich ab und ließ mit einem energischen Klacken sämtliche Wohnmobilfächer in Kopfhöhe aufspringen.

»Ordnung ist das halbe Leben«, informierte sie mich, den Blick fest auf die Wäschefächer gerichtet. In den Fächern war es nur halb so ordentlich, wie Evelyn tat.

»Evelyn.«

Mit in den Hüften gestemmten Fäusten blieb sie vor ihrer Tasche stehen und ignorierte mich.

»Evelyn. Wir müssen hier raus.«

Ich hatte keine Ahnung von Polizeiarbeit. Aber ich hatte schon ein paar Mal Tatort geschaut, und da schien es unglaublich wichtig zu sein, dass man an dem Ort des Verbrechens nichts veränderte. Vielleicht war Musch auch eines natürlichen Todes gestorben. Aber das konnten wir noch gar nicht wissen!

»Ja. Moment.«

»Ich muss die Polizei rufen«, erinnerte ich sie.

»Ich brauch dich hier nicht, ruf nur die Polizei«, sagte sie, ohne sich zu mir umzudrehen.

Sollte sie nicht besser mit mir rausgehen? Wahllos, wie mir schien, begann sie Wäsche in die Reisetasche zu werfen.

»Wollen Sie jetzt abhauen?«, fragte ich interessiert.

»Nein.«

»Verändern Sie den Tatort?«

»Nein.«