Der Tod schläft heut im Pferdestall - Susanne Hanika - E-Book

Der Tod schläft heut im Pferdestall E-Book

Susanne Hanika

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Beschreibung

Der Campingplatz ist um eine Attraktion reicher: Sofia und Evelyn haben die Scheune in ein Heu-Hotel verwandelt - und die erste Gäste lassen nicht lange auf sich warten: Eine Reitergruppe macht es sich mit ihren Pferden zwischen Strohballen und Lagerfeuer bequem. Aber mit der guten Stimmung ist es bald vorbei: Ein Fremder liegt tot auf der Pferdekoppel! Alles sieht nach einem tragischen Unfall aus. Doch so recht mag Sofia nicht daran glauben. In der Reitergruppe scheint so gut wie jeder etwas verbergen zu wollen! Ihre Nachforschungen bringen sie allerdings in große Gefahr, denn eins steht fest: Reiten kann Sofia nicht ...

"Der Tod schläft heut im Pferdestall " ist der dreizehnte Teil der erfolgreichen Bayern-Krimi-Reihe "Sofia und die Hirschgrund-Morde" von Susanne Hanika. Krimi trifft auf Humor, Nordlicht auf bayerische Dickschädel, Wieder-Single-Frau auf Jugendliebe und feschen Kommissar - dazu jede Menge Leichen, Mörder und Ganoven. Und all dies vor herrlich bayerischer Kulisse!

eBooks von be Thrilled - mörderisch gute Unterhaltung!


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Seitenzahl: 248

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Inhalt

CoverÜber diese SerieÜber diese FolgeÜber die AutorinTitelImpressumKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Kapitel 10Kapitel 11Kapitel 12Kapitel 13Kapitel 14Kapitel 15Kapitel 16Kapitel 17Kapitel 18Leseprobe

Sofia und die Hirschgrund-Morde –Die Serie

Blaues Wasser, klare Luft, in der Ferne bei schönem Wetter die Alpen – das ist der Hirschgrund, ein idyllischer See mitten in Bayern. Nebenan der gleichnamige Campingplatz. Doch die Idylle trügt – denn diese Saison wird mörderisch.

Kaum ist die neue Besitzerin Sofia auf dem Platz angekommen, stolpert sie über den ersten Toten. Sofia ist entsetzt! Und dann neugierig. Bald schon entdeckt sie ihr Talent fürs Ermitteln und fängt an, in der bayerischen Idylle so einiges umzukrempeln …

Über diese Folge

Der Campingplatz ist um eine Attraktion reicher: Sofia und Evelyn haben die Scheune in ein Heu-Hotel verwandelt - und die erste Gäste lassen nicht lange auf sich warten: Eine Reitergruppe macht es sich mit ihren Pferden zwischen Strohballen und Lagerfeuer bequem. Aber mit der guten Stimmung ist es bald vorbei: Ein Fremder liegt tot auf der Pferdekoppel! Alles sieht nach einem tragischen Unfall aus. Doch so recht mag Sofia nicht daran glauben. In der Reitergruppe scheint so gut wie jeder etwas verbergen zu wollen! Ihre Nachforschungen bringen sie allerdings in große Gefahr, denn eins steht fest: Reiten kann Sofia nicht …

Über die Autorin

Susanne Hanika, geboren 1969 in Regensburg, lebt noch heute mit ihrem Mann und ihren vier Kindern in ihrer Heimatstadt. Nach dem Studium der Biologie und Chemie promovierte sie in Verhaltensphysiologie und arbeitete als Wissenschaftlerin im Zoologischen Institut der Universität Regensburg. Die Autorin ist selbst begeisterte Camperin und hat bereits zahlreiche Regiokrimis veröffentlicht.

SUSANNE HANIKA

Der Tod schläft heut imPferdestall

Ein Bayernkrimi

Originalausgabe

»be« – Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG

Dieses Werk wurde vermittelt durch die agentur literatur Gudrun Hebel.

Copyright © 2021 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Meike Frese

Lektorat/Projektmanagement: Rebecca Schaarschmidt

Covergestaltung: U1berlin/Dunja Berndorff unter Verwendung von Motiven © muha04/depositphotos; VikaSuh/Shutterstock; ppart/Shutterstock; prapann/Shutterstock; demarcomedia/Shutterstock; Eric Isselee/Shutterstock;

eBook-Produktion: hanseatenSatz-bremen, Bremen

ISBN 978-3-7325-8566-3

Dieses eBook enthält eine Leseprobe des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes »Herr Heiland und der tote Pilger. Provinzkrimi« von Johann Simons.

be-ebooks.de

lesejury.de

Kapitel 1

Die Nacht hatte sich über meinen Campingplatz gesenkt und verschluckte den Wald am gegenüberliegenden Seeufer, die Johannisbeerbüsche und die Birken auf meinem Campingplatz. Nur die Wohnwägen und Wohnmobile waren erleuchtet, kleine, gemütliche Lichtinseln in der schwarzen Nacht.

Endlich hatte ich Zeit zum Durchatmen. Die letzten Tage vor der Sommersaison hier auf dem Campingplatz waren unglaublich stressig gewesen. Und so ganz war die Hektik des Tages auch noch nicht vorbei, denn es stand noch ein »kleines Event« bevor, wie Evelyn angekündigt hatte. Das hing eng mit einer Feuerstelle zusammen, die sie mit Alex bei der Scheune angelegt hatte, und ich war schon neugierig, was mich dort erwartete! Als Erstes wollte ich aber die Hunde rausführen, um später nicht noch einmal aufbrechen zu müssen.

Als ich mit Milo und Clärchen aus der Rezeption trat, blieb ich erst einmal stehen und ließ meinen Nacken kreisen. Der Himmel spannte sich nachtschwarz und von Milliarden von Sternen übersät über mir auf, und ich ließ meinen Kopf für eine Weile im Nacken ruhen. Dabei versuchte ich mich zu erinnern, ob ich jemals so einen fantastischen Nachthimmel gesehen hatte. Das lag vielleicht daran, dass zwei der Photovoltaik-Leuchten am Weg hinunter zum See ausgefallen waren und der Campingplatz deswegen besonders dunkel vor mir lag.

»Na komm«, sagte ich zu Milo, meinem alten Hundeherrn, und zupfte aufmunternd an der Leine.

Clärchen war schon längst Richtung See unterwegs, und Milo schlurfte etwas unwillig neben mir her. Innerlich schwärmte ich richtiggehend von meinem Platz. Wie unglaublich ruhig und still es doch bei mir war. Nur das Klatschen meiner Flipflops war zu vernehmen. Aus dem Klohäusl kam gerade ein Mann heraus, er war wohl duschen gewesen, denn er hatte nasse Crocs an. Als er mich überholte, hörte man das eilige »Quaatsch-Quaatsch« der Schuhe, während er schnellen Schrittes zu seinem Zelt lief. Ich sah ihn zwar nicht so genau, aber das Zelt, das er ansteuerte, hatte ich den ganzen Nachmittag beobachtet. Die Platzwahl schien ein größeres Problem gewesen zu sein. Mindestens eine halbe Stunde hatte er das Zelt halb aufgebaut hin und her getragen, mit dem Kopf im Zelt steckend, weil die Frau immer wieder einen besseren Standort gefunden hatte. Und seine zwei kleinen Töchter hatten stets folgsam und ohne sich zu beklagen, die Isomatten – ebenfalls auf dem Kopf balancierend – hinterhergetragen. Ich hatte mir schon überlegt, den Hetzenegger hinzuschicken. Der war im Zeltaufbau einsame Spitze – vor allen Dingen bei der Auswahl des richtigen Standorts. Das war nämlich das A und O beim Campen, dass man sich die örtlichen Begebenheiten genau ansah, damit man nicht versehentlich in einer Kuhle campte oder von spitzen Steinen, die sich durch die Matte bohrten, um den Schlaf gebracht wurde.

Da Clärchen schon längst beim See unten war, zog ich Milo über die hölzernen Stufen hinter mir her, um dann beim Strand zu Milos Lieblingspinkelbaum hinter Evelyns Café abzubiegen. Dort war noch Licht, obwohl es schon längst geschlossen war, und ich sah durch ein Fenster, dass Vroni und Evelyn an einem der Tische saßen. Vermutlich über diverse To-do-Listen oder ihre Handys gebeugt. Beide waren Dauercamper auf meinem Platz. Evelyn hatte sich inzwischen als Cafébesitzerin und Influencerin einen Namen gemacht und wurde momentan sehr von Vroni unterstützt. Da ich nicht noch weiter in Evelyns To-dos hineingezogen werden wollte, ging ich einfach weiter und blieb erst stehen, als Milo die große Pappel am Seeufer ausgiebig beschnuppern musste.

Irgendwo im Dunkeln hörte ich das Schnüffeln von Clärchen. Es raschelte im Unterholz, als wäre sie im Schilf auf der Suche nach etwas. Am anderen Ufer des Sees schrie ein Käuzchen, und gleich darauf antwortete ein zweites. Plötzlich platschte etwas laut im Wasser, als fiele ein schwerer Fischleib auf die Wasseroberfläche.

Ich atmete einmal tief ein. Die ruhigen Geräusche der Nacht lenkten mich davon ab, wie vollgepackt momentan mein Alltag war.

In meiner Hosentasche dingelte eine WhatsApp-Nachricht. Ich hakte die Leine von Milo aus und pfiff leise nach Clärchen. Dann kontrollierte ich meine Nachrichten. Mein Freund Jonas hatte mir geschrieben, dass es bei ihm spät werden und er vermutlich in Regensburg übernachten würde. Und dass ich nicht vergessen sollte, was ich versprochen hatte.

Ich verdrehte die Augen und schickte ihm ein GIF von Mr. Bean, der sich verständnislos hinter dem Ohr kratzte und mit den Augenbrauen wackelte.

Jonas antwortete mit drei Fragezeichen. Mit WhatsApp, Emoticons und GIFs hatte er es nicht so recht, und ich wusste, dass ich mich gerade aus der Affäre zog. Denn er wollte von mir hören, dass ich mir das Leichenfinden abgewöhnen wollte.

Genau genommen WOLLTE ich das natürlich auch!

Aber wenn die Leichen nun mal immer dort lagen, wo ich hinsah! Weil ich mich nach diesem Chat doch ein klein wenig gruselte, drehte ich eilig um. Als ich beim Café angelangt war, ging gerade die Tür auf, und Vroni kam heraus.

»So, jetzt noch der gemütliche Teil«, sagte sie zu mir und unterdrückte ein Gähnen.

»Bin schon gespannt«, antwortete ich.

Da ich nicht mit Organisatorischem belastet war, konnte ich das, was jetzt kam, ganz entspannt genießen. Zusammen gingen wir den Seeweg entlang bis zu der Holztreppe, die hinauf zum Campingplatz führte. Vronis Gummisohle tönte »Zapp-Zapp«, während meine Flipflops neben ihr »Klatsch-Klatsch« von sich gaben.

»Langer Tag?«, fragte ich.

Wir blieben unter der Außenlampe des Geschirrspülhäusls stehen, um die diverse Insekten schwirrten.

»Für morgen hat Evelyn noch einmal zwei Bewerbungsgespräche vereinbart«, erzählte mir Vroni. »Nach dem letzten Reinfall hab ich wenig Hoffnung, dass wir noch fündig werden.«

Evelyn hatte inzwischen durch ihr Café und ihr Instagram-Dasein so viel zu tun, dass sie Unterstützung benötigte. Bis jetzt hatte Vroni im Café sehr viel ausgeholfen, doch Evelyn hatte eingesehen, dass es ohne zusätzliches Personal nicht mehr ging. Nach etwa sieben Bewerbungsgesprächen war sie jedoch reichlich frustriert, und Vroni offensichtlich auch.

»Die von heute war doch gar nicht so übel«, sagte ich, da ich bei dem letzten Gespräch mit dabei gewesen war.

»Ja, aber von Regensburg war ihr das alles zu weit. Sie wollte nur für zwei Tage kommen. Evelyn braucht eine Ganztageskraft.«

Das sah ich auch so. Vroni war aktuell schließlich den ganzen Tag im Café zugange. Sie hatte schon abgenommen von der ganzen Arbeiterei!

Vroni seufzte, und obwohl das vermutlich überarbeitet klingen sollte, war eine zufriedene Note dabei. Wir lauschten eine Weile in die dunkle Nacht. Aus den beleuchteten Wohnwägen hörte man unterschiedliches Fernsehprogramm tönen. Zusammen gingen wir weiter Richtung Rezeption.

»Na, wir werden sehen, was der morgige Tag bringt«, meinte Vroni. »Wäre schon schön, wenn sie bald eine Hilfe findet, denn in nächster Zeit haben wir echt viel zu tun. Die Jurte ist nämlich wirklich ein Magnet, wir haben schon wieder eine Anfrage für eine Hochzeit!«

Seit ein paar Wochen stand auf meinem Campingplatz trotz meinem entschiedenen Widerspruch eine Jurte – und die Firma hatte sich zuerst geweigert, sie kostenlos abzuholen. Vor zwei Wochen hatte ich schließlich das Angebot bekommen, die Jurte nur für die Hälfte des Ursprungspreises kaufen zu können. Ursprünglich hatte ich kein Interesse daran gehabt, aber meine Dauercamper hatten mich so lange beschwatzt, bis ich schließlich zugestimmt hatte.

Und da die Hetzeneggers fanden, dass die Jurte nicht am richtigen Ort stand, hatten sich alle meine Dauercamper zusammengetan und die Jurte an einem neuen Ort aufgestellt. Und zwar auf meinem Zeltplatz, der Wiese, auf der nur Zelte aufgebaut werden durften. Direkt neben der alten Scheune meiner Nonna. Dort fügte sie sich tatsächlich fantastisch in die Landschaft ein.

»Die wollen unbedingt ihre Hochzeitsnacht in einer Jurte verbringen«, erzählte mir Vroni. »Und haben uns richtig angefleht, dass wir ihnen ein Angebot machen.«

Ich musste über die Formulierung grinsen. Das zeigte, dass Vroni sich schon ziemlich mit der ganzen Sache identifizierte.

Als wir beim Platz Nummer 1 vorbeigingen, sah ich den Gröning bei weit ausgeklapptem Fenster in seinem Wohnwagen am Tisch sitzen und lesen. Riesige Motten umschwirrten ihn und seine Lampe. Wir blieben stehen und grüßten sehr laut.

»Wollen Sie mit zur Scheune raufkommen?«, fragte ich den Gröning. Der verstand nicht richtig, was ich sagte, legte seine Hände hinter die Ohrwascheln und klappte sie nach vorne. »Ja, sehr warm«, sagte er schließlich.

»Eine Unterhaltung in der Gruppe ist eh nix für ihn«, sagte die Vroni.

»Vielleicht wäre ein Fliegengitter nicht schlecht«, schlug ich noch vor, während mir einer der riesigen Nachtschmetterlinge gegen die Stirn flog.

»Zwei Mohnsemmeln«, sprach Gröning weiter. »Hab ich aber schon bestellt.«

Da mir so eine Unterhaltung zu anstrengend war, wünschte ich ihm einen guten Abend, was er anscheinend verstanden hatte, und ging mit Vroni weiter. Die rollte mit den Augen.

»Das mit dem Hören wird immer schlimmer«, sagte sie. »Ich hab schon gar keine Lust mehr, so herumzuschreien.«

»Hast du die Bäckerbestellung schon durchgegeben?«, fragte die Vroni. »Ich hätte gerne ein Kornspitz statt der Mohnsemmel. Die Mohnsemmeln sind momentan immer so trocken, das mag ich nicht.«

»Mist, das hätte ich beinahe vergessen!«, stöhnte ich und sah auf die Uhr. »Da wird sich die Meierbeck aufregen, es ist schon nach neun Uhr.« Eigentlich war achtzehn Uhr für die letzte Bestellung ausgemacht, aber das hatte ich heute im wahrsten Sinne des Wortes total versemmelt. »Aber Glück für dich.«

»Viel zu tun, momentan«, erklärte mir Vroni meine Vergesslichkeit.

»Manchmal habe ich das Gefühl, man müsste mich neu booten«, gestand ich. »So wie bei einem Computer. Damit die aktuellen Informationen einfach die alten überschreiben.«

Die Sache mit der Jurte und die Vorbereitung der Scheune für die Reiter und Pferde hatten mich ganztags auf Trab gehalten. Und dann hatte ich noch aus reiner Neugierde an den Vorstellungsgesprächen teilgenommen.

»Eigentlich wollte ich darauf warten, dass die Reiter für ihr Frühstück die Backwaren bestellen«, erinnerte ich mich. »Ich glaube, das haben sie noch nicht getan.«

»Bei denen würde ich einfach jedem das Gleiche auftischen«, sagte die Vroni resolut. »Du als erfolgreiche Geschäftsfrau kannst nicht jedem hinterherlaufen.«

Damit hatte sie vermutlich recht. Aber ich hatte trotzdem das Gefühl, dass das zu meinem Kundenservice gehörte. Und dass ich liebend gerne die Menschen davon überzeugte, sich durch die ganze Palette der fantastischen Backwaren vom Meierbeck zu probieren!

Während wir in die Rezeption gingen, stimmte ich Vroni trotzdem zu. Auf dem Tresen lag tatsächlich noch die Bäcker-Bestellliste, und ich sah sofort, dass sich die Reiter noch nicht eingetragen hatten.

»Lass uns zusammen raufgehen«, schlug Vroni vor. »So im Dunkeln hätte ich ein bisserl Angst.«

Ich eigentlich nicht, aber netter war es allemal! So schnappte ich mir die Liste und stiefelte mit Vroni los. Clärchen schloss sich uns an, sie wollte uns auch beschützen. Milo dagegen sah für Ängstlichkeit keinen Anlass und legte sich mit einem Stöhnen vor meinen PC.

»Du musst dir das Leben einfacher machen«, riet mir Vroni. »Und nicht die Vergesslichkeit der anderen ausgleichen!«

Wenn man oben bei der Landstraße ankam, fiel einem sofort die Jurte ins Auge. Die sah in der Nacht einfach fantastisch aus, und fast automatisch hob ich mein Handy, um ein Bild von ihr zu machen. Sie leuchtete quasi von innen heraus und wirkte so unglaublich gemütlich neben der dunklen Scheune und dem finsteren Wald. Aus jeder Ritze schimmerte golden das Licht. Direkt davor war eine Feuerstelle angelegt, und jemand hatte schon sehr professionell Holz aufgeschichtet. Um die Feuerstelle waren Baumstämme gerollt worden, auf denen man nun sehr schön sitzen, ins Feuer starren, und vor sich hin schweigen konnte. Dahinter hatte Alex einen Anbindebalken für Pferde gebaut. Das sah sehr rustikal aus, besonders weil der obere Balken nicht gerade war, sondern ein geschälter, etwas in sich gedrehter Baumstamm.

»Das sieht doch wunderschön aus!«, schrieb ich Jonas und schickte ihm das Bild.

Prompt kam die Antwort: »Ich hoffe, die Reiter benehmen sich!«

Evelyn hatte die geniale Idee gehabt, unsere Scheune für Wanderritte zur Verfügung zu stellen und die Jurte als Übernachtungsgelegenheit herzurichten. Die vier Frauen, die vor drei Tagen angekommen waren, waren unsere ersten Gäste und sehr begeistert von dem rustikalen Ambiente. Besonders die Amerikanerin unter den Gästen bekam sich gar nicht mehr ein, sie betonte ständig, wie typisch deutsch hier alles sei. Ich hatte mir bis jetzt immer verkniffen, sie zu desillusionieren. Denn Jurten waren nicht typisch deutsch, und Lagerfeuer wohl überall auf der Welt zu finden.

»Mich würd’s ja aufregen, mit so vielen Fremden in einem Zelt«, merkte die Vroni neben mir an, die keinen Sinn für diese Art von Romantik hatte. »Mich regt ja manchmal sogar der Franz im Wohnwagen auf, obwohl das gar kein Fremder ist!«

Während wir auf die Jurte zugingen, erzählte sie mir noch, dass sie mit ihrem Leben momentan total unzufrieden war.

»Mir kommt es vor, als würde ich auf der Stelle treten. Ich mache seit Jahren immer dasselbe.«

Wohl wahr. Aber bis jetzt war sie damit auch sehr einverstanden gewesen.

»Und manchmal frage ich mich, das kann doch nicht alles gewesen sein. Der Franz mag das gar nicht hören, aber ich finde, jetzt geht’s auch mal um mich!«

Ich nickte diplomatisch. In den Beziehungsstreit der Hetzeneggers wollte ich mich nicht einmischen.

Kurz vor dem Eingang der Jurte blieb ich stehen. Anklopfen war nicht möglich, deswegen rief ich kurz »Hallo?«, und von innen kam ein »Come in«. Als ich die Plane zur Seite schob, erschrak ich ein wenig, denn direkt neben dem Eingang standen in schwarzen Trainingsanzügen – als wollten sie Ninjas werden – Carina und Jule. Sie lächelten mich freundlich an und grüßten – Jule bückte sich nach einem Paar Schuhe, das sie aufräumte.

Tabea, die Amerikanerin, saß sehr malerisch auf ihrem mongolischen Bett. Sie trug gerade einen cremefarbenen Hausanzug, und obwohl es nicht kalt war, dicke, flauschige Socken. Gerade spielte sie auf ihrem Handy herum.

Carina und Jule schlenderten zu ihren Betten.

»Sie haben noch kein Frühstück bestellt«, sagte ich zur Amerikanerin.

»Nein. Ich weiß nicht, was Kornspitz ist«, antwortete sie freundlich mit einem starken amerikanischen Akzent. »Ich wollte fragen. Gestern hatte ich Mohnsemmel. Sehr deutsch!«

Während die Vroni das Angebot vom Meierbeck erklärte und im Detail die kulinarischen Köstlichkeiten der bayerischen Backkunst beschrieb, unterhielt ich mich mit Carina über die Pferde.

»Frau von Gülow ist nicht hier?«, fragte ich, nachdem sich Tabea für eine Kaiser-, eine Sesam- und eine Vollkornsemmel mit Sonnenblumenkörnern entschieden hatte. »Wegen der Bestellung, meine ich.«

»Nein, die sieht noch nach ihrem Pferd«, antwortete Carina.

Oder nach dem Reitlehrer, dachte ich bei mir.

»Dann gehen wir noch in die Scheune«, schlug Vroni sehr energisch vor, die sich für Jule noch ein Croissant notierte.

Wir traten aus der Jurte hinaus ins Freie.

»Oder vielleicht auch nur du«, sagte Vroni mit etwas nervöser Stimme.

»Wieso nur ich?«, wollte ich misstrauisch wissen.

»Weil ich mich vor Pferden unglaublich fürchte. Hast du gesehen, was die für riesige Hufe haben?«

»Ich glaube, die Pferde sind sowieso hinter der Scheune«, sagte ich. »Im Freien. Die müssen die ganze Nacht fressen, hat Tim gesagt.«

»Und schlafen?«, fragte Vroni verständnislos, während wir zur Scheune hinübergingen. Direkt neben und hinter der Scheune hatte Tim eine kleine Koppel eingezäunt. »Müssen die nicht auch irgendwann schlafen?«

»Das machen die bestimmt auch auf der Wiese«, schlug ich vor. »Im Stehen.«

Die fünf Pferde konnte ich nur als Schatten sehen, aber es roch anheimelnd nach Pferd. Ich hörte eines schnauben und mit dem Huf stampfen sowie das Geräusch von Heu in Pferdemäulern. Wie gemütlich!

»Und was macht diese Frau von Gülow dann in der Scheune? Wenn die Pferde im Freien sind?«, fragte Vroni misstrauisch.

»Vielleicht pflegt sie ihren Sattel«, sagte ich einfach mal so, weil ich keine Ahnung hatte, was man als Reiter zu tun hatte, und schob dann das Tor der Scheune einen halben Meter zur Seite.

Kapitel 2

In der Scheune war es stockfinster, und ich lauschte eine Weile ins Innere.

»Hallo? Frau von Gülow?« Ich machte die Taschenlampe von meinem Handy an und leuchtete ins Dunkel. Evelyn hatte alte Holzklappböcke organisiert, auf denen jetzt die Sättel lagen. Davor stand eine offene Klappbox mit Bürsten, Kardätschen und Striegeln. Es roch ein wenig nach Sattelleder und Pferd, und obwohl weit und breit kein frei laufendes Pferd war, traute sich Vroni nicht einzutreten. Auch ich hatte gewisse Hemmungen. Eigentlich hatte ich ausgemacht, dass Reitführer Tim beim Stöcklbräu schlafen durfte, doch der hatte abgelehnt. Ich vermutete stark, dass er sich das Geld sparen wollte und lieber in einem Schlafsack im Heu schlief. Evelyn hatte nämlich auch noch eine Ladung sehr dekorativer Heuballen organisiert, um mehr Landstimmung zu verbreiten, wie sie es nannte. Dass die dann auch gefressen wurden, war ihr anscheinend nicht klar gewesen.

»Ja?«, hörten wir jetzt eine Frauenstimme sagen, und als ich mit der Taschenlampe nach oben leuchtete, sah ich Frau von Gülow über die Treppe vom Heuschober nach unten klettern. Sie war eine große, langbeinige Schönheit, ihr Körper wirkte, als würde sie Stunden im Fitnessstudio trainieren. Und bei den Brüsten hatte bestimmt ein Chirurg etwas nachgeholfen. Ihre gepflegten blondierten Haare waren normalerweise schick frisiert, auch wenn es Reiterurlaub und kein Konzertbesuch war.

Gerade sah sie aber nicht nach Konzertbesuch aus, und peinlicherweise schnappte Vroni bei ihrem Anblick nach Luft. Ich gab ihr einen kleinen Rempler.

»Geht nur ums Frühstück«, sagte ich hastig. »Wir müssen die Bestellung noch beim Bäcker abgeben.«

Beatrice lächelte uns gnädig an.

»Mohnsemmeln, glatte Semmeln, Kornspitz, Vollkorn mit Sonnenblume, Breze oder Croissant«, rasselte Vroni herunter und sah sich intensiv ihren Bestellzettel an, den sie bei den Lichtverhältnissen bestimmt nicht lesen konnte.

»Zweimal Vollkorn«, antwortete Beatrice freundlich.

Ich an ihrer Stelle hätte mich jetzt verpflichtet gefühlt, zu erklären, wieso ich mit zerzaustem Haar vom Heuschober heruntergeklettert kam. Und wieso Tims Stimme im nächsten Moment von oben schallte: »Für mich dasselbe.«

Aber sie sah sich dazu nicht veranlasst. Mir wäre in dem Moment auch kein guter Grund eingefallen, weshalb ich mit zerstörter Frisur und einem Strohhalm auf dem Kopf aus dem Heuschober hätte kommen sollen.

Nachdenklich schlenderten wir wieder zurück zur Rezeption. Vroni mit energischen Schritten, die ihr Missfallen demonstrierten. Wir wechselten kein Wort, bis Vroni die Bestellung telefonisch beim Bäcker durchgegeben hatte.

»Die Meierbeck war total verärgert«, sagte die Vroni. »Angeblich hab ich sie aus dem Schlaf gerissen. Aber ich hab im Hintergrund den Fernseher gehört …«

Ich musste noch immer an das gerade Erlebte denken.

»Sie hatte eine weiße Bluse an«, sagte ich, bezogen auf Frau von Gülow. »Und die sah noch immer wie frisch gebügelt aus.«

»Die Bluse war falsch zusammengeknöpft«, erwiderte Vroni missbilligend. »Kein Wunder.«

»Kein Wunder?«, wollte ich etwas naiv wissen.

»Wenn du die Bluse ausziehst und hübsch weglegst, dann zerknittert sie auch nicht«, erklärte mir die Vroni und schrieb mit rotem Stift sehr energisch »erledigt« auf die Bestellliste.

»Aha«, machte ich.

»An ihrem Hals hatte sie einen Knutschfleck«, machte Vroni weiter, ohne mich anzusehen.

»Echt?« Das hatte ich nicht bemerkt.

»Und ihre Lippen sahen so aus, als hätte sie erst vor Kurzem den Lippenstift weggewischt.«

»Es war ziemlich dunkel«, wandte ich ein, denn ich hatte nichts dergleichen bemerkt.

Vroni zog eine Augenbraue nach oben und legte den Bestellzettel neben die Computertastatur. Sie sah anscheinend auch im Stockdunkeln, ob eine Frau derangiert war oder nicht.

»Der Tim ist doch viel zu jung für sie.«

»Na ja, sie ist vielleicht dreißig«, wandte ich ein.

»Sie ist fünfunddreißig. Und er ist zehn Jahre jünger. Hat Evelyn gesagt.«

Evelyn informierte sich immer über das Alter der Gäste. Vor allen Dingen über das Alter der männlichen Gäste. Vermutlich hätte sie schon längst ein Auge auf Tim geworfen, wenn sie momentan nicht so viel zu tun gehabt hätte.

»Bei einem Mann würde das niemanden stören«, sagte ich.

Vroni schwieg. Sie fand es einfach nicht richtig.

»Wenn das ihr Mann wüsste. Und das ist doch so ein schmucker Kerl!«

»Woher weißt du, wie ihr Mann aussieht«, fragte ich.

»Die ist doch mit DEM von Gülow verheiratet!«, sagte sie. »Den musst du doch nur googeln, dann siehst du ein Bild von ihm.«

»DER von Gülow …«, murmelte ich.

»Er ist Besitzer einer Drogeriekette. Ich will nicht wissen, wie viele Millionen der auf dem Konto hat«, sagte die Vroni. »Er ist unfassbar reich! Mit dem würde ich es mir nicht verscheißen, sag ich dir.«

»Und woher weißt du das?«, fragte ich, denn mir sagte der Name Gülow wirklich überhaupt nichts. Aber die Vroni bildete sich ja regelmäßig mit Frauenzeitschriften weiter und wusste nicht nur über die europäischen Königshäuser bestens Bescheid.

»Er ist auf jeden Fall dreißig Jahre älter als sie. Und dass sie sich da ins gemachte Nest setzt und dann ihm auch noch auf der Nase herumtanzt … so was geht doch gar nicht!«, erklärte mir die Vroni. »Da soll sie doch mal dankbar sein, dass er Millionen hat und ihr alles Mögliche finanzieren kann.«

Ich nahm mir vor, ihn bei nächster Gelegenheit zu googeln.

»Aber dieser Tim ist auch ziemlich nett und gut aussehend«, sagte ich. Vroni hatte da natürlich andere Vorstellungen vom Traummann.

»Das wird schlimm enden«, behauptete sie. »Das kann ich dir jetzt schon sagen.«

»Ich will hier kein Geunke haben«, bat ich sie. Mir reichte es definitiv mit solchen Eingebungen.

»Wir sollten die Semmel-Bestellungen elektronisch durchgeben«, versuchte ich Vroni auf ein anderes Thema zu bringen. »Das ist doch mittelalterlich, jeden Abend beim Meierbeck anzurufen.«

»Und wie erfährst du dann die Neuigkeiten?«, wollte die Vroni wissen.

Ich zuckte mit den Schultern.

Danach wollte die Vroni nachsehen, wo Evelyn blieb. Auf dem Weg kam uns ein schlecht gelaunter Hetzenegger entgegen. Er hatte rechts und links einen blauen Spüleimer in der Hand und sah ziemlich angefressen aus.

»Wir haben gar kein sauberes Besteck mehr!«, klagte er mir sein Leid. »Weil die Vroni den ganzen Tag nur im Café hilft!«

Die Vroni sah aus, als würde sie am liebsten explodieren und sich nur zusammenreißen, weil ich neben ihr stand.

»Hätte er ja auch mal selber abspülen können! Oder meint er, das Geschirr stammt alles von mir?«, antwortete die Vroni renitent und so, als wäre der Hetzenegger gar nicht persönlich anwesend.

»Du könntest auch etwas weniger im Café aushelfen«, moserte der Hetzenegger weiter. »Du spülst für andere Leute ab, aber für uns nicht. Kann die nicht einfach mehr Leute einstellen?«

»Er hat einfach keine Ahnung!«, keifte die Vroni. »Evelyn hatte schon diverse Vorstellungsgespräche. Jemand Verlässlichen zu finden ist nicht so leicht.«

»Aber das ist doch nicht unser Problem!«, schimpfte der Hetzenegger weiter.

»Seins bestimmt nicht!«, setzte die Vroni sehr bissig hinzu. »Und ist es beim Campen nicht üblich, dass die Männer immer abspülen?«

»Ich nehm’s mit und stell es in meinen Geschirrspüler«, schlug ich begütigend vor.

»Ich kann das schon abspülen«, antwortete der Hetzenegger und setzte eine Miene auf, als wäre er gerade auf dem Weg zur Schlachtbank.

Vroni verdrehte neben mir die Augen und ging einfach weiter. So kannte ich sie gar nicht! Normalerweise war sie immer gerne bereit, jedem zu helfen. Auch ihrem Mann.

»Lasst das Geschirr doch einfach stehen«, schlug ich noch vor. »Jetzt setzen wir uns erst einmal gemütlich ans Lagerfeuer!«

»Nein, sonst haben wir morgen kein Geschirr«, entschied die Vroni. »Er kann ja nachkommen.«

Erstaunt über Vroni folgte ich ihr.

Wir hörten ein energisches »Tock-Tock-Tock« von Cowboystiefeln, und Evelyn tauchte vor uns auf. Sie trug einen Korb, in dem die Würstchen zum Grillen dabei waren, und eine Schüssel mit Teig. Sie hatte geplant, Fladen zu grillen.

»Ich hätte nicht gedacht, dass es so aufwendig ist, jemanden fürs Café zu finden«, klagte auch sie, während sie mir den Korb in die Hand drückte. »Halt mal.«

Sie holte ihr Handy heraus, und während wir nach oben gingen, klickte sie im Gehen auf ihrem Handy herum. »Die sind alle nicht mehr bereit zu arbeiten«, grummelte sie vor sich hin.

»Morgen kommt noch eine vielversprechende Bewerberin«, erzählte mir die Vroni, während wir über die Landstraße hinüber auf den Zeltplatz gingen. »Die ist schon a bisserl älter, fünfundvierzig Jahre, aber die sieht aus, als wäre sie engagiert. Und nicht so nörgelig wie das junge Gemüse, das sich bis jetzt vorgestellt hat. Die haben Vorstellungen und Forderungen, das glaubst du nicht!«

Die Vroni konnte das gar nicht haben, wenn über unseren Campingplatz und die Abgeschiedenheit und die fehlenden kulturellen Möglichkeiten geredet wurde. Nichts war wichtiger, als frische Luft und Ruhe, jedenfalls wenn man sie fragte.

Als wir bei der Landstraße ankamen, sah ich sofort, dass Alex inzwischen angekommen war. Er war gerade damit beschäftigt, das Lagerfeuer zum Brennen zu bringen, und unterhielt sich angeregt mit Jule, die ihm interessiert zusah. Beatrice hatte sich einen warmen Pullover angezogen, obwohl es gar nicht so kalt war, und gerade kamen die Schmidkunzens auch über die Straße und gesellten sich zu uns.

»Hallo!«, wurden wir freudig von den Reitern begrüßt, und während Evelyn Teig und Würstchen verteilte, setzte ich mich neben den Schmidkunz auf einen Baumstamm. Milo legte sich direkt hinter mich und schloss sofort die Augen, während Clärchen von einer Person zur nächsten streunte, in der Hoffnung, dass irgendjemand etwas zu essen verlieren würde.

»Na, meine Liebe«, sagte Alex und legte mir den Arm um die Schulter. »Müde?«

Ich legte meinen Kopf an seine Schulter. Alex war mein ältester Freund, und hin und wieder knisterte es auch gewaltig zwischen uns. Jonas war jedenfalls des Öfteren maximal eifersüchtig, wenn Alex auftauchte und mich gerne mal herumwirbelte oder seinen Arm auf meiner Schulter parkte.

»Evelyn kann mir leider nicht mehr so viel abnehmen«, erzählte ich ihm. »Die hat selbst so viel zu tun. Außerdem ist der Sepp krank und mäht den Rasen nicht.«

»Soll ich das machen?«, wollte Alex wissen, und ich seufzte wohlig auf. Nicht nur, weil er mir Arbeit abnehmen wollte, sondern auch, weil er fantastisch roch – nach Feuer, frischer Luft und einem dezenten Duschbad – und weil er mir mein Ohr kraulte. Vielleicht war ich in einem früheren Leben ein Hund gewesen, denn nichts liebte ich mehr als Ohrenkraulen.

»Es ist so wunderbar deutsch!«, schwärmte die Amerikanerin schon wieder. In ihrer Brille spiegelten sich die Flammen des Feuers, und sie spießte nach Anleitung von Evelyn einen Knacker auf einen Haselstecken. »Einen Knacker«, sagte sie, und es war richtig lustig, sie das aussprechen zu hören.

Die Schmidkunz warf mir einen Blick zu und rollte mit den Augen. Die Fünfzigjährige stammte aus Washington, wir nannten sie alle nur die Amerikanerin, obwohl ich natürlich wusste, dass sie Tabea Smith hieß. Ausführlich hatte sie mir erzählt, dass sie gerade auf den Spuren ihres Vaters durch Deutschland zog. Er hatte jahrelang als Soldat in Hohenfels gedient und war letztes Jahr gestorben.

Rechts und links der Amerikanerin saßen Jule und Carina – sie mochten zwischen fünfundzwanzig und dreißig sein und waren begeisterte Reiterinnen. Zumindest sprachen sie von nichts anderem als ihren Pferden. Sie wären am allerliebsten auch sofort weitergeritten, doch eines der Pferde hatte ein Hufeisen verloren, und nun warteten sie alle auf den Hufschmied.

»Hufschmiede sind total überarbeitet«, erzählte Carina eben der Vroni, die Evelyn dabei half, die Haselstecken zu verteilen. »Wir hoffen sehr, dass morgen einer kommt. Anscheinend ist der Hufschmied, der ursprünglich dafür zuständig gewesen wäre, nicht mehr bereit, uns so weit hinterherzufahren. Und jetzt müssen wir auf einen hoffen, der in der Nähe wohnt. Tim wird das schon managen.«

Den Eindruck hatte ich auch. Der Führer der Reitergruppe, Tim, schien sehr nett und kompetent zu sein und strahlte immer Ruhe aus.

»Ich habe noch einmal mit ihm telefoniert«, sagte Tim und strich sich seine dichten, dunklen Locken nach hinten. »Ich konnte ihn nicht überzeugen. Aber ich habe schon zwei andere Hufschmiede kontaktiert und hoffe, dass einer von ihnen kommt.«