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Auf Sofias Campingplatz findet ein Food-Truck-Festival statt und der Duft von allerlei Köstlichkeiten weht über den Platz. Das lässt sich Evelyn natürlich nicht entgehen und mischt sich mit ihrem mobilen Café unter die anderen Trucks. Es herrscht eine ausgelassene Stimmung - nur der Bürgermeister will mit seinen Vorschriften dem Ganzen ein schnelles Ende setzen. Doch dann bricht ein Mann vor Evelyns Café-Truck zusammen und stirbt an einer Vergiftung.
Möchte da jemand Evelyn einen Mord in die Schuhe schieben? Die Hirschgrundis sind in Alarmbereitschaft: Denn nicht nur Evelyns Unschuld steht auf dem Spiel, sondern auch das Food-Festival. Da müssen sie die Ermittlungen einfach selbst in die Hand nehmen.
»Der Tod wünscht guten Appetit« ist der sechsundzwanzigste Teil der erfolgreichen Bayern-Krimi-Reihe »Sofia und die Hirschgrund-Morde« von Susanne Hanika. Krimi trifft auf Humor, Nordlicht auf bayerische Dickschädel, Hobbyermittlerin auf feschen Kommissar - dazu jede Menge Leichen, Mörder und Ganoven. Und all dies vor herrlich bayerischer Kulisse!
eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung.
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Seitenzahl: 230
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Auf Sofias Campingplatz findet ein Food-Truck-Festival statt und der Duft von allerlei Köstlichkeiten weht über den Platz. Das lässt sich Evelyn natürlich nicht entgehen und mischt sich mit ihrem mobilen Café unter die anderen Trucks. Es herrscht eine ausgelassene Stimmung – nur der Bürgermeister will mit seinen Vorschriften dem Ganzen ein schnelles Ende setzen. Doch dann bricht ein Mann vor Evelyns Café-Truck zusammen und stirbt an einer Vergiftung.
Möchte da jemand Evelyn einen Mord in die Schuhe schieben? Die Hirschgrundis sind in Alarmbereitschaft: Denn nicht nur Evelyns Unschuld steht auf dem Spiel, sondern auch das Food-Festival. Da müssen sie die Ermittlungen einfach selbst in die Hand nehmen.
Blaues Wasser, klare Luft, in der Ferne bei schönem Wetter die Alpen – das ist der Hirschgrund, ein idyllischer See mitten in Bayern. Nebenan der gleichnamige Campingplatz. Doch die Idylle trügt – denn diese Saison wird mörderisch.
Kaum ist die neue Besitzerin Sofia auf dem Platz angekommen, stolpert sie über den ersten Toten. Sofia ist entsetzt! Und dann neugierig. Bald schon entdeckt sie ihr Talent fürs Ermitteln und fängt an, in der bayerischen Idylle so einiges umzukrempeln …
SUSANNE HANIKA
Der Tod wünscht guten Appetit
Ein Bayernkrimi
Der Abend hatte sich über den Campingplatz am Hirschgrund gesenkt. Noch immer war es drückend warm, obwohl die Sonne bereits untergegangen war. Die Fenster standen in der ganzen Wohnung auf Durchzug, doch es rührte sich kein Lüftchen. Ich stand am geöffneten Fenster im Esszimmer und genoss den schönen Blick über meinen gesamten Campingplatz. Jetzt um halb neun liefen noch immer kleine Kinder in Badehosen auf den Wegen herum oder fuhren in kurzen Höschen auf ihren Bobbycars. Keiner hatte Lust, sich ins Bett zu legen und dort weiter zu schwitzen.
Eine Traube von Menschen stand direkt vor dem Lichtpunkt unseres Platzes, dem kleinen Strandcafé von Evelyn. Seit mein depperter Cousin Horst das Café angezündet hatte, waren umfassende Renovierungsarbeiten im Gang, die eine Benutzung unmöglich machten. Aber zu unser aller Glück hatte ein Cousin vom Hetzenegger einen Wohnwagen, der zum Food Truck umgebaut war, und Evelyn durfte ihn den Sommer über nutzen. Es gab also auch nette Verwandtschaft! Als ich ein Geräusch hinter mir hörte, drehte ich mich um und lächelte. Mein Freund Jonas kam ins Zimmer. Nach der Arbeit hatte er schnell geduscht und stand nun in Unterhose vor mir.
Ein sehr erfreulicher Anblick!
Ich folgte ihm ins Schlafzimmer, wo er nach einer kurzen Hose suchte. Mein Telefon klingelte, und als ich die Nummer sah, wischte ich sie einfach weg.
»Wer war das?«, wollte Jonas wissen.
Ich wischte nämlich nie Gespräche weg. Statt auf seine Frage zu antworten, sagte ich: »Ich geh schon mal runter zu Evelyn.«
»Fertig meditiert?«, fragte er lächelnd und gab mir einen kurzen Kuss auf die Lippen.
Ich seufzte. Ich hatte nicht meditiert, sondern nur eine Weile vor mich hingestarrt und die Bauchmuskeln meines Freundes bewundert, die er während des Umziehens hin und wieder angespannt hatte, damit ich was zu sehen bekam. Außerdem konnte ich gerade gar nicht so viel meditieren, wie ich hätte müssen.
»Hab schon gesehen, dass sieben Food Trucks da sind«, merkte er an.
Evelyn hatte ohne mein Wissen den Organisator eines Food-Truck-Festivals angeschrieben, und nun waren wir auf die Schnelle von Freitag bis Sonntag ein Festivalstandort. Und ja, die ersten Food Trucks waren bereits angekommen: Als Allererstes war ein winziger, rosafarbener Wagen mit der geschwungenen Aufschrift »Glücksmomente« neben meiner Scheune aufgestellt worden. Direkt neben den Glücksmomenten parkte ein Food Truck in hellblau, auf dem in Pastelltönen »Crêperie« stand.
Mein Zeltplatz, direkt auf der anderen Seite der Landstraße, eignete sich bestens für diese Aktion. Normalerweise hielt ich ihn für Gruppen und Camper mit Zelten frei, von denen es gerade nicht viele gab. Der reguläre Campingplatz hingegen war voll belegt, vor allem mit Familien, und die meisten Gäste freuten sich sehr über die willkommene Abwechslung und die Gelegenheit, einfach mal nicht kochen zu müssen. Vor allem der Hetzenegger hatte vor, jeden Einzelnen der Food Trucks zu besuchen und sich durch sämtliche Gerichte zu essen.
»Ich hab Evelyn versprochen, noch mal zum Café zu kommen«, sagte ich zu Jonas. »Kommst du mit?«
»Klar«, sagte er.
»Ihr bleibt hier«, sagte ich zu meinen Hunden. In dem Gewühle rund um den kleinen Food-Truck-Wohnwagen konnte ich die drei heute nicht brauchen.
Lola schaute etwas deprimiert drein. Clärchen und Milo hingegen hatten sich schon zusammengekringelt und keine Lust mehr auf eine Abendunternehmung.
Während Jonas und ich über den Campingplatz schlenderten, hielten wir Händchen. Schon von Weitem hörte ich lautes Lachen. Er sah richtig gemütlich aus, der kleine süße Wohnwagen aus den sechziger Jahren, dessen Vorderseite wie bei einem Imbiss offen stand. Auf dem Dach hatte der Hetzenegger zusammen mit dem Schmidkunz eine Leuchtschrift angebracht: Die Buchstaben C a f é leuchteten in vier verschiedenen Farben. Direkt davor hatten die Hirschgrundis Stehtische aufgestellt, die wir von der Brauerei Stöckl ausgeliehen hatten. Für abendliche Zusammenkünfte hatten die Hirschgrunder Damen schöne Lichterketten aufgehängt.
Die Stimmung der Camper, die an den Stehtischen standen und ein Kartenspiel spielten, war auf jeden Fall blendend. Vroni bekam sich gar nicht mehr ein vor Lachen. Nach dem Frust mit Horst und der Trauer über das zerstörte Café war auch Evelyn wieder bester Laune. Sie hatte sich in ein sehr enges rotes Lycra-Schlauchkleid gepresst und trug dazu ihre schwarze Barista-Schürze, die ihr wirklich gut stand.
Evelyn filmte ihre Karten, was sich zusammen mit den Cocktailgläsern und dem Lachen der Camper auf ihrem Instagram Account bestimmt prächtig machen würde.
»Als welches Tier würdest du gerne wiedergeboren werden?«, fragte Evelyn die Schmidkunz.
»Also ich als Walross«, sagte der Hetzenegger, obwohl er nicht dran war, und alle kicherten.
»In welches Land möchtest du nächstes Jahr reisen und warum?«, fragte Evelyn die Schmidkunz erneut.
»Nach Frankreich. Ans Meer«, sagte diese wie aus der Pistole geschossen.
»Auf keinen Fall«, sagte der Hetzenegger. »Das ist viel zu weit weg vom Hirschgrunder See.«
Die Vroni lachte über ihren Ehemann.
»Dann nehme ich gleich die nächste Frage …«, rief die Vroni, mit roten Bäckchen vom vielen Lachen.
»Wie sieht für dich der perfekte Tag aus?«, las Evelyn die nächste Karte vor.
»Mein perfekter Tag ist hier am See. Schön warm und sonnig, aber nicht zu warm. Ich würde in meinem Liegestuhl am See sitzen. Hätte einen Stapel Zeitschriften neben mir und ein kleines Tischchen mit einem großen Latte macchiato, der ein schönes, mit Kakao bestäubtes Herzchen …«
»Das ist ja das, was du immer machst«, bemängelte der Hetzenegger.
»Ja. Weil’s halt so schön ist«, verteidigte sich die Vroni.
Der Schmidkunz begann uns Cocktails zu mixen. Evelyn senkte kurz das Handy und sagte: »Und jetzt noch irgendwas, das wirklich sexy ist …«
Die Vroni starrte Evelyn verständnislos an, und der Hetzenegger zwinkerte seiner Frau verliebt zu. Evelyn griff nach einer neuen Karte: »Hättest du gerne einen Dreier?«
Eigentlich wären Jonas und ich dran gewesen, aber der Hetzenegger war schon wieder schneller.
»Klar.«
Die Vroni starrte ihn entsetzt an, und er fügte hinzu: »Die Vroni, eine Artischockenpizza und ich.«
Wir brüllten alle auf vor Lachen, und als Vroni ihm auf den Bauch schlug und empört »Franzl!« rief, erklärte er schnell: »Ja, was denkst denn du, in unseren Wohnwagen passen nur du und ich aufs Bett, das ist doch viel zu schmal …«
Wir prusteten weiter. Bevor Evelyn die nächste Frage stellen konnte, trat ein junger Mann zu uns an den Tisch.
»Steffen«, sagte Evelyn mit ihrer rauchigen Flirty-Stimme und stoppte ihre Instagram-Aufnahme.
Steffen war einer der Organisatoren des Festivals und entsprach genau dem Beuteschema von Evelyn. Etwa fünfunddreißig Jahre alt, sportliche Figur und einer kurzen Affaire nicht abgeneigt. Dass er in drei Tagen wieder weg sein würde, kam ihr sehr gelegen, schließlich war sie überhaupt nicht auf der Suche nach einer stabilen Partnerschaft, sondern einfach nur nach ein bisschen Spaß.
»Hi. Die Trucks stehen jetzt alle. Wir bräuchten noch eine zusätzliche Kabeltrommel und wollten fragen, ob wir hier vom Platz den Strom nehmen können«, sagte er.
»Die Kabel über die Straße legen?«, fragte ich etwas skeptisch.
»Wir machen das schon ordentlich«, antwortete er. »Vielleicht aber wäre ein Straßenschild ganz gut, dass Schrittgeschwindigkeit vorgeschrieben ist.«
Oje. Bei solchen Veranstaltungen musste man wirklich an wahnsinnig viel denken! Insbesondere, weil der Bürgermeister des Ortes, Markus Karl, sowieso super ärgerlich war wegen des Festivals. Er war im Gemeinderat überstimmt worden, denn alle anderen waren total begeistert von dem Event. Nur er nicht.
»Ich kümmere mich drum«, sagte ich und verfluchte mich dafür, dass ich vorhin das Gespräch nicht angenommen hatte. Das war nämlich Herr Karl gewesen. Bestimmt wäre es genau um dieses Thema gegangen!
»Da kannst du dich gleich drum kümmern, ich höre nämlich gerade …«, sagte die Schmidkunz, und nun vernahm auch ich die hohe und etwas nervige Stimme unseres Bürgermeisters. Er schien ziemlich in Rage zu sein. Man musste wissen, dass Herr Karl nicht nur der Bürgermeister, sondern auch der Leiter der örtlichen Sparkasse war. Schon meine Nonna hatte ihrerzeit erzählt, dass er wie ein kleines Frettchen aussah. Er hatte eine winzige Nase, die immerfort zu zucken schien. Je aufgeregter und ärgerlicher er war, desto stärker zuckte diese Nase. Außerdem hatte er ein sehr breites Gesicht und einen dicken Bauch. Für ein Frettchen war sein Bauch definitiv zu dick. Er steuerte gerade direkt auf mich zu, sein Kopf hatte sich derart karmesinrot verfärbt, dass er selbst in der Dämmerung gut erkennbar war, und seine Nase zuckte, als hätte er Witterung aufgenommen. Wenn er hier so spät am Abend noch auftauchte, musste sein Ärger wirklich riesengroß sein!
»Das geht nicht. Das ist eine Gefährdung da oben … Das ist nicht genehmigt …«
Bevor ich ihn fragen konnte, was genau denn nicht genehmigt war, grätschte der Hetzenegger mit sonorer Stimme dazwischen.
»Da schauen wir doch gleich mal«, sagte er sehr friedlich und beruhigend. »Ich denke, das schaffen wir schon, dass da keinerlei Gefährdung …«
Die beiden Männer drehten sich um und gingen hinauf zur Landstraße. Der Hetzenegger schmierte dem Herrn Bürgermeister ordentlich Honig um den Mund, und ich atmete auf. Im Gegensatz zu mir war der Hetzenegger wirklich ein Ausbund von Friedlichkeit, jedenfalls wenn es um Dinge ging, bei denen er den Eindruck hatte, dass er sie regeln konnte. Und Dinge, die mit viel Essen zu tun hatten, regelte er ausgesprochen gerne.
»Er war auch schon bei uns und hat uns auf die strengen Verordnungen aufmerksam gemacht …«, berichtete Steffen.
Evelyn legte ihm den Arm um die Taille, als wären sie best friends.
»Unsinn, strenge Verordnungen«, sagte sie. »Der ist nur super sauer, weil ausgerechnet dieses Wochenende das Food Truck-Festival ist.«
»Wieso ausgerechnet dieses?«, fragte die Vroni, noch immer atemlos vom vielen Lachen.
»Der Karl hat doch eine Gartenparty diesen Samstag, zu der er alle Honoratioren des Ortes und wichtige Gemeindemitglieder eingeladen hat. Und wahrscheinlich haben die jetzt mehr Lust auf unser Festival«, informierte uns Evelyn. »Ich hab ihm schon gesagt, er soll das verschieben, aber er fand, dass wir zu verschieben haben. Aber das geht nun mal nicht, schließlich ist die Veranstaltung nächstes Wochenende schon an einem neuen Ort!«
Mich fröstelte, und ich schlang meine Arme um mich. Weniger wegen der Kälte, denn trotz der späten Stunde war es noch richtig schön warm. Eher wegen der Aussicht, dass es mit dem Bürgermeister Ärger geben könnte. Besser war es, sich mit jedem am Ort – vor allem mit dem Bürgermeister – gut zu stellen. Bis jetzt hatte es auch noch keine Berührungspunkte zwischen uns gegeben.
»Der liebe Herr Bürgermeister wollte bei seiner Party schon alle auf den Wahlkampf einstimmen«, wusste die Schmidkunz. »Wenn jetzt alle bei unserem Festival ihren Spaß haben, ist das ganz schlecht für ihn.«
Evelyn zuckte nur mit den Schultern und schmiegte sich ein wenig an Steffen. Der grinste schwach und schlang seinen Arm um ihre Taille. »Mach dir keine Sorgen, der macht uns keinen Ärger. Wir kennen die meisten Leute aus dem Gemeinderat, und die haben voll Lust, mal ein Wochenende durch zu essen.« Evelyn zwinkerte ihm zu, und er grinste breit.
»Ich bring dir die Kabeltrommel«, sagte ich zu Steffen, und während wir zu meinem kleinen Schuppen hinter dem Geschirrspülhäuschen gingen, hörte ich die Vroni die nächste Deep-Talk-Frage vorlesen.
»Wann warst du das letzte Mal so richtig in Laune, etwas Verrücktes zu tun?«
Ich lächelte still vor mich hin. Bei uns gab es eigentlich keine Leute, denen der Sinn nach Verrücktheiten stand. Nur wenn es um Mordermittlungen ging, waren wir alle ziemlich verrückt, wie mein Freund und Polizeihauptkommissar Jonas bestätigten könnte.
Als ich die Kabeltrommel ausgehändigt hatte, blieb ich eine Weile beim Gröning stehen, meinem dienstältesten Dauercamper. Er saß auf seinem alten Campingklappstuhl vor dem Wohnwagen. Neben ihm hatte sich Elias, der Enkel der Hetzeneggers, hingekniet und zeigte ihm etwas auf dem Handy. Auf seiner Schulter saß Katmandu, unsere Campingpapageiendame, die, wenn Elias da war, stets mit Elias in Personalunion auftrat. Wenn man Katmandu etwas Gutes tun wollte, sah man sich mit ihr einen James-Bond-Film an. Das erinnerte Katmandu nämlich an ihr früheres Leben. Dann war sie so richtig glücklich, und man hörte den ganzen Tag die Geräusche durchdrehender Reifen, von Explosionen und Schüssen sowie allerhand Bond-Sprüche aus ihrem Schnabel.
»Lieber etwas misstrauisch als etwas tot«, hatte mir Katmandu zum Beispiel heute früh gesagt. Ein James-Bond-Zitat.
»Nein, einfach nur drauftippen«, sagte Elias gerade total geduldig, nahm den Zeigefinger vom Gröning und drückte ihn auf das Display.
Ich grinste ein wenig und hörte erst auf, als der Gröning zornig aufsah.
Der Zorn galt weniger mir als den technischen Hindernissen, die sich ihm in den Weg stellten.
»Ah«, sagte er schließlich. »Da ist es ja.«
Nun tippte er selber auf das Symbol von WhatsApp. Die Schrift war so groß eingestellt, dass selbst ich sehen konnte, dass er bei WhatsApp nur einen einzigen Kontakt hatte, und der hieß »Waggerl«.
Der Waggerl war der Enkelsohn vom Gröning.
»Er schreibt«, las der Gröning uns stolz vor, »›Freue mich schon sehr.‹«
»Bravo«, freute sich auch der Elias über den Erfolg vom Gröning.
Der Gröning hatte nämlich seit ein paar Wochen ein Smartphone, das hatte ihm sein Enkelsohn Waggerl aus Amerika geschickt. Das Waggerl hieß im echten Leben Michael, oder auch Mike. Mike wollte nach langer Zeit wieder einmal nach Deutschland kommen und seinen Großvater besuchen, und die gesamte Kommunikation lief über das Handy. Der Gröning wirkte oft, als wollte er das Handy gegen einen Baum donnern, aber dank Elias hatte er es bis jetzt noch jedes Mal geschafft, Mike zu antworten.
Der Gröning lächelte jetzt. »Ich freue mich auch.« Er hielt Elias das Handy vor die Nase. »Schreib das mal.«
Brav nahm Elias das Handy und schrieb: »Ich freue mich auch schon sehr.«
Ich hätte jetzt noch ein paar Herzchen oder lachende Emoticons dahinter gesetzt, aber darauf verzichtete Elias. War bestimmt auch authentischer, denn der Gröning war einfach nicht der Typ für digitale Emotionen.
»Das ist lieb von dir«, sagte ich zu Elias.
Elias grinste schief. Lieber wäre es ihm gewesen, er hätte weiter an den Tagebüchern von Elias H schreiben können, in denen es hauptsächlich um die Auflösung von Mordfällen hier am Hirschgrunder See ging. Er war richtig süchtig nach Ermittlungen, und ich drückte mir die Daumen, dass es hier nie, nie wieder einen Mord geben würde!
»Ich bin bestens vorbereitet«, erzählte der Gröning. »Ich habe schon einige Vorexkursionen gemacht.«
»Was sind Vorexkursionen?«, wollte ich wissen.
Der Gröning hatte nichts gehört, aber der Elias antwortete:
»Das ist eine Exkursion vor der Exkursion. Da sieht man sich alles schon vorher an, damit man gut vorbereitet ist.«
Diese Vorexkursionen machte der Gröning schon seit geraumer Zeit, schließlich musste überprüft werden, welche Vögel wo sangen und welche Pflanzen wo wuchsen. Ich lächelte.
Waggerl antwortete schon nach ein paar Sekunden. Er schickte ein Bild von sich vor dem Münchner Flughafen und grinste breit in die Kamera.
Ich starrte eine Weile sehr irritiert auf das Foto. Mir war natürlich klar gewesen, dass das »Waggerl« kein kleines Kind mehr war, aber irgendwie hatte ich ihn mir trotzdem immer so vorgestellt, schließlich benutzte man dieses Kosewort für Kleinkinder. Was ich hier aber sah, war ein braungebrannter, sehr muskulöser und gut aussehender junger Mann, vermutlich von reichlich Fitnessstudio-Einsatz gestählt. Das Selfie zeigte ihn mit einem breiten Lächeln und perfekten weißen Zähnen. Hinter ihm sah man das Förderband für die ankommenden Koffer, und unter dem Bild stand: »Bin gut gelandet. Bin in zwei Stunden da.«
»Ich dachte, Waggerl ist ein Kind«, sagte Elias prompt sehr erstaunt.
»Mein Enkelkind«, sagte der Gröning, der wieder nicht alles gehört hatte. »Die ersten drei Jahre seines Lebens hat er jeden Vormittag bei uns verbracht, weil unsere Tochter gearbeitet hat. Das war eine schöne Zeit.« Er machte eine kleine Pause und sah etwas verträumt über den Campingplatz. »Wir sind immer draußen gewesen, im Wald und an den Weihern, und haben Frösche gefangen und Kaulquappen und Ringelnattern. Das hat ihm sehr gefallen. In der Zwischenzeit hat meine Frau gekocht, und wenn wir nach Hause gekommen sind, hatten wir immer einen rechten Appetit.«
Er lächelte bei dieser Erinnerung. »Wir waren auch oft hier am Hirschgrunder See. Da hatte ich noch mein Kanu, und wir sind den ganzen Tag herumgepaddelt.«
»Aber nun ist er erwachsen«, sagte ich und betrachtete das Bild des gut aussehenden Mannes genauer.
»Ja. Der muss jetzt um die fünfunddreißig sein«, überlegte der Gröning. »Man wird ja nicht jünger.«
Wohl wahr.
»Und jetzt kommt er schon heute Abend. Da muss ich noch die Bettdecke beziehen«, überlegte der Gröning und stand auf. »Er schläft schließlich bei mir!«
»Er kommt mit dem Zug um 22:49 in Hirschlingen an«, sagte Elias, der noch immer das Handy vom Gröning in der Hand hielt.
»Das sind ja nur noch eineinhalb Stunden«, stellte ich fest.
»Jetzt machen wir auch ein Bild fürs Waggerl«, sagte der Elias, was sich ziemlich lustig anhörte, weil er das Wort ziemlich hochdeutsch aussprach.
Der Gröning ließ sich breitschlagen, und Elias machte ein Selfie vom Gröning, sich und mir.
»Damit er uns gleich erkennt«, sagte Elias und schickte das Bild ab.
»Ich hol ihn dann mit dem Auto ab«, schlug ich vor, und der Gröning ging in den Wohnwagen, um das Bett zu beziehen.
Als ich wieder zu den Hirschgrundis kam, war das Deep-Talk-Spiel vorbei, schließlich war der Hetzenegger nicht dabei, und ohne dass sich einer über jede Frage aufregte, war das alles halb so lustig. Evelyn zeigte uns zwei Bilder auf ihrem Handy, auf denen sie jeweils einen Hosenanzug in unterschiedlichen Größen trug. »Welchen soll ich denn behalten?«, fragte sie.
Sie sah auf den Fotos nach einer ziemlich prominenten Frau aus, mit den hochhackigen, glitzernden Pumps und dem goldenen Jumpsuit. Der eine war ihr definitiv zu klein, und die Schmidkunz und die Vroni hielten mit der Meinung nicht hinterm Berg.
»Den größeren. Da kommen deine Formen viel besser zur Geltung«, sagte die Schmidkunz ziemlich diplomatisch. Und die Brüste hüpften nicht aus dem Ausschnitt. Das sagte aber niemand. Evelyn war trotzdem unzufrieden, dass wir nicht für die kleinere Größe plädiert hatten.
»Was bietest du auf dem Festival denn alles an?«, wollte die Vroni wissen, die sich mehr für Essen interessierte als für Klamotten.
»Buchweizenpfannkuchen«, erzählte Evelyn. »Und natürlich allerlei Kaffeespezialitäten.«
»Wunderbar!«, lächelte Steffen ihr zu.
»Ich hab schon einen ganzen Sack Buchweizenmehl«, berichtete Evelyn. »Erdbeermarmelade, Schokocreme. Und natürlich auch eine deftige Füllung. Mit Pilzen und Spinat.«
»Da werden wir morgen auf jeden Fall vorbeikommen«, sagte die Vroni, als wäre das eine kurze Angelegenheit. So wie ich das Ehepaar Hetzenegger kannte, würden sie den ganzen Tag auf dem Food Festival verbringen!
Für das gesamte Wochenende war bestes und sehr heißes Wetter angesagt. Wenn die Sache mit dem Bürgermeister nicht gewesen wäre, hätte ich dem Festivaltrubel mit größter Freude entgegensehen können. Aber die vergeigte Wahlkampfparty lag mir schwer im Magen, besonders, als ich bemerkte, dass jetzt, am Freitag zehn Uhr vormittags, unser Besucherparkplatz bereits brechend voll war und die Leute notgedrungen schon auf der Landstraße parkten. Das ließ erwarten, dass wir am Samstag und Sonntag komplett überlaufen werden würden. Noch immer gab es kein Schild, das die Geschwindigkeit beschränkte, und ich fragte mich, ob das wohl meine Aufgabe war. Aber im Moment fuhr sowieso niemand mit dem Auto am Campingplatz vorbei, alle versuchten nur irgendwo einen Parkplatz zu ergattern. Vom ersten Stock meines Hauses aus erkannte ich drei Männer, von denen ich wusste, dass sie gemeinsam mit Alex im Gemeinderat waren. Die waren mit Sicherheit beim Bürgermeister eingeladen und sprangen jetzt schon hier auf dem Festivalgelände herum.
Nun ja, dachte ich mir, das Fest war ja erst Samstagabend, vielleicht tummelten sich alle heute hier, damit sie morgen Abend zum Empfang des Bürgermeisters gehen konnten.
Beim Spaziergang mit den Hunden traf ich auf Mike und den Gröning. Mike grinste mich an, wir hatten gestern, als ich ihn vom Bahnhof abgeholt hatte, nämlich noch ziemlich über mein kleines Auto gelacht und über meine Feststellung, dass er sich jetzt leider zusammenfalten müsse. Der Gröning war super glücklich und hatte seinem Enkelsohn anscheinend schon in aller Früh die Quelle beim Moor gezeigt, und den Straußfarn, und diverse Vogelarten. Dank seiner »Vorexkursionen« war er bestens vorbereitet!
Der Gröning hielt mir stolz sein Handy entgegen. Er hatte kaum Apps installiert, aber seit heute ganz neu eine Vogelbestimm-App, die ihm Mike eingerichtet hatte. Er drückte mir das Handy in die Hand, und ich durfte nun selbstständig suchen, was er alles aufgenommen hatte, nämlich ein Rotkehlchen, einen Kleiber und eine Bachstelze.
Das machte der Gröning alles nur für Mike. Wahrscheinlich würde er nach dem Besuch das Handy irgendwo vergessen und es nicht einmal vermissen. Doch momentan hängte er sich für Mike so richtig rein.
»Ich muss jetzt erst einmal aufs Klo«, informierte der Gröning uns.
Mike grinste mich an und sagte mit seinem amerikanischen Akzent: »Ich gehe mit Sofia zu dem Festival.«
»Des machst«, sagte der Gröning in breitem Bayerisch und eilte Richtung Klohäusl.
»Dein Großvater ist richtig stolz auf dich«, sagte ich zu Mike.
»Und er fühlt sich super gut hier auf diesem Platz«, erwiderte er. »Er liebt es richtig! Die Natur, die nette Leute …«
Alex hatte in der Früh mit seinem Pick-up den Café-Wohnwagen von Evelyn hinüber auf den Zeltplatz gezogen, wo das Festival stattfand. Zusammen mit Mike ging ich zur Landstraße hoch. Direkt bei der Schranke hatte der Rettungswagen geparkt – schließlich brauchte man den für eventuelle Notfälle –, und die beiden Rettungssanitäter winkten mir zu. Sie hatten beide schon große Becher mit Limonade in der Hand und schienen sich auf das Essen zu freuen. Als Mike und ich auf dem Zeltplatz ankamen, war vor Evelyns Wagen Hochbetrieb: Ihre Buchweizenpfannkuchen waren sehr beliebt, es standen einige Familien mit Kindern davor, die das Angebot als spätes Frühstück nutzten. Evelyn hatte sehr schöne bayerisch weiß-blau karierte Servietten, in die sie die Pfannkuchen wickelte. Im Hintergrund lief sanft Country-Musik. Ich war stolz darauf, dass sie aussah wie eine super erfolgreiche Food-Truck-Besitzerin. Auch wenn ich nicht hören konnte, was genau sie sagte, war spürbar, dass sie sich über die Köpfe der Menschen hinweg mit gefühlt jedem hier auf dem Festival unterhielt und so viel Energie und Tatendrang ausstrahlte, wie schon lange nicht mehr!
Mikes Handy klingelte, er entschuldigte sich bei mir und entfernte sich von der trubeligen Menge.
Da vor Evelyns Wagen so viele Leute anstanden, dass ich sie nicht stören wollte, beschloss ich, erst einmal über den Platz zu schlendern und mir auszusuchen, was ich später alles probieren wollte. Ein sehr schwieriges Unterfangen, denn es gab so viele leckere Dinge, dass man selbst mit dem Vorsatz, sich akut überfressen zu wollen, wohl nicht alles würde probieren können. Gut, dass das Festival drei Tage dauerte! Obwohl es eigentlich fürs Mittagessen noch zu früh war, drängten sich die Gäste schon richtig zwischen den Trucks, als sie, wie ich, von einem Stand zum nächsten schlenderten. Es gab einen Truck mit verschiedensten Burger-Variationen, auch vegetarisch und vegan, dann einen Asia-Truck mit viel frischem Gemüse, wo man sich wie bei einem Buffet selbst zusammenstellen konnte, was man frisch im großen Wok gebrutzelt haben wollte. Daneben stand ein dunkelbrauner Truck mit einer riesigen Paella-Pfanne, in dem safrangelber Reis, saftige Garnelen und Muscheln glänzten. Ein winziger alter Hänger mit der Aufschrift »Happy Hour Event« bot von Kaffee bis Cocktails alle Getränke an, ein weißer Wagen mit der Aufschrift »Pizza Enrique« hatte Holzofenpizza im Angebot. Den Food-Truck »Glücksmoment« kannte ich bereits vom Sehen – eine neu aufgestellte Klapptafel informierte mich, dass es hier Cupcakes gab und Hazelnut-Coffee. Direkt daneben stand ein winziger heruntergekommener Food Truck, der arg fettig riechende Churros verkaufte, und vor einem schwarzen Wagen mit roten Flammen und der Aufschrift »Braterei« roch es ziemlich lecker nach Steaks. Direkt davor standen die drei Männer mittleren Alters aus dem Gemeinderat. Der Dicke in der Mitte mit dem spärlichen Haupthaar war Gerhard Brandes, ihm gehörte ein Transportunternehmen im Nachbarort, und man munkelte, dass er sich heimlich wohl als neuer Bürgermeister sah, auch wenn er gegen den Amtsinhaber keine Chancen hatte. Neben ihm stand sein Bruder Alfred Brandes, die beiden ähnelten sich sehr, bis auf die Brille von Alfred. Den dritten Mann kannte ich nicht näher.
»Er meint, er hätte den Trumpf in der Hand«, sagte Gerhard gerade mit gesenkter Stimme. »Und ich werde ihn natürlich erst einmal in Sicherheit wiegen. Überraschungseffekt, das ist das Wichtigste …« Er unterbrach sich, als er mich sah, und sagte zusammenhanglos: »Also von dem asiatischen Essen bekomme ich immer Bauchschmerzen, ich halt mich lieber an die Steaks.«
Ich ging weiter, weil ich den Eindruck hatte, dass die drei sich belauscht fühlten, und stieß auf Elias, der mit dem Handy in der Hand herumschlenderte und mich zu filmen begann.
»Die Auswahl an Speisen ist unglaublich vielfältig und sehr appetitlich! Und hier sehen wir auch schon die Campingplatzbesitzerin beim ersten Check«, sprach er mit seiner besten Reporterstimme. »Sofia, sind Sie sehr erstaunt, was die Organisatoren hier auf die Beine gestellt haben?«
Er hatte einen derart ernsthaften Ton, dass ich mir ein Grinsen nicht verkneifen konnte.
»Ja, ich weiß überhaupt nicht, wo ich beginnen soll! Es läuft einem bei jedem einzelnen Food Truck das Wasser im Mund zusammen!«
Elias senkte das Handy und nickte zufrieden.
»Ist das für deine ›Tagebücher des Elias H‹?«, fragte ich, immer noch grinsend.
»Nein«, sagte er und hob sein Handy, um einmal quer über den Platz zu filmen. »Das wird eine Dokumentation.«
»Gute Idee«, sagte ich. »Wo sind deine Großeltern?«
»Die kommen gleich. Der Opa hat gesagt, er muss erst mal eine Vorexkursion machen, um sich das mit dem Essen genau einzuteilen.«
Ich musste über das Wort ›Vorexkursion‹ lachen, das der Hetzenegger vom Gröning übernommen hatte. Die Vorstellung, wie sich der Hetzenegger erst einmal strukturiert über das Essensangebot informierte, brachte mich zum Grinsen.